L 13 AS 3113/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 2442/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 3113/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 2. Juni 2015 wird verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Kläger haben sich gegen einen an den Kläger Ziff. 1 gerichteten Eingliederungsverwaltungsakt des Beklagten gewandt.

Der Kläger Ziffer 1 bezog Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II); ihm wurde mit Bescheid vom 17. Februar 2014 in der Gestalt des Bescheides vom 9. September 2014 Leistungen vom 1. März bis 31. August 2014 sowie mit Bewilligungsbescheid vom 9. September 2014 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. November 2014 Leistungen von September 2014 bis Februar 2015 bewilligt.

Unter dem 7. Juli 2014 erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger Ziffer 1 einen eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ersetzenden Verwaltungsakt. Hiergegen legten die Kläger unter dem 28. Juli 2014 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2014 wurde der Widerspruch des Klägers Ziffer 1 durch Widerspruchsbescheid vom 19. August 2014 zurückgewiesen.

Hiergegen haben die Kläger am 19. September 2014 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Er sei erwerbsunfähig und habe keinerlei steuerpflichtiges Einkommen. Er sei auch nicht selbstständig tätig. Mit gerichtlicher Verfügung vom 10. April 2015 hat das SG auf Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Eingliederungsverwaltungsaktes hingewiesen. Mit Schriftsatz vom 15. April 2015 hat der Beklagte den Eingliederungsverwaltungsakt vom 7. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. August 2014 zurückgenommen und das Klagebegehren anerkannt. Mit Schriftsatz vom 27. April 2015 haben die Kläger Richter S. für befangen erklärt, einen sachdienlichen Antrag aber nicht gestellt. Mit Beschluss vom 6. Mai 2015 hat das SG den Befangenheitsantrag der Kläger abgelehnt. Mit Schreiben vom 11. Mai 2015 hat das SG die Beteiligten darauf hingewiesen, dass ein Rechtschutzbedürfnis für eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr ersichtlich sei, nachdem der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt aufgehoben worden sei. Im Falle einer Fortführung des Verfahrens wurde auf die Absicht des SG hingewiesen, durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG zu entscheiden. Hierauf haben die Kläger unter dem 24. Mai 2015 einen weiteren Befangenheitsantrag gegen Richter S. gestellt, der sämtliche Verfahren bereits mehrfach im Interesse der Antragsgegner manipuliert habe. Mit Gerichtsbescheid vom 2. Juni 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Da der erneute Befangenheitsantrag inhaltlich dem vorangegangenen Befangenheitsantrag entspreche, handele es sich um ein offensichtlich unzulässiges Ablehnungsgesuch, über das nicht entschieden werden müsse. Die Klage sei unzulässig für die Kläger Ziffer 2 bis 4, da sie von dem angefochtenen Verwaltungsakt nicht betroffen seien. Für den Kläger Ziffer 1 sei das Rechtschutzbedürfnis entfallen, nachdem der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt zwischenzeitlich aufgehoben worden sei.

Gegen den den Klägern am 5. Juni 2015 zugestellten Gerichtsbescheid haben sie - gerichtet an das SG - am 6. Juli 2015 (Montag) die Zulassung der Rechtsbeschwerde, Berufung ggf. anders geeignetes Rechtmittel beantragt. Die sich legitimierenden Bevollmächtigten der Kläger haben einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt, darüber hinaus keine weitergehenden Ausführungen gemacht. Mit Beschluss vom 24. Oktober 2016 hat der Senat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Senat hat hierbei den Schriftsatz der Kläger dahingehend ausgelegt, dass die vom SG für statthaft erachtete Berufung auch eingelegt worden sei, die aber mangels Rechtschutzinteresses als unzulässig zu bewerten sei, da der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt zurückgenommen und an der Aufhebung des Gerichtsbescheides kein schutzwürdiges Interesse zu erkennen sei.

Die Kläger haben keinen sachdienlichen Antrag gestellt. Der Klägerbevollmächtigte hat keine Begründung vorgelegt und einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zu verwerfen, hilfsweise die Berufung zurück- zuweisen. Der Beklagte hat einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 124 Abs. 2 SGG).

Der Senat legt den Schriftsatz der Kläger vom 6. Juli 2015 - entgegen erster Einschätzung- wie im Verfahren L 13 AS 3117/15 als Berufung aus, da das SG auf die Statthaftigkeit der Berufung hingewiesen hat und die zum Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels nicht vertretenen Kläger ausreichend deutlich gemacht haben, dass sie das geeignete Rechtmittel einlegen wollten. Da sich die Klage ursprünglich gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt gerichtet hat, der nicht eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung betrifft (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. März 2016, L 2 AS 2110/15 B, Juris), wäre dem Grunde nach die Berufung auch statthaft.

Die Berufung ist aber unzulässig, da ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des Gerichtsbescheides (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 8. Mai 2007, B 2 U 3/06 R, erkennender Senat, Urteil vom 31. März 2009, L 13 R 3092/07, beide Juris) nicht besteht. Der Beklagte hat bereits im erstinstanzlichen Verfahren den mit Klage angefochtenen Eingliederungsverwaltungsakt zurückgenommen und ein Anerkenntnis abgegeben. Die Kläger haben in der Folge keinen -geänderten- irgendwie gearteten sachdienlichen Antrag gestellt. Dem Gericht ist ein solcher auch nicht erkennbar. Die Aufhebung eines bereits zurückgenommenen Verwaltungsaktes kann nicht mehr verfolgt werden. Die Kläger haben auch nicht unter Erledigungserklärung der Anfechtungsklage eine Fortsetzungsfeststellungklage -unter Geltendmachung eines berechtigten Interesses (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 131 SGG Rdnr. 9 ff.)- erhoben, sodass das SG zu Recht nur über eine Anfechtungsklage entschieden und diese als unzulässig abgewiesen hat. Eine Wiederholungsgefahr besteht jedenfalls nicht mehr, nachdem der Kläger Ziff. 1 seit Dezember 2014 Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 21. Juli 2015) bezieht und nicht mehr leistungsberechtigt nach dem SGB II ist (vgl. §§ 7, 8, 44a SGB II).

Sollte der Schriftsatz der Kläger als Beschwerde, gerichtet auf Zulassung der Berufung, zu werten sein, wäre auch diese unzulässig, da auch für dieses Verfahren ein schutzwürdiges Interesse nicht erkennbar wäre.

Selbst wenn die Rechtsmittel der Kläger als zulässig anzusehen wären, wären sie unbegründet, da das SG die Klagen zutreffend als unzulässig abgewiesen hat. Die Kläger Ziffer 2 bis 4 waren von dem angefochtenen Verwaltungsakt von vornherein nicht in ihren Interessen betroffen, sodass deren Klage bereits von Anbeginn an unzulässig war. Zudem ist ihnen gegenüber ein Vorverfahren (§ 78 SGG) nicht durchgeführt worden. Die Klage des Klägers Ziff. 1 hat sich durch die Aufhebung des angefochtenen Eingliederungsverwaltungsaktes erledigt, so dass das Rechtsschutzbedürfnis entfallen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (s. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass das eingelegte Rechtsmittel ohne Erfolg ist und kein berechtigter Anlass für dessen Einlegung bestanden hat. Bei einer Verwerfung eines Rechtsmittels hat das Gericht -anders als bei einer Zurückweisung (vgl. Beschluss des erkennenden Senates vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, Juris)- in Abweichung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung- nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 Rdnr. 8; Roos/Wahrendorf, Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 8; a.A. BSG, Beschluss vom 23. April 2013, B 9 V 4/12 R, veröffentlicht in Juris). Denn ein Rechtsmittel, das sich nur gegen die Kostenentscheidung richtet, hat der Gesetzgeber ausgeschlossen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 16 m.w.N.), womit verhindert wird, dass das Rechtsmittelgericht trotz rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache die Sach- und Rechtslage allein wegen der Kostenentscheidung zu prüfen hat und zu einer gegenüber der vorausgehenden Instanz abweichenden Auffassung gelangen kann. Eine entsprechende Situation besteht, wenn ein Rechtsmittel in der Hauptsache zwar eingelegt wird, dieses aber unzulässig ist. Auch dann kann dem Rechtsmittelgericht nicht allein wegen der Kostenentscheidung die Kompetenz eingeräumt sein, die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu prüfen (vgl. BSG, Beschluss vom 12. September 2011, B 14 AS 25/11 B; BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012, VI ZB 27/11; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 7. Dezember 2009, 5 So 192/09, alle veröffentlicht in Juris).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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