Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 23/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3378/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Mai 2012 hinaus.
Die geborene Klägerin hat keine Berufsausbildung absolviert und war zuletzt bis 30. Juni 2010 als Häklerin und Maschinenbedienerin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 17. Januar 2011 besteht ein Grad der Behinderung (GdB) von 50.
Vom 10. Mai 2010 bis 9. Juni 2010 nahm die Klägerin an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Rheintalklinik B. teil. Im Entlassungsbericht vom 9. Juni 2010 wurden folgende Diagnosen genannt: somatoforme Schmerzstörung, degeneratives Thoracolumbalsyndrom mit Fehlhaltung und muskulären Dysbalancen, Cervicobrachial-Syndrom bds. mit Fehlhaltung, muskulären Dysbalancen und Gelenksdysfunktionen, Diabetes mellitus Typ IIb und arterielle Hypertonie. Die Klägerin könne ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenführerin sowie sonstige Tätigkeiten ohne Heben von Lasten über 20 kg und ohne anhaltenden rückenbelastende Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Inwieweit eine weitere Einschränkung der Leistungsfähigkeit in psychischer Hinsicht bestehe, müsse fachärztlicherseits abgeklärt werden.
Im sozialmedizinischen Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MdK) vom 22. Dezember 2010 (Dr. St.) wurden als Diagnosen eine somatoforme Störung, arterielle Hypertonie, tablettenpflichtiger Diabetes mellitus sowie nicht tastbarer Puls der A. dors. ped. re. genannt. In der Beurteilung wurde ausgeführt, insgesamt sei das Beschwerdebild weder diagnostisch noch therapeutisch fassbar. Sozialmedizinisch sei aber bei der fixierten Schmerzsymptomatik ein dauerhaft aufgehobenes Leistungsvermögen festzustellen.
Am 20. Januar 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung bei dem Neurologen und Psychiater Dr. W ... Dieser nannte in seinem Gutachten vom 2. März 2011 als Diagnosen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine schwere depressive Episode, Diabetes mellitus Typ II b, Adipositas und eine essentielle Hypertonie. Es sei sinnvoll und notwendig, auf eine Gewichtsreduktion und eine Überprüfung der letztlich unkalkulierbaren Multimedikation hinzuarbeiten. Ferner erscheine eine aktive Schmerztherapie unter Einschluss von ambulanter höherfrequenter Psychotherapie, aktiven Entspannungsverfahren und einer Selbsthilfegruppe für Schmerzpatienten aus gutachterlicher Sicht sinnvoll und notwendig. Sowohl die Hypertonie als auch der Diabetes mellitus erschienen nicht optimal eingestellt. Die Klägerin sei derzeit weder in ihrem Beruf als ungelernte Arbeiterin noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt länger als drei Stunden belastbar. Es bestehe eine aufgehobene Leistungsfähigkeit.
Die Beklagte gewährte der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 4. März 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. September 2010 befristet bis 31. Mai 2012 (ausgehend von einem Leistungsfall am 2. Februar 2010). Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit dem Ziel der dauerhaften Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie nahm Bezug auf das Gutachten des Dr. W ... Aus prüfärztlicher Sicht könne davon ausgegangen werden, dass unter vermehrter/adäquater Wahrnehmung vorhandener Therapieoptionen durchaus noch eine Besserung der Verhältnisse erzielt werden könne. Die Aussagen des Dr. St. vermöchten allenfalls den damaligen Status quo zu repräsentieren. Darüber hinaus gehe aus der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung des Dr. W. vom 2. März 2011 eindeutig hervor, dass die Dauer der Leistungsminderung voraussichtlich weniger als drei Jahre betrage und eine Besserung nicht unwahrscheinlich sei. Der weitere Krankheitsverlauf sollte abgewartet werden und im Frühjahr 2012 auf Basis aktueller medizinischer Unterlagen und ggf. weiterer Gutachten über eine Weitergewährung entschieden werden.
Dagegen hat die Klägerin am 3. Januar 2012 Klage beim Sozialgericht Konstanz (S 4 R 23/12) erhoben. Am selben Tag hat sie bei der Beklagten einen weiteren Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Mai 2012 hinaus gestellt.
Die Beklagte hat im Hinblick auf den neuen Rentenantrag eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. veranlasst. Dieser hat in seinem Gutachten vom 18. April 2012 als Diagnosen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Diabetes, Hypertonie und Adipositas genannt. Aufgrund der somatoformen Schmerzstörung solle das schwere Heben und Tragen sowie Arbeiten unter Zwangshaltungen und unter widrigen Umständen vermieden werden. Neben diesen qualitativen Leistungseinschränkungen bestehe aus seiner Sicht keine quantitative Leistungseinschränkung. Die Klägerin sei in der Lage, ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Häklerin und auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen vollschichtig auszuüben.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2012 hat die Beklagte den Rentenantrag abgelehnt und darauf hingewiesen, dass der Bescheid nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens werde.
Das SG hat im Klageverfahren die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Neurologen und Psychiater Dr. G., den Internisten Dr. K. und den Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie-Homöopathie Dr. M. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Dr. G. hat mitgeteilt, diagnostisch leide die Klägerin unter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit Ganzkörperschmerz. Derzeit sei sie nur in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter drei Stunden täglich zu verrichten. Allerdings sei eine stationäre Therapie dringend geboten und bezüglich eines Therapieerfolgs elementar.
Dr. K. hat ausgeführt, im Vordergrund der Symptomatik stünden Schmerzen und die damit verbundene reaktive Depression. Eine zusätzliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestehe durch den Diabetes mellitus sowie die Hochdruckkrankheit und die erschwerte medikamentöse Therapie durch die gastro-ösophageale Refluxkrankheit. Die Klägerin sei nicht in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Dr. M. hat sich auf seine schriftliche Aussage vom Dezember 2011 gestützt (S 15 SB 2542/11) und mitgeteilt, er habe die Klägerin seitdem nicht mehr untersucht; ein weiterer Kontakt sei nicht vorgesehen.
Vom 30. Oktober 2012 bis 28. Dezember 2012 hat sich die Klägerin in stationärer Behandlung in der SINOVA Klinik A. befunden. Diese hat in ihrem Entlassbericht vom 04.03.2013 folgende Diagnosen mitgeteilt: anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit Ganzkörperschmerz, mittelgradige depressive Episode, somatoforme autonome Funktionsstörung des Herz-Kreislauf-Systems, Tinnitus aurium, Myogelosen, Adipositas II°, BMI 36, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, Schlafstörungen sowie ein Fibromyalgie-Syndrom. Sie ist als weiterhin arbeitsunfähig aus der stationären Behandlung entlassen worden. In dem Entlassbericht ist ausgeführt worden, dass eine Rückkehr auf den allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund der Schwere des Beschwerdebildes und der bestehenden Einschränkungen aus ärztlicher und therapeutischer Sicht nicht möglich sei.
Das SG hat von Amts wegen Dr. A. als Sachverständige bestellt. Diese hat in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 2. Mai 2013 mitgeteilt, auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehe bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung und eine chronifizierte depressive Störung im Sinne einer Dysthmie. Es seien noch leichte Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen möglich. Steigen auf Leitern und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sei wegen der reichlich eingenommenen Medikamente zu vermeiden, ebenso das Arbeiten an gefährdenden Maschinen. Akkord- und Fließbandtätigkeiten seien nicht möglich, auch sollte wegen der Schlafstörungen Nachtschicht vermieden werden. Sämtliche Tätigkeiten, die diesem Leistungsprofil entsprächen, könnten unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG hat das SG Dr. H. mit der Erstellung eines internistisch-rheumatologischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 07. Januar 2014 folgende Diagnosen gestellt: schwere chronische Schmerzerkrankung vom Fibromyalgie-Typ, ausgeprägte Herabgedrücktheit - v.a. im Gefolge der erheblichen Minderung von Aktivitäten und Teilhabe bei eher aktiver Primärpersönlichkeit -, Diabetes mellitus Typ 2b mit Nervenschädigung v.a. der unteren Extremitäten (diabetische Polyneuropathie) und dem Erfordernis einer intensivierten Insulinbehandlung sowie Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) mit Vierfachtherapie medikamentös behandelt. Seiner Auffassung nach liege bei der Klägerin eine so schwere gesundheitliche Beeinträchtigung durch die chronische Schmerzerkrankung vor, dass nicht nur eine massive qualitative (hinsichtlich der Arbeitsschwere, eines Wechselrhythmus, der Vermeidung von Zwangshaltungen, von Arbeiten unter Zeitdruck, von Lärmbelastung, der Einwirkung von Kälte, Nässe und Zugluft, von Nachtschicht und einer massiven Beeinträchtigung der Handfunktion sowohl bezüglich Grob- als auch Feinmotorik), sondern auch eine quantitative Einschränkung des erwerbsbezogenen Leistungsvermögens bestehe. Dieses werde als aufgehoben betrachtet. Die Klägerin werde aus gesundheitlichen Gründen nicht für in der Lage gehalten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen über das Geringfügige hinausgehenden Erwerb zu erzielen. Hinzu komme noch der sich hinsichtlich medikamentöser Behandelbarkeit und des Auftretens von Sekundärschäden (Polyneuropathie) immer schwieriger gestaltende Diabetes mellitus. Eine schwere seelische Störung im Sinne einer profunden Herabgestimmtheit dürfte überwiegend Folge der schweren Schmerzkrankheit mit den daraus resultierenden Alltagsbeeinträchtigungen sein. Es bestehe bei weitem kein Leistungsvermögen von drei Stunden arbeitstäglich oder mehr.
Die Beklagte hat zum Gutachten des Dr. H. die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. B. vom 20. März 2014 vorgelegt. Darin hat sich Dr. B. der von Dr. A. vertretenen Leistungsbeurteilung angeschlossen und u.a. darauf hingewiesen, dass die von Dr. H. an erster Stelle diagnostizierte chronische Schmerzerkrankung vom Fibromyalgietyp heutzutage als psychosomatische Störung aufgefasst werde und daher auch in erster Linie von Nervenärzten bzw. Ärzten für Psychosomatik beurteilt werden sollte, wie dies bisher geschehen sei. Auch bezüglich der an zweiter Stelle genannten Diagnose einer ausgeprägten Herabgedrücktheit bzw. einer schweren seelischen Störung sei wohl eher den bisherigen nervenärztlichen Gutachten zu folgen. Die von Dr. H. erwähnte ausgeprägte Minderbelastbarkeit sei keineswegs objektiv dokumentiert und nachgewiesen, sondern es handele sich lediglich um die unkritische Wiedergabe subjektiv angegebener Beschwerden. Völlig unberücksichtigt lasse der Gutachter die Tatsache, dass eine adäquate Therapie gerade überhaupt nicht erfolge. Im Gutachten werde angegeben, dass der Nervenarzt Dr. G. in größeren Abständen (über 1 Monat) Gespräche mit der Klägerin führe. Eine wiederholt empfohlene Psychotherapie erfolge weiterhin nicht, wobei keine ernsthaften Hinderungsgründe genannt würden. Objektive Befunde, die eine tatsächliche höhergradige funktionelle Beeinträchtigung begründen könnten, nenne der Gutachter nicht.
Mit Urteil vom 18. Mai 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die der Klägerin mit Bescheid vom 04. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 gewährte Erwerbsminderungsrente sei zu Recht vom 01. September 2010 bis 31. Mai 2012 befristet worden. Trotz des seitens der Beklagten angenommen aufgehobenen Leistungsvermögens sei zum Zeitpunkt der Rentengewährung nicht auszuschließen gewesen, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin bessern könnte. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Rentengewährung noch keine durchgehende Schmerz- und Psychotherapie absolviert habe. Das SG ist darüber hinaus der Auffassung gewesen, dass bei der Klägerin über den 31. Mai 2012 hinaus keine Erwerbsminderung vorliege. Hierbei hat sich das SG auf die gutachterlichen Ausführungen von Dr. A. gestützt. Danach liege bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung, eine chronifizierte depressive Störung im Sinne einer Dysthymie sowie der Verdacht auf Neuropathie der Beine vor. Den hieraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin werde durch qualitative Einschränkungen Rechnung getragen. Sofern Dr. H. zu einer vollständigen Leistungsminderung komme, so könne dieser Einschätzung nicht gefolgt werden. Die Klägerin habe sowohl im Rahmen der Untersuchung durch Dr. H. als auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung sämtliche Tätigkeiten, die sie noch bei Dr. A. angegeben habe, relativiert. In der mündlichen Verhandlung habe die Klägerin hingegen keinen schmerzgeplagten Eindruck erweckt und auch kein einziges Mal ihre Sitzposition gewechselt oder um eine Pause gebeten. Außerdem sei Dr. H. nicht darin zu folgen, dass eine somatoforme Schmerzstörung nur von einem Rheumatologen hinreichend erfasst werden könne. Somatoforme Schmerzstörungen seien gerade ein wesentlicher Kernbereich nervenfachärztlicher Expertise, das rheumatologische Fachgebiet werde demgegenüber nur dann tangiert, wenn sich Anhaltspunkte für eine entzündliche, rheumatische Erkrankung fänden, was vorliegend nicht der Fall sei. Es komme auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund von Berufsunfähigkeit in Betracht, da die Klägerin als Ungelernte oder allenfalls als Angelernte des unteren Bereichs zu qualifizieren sei.
Gegen das ihr am 27. Juli 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. August 2015 Berufung eingelegt. In ihrer Begründung hat sie sich auf die Leistungsbeurteilung der behandelnden Ärzte und die Feststellungen im Gutachten des Dr. H. bezogen. Die Ausführungen der Sachverständigen Dr. H. und Dr. A. seien nicht überzeugend.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18. Mai 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 4. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2011 und unter Aufhebung des Bescheids vom 2. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2012 eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufungsunfähigkeit über den 31. Mai 2012 hinaus auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Am 01. März 2016 hat ein Erörterungstermin in vorliegendem Verfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) stattgefunden.
Mit Bescheid vom 14. Juni 2016 hat die Beklagte eine seitens der Klägerin beantragte medizinische Rehabilitation abgelehnt.
Der Senat hat Beweis erhoben, durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Neurologen und Schmerztherapeuten Prof. Dr. Sch ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 04. November 2016 folgende Diagnosen auf neurologischem Fachgebiet gestellt: anhaltende hochgradige somatoforme Schmerzstörung (Schmerzverarbeitungsstörung) mit ausgeprägter neurasthen-depressiver Befindlichkeit, sekundären Kognitions- und Konzentrationsstörungen sowie weiteren funktionellen Organstörungen (Kreislauflabilität), chronisches multilokuläres Schmerzsyndrom (Chronifizierungsgrad Stadium III nach Gerbershagen) mit vorwiegend tendo-myalgischen, arthrogenen und vertebragenen Schmerzen und autonomen Dysfunktionen (Kreislauflabilität), schwere Anpassungsstörung mit reaktiv depressiven Episoden, vertebragenes Schmerzsyndrom, Tinnitus aurium sowie einer chronischen Insomnie. Als Diagnosen auf nicht-neurologischem Fachgebiet hat Prof. Dr. Sch. eine Hypertonie, einen Diabetes mellitus Typ IIb sowie eine Adipositas Grad II mitgeteilt. Seiner Auffassung nach führt die anhaltende somatoforme Schmerzstörung und die sie bedingende Anpassungsstörung zu einer massiven Beeinträchtigung der psycho-physischen Leistungsfähigkeit, so dass auch leichte körperliche und geistige Tätigkeiten nicht mehr möglich seien. Die Störung sei inzwischen derart ausgeprägt und chronifiziert, dass ein positives Leistungsbild für jedwede Anforderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr bestehe. Selbst leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien nur noch unter drei Stunden täglich möglich. Prof. Dr. Sch. geht - dem Erklärungsmodell der SINOVA Klinik folgend - davon aus, dass diese Einschränkung der Leistungsfähigkeit seit März 2013 bestehe, sicher jedoch ab dem Zeitpunkt der Begutachtung. Er geht von einer dauerhaften Einschränkung der Leistungsfähigkeit aus.
Die Beklagte hat das Sachverständigengutachten ihrem ärztlichen Dienst - der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E. - vorgelegt. Diese vertrat die Auffassung, dass die Klägerin auch nach dem Gutachten des Prof. Dr. Sch. nicht erwerbsgemindert sei. Die Klägerin nehme keine Psychopharmaka und keine Antidepressiva sondern lediglich Schmerzmittel ein. Dies spreche gegen die Schwere der diagnostizierten Depression. Auch ergebe sich aus dem mitgeteilten psychopathologischen Befund keine quantitative Leistungsminderung. Sofern Prof. Dr. Sch. bemängele, dass Frau Dr. A. die psychodynamischen Erschwernisse der Klägerin nicht ausreichend gewürdigt habe, so müsse angemerkt werden, dass diese nichts über die berufliche Leistungsfähigkeit aussage.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG zugestimmt.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat in seinem Urteil vom 18. Mai 2015 zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Mai 2012 hinaus. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der eine vom 1. September 2010 bis 31. Mai 2012 befristete Erwerbsminderungsrente gewährende Bescheid vom 4. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 sowie der den Weitergewährungsantrag ablehnende Rentenbescheid vom 2. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2012. Die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Mai 2012 hinaus.
Das vorliegende Verfahren konnte ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Entscheidungsweise gegeben haben.
Streitgegenständlich ist neben dem ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 4. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2011 auch der Bescheid vom 2. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2012. Letztlich kann vorliegend offen bleiben, ob der Bescheid vom 02. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2012 - wie von der Beklagten angenommen - gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens oder - wie vom Klägervertreter angenommen - dieser Bescheid im Wege der Klageerweiterung gem. § 99 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Sofern der Bescheid vom 02. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2012 nicht bereits gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, so ist er jedenfalls durch eine sachdienliche Klageerweiterung gem. § 99 Abs. 2 SGG durch den Klägervertreter - gegen die im Übrigen auch von der Beklagten keine Einwände erhoben worden sind - Klagegegenstand geworden.
Gem. § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und unter ausführlicher Darstellung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Befristung von Renten (§ 102 Abs. 2 SGB VI) zutreffend ausgeführt, dass die Befristung der Rente bis 31. Mai 2012 (Bescheid vom 4. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2011) nicht zu beanstanden ist, weil es nicht unwahrscheinlich war, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden konnte. Darüber hinaus hat das SG auch - gestützt auf die Feststellungen des Gutachtens der Dr. A. und unter Berücksichtigung und kritischer Würdigung des Gutachtens des Dr. H. sowie der Angaben der Klägerin - zutreffend dargelegt, dass die Klägerin über den 31. Mai 2012 hinaus keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI hat, weil sie in der Lage ist, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend weist der Senat noch darauf hin, dass bei der Klägerin im Wesentlichen eine chronische Schmerzerkrankung sowie weitere Erkrankungen auf nervenärztlich/psychiatrischem Fachgebiet vorliegen, die im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hauptsächlich von einem Nervenarzt/Psychiater fachärztlich zu beurteilen sind, was mit dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Dr. A. geschehen ist. Die überwiegend fachfremde internistisch-rheumatologische Beurteilung durch Dr. H. vermag daher schon deshalb nicht zu überzeugen und enthält darüber hinaus keine objektiv nachvollziehbare Begründung der angenommenen zeitlichen Leistungseinschränkung. Dem Gutachten des Dr. H. ist auch keine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands seit der Begutachtung durch Dr. A. zu entnehmen, da Dr. H. bereits seit spätestens 2010 von einem auf unter drei Stunden täglich eingeschränkten Leistungsvermögen der Klägerin ausgeht. Soweit sich die Klägerin im Berufungsverfahren auf die Feststellungen des Gutachtens des Dr. H. bezogen hat, ergeben sich demnach keine neuen Gesichtspunkte.
Etwas anderes ergibt sich nach Überzeugung des Senats auch nicht aus dem neurologisch-schmerztherapeutischen Gutachten des Prof. Dr. Sch. vom 4. November 2016. Zwar kommt dieser zu dem Ergebnis, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auch für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollständig aufgehoben sei. Diese Einschätzung vermag der Senat jedoch nicht zu teilen. Die von Prof. Dr. Sch. - der im Übrigen kein Facharzt für Psychiatrie ist - mitgeteilten Befunde stützen seine Leistungseinschätzung nicht. Er beschrieb die Klägerin in psychopathologischer Hinsicht als gut zugewandt, kommunikativ, auskunftsbereit, nicht psychomotorisch gehemmt, jedoch mit ausgeprägter Somatisierungsneigung, höchstgradig schmerzsensitiv und neurasthen gestimmt. Die Klägerin habe einen depressiven Grundaffekt gezeigt und selbstunsicher, frustriert, schwunglos und antriebsschwach gewirkt. Formale oder inhaltliche Denkstörungen konnte Prof. Dr. Sch. ebensowenig feststellen wie Ich-Störungen. Dieser Befund stützt die Annahme einer quantitativen Leistungseinschränkung nicht. Gleiches gilt für den von Prof. Dr. Sch. mitgeteilten neurologischen Befund. Zwar teilte er in seinem Gutachten mit, die gesamte Wirbelsäule sei extrem klopfempfindlich und druckdolent gewesen, die paravertebrale Nackenmuskulatur massiv verspannt, die Kopfbeweglichkeit in alle Richtungen deutlich eingeschränkt. Es hätte eine hochgradige Schmerzintensität bestanden, LWS-Rotation und LWS-Inklination seien nahezu aufgehoben gewesen. Die Armeigenreflexe und Patellarsehnenreflexe seien beidseits schwach auslösbar gewesen und der Achillessehnenreflex mit Bahnung beidseits erloschen. Objektivierbare radikulär oder peripher zuzuordnende Paresen im Zervikalbereich sowie im Bereich der Beine konnten jedoch trotz massiver Schonhaltung nicht objektiviert werden. Diese Befunde stützen lediglich eine qualitative, nicht jedoch eine quantitative Leistungseinschätzung. Im Übrigen führt Prof. Dr. Sch. selbst aus, dass die Auswertung der Schmerz-Simulations-Skala ergeben habe, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit im Grenzbereich zur Aggravation liege. Sofern Prof. Dr. Sch. an dem Gutachten von Frau Dr. A. bemängelt, dass sich diese nicht ausreichend mit der Biographie der Klägerin auseinandergesetzt habe und die psychodynamischen Erschwernisse der Klägerin (Erschöpfungssyndrom vor der Kündigung, Kränkungserleben durch Kündigung, Zerstörung von Hab und Gut und Tod von nahen Angehörigen im Bosnienkrieg) nicht gewertet habe, so stellt er jedoch für den Senat nicht überzeugend dar, weshalb Befunde, die für sich genommen lediglich zu einer qualitativen Leistungseinschränkung führen allein aufgrund der von ihm genannten psychophysischen Faktoren zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führen sollen. Insbesondere vermag der Senat auch den von Prof. Dr. Sch. angesetzten Zeitpunkt der Leistungsminderung - März 2013 - nicht nachzuvollziehen. Prof. Dr. Sch. schließt sich in seinem Gutachten dem Entlassbericht der S.-Klinik vom 4. März 2013 an. Die Klägerin wurde jedoch nicht im März 2013 dort behandelt, sondern bereits von Oktober bis Dezember 2012. Logischerweise müsste Prof. Dr. Sch. folglich von einer Leistungsminderung bereits im Oktober 2012 ausgehen. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Leistungsminderung bei der Klägerin erst ca. zwei Monate nach Abschluss der zweimonatigen Behandlung eingetreten sein soll. Überdies bringt Prof. Dr. Sch. in seinem Gutachten selbst seine Zweifel über den Zeitpunkt der Leistungsminderung zum Ausdruck und gibt schließlich an, dass diese spätestens zum Zeitpunkt der Begutachtung vorgelegen habe. Für den Senat ist diesbezüglich jedoch wiederum nicht nachvollziehbar, wie er sich einerseits der Leistungseinschätzung der SINOVA-Klinik anschließen kann, andererseits nicht zweifelsfrei deren Einschätzung zum Leistungszeitpunkt teilen kann. Nach Auffassung des Senats begründen die von Prof. Dr. Sch. in seinem Gutachten erhobenen Befunde und der von ihm dargestellte psychodynamische Zusammenhang nicht die Annahme des Vorliegens einer quantitativen Leistungseinschränkung.
Das von der Klägerin im Erörterungstermin am 1. März 2016 erwähnte Schlafapnoe-Syndrom ist bereits seit dem Jahr 2014 bekannt (vgl. Bericht des Pneumologen, Schlafmediziners und Somnologen Dr. Sch. vom 25. September 2014) und kann mit einer Atemmaske behandelt werden, so dass daraus keine quantitative Leistungseinschränkung resultiert.
Bezüglich der nach Angaben der Klägerin neu hinzugetretenen Herzrhythmusstörungen und der Neuropathie an den Beinen und den Händen liegen keine Befunde vor, die über qualitative Einschränkungen hinaus auch eine dauerhafte quantitative Leistungseinschränkung belegen könnten.
Die Klägerin hat folglich keinen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente über den 31. Mai 2012 hinaus.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Für die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit kommt es nach dem vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschema darauf an, welchen qualitativen Wert der zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beruf des Klägers hat. Das BSG hat die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt, die ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet wurden. Diese Gruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (BSGE 59, 201). Dabei wird die Gruppe der angelernten Arbeiter nochmals in die Untergruppen der "oberen Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten) und "unteren Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von mindestens drei bis zu zwölf Monaten) unterteilt. Kriterien für eine Einstufung in dieses Schema sind dabei die Ausbildung, die tarifliche Einstufung, die Dauer der Berufsausbildung, die Höhe der Entlohnung und insbesondere die qualitativen Anforderungen des Berufs. Eine Verweisung ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils niedrigeren Gruppe möglich. Des Weiteren ist erforderlich, dass der Versicherte die für die Verweisungstätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung und Einweisung erwerben kann (BSG U. v. 22. September 1977, 5 RJ 96/76, juris Rn 15; BSG U. v. 9. September 1986, 5b RJ 50/84, juris Rn 11). Die Klägerin war zuletzt als Häklerin und Maschinenbedienerin versicherungspflichtig beschäftigt. Diese Tätigkeit ist allenfalls in die Gruppe der "unteren Angelernten" einzustufen, so dass sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden kann. Die Bezeichnung einer konkreten Verweisungstätigkeit durch die Beklagte war daher nicht erforderlich.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Mai 2012 hinaus.
Die geborene Klägerin hat keine Berufsausbildung absolviert und war zuletzt bis 30. Juni 2010 als Häklerin und Maschinenbedienerin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 17. Januar 2011 besteht ein Grad der Behinderung (GdB) von 50.
Vom 10. Mai 2010 bis 9. Juni 2010 nahm die Klägerin an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Rheintalklinik B. teil. Im Entlassungsbericht vom 9. Juni 2010 wurden folgende Diagnosen genannt: somatoforme Schmerzstörung, degeneratives Thoracolumbalsyndrom mit Fehlhaltung und muskulären Dysbalancen, Cervicobrachial-Syndrom bds. mit Fehlhaltung, muskulären Dysbalancen und Gelenksdysfunktionen, Diabetes mellitus Typ IIb und arterielle Hypertonie. Die Klägerin könne ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenführerin sowie sonstige Tätigkeiten ohne Heben von Lasten über 20 kg und ohne anhaltenden rückenbelastende Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Inwieweit eine weitere Einschränkung der Leistungsfähigkeit in psychischer Hinsicht bestehe, müsse fachärztlicherseits abgeklärt werden.
Im sozialmedizinischen Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MdK) vom 22. Dezember 2010 (Dr. St.) wurden als Diagnosen eine somatoforme Störung, arterielle Hypertonie, tablettenpflichtiger Diabetes mellitus sowie nicht tastbarer Puls der A. dors. ped. re. genannt. In der Beurteilung wurde ausgeführt, insgesamt sei das Beschwerdebild weder diagnostisch noch therapeutisch fassbar. Sozialmedizinisch sei aber bei der fixierten Schmerzsymptomatik ein dauerhaft aufgehobenes Leistungsvermögen festzustellen.
Am 20. Januar 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung bei dem Neurologen und Psychiater Dr. W ... Dieser nannte in seinem Gutachten vom 2. März 2011 als Diagnosen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine schwere depressive Episode, Diabetes mellitus Typ II b, Adipositas und eine essentielle Hypertonie. Es sei sinnvoll und notwendig, auf eine Gewichtsreduktion und eine Überprüfung der letztlich unkalkulierbaren Multimedikation hinzuarbeiten. Ferner erscheine eine aktive Schmerztherapie unter Einschluss von ambulanter höherfrequenter Psychotherapie, aktiven Entspannungsverfahren und einer Selbsthilfegruppe für Schmerzpatienten aus gutachterlicher Sicht sinnvoll und notwendig. Sowohl die Hypertonie als auch der Diabetes mellitus erschienen nicht optimal eingestellt. Die Klägerin sei derzeit weder in ihrem Beruf als ungelernte Arbeiterin noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt länger als drei Stunden belastbar. Es bestehe eine aufgehobene Leistungsfähigkeit.
Die Beklagte gewährte der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 4. März 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. September 2010 befristet bis 31. Mai 2012 (ausgehend von einem Leistungsfall am 2. Februar 2010). Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit dem Ziel der dauerhaften Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie nahm Bezug auf das Gutachten des Dr. W ... Aus prüfärztlicher Sicht könne davon ausgegangen werden, dass unter vermehrter/adäquater Wahrnehmung vorhandener Therapieoptionen durchaus noch eine Besserung der Verhältnisse erzielt werden könne. Die Aussagen des Dr. St. vermöchten allenfalls den damaligen Status quo zu repräsentieren. Darüber hinaus gehe aus der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung des Dr. W. vom 2. März 2011 eindeutig hervor, dass die Dauer der Leistungsminderung voraussichtlich weniger als drei Jahre betrage und eine Besserung nicht unwahrscheinlich sei. Der weitere Krankheitsverlauf sollte abgewartet werden und im Frühjahr 2012 auf Basis aktueller medizinischer Unterlagen und ggf. weiterer Gutachten über eine Weitergewährung entschieden werden.
Dagegen hat die Klägerin am 3. Januar 2012 Klage beim Sozialgericht Konstanz (S 4 R 23/12) erhoben. Am selben Tag hat sie bei der Beklagten einen weiteren Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Mai 2012 hinaus gestellt.
Die Beklagte hat im Hinblick auf den neuen Rentenantrag eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. veranlasst. Dieser hat in seinem Gutachten vom 18. April 2012 als Diagnosen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Diabetes, Hypertonie und Adipositas genannt. Aufgrund der somatoformen Schmerzstörung solle das schwere Heben und Tragen sowie Arbeiten unter Zwangshaltungen und unter widrigen Umständen vermieden werden. Neben diesen qualitativen Leistungseinschränkungen bestehe aus seiner Sicht keine quantitative Leistungseinschränkung. Die Klägerin sei in der Lage, ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Häklerin und auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen vollschichtig auszuüben.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2012 hat die Beklagte den Rentenantrag abgelehnt und darauf hingewiesen, dass der Bescheid nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens werde.
Das SG hat im Klageverfahren die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Neurologen und Psychiater Dr. G., den Internisten Dr. K. und den Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie-Homöopathie Dr. M. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Dr. G. hat mitgeteilt, diagnostisch leide die Klägerin unter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit Ganzkörperschmerz. Derzeit sei sie nur in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter drei Stunden täglich zu verrichten. Allerdings sei eine stationäre Therapie dringend geboten und bezüglich eines Therapieerfolgs elementar.
Dr. K. hat ausgeführt, im Vordergrund der Symptomatik stünden Schmerzen und die damit verbundene reaktive Depression. Eine zusätzliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestehe durch den Diabetes mellitus sowie die Hochdruckkrankheit und die erschwerte medikamentöse Therapie durch die gastro-ösophageale Refluxkrankheit. Die Klägerin sei nicht in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Dr. M. hat sich auf seine schriftliche Aussage vom Dezember 2011 gestützt (S 15 SB 2542/11) und mitgeteilt, er habe die Klägerin seitdem nicht mehr untersucht; ein weiterer Kontakt sei nicht vorgesehen.
Vom 30. Oktober 2012 bis 28. Dezember 2012 hat sich die Klägerin in stationärer Behandlung in der SINOVA Klinik A. befunden. Diese hat in ihrem Entlassbericht vom 04.03.2013 folgende Diagnosen mitgeteilt: anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit Ganzkörperschmerz, mittelgradige depressive Episode, somatoforme autonome Funktionsstörung des Herz-Kreislauf-Systems, Tinnitus aurium, Myogelosen, Adipositas II°, BMI 36, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, Schlafstörungen sowie ein Fibromyalgie-Syndrom. Sie ist als weiterhin arbeitsunfähig aus der stationären Behandlung entlassen worden. In dem Entlassbericht ist ausgeführt worden, dass eine Rückkehr auf den allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund der Schwere des Beschwerdebildes und der bestehenden Einschränkungen aus ärztlicher und therapeutischer Sicht nicht möglich sei.
Das SG hat von Amts wegen Dr. A. als Sachverständige bestellt. Diese hat in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 2. Mai 2013 mitgeteilt, auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehe bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung und eine chronifizierte depressive Störung im Sinne einer Dysthmie. Es seien noch leichte Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen möglich. Steigen auf Leitern und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sei wegen der reichlich eingenommenen Medikamente zu vermeiden, ebenso das Arbeiten an gefährdenden Maschinen. Akkord- und Fließbandtätigkeiten seien nicht möglich, auch sollte wegen der Schlafstörungen Nachtschicht vermieden werden. Sämtliche Tätigkeiten, die diesem Leistungsprofil entsprächen, könnten unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG hat das SG Dr. H. mit der Erstellung eines internistisch-rheumatologischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 07. Januar 2014 folgende Diagnosen gestellt: schwere chronische Schmerzerkrankung vom Fibromyalgie-Typ, ausgeprägte Herabgedrücktheit - v.a. im Gefolge der erheblichen Minderung von Aktivitäten und Teilhabe bei eher aktiver Primärpersönlichkeit -, Diabetes mellitus Typ 2b mit Nervenschädigung v.a. der unteren Extremitäten (diabetische Polyneuropathie) und dem Erfordernis einer intensivierten Insulinbehandlung sowie Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) mit Vierfachtherapie medikamentös behandelt. Seiner Auffassung nach liege bei der Klägerin eine so schwere gesundheitliche Beeinträchtigung durch die chronische Schmerzerkrankung vor, dass nicht nur eine massive qualitative (hinsichtlich der Arbeitsschwere, eines Wechselrhythmus, der Vermeidung von Zwangshaltungen, von Arbeiten unter Zeitdruck, von Lärmbelastung, der Einwirkung von Kälte, Nässe und Zugluft, von Nachtschicht und einer massiven Beeinträchtigung der Handfunktion sowohl bezüglich Grob- als auch Feinmotorik), sondern auch eine quantitative Einschränkung des erwerbsbezogenen Leistungsvermögens bestehe. Dieses werde als aufgehoben betrachtet. Die Klägerin werde aus gesundheitlichen Gründen nicht für in der Lage gehalten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen über das Geringfügige hinausgehenden Erwerb zu erzielen. Hinzu komme noch der sich hinsichtlich medikamentöser Behandelbarkeit und des Auftretens von Sekundärschäden (Polyneuropathie) immer schwieriger gestaltende Diabetes mellitus. Eine schwere seelische Störung im Sinne einer profunden Herabgestimmtheit dürfte überwiegend Folge der schweren Schmerzkrankheit mit den daraus resultierenden Alltagsbeeinträchtigungen sein. Es bestehe bei weitem kein Leistungsvermögen von drei Stunden arbeitstäglich oder mehr.
Die Beklagte hat zum Gutachten des Dr. H. die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. B. vom 20. März 2014 vorgelegt. Darin hat sich Dr. B. der von Dr. A. vertretenen Leistungsbeurteilung angeschlossen und u.a. darauf hingewiesen, dass die von Dr. H. an erster Stelle diagnostizierte chronische Schmerzerkrankung vom Fibromyalgietyp heutzutage als psychosomatische Störung aufgefasst werde und daher auch in erster Linie von Nervenärzten bzw. Ärzten für Psychosomatik beurteilt werden sollte, wie dies bisher geschehen sei. Auch bezüglich der an zweiter Stelle genannten Diagnose einer ausgeprägten Herabgedrücktheit bzw. einer schweren seelischen Störung sei wohl eher den bisherigen nervenärztlichen Gutachten zu folgen. Die von Dr. H. erwähnte ausgeprägte Minderbelastbarkeit sei keineswegs objektiv dokumentiert und nachgewiesen, sondern es handele sich lediglich um die unkritische Wiedergabe subjektiv angegebener Beschwerden. Völlig unberücksichtigt lasse der Gutachter die Tatsache, dass eine adäquate Therapie gerade überhaupt nicht erfolge. Im Gutachten werde angegeben, dass der Nervenarzt Dr. G. in größeren Abständen (über 1 Monat) Gespräche mit der Klägerin führe. Eine wiederholt empfohlene Psychotherapie erfolge weiterhin nicht, wobei keine ernsthaften Hinderungsgründe genannt würden. Objektive Befunde, die eine tatsächliche höhergradige funktionelle Beeinträchtigung begründen könnten, nenne der Gutachter nicht.
Mit Urteil vom 18. Mai 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die der Klägerin mit Bescheid vom 04. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 gewährte Erwerbsminderungsrente sei zu Recht vom 01. September 2010 bis 31. Mai 2012 befristet worden. Trotz des seitens der Beklagten angenommen aufgehobenen Leistungsvermögens sei zum Zeitpunkt der Rentengewährung nicht auszuschließen gewesen, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin bessern könnte. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Rentengewährung noch keine durchgehende Schmerz- und Psychotherapie absolviert habe. Das SG ist darüber hinaus der Auffassung gewesen, dass bei der Klägerin über den 31. Mai 2012 hinaus keine Erwerbsminderung vorliege. Hierbei hat sich das SG auf die gutachterlichen Ausführungen von Dr. A. gestützt. Danach liege bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung, eine chronifizierte depressive Störung im Sinne einer Dysthymie sowie der Verdacht auf Neuropathie der Beine vor. Den hieraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin werde durch qualitative Einschränkungen Rechnung getragen. Sofern Dr. H. zu einer vollständigen Leistungsminderung komme, so könne dieser Einschätzung nicht gefolgt werden. Die Klägerin habe sowohl im Rahmen der Untersuchung durch Dr. H. als auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung sämtliche Tätigkeiten, die sie noch bei Dr. A. angegeben habe, relativiert. In der mündlichen Verhandlung habe die Klägerin hingegen keinen schmerzgeplagten Eindruck erweckt und auch kein einziges Mal ihre Sitzposition gewechselt oder um eine Pause gebeten. Außerdem sei Dr. H. nicht darin zu folgen, dass eine somatoforme Schmerzstörung nur von einem Rheumatologen hinreichend erfasst werden könne. Somatoforme Schmerzstörungen seien gerade ein wesentlicher Kernbereich nervenfachärztlicher Expertise, das rheumatologische Fachgebiet werde demgegenüber nur dann tangiert, wenn sich Anhaltspunkte für eine entzündliche, rheumatische Erkrankung fänden, was vorliegend nicht der Fall sei. Es komme auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund von Berufsunfähigkeit in Betracht, da die Klägerin als Ungelernte oder allenfalls als Angelernte des unteren Bereichs zu qualifizieren sei.
Gegen das ihr am 27. Juli 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. August 2015 Berufung eingelegt. In ihrer Begründung hat sie sich auf die Leistungsbeurteilung der behandelnden Ärzte und die Feststellungen im Gutachten des Dr. H. bezogen. Die Ausführungen der Sachverständigen Dr. H. und Dr. A. seien nicht überzeugend.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18. Mai 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 4. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2011 und unter Aufhebung des Bescheids vom 2. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2012 eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufungsunfähigkeit über den 31. Mai 2012 hinaus auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Am 01. März 2016 hat ein Erörterungstermin in vorliegendem Verfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) stattgefunden.
Mit Bescheid vom 14. Juni 2016 hat die Beklagte eine seitens der Klägerin beantragte medizinische Rehabilitation abgelehnt.
Der Senat hat Beweis erhoben, durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Neurologen und Schmerztherapeuten Prof. Dr. Sch ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 04. November 2016 folgende Diagnosen auf neurologischem Fachgebiet gestellt: anhaltende hochgradige somatoforme Schmerzstörung (Schmerzverarbeitungsstörung) mit ausgeprägter neurasthen-depressiver Befindlichkeit, sekundären Kognitions- und Konzentrationsstörungen sowie weiteren funktionellen Organstörungen (Kreislauflabilität), chronisches multilokuläres Schmerzsyndrom (Chronifizierungsgrad Stadium III nach Gerbershagen) mit vorwiegend tendo-myalgischen, arthrogenen und vertebragenen Schmerzen und autonomen Dysfunktionen (Kreislauflabilität), schwere Anpassungsstörung mit reaktiv depressiven Episoden, vertebragenes Schmerzsyndrom, Tinnitus aurium sowie einer chronischen Insomnie. Als Diagnosen auf nicht-neurologischem Fachgebiet hat Prof. Dr. Sch. eine Hypertonie, einen Diabetes mellitus Typ IIb sowie eine Adipositas Grad II mitgeteilt. Seiner Auffassung nach führt die anhaltende somatoforme Schmerzstörung und die sie bedingende Anpassungsstörung zu einer massiven Beeinträchtigung der psycho-physischen Leistungsfähigkeit, so dass auch leichte körperliche und geistige Tätigkeiten nicht mehr möglich seien. Die Störung sei inzwischen derart ausgeprägt und chronifiziert, dass ein positives Leistungsbild für jedwede Anforderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr bestehe. Selbst leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien nur noch unter drei Stunden täglich möglich. Prof. Dr. Sch. geht - dem Erklärungsmodell der SINOVA Klinik folgend - davon aus, dass diese Einschränkung der Leistungsfähigkeit seit März 2013 bestehe, sicher jedoch ab dem Zeitpunkt der Begutachtung. Er geht von einer dauerhaften Einschränkung der Leistungsfähigkeit aus.
Die Beklagte hat das Sachverständigengutachten ihrem ärztlichen Dienst - der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E. - vorgelegt. Diese vertrat die Auffassung, dass die Klägerin auch nach dem Gutachten des Prof. Dr. Sch. nicht erwerbsgemindert sei. Die Klägerin nehme keine Psychopharmaka und keine Antidepressiva sondern lediglich Schmerzmittel ein. Dies spreche gegen die Schwere der diagnostizierten Depression. Auch ergebe sich aus dem mitgeteilten psychopathologischen Befund keine quantitative Leistungsminderung. Sofern Prof. Dr. Sch. bemängele, dass Frau Dr. A. die psychodynamischen Erschwernisse der Klägerin nicht ausreichend gewürdigt habe, so müsse angemerkt werden, dass diese nichts über die berufliche Leistungsfähigkeit aussage.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG zugestimmt.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat in seinem Urteil vom 18. Mai 2015 zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Mai 2012 hinaus. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der eine vom 1. September 2010 bis 31. Mai 2012 befristete Erwerbsminderungsrente gewährende Bescheid vom 4. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 sowie der den Weitergewährungsantrag ablehnende Rentenbescheid vom 2. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2012. Die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Mai 2012 hinaus.
Das vorliegende Verfahren konnte ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Entscheidungsweise gegeben haben.
Streitgegenständlich ist neben dem ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 4. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2011 auch der Bescheid vom 2. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2012. Letztlich kann vorliegend offen bleiben, ob der Bescheid vom 02. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2012 - wie von der Beklagten angenommen - gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens oder - wie vom Klägervertreter angenommen - dieser Bescheid im Wege der Klageerweiterung gem. § 99 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Sofern der Bescheid vom 02. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2012 nicht bereits gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, so ist er jedenfalls durch eine sachdienliche Klageerweiterung gem. § 99 Abs. 2 SGG durch den Klägervertreter - gegen die im Übrigen auch von der Beklagten keine Einwände erhoben worden sind - Klagegegenstand geworden.
Gem. § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und unter ausführlicher Darstellung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Befristung von Renten (§ 102 Abs. 2 SGB VI) zutreffend ausgeführt, dass die Befristung der Rente bis 31. Mai 2012 (Bescheid vom 4. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2011) nicht zu beanstanden ist, weil es nicht unwahrscheinlich war, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden konnte. Darüber hinaus hat das SG auch - gestützt auf die Feststellungen des Gutachtens der Dr. A. und unter Berücksichtigung und kritischer Würdigung des Gutachtens des Dr. H. sowie der Angaben der Klägerin - zutreffend dargelegt, dass die Klägerin über den 31. Mai 2012 hinaus keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI hat, weil sie in der Lage ist, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend weist der Senat noch darauf hin, dass bei der Klägerin im Wesentlichen eine chronische Schmerzerkrankung sowie weitere Erkrankungen auf nervenärztlich/psychiatrischem Fachgebiet vorliegen, die im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hauptsächlich von einem Nervenarzt/Psychiater fachärztlich zu beurteilen sind, was mit dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Dr. A. geschehen ist. Die überwiegend fachfremde internistisch-rheumatologische Beurteilung durch Dr. H. vermag daher schon deshalb nicht zu überzeugen und enthält darüber hinaus keine objektiv nachvollziehbare Begründung der angenommenen zeitlichen Leistungseinschränkung. Dem Gutachten des Dr. H. ist auch keine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands seit der Begutachtung durch Dr. A. zu entnehmen, da Dr. H. bereits seit spätestens 2010 von einem auf unter drei Stunden täglich eingeschränkten Leistungsvermögen der Klägerin ausgeht. Soweit sich die Klägerin im Berufungsverfahren auf die Feststellungen des Gutachtens des Dr. H. bezogen hat, ergeben sich demnach keine neuen Gesichtspunkte.
Etwas anderes ergibt sich nach Überzeugung des Senats auch nicht aus dem neurologisch-schmerztherapeutischen Gutachten des Prof. Dr. Sch. vom 4. November 2016. Zwar kommt dieser zu dem Ergebnis, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auch für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollständig aufgehoben sei. Diese Einschätzung vermag der Senat jedoch nicht zu teilen. Die von Prof. Dr. Sch. - der im Übrigen kein Facharzt für Psychiatrie ist - mitgeteilten Befunde stützen seine Leistungseinschätzung nicht. Er beschrieb die Klägerin in psychopathologischer Hinsicht als gut zugewandt, kommunikativ, auskunftsbereit, nicht psychomotorisch gehemmt, jedoch mit ausgeprägter Somatisierungsneigung, höchstgradig schmerzsensitiv und neurasthen gestimmt. Die Klägerin habe einen depressiven Grundaffekt gezeigt und selbstunsicher, frustriert, schwunglos und antriebsschwach gewirkt. Formale oder inhaltliche Denkstörungen konnte Prof. Dr. Sch. ebensowenig feststellen wie Ich-Störungen. Dieser Befund stützt die Annahme einer quantitativen Leistungseinschränkung nicht. Gleiches gilt für den von Prof. Dr. Sch. mitgeteilten neurologischen Befund. Zwar teilte er in seinem Gutachten mit, die gesamte Wirbelsäule sei extrem klopfempfindlich und druckdolent gewesen, die paravertebrale Nackenmuskulatur massiv verspannt, die Kopfbeweglichkeit in alle Richtungen deutlich eingeschränkt. Es hätte eine hochgradige Schmerzintensität bestanden, LWS-Rotation und LWS-Inklination seien nahezu aufgehoben gewesen. Die Armeigenreflexe und Patellarsehnenreflexe seien beidseits schwach auslösbar gewesen und der Achillessehnenreflex mit Bahnung beidseits erloschen. Objektivierbare radikulär oder peripher zuzuordnende Paresen im Zervikalbereich sowie im Bereich der Beine konnten jedoch trotz massiver Schonhaltung nicht objektiviert werden. Diese Befunde stützen lediglich eine qualitative, nicht jedoch eine quantitative Leistungseinschätzung. Im Übrigen führt Prof. Dr. Sch. selbst aus, dass die Auswertung der Schmerz-Simulations-Skala ergeben habe, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit im Grenzbereich zur Aggravation liege. Sofern Prof. Dr. Sch. an dem Gutachten von Frau Dr. A. bemängelt, dass sich diese nicht ausreichend mit der Biographie der Klägerin auseinandergesetzt habe und die psychodynamischen Erschwernisse der Klägerin (Erschöpfungssyndrom vor der Kündigung, Kränkungserleben durch Kündigung, Zerstörung von Hab und Gut und Tod von nahen Angehörigen im Bosnienkrieg) nicht gewertet habe, so stellt er jedoch für den Senat nicht überzeugend dar, weshalb Befunde, die für sich genommen lediglich zu einer qualitativen Leistungseinschränkung führen allein aufgrund der von ihm genannten psychophysischen Faktoren zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führen sollen. Insbesondere vermag der Senat auch den von Prof. Dr. Sch. angesetzten Zeitpunkt der Leistungsminderung - März 2013 - nicht nachzuvollziehen. Prof. Dr. Sch. schließt sich in seinem Gutachten dem Entlassbericht der S.-Klinik vom 4. März 2013 an. Die Klägerin wurde jedoch nicht im März 2013 dort behandelt, sondern bereits von Oktober bis Dezember 2012. Logischerweise müsste Prof. Dr. Sch. folglich von einer Leistungsminderung bereits im Oktober 2012 ausgehen. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Leistungsminderung bei der Klägerin erst ca. zwei Monate nach Abschluss der zweimonatigen Behandlung eingetreten sein soll. Überdies bringt Prof. Dr. Sch. in seinem Gutachten selbst seine Zweifel über den Zeitpunkt der Leistungsminderung zum Ausdruck und gibt schließlich an, dass diese spätestens zum Zeitpunkt der Begutachtung vorgelegen habe. Für den Senat ist diesbezüglich jedoch wiederum nicht nachvollziehbar, wie er sich einerseits der Leistungseinschätzung der SINOVA-Klinik anschließen kann, andererseits nicht zweifelsfrei deren Einschätzung zum Leistungszeitpunkt teilen kann. Nach Auffassung des Senats begründen die von Prof. Dr. Sch. in seinem Gutachten erhobenen Befunde und der von ihm dargestellte psychodynamische Zusammenhang nicht die Annahme des Vorliegens einer quantitativen Leistungseinschränkung.
Das von der Klägerin im Erörterungstermin am 1. März 2016 erwähnte Schlafapnoe-Syndrom ist bereits seit dem Jahr 2014 bekannt (vgl. Bericht des Pneumologen, Schlafmediziners und Somnologen Dr. Sch. vom 25. September 2014) und kann mit einer Atemmaske behandelt werden, so dass daraus keine quantitative Leistungseinschränkung resultiert.
Bezüglich der nach Angaben der Klägerin neu hinzugetretenen Herzrhythmusstörungen und der Neuropathie an den Beinen und den Händen liegen keine Befunde vor, die über qualitative Einschränkungen hinaus auch eine dauerhafte quantitative Leistungseinschränkung belegen könnten.
Die Klägerin hat folglich keinen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente über den 31. Mai 2012 hinaus.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Für die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit kommt es nach dem vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschema darauf an, welchen qualitativen Wert der zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beruf des Klägers hat. Das BSG hat die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt, die ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet wurden. Diese Gruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (BSGE 59, 201). Dabei wird die Gruppe der angelernten Arbeiter nochmals in die Untergruppen der "oberen Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten) und "unteren Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von mindestens drei bis zu zwölf Monaten) unterteilt. Kriterien für eine Einstufung in dieses Schema sind dabei die Ausbildung, die tarifliche Einstufung, die Dauer der Berufsausbildung, die Höhe der Entlohnung und insbesondere die qualitativen Anforderungen des Berufs. Eine Verweisung ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils niedrigeren Gruppe möglich. Des Weiteren ist erforderlich, dass der Versicherte die für die Verweisungstätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung und Einweisung erwerben kann (BSG U. v. 22. September 1977, 5 RJ 96/76, juris Rn 15; BSG U. v. 9. September 1986, 5b RJ 50/84, juris Rn 11). Die Klägerin war zuletzt als Häklerin und Maschinenbedienerin versicherungspflichtig beschäftigt. Diese Tätigkeit ist allenfalls in die Gruppe der "unteren Angelernten" einzustufen, so dass sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden kann. Die Bezeichnung einer konkreten Verweisungstätigkeit durch die Beklagte war daher nicht erforderlich.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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