Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 5917/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 3966/16 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16. September 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Antrag des Kläger auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M., F., wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Nichtzulassungsbeschwerde betrifft die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für August 2015 und eine darauf beruhende Erstattungsforderung in Höhe von 304,42 EUR.
Der Beklagte bewilligte dem 1987 geborenen und unter Betreuung stehenden Kläger mit Bescheid vom 19. März 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für April 2015 bis März 2016 in Höhe von monatlich 649,73 EUR. Davon entfielen 399,00 EUR auf den Regelbedarf und 250,73 EUR auf den von dem Beklagten als angemessen anerkannten Bedarf für Unterkunft und Heizung. Die Leistungen für die Kosten der Unterkunft wurden von dem Beklagten direkt an den Vermieter des Klägers überwiesen. Mit Änderungsbescheid vom 11. Juni 2015 setzte der Beklagte den monatlichen Leistungsanspruch für Juni bis Dezember 2015 auf insgesamt 664,42 EUR fest, wobei Kosten der Unterkunft in Höhe von 265,42 EUR berücksichtigt wurden.
Am 22. Juli 2015 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er am 17. Juli 2015 geheiratet habe und zum 1. August 2015 zu seiner Ehefrau ziehen werde (Schreiben vom 20. Juli 2015). Die Leistungen für August wurden am 23. Juli 2015 zur Auszahlung an den Kläger bzw. – hinsichtlich des Bedarfs für Unterkunft und Heizung – an seinen Vermieter angewiesen und entsprechend überwiesen.
Mit Bescheid vom 11. August 2015 hob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistung zur Grundsicherung für August 2015 in Höhe von 304,42 EUR auf und forderte den Kläger auf, den überzahlten Betrag zu erstatten. Die veränderte Leistungshöhe beruhe auf der Reduzierung um 39,00 EUR auf den Partnerregelsatz sowie auf dem Wegfall der Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 265,42 EUR.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2015 als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 7. Dezember 2015 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Die Voraussetzung das § 48 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) lägen nicht vor. Er habe dem Beklagten mitgeteilt, dass er geheiratet habe und umziehen werde.
Der Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 16. September 2016 ab. Die Leistungsaufhebung und Erstattungsforderung sei rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligung sei § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Durch den Umzug des Klägers zu seiner Ehefrau seien Änderungen eingetreten, weil ab diesem Zeitpunkt kein Rechtsgrund für die Bewilligung des vollen Regelbedarfes sowie für die Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft mehr bestanden habe. Der Kläger habe auch spätestens aufgrund seiner eigenen Mitteilung vom 20. Juli 2015 und somit vor dem Zeitpunkt der Änderung gewusst, dass sein Leistungsanspruch insoweit wegfalle. Selbst wenn man davon ausginge, dass der zuständige Sachbearbeiter zum Zeitpunkt der Anweisung der Leistung für den Monat August 2015 am 23. Juli 2015 bereits Kenntnis von der einen Tag vorher eingegangenen Umzugsmitteilung des Klägers gehabt hätte und entsprechend darauf hätte reagieren können, wäre dieses Mitverschulden des Beklagten ohne Relevanz. Die Erstattungsforderung beruhe auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Der Umstand, dass die Wohnungsmiete direkt an den Vermieter gezahlt worden sei, führe vorliegend nicht zum Klageerfolg. Durch die Direktzahlung an den Vermieter erbringe der Beklagte eine Leistung an den Leistungsberechtigten. Den Vermieter könne der Beklagte daher nicht durch Verwaltungsakt zur Erstattung der Mieter verpflichten.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem ihm am 28. September 2016 zugestelltem Urteil hat der Kläger am 25. Oktober 2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Beschwerde eingelegt und zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten beantragt. Die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, weil der Antrag auf Leistung der Wohnungsmiete an den Vermieter entsprechend § 22 Abs. 7 SGB II aufgrund der Mitteilung, dass er zum 1. August 2015 zu seiner Ehefrau umziehen werden, ab dem 20. Juli 2015 weggefallen sei. Aufgrund des Wegfalles des Antrages nach § 22 Abs. 7 SGB II habe es sich bei der vermeintlichen Mietzinszahlung entgegen den Ausführungen in dem angegriffenen Urteil nicht um eine Leistung an den Leistungsberechtigten gehandelt. Denn mit der Mitteilung des Klägers sei die Empfangsberechtigung des Vermieters erloschen. Hieraus folge, dass der Beklagte direkt den Vermieter zur Erstattung der Zahlung verpflichten könne.
Der Kläger beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16. September 2016 zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Sache habe keine grundsätzliche Bedeutung. Die Überweisung der Miete an den Vermieter sei auf Wunsch des Klägers bzw. des Betreuers erfolgt. Er – der Beklagte – habe in keinem Rechtsverhältnis zum Vermieter gestanden. Der Kläger müsse sich an den Vermieter halten, wenn er die Miete für den Monat August 2015 zurückerhalten wolle.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte des Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG vom 16. September 2016 ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, EUR 750,00 nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert beträgt 304,42 EUR, nachdem sich der Kläger gegen die Leistungsaufhebung und Rückforderung in dieser Höhe wendet.
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Diese Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
a) Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 20. Dezember 1955 – 10 RV 225/54 – juris, Rdnr. 18, zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 144 Rdnr. 28; vgl. dort auch § 160 Rdnr. 6 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung).
Der Rechtsstreit wirft keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung auf. Dabei kann dahinstehen, ob die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Konstellation nur einen konkreten Einzelfall betrifft, so dass ihr keine allgemeine Bedeutung zukäme. Entscheidend ist, dass die Sache keine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft. Klärungsbedürftigkeit wird etwa dann angenommen, wenn eine Rechtsfrage von mindestens zwei Landessozialgerichten unterschiedlich beantwortet wird (LSG Sachsen, Beschluss vom 27. August 2013 – L 7 AS 934/12 NZB – juris Rdnr. 16 m.w.N.). Demgegenüber besteht regelmäßig keine Klärungsbedürftigkeit, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage so gut wie unbestritten ist (BSG, Beschluss vom 14. August 1981 – 12 BK 15/81 – juris Rdnr. 2; BSG, Beschluss vom 2. März 1976 – 12/11 BA 116/75 – juris Rdnr. 5).
Nach diesen Maßstäben wirft die Rechtssache keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf. Das SG hat zu Recht unter Hinweis auf einschlägige und einhellige obergerichtliche Rechtsprechung und Literatur darauf hingewiesen, dass ein SGB II-Leistungsträger Mietzahlungen, die er direkt an einen Vermieter leistet, nicht vom Vermieter, sondern nur vom Leistungsberechtigten zurückfordern darf (vgl. LSG Bayern, Urteil vom 21. Januar 2013 – L 7 AS 381/12 – juris Rdnr. 52 ff.; Luik in Eicher [Hrsg.], SGB II, 3. Aufl. 2013, § 22 Rdnr. 226; Piepenstock in jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22 Rdnr. 227; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. März 2011 – L 28 B 1701/08 AS – juris Rdnr. 16; zu § 35 SGB XII Nguyen in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 35 SGB Rdnr. 116). Dies wird vom Kläger auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Es wird im Umkehrschluss bestätigt durch das Fehlen einer bereichsspezifischen Regelung wie der des § 83 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), die anordnet, dass direkt an einen Leistungserbringer geleistete Zahlungen (dort: Weiterbildungskosten) nach Aufhebung der Bewilligung gegenüber dem Leistungsberechtigten ausschließlich vom Leistungserbringer zu erstatten sind.
Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob dies anders zu beurteilen ist, wenn der Leistungsberechtigte vor Auszahlung der Leistung an den Vermieter seinen dahingehenden Antrag nach § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II zurückgenommen hat, begründet keinen Klärungsbedarf. Denn auch in diesem Fall handelt es sich schon deswegen ohne Weiteres um eine Leistung an den Leistungsberechtigten – hier den Kläger –, weil sie auf dem ihm gegenüber ergangenen und zum Zeitpunkt der Überweisung an den Vermieter auch noch wirksamen Verwaltungsakt vom 11. Juni 2015 beruht. Ob die Leistung direkt an den Vermieter zu diesem Zeitpunkt – also nach der Mitteilung des Klägers über seinen Umzug – rechtswidrig war, ist demgegenüber nicht erheblich. Ebenso wie der Kläger trotz seiner Mitteilung an den Beklagten über seinen Umzug aufgrund des damals noch wirksamen Bewilligungsbescheides noch Leistungsberechtigter für die Auszahlung des vollen Regelbedarfs war, war er auch weiterhin Leistungsberechtigter für den direkt an den Vermieter ausgezahlten Bedarf für Unterkunft und Heizung.
b) Es liegt auch keine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor.
Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil vom 16. September 2016 nicht aufgestellt. Etwas anderes hat auch der Kläger nicht behauptet.
c) Einen wesentlichen Mangel des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des dritten Zulassungsgrundes hat der Kläger nicht behauptet. Ein solcher Mangel ist im Übrigen auch nicht ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Aus den dargelegten Gründen war das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ohne Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung) und daher abzulehnen.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Antrag des Kläger auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M., F., wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Nichtzulassungsbeschwerde betrifft die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für August 2015 und eine darauf beruhende Erstattungsforderung in Höhe von 304,42 EUR.
Der Beklagte bewilligte dem 1987 geborenen und unter Betreuung stehenden Kläger mit Bescheid vom 19. März 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für April 2015 bis März 2016 in Höhe von monatlich 649,73 EUR. Davon entfielen 399,00 EUR auf den Regelbedarf und 250,73 EUR auf den von dem Beklagten als angemessen anerkannten Bedarf für Unterkunft und Heizung. Die Leistungen für die Kosten der Unterkunft wurden von dem Beklagten direkt an den Vermieter des Klägers überwiesen. Mit Änderungsbescheid vom 11. Juni 2015 setzte der Beklagte den monatlichen Leistungsanspruch für Juni bis Dezember 2015 auf insgesamt 664,42 EUR fest, wobei Kosten der Unterkunft in Höhe von 265,42 EUR berücksichtigt wurden.
Am 22. Juli 2015 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er am 17. Juli 2015 geheiratet habe und zum 1. August 2015 zu seiner Ehefrau ziehen werde (Schreiben vom 20. Juli 2015). Die Leistungen für August wurden am 23. Juli 2015 zur Auszahlung an den Kläger bzw. – hinsichtlich des Bedarfs für Unterkunft und Heizung – an seinen Vermieter angewiesen und entsprechend überwiesen.
Mit Bescheid vom 11. August 2015 hob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistung zur Grundsicherung für August 2015 in Höhe von 304,42 EUR auf und forderte den Kläger auf, den überzahlten Betrag zu erstatten. Die veränderte Leistungshöhe beruhe auf der Reduzierung um 39,00 EUR auf den Partnerregelsatz sowie auf dem Wegfall der Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 265,42 EUR.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2015 als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 7. Dezember 2015 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Die Voraussetzung das § 48 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) lägen nicht vor. Er habe dem Beklagten mitgeteilt, dass er geheiratet habe und umziehen werde.
Der Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 16. September 2016 ab. Die Leistungsaufhebung und Erstattungsforderung sei rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligung sei § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Durch den Umzug des Klägers zu seiner Ehefrau seien Änderungen eingetreten, weil ab diesem Zeitpunkt kein Rechtsgrund für die Bewilligung des vollen Regelbedarfes sowie für die Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft mehr bestanden habe. Der Kläger habe auch spätestens aufgrund seiner eigenen Mitteilung vom 20. Juli 2015 und somit vor dem Zeitpunkt der Änderung gewusst, dass sein Leistungsanspruch insoweit wegfalle. Selbst wenn man davon ausginge, dass der zuständige Sachbearbeiter zum Zeitpunkt der Anweisung der Leistung für den Monat August 2015 am 23. Juli 2015 bereits Kenntnis von der einen Tag vorher eingegangenen Umzugsmitteilung des Klägers gehabt hätte und entsprechend darauf hätte reagieren können, wäre dieses Mitverschulden des Beklagten ohne Relevanz. Die Erstattungsforderung beruhe auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Der Umstand, dass die Wohnungsmiete direkt an den Vermieter gezahlt worden sei, führe vorliegend nicht zum Klageerfolg. Durch die Direktzahlung an den Vermieter erbringe der Beklagte eine Leistung an den Leistungsberechtigten. Den Vermieter könne der Beklagte daher nicht durch Verwaltungsakt zur Erstattung der Mieter verpflichten.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem ihm am 28. September 2016 zugestelltem Urteil hat der Kläger am 25. Oktober 2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Beschwerde eingelegt und zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten beantragt. Die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, weil der Antrag auf Leistung der Wohnungsmiete an den Vermieter entsprechend § 22 Abs. 7 SGB II aufgrund der Mitteilung, dass er zum 1. August 2015 zu seiner Ehefrau umziehen werden, ab dem 20. Juli 2015 weggefallen sei. Aufgrund des Wegfalles des Antrages nach § 22 Abs. 7 SGB II habe es sich bei der vermeintlichen Mietzinszahlung entgegen den Ausführungen in dem angegriffenen Urteil nicht um eine Leistung an den Leistungsberechtigten gehandelt. Denn mit der Mitteilung des Klägers sei die Empfangsberechtigung des Vermieters erloschen. Hieraus folge, dass der Beklagte direkt den Vermieter zur Erstattung der Zahlung verpflichten könne.
Der Kläger beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16. September 2016 zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Sache habe keine grundsätzliche Bedeutung. Die Überweisung der Miete an den Vermieter sei auf Wunsch des Klägers bzw. des Betreuers erfolgt. Er – der Beklagte – habe in keinem Rechtsverhältnis zum Vermieter gestanden. Der Kläger müsse sich an den Vermieter halten, wenn er die Miete für den Monat August 2015 zurückerhalten wolle.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte des Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG vom 16. September 2016 ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, EUR 750,00 nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert beträgt 304,42 EUR, nachdem sich der Kläger gegen die Leistungsaufhebung und Rückforderung in dieser Höhe wendet.
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Diese Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
a) Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 20. Dezember 1955 – 10 RV 225/54 – juris, Rdnr. 18, zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 144 Rdnr. 28; vgl. dort auch § 160 Rdnr. 6 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung).
Der Rechtsstreit wirft keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung auf. Dabei kann dahinstehen, ob die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Konstellation nur einen konkreten Einzelfall betrifft, so dass ihr keine allgemeine Bedeutung zukäme. Entscheidend ist, dass die Sache keine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft. Klärungsbedürftigkeit wird etwa dann angenommen, wenn eine Rechtsfrage von mindestens zwei Landessozialgerichten unterschiedlich beantwortet wird (LSG Sachsen, Beschluss vom 27. August 2013 – L 7 AS 934/12 NZB – juris Rdnr. 16 m.w.N.). Demgegenüber besteht regelmäßig keine Klärungsbedürftigkeit, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage so gut wie unbestritten ist (BSG, Beschluss vom 14. August 1981 – 12 BK 15/81 – juris Rdnr. 2; BSG, Beschluss vom 2. März 1976 – 12/11 BA 116/75 – juris Rdnr. 5).
Nach diesen Maßstäben wirft die Rechtssache keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf. Das SG hat zu Recht unter Hinweis auf einschlägige und einhellige obergerichtliche Rechtsprechung und Literatur darauf hingewiesen, dass ein SGB II-Leistungsträger Mietzahlungen, die er direkt an einen Vermieter leistet, nicht vom Vermieter, sondern nur vom Leistungsberechtigten zurückfordern darf (vgl. LSG Bayern, Urteil vom 21. Januar 2013 – L 7 AS 381/12 – juris Rdnr. 52 ff.; Luik in Eicher [Hrsg.], SGB II, 3. Aufl. 2013, § 22 Rdnr. 226; Piepenstock in jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22 Rdnr. 227; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. März 2011 – L 28 B 1701/08 AS – juris Rdnr. 16; zu § 35 SGB XII Nguyen in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 35 SGB Rdnr. 116). Dies wird vom Kläger auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Es wird im Umkehrschluss bestätigt durch das Fehlen einer bereichsspezifischen Regelung wie der des § 83 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), die anordnet, dass direkt an einen Leistungserbringer geleistete Zahlungen (dort: Weiterbildungskosten) nach Aufhebung der Bewilligung gegenüber dem Leistungsberechtigten ausschließlich vom Leistungserbringer zu erstatten sind.
Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob dies anders zu beurteilen ist, wenn der Leistungsberechtigte vor Auszahlung der Leistung an den Vermieter seinen dahingehenden Antrag nach § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II zurückgenommen hat, begründet keinen Klärungsbedarf. Denn auch in diesem Fall handelt es sich schon deswegen ohne Weiteres um eine Leistung an den Leistungsberechtigten – hier den Kläger –, weil sie auf dem ihm gegenüber ergangenen und zum Zeitpunkt der Überweisung an den Vermieter auch noch wirksamen Verwaltungsakt vom 11. Juni 2015 beruht. Ob die Leistung direkt an den Vermieter zu diesem Zeitpunkt – also nach der Mitteilung des Klägers über seinen Umzug – rechtswidrig war, ist demgegenüber nicht erheblich. Ebenso wie der Kläger trotz seiner Mitteilung an den Beklagten über seinen Umzug aufgrund des damals noch wirksamen Bewilligungsbescheides noch Leistungsberechtigter für die Auszahlung des vollen Regelbedarfs war, war er auch weiterhin Leistungsberechtigter für den direkt an den Vermieter ausgezahlten Bedarf für Unterkunft und Heizung.
b) Es liegt auch keine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor.
Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil vom 16. September 2016 nicht aufgestellt. Etwas anderes hat auch der Kläger nicht behauptet.
c) Einen wesentlichen Mangel des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des dritten Zulassungsgrundes hat der Kläger nicht behauptet. Ein solcher Mangel ist im Übrigen auch nicht ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Aus den dargelegten Gründen war das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ohne Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung) und daher abzulehnen.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved