L 9 R 4377/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 22 R 2314/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4377/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. August 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit.

Der 1954 geborene Kläger ist gelernter Industriemechaniker und war von 1982 bis 2007 als Maschinenführer bei der D. AG beschäftigt, ehe er ab August 2008 als Zerspanungsmechaniker bei dem Maschinenbaubetrieb E. GmbH in K. u. T. zu arbeiten begann. Seit dem 09.12.2011 ist der Kläger arbeitsunfähig. Der Versuch einer Wiedereingliederung im Mai 2012 scheiterte.

Nachdem er zunächst vom 10.04. bis 01.05.2012 an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Rehaklinik H. in B.-B. teilgenommen hatte, im Rahmen derer ein pseudoradikuläres LWS-Syndrom, ein Impingement-Syndrom der rechten Schulter, ein HWS-/ BWS-Syndrom, der Verdacht auf eine Belastungsreaktion sowie eine Prostatahypertrophie diagnostiziert und ein Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch im Beruf als Zerspanungstechniker festgestellt wurden, beantragte er am 04.06.2012 bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Beklagte veranlasste zunächst eine Begutachtung durch Dr. H.-Z., die nach ambulanter Untersuchung des Klägers in ihrem sozialmedizinischen Gutachten vom 01.08.2012 einen operierten Weichteilverschleiß der rechten Schulter mit noch nicht abgeschlossener Behandlung, einen Verschleiß der Lendenwirbelsäule mit altem Bandscheibenschaden ohne relevante Funktionsminderung, eine Prostatavergrößerung, Schlafstörungen sowie eine allergische Rhinitis und Konjunktivitis diagnostizierte und mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr ohne häufige Überkopfarbeiten rechts und ohne Exposition gegenüber den bekannten Allergenen für möglich erachtete. Auch die Tätigkeit als Zerspanungstechniker könne fortgesetzt werden.

Mit Bescheid vom 07.08.2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung unter Hinweis auf das noch vollschichtige Leistungsvermögen ab. Auch eine Tätigkeit im bisherigen Beruf als Zerspanungsmechaniker könne noch sechs und mehr Stunden täglich ausgeübt werden.

Nachdem der Kläger hiergegen Widerspruch eingelegt und eine Bescheinigung seines behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin Dr. S. vom 23.08.2012 vorgelegt hatte, in der dieser aufgrund der starken Beschwerden im Bereich des Bewegungsapparats eine berufliche Tätigkeit von sechs Stunden für undenkbar hielt, veranlasste die Beklagte eine weitere Begutachtung. Der Facharzt für Chirurgie Dr. L. kam in seinem Gutachten vom 13.11.2012 aufgrund der Schulter- und Wirbelsäulenbeschwerden zu dem Ergebnis, dass der Kläger die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Industriemechaniker nur bei angepasstem Arbeitsplatz mit Vermeidung von häufigen Überkopfarbeiten, schwerem Heben und Tragen von Lasten über 10 Kilo noch ausüben könne. Seine letzte berufliche Tätigkeit sei daher nur noch in einem Umfang von unter drei Stunden möglich. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hingegen bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen.

Die ebenfalls von der Beklagten mit der Erstellung eines Gutachtens betraute Fachärztin für Psychiatriere und Psychotherapie Dr. E.-D. stellte in ihrem Gutachten vom 26.11.2012 als Diagnose eine Somatisierungsstörung und teilte mit, der Kläger habe eine Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörung angegeben, die in der Untersuchungssituation nicht zu objektivieren sei. Sowohl die letzte Tätigkeit als Industriemechaniker als auch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien sechs Stunden und mehr möglich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2013 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch des Klägers im Hinblick auf die vorliegenden ärztlichen Begutachtungen und Unterlagen zurück. Weiterhin erging am 08.04.2013 ein Bescheid gem. § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), worin ein Überprüfungsantrag des Klägers vom 27.02.2013 abgelehnt wurde.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 18.03.2013 hat der Kläger am 22.04.2013 Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben mit der Begründung, er sei aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen auf nicht absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Wegen seiner Bandscheibenvorfälle komme eine körperliche Arbeit nicht mehr in Betracht, und eine geistige Arbeit scheide im Hinblick auf die Konzentrations- und Merkstörungen ebenfalls aus.

Das Gericht hat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T. hat in seinem Schreiben vom 17.09.2013 dargelegt, wegen der - näher bezeichneten - Gesundheitsstörungen an der HWS/BWS und LWS sowie an der linken Schulter seien Beweglichkeit und Belastbarkeit deutlich eingeschränkt, sodass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, in vollem Umfang seinen Beruf auszuüben. Er könne aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten ohne Heben/Tragen von Lasten von mehr als sieben Kilogramm über Taillenhöhe, ohne Wirbelsäulenzwangshaltung und ohne Auswirkungen von Wind und Kälte sechs Stunden und mehr verrichten. In seinem Schreiben vom 19.09.2013 hat der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S. die Frage, ob der Kläger noch in der Lage sei, einer Tätigkeit als Industriemechaniker oder leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von sechs Stunden täglich oder mehr nachzugehen, im Hinblick auf dessen chronisches Schmerzsyndrom, chronisches Wirbelsäulensyndrom sowie seine Depressionen verneint. Im Bericht vom 07.10.2014 der Gemeinschaftspraxis im S. G. hat der behandelnde Arzt Dr. R. dargelegt, der Kläger sei nicht in der Lage, eine Tätigkeit als Industriemechaniker, Registrator oder Poststellenmitarbeiter in vollem Umfang auszuüben, könne aber leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Heben und Tragen von schweren Lasten über Taillenhöhe im Umfang von sechs Stunden täglich ausüben.

Weiterhin hat das SG den letzten Arbeitgeber des Klägers, die Firma Ellwanger GmbH, Kirchheim/Teck, zur zuletzt ausgeübten Tätigkeit befragt. Dieser hat ausgeführt, bei der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit als Zerspanungsmechaniker handle es sich um eine Facharbeitertätigkeit. Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion sei der Kläger nicht gewesen.

Im Anschluss hieran hat das Gericht die Fachärztin für Orthopädie Dr. B.-S. mit der Erstellung eines Gutachtens betraut, worin diese am 03.01.2015 Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule ohne Nervenwurzelreizungen mit geringer Rotationseinschränkung bei radiologisch geringen degenerativen Veränderungen ohne nachweisbaren Bandscheibenvorfall, gelegentliche Beschwerden im Bereich der Brustwirbelsäule bei freier Entfaltbarkeit der Wirbelsäule, geringer kyphotischer Haltung und geringen degenerativen Veränderungen sowie Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule vor allem über dem linken Iliosakralgelenk ohne Funktionseinschränkung, ohne momentane Reizerscheinung bei geringen degenerativen Veränderungen diagnostiziert hat. Aufgrund der Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule seien reine Bildschirmtätigkeiten nicht mehr zumutbar und müssten Überkopfarbeiten vermieden werden ebenso wie wirbelsäulenverdrehte Haltungen und Fließbandarbeiten. Die Beschwerden im Bereich der Brustwirbelsäule sowie im Bereich der Lendenwirbelsäule schränkten die körperliche Leistungsfähigkeit für eine mittelschwere und schwere körperliche Tätigkeit ein. Heben und Bewegen von Lasten über fünf Kilogramm sollten ebenso vermieden werden wie wirbelsäulenverdrehte oder vornübergebeugte Haltungen und rein sitzende Tätigkeiten. Eine Tätigkeit als Registrator und Poststellenmitarbeiter sowie leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien möglich und könnten vollschichtig verrichtet, nicht hingegen die Arbeit als Industriemechaniker wegen der zu tragenden Lasten und des häufigen Bückens.

Hierzu hat der Kläger dargelegt, eine Verweisung auf die Tätigkeit eines Registrators oder Poststellenmitarbeiters sei nicht zumutbar, da es sich hierbei nur um Hilfstätigkeiten handele. Ein Poststellenmitarbeiter müsse zudem Pakete mit einem Gewicht von 30 Kilo bewegen ohne Hilfsmittel und ohne die Möglichkeit, sich hinzusetzen oder im Stehen anzulehnen. Auch fielen sowohl bei einer Tätigkeit als Registrator als auch als Poststellenmitarbeiter in erheblichem Maße Bildschirmtätigkeiten an, die dem Kläger nicht mehr zumutbar seien.

Mit Gerichtsbescheid vom 21.08.2015 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, es bestehe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen, wie sich sowohl den Gutachten der Dr. B.-S. sowie des Dr. L., der Dr. E.-D. sowie Dr. H.-Z. und den Berichten der behandelnden Ärzte Dr. T. und Dr. R. entnehmen lasse. Es bestehe aber auch kein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da der Kläger nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) als Facharbeiter auf eine Tätigkeit als angelernter Arbeiter verwiesen werden könne, vorliegend damit auf die Tätigkeit eines Registrators, deren qualitativer Rang als angelernte Tätigkeit sich in ihrer Einstufung in das nach Qualitätsmerkmalen geordnete Lohngruppengefüge der einschlägigen Tarifverträge widerspiegele und die dem Kläger auch medizinisch zumutbar sei.

Hiergegen hat der Kläger am 19.10.2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und diese auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beschränkt. Unstreitig sei, dass der Kläger in seinem bisherigen Beruf nicht mehr tätig sein könne. Eine Verweisung auf den Beruf des Registrators sei hingegen nicht möglich, weil der Kläger schwere Akten und Gegenstände nicht mehr tragen könne und auch keine Bildschirmtätigkeit mehr wahrnehmen könne. Im Übrigen handle es sich bei dem klassischen Berufsbild des Registrators um eine aussterbende Tätigkeit, nachdem mittlerweile die Akten in der Regel überwiegend elektronisch geführt würden. Hinzukomme, dass der Kläger gelernter Industriemechaniker mit Schwerpunkt Zerspanungstechnik sei. Hierbei handele es sich um einen Lehrberuf mit dreijähriger Ausbildung. Er habe C.-Programmiervorgänge für komplexe Bauteile vornehmen müssen, wozu es einer besonderen Fachkunde und einer besonderen Schulung bedürfe. Bei der Firma D. sei er zudem als Anlagenführer eingesetzt gewesen und habe in dieser Stellung zwei bis fünf Facharbeiter beaufsichtigt. Auch seien hier Sonderaufgaben vorhanden gewesen, die insbesondere im Bereich der Programmierung gelegen hätten. Es seien zudem Tätigkeiten im Vorrichtungsbau durchgeführt worden, die Spezialwissen erforderten. Er sei somit der Stufe 4 der Verweisungsskala des BSG zuzuordnen. Mangels zumutbarer Verweisungstätigkeit habe er daher einen Anspruch auf teilweise Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit. Der Beruf des Registrators setze eine Ausbildung voraus, ein Poststellenmitarbeiter müsse bis zu 30 kg bewegen und sei im Stehen bis zu acht Stunden täglich tätig, wozu der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei. Weiter hat der Kläger unter Vorlage zweier Berichte des K. E. vom 02.02.2016 und 23.02.2011 vorgetragen, er leide an Herzrhythmusstörungen, die zu Ohnmachtsanfällen führten. In Anbetracht der unkalkulierbaren, unvorhersehbaren Ohnmachtsanfälle sei eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht möglich.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. August 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen und zum Berufsschutz dargelegt, aufgrund der Qualifikation eines CNC-Drehers sowie eines Sicherheitsbeauftragten könne der Kläger neben den Tätigkeiten als Mitarbeiter einer Poststell oder als Registrator auch auf den Beruf eines Hausmeisters verwiesen werden. Der Kläger sei als Facharbeiter, nicht indes als Spezialfacharbeiter einzustufen.

Im Rahmen einer nicht-öffentlichen Sitzung am 18.05.2016 hat die (frühere) Berichterstatterin den Kläger ausführlich zu seinen Tätigkeiten bei der Firma D. sowie bei der Firma E. und zur kardiologischen Situation befragt. Auf das Protokoll wird Bezug genommen.

Anschließend hat der Senat bei der Firma E. GmbH eine Arbeitsplatzbeschreibung angefordert und die Firma D. AG zur Beschäftigung des Klägers befragt. Auf die Antwortschrieben der Firmen vom 30.05.2016 bzw. 02.08.2016 wird verwiesen.

Weiterhin sind die behandelnden Ärzte Dr. F., Prof. Dr. L. vom Klinikum E. sowie der Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Dr. R. als sachverständige Zeugen befragt worden. Die behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F. hat in ihrem Bericht vom 02.06.2016 eine deutliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Januar 2015 bis April 2016 beschrieben sowohl bezüglich des Wirbelsäulensyndroms als auch u.a. durch den Eintritt schwerer psychosomatischer Beschwerden mit rezidivierender depressiver Episoden. Der Kläger könne keiner Tätigkeit mehr nachgehen. Das maßgebliche Leiden für die Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit liege auf psychiatrischem Fachgebiet. In seinem Bericht vom 30.06.2016 hat der Arzt für Innere Medizin Prof. Dr. L. ausgeführt, der Kläger habe sich wegen rezidivierender Synkopen und deren Ursachenabklärung vom 02.02. bis 04.02.2016 in stationärer Behandlung befunden. Inwieweit der Kläger eine körperlich leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich nachgehen könne, lasse sich aus den Unterlagen im strengen gutachterlichen Sinne nicht eindeutig entnehmen. Sicherlich sei diese Tätigkeit auch einem Patienten mit unklaren Synkopen zuzumuten. Andererseits könnte durch die rezidivierende Synkopensymptomatik eine psychische Verunsicherung mit sekundären psychischen Problemen vorliegen. Andererseits würde er der Aussage zustimmen, wonach der Kläger mindestens sechs Stunden täglich eine solche Tätigkeit ausüben könne. Dr. R. hat in seinem Schreiben vom 16.09.2016 ausgeführt, den Kläger dafür in der Lage zu halten, abzüglich der demonstrativen Tendenzen fünf Tage in der Woche mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4, 56 SGG) ist der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 07.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2013, soweit die Beklagte darin die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit abgelehnt hat. Der Kläger hat seine Berufung diesbezüglich beschränkt, so dass die Ablehnung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bestandskräftig geworden ist. Nicht Gegenstand des Verfahrens gem. § 96 SGG ist der Bescheid vom 08.04.2013, da dieser Bescheid gem. § 44 SGB X den angefochtenen Verwaltungsakt nicht abändert oder ergänzt (vgl. hierzu nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 96 Rdnr. 4 b m.w.N.).

Die Ablehnung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit in den genannten Bescheiden ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gem. § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Bei der Frage, ob Versicherte berufsunfähig sind, ist von ihrem bisherigen Beruf, das ist in der Regel die zuletzt und nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit, auszugehen (ständige Rechtsprechung des BSG, z.B. SozR 2200 § 1246 Nrn. 104, 107, 130, 164, 169). Dabei liegt Berufsunfähigkeit nicht schon dann vor, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können. Vielmehr sind anhand des qualitativen Wertes des bisherigen Berufes zumutbare Tätigkeiten zu ermitteln, auf die die Versicherten verwiesen werden können. Das BSG hat in dem Zusammenhang das so genannte Mehrstufenschema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung und beruflichen Erfahrung, nicht nach Entlohnung oder Prestige, geordnet. Danach sind zu unterscheiden: Ungelernte Berufe (Stufe 1); Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Stufe 2); Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren (Stufe 3); Berufe, die zusätzliche Qualifikation oder Erfahrungen oder den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen (Stufe 4), zu ihr gehören Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung; Berufe, die einen erfolgreichen Abschluss einer Fachhochschule oder eine zumindest gleichwertige Berufsausbildung voraussetzen (Stufe 5); Berufe, deren hohe Qualität regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht (Stufe 6). Eine "Verweisung", die grundsätzlich durch eine konkrete Benennung eines Berufs geschehen muss, der an mindestens 300 Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird, kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten. Eine konkrete Benennung ist grundsätzlich dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein so genannter einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr auf ungelernte Berufe verwiesen wird (siehe hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 29.07.2004, B 4 RA 5/04 R, juris).

Die Tätigkeit als Zerspanungsmechaniker kann der Kläger zur Überzeugung des Senats nicht mehr ausüben. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei der Firma Ellwanger beinhaltete das Tragen von Gegenständen bis zu 12 kg auch auf Schulter- und Kopfhöhe und erforderte häufiges Bücken, so dass Dr. Benda-Schäfer nachvollziehbar eine Zumutbarkeit ausgeschlossen hat. Wie sich der Auflistung der charakteristischen körperlichen Anforderungen Anforderungen aus der Berufsinformation der Bundesagentur für Arbeit (vgl.https://berufenet.arbeitsagentur.de/berufenet/faces/index?path=null/suchergebnisse/kurzbeschreibung/gesundheitlicheaspekte&dkz=29053&such=zerspanungsmechaniker) entnehmen lässt, ist grundsätzlich Körperbeweglichkeit (bei der Einrichtung von Maschinen oder deren Wartung in der Hocke oder über Kopfarbeiten) erforderlich, so dass der Kläger wegen der wirbelsäulenbedingten Minderbelastbarkeit auch nicht als Zerspanungsmechaniker in einem anderen Betrieb arbeiten könnte.

Der Kläger kann jedoch als Facharbeiter der Stufe 3 auf eine Stelle als Poststellenmitarbeiter verwiesen werden.

Entgegen den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten ist hierbei nicht die bis 2007 bei der Firma D. AG ausgeübte Tätigkeit als Maschinenführer ausschlaggebend, sondern vielmehr die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei der Firma E. GmbH als Zerspanungstechniker. Bisheriger Beruf ist in der Regel die der Versicherungspflicht zugrundeliegende Berufstätigkeit, die der Versicherte zuletzt auf Dauer, d.h. mit dem Ziel verrichtet hat, sie bis zur Erreichung der jeweils in der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Altersgrenze oder bis zum Eintritt der Unfähigkeit aus den in § 240 Abs. 2 SGB VI genannten Gründen auszuüben (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand August 2012, § 240 SGB VI Rdnr. 9 ff. m.w.N.). Wurden mehrere Berufe ausgeübt, ist der Hauptberuf zu ermitteln. Bei der Bestimmung des Hauptberufs ist von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen. Ein derartig starkes Gewicht ist dieser aber nur beizulegen, wenn sie zugleich die qualitativ höchste gewesen ist. Hat sich der Versicherte von einer (höherwertigen) Beschäftigung gelöst, ist diese nicht mehr der bisherige Beruf im Sinne des Abs. 2. Eine Lösung von einem Beruf liegt vor, wenn der Versicherte nicht nur vorübergehend eine andere (geringerwertige) Tätigkeit aufnimmt und die Aufgabe der höherwertigen Tätigkeit vom Willen des Versicherten getragen ist, d.h., wenn der Versicherte einer Berufstätigkeit erkennbar nicht mehr nachgehen will und sich endgültig einer anderen Berufstätigkeit zuwendet (Gürtner a.a.O. m.w.N.). Musste ein Beruf hingegen gesundheitsbedingt aufgegeben werden, liegt grundsätzlich keine Lösung im Sinne des Rentenrechts vor, weil dann gerade solche Gründe zur Lösung geführt haben, für die die gesetzliche Rentenversicherung einzustehen hat.

Nach diesen Grundsätzen liegt vorliegend eine Lösung vom Beruf des Maschinenführers bei der Firma D. vor. Wie der Kläger im Rahmen des Erörterungstermins am 18.05.2016 dargelegt hat, beendete er im Einvernehmen mit der Firma D. AG und gegen Zahlung einer Abfindung sein dortiges Arbeitsverhältnis, weil seine Frau an Krebs erkrankt war und er zudem einen pubertierenden Jungen und eine Tochter zu betreuen hatte, weshalb er sich nicht mehr so sehr seiner Arbeit widmen konnte und eine weniger zeitintensive Arbeit suchen wollte. Gesundheitliche Gründe in der Person des Klägers waren somit nicht ausschlaggebend für den Wechsel des Berufs, so dass die Tätigkeit bei der D. AG nicht mehr als Begründung für den Berufsschutz heranzuziehen ist.

Bei der Tätigkeit als Zerspanungstechniker bei der Firma E. GmbH handelte es sich um eine Facharbeitertätigkeit der Stufe 3. Hinweise für eine Facharbeitertätigkeit mit Vorgesetztenfunktion finden sich nicht und eine solche wurde auch von der Firma auf Anfrage der 1. Instanz ausdrücklich verneint. Es liegt aber auch keine dieser gleichgestellte Tätigkeit als besonders hoch qualifizierter Facharbeiter vor. Besonders hoch qualifizierte Facharbeiter sind solche, die wesentlich höherwertige Arbeiten als ihre zur Gruppe der Facharbeiter zählenden Arbeitskollegen verrichten und diese nicht nur bezüglich der Entlohnung, sondern aufgrund besonderer geistiger und persönlicher Anforderungen auch in der Qualität ihrer Berufstätigkeit deutlich überragen (Gürtner a.a.O. Rdnr. 28; BSGE 45, 276; BSGE 54, 181). Für eine solche besondere Qualifikation gibt es vorliegend keine Hinweise: So musste der Kläger nach der Arbeitsplatzbeschreibung der Firma Ellwanger vom 30.05.2016 CNC-Programme für komplexe kubische Teile an der Maschine nach Zeichnung erstellen (1), Werkzeugpläne für die jeweiligen Programme erstellen (2), Werkzeuge zusammenbauen, am Werkzeugvoreinstellgerät vermessen und Maße in Werkzeugspeicher der Maschine eintragen (3), ein Aufspannkonzept für das Werkstück erstellen (4), das Werkstück in die Maschine positionieren und den Nullpunkt anfahren (5), das Werkstück bearbeiten und auf Maßhaltigkeit überprüfen, notwendige Korrekturen vornehmen (6), vorhandene Prozesse und Programme nach wirtschaftlichen und fertigungstechnischen Gesichtspunkten optimieren (7), Programme und Werkzeugpläne sichern, dokumentieren (8), Betriebsstoffe, Öl, Bohremulsion nachfüllen, bei Bedarf wechseln, PH-Wert kontrollieren und dokumentieren (9), Entgratarbeiten durchführen (10) und bei Bedarf an der Bohrmaschine Werkstücke fertig bearbeiten (11). Bei diesen Tätigkeiten handelt es sich um typische Aufgaben eines Zerspanungsmechanikers, wie ein Blick in die Berufsinformation der Bundesagentur für Arbeit (https://berufenet.arbeitsagentur.de/berufenet/faces/index? adf.ctrl-state=xoo93da75 5) beweist: Hiernach fertigen Zerspanungsmechaniker Präzisionsbauteile meist aus Metall durch spanende Verfahren wie Drehen, Fräsen, Bohren oder Schleifen und arbeiten in der Regel wie der Kläger mit CNC-Werkzeugmaschinen, die sie programmieren. Sie müssen sich mit allen Einzelheiten der technischen Zeichnung des Werkstücks vertraut machen und noch fehlende Maßangaben, die später für die Einrichtung der Werkzeugmaschinen benötigt werden, anhand der vorhandenen Daten berechnen (s.o. Ziffer 1 und 2). Der Verlauf der Bearbeitung ist zu dokumentieren (s.o. Ziffer 8). Weiterhin müssen sie die Werkstücke einspannen, die Maschinen in Betrieb nehmen und die Fertigungsprozesse überwachen, wobei sie auch die Spannvorrichtungen sowie Zusatzeinrichtungen für verschiedene Dreh- und Fräsverfahren montieren (s.o. Ziffer 3 - 6). Der Fertigungsprozess wird ständig kontrolliert, und bei Abweichungen von den vorgegebenen Qualitätsnormen müssen die Einstellungen der Maschine korrigiert werden (s. o. Ziffer 6 und 7). Auch für die Wartung und Pflege der Maschinen und Werkzeuge sind Zerspanungsmechaniker verantwortlich (s. o. Ziffer 9). Ggf. müssen scharfe Kanten per Hand abgeschliffen werden (entgratet, s.o. Ziffer 10). Dass der Kläger über diese typischen Aufgabenbereich hinaus besonders hochqualifizierte Tätigkeiten ausgeübt hat, ist nicht ersichtlich, so dass keine Anhaltspunkte für eine Facharbeitertätigkeit der Stufe 4 nach dem Mehrstufenschema des BSG bestehen. Die vom Klägerbevollmächtigten hervorgehobenen CNC-Kenntnisse des Klägers sind für die Tätigkeit als Zerspanungsmechaniker nach den obigen Ausführungen unerlässlich und nicht Zeichen einer außergewöhnlichen Qualifikation.

Als Facharbeiter der Stufe 3 ist der Kläger zur Überzeugung des Senat auf die ihm sozial zumutbare Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters zu verweisen (vgl. hierzu und zum Folgenden LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2012, L 13 R 4924/09, juris). Wie der 13. Senat im genannten Urteil nach umfangreichen Ermittlungen festgestellt hat, existieren derartige Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichendem Umfang, erfordern keine abgeschlossene Berufsausbildung und eine Anlernzeit von max. drei Monaten und stehen für betriebsfremde Personen offen.

Die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters umfasst die Entgegennahme und das Öffnen der täglichen Eingangspost (Postsäcke, Postkörbe, Pakete, Briefsendungen, u.a.) sowie der Hauspost, die Entnahme des Inhaltes von Postsendungen, die Überprüfung der Vollständigkeit, das Anbringen eines Posteingangsstempels bzw. eines Eingangs-/Weiterleitungsvermerkes, das Anklammern der Anlagen; das Auszeichnen, Sortieren und Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen. Daneben bereiten Poststellenmitarbeiter die Ausgangspost vor. Dies geschieht durch Falzen und Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschine und Beschriften der ausgehenden Aktenpost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher (vgl. LSG Baden-Württemberg a.a.O. unter Verweis auf Hessisches LSG, Urteil vom 15. April 2011, L 5 R 331/09, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Juli 2006, L 10 R 953/05, sozialgerichtsbarkeit.de). Hierbei handelt es sich regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z. T. in Großraumbüros (Poststelle). Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen sowie die Feinmotorik der Hände; ausreichend sind durchschnittliche Lese- und Schreibkenntnisse (Hessisches LSG a.a.O.). Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über zehn Kilogramm gehoben bzw. getragen werden müssen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch zumindest in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in einer Poststelle, da der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle dort regelmäßig von wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 18.07.2006 und 25.09.2012 a.a.O.). Der Kläger wird danach mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen dem gesundheitlichen Belastungsprofil der in Rede stehenden Verweisungstätigkeit gerecht. Der Umstand, dass dem Kläger angesichts seiner orthopädischen Beeinträchtigungen nur noch ein Heben/Tragen bis 5 kg zumutbar ist, steht dabei einer Verweisung nicht im Wege. Zwar kommt damit für den Kläger nicht mehr jeder Arbeitsplatz in einer Poststelle in Betracht. Für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist indes nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar wäre. Vielmehr genügt die grundsätzliche Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom Urteil vom 18.07.2006 und 25.09.2012 a.a.O.). Wirbelsäulenverdrehte und vornübergebeugte Haltungen, Überkopfarbeiten, reine Bildschirmtätigkeiten, Fließbandarbeiten, die dem Kläger nach den Ausführungen von Dr. B.-S. nicht mehr möglich sind, sind bei einer Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter nicht zu erwarten.

Der Senat geht auch davon aus, dass der Kläger diese Tätigkeit mit einem Umfang von mehr als sechs Stunden verrichten kann. Hinsichtlich des quantitativen Umfangs seiner Leistungsfähigkeit wird auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen sich der Senat nach eigener Überprüfung anschließt. Ergänzend ist noch darzulegen, dass auch die Ermittlungen in der zweiten Instanz keine andere Beurteilung des Leistungsvermögens rechtfertigen. Zwar hat Dr. F. in ihrer Stellungnahme vom 02.06.2016 ausgeführt, dass sich der gesundheitliche Zustand des Klägers seit Januar 2015 wesentlich verschlechtert habe, doch hat sie das psychiatrische Fachgebiet als maßgeblich für die Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit erachtet. Indes hat der hieraufhin befragte Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. R. (Schreiben vom 16.09.2016) eine quantitative Leistungseinschränkung ausdrücklich verneint. Vor dem Hintergrund, dass Dr. R. als Facharzt auf psychiatrischem Fachgebiet aufgrund größerer Sachkunde eher dazu in der Lage ist, eine Einschränkung des Leistungsvermögens aufgrund psychischer Beschwerden zu beurteilen, sieht das Gericht keine Anlass, an seinem Urteil zu zweifeln, zumal Dr. F. ihre gegenteilige Meinung nicht näher begründet hat. Dass die Verschlechterung der orthopädischen Beschwerden zu einer Leistungsminderung führt, hat Dr. F. nicht behauptet. Auch der Kläger hat dies mit keinem Wort vorgetragen, so dass sich der Senat auch nicht veranlasst sah, diesbezüglich weitere Ermittlungen anzustellen. Die Synkopen unklarer Genese, die nach den Angaben des Klägers im Erörterungstermin etwa alle drei Monate auftreten, führen zwar dazu, dass dem Kläger gefährliche Aufgaben wie Gerüstarbeiten, Arbeiten auf Leitern o.ä. nicht mehr zumutbar sind und ggf. auch die Benutzung eines Pkw zu überlegen sein wird, bedingen aber keine quantitative Leistungseinschränkung. Hierbei stützt sich der Senat auf die Stellungnahme des Prof. Dr. L. vom 30.06.2016, der, auch wenn er eine psychische Verunsicherung durch die rezidivierende Synkopensymptomatik nicht ausschließen konnte, die Ausübung einer Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden für möglich gehalten hat.

Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass der Kläger sich die erforderlichen Kenntnisse für die Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter innerhalb von drei Monaten aneignen kann. Wie das LSG Baden-Württemberg im genannten Urteil aus 2012 (a. a. O.) ausgeführt hat, sind Vorkenntnisse weitgehend ohne Bedeutung und ist insbesondere eine verwaltungsnahe bzw. kaufmännische Ausbildung nicht erforderlich. Im Übrigen hat der Kläger als Facharbeiter sowohl bei der Firma Daimler AG als auch bei seinem letzten Arbeitgeber, der Firma E., nach seinem eigenen Vortrag im Rahmen des Erörterungstermins schwierige und verantwortungsvolle Aufgaben erfüllt, so dass er nach Überzeugung des Senats sich ohne Weiteres nach einer kurzen Einarbeitungszeit als Poststellenmitarbeiter bewähren würde.

Die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters ist dem Kläger auch subjektiv zuzumuten (s. hierzu und zum Folgenden LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2012, a.a.O. unter Verweis auf BSG, Urteil vom 12.09.1991, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17). Als Facharbeiter darf der Kläger grundsätzlich - wie bereits ausgeführt - lediglich auf Tätigkeiten verwiesen werden, die zu den sonstigen staatlich anerkannten Ausbildungsberufen gehören oder eine echte betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten erfordern. Dies ist bei einem Poststellenmitarbeiter nicht der Fall. Jedoch sind solche Berufe qualitativ gleichwertig, die von den Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag durch ihre tarifliche Einstufung in ihrem qualitativen Wert den Leitberufen gleichgestellt sind. Diese Voraussetzung ist nach den umfangreichen Ausführungen des LSG im genannten Urteil bezgl. der Tätigkeit des Poststellenmitarbeiters nach Teil I (Allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst), Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) erfüllt. Nachdem sich an der tariflichen Einordnung der Tätigkeit seither nichts geändert hat, schließt sich der Senat der Rechtsprechung des 13. Senats nach eigener Überprüfung an und verweist auf die dortigen Ausführungen.

Ob dem Kläger mit seinem Leistungsvermögen eine entsprechende Tätigkeit als Poststellen-mitarbeiter vermittelt werden kann, ist unwesentlich. Für vollschichtig einsatzfähige Versicherte besteht im Allgemeinen ein offener Arbeitsmarkt (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Ein Versicherter muss sich nach der ständigen Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auf den Arbeitsmarkt im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verweisen lassen. Dort gibt es noch eine hinreichende Anzahl zumutbarer Arbeitsplätze, unabhängig davon, ob diese offen oder besetzt sind. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, trägt nicht die Beklagte, sondern die Arbeitslosenversicherung.

Schließlich besteht auch keine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Das BSG hält dabei eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in weniger als 20 Minuten zurückzulegen, für eine derart schwere Leistungseinschränkung, dass der Arbeitsmarkt trotz vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG, Urteil vom 21.03.2006, B 5 RJ 51/04 unter Hinweis auf Großer Senat in BSGE 80, 24, 35). Eine derartige Beschränkung der Wegstrecke wurde von keinem Sachverständigen und auch nicht von den behandelnden Ärzten angenommen.

Dem Kläger steht demnach kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu.

Die Berufung war daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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