L 5 R 130/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 3315/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 130/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 01.12.2015 abgeändert.

Der Bescheid vom 23.04.2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 08.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2013 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, den Monat August 1973 als Beitragszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung anzuerkennen und dem Kläger ab 01.03.2013 höhere Rente unter Berücksichtigung dieser Zeit zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 1/7 der außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höhere Altersrente unter Anerkennung der Zeit vom 01.04.1973 bis 19.11.1973 als Beitragszeit.

Mit Bescheid vom 23.04.2013 bewilligte die Beklagte dem (1948 geborenen) Kläger Altersrente für langjährig Versicherte ab 01.03.2013 i.H.v. 884,74 EUR brutto monatlich. Die (streitige) Zeit vom 01.04.1973 bis 19.11.1973 wurde bei der Rentenberechnung nicht als Beitragszeit berücksichtigt.

Am 21.05.2013 erhob der Kläger Widerspruch. Vom 01.04.1973 bis 19.11.1973 sei er als Angestellter bei der Firma D.-S. N. Sch., G. (im Folgenden: Firma D.), beschäftigt gewesen. Leider seien Beiträge seinerzeit nicht abgeführt worden.

Der Kläger legte Unterlagen vor. In einem vom Inhaber der Firma D. (Herrn N. Sch., im Folgenden: S.) unterzeichneten Zeugnis vom 27.09.1974 heißt es, der Kläger sei vom 01.04.1973 bis 19.11.1973 im Unternehmen beschäftigt gewesen. Er, S., habe ihn wegen Liquidierung des Unternehmens am 19.11.1973 entlassen müssen. Durch (Versäumnis-)Urteil des Arbeitsgerichts R. vom 13.12.1973 (- Ca 6 /73 -) wurde die Firma D. zur Zahlung (u.a.) von 1.900,00 DM brutto Gehalt (für November 1973 - Klageschrift vom 28.11.1973, Zahlungsbefehl des Arbeitsgerichts R. vom 27.12.1973 (- Ba 8 /73 -)) an den Kläger verurteilt; in der Klageschrift vom 28.11.1973 heißt es u.a., es bestehe der dringende Verdacht, dass die Firma D. in nächster Zeit auch ganz aufgelöst werde. Auf einer Lohn-Gehalts-/Abrechnung für den Monat August (ohne Jahresangabe) ist ein steuerpflichtiges Einkommen von 1.900,00 DM eingetragen. Unter der Rubrik "Abzüge" ist u.a. vermerkt: "Krankenvers. allgem. G 81,94; Rentenvers. Angest. L 170,10". In einem an den Kläger gerichteten Schreiben der B. vom 19.12.1973 ist ausgeführt, der frühere Arbeitgeber des Klägers - Firma D. - habe entgegen der Vorschrift des § 520 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) seinen Anteil an den Sozialversicherungsbeiträgen (Arbeitgeberanteile) nicht ausgezahlt und den Arbeitnehmeranteil des Klägers einbehalten. Die Beiträge seien bisher an sie nicht abgeführt worden. Daraus sollten dem Kläger keine Unannehmlichkeiten entstehen. Man sei bereit, den Beitragseinzug gegen die Firma D. durchzuführen. Dazu müsse der Kläger seinen Anspruch gegen die Firma D. auf Zahlung der Beiträge abtreten; hierfür werde eine Abtretungserklärung beigefügt. Sollte die Firma D. die Einbehaltung der Beiträge bestreiten, werde man sich wieder mit dem Kläger in Verbindung setzen. Man wäre dankbar, wenn der Kläger die Bemühungen, die offenstehenden Beiträge zu erhalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützen würde.

Nach Durchführung weiterer Ermittlungen setzte die Beklagte die Altersrente des Klägers mit Bescheid vom 08.10.2013 neu fest (monatlicher Zahlbetrag ab 01.11.2013: 891,38 EUR). Bei der Rentenberechnung wurden weitere Beitragszeiten vom 01.02.1992 bis 11.03.1992 anerkannt; die streitige Zeit vom 01.04.1973 bis 19.11.1973 wurde weiterhin nicht als Beitragszeit anerkannt.

In einem Schreiben der B. an den Kläger vom 04.10.2013 ist ausgeführt, während der streitigen Zeit sei noch mit Papierunterlagen und nicht mit EDV gearbeitet worden. Die alten Beitragskarten lägen nicht mehr vor; der Aufbewahrungszeitraum sei längst abgelaufen. Aus einem Leistungskarteneintrag gehe aber hervor, dass der Kläger seit 01.04.1973 bei der Firma D. angestellt gewesen sei. Unterlagen zur Beitragsabführung existierten nicht mehr.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch - soweit ihm nicht durch Bescheid vom 08.10.2013 abgeholfen worden ist - zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Zeit vom 01.04.1973 bis 19.11.1973 könne bei der Rentenberechnung nicht als Beitragszeit berücksichtigt werden. Die behauptete Beitragsentrichtung sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe nur hervor, dass der Kläger während der genannten Zeit mit Anspruch auf Gehalt beschäftigt gewesen sei. Sein Arbeitgeber (Firma D.) habe Beiträge aber nicht abgeführt. Die B. habe sich im Schreiben vom 19.12.1973 nur dazu bereit erklärt, den Beitragseinzug beim Arbeitgeber des Klägers durchzuführen. Aktuell bestätige sie für die Zeit bis 19.11.1973 eine freiwillige Versicherung. Die Gehaltsabrechnung für den Monat August (ohne Jahresangabe) genüge für die Anerkennung der streitigen Zeit als Beitragszeit nicht.

Am 02.12.2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er legte weitere Unterlagen (den Bezug von Arbeitslosengeld ab 20.11.1973 und das Verfahren vor dem Arbeitsgericht R. - Ca 6 /73 - betreffend) vor und bekräftigte sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Außerdem teilte er eine ihm (im Jahr 1994) bekannte (und auch auf dem Zahlungsbefehl des Arbeitsgerichts R. vom 27.12.1973, a.a.O., angegebene) Anschrift des S. in M. mit. Ergänzend trug der Kläger vor, die im Verwaltungsverfahren vorgelegte Lohnbescheinigung betreffe den August 1973; sie datiere vom 01.08.1974. Die - nur aus der Vorderseite bestehende - Bescheinigung habe sein damaliger Arbeitgeber (selbst) ausgefüllt. Sein Arbeitgeber habe den Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen nicht ausgezahlt und auch den Arbeitnehmeranteil einbehalten. Deswegen habe sich die B. seinerzeit auch bereit erklärt, den Beitragseinzug durchzuführen (Schreiben vom 19.12.1973). Er habe der B. den Anspruch gegen die Firma D. auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 01.10.1973 bis 19.11.1973 i.H.v. 906,50 DM (Gehaltsanspruch in Höhe der geschuldeten Arbeitnehmeranteile und Anspruch auf Auszahlung der Arbeitgeberanteile) erfüllungshalber abgetreten. Die Datumsangabe "01.10.1973" bis 19.11.1973 in der Abtretungserklärung sei unrichtig; maßgeblich sei die Zeit vom "01.04.1973" bis 19.11.1973, für die die Firma D. keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt habe. Deswegen sei der einzuziehende Betrag auch höher als der in der Abtretungserklärung genannte Betrag von 906,50 DM. Selbstzahler sei er seinerzeit nicht gewesen. Er habe vom 20.11.1973 bis 31.05.1974 Arbeitslosengeld bezogen; das zeige, dass er abhängig Beschäftigter gewesen sei. Die Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen für die streitige Zeit sei damit jedenfalls glaubhaft gemacht. Die Firma D. sei im November 1973 in Insolvenz gegangen. Dass die Abführung der Rentenversicherungsbeiträge nicht mehr nachgewiesen werden könne, dürfe nicht zu seinen Lasten gehen. Seiner Pflicht zur Mitwirkung an der Klärung des Versicherungskontos aus § 149 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sei er nachgekommen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Bestätigt sei nur, dass der Kläger in der Zeit vom 01.04.1973 bis 19.11.1973 bei der Firma D. beschäftigt gewesen sei. Die Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen gehe aus den vorliegenden Unterlagen nicht hervor.

Mit Bescheid vom 10.02.2015 lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers auf Anerkennung der Zeit vom 01.02.1971 bis 13.02.1971 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit ab.

Das SG stellte Ermittlungen an. Die Agentur für Arbeit R. teilte am 13.03.2014 mit, Verwaltungsakten über den Kläger existierten nicht mehr (vorgelegt wurden EDV-Ausdrucke der Arbeitsverwaltung, die die streitige Zeit nicht betreffen). Das Arbeitsgericht R. teilte am 20.03.2014 mit, Gerichtsakten (des Verfahrens Ca 6 /73) seien nicht mehr vorhanden. Sie befinden sich auch nicht im Staatsarchiv B.-W. (Schreiben des Landesarchivs B.-W. - Staatsarchiv S. - vom 04.04.2013 (richtig 2014)).

Das SG versuchte, S. als Zeugen (schriftlich) zu befragen. Das Bürgerbüro der Stadt M. teilte dem SG am 20.05.2015 mit, S. sei unter der vom Kläger mitgeteilten M. Anschrift nicht gemeldet. Unter dem 22.05.2015 wurde ergänzend mitgeteilt, S. sei im Melderegister der Stadt M. nicht zu ermitteln.

Mit Urteil vom 01.12.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Neuberechnung der Altersrente unter Anerkennung der Zeit vom 01.04.1973 bis 19.11.1973 als Beitragszeit. Es sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass für die während dieser Zeit ausgeübte Beschäftigung des Klägers Beiträge abgeführt worden seien. Die Regelung in § 286 Abs. 5 SGB V zu Beweiserleichterungen gelte nur für die Zeit bis 31.12.1972 und sei daher nicht anwendbar. Der Kläger habe zwar das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung während der streitigen Zeit, nicht jedoch die Beitragsentrichtung oder den Beitragsabzug vom Arbeitsentgelt nachweisen können; letzteres sei auch nicht glaubhaft gemacht. Es spreche vielmehr mehr dafür, dass die Firma D. Sozialversicherungsbeiträge für den Kläger nicht abgeführt habe. Indiz hierfür sei das Schreiben der B. vom 19.12.1973, in dem es u.a. heiße, die Firma D. habe entgegen der Vorschrift in § 520 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) den Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen nicht ausgezahlt und außerdem den Arbeitnehmeranteil einbehalten. Dass die Firma D. zwar keine Krankenversicherungsbeiträge, wohl aber Rentenversicherungsbeiträge gezahlt hätte, sei nicht überzeugend. Naheliegender sei, dass sie keinerlei Sozialversicherungsbeiträge für den Kläger abgeführt habe. Die Nichtaufklärbarkeit des Sachverhalts gehe zu Lasten des Klägers. Für weit zurückliegende Zeiten sei in § 286 Abs. 5 SGB VI eine Sonderregelung zum Beweismaß getroffen worden; diese Vorschrift sei freilich nicht anwendbar. Gemäß § 149 Abs. 4 SGB VI seien Versicherte außerdem verpflichtet, bei der Klärung des Versicherungskontos mitzuwirken, insbesondere den Versicherungsverlauf auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu prüfen, alle für die Kontenklärung erheblichen Tatsachen anzugeben und die notwendigen Urkunden und sonstigen Beweismittel beizubringen. Der Kläger habe nach Auskunft der Beklagten erstmals im Jahr 1989 einen Versicherungsverlauf erhalten, in dem die streitige Zeit als nicht nachgewiesene Zeit aufgeführt gewesen sei. Er hätte damals die Gelegenheit gehabt, an der Klärung des Versicherungskontos mitzuwirken. Der Kläger habe das unterlassen und erstmals im Zuge der Rentenantragstellung im Jahr 2013 versucht, die streitige Zeit als Beitragszeit nachzuweisen. Dass dies nicht (mehr) gelungen sei, gehe zu seinen Lasten.

Gegen das ihm am 10.12.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.01.2016 Berufung eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen. Auf das Schreiben der B. vom 19.12.1973 habe er - außer Abgabe der erbetenen Abtretungserklärung - nichts mehr unternommen. Sollte S. eine Rente von der Beklagten beziehen, könnte diese ggf. dessen Anschrift mitteilen.

Der Kläger beantragt - sinngemäß -,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 01.12.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 23.04.2013 in der Gestalt des Bescheids vom 08.10.2013 und des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2013 zu verurteilen, ihm ab Rentenbeginn höhere Altersrente unter Anerkennung der Zeit vom 01.04.1973 bis 19.11.1973 als Beitragszeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Eine Beitragszahlung sei nicht überzeugend, zumal die Firma D. im November 1973 kurz vor der Insolvenz gestanden habe; das gehe aus der im Verfahren des Arbeitsgerichts R. (- Ca 6 /73 -) eingereichten Klageschrift (vom 28.11.1973) hervor. Zuletzt hat die Beklagte eine Probeberechnung vorgelegt und die Adresse eines N. Sch. in M. mitgeteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Die Beklagte muss (noch) den Monat August 1973 als Beitragszeit anerkennen und dem Kläger deswegen höhere Rente bewilligen. Im Übrigen ist die Berufung aber nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger höhere Altersrente unter Anerkennung auch der der Zeit vom 01.04.1973 bis 31.07.1973 und vom 01.09.1973 bis 19.11.1973 zu gewähren. Der Kläger hat darauf keinen Anspruch.

Rechtsgrundlage des Begehrens des Klägers auf höhere Altersrente sind die Regelungen der §§ 63 ff. SGB VI über die Rentenhöhe. Danach richtet sich die Höhe der Rente vor allem nach der in Entgeltpunkte umgerechneten Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Gem. § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des - vom Alter des Versicherten bei Rentenbeginn abhängigen (vgl. § 77 SGB VI) - Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert miteinander vervielfältigt werden.

Hinsichtlich der Anerkennung der Zeit vom 01.04.1973 bis 31.07.1973 und vom 01.09.1973 bis 19.11.1973 als Beitragszeit nimmt der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG); wesentlich Neues ist im Berufungsverfahren nicht vorgetragen worden.

Nach dem Vorbringen des Klägers kommt für die streitige Zeit nur die Anerkennung als Pflichtbeitragszeit auf Grund der Ausübung einer Beschäftigung (jetzt: § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI; seinerzeit: § 1227 Abs. 1 Nr. 1 RVO bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Angestelltenversicherungsgesetz, AVG) in Betracht. Pflichtbeitragszeiten sind (jetzt gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI; seinerzeit gemäß § 1250 Abs. 1 a RVO bzw. § 27 Abs. 1 a AVG) Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge gezahlt bzw. wirksam entrichtet worden sind oder für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt bzw. entrichtet gelten.

Die Zahlung (Entrichtung) der Beiträge (für die gesamte streitige Zeit) ist nicht gemäß § 199 SGB VI zu vermuten, da diese Zeit dem Rentenversicherungsträger nicht ordnungsgemäß als Beschäftigungszeit gemeldet worden ist. Die Beitragszahlung ist (unstreitig) nicht nachgewiesen (zur objektiven Beweislast insoweit nur etwa Landessozialgericht (LSG) Bayern, Urteil vom 28.01.2009, - L 13 R 610/08 -, in juris). Sie ist (worüber allein gestritten wird) für die Zeit vom 01.04.1973 bis 31.07.1973 und vom 01.09.1973 bis 19.11.1973 auch nicht gemäß § 203 SGB VI glaubhaft gemacht (zum - zeitlichen - Anwendungsbereich der Vorschrift jurisPK-SGB VI/Mutschler, § 203 Rdnr. 12). Anderes gilt nur für den Monat August 1973.

Gemäß § 203 Abs. 1 SGB VI ist eine Beschäftigungszeit als Beitragszeit anzuerkennen, wenn der Versicherte glaubhaft macht, dass er eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt hat und für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind. Die Merkmale der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung einerseits sowie der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen hierauf andererseits sind untereinander nicht verknüpfte, voneinander unabhängig glaubhaft zu machende und demnach auch getrennt zu prüfende Tatbestandsmerkmale. Insbesondere gibt es keinen Rechtssatz, wonach eine nachgewiesene Beschäftigung die Entrichtung von Beiträgen glaubhaft werden lässt (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02.11.2012, - L 3 R 308/12 -, in juris unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG); auch jurisPK-SGB VI/Mutschler, § 203 Rd. 18). Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist eine Tatsache als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Es muss mehr dafür als dagegen sprechen bzw. es muss die "gute Möglichkeit" bestehen, dass sich der fragliche Vorgang wie behauptet zugetragen hat. Die Versicherung an Eides statt ist als Mittel der Glaubhaftmachung nicht zugelassen (vgl. jurisPK-SGB VI/Mutschler, § 203 Rd. 24 ff.).

Aus den vorliegenden Unterlagen geht lediglich hervor, dass der Kläger während der Zeit vom 01.04.1973 bis 19.11.1973 bei der Firma D. eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, nicht jedoch, dass auch Pflichtbeiträge (zur Rentenversicherung) gezahlt (abgeführt) worden sind. Dagegen spricht namentlich das (zeitnahe) Schreiben der B. vom 19.12.1973, in dem ausgeführt ist, dass Beiträge nicht abgeführt und auch nicht ausgezahlt worden sind. Deshalb hat die B. dem Kläger angeboten, den (nachträglichen) Beitragseinzug durchzuführen. Der Kläger hat von diesem Angebot Gebrauch gemacht und Beitragsansprüche gegen die Firma D. an die B. abgetreten. Für einen nachträglichen (erfolgreichen) Beitragseinzug ist freilich nichts dargetan; dagegen spricht, dass die Firma D. im November 1973 bereits insolvent gewesen ist. Die Beiträge für die Zeit vom 01.04.1973 bis 31.07.1973 und vom 01.09.1973 bis 19.11.1973 gelten auch nicht gemäß § 203 Abs. 2 SGB VI als gezahlt. Nach dieser Vorschrift gilt ein Beitrag als gezahlt, wenn glaubhaft gemacht ist, dass der auf den Versicherten entfallende Beitragsanteil vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist. § 203 Abs. 2 SGB VI enthält eine Fiktion der Beitragszahlung, für den Fall, dass das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt feststeht (und nicht nur glaubhaft gemacht ist). Kann der Versicherte glaubhaft machen, dass der auf ihn entfallende Beitragsanteil vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist, ist die Zeit als Beitragszeit - gemäß § 203 Abs. 1 SGB VI - anzuerkennen, selbst wenn feststeht, dass der Beitrag nicht abgeführt wurde (Fichte, in: Hauck/Noftz, SGB VI § 203 Rd. 13 ff.).

Hier ist für die Zeit vom 01.04.1973 bis 31.07.1973 und vom 01.09.1973 bis 19.11.1973 nicht glaubhaft gemacht, dass der auf den Kläger entfallende Arbeitnehmeranteil am Rentenversicherungsbeitrag im Lohnabzugsverfahren vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist. Anderes gilt nach Auffassung des Senats nur für den Monat August 1973. Der Senat stellt hierfür auf die vom Kläger vorgelegte Lohn-/Gehaltsabrechnung ab, in der unter "Abzüge" vermerkt ist "Rentenvers. Angest. L 170,10". Die Lohn-/Gehaltsabrechnung trägt zwar nur eine Monatsangabe (August) und keine Jahresangabe und auch der Arbeitgeber ist nicht angegeben. Der Angabe eines Bruttogehalts von 1.900,00 DM entnimmt der Senat aber, dass sie die Beschäftigung des Klägers bei der Firma D. betrifft und damit den Monat August 1973. Für die übrige Beschäftigungszeit des Klägers bei der Firma D. liegen Unterlagen (oder andere hinreichende Anhaltspunkte) zu einem Beitragsabzug aber nicht vor; die genannte Bescheinigung für August 1973 kann auf diese Zeit nicht übertragen werden.

Weitere Ermittlungen sind nicht anzustellen. Das SG hat die der Sache nach in Betracht kommenden Ermittlungen erschöpfend durchgeführt. Die vom Kläger angeregte Vernehmung des S. als Zeugen ist nicht möglich; es ist weder bekannt, ob S. noch am Leben ist noch, wo er sich ggf. aufhält. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen bzgl. eines N. Sch. durch die Beklagte im Schriftsatz vom 13.03.2017, nachdem insoweit nähere Angaben, insbesondere ein Geburtsdatum fehlen, was mit Blick auf diesen nicht unüblichen Namen (allein im Telefonverzeichnis der Stadt M. zwei - andere - Personen mit diesem Namen) erforderlich wäre.

Die Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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