L 7 AS 3616/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 2079/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 3616/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. September 2016 werden als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Kläger beziehen laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Beschluss vom 23. Juni 2015 hat das Amtsgericht Schönau im Schwarzwald (Az. XVII 1/15) das Landratsamt Lörrach - die Betreuungsbehörde - für den Kläger zu 1 als Behördenbetreuer zum Betreuer bestellt für die Aufgabenkreise "Behördenangelegenheiten und gerichtliche Verfahren" sowie "Die Entscheidung über die Entgegennahme, das Öffnen und Anhalten der Post des Betroffenen, soweit es sich um Post in Behördenangelegenheiten und gerichtlichen Verfahren handelt". Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers zu 1 hat das Landgericht Waldshut-Tiengen mit Beschluss vom 15. Juli 2015 zurückgewiesen. Mit weiterem Beschluss vom 22. August 2016 hat das Amtsgericht Schönau im Schwarzwald (Az. XVII 1/15) einen Einwilligungsvorbehalt sowie die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet.

Mit Telefax vom 18. Januar 2016 haben der Kläger zu 1 und seine Ehefrau, die Klägerin zu 2, Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg (VG) erhoben und beantragt festzustellen, 1. dass das HaLeiSa-Handbuch (Handbuch der Leistungssachbearbeitung) für Leistungssachbearbeiter existent und für das Personal und die Sachbearbeiter des Jobcenter Lörrach rechtsgültig in der Anwendung sei, 2. dass im HaLeiSa-Handbuch für Leistungssachbearbeiter auf Seite 74 von 273 festgehalten und nachzulesen sei: "Die Fachlichen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit betreffen die Leistungen für welche die BA der gesetzliche Leistungsträger (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB II)" ist. Sie seien - auch nach Auffassung des Bundesministerium für Arbeit und Soziales - verbindlich, soweit nichts anderes bekannt geben werde, sowie 3. dass die HEGA (Handlungsempfehlungen und Geschäftsanweisungen) - Fachliche Hinweise zur Umsetzung der Gesetze zum SGB II für die Leistungsträger nach SGB II, herausgegeben von der Bundesagentur für Arbeit, existent und ebenso wie die HaLeiSa für die Mitarbeiter und Sachbearbeiter des Jobcenter Lörrach verbindlich einzuhalten seien. Die Feststellungsklage sei erforderlich, da die Mitarbeiter des Beklagten behaupteten, die HaLeiSa und die HEGA seien nicht existent und hätten deshalb für sie keine Gültigkeit.

Mit Beschluss vom 22. Februar 2016 hat das VG den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und das Verfahren an das Sozialgericht Freiburg (SG) verwiesen.

Mit Schreiben vom 20. Mai 2016, den Klägern am 4. Juni 2016 zugestellt, hat das SG darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, nach § 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Eine Reaktion der Kläger hierauf ist nicht erfolgt. Mit Gerichtsbescheid vom 26. September 2016, den Klägern am 29. September 2016 zugestellt, hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei mangels Feststellungsinteresse unzulässig.

Am 29. September 2016 ist beim SG eine von der E-Mail-Adresse xxx versandte E-Mail mit angehängter PDF-Datei eingegangen. Diese E-Mail enthält die maschinenschriftlich wiedergegebenen Namen der Kläger. Auch das am Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg ausgedruckte PDF-Dokument enthält die maschinenschriftlich wiedergegebenen Namen der Kläger sowie u.a. den Hinweis: "Persönliche Unterschrift derzeit wegen PC-Defekt nicht gegeben. Dieser Antrag ist daher auch ohne persönliche Unterschrift der Kläger einstweilen rechtsgültig bis die Unterschrift nachgeholt vorgelegt werden kann und wird". Die E-Mail ist gleichfalls am 29. September 2016 an das LSG Baden-Württemberg gesendet worden.

Nachdem die Kläger mit Verfügung des Senats vom 6. Oktober 2016 darauf hingewiesen worden sind, dass eine Berufungseinlegung ohne Unterschrift nicht formwirksam erfolgen könne und damit unzulässig sein dürfte, ist am 19. Oktober 2016 erneut eine E-Mail an das LSG Baden-Württemberg übersandt worden, der eine PDF-Datei mit vom Kläger zu 1 unterschriebener Berufungsschrift beigefügt war sowie dem Zusatz, die Unterschrift sei auch für die Klägerin zu 2 gültig. Als PDF-Datei beigefügt war weiter eine Vertretungsvollmacht vom 1. Juni 2016, in welcher die Klägerin zu 2 den Kläger zu 1 bevollmächtigt, sie in allen Belangen, bei Behörden, vor Gericht oder sonstigen Dritten uneingeschränkt zu vertreten. Zudem haben sie beantragt, das Jobcenter Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald zum Verfahren beizuladen.

Die Kläger beantragen - teilweise - sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. September 2016 aufzuheben und festzustellen, dass das HaLeiSa-Handbuch für Leistungssachbearbeiter existent und für die Personal- und Sachbearbeiter des Jobcenter Lörrach rechtsgültig in der Anwendung ist, dass im HaLeiSa-Handbuch für Leistungssachbearbeiter auf Seite 74 von 273 festgehalten und nachzulesen ist: "Die fachlichen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit betreffen die Leistungen für welche die BA der gesetzliche Leistungsträger (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB II) ist". Sie sind - auch nach Auffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales - verbindlich, soweit nichts anderes bekanntgegeben wird, sowie festzustellen, dass die HEGA- Fachliche Hinweise zur Umsetzung der Gesetze zum SGB II für die Leistungsträger nach SGB II, herausgegeben von der BA, existent und ebenso wie die HaLeiSa (Seite 74) für die Mitarbeiter und Sachbearbeiter des Jobcenter Lörrach verbindlich einzuhalten sind.

Der Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Mit Fax vom 20. Februar 2017 haben die Kläger u.a. alle Richter des Senats "wegen vorsätzlichen Verbrechen der Rechtbeugung, Betrug, Körperverletzung und Untreue gegen Deutschland und der Rentenanstalt mit den Sozialversicherungen" als befangen abgelehnt. Mit weiterem Fax vom 20. Februar 2017 ist u.a. der Vorsitzende Richter am LSG B. abgelehnt worden. Gegen ihn sei Strafanzeige erstattet wegen Rechtsbeugung, mehrfachen Betrugs und Untreue gegen Deutschland. Weiter haben sie eine Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung beantragt. Am 21. März 2017 hat die Betreuungsbehörde des Klägers zu 1 die Prozessführung durch diesen genehmigt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Der Senat ist durch die Ablehnungsgesuche der Kläger gegen "die Richter des 7. Senats" bzw. den Vorsitzenden Richter am LSG B. vom 20. Februar 2017 nicht an einer Entscheidung in der vom Geschäftsverteilungsplan bestimmten Besetzung gehindert, da die Ablehnungsgesuche offensichtlich unzulässig sind. Eine Kollektivablehnung, d.h. die Ablehnung aller Richter eines Senats ohne konkrete Bezugnahme auf einzelne Personen oder Vorgänge, ist rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20. Juli 2007 - 1 BvR 2228/06 - NJW 2007, 3771, 3772 - juris; Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 29. März 2007 - B 9a SB 18/06 B - SozR 4-1500 § 60 Nr. 4 Rdnr. 8; Beschluss vom 14. September 2010 - B 5 R 21/10 BH; Beschluss vom 22. Dezember 2016 - B 14 AS 279/16 B - n.v.; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25. August 2009 - V S 10/07 - NJW 2009, 3806-3807; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 60 Rdnr. 10b). Auch das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter am LSG Bolay ist offensichtlich unzulässig, da rechtsmissbräuchlich. Die Kläger haben zur Begründung ihres Gesuchs auf einen u.a. gegen diesen gestellten Strafantrag Bezug genommen. Angesichts des Umstands, dass nicht im Ansatz konkretisiert worden ist, worauf die erhobenen Anschuldigungen beruhen sowie des Umstands, dass die Kläger - soweit ersichtlich - gegen alle an den von ihnen geführten sozialrechtlichen und sozialgerichtlichen Verfahren beteiligten Behördenmitarbeiter und Richter Strafanzeigen erstattet haben, ist das Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich. Denn eine Partei kann einen ihr unbequemen Richter nicht durch Dienstaufsichtsbeschwerden oder Strafanzeigen aus dem Verfahren drängen (Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, Beschluss vom 5. Mai 2014 - 3 U 1335/13 - juris Rdnr. 5; BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1996 - 2 BvR 1639/94 - NJW 1996, 2022 - juris). Das Ablehnungsgesuch ist danach ersichtlich nur aus verfahrensfremden Zwecken gestellt worden, vor allem, um eine Entscheidung des Senats zu verschleppen und den Klägern missliebige Richter aus dem Verfahren zu drängen. Da das Gesuch ein Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens nicht erfordert, ist es als offensichtlich rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2. Juni 2005 - 2 BvR 625/01, 2 BvR 638/01 - und vom 20. Juli 2007 - 1 BvR 2228/06 -; BSG, Beschlüsse vom 27. Oktober 2009 - B 1 KR 51/09 B - und 19. Januar 2010 - B 11 AL 13/09 C -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Juni 2011 - L 3 AL 1568/11 NZB - alle juris; Senatsurteile vom 29. Januar 2015 - L 7 AS 5239/11 sowie 3732/14 -; Keller, a.a.O., § 60 Rn. 10c). Vor dem Hintergrund des offenbaren Missbrauchs des Ablehnungsrechts durch die Kläger und des Fehlens einer ansatzweise sachlichen Begründung erfordert das Gesuch auch keine gesonderte Vorabentscheidung (vgl. BSG, Beschluss vom 29. März 2007 - B 9a SB 18/06 B - juris; Senatsurteile vom 29. Januar 2015, a.a.O., und vom 31. Juli 2015 - L 7 AS 1058/12).

2. Der Senat konnte trotz des Ausbleibens der Kläger im anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden. Der Kläger zu 1 ist in der am 9. März 2017 der Betreuungsbehörde zugestellten Ladung, die Klägerin zu 2 in der ihr am 16. Februar 2017 zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Sie haben keinen Grund genannt, weshalb ihnen eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nicht möglich sein sollte. Ihren am 20. Februar 2017 eingegangenen Verlegungsantrag haben sie auch nicht mit einer Verhinderung am Terminstag begründet. Allein eine von den Klägern erstattete Strafanzeige gegen die am Verfahren beteiligten Richter stellt keinen Verlegungsgrund dar.

3. Das Verfahren vor dem SG leidet zwar an dem Mangel, dass über den von den Klägern bereits in der Klageschrift vom 18. Januar 2016 gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht entschieden worden ist und dass die für den Kläger zu 1 angeordnete Betreuung durch die Betreuungsbehörde Landratsamt Lörrach nicht beachtet worden ist. Gleichwohl ist der Rechtsstreit nicht an das SG zurück zu verweisen. Gemäß § 159 Abs. 1 SGG in der ab dem 1. Januar 2012 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3057) kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (Nr. 1), oder das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (Nr. 2). Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens, der zur Zurückverweisung an das SG führen könnte, liegt vor, wenn gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift verstoßen wurde und die Entscheidung des Sozialgerichts hierauf beruhen kann. Das Landessozialgericht entscheidet bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Eine Verpflichtung zur Zurückverweisung besteht jedoch auch bei Vorliegen eines wesentlichen Mangels des Verfahrens nicht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 1956 - 6 RKa 14/55 - juris). Zudem sind die Kläger selbst im Schreiben vom 19. Oktober 2016 einer Zurückverweisung an das SG entgegengetreten.

4. Das Jobcenter Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald war nicht, wie von den Klägern beantragt, zum Verfahren beizuladen. Eine notwendige Beiladung hat nur in den Fällen des § 75 Abs. 2 SGG zu erfolgen. Sind danach an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, dass bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen. Da vorliegend keine Leistungsklage, sondern eine Feststellungsklage erhoben ist, kommt allein § 75 Abs. 2 Alt. 1 (echte notwendige Beiladung) in Betracht. Eine Beiladung ist jedoch nicht erforderlich, wenn - wie nachfolgend ausgeführt - die Klage unzulässig ist, weil dann nicht über den materiellen Anspruch entschieden wird (Littmann in LPK-SGG, 5. Aufl. 2017, § 75 Rdnr. 4). Zudem beziehen sich die Feststellungsanträge lediglich auf die Mitarbeiter und Sachbearbeiter des Jobcenter Lörrach - des Beklagten -, so dass eine Bindung weiterer Personen oder Behörden durch eine entsprechende Feststellung nicht eintreten würde.

5. Die Berufungen der Kläger sind unzulässig.

Nach § 158 Satz 1 SGG ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt worden ist. Die Berufungen der Kläger sind unzulässig, weil sie nicht formwirksam innerhalb der Frist des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden sind. Nach § 151 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (Abs. 1). Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (Abs. 2 Satz 1).

Daneben eröffnet § 65a Abs. 1 Satz 1 SGG die Möglichkeit, elektronische Dokumente an das Gericht zu übermitteln, soweit dies für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung der Bundesregierung oder der Landesregierungen zugelassen worden ist. Dies gilt auch für die Übermittlung von Berufungsschriften und ergänzt insoweit § 151 Abs. 1 SGG, wonach die Berufung schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen ist. Die "elektronische Form" (d.h. die elektronische Übermittlung von Erklärungen an das Gericht in Gestalt eines elektronischen Dokuments) stellt keinen Unterfall bzw. keine Sonderform der Schriftform dar. Vielmehr handelt es sich um eine eigenständige Form, die der Gesetzgeber "als zusätzliche Option neben der bisherigen schriftlichen Form" eingeführt hat (BSG, Urteil vom 12. Oktober 2016 – B 4 AS 1/16 R – juris Rdnr. 11 m.w.N; Urteil vom 14. März 2013 - B 13 R 19/12 R - juris Rdnr. 18). Die erforderliche Rechtsverordnung bestimmt den Zeitpunkt, von dem an Dokumente an ein Gericht elektronisch übermittelt werden können, sowie die Art und Weise, in der elektronische Dokumente einzureichen sind (§ 65a Abs. 1 Satz 2 SGG). Für Dokumente, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, enthält § 65a Abs. 1 Satz 3 SGG besondere Vorgaben. Danach ist für die Übermittlung solcher Dokumente eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes (SigG) vorgeschrieben. Daneben kann auch ein anderes sicheres Verfahren zugelassen werden, das die Authentizität und die Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments sicherstellt (§ 65a Abs. 1 Satz 4 SGG). Die Landesregierungen können die Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung gemäß § 65a Abs. 1 Satz 5 SGG auf die für die Sozialgerichtsbarkeit zuständigen Behörden übertragen; die Zulassung der elektronischen Übermittlung kann auf einzelne Gerichte oder Verfahren beschränkt werden (§ 65a Abs. 1 Satz 6 SGG).

Legt man diese Grundsätze zugrunde, sind die Berufungen der Kläger nicht formgerecht innerhalb der am Montag, den 31. Oktober 2016 abgelaufenen Berufungsfrist eingelegt worden. Der mit der Berufung angefochtene Gerichtsbescheid ist den Klägern am 29. September 2016 mittels Postzustellungsurkunde wirksam zugestellt worden. Für den Kläger zu 1 ist zwar das Landratsamt Lörrach - Betreuungsbehörde - zum Behördenbetreuer für den Aufgabenkreis Behördenangelegenheiten und gerichtliche Verfahren bestellt und zum Postempfang ermächtigt worden, soweit es sich um Post in Behördenangelegenheiten und gerichtlichen Verfahren handelt. Wird in einem Rechtsstreit eine prozessfähige Person durch einen Betreuer oder Pfleger vertreten, so steht sie für den Rechtsstreit einer nicht prozessfähigen Person gleich (§§ 71 Abs. 6 SGG i.V.m. 53 ZPO) mit der Folge, dass nur Zustellungen an den Betreuer die Berufungsfrist in Lauf setzen. Allerdings ist der Kläger zu 1 im Klageverfahren nicht durch die Betreuungsbehörde vertreten worden. Führt der Betreute den Prozess selbst, so ist dessen Prozessunfähigkeit besonders festzustellen, § 53 ZPO gilt insoweit nicht (Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 53 Rdnr. 3). Eine Feststellung der Prozessunfähigkeit des Klägers zu 1 ist nicht erfolgt, so dass er insoweit mangels Vertretung durch die Betreuungsbehörde in seiner Verfahrensfähigkeit nicht beschränkt war (vgl. Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 9. Januar 2014 - 5 UF 406/13 - juris Rdnr. 9; Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 53 Rdnr. 3) und die Zustellung an ihn erfolgen konnte. Im Übrigen ist auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keine formwirksame Berufungseinlegung für den Kläger zu 1 erfolgt.

Die einmonatige Frist (§ 151 Abs. 1 SGG) hat für die Kläger nach § 64 Abs. 1 SGG am Tag nach der Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids, also dem 30. September 2016, begonnen und hat nach § 64 Abs. 2 und 3 SGG am Montag, den 31. Oktober 2016, geendet. Der Gerichtsbescheid ist auch mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen gewesen (vgl. § 136 Abs. 1 Nr. 7 SGG i.V.m. § 66 SGG). In der Rechtsmittelbelehrung sind die Kläger ausdrücklich darüber belehrt worden, dass die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim LSG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen und die Berufungsfrist auch gewahrt sei, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist beim SG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werde.

Unabhängig davon, dass der Verordnungsgeber in Baden-Württemberg von der in § 65a Abs. 1 Satz 1 SGG eröffneten Befugnis mit der Verordnung des Justizministeriums zur elektronischen Aktenführung bei den Gerichten vom 29. März 2016 (GBl. 2016, S. 265) bislang nur für das Arbeitsgericht Stuttgart (ab 2. Mai 2016) und das Landgericht Mannheim (ab 1. Juni 2016), nicht aber für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit Gebrauch gemacht hat, war die Einlegung der Berufung mittels einfacher E-Mail vom 29. September 2016, der die Berufungsschrift als eingescanntes Dokument im Format "PDF" beigefügt war, mangels qualifizierter elektronischer Signatur nicht gemäß § 65a Abs. 1 Satz 1 SGG wirksam.

Auch die am 19. Oktober 2016 eingelegte Berufung erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG, denn eine einfache E-Mail genügt selbst dann nicht dem Schriftformerfordernis, wenn die Berufungsschrift mit eingescannter Unterschrift als Anhang beigefügt und vom Gericht noch innerhalb der Berufungsfrist ausgedruckt worden ist (so zutreffend BSG, Urteil vom 12. Oktober 2016 – B 4 AS 1/16 R – juris Rdnr. 16-24; Bittner in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 173 Rn. 20 m.w.N.; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 4. Juni 2013 – L 6 AS 195/13 B – juris Rdnr. 13).

Den Klägern war auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Wieder-einsetzung in den vorigen Stand setzt nach § 67 Abs. 1 SGG voraus, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Senat konnte keine Gründe feststellen, welche die Kläger vorliegend gehindert haben könnten, die Frist zur Einlegung der Berufung zu wahren. Eine Wiedereinsetzung kommt hier auch nicht wegen Verletzung einer gerichtlichen Mitteilungspflicht in Betracht (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12. Oktober 2016 – B 4 AS 1/16 R – juris Rdnr. 28 f.), denn vorliegend sind die Kläger mit gerichtlicher Verfügung vom 6. Oktober 2016 darauf hingewiesen worden, dass die am 29. September 2016 übersandte E-Mail den rechtlichen Anforderungen an eine formwirksame Berufungseinlegung mangels Unterschrift nicht genügt.

6. Im Übrigen sind die Berufungen auch nicht begründet. Das SG hat die Feststellungsklagen zu Recht als unzulässig abgewiesen. Nach der allein in Betracht kommenden Norm des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Feststellungsklage das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Hiervon erfasst wird auch die Feststellung einzelner Beziehungen oder Berechtigungen aus einem umfassenderen Rechtsverhältnis (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 10/08 R - juris Rdnr. 10). Zwar kann auch ein einzelnes Element eines Leistungsanspruchs Gegenstand einer sogenannten Elementen-Feststellungsklage sein. Insoweit besteht jedoch nur dann ein Feststellungsinteresse, wenn anzunehmen ist, dass durch sie der (zukünftige) Streit der Beteiligten insgesamt bereinigt wird (BSG, Urteil vom 15. Juni 2016 - B 4 AS 45/15 R - juris Rdnr. 27). Dies ist hier nicht der Fall. Die Kläger begehren schon nicht die Feststellung einzelner Elemente eines Leistungsanspruch, sondern die Feststellung der Geltung verwaltungsinterner Richtlinien. Für eine entsprechende Feststellung besteht schon von vornherein kein Rechtsschutzbedürfnis. Mit den HEGA gibt die Bundesagentur für Arbeit ihren Mitarbeitern Leitfäden für eine möglichst einheitliche Abwicklung ihrer Arbeit an die Hand. Das HaLeiSa soll eine einheitliche, effiziente und kundenfreundliche Leistungserbringung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Leistungsbereich des SGB II gewährleisten. Diesen kommt somit nur eine verwaltungsinterne Funktion zu. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht zudem entgegen, dass die Kläger ihre Rechte mit der Leistungsklage verfolgen können (vgl. Keller, a.a.O., § 55 Rdnr. 3). Denn letztlich geht es ihnen nicht um die verwaltungsinterne Geltung der HEGA und der HaLeiSa, sondern um deren Auslegung in dem - allein von ihnen vertretenen - Sinne bei der Entscheidung über ihre Leistungsanträge.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

8. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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