L 4 KR 3709/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 3512/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3709/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. August 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die vollständige Übernahme der Kosten für eine Versorgung mit Zahnersatz.

Der am 1951 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger bezieht eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie einen weiteren Versorgungsbezug (in Höhe von monatlich brutto EUR 690,85 und EUR 42,90 – Stand jeweils Februar 2015).

Am 2. März 2015 reichte er bei der Beklagten zwei Heil- und Kostenpläne des Zahnarztes Prof. Dr. S. vom 16. Februar 2015 über prothetische Versorgungen des Oberkiefers ein. Als Regelversorgung war danach vorgesehen die Zähne 13 bis 18 sowie 24 bis 28 zu ersetzen und die Zähne 11, 12, 21 bis 23 mit vestibulär verblendeten Kronen zu versorgen. An den Zähnen 12 und 23 sollte eine gegossene Halte- und Stützvorrichtung angebracht werden. Die geschätzten Gesamtbehandlungskosten wurden mit EUR 3.453,43 angegeben. Der zweite Heil- und Kostenplan sah als Alternative im Unterschied zur Regelversorgung eine Versorgung der Zähne 11, 12, 21 bis 23 mit vestibulär verblendeten Teleskopkronen mit Gesamtbehandlungskosten in Höhe von EUR 5.604,22 vor. Am 30.März 2015 stellte der Kläger einen Antrag auf Befreiung von der Zuzahlung des Eigenanteils an den Kosten für Zahnersatz.

Der von der Beklagten als Gutachter herangezogene Zahnarzt Dr. F. stimmte unter dem 6. Mai 2015 dem vorgelegten Heil- und Kostenplan vom 16. Februar 2015 über die Regelversorgung zu. Aus Zahnerhaltungsgründen und zur Wiederherstellung der Kaufunktion sei die geplante prothetische Versorgung medizinisch indiziert und entspreche den geltenden Richtlinien. Die Festzuschüsse seien sachgerecht.

Mit Bescheid vom 26. Mai 2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger den Heil- und Kostenplan über die Regelversorgung und die Kostenübernahme in Höhe des doppelten Festzuschusses von EUR 2.483,14, beschränkt auf die tatsächlichen Kosten der Regelversorgung. Der Härtefallantrag sei unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Klägers geprüft worden. Eine vollständige Übernahme seiner Eigenanteilskosten für die Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen sei nicht möglich.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches trug der Kläger vor, die Sanierung seiner Zähne Anfang 2000 habe die Beklagte voll übernommen. Seit 2015 habe er enorme Schmerzen und Probleme, die er auf langjährigen insulinpflichtigen Diabetes mellitus, Strahlenbehandlungen nach Krebserkrankungen und allgemeinen Verschleiß zurückführe. Aufgrund seines geringen Einkommens müsse er eine vollständige Befreiung von den Kosten erhalten. Die Versorgung mit Klammern im Mund sehe er als Verletzung seiner Person und seines Persönlichkeitsrechts.

Mit Schreiben vom 4. August 2015 erläuterte die Beklagte dem Kläger, dass es sich bei der von ihm begehrten Versorgung mit Teleskopkronen um eine sog. gleichartige Versorgung handle. Für die Regelversorgung sei der doppelte Festzuschuss in Höhe von EUR 2.483,14 bewilligt worden. Den Differenzbetrag zu den voraussichtlichen Behandlungskosten (EUR 3.453,43) in Höhe von EUR 970,29 rechne der Zahnarzt über die Kassenzahnärztliche Vereinigung mit der Krankenkasse ab. Kosten seien vom Kläger bei dieser Versorgung nicht zu tragen. Bei der begehrten gleichartigen Versorgung seien die über den doppelten Festzuschuss hinausgehenden Mehrkosten (hier EUR 3.121,08) vom Versicherten selbst zu zahlen.

Zur weiteren Begründung des aufrechterhaltenen Widerspruches führte der Kläger aus, die begehrte Versorgung biete eine bessere Handhabung, höhere Beißfestigkeit, längere Haltbarkeit, eventuell billige Reparaturen und weniger Würgreiz. Er regte eine Verrechnung mit den Kosten für zwei nicht in Anspruch genommene Kuren nach Krebserkrankung vorzunehmen. Die Klammern beinhaltende Regelversorgung verstoße gegen seine Menschenwürde. Eine Zwei-Klassen-Medizin dürfe es nicht geben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2015 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Da der Kläger eine über die Regelversorgung hinausgehende gleichartige Versorgung gewählt habe, komme eine Kostenübernahme über den doppelten Festzuschuss hinaus nicht in Betracht.

Hiergegen erhob der Kläger am 29. Oktober 2015 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) und führte zur Begründung aus, durch die Einstufung aufgrund seiner niedrigen Rente fühle er sich diskriminiert und als Mensch 3. Klasse. Er werde seine Zähne nicht mit Klammern entstellen lassen. Seit der Bestrahlung im Rahmen der Krebstherapie sei die linke Gesichtshälfte tauber; im Mund habe er Engegefühle, Würgreize und einen salzigen Geschmack.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die angefochtenen Bescheide entgegen. Eine Verrechnung mit fiktiven Kosten für nicht in Anspruch genommene Kuren sei ausgeschlossen (Verweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 25. Juni 2001 – B 1 KR 22/01 R – und 4. April 2006 – B 1 KR 5/05 R – beide juris).

Mit Urteil vom 30. August 2016 wies das SG die Klage ab. Der Kläger begehre eine über die Regelversorgung hinausgehende Versorgung, so dass die gesetzliche Leistungspflicht der Beklagten über die Gewährung des – bereits bewilligten – doppelten Festzuschusses nicht hinausgehe. Der Gesetzgeber habe in § 55 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ausdrücklich geregelt, dass die Krankenkasse auch bei einkommensschwachen Versicherten nur den doppelten Festzuschuss leisten müsse, wenn diese ungeachtet ihrer wirtschaftlichen Lage einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz wählten. Die Regelung des § 55 SGB V über die Zahnersatzversorgung knüpfe nicht an die Ursache des Behandlungsbedarfs an.

Gegen dieses ihm am 2. September 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. September 2016 Berufung beim SG eingelegt und zur Begründung ausgeführt, es sei unberücksichtigt geblieben, dass er auf ein zweites Gutachten verzichtet habe in dem Glauben, die ersparten Kosten könnten als Zuschuss für seinen Zahnersatz verwendet werden. Die erste Begutachtung sei eine Farce, da sie nur sehr kurz gedauert habe. Er sei bereits seit 50 Jahren Mitglied der Beklagten.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. August 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26. Mai 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2015 zu verurteilen, die Mehrkosten für eine Versorgung mit Teleskopkronen gemäß dem Heil- und Kostenplan vom 16. Februar 2015 in Höhe von EUR 3.121,08 zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Berichterstatter hat am 15. März 2017 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt, sie auf die Absicht des Senats, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

II.

1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die von ihm begehrte Leistung EUR 750,00 übersteigt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

3. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2015 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Übernahme weiterer Kosten für die Zahnersatzversorgung des Oberkiefers mit Teleskopkronen.

a) Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. zahnärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (Satz 2 Nr. 2, 2a). Die zahnärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden (§ 28 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Gegenüber diesen Regelungen sind die Regelungen über den Zahnersatz (§§ 55 ff. SGB V) jedoch die spezielleren Normen. § 55 SGB V regelt die Ansprüche bei der Versorgung mit Zahnersatz abschließend. Dadurch ist ein Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen über die Verschaffung zahnärztlicher Behandlung ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 6. Oktober 1999 – B 1 KR 9/99 R – juris, Rn. 13 zur Vorgängerregelung des § 30 SGB V). Versicherte haben gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V nach den Vorgaben in den Sätzen 2 bis 7 Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) in den Fällen, in denen eine zahnprothetische Versorgung notwendig ist und die geplante Versorgung einer Methode entspricht, die gemäß § 135 Abs. 1 SGB V anerkannt ist.

aa) Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Bei dem bei der Beklagten krankenversicherten Kläger besteht eine Krankheit, die eine zahnprothetische Versorgung erfordert. Eine solche liegt vor, wenn durch das Fehlen von Zähnen (regelwidriger Körperzustand) die natürlichen Körperfunktionen des Kauens, Beißens oder Sprechens nicht unerheblich gestört sind (Behandlungsbedürftigkeit) und die begründete Aussicht besteht (Behandlungsfähigkeit), dass die Funktionsstörung durch eine zahnprothetische Versorgung behoben, gebessert oder vor Verschlimmerung bewahrt wird (BSG, Urteil vom 12. Dezember 1972 – 3 RK 67/70 – juris, Rn. 6). Beim Kläger bestehen erhebliche Störungen des Kauens und Beißens aufgrund des Fehlens von vier Zähnen im Oberkiefer; an weiteren fünf Zähnen sind vorhandene Kronen erneuerungsbedürftig. Dies entnimmt der Senat dem Heil- und Kostenplan von Prof. Dr. S. und dem Gutachten von Dr. F ... Hierüber besteht auch zwischen den Beteiligten Einigkeit.

bb) Die von Prof. Dr. S. in dem von der Beklagten genehmigten Heil- und Kostenplan über die Regelversorgung vom 16. Februar 2015 beschriebene Zahnersatzversorgung ist geeignet und medizinisch ausreichend, um den beim Kläger vorliegenden krankhaften Zustand im Oberkiefer zu beseitigen, also Beeinträchtigungen beim Kauen, Beißen und Sprechen zu beseitigen bzw. zu verhindern. Dies ergibt sich für den Senat aus dem Umstand, dass Prof. Dr. S. diese Versorgung dargestellt hat, ohne geltend zu machen, dass diese im Falle des Klägers nicht möglich oder nicht ausreichend sei. Vielmehr hat er über die vom Kläger begehrte Versorgung einen zusätzlichen Heil- und Kostenplan vom selben Tag erstellt. Dr. F. hat dem Heil- und Kostenplan von Dr. S. über die Regelversorgung zugestimmt und die medizinische Indikation der geplanten Versorgung aus Zahnerhaltungsgründen und zur Wiederherstellung der Kaufunktion bestätigt. Der gegen dieses Gutachten vorgebrachte Einwand des Klägers, die Begutachtung habe nur kurze Zeit in Anspruch genommen, ist nicht geeignet, Zweifel an der inhaltlichen Aussage des Gutachtens zu wecken. Wie dem Gutachten zu entnehmen ist, hat Dr. F. nicht nur eigene Befunde erhoben, sondern auch die Dokumentation der klinischen Befunde und der radiologischen Unterlagen der Praxis Prof. Dr. S. ausgewertet und einbezogen. Die vom Kläger im Widerspruchsverfahren genannten Vorteile der begehrten Versorgung mit Teleskopkronen haben keinen Einfluss darauf, dass der im Rahmen der Regelversorgung vorgesehene Zahnersatz ausreichend ist, um die genannten Ziele – Sicherstellung der Kau- und Beißfunktion und des Sprechens – zu erreichen. Die vom Kläger subjektiv als unästhetisch wahrgenommene gegossene Halte- und Stützvorrichtung an den Zähnen 12 und 23 allein ist nicht geeignet, die vorgeschlagene Regelversorgung als medizinisch nicht ausreichend anzusehen.

cc) Die darüber hinausgehende Versorgung mit Teleskopkronen entsprechend dem zweiten Heil- und Kostenplan von Prof. Dr. S. ist daher medizinisch nicht notwendig im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V.

b) Der Anspruch des Klägers beschränkt sich auf die Gewährung des doppelten Festzuschusses.

aa) Der sich aus § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V ergebende Anspruch auf einen Festzuschuss umfasst nach Satz 2 50 vom Hundert der nach § 57 Abs. 1 Satz 6 und Absatz 2 Satz 5 und 6 SGB V festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung. Grundsätzlich erhält ein Versicherter also nur die Hälfte der für die Regelversorgung vereinbarten Kosten.

bb) Nach § 55 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V haben Versicherte bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach Absatz 1 Satz 2 Anspruch auf einen Betrag in jeweils gleicher Höhe, angepasst an die Höhe der für die Regelversorgungsleistungen tatsächlich anfallenden Kosten, höchstens jedoch in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden. Eine unzumutbare Belastung in diesem Sinne hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden angenommen und dem Kläger daher den doppelten Festzuschuss bereits bewilligt.

cc) Wählen Versicherte einen über die Regelversorgung gemäß § 56 Abs. 2 SGB V hinausgehenden gleichartigen Zahnersatz, haben sie nach § 55 Abs. 4 SGB V die Mehrkosten gegenüber den in § 56 Abs. 2 Satz 10 SGB V aufgelisteten Leistungen selbst zu tragen. Der Kläger begehrt – wie oben dargestellt – mit der Versorgung mit Teleskopkronen eine solche über die Regelversorgung hinausgehende, gleichartige Versorgung. Diese Mehrkosten sind von der Krankenkasse auch nicht bei Versicherten mit geringem Einkommen zu übernehmen. Wenn Versicherte, die im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB V unzumutbar belastet würden, einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz nach Absatz 4 oder 5 wählen, leisten die Krankenkassen nach der ausdrücklichen gesetzlicher Regelung des § 55 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V nur den doppelten Festzuschuss. Die Mehrkosten für die gleichartige Versorgung werden also nicht übernommen.

dd) Die gesetzlichen Regelungen über die Regelversorgung verstoßen nicht gegen Grundrechte des Klägers, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Welche Behandlungsmaßnahmen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen und welche davon ausgenommen und damit der Eigenverantwortung des Versicherten (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) zugeordnet werden, unterliegt aus verfassungsrechtlicher Sicht einem weiten gesetzgeberischen Ermessen. Der Gesetzgeber kann grundsätzlich frei entscheiden, von welchen Elementen der zu ordnenden Lebenssachverhalte die Leistungspflicht abhängig gemacht und die Unterscheidung gestützt werden soll (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris, Rn. 57 f.; BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. März 1997 – 1 BvR 1071/95 – juris, Rn. 10 ff.; BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/04 R – juris, Rn. 23, 29). Eine Grenze ist erst dann erreicht, wenn sich für eine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund mehr finden lässt. Verweist der Gesetzgeber – wie im Bereich des Zahnersatzes – die Versicherten grundsätzlich auf eine partielle Eigenverantwortung, ist es sachgerecht, nur dort zu differenzieren, wo die Eigenverantwortung an der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit scheitert (BSG, Urteil vom 6. März 2012 – B 1 KR 24/10 R – juris, Rn. 34 ff.). Eine solche Differenzierung hat der Gesetzgeber in § 55 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V vorgenommen (BSG, Urteil vom 2. September 2014 – B 1 KR 12/13 R – juris, Rn. 16, 19) und auf diese Weise sichergestellt, dass Versicherte unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage einen Zahnersatz erhalten, der den oben genannten Zielen der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Sicherstellung der natürlichen Körperfunktionen des Kauens, Beißens oder Sprechens) genügt.

c) Eine Aufrechnung mit fiktiven Kosten für nicht in Anspruch genommene Leistungen (Kuren) oder für ein zweites Gutachten kommt nicht in Betracht. Das SGB V sieht keine Ansprüche der Versicherten auf Auszahlung der Kosten für solche nicht in Anspruch genommenen Leistungen vor.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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