L 3 AS 4700/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 28 AS 7092/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 4700/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. November 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II).

Der 1968 geborene Kläger steht im fortlaufenden Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Laut der zwischen dem Kläger und seinem Vermieter, der Stadt Esslingen am Neckar, geschlossenen Mietererhöhungsvereinbarung vom 02.02.2006 betragen die vom Kläger zu zahlende monatliche Kaltmiete 106,50 EUR, die Heizkosten 60,00 EUR, die Wasser- und Abwasserpauschale insgesamt 30,00 EUR und die Betriebskostenvorauszahlung 11,00 EUR. Die Warmwassererzeugung erfolgt dezentral über einen Boiler.

Auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom September 2015 hin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 14.09.2015 Alg II für den Zeitraum Oktober 2015 bis März 2016 in Höhe von insgesamt 615,68 EUR (399,00 EUR Regelleistung, 207,50 EUR Kosten der Unterkunft [KdU], 9,18 EUR Mehrbedarf für Warmwassererzeugung).

Am 14.10.2015 legte der Kläger gegen diesen Bescheid ohne weitere Begründung Widerspruch ein. Diesen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2015 zurück.

Mit Änderungsbescheid vom 29.11.2015 setzte der Beklagte die Änderung der Regelsätze ab Januar 2016 um und gewährte dem Kläger für die Zeit von 01.01.2016 bis einschließlich 31.03.2016 einen Regelbedarf von nun monatlich 404,00 EUR und einen Mehrbedarf für die Warmwassererzeugung von 9,29 EUR. Den hiergegen am 11.01.2016, wiederum ohne Begründung, eingelegten Widerspruch hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2016 zurückgewiesen.

Bereits am 29.12.2015 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 26.11.2015 erhoben, den er, so seine Angaben in der Klage, am 28.11.2015 erhalten habe. Er hat seine Klage auch in der Folgezeit trotz zweier Aufforderungen mit Fristsetzung nicht begründet. Trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens ist der Kläger zur vom SG auf den 03.11.2016 anberaumten mündlichen Verhandlung nicht erschienen, sondern hat im Vorfeld mitgeteilt, er beantrage eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid. Wörtlich hat er geschrieben: "In dem speziellen Verfahren wegen dem monatlichen Regelsatz geht es nur um eine Überprüfung". Das SG hat die Anordnung des persönlichen Erscheinens in der mündlichen Verhandlung aufgehoben und durch Urteil vom 03.11.2016 die Klage abgewiesen. Diese sei bereits unzulässig, da die Klage außerhalb der bis zum 28.12.2015 laufenden Klagefrist eingegangen sei. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II habe

Gegen das dem Kläger am 12.11.2016 zugestellte Urteil hat dieser am 12.12.2016 Berufung beim SG eingelegt und eine Begründung derselben innerhalb von vier Wochen angekündigt. Nachdem der Kläger trotz zweier Aufforderungen des Senats auf Benennung seines Berufungsziels und seines konkreten Begehrens keinen Berufungsantrag gestellt hat, auch keine Begründung der Berufung vorgenommen hat und auch zum auf den 23.02.2017 anberaumten Erörterungstermin trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens und ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, hat der Senat ihn unter Fristsetzung bis 09.03.2017 aufgefordert, einen konkreten Antrag zu stellen oder wenigstens das Klagebegehren zu umschreiben, da nach derzeitigem Stand das klägerische Begehren nicht erkennbar sei. Zugleich hat der Senat angekündigt, die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG), d.h. ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen. Mit Schreiben vom 08.03.2017, beim Senat am 10.03.2017 eingegangen, hat der Kläger mitgeteilt, es gehe "lediglich um eine Überprüfung der Bescheide wegen Rechtmäßigkeit durch das Gericht".

Er hat (auch weiterhin) keinen Antrag gestellt.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vom Beklagten vorgelegten Leistungsakten Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der Senat konnte die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sind nicht ersichtlich und von den Beteiligen auch nicht vorgebracht worden.

Der Senat legt, wie zuvor bereits das SG, das klägerische Begehren dahingehend aus, dass dieser unter Abänderung des Bescheides vom 14.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2015 sowie des gemäß § 96 SGG in das Verfahren mit einbezogenen Änderungsbescheides vom 29.11.2015 höheres Alg II begehrt. Mit einem solcherart verstandenen Begehren ist die Berufung zulässig, aber unbegründet; denn die (zwar zulässige) Klage ist unbegründet.

Das SG ist zu Unrecht von einer verfristeten Klageerhebung ausgegangen. Nachdem der Widerspruchsbescheid vom 26.11.2015 nicht förmlich zugestellt worden ist, gilt für seine Bekanntgabe § 37 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Dies gilt gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Danach gilt der am 26.11.2015 zur Post aufgegebene Widerspruchsbescheid am 29.11.2015 als bekanntgegeben. Zwar hat der Kläger selbst mitgeteilt, er habe den Widerspruchsbescheid bereits am 28.11.2015, d.h. vor Ablauf des dritten Tages nach der Aufgabe zur Post, erhalten. Ein solcher tatsächlich erfolgter früherer Zugang ist jedoch unbeachtlich, nach der Fiktion ist allein der dritte Tag nach der Postaufgabe maßgeblich (Littmann in: Hauck/Noftz, SGB X, § 37 Rn. 29). Denn nach dem Wortlaut des § 37 Abs. 2 SGB X greift die Fiktion lediglich dann nicht ein, wenn Zweifel am Zugang überhaupt bestehen oder zweifelhaft ist, ob der Bescheid innerhalb der drei Tage zugegangen ist. Wird damit ein Zugang am 29.11.2015 fingiert, so ist die Klageerhebung am 29.12.2015 noch innerhalb der Monatsfrist erfolgt.

Die demnach zulässige Klage ist indes unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind nicht zu beanstanden; dem Kläger stehen keine höheren Leistungen für den Zeitraum Oktober 2015 bis März 2016 zu. Der Beklagte hat dem Kläger, worauf schon das SG hingewiesen hat, die gesetzlich vorgeschriebene Regelleistung in Höhe von 399,00 EUR (Oktober bis Dezember 2015) bzw. von 404,00 EUR (Januar bis März 2016) bewilligt. Gleiches gilt für den Mehrbedarf für die dezentrale Warmwasserbereitung gemäß § 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 SGB II in Höhe von 9,18 EUR (Oktober bis Dezember 2015) bzw. von 9,29 EUR (Januar bis März 2016). Weiterhin hat der Beklagte die KdU in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen in Höhe von 207,50 EUR übernommen. Anhaltspunkte für einen höheren Anspruch des Klägers sind nicht ersichtlich und von diesem auch nicht vorgetragen worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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