L 8 SB 4203/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 2534/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4203/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
für Recht erkannt: Tenor: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.08.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Der Kläger trägt die Kosten des im Berufungsverfahren auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachtens von Dr. N. vom 17.11.2016 sowie seine baren Auslagen endgültig selbst.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.

Bei dem 1963 (nach Angaben des Klägers 1961) geborenen Kläger stellte der Beklagte zuletzt mit Bescheiden vom 26.11.2008, 08.04.2009 und Widerspruchsbescheid vom 14.05.2009 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und operiertem Bandscheibenschaden (GdB 30) sowie einem chronischen Schmerzsyndrom und Persönlichkeitsstörung (GdB 20) den GdB mit 40 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz fest. Eine hiergegen vom Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage (S 12 SB 2589/09) hatte keinen Erfolg. Mit Bescheid vom 24.04.2012 entsprach das Landratsamt E. (LRA) einem Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB nicht. Ein hiergegen eingelegter Widerspruch blieb durch Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 21.06.2012 erfolglos.

Am 12.12.2013 stellte der Kläger beim LRA einen weiteren Antrag auf Erhöhung des GdB sowie auf die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs (Merkzeichen) "G". Das LRA nahm medizinische Befundunterlagen zu den Akten (Berichte Dr. Schr. vom 28.03.2012, Diagnosen: Rezidivierende depressive Störung, Lumboischialgie; Facharzt für Orthopädie B. vom 25.04.2013, 25.09.2013 und 30.10.2013 Diagnosen: Cervikalsyndrom, Myotendopathie Wirbelsäule, somatoforme Schmerzstörung, depressive Entwicklung, Postnukleotomiesyndrom; Dr. St. vom 23.09.2013; Dr. S. vom 13.12.2013, Diagnosen: LUTS, Hämoglobinurie, Proteinurie, Prostataverkalkung, Prostatazyste, Depression; Entlassungsbericht der Rehaklinik H. B. vom 14.11.2013). Außerdem holte das LRA den Befundbericht des der Fachärztin für Allgemeinmedizin R./Dr. V. vom 14.01.2014 ein. In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme vom 05.02.2014 schlug die Versorgungsärztin D. wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, operiertem Bandscheibenschaden und muskulärer Verspannungen (GdB 30), einem chronischen Schmerzsyndrom, Persönlichkeitsstörung und depressiver Verstimmung (GdB 30) sowie Bluthochdruck und Schwindel (GdB 10) den GdB weiterhin mit 40 vor. Mit Bescheid vom 12.02.2014 entsprach daraufhin das LRA den Antrag auf Neufeststellung des GdB nicht und lehnte die Feststellung des Merkzeichens "G" ab.

Gegen den Bescheid vom 12.02.2014 legte der Kläger am 20.02.2014 Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, aufgrund der Art und Schwere der Behinderung sei der GdB erheblich zu niedrig bemessen worden. Er beantrage daher, erneut über die Höhe des GdB zu entscheiden. Das LRA nahm den Bericht des Facharztes für Orthopädie B. vom 09.01.2014 sowie dessen fachärztliche Bescheinigung vom 07.02.2014 zu den Akten und teilte auf Nachfrage dem LRA mit Bericht vom 14.04.2014 mit, eine relevante Einschränkung der Gehstrecke bzw. der Gehsicherheit bestünden beim Kläger nicht. Weiter holte das LRA den Befundbericht des Dr. Schr. vom 15.05.2014 ein. Entsprechend der gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. W. vom 03.06.2014, der den GdB weiterhin mit 40 vorschlug, wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2014 zurück. Eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des GdB rechtfertigen könne, habe sich nicht feststellen lassen.

Hiergegen erhob der Kläger am 31.07.2014 Klage beim SG. Er machte einen GdB von mindestens 50 sowie zuletzt das Merkzeichen "G" geltend. Der Kläger führte zur Begründung aus, sein Wirbelsäulenleiden habe sich erheblich verschlimmert. Neu hinzugetreten seien eine Depression sowie ein Kopfschmerzsyndrom. Hinsichtlich der neuen Erkrankungen sei ein Einzel-GdB von mindestens 20 geboten, die zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB führten.

Das SG hörte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen an. Der Facharzt für Orthopädie B. teilte in seiner Aussage vom 13.11.2014 den Behandlungsverlauf, unter Vorlage von Befundberichten die Befunde und Diagnosen mit und verneinte eine relevante Veränderung im Gesundheitszustand des Klägers im genannten Zeitraum (14.05.2009). Der Facharzt für Urologie und Anthropologie Dr. S. teilte in seiner Aussage vom 14.11.2014 den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und Befunde mit und verneinte eine wesentliche Veränderung im Gesundheitszustand des Klägers seit 14.05.2009. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin R. teilte in ihrer Aussage vom 19.11.2014 - unter Vorlage von Befundberichten - den Behandlungsverlauf, die Befunde und Diagnosen mit und nahm zu Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers seit 14.05.2009 Stellung. Dr. C. teilte in ihrer Aussage vom 21.11.2014 den Behandlungsverlauf, die Befunde und die Diagnosen mit und nahm zu Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers Stellung. Der Internist Dr. B. teilte in seiner Aussage vom 24.11.2014 - unter Vorlage von Befundberichten - den Behandlungsverlauf und die Befunde mit und verneinte eine wesentliche Veränderung im Gesundheitszustand des Klägers seit 14.05.2009.

Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. R. vom 12.03.2015 entgegen.

Anschließend holte das SG (von Amts wegen) das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. Schn. vom 19.06.2015 ein. Dr. Schn. gelangte in seinem Gutachten - unter Berücksichtigung eines vom Kläger mitgebrachten Entlassungsberichts der M.-B.-Klinik K. vom 07.05.2015 an die Deutsche Rentenversicherung - zu den Bewertungen, beim Kläger bestünden chronische depressive Verstimmungen im Sinne einer Dysthymia auf dem Boden von Anpassungsstörungen bzw. einer reaktiv bedingten depressiven Episode sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, DD: Beschwerdenaggravation auch vor dem Hintergrund eines sekundären Krankheitsgewinns (GdB 20), ein Wirbelsäulensyndrom ohne objektivierbare relevante sensomotorische Ausfälle (GdB 30 deutlich im oberen Ermessensbereich) sowie eine arterielle Hypertonie (kein GdB von mindestens 10). Dr. Schn. schätzte den Gesamt-GdB mit 40 (im oberen Bereich des Ermessensspielraums) ein. Hinsichtlich Veränderungen seit 14.05.2009 ergäbe sich für die orthopädischen Leiden kein sicherer Anhalt für eine wesentliche Änderung; von einer Besserung des seelischen Befindens im Verlauf sei auszugehen.

Der Kläger nahm mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 20.07.2015 zum Gutachten des Dr. Schn. Stellung.

Mit Urteil vom 28.08.2015 wies das SG die zuletzt nur noch auf die Feststellung des GdB von mindestens 50 gerichtete Klage ab. Es führte zur Begründung aus, im Vergleich zum letzten Feststellungsbescheid sei eine wesentliche zu einem GdB von mindestens 50 führende Änderung im Gesundheitszustand des Klägers nicht zu begründen. Die Beeinträchtigungen des Klägers im Bereich der Wirbelsäule bedingten allenfalls einen GdB von 30 und die Beeinträchtigungen im Bereich der Psyche zusammen mit einer somatoformen Schmerzstörung bzw. einer Somatisierungsstörung allenfalls einen GdB von 20. Der Bluthochdruck rechtfertige keinen GdB von mindestens 10. Der Gesamt-GdB sei mit nicht mehr als 40 zu bewerten.

Gegen das der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 09.09.2015 zugestellte Urteil richtet sich die vom Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte am 06.10.2015 eingelegte Berufung. Er hat zur Begründung ausgeführt, das SG gehe zu Unrecht davon aus, dass eine wesentliche Änderung nicht eingetreten sei. Die bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen seien nicht entsprechend berücksichtigt und gewürdigt worden. Er wiederholt im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.08.2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 12.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.07.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei ihm den Grad der Behinderung mit mindestens 50 ab dem 12.12.2013 festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sachargumente, die eine abweichende Beurteilung begründen könnten, seien der Berufungsschrift nicht zu entnehmen.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das chirurgisch-orthopädische Gutachten des Dr. N. vom 17.11.2016 eingeholt. Dr. N. gelangt im Wesentlichen zu den Bewertungen, beim Kläger bestehe eine mittelgradig eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule mit endgradigen Schmerzen und Wurzelreiz ohne motorischem Defizit, eine mittelgradige bis beginnend höhergradige eingeschränkte Rumpfwirbelsäulenbeweglichkeit mit aufgehobener spontaner Rumpfbeuge und lokalem Erschütterungsschmerz der unteren Lendenwirbelsäule, ohne sensomotorisches Defizit und ohne sichere Wurzelreizzeichen und somit am ehesten pseudoradikulärem Postnukleotomie-Syndrom mit Streckfehlhaltung und geklagten Beschwerden (GdB 30). Unter Einbeziehung einer seelischen Störung und chronisches Schmerzsyndrom (GdB 20) sowie Bluthochdruck (GdB 0-10) schätzt Dr. N. den Gesamt-GdB mit 40 ab 12.12.2013 ein. Eine wesentliche Änderung im Vergleich zum letzten Feststellungsbescheid (14.05.2009) hat Dr. N. verneint.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Beklagte Schriftsatz vom 08.12.2016, Klägerbevollmächtigte Schriftsatz vom 22.12.2016). Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 19.01.2017 hat der Kläger weiter vorgetragen und im Hinblick auf Ausführungen von Dr. N. zum Gutachten des Dr. Schn. beantragt, auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet von Amts wegen, hilfsweise nach § 109 SGG ein Zusatzgutachten einzuholen. Mit richterlicher Verfügung vom 23.01.2017 (zugestellt mit Empfangsbekenntnis am 25.01.2017) ist der Kläger aufgrund des Antrages gemäß § 109 SGG (unter anderem) aufgefordert worden, bis spätestens 01.03.2017 den Arzt (auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet) zu benennen. Mit Schriftsatz am 28.02.2017 hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte den Orthopäden Dr. L. als Gutachter gemäß § 109 SGG benannt. Der Kläger ist mit Schreiben des Berichterstatters vom 01.03.2017 (der Klägerbevollmächtigten vorab per Fax am 01.03.2017, 9:53 Uhr übermittelt) darauf hingewiesen worden, dass der Antrag hinsichtlich des benannten Orthopäden aufgrund des bereits gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachtens des Dr. N. verbraucht sei. Mit Terminsbestimmung des Vorsitzenden vom 03.03.2017 ist der Rechtsstreit auf den 24.03.2017 zur mündlichen Verhandlung terminiert worden. Am 03.03.2017 hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte beantragt, den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. V. mit der Erstellung eines Gutachtens nach § 109 SGG zu beauftragen. Dem Kläger ist mit richterlicher Verfügung vom 06.03.2017 mitgeteilt worden, dass über den Antrag, nach § 109 SGG von Dr. V. ein Gutachten einzuholen, in der terminierten Sitzung entschieden werde. Mit Schriftsätzen vom 07.03.2017 (Beklagte) und 22.03.2017 (Klägerbevollmächtigte) haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung wiederholt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist, ob dem Kläger ein Anspruch auf die Feststellung des Merkzeichens "G" zustehen. Soweit der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 12.02.2014 die Feststellung des Merkzeichens "G" abgelehnt hat, hat der Kläger hiergegen Widerspruch nicht eingelegt. Sein Widerspruch vom 20.02.2014 war ersichtlich lediglich auf die Feststellung eines höheren GdB gerichtet. Dem entspricht auch der zuletzt vom Kläger in der öffentlichen Sitzung beim SG am 28.08.2015 ausweislich der Niederschrift gestellte Klageantrag wie auch der im vorliegenden Berufungsverfahren gestellte Berufungsantrag.

Der Senat hat den Berufungsantrag des Klägers sachdienlich gefasst.

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 12.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Neufeststellung eines höheren GdB mit mindestens 50 nicht zu. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).

Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)

Hiervon ausgehend ist im Vergleich zu dem im letzten Feststellungsbescheid vom 26.11.2008 / Widerspruchsbescheid vom 14.05.2009 mit einem GdB von 40 berücksichtigten Gesundheitszustand des Klägers eine wesentliche Änderung (Verschlimmerung) nicht festzustellen, die die Neufeststellung des GdB mit über 40 (mindestens 50) rechtfertigt.

Dass beim Kläger hinsichtlich seines Wirbelsäulenleidens eine wesentliche Änderung (Verschlimmerung) eingetreten ist, kann nicht festgestellt werden. Der Orthopäde B. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 05.11.2014 eine relevante Veränderung im Gesundheitszustand des Klägers seit dem 14.05.2009 verneint. Auch Dr. Schn. hat keinen sicheren Anhalt für eine wesentlichen Änderung der orthopädischen Leiden feststellen können. Dem entspricht auch die Bewertung des Dr. N. in seinem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten vom 17.11.2016, der hinsichtlich der Wirbelsäule des Klägers weiterhin einen Einzel-GdB von 30 für angemessen erachtet und im Vergleich zum Bescheid vom 26.11.2008 / Widerspruchsbescheid vom 14.05.2009 eine wesentliche Änderung ebenfalls verneint hat. Der abweichenden Ansicht des Klägers kann nicht gefolgt werden. Insbesondere kann eine Verschlimmerung der Kreuzschmerzen im Vergleich des dem Widerspruchsbescheid vom 14.05.2009 zugrundeliegenden Befundberichts des D. Schmerz-Zentrum M. vom 17.03.2009 zu den im vorliegenden Rechtstreit zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht festgestellt werden. Nach den von Dr. N. im Gutachten vom 17.11.2016 nachvollziehbar beschriebenen Wirbelsäulenbefunden bestehen beim Kläger eine mittelgradig eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule mit endgradigen Schmerzen und Wurzelreiz C7 links ohne motorische Defizite sowie eine mittelgradig bis beginnend höhergradige eingeschränkt demonstrierte Rumpfwirbelsäulenbeweglichkeit mit aufgehobener spontaner Rumpfbeuge und lokalem Erschütterungsschmerz der unteren Lendenwirbelsäule, ohne sensomotorisches Defizit und ohne sichere Wurzelreizzeichen. Diese funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden rechtfertigen nach den VG noch keinen Einzel-GdB von 40. Nach den VG Teil B 18.9 ist bei Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und im Internet sozialgerichtsbarkeit.de). Schwere funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in (mindestens) zwei Wirbelsäulenabschnitten sind beim Kläger nicht feststellen. Hiervon geht auch Dr. N. in seinem Gutachten vom 17.11.2016 aus, der das Vorliegen von schweren funktionellen Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden wie auch insbesondere andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome anhand der Befundbeschreibungen im Gutachten für den Senat nachvollziehbar verneint hat und wegen des Wirbelsäulenleidens des Klägers den GdB mit (voll ausgefüllt) 30 bewertet. Mit abgegolten sind dabei bestehende (Funktions-)Schmerzen.

Auch hinsichtlich der auf psychischem Gebiet liegenden Erkrankung des Klägers kann eine wesentliche Änderung (Verschlimmerung) nicht festgestellt werden. Nach den VG Teil B 3.7 ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.

Nach dem vom SG eingeholten Gutachten des Dr. Schn. vom 19.06.2015 besteht beim Kläger eine chronisch depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymia auf dem Boden von Anpassungsstörungen bzw. einer reaktiv bedingten depressiven Episode. In Zusammenschau der Aktenlage, der Anamnese und der erhobenen Befunde geht Dr. Schn. in seinem Gutachten von einer Besserung des seelischen Befindens im Verlauf seit dem 14.05.2009 aus, wobei Dr. Schn. aktuell einen Einzel-GdB von (nur noch) 20 für angemessen erachtet. Nach dem von Dr. Schn. in seinem Gutachten beschriebenen psychopathologischen Befund zeigte sich beim Kläger keine Antriebsminderung oder psychomotorische Hemmung. Der Kläger war geistig gut flexibel. Kognitive oder mnestische Defizite konnte Dr. Schn. nicht erheben. Für eine hirnorganisch bedingte psychische Symptomatik ergab sich kein Anhalt. Zwar wirkte der Kläger in der Grundstimmung missmutig und dysthym, eine tiefergehende oder vitale depressive Stimmungslage lag jedoch nicht vor. Die affektive Resonanzfähigkeit war nicht aufgehoben. Für eine Persönlichkeitsstörung oder für eine sozialmedizinisch relevante Suchterkrankung ergab sich beim Kläger kein Anhalt. Eine Somatisierung mit vorwiegender Projektion auf das muskuloskelettale System erachtet Dr. Schn. für möglich. Dem von Dr. Schn. in seinem Gutachten beschriebenen psychische Befund entsprechen im Wesentlichen auch die Befundbeschreibungen im Entlassungsbericht der M.-B.-Klinik vom 07.05.2015 sowie im Gutachten von Dr. N. vom 17.11.2016. Die Befundbeschreibung von Dr. C. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 21.11.2014 ist damit nicht bestätigt. Nach den von Dr. Schn. im Gutachten beschriebenen Angaben des Klägers besteht zwar eine Einschränkung der Alltagsgestaltung und im sozialen Kontakt. Weiter bestehen nach Angaben des Klägers Schlafstörungen. Gleichwohl sind beim Kläger Ressourcen vorhanden, insbesondere hinsichtlich Tätigkeiten im Haushalt, anteilige Verrichtungen im Garten sowie einer (vollschichtigen) Arbeitstätigkeit im Schichtbetrieb, ohne dass regelmäßige Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen der seelischen Störung dokumentiert sind, worauf auch Dr. N. in seinem Gutachten hinweist. Danach kann insgesamt lediglich eine psychische Symptomatik leichten Ausprägungsgrades festgestellt werden. Hiervon geht auch Dr. Schn. in seinem Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend aus. Anhaltspunkte für eine durchgehende Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit hatte Dr. Schn. nicht mit hinreichender Sicherheit finden können. Damit sind stärker behindernde psychische Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit beim Kläger nicht festzustellen. Hiergegen spricht auch, dass nach der Beschreibung im Entlassungsbericht der M.-B.-Klinik vom 07.05.2015 eine Therapie mit Psychopharmaka nicht erfolgt ist, worauf Dr. Schn. in seinem Gutachten weiter hinweist, was ebenfalls auf einen nur leichten Ausprägungsgrad der psychischen Symptomatik schließen lässt. Auch Dr. N. gelangt in seinem Gutachten (fachfremd) zu der Bewertung, dass nach den zur Verfügung stehenden Unterlagen in der Gesamtschau die seelische Störung am Übergang einer leichten zu "stärker behindernden Störung" liegt und hält einen GdB von 20 bis 30 für angemessen, womit er eine voll ausgefüllte stärker behindernde psychische Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit für nicht gegeben ansieht.

Soweit der Beklagte im angefochtenen Bescheid Bluthochdruck und Schwindel als im Vergleich zum letzten Feststellungsbescheid neu hinzugekommene Gesundheitsstörungen mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt hat, lässt sich hieraus eine wesentliche Änderung nicht herleiten. Ein Bluthochdruckleiden, wie im Übrigen eine bedeutsame Herzleistungsminderung, ist beim Kläger nicht belegt. Nach den hierzu zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen ist im streitigen Zeitraum ein weitgehend normaler Blutdruck des Klägers festzustellen. Dem entsprechen auch die schriftlichen sachverständige Zeugenauskünfte von Dr. B. vom 24.11.2014 und der Fachärztin für Allgemeinmedizin R. vom 19.11.2014, die übereinstimmend einen unauffälligen Blutdruck bzw. eine medikamentös normoton eingestellte nur milde Hypertonie genannt haben. Ein Bluthochdruck, der nach den VG Teil B Nr. 9.3 einen Teil-GdB von 10 rechtfertigt, kann damit nicht festgestellt werden. Hiervon geht auch Dr. Schn. in seinem Gutachten aus. Entsprechendes gilt auch für den vom Beklagten berücksichtigten Schwindel sowie die vom Kläger geltend gemachte Kopfschmerzsymptomatik, die nach den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht als bedeutsame Gesundheitsstörungen belegt sind. So hat Dr. N. nach den Beschreibungen im Gutachten beim Kläger keine Balancestörungen / Schwindelerscheinungen feststellen können und hat zudem geklagten Schwindel sowie eine geltend gemachte Kopfschmerzsymptomatik in den Zusammenhang mit der Dysthymie gestellt, weshalb er eine separate Wertung für nicht gerechtfertigt erachtet.

Sonstige zu berücksichtigende Änderungen im Gesundheitszustand des Klägers sind nicht ersichtlich und werden im Übrigen vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Insbesondere hat Dr. N. in seinem Gutachten für die oberen und unteren Extremitäten des Klägers keine GdB-relevanten Funktionsbeeinträchtigungen beschrieben. Seine GdB-Bewertung berücksichtigt auf seinem Fachgebiet allein Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule. Auch der Internist Dr. B. sowie der Urologe Dr. S. haben in ihren schriftlichen sachverständigen Zeugenauskünfte an das SG eine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers seit dem 14.05.2009 verneint.

Damit kann eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes des Klägers, die einen GdB von mindestens 50 seit dem 12.12.2013 rechtfertigt, nicht festgestellt werden. Vielmehr ist der GdB weiterhin mit 40 zu bewerten. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.

Hiervon ausgehend ist bei der Bewertung des Gesamt-GdB das Wirbelsäulenleiden des Klägers mit einem Einzel-GdB von 30 zu berücksichtigen. Dieser wird durch die mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewertende seelische Störung des Klägers auf 40 erhöht. Dies würde selbst dann gelten, wenn entgegen der Bewertung von Dr. Schn. zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen würde, dass die seelische Störung mit einem nicht voll ausgefüllten Einzel-GdB von 30 zu bewerten ist, wovon Dr. N. in seinem Gutachten ausgeht. Ein Einzel-GdB von voll 30 und ein nicht voll ausgefüllter Einzel-GdB von 30 rechtfertigt vorliegend nicht die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Zudem liegen Überschneidungen durch die organisch und "somatoform" bedingte Schmerzsituation vor, worauf Dr. Schn. , der versorgungsärztlichen Auffassung von Dr. R. in seiner Stellungnahme vom 12.03.2015 folgend, in seinem Gutachten überzeugend hinweist, dem sich der Senat anschließt. Die Behinderungen des Klägers erreichen jedenfalls in ihrer Gesamtheit kein Ausmaß, das die Schwerbehinderteneigenschaft (GdB mindestens 50) begründet, wie Dr. Schn. in seinem Gutachten vom 19.06.2015 (Seite 23f.) zutreffend und überzeugend begründet hat, was sich der Senat zu Eigen macht. Die Einschätzung des Gesamt-GdB 40 von Dr. Schn. hat auch Dr. N. in seinem Gutachten vom 17.11.2016 (Seite 62) trotz seiner abweichenden Beurteilung des Einzel-GdB 30 für die seelische Störung geteilt. Dem schließt sich auch der Senat aus den oben genannten Gründen an. Es kommt damit vorliegend nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der neueren Ansicht des Beklagten zu folgen ist, dass bei der Bildung des Gesamt-GdB ein weiterer GdB von 30 grundsätzlich nur zu einer Erhöhung um 10 Punkte und nur im Ausnahmefall zu einer solchen um 20 Punkte führt bzw. dass aus zwei Einzel-GdB-Werten von 30 in der Regel noch kein Gesamt-GdB von 50 gebildet werden kann (Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - an die Landratsämter - Versorgungsämter - vom 25.07.2016, Az.: 101.2.7-4035.3/16), dem sich der Senat in dieser Pauschalität nicht anschließen kann.

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die im gerichtlichen Verfahren durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt. Insbesondere sieht sich der Senat aufgrund des Vorbringens des Klägers im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19.01.2017 nicht gedrängt, von Amts wegen einen neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen, wie der Kläger im Hinblick auf eine von Dr. N. in seinem Gutachten geäußerte Kritik an den Bewertungen im Gutachten des Dr. Schn. beantragt hat. Die von Dr. N. in seinem Gutachten fachfremd geäußerte Kritik ist nicht von entscheidungsrelevanter Bedeutung, weshalb kein Anlass besteht, deswegen von Amts wegen ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen, zumal Dr. N. den Gesamt-GdB in Übereinstimmung mit Dr. Schn. mit 40 bewertet hat.

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren durch seine Prozessbevollmächtigte am 28.02.2017 gemäß § 109 SGG die Einholung eines Gutachtens von dem Orthopäden Dr. L. beantragt hat, hat der Senat dem Antrag nicht stattgegeben. Grundsätzlich besteht zumindest für dasselbe Fachgebiet das Recht auf Anhörung eines bestimmten Sachverständigen nach § 109 SGG nur einmal in beiden Instanzen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. stellvertretend Urteil vom 24.06.2016 - L 8 SB 2733/15 - unveröffentlicht; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 109 Anm. 10b, 11b). Das Antragsrecht nach § 109 SGG ist damit für ein weiteres Gutachten im gleichen Fachbereich oder in einer verwandten Fachrichtung verbraucht. Dies trifft hinsichtlich des am 28.02.2017 benannten Orthopäden Dr. L. zu. Denn vorliegend ist vom Senat bereits nach § 109 SGG das Gutachten des Arztes für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. N. vom 17.11.2016 im gleichen Fachbereich eingeholt worden. Dem Kläger ist mit richterlicher Verfügung vom 23.01.2017 auch nur die Benennung eines Arztes auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet nachgelassen worden. Eine besondere Ausgangssituation für eine nochmalige Begutachtung nach § 109 SGG ist weder vorgetragen worden, noch für den Senat ersichtlich. Der Senat lässt deswegen den Antrag des Klägers, von Dr. L. ein Gutachten gemäß § 109 SGG einzuholen, nicht zu und weist den Antrag zurück.

Auch dem am 03.03.2017 gestellten weiteren Antrag den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. V. nach § 109 SGG als Gutachter zu bestellen, hat der Senat nicht stattgegeben. Der Antrag ist verspätet im Sinne von § 109 Abs. 2 SGG. Mit richterlicher Verfügung vom 23.01.2017 ist der Kläger zur Benennung eines Arztes auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bis spätestens 01.03.2017 aufgefordert und darauf hingewiesen worden, dass bei Versäumung der gesetzten Frist der Antrag nach § 109 Abs. 2 SGG abgelehnt werden kann. Erst nach Ablauf dieser Frist hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte am 03.03.2017 den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. V. zur Erstellung eines Gutachtens nach § 109 SGG benannt. Die Benennung von Dr. V. ist zur Überzeugung des Senats ohne hinreichenden Grund erst nach Ablauf der gesetzten Frist und damit aus grober Nachlässigkeit nicht fristgerecht erfolgt. Gründe, dass die Frist unverschuldet versäumt worden ist, sind nicht ersichtlich. Solche sind von der Prozessbevollmächtigten des Klägers im Übrigen auch nicht geltend gemacht worden. Im Übrigen ist die Prozessbevollmächtigte des Klägers innerhalb der gesetzten Frist per Fax am 01.03.2017 darauf hingewiesen worden, dass hinsichtlich des nach § 109 SGG benannten Gutachters Dr. L. das Antragsrecht verbraucht ist. Der Prozessbevollmächtigten des Klägers wurde damit die Möglichkeit eröffnet, noch innerhalb der Frist einen anderen Gutachter gemäß § 109 SGG zu benennen, was nicht erfolgt ist. Der verspätet gestellte Antrag, von Dr. V. gemäß § 109 SGG ein Gutachten einzuholen, war daher schuldhaft verspätet und hätte im Hinblick auf die erfolgte Terminierung des Rechtsstreits zur mündlichen Verhandlung am 24.03.2017 den Rechtsstreit verzögert. Das Verhalten seiner Prozessbevollmächtigten ist dem Kläger zuzurechnen. Der Senat lässt deswegen - in Ausübung des ihm eröffneten Ermessens - den weiteren Antrag des Klägers, von Dr. V. ein Gutachten gemäß § 109 SGG einzuholen, ebenfalls nicht zu und weist den Antrag zurück.

Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kosten des gemäß § 109 SGG im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens von N. vom 17.11.2016 sowie die baren Auslagen des Klägers, über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens von Amts wegen auch im Urteil entscheiden kann (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 - L 1 U 3854/06 KO-B, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de; Urteil des Senats vom 23.11.2012 - L 8 U 3868/11 -, unveröffentlicht), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Der Kläger hat diese daher endgültig selbst zu tragen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht hat. Es muss sich, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich gefördert haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 RdNr. 11).

Hiervon ausgehend ist es nicht gerechtfertigt, die Kosten des Gutachtens von Dr. N. auf die Staatskasse zu übernehmen. Dr. N. hat in seinem Gutachten eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes des Klägers verneint sowie den GdB weiterhin mit 40 bewertet und damit die Auffassung des Beklagten sowie des SG bestätigt. Für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte hat das Gutachten nicht erbracht. Damit hat das Gutachten von Dr. N. keinen wesentlichen Beitrag zur Sachaufklärung erbracht und gemessen am Prozessziel des Klägers den Rechtstreit auch nicht gefördert, weshalb es nicht gerechtfertigt ist, die Kosten der Begutachtung durch Dr. N. auf die Staatskasse zu übernehmen.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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