Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 5292/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 959/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 1. Mai 2013.
Die Klägerin ist am 1958 in der (damaligen) Sowjetunion geboren. Sie ist bei der Beklagten rentenversichert. Sie erlernte nach ihren Angaben in der Sowjetunion vom 1. September 1975 bis 19. Juli 1976 den Beruf der Näherin und übte diesen bis zur Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland am 26. November 1991 aus. In der Bundesrepublik Deutschland war sie als Näherin, als Zimmermädchen und zuletzt bis zum Jahr 2008 als Haushaltsgehilfin, zuletzt in einem Kloster beschäftigt. Bis 2. Juli 2010 bezog sie Arbeitslosengeld, anschließend war sie bis 19. September 2010 arbeitslos ohne Leistungsbezug. Danach sind im bei der Beklagten für die Klägerin geführten Versicherungsverlauf keine rentenrechtlichen Zeiten mehr vermerkt. Seit dem 16. November 2015 ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt.
Die Klägerin befand sich vom 20. Mai bis 10. Juni 2008 zur medizinischen Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik H. in B.-B ... Im Entlassungsbericht vom 2. Juni 2008 teilte Dr. M.-W. folgende Diagnosen mit: ein chronisches Schmerzsyndrom vom Typ Fibromyalgie, psychologische Faktoren bei Fibromyalgie, ein residuales Impingement-Syndrom nach subacromialer Dekompression im Dezember 2002 und November 2007, eine Schultergelenksarthrose rechts sowie ein pseudoradikuläres Halswirbelsäulensyndrom. Die Klägerin könne eine Tätigkeit als Schneiderin sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs und mehr Stunden täglich verrichten.
Am 17. September 2009 beantragte die Klägerin erstmals eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte den Antrag nach Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Allgemeinmedizin und für Anästhesiologie Dr. Z. vom 1. Dezember 2009 (Diagnosen: eine somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine Fibromyalgie sowie eine arterielle Hypertonie) und eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. St. vom 25. November 2009 (Diagnose: eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung), die beide von einer Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mehr als sechs Stunden pro Tag ausgingen, ab (Bescheid vom 8. Dezember 2009). Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. März 2010). Hiergegen erhob die Klägerin beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage (S 8 R 1685/10). Das SG wies die Klage nach schriftlicher Befragung der behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen mit Urteil vom 8. Dezember 2010 ab. Im daraufhin von der Klägerin angestrengten Berufungsverfahren beim erkennenden Senat (L 4 R 313/11) erstellte der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. E. auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 1. September 2011 ein psychiatrisches Gutachten vom 14. September 2011. Prof. Dr. E. diagnostizierte ein depressives Syndrom im Rahmen einer depressiven Episode mit somatischem Syndrom. Aktuell könne die Klägerin noch etwa vier Stunden berufstätig sein. Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 16. Februar 2012 schlossen die Beteiligten einen Vergleich des Inhalts, dass die Beklagte der Klägerin eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in einer Klinik mit psychiatrischem Schwerpunkt gewährt und die Klägerin ihre Berufung zurücknimmt.
Die Klägerin befand sich daraufhin vom 21. August bis 18. September 2012 zur medizinischen Rehabilitation in der Reha-Klinik Gl ... Im Entlassungsbericht vom 25. September 2012 teilte Dr. Ge. folgende Diagnosen mit: eine chronifizierte mittelgradige depressive Episode, ein Fibromyalgie-Syndrom, ein Zustand nach Schulteroperation rechts 2002 und 2007 sowie eine Sinustachykardie. Die Klägerin könne als Schneiderin nur noch unter drei Stunden und leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten.
Am 15. Mai 2013 beantragte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 21. Mai 2013 ab, weil die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente nicht erfüllt seien. Bei einem unterstellten Eintritt der Erwerbsminderung am 15. Mai 2013 seien in der Zeit vom 1. März 2008 bis zum 14. Mai 2013 nur 29 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt.
Hiergegen erhob die Klägerin am 24. Mai 2013 Widerspruch. Als spätester Zeitpunkt für den Eintritt der Erwerbsminderung sei der 21. August 2012 zu berücksichtigen. An diesem Tag sei die medizinische Rehabilitationsmaßnahme begonnen worden, an deren Ende trotz Durchführung der Maßnahmen das quantitative Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden pro Tag eingeschätzt worden sei.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. Br. auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 4. September 2013 unter dem 18. September 2013 ein nervenfachärztliches Gutachten. Er diagnostizierte eine somatoforme Schmerzstörung (mit konversionsneurotischer Färbung), eine Neigung zur konversionsneurotischer Beschwerdebildung/Ausweitung (in breiter Überlappung mit nicht der willentlichen Kontrolle entzogenem, inkonsistenten, zum Teil auch grob demonstrativem Krankheitsverhalten) sowie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (mit auch bereits vorbeschriebenen histrionischen, aber auch aggressionsgehemmten Zügen sowie nur niedrigem Persönlichkeitsstrukturniveau). Er stellte außerdem Hinweise für ein "ganz blandes" Carpaltunnelsyndrom beidseits (klinisch keine überdauernden sensomotorischen Ausfälle, der neurographische Befund sei nur sehr diskret ausgeprägt, sei einer spezifischen Therapie zugänglich, begründe keine weiterreichenden überdauernden Leistungseinschränkungen) sowie eine dargebotene schmerzhafte Bewegungseinschränkung in den Schultergelenken bei Zustand nach orthopädisch begründetem Eingriff rechts 2002 und 2007 fest. Aus nervenärztlicher Sicht (ungeachtet der orthopädischen Beurteilung) könne die Klägerin leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten zu ebener Erde auch weiterhin vollschichtig verrichten, jedoch nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen, ohne ständigen Zeitdruck, ohne ständige nervöse Anspannung, auch ohne andere Stressfaktoren wie Nacht- oder Wechselschicht und ohne überdurchschnittlich fordernde soziale Interaktionen.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2013 zurück. Es hätten sich keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch weniger als sechs Stunden oder weniger als drei Stunden täglich arbeiten könne. Es läge auch keine Berufsunfähigkeit vor. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Haushaltsgehilfin sei keine Tätigkeit als Facharbeiter oder in einer gehobenen angelernten Tätigkeit gewesen. Die Klägerin gehöre zum Kreis der ungelernten Arbeiter und könne deshalb auf alle gesundheitlich zumutbaren ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 22. November 2013 Klage beim SG. Sie verwies auf den Entlassungsbericht des Dr. Ge. vom 25. September 2012. Die Beschwerden hätten in der Folge weiter zugenommen, so dass sogar eine stationäre Aufnahme in der O.-Klinik A. vom 12. bis 15. Dezember 2012 erforderlich geworden sei. Auch die behandelnde Neurologin Dr. Wu. gebe an, dass der Aufenthalt in der Reha-Klinik Gl. keine Besserung des Beschwerdebildes gebracht habe. Insofern sei das "Parteigutachten" der Beklagten vom 18. September 2013 nicht nachvollziehbar. Es sei vielmehr festzustellen, dass nunmehr alle, gerade auch psychotherapeutischen Maßnahmen nicht geeignet gewesen seien, ihr Leistungsvermögen wieder herzustellen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N. vom 21. Januar 2015 vor.
Das SG bestellte Prof. Dr. E. von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen. Dieser erstattete auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 12. Juni 2014 unter dem 30. Juni 2014 ein psychiatrisches Gutachten. Die Klägerin leide immer noch unter einer depressiven Episode. Es handele sich um eine agitierte depressive Episode und um eine endogene Depression. Affektivität, Antrieb, Denken und Kognition sowie die Schmerzwahrnehmung seien beeinträchtigt. Es handele sich nicht um eine seelisch bedingte Störung, sondern um eine Erkrankung des Organs Gehirn. Sie könne nicht durch eine Willensanstrengung aus eigener Kraft überwunden werden. Durch eine Willensanstrengung könne aber eine entsprechende Therapie mit Psychopharmaka begonnen werden. Aktuell seien Tätigkeiten nur noch drei bis weniger als sechs Stunden täglich möglich. Im Vorgutachten sei dies durch die Antriebshemmung mit vorzeitigem Versiegen der Energie begründet worden. Auf die fehlende Therapie und die fehlende Dauerhaftigkeit bei dieser Leistungseinschätzung sei hingewiesen worden. Es sei weiterhin eine wesentliche Besserung zu erwarten, so dass die genannten Einschränkungen ganz oder teilweise entfielen. Er halte ausdrücklich eine psychiatrische Pharmakotherapie für erforderlich mit allen Maßnahmen bei Therapieresistenz.
Das SG befragte sodann Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Wu. schriftlich als sachverständige Zeugin bezüglich des Zeitraumes ab dem 1. Januar 2012. Dr. Wu. berichtete unter dem 5. Januar 2015, dass sie die Klägerin am 19. Juni 2012, am 14. Januar 2013, am 8. April 2014 und zuletzt am 5. September 2014 untersucht habe. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin schon bei der ersten Untersuchung bei ihr ab dem 1. Januar 2012 bei mehreren Ärzten und in mehreren Gesundheitsinstitutionen in Behandlung gewesen sei – und dies nach Angaben der Klägerin ohne jeden Erfolg – und da die Klägerin schon früher bei ihr gewesen sei, sie probatorisch bereits 2010 Mirtazapin angesetzt habe, die Klägerin die Diagnose einer Depression abgelehnt und das von ihr verordnete Mirtazapin nur unregelmäßig und dann schließlich gar nicht mehr eingenommen habe, habe sie sich auf die neurologische Seite beschränkt, wo sie nichts die Arbeitsfähigkeit Beeinträchtigendes habe feststellen können. Bei der letzten Untersuchung am 5. September 2014, als die Klägerin gekommen sei, um eine Stellungnahme zum Gutachten des Prof. Dr. E. zu erhalten, habe sie der Klägerin dringend geraten, das von ihr im Hinblick auf das von Prof. Dr. E. in seinem Gutachten als nur schwach antidepressiv bezeichnete Mirtazapin angesetzte Duloxetin einzunehmen, welches die Klägerin nach vier Wochen wegen Durchfalls und Appetitlosigkeit abgesetzt habe. Eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik habe die Klägerin mit der Begründung der Pflege ihres betagten Vaters abgelehnt. Wenn man, wie Prof. Dr. E., von einer endogenen Depression ausgehe, so sei seinem Gutachten voll zuzustimmen. Indiziert sei eine Psychopharmakotherapie durch einen Psychiater, wenn erfolglos oder schwer durchführbar, in einer psychiatrischen (nicht psychosomatischen) Klinik, schon gar nicht im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme. Es komme auf Sachkunde und Erfahrung mit diesen Medikamenten und der Krankheit an.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. Februar 2015 ab. Die Klägerin leide unter einer depressiven Episode bei endogener Depression. Das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung habe jedoch nicht bestätigt werden können. Auf Grund der Erkrankung seien der Klägerin nur noch körperlich leichte Tätigkeiten ohne Schichtarbeit und ohne geistige Anforderung zumutbar. Aktuell sei das Leistungsvermögen auch quantitativ auf drei bis weniger als sechs Stunden täglich limitiert. Das Leistungsvermögen unterliege jedoch einer Fluktuation. Eine dauerhafte zeitliche Minderung könne nicht bestätigt werden. Im Falle der Erkrankung der Klägerin bestünden sehr gute Behandlungsmöglichkeiten, die noch nicht ausgeschöpft seien. Es sei eine Psychopharmakatherapie indiziert. Bei Durchführung der Behandlung sei mit einer wesentlichen Besserung der bestehenden Einschränkung der Leistungsfähigkeit zu rechnen.
Gegen den ihr am 18. Februar 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 14. März 2015 Berufung eingelegt. Das erstinstanzliche Urteil lasse eine Auseinandersetzung mit der Vorschrift des § 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) vermissen. Das SG übernehme zudem völlig unkritisch das Ergebnis des Gutachtens von Prof. Dr. E ... Sie habe verschiedene Psychopharmaka unter Aufsicht der Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Dr. Ste. versuchsweise verordnet bekommen. Sie habe die Medikamente Duloxepin, Pregabalin, Amipriflin, Gabapentin, Opipramol etc. allesamt nicht vertragen. Sie nehme aktuell 15 mg Mirtazapin, was sie ausreichend vertrage, wenngleich ärztlicherseits derzeit weiterhin von einer chronischen Schmerzerkrankung und dauerhaften Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werde. Sämtliche Behandlungsmöglichkeiten seien ganz offensichtlich nunmehr ausgeschöpft. Das Gutachten des Facharztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. (dazu sogleich) sei völlig ungeeignet, Aussagen zu ihrer Erwerbsfähigkeit zu treffen, da der Sachverständige letztendlich die Existenz der Erkrankung Fibromyalgie unter Hinweis auf die Aussagen anderer Fachärzte verneine. Die damit einhergehende Verunglimpfung ihrer Person, die nur dem Arbeitsmarkt entfliehen wolle und somit Simulantin sei, sei schlichtweg nach den heutigen wissenschaftlichen Fakten zu dieser Erkrankung nicht haltbar. Die Klägerin hat einen Arztbrief der Dr. Ste. vom 1. April 2015 (Diagnosen: eine Fibromyalgie, Kopfschmerzen, eine Somatisierungsstörung, eine Dysthymia, eine somatisierte Depression sowie eine somatoforme Schmerzstörung) und einen Arztbrief der Internistin Dr. V. vom 2. März 2015 (Diagnosen: eine Fibromyalgie sowie eine Depression) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Februar 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2013 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Mai 2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass Berufsschutz nicht vorliege. Die Klägerin sei zuletzt als Zimmermädchen und Haushaltsgehilfin beschäftigt gewesen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente seien zuletzt am 31. Oktober 2012 erfüllt gewesen. Die Frist zur Zahlung freiwilliger Beiträge für Zeiten vor dem 1. Januar 2013 sei bereits fruchtlos verstrichen. Die Klägerin sei auf die Möglichkeit, Beiträge nachzuentrichten, in der Anlage des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2010 hingewiesen worden. Sie hat eine sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. N. vom 10. März 2016 zu dem Gutachten des Facharztes für Anästhesiologie und Allgemeinmedizin Dr. Fr. (dazu sogleich) vorgelegt. Dr. Fr. gebe offensichtlich nur subjektive Beschwerdeangaben wieder, jedoch keine Erkrankung im Sinne des ICD-10, da eine entsprechende diagnostische Zuordnung nicht vorgelegt werde. Im Weiteren äußere sich Dr. Fr. im Sinne einer Diagnostik psychischer Erkrankungen, wofür er keine Facharztkompetenz besitze. Es werde eine "akute traumatisierende Belastungsreaktion" festgestellt, die drei Mal in eine Anpassungsstörung übergegangen sei. Diese Art der Diagnose sei in der Lehre des Fachgebietes für Psychiatrie nicht bekannt. Hier äußere sich Dr. Fr. offensichtlich auf einem Gebiet, das er nicht beherrsche. Des Weiteren bestünde eine körperliche Belastungsstörung, welche nach Auffassung des Dr. Fr. mit F45.2 nach DSM-5 (5. Auflage des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) zu kodieren sei. Auch diese Form der Diagnose sei in den gängigen psychiatrischen Klassifikationssystemen nicht bekannt, so dass das Gutachten insgesamt gar nicht gewertet werden könne, weil Symptome festgestellt würden, die es aus fachpsychiatrischer Sicht gar nicht gebe. Auf was sich Dr. Fr. überhaupt beziehe, werde aus fachpsychiatrischer Sicht nicht klar. Der Diagnoseschlüssel F45.1 erbringe im ICD-10 eine undifferenzierte Somatisierungsstörung, die allerdings nicht belegt sei. Es gebe natürlich das Krankheitsbild einer posttraumatischen Belastungsstörung, die allerdings auch hier nicht hervortrete. Des Weiteren werde eine persistierende depressive Störung festgestellt, die als Dysthymia gefasst worden sei. Diese Diagnose sei nach Aktenlage bereits diskutiert worden, umfasse einen Verstörungszustand, der nicht die Kriterien einer wenigstens leichten depressiven Episode erfülle. Die mitgeteilten Beschwerden der Klägerin passten zu keiner der von Dr. Fr. erhobenen psychischen Erkrankungen, auch wenn diese mangels der üblichen Nomenklatur nicht recht verständlich seien. Abgesehen von den subjektiven Beschwerdeangaben von Schmerzen werde noch eine Reihe von Medikamenten in der Anamnese erhoben, die allerdings allesamt nicht mit einer Plasmaspiegelbestimmung validiert würden. Dr. Fr. vermische im Übrigen philosophische Vorstellungen, subjektive Beschwerdeangaben, wissenschaftstheoretische Ausführungen und Allgemeinplätze.
Der Senat hat Dr. Sch. von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Er hat auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 20. Juli 2015 unter dem 24. Juli 2015 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstattet. Er hat auf seinem Fachgebiet einen Verdacht auf Somatisierungsstörung, eine Beschwerdeaggravation bei Rentenbegehren, eine Persönlichkeitsakzentuierung mit vor allem hyperthymen Persönlichkeitsanteilen sowie Hinweise für ein blandes Sulcus ulnaris-Syndrom rechts ohne relevante sensomotorische Ausfälle diagnostiziert. Sonstige Diagnosen seien degenerative Wirbelsäulenveränderungen ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallsymptomatik, Schultergelenksleiden beidseits (Zustand nach zweimaliger Schultergelenksoperation rechts) sowie eine arterielle Hypertonie (medikamentös behandelt, keine kardiopulmonale Dekompensationszeichen). Bei der neurologischen Untersuchung hätte sich intermittierend zweifelsfrei Aggravations- bzw. Simulationsverhalten gezeigt. Dieses Verhalten schränke zum einen die Beurteilbarkeit tatsächlich vorhandener Läsionen ein. Zum anderen lasse es dann aber auch Rückschlüsse auf die Authenzität der anamnestischen Angaben zu. Der psychopathologische Befund sei im Wesentlichen unauffällig gewesen. Es hätten sich keine Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung gezeigt. Die Klägerin sei durchgehend sehr lebhaft und redselig gewesen. Kognitive oder anamnestische Defizite hätten nicht erhoben werden können. Für eine hirnorganisch bedingte psychische Symptomatik hätte sich kein Anhalt ergeben. In der Grundstimmung sei die Klägerin ausgeglichen gewesen. Die affektive Resonanzfähigkeit sei nicht eingeschränkt gewesen. In ihrer Grundpersönlichkeit wirke die Klägerin hyperthym bzw. lebhaft. So habe sie sich auch selbst beschrieben. Somatisierungstendenzen seien prinzipiell möglich. Für eine Persönlichkeitsstörung oder für eine sozialmedizinisch relevante Suchterkrankung hätte sich in der Gutachtenssituation aber kein ausreichender Anhalt ergeben. In Zusammenschau der Aktenlage, der Anamnese und der jetzt erhobenen Untersuchungsbefunde bestehe der Verdacht auf eine Somatisierungsstörung der Klägerin. Somatisierung bedeutet die Umwandlung von psychischen Konflikten in die körperlich wirkenden (somatoformen) Symptome. Zumeist finde sich hierbei überhaupt keine körperliche Ursache. Eingeschlossen in die Definition sollten wiederum auch solche Fälle sein, bei denen ursprünglich ein Körperschaden bestanden habe bzw. die objektivierbaren körperlichen Schäden des Beschwerdebild nicht ausreichend erklärten. Der Ausgangsgrad der seelischen Symptomatik sei insgesamt als gering bis leicht einzustufen. Auch unter Berücksichtigung fachfremder Diagnosen bzw. Funktionsbeeinträchtigungen könne die Klägerin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Arbeitshaltungen verrichten. Zwangshaltungen der Wirbelsäule seien zu vermeiden. Die Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung sollte bestehen. Auf Grund der Schultergelenksbeschwerden beidseits seien Tätigkeiten in Armvorhalte oder Überkopfarbeiten nicht vertretbar. Ein häufiges Bücken sei nicht leidensgerecht. Arbeiten unter üblichen Akkord- und Fließbandbedingungen seien leidensgerecht. Tätigkeiten unter Wechselschicht oder in Nachtschicht seien möglich. Widrige klimatische Bedingungen seien zeitweise möglich. Das Verantwortungsbewusstsein und die geistige Flexibilität seien nicht eingeschränkt. Die Klägerin habe hier eine sehr gut Flexibilität gezeigt. Auch das psychische Leistungsvermögen sei nicht relevant eingeschränkt. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Klägerin sei durchaus in der Lage, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anzutreten. Es bestehe kein ausreichender Grund für die Annahme einer Einschränkung des Durchhaltevermögens bei Berücksichtigung der Einschränkung in qualitativem Leistungsbild. Es bestehe ein arbeitstägliches Leistungsvermögen ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit für mindestens sechs Stunden unter Berücksichtigung des qualitativen Leistungsbildes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche. Für eine wesentliche Änderung des Leistungsvermögens im laufenden Rentenverwaltungsverfahren bzw. in den Rechtsverfahren ergebe sich kein ausreichender Anhalt. Die Beurteilung von Prof. Dr. E. teile er nicht. Aus dessen Gutachten gehe nicht schlüssig hervor, warum ein Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich angenommen werde, ein Leistungsvermögen von sechsstündig und mehr aber nicht vorliegen solle.
Der Senat hat sodann auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Dr. Fr. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Er hat unter dem 26. Februar 2016 auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 12. November 2015 ein ärztliches Gutachten erstattet. Er hat eine akute traumatisierende Belastungsreaktion, die zwei- bis dreimal in eine Anpassungsstörung übergegangen sei (2002, 2007), eine körperliche Belastungsstörung, hyperalgetische neuro-muskuläre Triggerpunkte, eine persistierende depressive Störung, eine Störung mit funktioneller neurologische Symptomatik, eine Panikstörung, eine anankastische Persönlichkeitsstörung, eine sensomotorische Neuropathie als Teil chronischer Rückenschmerzen, eine Schultersteife rechts, eine Defektarthropathie rechts und Schäden der linken Schulter, Kopfschmerz vom Spannungstyp mit erheblichem Medikamentenübergebrauch, degenerative Veränderungen des Achsenorgans und des Bewegungssystems sowie eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Erwachsenenalter diagnostiziert. Die quantitative Leistungsfähigkeit betrage mehr als drei, aber weniger als sechs Stunden werktäglich. Diese quantitative Leistungsminderung bestehe seit 2009/2010. Die Befunde ergäben erhebliche Beeinträchtigungen, nicht zuletzt auf dem Boden andauernder chronifizierter Schmerzen, die psychosoziale Folgen nach sich zögen. Es gehe nicht nur um Schmerzempfinden quer durch den ganzen Körper mit Beeinträchtigungen im Halte- und Bewegungssystem, sondern auch um eine depressive Symptomatik mit körperlichen Beeinträchtigungen und melancholischen Merkmalen. Zu beachten sei auch die Beeinträchtigung der Schulterfunktionen beidseits. Es handele sich um einen behandelbaren Zustand, dessen Bearbeitung aber mindestens zwei, drei bis fünf Jahre in Anspruch nehmen werde. Die aufgezeigten Therapieanstrengungen seien bisher nicht ausgenutzt worden.
Auf Antrag der Klägerin hat Dr. Fr. unter dem 15. Oktober 2016 zu den Einwendungen der Beklagten gegen sein Gutachten Stellung genommen und sein Gutachten verteidigt. Im Rahmen der von ihm jährlich absolvierten Fortbildungen habe er das Augenmerk immer auf psychologische/psychiatrische und psychosomatische Themen gerichtet. Außerdem sei er nach internationalen Standards ausgebildeter Schmerzmediziner. Entgegen der Ausführungen von Dr. N. habe er eine akute traumatisierende Belastungsstörung nicht festgestellt. Weitere Fehlzitate seien anzuführen. Er habe keine Kodierung nach F42.2, sondern nach F45.1 nach DSM-5 vorgenommen. Dr. N. fehlten aktuelle Fachkenntnisse. Er habe alle aufgeführten Diagnosen zutreffend gestellt. Die genannten Klassifizierungen seien einschlägig. Dr. N. versuche dagegen, ihn mit dem Argument "fachfremd" fertig zu machen und scheue keine Verunglimpfungen, Verdrehungen bzw. Behauptungen. Schmerzangaben seien immer subjektiv. Ein Schmerzzustand bedeute aber immer erhebliche Beeinträchtigungen und immer psychosoziale Folgen. Dieser werde eingebettet in einen Gesamtkrankheitszustand und nach Stimmigkeit und Konsistenz evtl. in einen quantitativen Impakt auf die Leistungsfähigkeit in der Zeiteinheit überführt. Eine Plasmaspiegelbestimmung habe er nicht für notwendig erachtet, da hier Schmerzmittel kaum indiziert seien und eingenommen würden. Anders als es Dr. N. behaupte, habe er aber eine vollständige Medikamentenanamnese durchgeführt. Er habe die bekannten, etablierten Ergebnisse der psychosomatischen und schmerzbezogenen Forschung nach den Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG) in die Begutachtung einbezogen.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung bedarf, weil die Klägerin Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), ist auch im Übrigen zulässig.
2. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 21. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2013 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Mai 2013 (vgl. § 99 Abs. 1 SGB VI).
a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
b) Ausgehend davon kann die Klägerin eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI nicht beanspruchen.
Nach dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf vom 7. Juni 2016 lagen bei der Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI letztmalig am 31. Oktober 2012 vor. Nach diesem Versicherungsverlauf weist die Klägerin 36 Monate Zeit mit Pflichtbeiträgen zuletzt für die Zeit von August 2007 bis Juli 2010 auf. Der Fünfjahreszeitraum lief damit am 31. Juli 2012 ab. Dieser Zeitraum verlängert sich nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI um drei Monate wegen der Anrechnungszeit der Arbeitslosigkeit von Juli bis September 2010, mithin bis 31. Oktober 2012. Für die Zeit ab 20. September 2010 liegen keine (Pflicht-)Beitragszeiten oder anderen rentenrechtlichen Zeiten mehr vor. Auch die Klägerin behauptet nicht, weitere rentenrechtliche Zeiten zurückgelegt zu haben.
Die Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist auch nicht nach § 43 Abs. 5 SGB VI entbehrlich. Danach ist eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (z.B. Arbeitsunfall, Wehr- oder Zivildienstbeschädigung; § 53 SGB VI). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Auch die Tatbestände des § 241 Abs. 2 SGB VI sind nicht erfüllt. Nicht jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung ist nach dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf vom 7. Juni 2016 mit rentenrelevanten Zeiten belegt. Schließlich ist die Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen für Zeiten vor dem 1. Januar 2013 wegen fruchtlosen Verstreichens der Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI nicht mehr möglich, so dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch nicht über § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI herbeigeführt werden können.
Daraus folgt, dass der Versicherungsfall der Erwerbsminderung spätestens am 31. Oktober 2012 eingetreten sein müsste, damit die erforderliche Vorversicherungszeit von mindestens drei Jahren Pflichtbeiträge innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren noch erfüllt wäre. Davon, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt eine (wenigstens teilweise) Erwerbsminderung bei der Klägerin eingetreten war, vermochte sich der Senat indes nicht zu überzeugen. Das Leistungsvermögen der Klägerin war bis zu diesem Zeitpunkt nicht dauerhaft – d.h. mehr als sechs Monate – auf unter sechs Stunden täglich gesunken.
(1) Die Klägerin leidet allerdings seit vielen Jahren unter verschiedenen Erkrankungen. So bestehen ein beidseitiges Schultergelenksleiden, das 2002 und 2007 operiert worden ist, degenerative Wirbelsäulenveränderungen ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen sowie eine medikamentös behandelte arterielle Hypertonie ohne kardiopulmonale Kompensationszeichen. Diese Diagnosen finden sich etwa bereits in dem im früheren Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. Z. vom 23. Oktober 2009 bzw. im Reha-Entlassungsbericht des Dr. M.-W. vom 2. Juni 2008; sie sind zuletzt vom gerichtlichen Sachverständige Dr. Sch. zusammenfassend festgehalten worden.
Hinsichtlich der auf psychiatrischem Fachgebiet vorliegenden Erkrankungen konnte sich der Senat jedoch angesichts der diskrepanten ärztlichen Äußerungen nicht die Überzeugung verschaffen, dass auf Dauer – d.h. mehr als sechs Monate – vor dem 31. Oktober 2012 eine Erkrankung vorlag, die über eine Somatisierungsstörung und eine Persönlichkeitsstörung hinausgeht. Die von der Klägerin geklagten und in den Vordergrund ihres Vorbringens gestellten Schmerzen sind von den im Laufe der Verfahren hinzugezogenen Ärzten unterschiedlich diagnostisch gewürdigt und eingeordnet worden. Dr. Möbius-W. ging in seinem Entlassungsbericht vom 2. Juni 2008 insoweit von einem chronischen Schmerzsyndrom vom Typ Fibromyalgie aus, Dr. St. in seinem Gutachten vom 23. November 2009 von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, Prof. Dr. E. in seinem Gutachten vom 14. September 2011 von einem depressiven Syndrom im Rahmen einer depressiven Episode mit somatischen Syndrom und in seinem Gutachten vom 30. Juni 2014 von einer agitierten depressiven Episode, Dr. Ge. in seinem Entlassungsbericht vom 25. September 2012 von einer chronifizierten mittelgradigen Episode und einem Fibromyalgie-Syndrom, Dr. Br. in seinem Gutachten vom 4. September 2013 von einer somatoformen Schmerzstörung und schließlich Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 20. Juli 2015 vom (bloßen) Verdacht auf eine Somatisierungsstörung. Angesichts dieser unterschiedlichen ärztlichen Diagnosen lässt sich eine schwerwiegende Erkrankung auf psychiatrischem Gebiet nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen; Zweifel gehen zu Lasten der Klägerin. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass Dr. Sch. eine Beschwerdeaggravation festgestellt hat.
Eine andere Überzeugung konnte sich der Senat insbesondere nicht aufgrund des Gutachtens des Dr. Fr. vom 26. Februar 2016 verschaffen. Dieses Gutachten ist bereits in Aufbau und Duktus schwer nachzuvollziehen, vermengt – teilweise schwer bis gar nicht zu unterscheiden – Ausführungen bezüglich der Klägerin mit allgemeinen, abstrakten Bemerkungen zu zahlreichen Diagnosen und Klassifikationssystemen. Dr. Fr. ist als Facharzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Anästhesiologie zudem jedenfalls aufgrund der Heilberufs- bzw. Kammergesetze der Länder nicht berechtigt, auf psychiatrischem Fachgebiet tätig zu werden. Sein Gutachten überzeugt daher – auch unter Berücksichtigung seiner ergänzenden Ausführungen – insgesamt nicht.
(2) Die festgestellten körperlichen Gesundheitsstörungen schränkten bis zum 31. Oktober 2012 das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin nur in qualitativer, nicht aber in zeitlicher Hinsicht ein.
Aufgrund des beidseitigen Schultergelenksleidens sowie der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen waren Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten in Armvorhalte oder Überkopfarbeiten sowie Tätigkeiten mit häufigem Bücken ausgeschlossen. Die Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung musste vorhanden sein. Arbeiten unter üblichen Akkord- und Fließbandbedingungen und Tätigkeiten in Wechsel- oder Nachtschicht waren möglich. Zeitliche Leistungseinschränkungen gingen damit nicht einher. Insofern folgt der Senat den schlüssigen Einschätzungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sch ...
Zeitliche Leistungseinschränkungen resultierten bis 31. Oktober 2012 auch nicht aus der Somatisierungsstörung und der Persönlichkeitsstörung der Klägerin. Auch insofern folgt der Senat der Einschätzung des Dr. Sch., der ausgeführt hat, dass kein ausreichender Grund für die Annahme einer Einschränkung des Durchhaltevermögens bei Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen besteht und eine wesentliche Änderung des Leistungsvermögens im Laufe der Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht eingetreten ist. Die rückblickende Beurteilung wird bestätigt von der Leistungseinschätzung des Dr. M.-W. in seinem Reha-Entlassungsbericht vom 2. Juni 2008, des Dr. Z. in seinem Gutachten vom 23. Oktober 2009, des Dr. St. in seinem Gutachten vom 23. November 2009 und des Dr. Br. in seinem Gutachten vom 18. September 2013. Davon, dass das Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden pro Tag gesunken war, wie dies Prof. Dr. E. in seinen Gutachten vom 14. September 2011 und vom 30. Juni 2014 sowie Dr. Ge. im Reha-Entlassungsbericht vom 25. September 2012 angenommen haben, und dass diese Absenkung zumindest sechs Monate andauerte, konnte sich der Senat nicht die notwendige Überzeugung verschaffen; auch insofern gehen Zweifel zu Lasten der Klägerin. Prof. Dr. E. konnte in seinen Gutachten nicht schlüssig darlegen, warum er ein Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich annimmt, ein Leistungsvermögen von sechsstündig und mehr aber nicht vorliegen soll. Auch dem Reha-Entlassungsbericht kann eine nachvollziehbare Begründung für ein quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen nicht entnommen werden. Psychische Erkrankungen können erst dann rentenrechtlich relevant werden, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) davon auszugehen ist, dass der/die Versicherte die psychischen Einschränkungen weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe dauerhaft überwinden kann (z.B. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 27. Juli 2016 – L 19 R 395/14 – juris, Rn. 54 m.w.N.). Jedenfalls bis zum 31. Oktober 2012 erfolgte eine intensive ambulante, teilstationäre oder gar stationäre psychiatrische Behandlung nicht und die Therapiemöglichkeiten waren bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht ausgeschöpft, wie sie aus den beiden Gutachten des Prof. Dr. E. ergibt.
Die arterielle Hypertonie schließlich ist medikamentös eingestellt, zeigte keine kardiopulmonalen Dekompensationszeichen und verursachte jedenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung. Dies entnimmt der Senat dem schlüssigen Gutachten des Sachverständigen Dr. Sch ...
(3) Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz vermittelt werden konnte oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 13 R 78/09 R – juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
(4) Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung lagen nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.
Dies war hier bis 31. Oktober 2012 nicht der Fall. Zwar lagen bei der Klägerin die aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen vor, diese sind jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen war bei der Klägerin vorhanden.
(5) Auch die Wegefähigkeit der Klägerin war gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Die Klägerin war in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus den ärztlichen Äußerungen ergeben sich keine Befunde, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit der Klägerin sprechen.
c) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderer Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z. B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 16; Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5 RJ 34/97 R – juris, Rn. 13; Urteil vom 20. Juli 2005 – B 13 RJ 19/04 R – juris, Rn. 15). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 17; Urteil vom 25. Juli 2001 – B 8 KN 14/00 R – juris, Rn. 15 f.) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem sogenannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 19). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 5/04 R – juris, Rn. 33).
(2) Die von der Klägerin zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Haushaltsgehilfin war keine Tätigkeit, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzte. Gegenteiliges hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.
Da die Klägerin allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann sie grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 – 5 RJ 50/94 – juris, Rn. 18; vgl. auch Beschluss des Senats vom 10. Oktober 2014 – L 4 R 3169/12 – nicht veröffentlicht).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 1. Mai 2013.
Die Klägerin ist am 1958 in der (damaligen) Sowjetunion geboren. Sie ist bei der Beklagten rentenversichert. Sie erlernte nach ihren Angaben in der Sowjetunion vom 1. September 1975 bis 19. Juli 1976 den Beruf der Näherin und übte diesen bis zur Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland am 26. November 1991 aus. In der Bundesrepublik Deutschland war sie als Näherin, als Zimmermädchen und zuletzt bis zum Jahr 2008 als Haushaltsgehilfin, zuletzt in einem Kloster beschäftigt. Bis 2. Juli 2010 bezog sie Arbeitslosengeld, anschließend war sie bis 19. September 2010 arbeitslos ohne Leistungsbezug. Danach sind im bei der Beklagten für die Klägerin geführten Versicherungsverlauf keine rentenrechtlichen Zeiten mehr vermerkt. Seit dem 16. November 2015 ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt.
Die Klägerin befand sich vom 20. Mai bis 10. Juni 2008 zur medizinischen Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik H. in B.-B ... Im Entlassungsbericht vom 2. Juni 2008 teilte Dr. M.-W. folgende Diagnosen mit: ein chronisches Schmerzsyndrom vom Typ Fibromyalgie, psychologische Faktoren bei Fibromyalgie, ein residuales Impingement-Syndrom nach subacromialer Dekompression im Dezember 2002 und November 2007, eine Schultergelenksarthrose rechts sowie ein pseudoradikuläres Halswirbelsäulensyndrom. Die Klägerin könne eine Tätigkeit als Schneiderin sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs und mehr Stunden täglich verrichten.
Am 17. September 2009 beantragte die Klägerin erstmals eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte den Antrag nach Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Allgemeinmedizin und für Anästhesiologie Dr. Z. vom 1. Dezember 2009 (Diagnosen: eine somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine Fibromyalgie sowie eine arterielle Hypertonie) und eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. St. vom 25. November 2009 (Diagnose: eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung), die beide von einer Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mehr als sechs Stunden pro Tag ausgingen, ab (Bescheid vom 8. Dezember 2009). Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. März 2010). Hiergegen erhob die Klägerin beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage (S 8 R 1685/10). Das SG wies die Klage nach schriftlicher Befragung der behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen mit Urteil vom 8. Dezember 2010 ab. Im daraufhin von der Klägerin angestrengten Berufungsverfahren beim erkennenden Senat (L 4 R 313/11) erstellte der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. E. auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 1. September 2011 ein psychiatrisches Gutachten vom 14. September 2011. Prof. Dr. E. diagnostizierte ein depressives Syndrom im Rahmen einer depressiven Episode mit somatischem Syndrom. Aktuell könne die Klägerin noch etwa vier Stunden berufstätig sein. Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 16. Februar 2012 schlossen die Beteiligten einen Vergleich des Inhalts, dass die Beklagte der Klägerin eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in einer Klinik mit psychiatrischem Schwerpunkt gewährt und die Klägerin ihre Berufung zurücknimmt.
Die Klägerin befand sich daraufhin vom 21. August bis 18. September 2012 zur medizinischen Rehabilitation in der Reha-Klinik Gl ... Im Entlassungsbericht vom 25. September 2012 teilte Dr. Ge. folgende Diagnosen mit: eine chronifizierte mittelgradige depressive Episode, ein Fibromyalgie-Syndrom, ein Zustand nach Schulteroperation rechts 2002 und 2007 sowie eine Sinustachykardie. Die Klägerin könne als Schneiderin nur noch unter drei Stunden und leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten.
Am 15. Mai 2013 beantragte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 21. Mai 2013 ab, weil die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente nicht erfüllt seien. Bei einem unterstellten Eintritt der Erwerbsminderung am 15. Mai 2013 seien in der Zeit vom 1. März 2008 bis zum 14. Mai 2013 nur 29 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt.
Hiergegen erhob die Klägerin am 24. Mai 2013 Widerspruch. Als spätester Zeitpunkt für den Eintritt der Erwerbsminderung sei der 21. August 2012 zu berücksichtigen. An diesem Tag sei die medizinische Rehabilitationsmaßnahme begonnen worden, an deren Ende trotz Durchführung der Maßnahmen das quantitative Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden pro Tag eingeschätzt worden sei.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. Br. auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 4. September 2013 unter dem 18. September 2013 ein nervenfachärztliches Gutachten. Er diagnostizierte eine somatoforme Schmerzstörung (mit konversionsneurotischer Färbung), eine Neigung zur konversionsneurotischer Beschwerdebildung/Ausweitung (in breiter Überlappung mit nicht der willentlichen Kontrolle entzogenem, inkonsistenten, zum Teil auch grob demonstrativem Krankheitsverhalten) sowie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (mit auch bereits vorbeschriebenen histrionischen, aber auch aggressionsgehemmten Zügen sowie nur niedrigem Persönlichkeitsstrukturniveau). Er stellte außerdem Hinweise für ein "ganz blandes" Carpaltunnelsyndrom beidseits (klinisch keine überdauernden sensomotorischen Ausfälle, der neurographische Befund sei nur sehr diskret ausgeprägt, sei einer spezifischen Therapie zugänglich, begründe keine weiterreichenden überdauernden Leistungseinschränkungen) sowie eine dargebotene schmerzhafte Bewegungseinschränkung in den Schultergelenken bei Zustand nach orthopädisch begründetem Eingriff rechts 2002 und 2007 fest. Aus nervenärztlicher Sicht (ungeachtet der orthopädischen Beurteilung) könne die Klägerin leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten zu ebener Erde auch weiterhin vollschichtig verrichten, jedoch nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen, ohne ständigen Zeitdruck, ohne ständige nervöse Anspannung, auch ohne andere Stressfaktoren wie Nacht- oder Wechselschicht und ohne überdurchschnittlich fordernde soziale Interaktionen.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2013 zurück. Es hätten sich keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch weniger als sechs Stunden oder weniger als drei Stunden täglich arbeiten könne. Es läge auch keine Berufsunfähigkeit vor. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Haushaltsgehilfin sei keine Tätigkeit als Facharbeiter oder in einer gehobenen angelernten Tätigkeit gewesen. Die Klägerin gehöre zum Kreis der ungelernten Arbeiter und könne deshalb auf alle gesundheitlich zumutbaren ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 22. November 2013 Klage beim SG. Sie verwies auf den Entlassungsbericht des Dr. Ge. vom 25. September 2012. Die Beschwerden hätten in der Folge weiter zugenommen, so dass sogar eine stationäre Aufnahme in der O.-Klinik A. vom 12. bis 15. Dezember 2012 erforderlich geworden sei. Auch die behandelnde Neurologin Dr. Wu. gebe an, dass der Aufenthalt in der Reha-Klinik Gl. keine Besserung des Beschwerdebildes gebracht habe. Insofern sei das "Parteigutachten" der Beklagten vom 18. September 2013 nicht nachvollziehbar. Es sei vielmehr festzustellen, dass nunmehr alle, gerade auch psychotherapeutischen Maßnahmen nicht geeignet gewesen seien, ihr Leistungsvermögen wieder herzustellen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N. vom 21. Januar 2015 vor.
Das SG bestellte Prof. Dr. E. von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen. Dieser erstattete auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 12. Juni 2014 unter dem 30. Juni 2014 ein psychiatrisches Gutachten. Die Klägerin leide immer noch unter einer depressiven Episode. Es handele sich um eine agitierte depressive Episode und um eine endogene Depression. Affektivität, Antrieb, Denken und Kognition sowie die Schmerzwahrnehmung seien beeinträchtigt. Es handele sich nicht um eine seelisch bedingte Störung, sondern um eine Erkrankung des Organs Gehirn. Sie könne nicht durch eine Willensanstrengung aus eigener Kraft überwunden werden. Durch eine Willensanstrengung könne aber eine entsprechende Therapie mit Psychopharmaka begonnen werden. Aktuell seien Tätigkeiten nur noch drei bis weniger als sechs Stunden täglich möglich. Im Vorgutachten sei dies durch die Antriebshemmung mit vorzeitigem Versiegen der Energie begründet worden. Auf die fehlende Therapie und die fehlende Dauerhaftigkeit bei dieser Leistungseinschätzung sei hingewiesen worden. Es sei weiterhin eine wesentliche Besserung zu erwarten, so dass die genannten Einschränkungen ganz oder teilweise entfielen. Er halte ausdrücklich eine psychiatrische Pharmakotherapie für erforderlich mit allen Maßnahmen bei Therapieresistenz.
Das SG befragte sodann Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Wu. schriftlich als sachverständige Zeugin bezüglich des Zeitraumes ab dem 1. Januar 2012. Dr. Wu. berichtete unter dem 5. Januar 2015, dass sie die Klägerin am 19. Juni 2012, am 14. Januar 2013, am 8. April 2014 und zuletzt am 5. September 2014 untersucht habe. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin schon bei der ersten Untersuchung bei ihr ab dem 1. Januar 2012 bei mehreren Ärzten und in mehreren Gesundheitsinstitutionen in Behandlung gewesen sei – und dies nach Angaben der Klägerin ohne jeden Erfolg – und da die Klägerin schon früher bei ihr gewesen sei, sie probatorisch bereits 2010 Mirtazapin angesetzt habe, die Klägerin die Diagnose einer Depression abgelehnt und das von ihr verordnete Mirtazapin nur unregelmäßig und dann schließlich gar nicht mehr eingenommen habe, habe sie sich auf die neurologische Seite beschränkt, wo sie nichts die Arbeitsfähigkeit Beeinträchtigendes habe feststellen können. Bei der letzten Untersuchung am 5. September 2014, als die Klägerin gekommen sei, um eine Stellungnahme zum Gutachten des Prof. Dr. E. zu erhalten, habe sie der Klägerin dringend geraten, das von ihr im Hinblick auf das von Prof. Dr. E. in seinem Gutachten als nur schwach antidepressiv bezeichnete Mirtazapin angesetzte Duloxetin einzunehmen, welches die Klägerin nach vier Wochen wegen Durchfalls und Appetitlosigkeit abgesetzt habe. Eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik habe die Klägerin mit der Begründung der Pflege ihres betagten Vaters abgelehnt. Wenn man, wie Prof. Dr. E., von einer endogenen Depression ausgehe, so sei seinem Gutachten voll zuzustimmen. Indiziert sei eine Psychopharmakotherapie durch einen Psychiater, wenn erfolglos oder schwer durchführbar, in einer psychiatrischen (nicht psychosomatischen) Klinik, schon gar nicht im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme. Es komme auf Sachkunde und Erfahrung mit diesen Medikamenten und der Krankheit an.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. Februar 2015 ab. Die Klägerin leide unter einer depressiven Episode bei endogener Depression. Das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung habe jedoch nicht bestätigt werden können. Auf Grund der Erkrankung seien der Klägerin nur noch körperlich leichte Tätigkeiten ohne Schichtarbeit und ohne geistige Anforderung zumutbar. Aktuell sei das Leistungsvermögen auch quantitativ auf drei bis weniger als sechs Stunden täglich limitiert. Das Leistungsvermögen unterliege jedoch einer Fluktuation. Eine dauerhafte zeitliche Minderung könne nicht bestätigt werden. Im Falle der Erkrankung der Klägerin bestünden sehr gute Behandlungsmöglichkeiten, die noch nicht ausgeschöpft seien. Es sei eine Psychopharmakatherapie indiziert. Bei Durchführung der Behandlung sei mit einer wesentlichen Besserung der bestehenden Einschränkung der Leistungsfähigkeit zu rechnen.
Gegen den ihr am 18. Februar 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 14. März 2015 Berufung eingelegt. Das erstinstanzliche Urteil lasse eine Auseinandersetzung mit der Vorschrift des § 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) vermissen. Das SG übernehme zudem völlig unkritisch das Ergebnis des Gutachtens von Prof. Dr. E ... Sie habe verschiedene Psychopharmaka unter Aufsicht der Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Dr. Ste. versuchsweise verordnet bekommen. Sie habe die Medikamente Duloxepin, Pregabalin, Amipriflin, Gabapentin, Opipramol etc. allesamt nicht vertragen. Sie nehme aktuell 15 mg Mirtazapin, was sie ausreichend vertrage, wenngleich ärztlicherseits derzeit weiterhin von einer chronischen Schmerzerkrankung und dauerhaften Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werde. Sämtliche Behandlungsmöglichkeiten seien ganz offensichtlich nunmehr ausgeschöpft. Das Gutachten des Facharztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. (dazu sogleich) sei völlig ungeeignet, Aussagen zu ihrer Erwerbsfähigkeit zu treffen, da der Sachverständige letztendlich die Existenz der Erkrankung Fibromyalgie unter Hinweis auf die Aussagen anderer Fachärzte verneine. Die damit einhergehende Verunglimpfung ihrer Person, die nur dem Arbeitsmarkt entfliehen wolle und somit Simulantin sei, sei schlichtweg nach den heutigen wissenschaftlichen Fakten zu dieser Erkrankung nicht haltbar. Die Klägerin hat einen Arztbrief der Dr. Ste. vom 1. April 2015 (Diagnosen: eine Fibromyalgie, Kopfschmerzen, eine Somatisierungsstörung, eine Dysthymia, eine somatisierte Depression sowie eine somatoforme Schmerzstörung) und einen Arztbrief der Internistin Dr. V. vom 2. März 2015 (Diagnosen: eine Fibromyalgie sowie eine Depression) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Februar 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2013 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Mai 2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass Berufsschutz nicht vorliege. Die Klägerin sei zuletzt als Zimmermädchen und Haushaltsgehilfin beschäftigt gewesen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente seien zuletzt am 31. Oktober 2012 erfüllt gewesen. Die Frist zur Zahlung freiwilliger Beiträge für Zeiten vor dem 1. Januar 2013 sei bereits fruchtlos verstrichen. Die Klägerin sei auf die Möglichkeit, Beiträge nachzuentrichten, in der Anlage des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2010 hingewiesen worden. Sie hat eine sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. N. vom 10. März 2016 zu dem Gutachten des Facharztes für Anästhesiologie und Allgemeinmedizin Dr. Fr. (dazu sogleich) vorgelegt. Dr. Fr. gebe offensichtlich nur subjektive Beschwerdeangaben wieder, jedoch keine Erkrankung im Sinne des ICD-10, da eine entsprechende diagnostische Zuordnung nicht vorgelegt werde. Im Weiteren äußere sich Dr. Fr. im Sinne einer Diagnostik psychischer Erkrankungen, wofür er keine Facharztkompetenz besitze. Es werde eine "akute traumatisierende Belastungsreaktion" festgestellt, die drei Mal in eine Anpassungsstörung übergegangen sei. Diese Art der Diagnose sei in der Lehre des Fachgebietes für Psychiatrie nicht bekannt. Hier äußere sich Dr. Fr. offensichtlich auf einem Gebiet, das er nicht beherrsche. Des Weiteren bestünde eine körperliche Belastungsstörung, welche nach Auffassung des Dr. Fr. mit F45.2 nach DSM-5 (5. Auflage des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) zu kodieren sei. Auch diese Form der Diagnose sei in den gängigen psychiatrischen Klassifikationssystemen nicht bekannt, so dass das Gutachten insgesamt gar nicht gewertet werden könne, weil Symptome festgestellt würden, die es aus fachpsychiatrischer Sicht gar nicht gebe. Auf was sich Dr. Fr. überhaupt beziehe, werde aus fachpsychiatrischer Sicht nicht klar. Der Diagnoseschlüssel F45.1 erbringe im ICD-10 eine undifferenzierte Somatisierungsstörung, die allerdings nicht belegt sei. Es gebe natürlich das Krankheitsbild einer posttraumatischen Belastungsstörung, die allerdings auch hier nicht hervortrete. Des Weiteren werde eine persistierende depressive Störung festgestellt, die als Dysthymia gefasst worden sei. Diese Diagnose sei nach Aktenlage bereits diskutiert worden, umfasse einen Verstörungszustand, der nicht die Kriterien einer wenigstens leichten depressiven Episode erfülle. Die mitgeteilten Beschwerden der Klägerin passten zu keiner der von Dr. Fr. erhobenen psychischen Erkrankungen, auch wenn diese mangels der üblichen Nomenklatur nicht recht verständlich seien. Abgesehen von den subjektiven Beschwerdeangaben von Schmerzen werde noch eine Reihe von Medikamenten in der Anamnese erhoben, die allerdings allesamt nicht mit einer Plasmaspiegelbestimmung validiert würden. Dr. Fr. vermische im Übrigen philosophische Vorstellungen, subjektive Beschwerdeangaben, wissenschaftstheoretische Ausführungen und Allgemeinplätze.
Der Senat hat Dr. Sch. von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Er hat auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 20. Juli 2015 unter dem 24. Juli 2015 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstattet. Er hat auf seinem Fachgebiet einen Verdacht auf Somatisierungsstörung, eine Beschwerdeaggravation bei Rentenbegehren, eine Persönlichkeitsakzentuierung mit vor allem hyperthymen Persönlichkeitsanteilen sowie Hinweise für ein blandes Sulcus ulnaris-Syndrom rechts ohne relevante sensomotorische Ausfälle diagnostiziert. Sonstige Diagnosen seien degenerative Wirbelsäulenveränderungen ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallsymptomatik, Schultergelenksleiden beidseits (Zustand nach zweimaliger Schultergelenksoperation rechts) sowie eine arterielle Hypertonie (medikamentös behandelt, keine kardiopulmonale Dekompensationszeichen). Bei der neurologischen Untersuchung hätte sich intermittierend zweifelsfrei Aggravations- bzw. Simulationsverhalten gezeigt. Dieses Verhalten schränke zum einen die Beurteilbarkeit tatsächlich vorhandener Läsionen ein. Zum anderen lasse es dann aber auch Rückschlüsse auf die Authenzität der anamnestischen Angaben zu. Der psychopathologische Befund sei im Wesentlichen unauffällig gewesen. Es hätten sich keine Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung gezeigt. Die Klägerin sei durchgehend sehr lebhaft und redselig gewesen. Kognitive oder anamnestische Defizite hätten nicht erhoben werden können. Für eine hirnorganisch bedingte psychische Symptomatik hätte sich kein Anhalt ergeben. In der Grundstimmung sei die Klägerin ausgeglichen gewesen. Die affektive Resonanzfähigkeit sei nicht eingeschränkt gewesen. In ihrer Grundpersönlichkeit wirke die Klägerin hyperthym bzw. lebhaft. So habe sie sich auch selbst beschrieben. Somatisierungstendenzen seien prinzipiell möglich. Für eine Persönlichkeitsstörung oder für eine sozialmedizinisch relevante Suchterkrankung hätte sich in der Gutachtenssituation aber kein ausreichender Anhalt ergeben. In Zusammenschau der Aktenlage, der Anamnese und der jetzt erhobenen Untersuchungsbefunde bestehe der Verdacht auf eine Somatisierungsstörung der Klägerin. Somatisierung bedeutet die Umwandlung von psychischen Konflikten in die körperlich wirkenden (somatoformen) Symptome. Zumeist finde sich hierbei überhaupt keine körperliche Ursache. Eingeschlossen in die Definition sollten wiederum auch solche Fälle sein, bei denen ursprünglich ein Körperschaden bestanden habe bzw. die objektivierbaren körperlichen Schäden des Beschwerdebild nicht ausreichend erklärten. Der Ausgangsgrad der seelischen Symptomatik sei insgesamt als gering bis leicht einzustufen. Auch unter Berücksichtigung fachfremder Diagnosen bzw. Funktionsbeeinträchtigungen könne die Klägerin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Arbeitshaltungen verrichten. Zwangshaltungen der Wirbelsäule seien zu vermeiden. Die Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung sollte bestehen. Auf Grund der Schultergelenksbeschwerden beidseits seien Tätigkeiten in Armvorhalte oder Überkopfarbeiten nicht vertretbar. Ein häufiges Bücken sei nicht leidensgerecht. Arbeiten unter üblichen Akkord- und Fließbandbedingungen seien leidensgerecht. Tätigkeiten unter Wechselschicht oder in Nachtschicht seien möglich. Widrige klimatische Bedingungen seien zeitweise möglich. Das Verantwortungsbewusstsein und die geistige Flexibilität seien nicht eingeschränkt. Die Klägerin habe hier eine sehr gut Flexibilität gezeigt. Auch das psychische Leistungsvermögen sei nicht relevant eingeschränkt. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Klägerin sei durchaus in der Lage, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anzutreten. Es bestehe kein ausreichender Grund für die Annahme einer Einschränkung des Durchhaltevermögens bei Berücksichtigung der Einschränkung in qualitativem Leistungsbild. Es bestehe ein arbeitstägliches Leistungsvermögen ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit für mindestens sechs Stunden unter Berücksichtigung des qualitativen Leistungsbildes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche. Für eine wesentliche Änderung des Leistungsvermögens im laufenden Rentenverwaltungsverfahren bzw. in den Rechtsverfahren ergebe sich kein ausreichender Anhalt. Die Beurteilung von Prof. Dr. E. teile er nicht. Aus dessen Gutachten gehe nicht schlüssig hervor, warum ein Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich angenommen werde, ein Leistungsvermögen von sechsstündig und mehr aber nicht vorliegen solle.
Der Senat hat sodann auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Dr. Fr. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Er hat unter dem 26. Februar 2016 auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 12. November 2015 ein ärztliches Gutachten erstattet. Er hat eine akute traumatisierende Belastungsreaktion, die zwei- bis dreimal in eine Anpassungsstörung übergegangen sei (2002, 2007), eine körperliche Belastungsstörung, hyperalgetische neuro-muskuläre Triggerpunkte, eine persistierende depressive Störung, eine Störung mit funktioneller neurologische Symptomatik, eine Panikstörung, eine anankastische Persönlichkeitsstörung, eine sensomotorische Neuropathie als Teil chronischer Rückenschmerzen, eine Schultersteife rechts, eine Defektarthropathie rechts und Schäden der linken Schulter, Kopfschmerz vom Spannungstyp mit erheblichem Medikamentenübergebrauch, degenerative Veränderungen des Achsenorgans und des Bewegungssystems sowie eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Erwachsenenalter diagnostiziert. Die quantitative Leistungsfähigkeit betrage mehr als drei, aber weniger als sechs Stunden werktäglich. Diese quantitative Leistungsminderung bestehe seit 2009/2010. Die Befunde ergäben erhebliche Beeinträchtigungen, nicht zuletzt auf dem Boden andauernder chronifizierter Schmerzen, die psychosoziale Folgen nach sich zögen. Es gehe nicht nur um Schmerzempfinden quer durch den ganzen Körper mit Beeinträchtigungen im Halte- und Bewegungssystem, sondern auch um eine depressive Symptomatik mit körperlichen Beeinträchtigungen und melancholischen Merkmalen. Zu beachten sei auch die Beeinträchtigung der Schulterfunktionen beidseits. Es handele sich um einen behandelbaren Zustand, dessen Bearbeitung aber mindestens zwei, drei bis fünf Jahre in Anspruch nehmen werde. Die aufgezeigten Therapieanstrengungen seien bisher nicht ausgenutzt worden.
Auf Antrag der Klägerin hat Dr. Fr. unter dem 15. Oktober 2016 zu den Einwendungen der Beklagten gegen sein Gutachten Stellung genommen und sein Gutachten verteidigt. Im Rahmen der von ihm jährlich absolvierten Fortbildungen habe er das Augenmerk immer auf psychologische/psychiatrische und psychosomatische Themen gerichtet. Außerdem sei er nach internationalen Standards ausgebildeter Schmerzmediziner. Entgegen der Ausführungen von Dr. N. habe er eine akute traumatisierende Belastungsstörung nicht festgestellt. Weitere Fehlzitate seien anzuführen. Er habe keine Kodierung nach F42.2, sondern nach F45.1 nach DSM-5 vorgenommen. Dr. N. fehlten aktuelle Fachkenntnisse. Er habe alle aufgeführten Diagnosen zutreffend gestellt. Die genannten Klassifizierungen seien einschlägig. Dr. N. versuche dagegen, ihn mit dem Argument "fachfremd" fertig zu machen und scheue keine Verunglimpfungen, Verdrehungen bzw. Behauptungen. Schmerzangaben seien immer subjektiv. Ein Schmerzzustand bedeute aber immer erhebliche Beeinträchtigungen und immer psychosoziale Folgen. Dieser werde eingebettet in einen Gesamtkrankheitszustand und nach Stimmigkeit und Konsistenz evtl. in einen quantitativen Impakt auf die Leistungsfähigkeit in der Zeiteinheit überführt. Eine Plasmaspiegelbestimmung habe er nicht für notwendig erachtet, da hier Schmerzmittel kaum indiziert seien und eingenommen würden. Anders als es Dr. N. behaupte, habe er aber eine vollständige Medikamentenanamnese durchgeführt. Er habe die bekannten, etablierten Ergebnisse der psychosomatischen und schmerzbezogenen Forschung nach den Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG) in die Begutachtung einbezogen.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung bedarf, weil die Klägerin Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), ist auch im Übrigen zulässig.
2. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 21. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2013 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Mai 2013 (vgl. § 99 Abs. 1 SGB VI).
a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
b) Ausgehend davon kann die Klägerin eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI nicht beanspruchen.
Nach dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf vom 7. Juni 2016 lagen bei der Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI letztmalig am 31. Oktober 2012 vor. Nach diesem Versicherungsverlauf weist die Klägerin 36 Monate Zeit mit Pflichtbeiträgen zuletzt für die Zeit von August 2007 bis Juli 2010 auf. Der Fünfjahreszeitraum lief damit am 31. Juli 2012 ab. Dieser Zeitraum verlängert sich nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI um drei Monate wegen der Anrechnungszeit der Arbeitslosigkeit von Juli bis September 2010, mithin bis 31. Oktober 2012. Für die Zeit ab 20. September 2010 liegen keine (Pflicht-)Beitragszeiten oder anderen rentenrechtlichen Zeiten mehr vor. Auch die Klägerin behauptet nicht, weitere rentenrechtliche Zeiten zurückgelegt zu haben.
Die Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist auch nicht nach § 43 Abs. 5 SGB VI entbehrlich. Danach ist eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (z.B. Arbeitsunfall, Wehr- oder Zivildienstbeschädigung; § 53 SGB VI). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Auch die Tatbestände des § 241 Abs. 2 SGB VI sind nicht erfüllt. Nicht jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung ist nach dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf vom 7. Juni 2016 mit rentenrelevanten Zeiten belegt. Schließlich ist die Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen für Zeiten vor dem 1. Januar 2013 wegen fruchtlosen Verstreichens der Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI nicht mehr möglich, so dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch nicht über § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI herbeigeführt werden können.
Daraus folgt, dass der Versicherungsfall der Erwerbsminderung spätestens am 31. Oktober 2012 eingetreten sein müsste, damit die erforderliche Vorversicherungszeit von mindestens drei Jahren Pflichtbeiträge innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren noch erfüllt wäre. Davon, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt eine (wenigstens teilweise) Erwerbsminderung bei der Klägerin eingetreten war, vermochte sich der Senat indes nicht zu überzeugen. Das Leistungsvermögen der Klägerin war bis zu diesem Zeitpunkt nicht dauerhaft – d.h. mehr als sechs Monate – auf unter sechs Stunden täglich gesunken.
(1) Die Klägerin leidet allerdings seit vielen Jahren unter verschiedenen Erkrankungen. So bestehen ein beidseitiges Schultergelenksleiden, das 2002 und 2007 operiert worden ist, degenerative Wirbelsäulenveränderungen ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen sowie eine medikamentös behandelte arterielle Hypertonie ohne kardiopulmonale Kompensationszeichen. Diese Diagnosen finden sich etwa bereits in dem im früheren Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. Z. vom 23. Oktober 2009 bzw. im Reha-Entlassungsbericht des Dr. M.-W. vom 2. Juni 2008; sie sind zuletzt vom gerichtlichen Sachverständige Dr. Sch. zusammenfassend festgehalten worden.
Hinsichtlich der auf psychiatrischem Fachgebiet vorliegenden Erkrankungen konnte sich der Senat jedoch angesichts der diskrepanten ärztlichen Äußerungen nicht die Überzeugung verschaffen, dass auf Dauer – d.h. mehr als sechs Monate – vor dem 31. Oktober 2012 eine Erkrankung vorlag, die über eine Somatisierungsstörung und eine Persönlichkeitsstörung hinausgeht. Die von der Klägerin geklagten und in den Vordergrund ihres Vorbringens gestellten Schmerzen sind von den im Laufe der Verfahren hinzugezogenen Ärzten unterschiedlich diagnostisch gewürdigt und eingeordnet worden. Dr. Möbius-W. ging in seinem Entlassungsbericht vom 2. Juni 2008 insoweit von einem chronischen Schmerzsyndrom vom Typ Fibromyalgie aus, Dr. St. in seinem Gutachten vom 23. November 2009 von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, Prof. Dr. E. in seinem Gutachten vom 14. September 2011 von einem depressiven Syndrom im Rahmen einer depressiven Episode mit somatischen Syndrom und in seinem Gutachten vom 30. Juni 2014 von einer agitierten depressiven Episode, Dr. Ge. in seinem Entlassungsbericht vom 25. September 2012 von einer chronifizierten mittelgradigen Episode und einem Fibromyalgie-Syndrom, Dr. Br. in seinem Gutachten vom 4. September 2013 von einer somatoformen Schmerzstörung und schließlich Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 20. Juli 2015 vom (bloßen) Verdacht auf eine Somatisierungsstörung. Angesichts dieser unterschiedlichen ärztlichen Diagnosen lässt sich eine schwerwiegende Erkrankung auf psychiatrischem Gebiet nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen; Zweifel gehen zu Lasten der Klägerin. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass Dr. Sch. eine Beschwerdeaggravation festgestellt hat.
Eine andere Überzeugung konnte sich der Senat insbesondere nicht aufgrund des Gutachtens des Dr. Fr. vom 26. Februar 2016 verschaffen. Dieses Gutachten ist bereits in Aufbau und Duktus schwer nachzuvollziehen, vermengt – teilweise schwer bis gar nicht zu unterscheiden – Ausführungen bezüglich der Klägerin mit allgemeinen, abstrakten Bemerkungen zu zahlreichen Diagnosen und Klassifikationssystemen. Dr. Fr. ist als Facharzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Anästhesiologie zudem jedenfalls aufgrund der Heilberufs- bzw. Kammergesetze der Länder nicht berechtigt, auf psychiatrischem Fachgebiet tätig zu werden. Sein Gutachten überzeugt daher – auch unter Berücksichtigung seiner ergänzenden Ausführungen – insgesamt nicht.
(2) Die festgestellten körperlichen Gesundheitsstörungen schränkten bis zum 31. Oktober 2012 das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin nur in qualitativer, nicht aber in zeitlicher Hinsicht ein.
Aufgrund des beidseitigen Schultergelenksleidens sowie der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen waren Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten in Armvorhalte oder Überkopfarbeiten sowie Tätigkeiten mit häufigem Bücken ausgeschlossen. Die Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung musste vorhanden sein. Arbeiten unter üblichen Akkord- und Fließbandbedingungen und Tätigkeiten in Wechsel- oder Nachtschicht waren möglich. Zeitliche Leistungseinschränkungen gingen damit nicht einher. Insofern folgt der Senat den schlüssigen Einschätzungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sch ...
Zeitliche Leistungseinschränkungen resultierten bis 31. Oktober 2012 auch nicht aus der Somatisierungsstörung und der Persönlichkeitsstörung der Klägerin. Auch insofern folgt der Senat der Einschätzung des Dr. Sch., der ausgeführt hat, dass kein ausreichender Grund für die Annahme einer Einschränkung des Durchhaltevermögens bei Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen besteht und eine wesentliche Änderung des Leistungsvermögens im Laufe der Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht eingetreten ist. Die rückblickende Beurteilung wird bestätigt von der Leistungseinschätzung des Dr. M.-W. in seinem Reha-Entlassungsbericht vom 2. Juni 2008, des Dr. Z. in seinem Gutachten vom 23. Oktober 2009, des Dr. St. in seinem Gutachten vom 23. November 2009 und des Dr. Br. in seinem Gutachten vom 18. September 2013. Davon, dass das Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden pro Tag gesunken war, wie dies Prof. Dr. E. in seinen Gutachten vom 14. September 2011 und vom 30. Juni 2014 sowie Dr. Ge. im Reha-Entlassungsbericht vom 25. September 2012 angenommen haben, und dass diese Absenkung zumindest sechs Monate andauerte, konnte sich der Senat nicht die notwendige Überzeugung verschaffen; auch insofern gehen Zweifel zu Lasten der Klägerin. Prof. Dr. E. konnte in seinen Gutachten nicht schlüssig darlegen, warum er ein Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich annimmt, ein Leistungsvermögen von sechsstündig und mehr aber nicht vorliegen soll. Auch dem Reha-Entlassungsbericht kann eine nachvollziehbare Begründung für ein quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen nicht entnommen werden. Psychische Erkrankungen können erst dann rentenrechtlich relevant werden, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) davon auszugehen ist, dass der/die Versicherte die psychischen Einschränkungen weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe dauerhaft überwinden kann (z.B. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 27. Juli 2016 – L 19 R 395/14 – juris, Rn. 54 m.w.N.). Jedenfalls bis zum 31. Oktober 2012 erfolgte eine intensive ambulante, teilstationäre oder gar stationäre psychiatrische Behandlung nicht und die Therapiemöglichkeiten waren bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht ausgeschöpft, wie sie aus den beiden Gutachten des Prof. Dr. E. ergibt.
Die arterielle Hypertonie schließlich ist medikamentös eingestellt, zeigte keine kardiopulmonalen Dekompensationszeichen und verursachte jedenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung. Dies entnimmt der Senat dem schlüssigen Gutachten des Sachverständigen Dr. Sch ...
(3) Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz vermittelt werden konnte oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 13 R 78/09 R – juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
(4) Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung lagen nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.
Dies war hier bis 31. Oktober 2012 nicht der Fall. Zwar lagen bei der Klägerin die aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen vor, diese sind jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen war bei der Klägerin vorhanden.
(5) Auch die Wegefähigkeit der Klägerin war gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Die Klägerin war in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus den ärztlichen Äußerungen ergeben sich keine Befunde, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit der Klägerin sprechen.
c) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderer Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z. B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 16; Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5 RJ 34/97 R – juris, Rn. 13; Urteil vom 20. Juli 2005 – B 13 RJ 19/04 R – juris, Rn. 15). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 17; Urteil vom 25. Juli 2001 – B 8 KN 14/00 R – juris, Rn. 15 f.) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem sogenannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 19). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 5/04 R – juris, Rn. 33).
(2) Die von der Klägerin zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Haushaltsgehilfin war keine Tätigkeit, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzte. Gegenteiliges hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.
Da die Klägerin allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann sie grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 – 5 RJ 50/94 – juris, Rn. 18; vgl. auch Beschluss des Senats vom 10. Oktober 2014 – L 4 R 3169/12 – nicht veröffentlicht).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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