L 12 AS 1856/17 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 1216/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 1856/17 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.04.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen vom Antragsgegner geltend gemachten Erstattungsanspruch nach endgültiger Festsetzung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 1.088,69 EUR.

Die Antragsteller (Vater und Tochter) bezogen als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft im Zeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Mit Bescheid vom 12.12.2014 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller zu 1 vorläufig Leistungen, da er Einkommen in unterschiedlicher Höhe erzielte. Auch die Änderungsbescheide vom 12.05.2015 und 25.06.2015 ergingen vorläufig. Im Juli 2015 zog die Antragstellerin zu 2 (wieder) beim Antragsteller zu 1 ein. Mit Änderungsbescheiden vom 04.8.2015, 10.09.2015, 17.09.2015 und 19.11.2015 wurden nun auch unter Berücksichtigung der Antragstellerin zu 2 vorläufig Leistungen bewilligt mit dem Hinweis, dass ein erneuter Bescheid erteilt werde, sobald über den Antrag endgültig entschieden werden könne und dass ggf. zu viel bewilligte Leistungen erstattet werden müssten.

Nach Vorlage aller Einkommensnachweise für das Jahr 2015 setzte der Antragsgegner die zustehenden Leistungen für das Jahr 2015 mit Bescheid vom 18.12.2015 für die Zeit vom 01.01.2015 bis 31.12.2015 endgültig fest und stellte mit weiterem Bescheid vom 18.12.2015 eine Gesamtüberzahlung von 1.088,69 EUR fest, die die Antragsteller erstatten hätten, dabei entfielen auf den Antragsteller zu 1 insgesamt 755,83 EUR auf die Antragstellerin zu 2 insgesamt 332,86 EUR.

Hiergegen erhob der Antragsteller zu 1 mit Schreiben vom 13.01.2016 Widerspruch. Ihm sei in der Vergangenheit Einkommen in Höhe von 350,00 EUR angerechnet worden. Wenn er Urlaub habe oder es (nicht jährlich) Weihnachtsgeld gebe, erhöhe sich der Auszahlungsbetrag. Außerdem habe sich der Auszahlungsbetrag ab 01.01.2015 wegen des Mindestlohns erhöht; den neuen Arbeitsvertrag habe er im April oder Mai 2015 eingereicht. Er habe die Überzahlung nicht verschuldet und gehe davon aus, dass sie ihm nicht zuzurechnen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2017 wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück. Im Rahmen der endgültigen Berechnung des Leistungsanspruchs seien keine Berechnungsfehler festzustellen und im Übrigen auch nicht vom Widerspruchsführer vorgetragen worden. Vertrauensschutz oder ein Verschuldenserfordernis seien bei einer Erstattung aufgrund endgültiger Festsetzung gem. § 40 SGB II (a. F.) i.V.m. § 328 Abs. 3 SGB II nicht relevant.

Am 11.04.2016 haben die Antragsteller Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, die unter dem Az. S 15 AS 1215/17 gerührt wird. Gleichzeitig haben sie "Antrag auf einstweilige Anordnung" im vorliegenden Verfahren gestellt.

Der Antragsgegner hat im Verfahren vor dem SG vorgetragen, der Antrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Er verstehe das Schreiben als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 15.03.2017. Nachdem Widerspruch und Klage bereits gem. § 86a Abs. 1 S. 1 SGG aufschiebende Wirkung hätten, bedürfe es keiner einstweiligen Anordnung. Eine Mahnsperre sei bereits gesetzt.

Mit Beschluss vom 21.04.2017 hat das SG den Antrag abgelehnt. Der Anfechtungsklage komme bereits aufschiebende Wirkung zu, so dass es des Antrags nicht bedürfe. Auch eine Feststellung der aufschiebenden Wirkung sei nicht erforderlich, da der Antragsgegner keine Vollziehungsmaßnahmen beabsichtige.

Gegen den Beschluss wenden sich die Antragsteller mit ihrer Beschwerde vom 28.04.2017, eingegangen beim SG am 04.05.2017. Dem Antragsgegner hätten alle Unterlagen rechtzeitig vorgelegen. Die Probleme seien erst entstanden, als er in den Bereich des Antragsgegners verzogen sei.

Wegen der Einzelheiten im Sachverhalt sowie im Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist statthaft, denn auch in der Hauptsache wäre die Berufung zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstands mehr als 750 EUR beträgt (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und insgesamt zulässig.

Die Beschwerde ist in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht angenommen, dass kein Rechtsschutzbedürfnis vorliegt.

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Einer solchen Anordnung bedarf es hier jedoch nicht, da der Klage der Antragsteller im Verfahren S 15 AS 1215/17 bereits nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG bereits aufschiebende Wirkung zukommt.

Diese grundsätzlich für alle Anfechtungsklagen geltende aufschiebende Wirkung ist im vorliegenden Fall auch nicht nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 SGB II entfallen. Zwar bestimmt § 39 Nr. 1 SGB II, dass Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben gegen einen Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt. Dies gilt jedoch nicht für Erstattungsbescheide (BT-Drs. 16/10810, S. 50; LSG Nordrhein-Westfalen v. 30.09.2009 - L 19 B 243/09 AS - juris Rn. 20; Sächsisches LSG v. 12.01.2010 - L 7 AS 653/09 ER - juris Rn. 20 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen v. 12.03.2010 - L 12 B 140/09 AS ER - juris Rn. 45; Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB II, § 39 Rn. 68 f.) und endgültige Festsetzungen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.11.2015 – L 7 AS 4389/15 ER-B –, juris).

Zutreffend geht das SG auch davon aus, dass es einer Feststellung der aufschiebenden Wirkung nicht bedarf, da keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Antragsgegner beabsichtigt, Vollziehungsmaßnahmen einzuleiten. Die aufschiebende Wirkung wird vom Antragsgegner vielmehr ausdrücklich akzeptiert (vgl. Schriftsatz an das SG vom 20.04.2017). Eine sog. Mahnsperre wurde gesetzt, so dass eine Vollstreckung derzeit nicht erfolgt.

Nach alldem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved