L 8 U 3488/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 4210/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3488/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 10.08.2015 wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin W. wird abgelehnt.

Tatbestand:

Der 1975 geborene Kläger war als Häftling in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Ulm in der Schreinerei an der Plattensäge tätig.

Am 22.11.2013 stellte er sich beim Durchgangsarzt Dr. F. vor, der eine Zerrung des linken Schultergürtels angab (Bl. 1 der Verwaltungsakte); der Kläger habe am 06.11.2013 gemeinsam mit einem Kollegen eine über 100 kg schwere Holzplatte heben müssen, welche dem Kollegen aus der Hand geglitten sei, so dass der Kläger die volle Last abbekommen habe. Dr. F. gab an, der Kläger sei ab dem 22.11.2013 arbeitsunfähig. Arbeitsfähigkeit trete voraussichtlich am 25.11.2013 wieder ein.

Mit Schreiben vom 27.11.2013 forderte die Beklagte die JVA Ulm zur Erstattung einer Unfallanzeige auf (Bl. 2 der Verwaltungsakte). Mit Schreiben vom 09.12.2013 legte die JVA diese vor (Eingang bei der Beklagten am 12.12.2013 - Bl. 5 der Verwaltungsakte) und gab darin an, dass sich der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit in der Schreinerei eine Zerrung der linken Schulter zugezogen habe. Die Tätigkeit sei am 02.12.2013 wieder aufgenommen worden.

Am 20.12.2013 erhob der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Ulm (SG) und stellte einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, welchen das SG mit Beschluss vom 24.01.2014 ablehnte (Az. S 9 U 4209/13 ER). Die hiergegen gerichtete Beschwerden blieben ebenfalls ohne Erfolg (Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22.05.2014 - L 6 U 444/14 ER-B sowie Beschluss des Bundessozialgericht vom 21.08.2014 - B 2 U 6/14 S).

Zur Begründung seiner Klage führte der Kläger an, dass die Beklagte nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) umfassend für alle aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Schäden hafte. Hierzu gehöre auch das Verletztengeld. Die Beklagte müsse sich das Verhalten der Ärzte zurechnen lassen, die systematisch eine Beweisvereitelungsabsicht verfolgten. Er verlange den Ersatz aller materiellen und immateriellen Schäden sowie Verletztengeld für die Zeit vom 22.11.2013 bis 29.11.2013. Die Beklagte habe zudem für eine notwendige medizinische Versorgung, eine qualifizierte Befunderhebung und die Beseitigung der Behandlungsfehler zu sorgen.

Mit Schreiben vom 14.01.2014 wies das SG darauf hin, dass die Beklagte bislang keinen Verwaltungsakt erlassen habe. Voraussetzung für eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sei jedoch ein Verwaltungsakt, durch den der Kläger beschwert sein könne. Da ein solcher nicht vorliege, fehle es an der Klagebefugnis. Die Klage sei daher unzulässig. Unabhängig davon könne vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit auch kein Schadenersatzanspruch begehrt werden.

Der Kläger teilte daraufhin mit, dass die Untätigkeitsklage weggelegt werden müsse, bis sie zulässig werde.

Nachdem das SG die Beteiligten darauf hingewiesen hatte, dass eine Entscheidung mittels Gerichtsbescheid beabsichtigt sei, lehnte der Kläger den Vorsitzenden der 9. Kammer in der Folge wiederholt wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Ablehnungsgesuche wurden sämtlich zurückgewiesen (Beschluss vom 03.03.2014 - S 3 SF 394/14 AB; Beschluss vom 01.04.2014 - S 3 SF 1024/14 AB, Beschluss vom 15.05.2014 - S 3 SF 1251/14 AB; Ablehnung eines Wiederaufnahmeantrags zu S 3 SF 1251/14 AB mit Beschluss vom 10.02.2015 - S 3 SF 1700/14 WA).

Mit Bescheid vom 15.01.2014 berechnete die Beklagte (Bl. 42/43 der Verwaltungsakte) Verletztengeld für den 22.11.2013, sowie für den Zeitraum vom 23.11.2013 bis 29.11.2013 in Höhe von insgesamt 58,18 EUR und zahlte diesen Betrag an das für den Kläger bei der JVA geführte Haftkonto. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 01.02.2014 Widerspruch (Bl. 117 der Verwaltungsakte), welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.2014 (Bl. 155 der Verwaltungsakte) zurückwies. Die hiergegen am 03.04.2014 beim SG erhobene Klage (S 7 U 1082/14) wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 29.10.2014 ab. Die Klage sei teilweise unzulässig, teilweise unbegründet. Gegen den dem Kläger am 09.02.2015 zugestellten Gerichtsbescheid erhob der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) und beantragte zugleich die mündliche Verhandlung vor dem SG. Mit Urteil vom 24.07.2015 - L 8 U 633/15 entschied der Senat insoweit, dass der Streitgegenstand "Verletztengeld" nicht Gegenstand der Berufung geworden sei, insoweit gelte der Gerichtsbescheid des SG als nicht ergangen, weil der Kläger mündliche Verhandlung beantragt habe. Die gegen die Entscheidung erhobene Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision verwarf das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 07.12.2016 - B 2 U 119/16 B als unzulässig.

Am 06.02.2014 erfolgte zu Lasten der Beklagten eine MRT-Untersuchung der linken Schulter bei Dr. H. (zum Bericht vgl. Bl. 136 der Verwaltungsakte). Auf Veranlassung der Beklagten wurde der Kläger sodann durch Prof. Dr. G. am 24.04.2014 unfallchirurgisch begutachtet (Gutachten vom 25.04.2014 - Bl. 255 der Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 17.03.2015 erkannte die Beklagte den Unfall am 06.11.2013 als Arbeitsunfall an und lehnte die Gewährung einer Rente ab. Die Erwerbsfähigkeit sei nicht in messbarem Grade über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus gemindert. Die unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit werde bis einschließlich 29.11.2013 anerkannt. Darüber hinaus sei die Behandlung und die Arbeitsunfähigkeit nicht auf die Unfallfolgen zurückzuführen.

Mit Schreiben vom 06.06.2014 forderte der Kläger erneut die Gewährung von Schmerzensgeld (Bl. 323 ff. der Verwaltungsakte). Mit Bescheid vom 30.06.2014 lehnte die Beklagte dies mangels gesetzlicher Grundlage ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 03.07.2014 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2015 zurück (Bl 484 der Verwaltungsakte). Am 18.05.2015 erhob der Kläger hiergegen Klage vor dem SG Stuttgart, welches den Rechtsstreit mit Beschluss vom 07.12.2015 an das örtlich zuständige SG Karlsruhe verwies (Aktenzeichen S 4 U 4072/15).

Mit Gerichtsbescheid vom 10.08.2015 wies das SG die Klage des Klägers vom 20.12.2013 ab. Die Klage sei bereits unzulässig, da ein Rechtsschutzbedürfnis zu keinem Zeitpunkt bestanden habe. Auch lägen die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage ersichtlich nicht vor.

Gegen den dem Kläger am 12.08.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.08.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben. Zur Begründung trägt er vor, über seine Anträge sei sichtbar nicht entschieden worden. Der Gerichtsbescheid habe mit der Sache nichts zu tun. Wie mit Untätigkeitsklagen umzugehen sei, stünde in der Diskussion. Das Anspruch auf Verletztengeld aus L 8 U 633/15 sei weiter offen. Die Widerspruchsbescheide vom 26.03.2014, 28.04.2015 und 17.03.2015 seien gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.

Der Kläger beantragt,

1. den Gerichtsbescheid des SG Ulm vom 10.08.2015 aufzuheben und das Verfahren an das SG Ulm zurückzuverweisen;

hilfsweise 2. den Gerichtsbescheid des SG Ulm vom 10.08.2015 aufzuheben und die Beklagten zu verpflichten, seine Anträge vom 15.12.2013 (Ziff. 3 bis 5 des Berufungsantrags) zu verbescheiden. 3. die Beklagte hat dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden aus dem Arbeitsunfall vom 06.11.2013 zu ersetzen; 4. die Beklagte hat für die Zeit vom 22.11.2013 bis 29.11.2013 an den Kläger Verletztengeld zu bezahlen; 5. die Beklagte hat für die notwendige medizinische Versorgung, eine qualifizierte Befunderhebung und Beseitigung der Behandlungsfehler des D-Arztes zu sorgen; 6. die Widerspruchsbescheide vom 26.03.2014 und 28.04.2015 sowie der Bescheid vom 17.03.2015 werden aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt; 7. einen Sachverständigen zu bestellen, um die Befunderhebungs- und Behandlungsfehler nachzuweisen, dies auch isoliert nach § 485 ff. ZPO.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der angefochtene Gerichtsbescheid sei weder rechtlich noch tatsächlich zu beanstanden.

Mit Schreiben vom 17.03.2017 hat der Kläger Akteneinsicht beantragt und gerügt, dass eine Verhandlung in Pforzheim gegen §§ 169 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) verstoße. Zugleich hat er mitgeteilt, dass ein Betreuungsverfahren bei dem Amtsgericht Offenburg - Az. 6 XVII 34/16 anhängig sei und die Bestellung eines Prozesspflegers beantragt. Darüber hinaus hat er die Anordnung der Vorführung beantragt.

Der Vorsitzende Richter am Landessozialgericht K. hat daraufhin telefonisch beim Amtsgericht Offenburg um Mitteilung gebeten, ob ein solches Verfahren dort anhängig sei. Mit Schreiben vom 30.03.2017 hat der Senat das Amtsgericht Offenburg sodann um Mitteilung des Sachstandes im dortigen Betreuungsverfahren gebeten.

Mit Schreiben vom 31.03.2017 hat der Kläger den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht K. sowie die Richterin am Sozialgericht E. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil sich der Inhalt des Schreibens vom 30.03.2017 als reine Rechtsbeugung und Willkür darstelle. Zugleich hat der Kläger auch die übrigen Senatsmitglieder wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Ihre Befangenheit ergebe sich aus ihrem Verhältnis zum Vorsitzenden, auf dessen Bewertung sie angewiesen seien.

Mit Beschluss des Senats vom 03.04.2017 ist der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt worden.

Mit Schreiben vom 04.04.2017 hat das Amtsgericht Offenburg mitgeteilt, dass im dortigen Verfahren eine Betreuung bislang nicht eingerichtet worden sei. Es sei ein aktuelles Gutachten in Auftrag gegeben, welches bislang allerdings noch nicht vorliege.

Mit Schreiben vom 09.04.2017 hat der Kläger erneut den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht K., den Richter am Landessozialgericht L. sowie die Richterin am Sozialgericht E. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil sie "mit Beschlüssen vom 03.04.2017 ihren aktenkundigen Rechtsbeugungsvorsatz weiterverfolgen." Er hat zudem erneut Akteneinsicht verlangt und mitgeteilt, er habe in den letzten zwölf Monaten keinerlei Akteneinsicht erhalten. Es möge dahinstehen, ob er den Bescheid vom 17.03.2015 nie erhalten habe oder sein Widerspruch, den er hiermit wiederhole, von der JVA unterschlagen worden sei. Zugleich beantragte er erneut Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin W ...

Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers hat die Beklagte den Bescheid vom 17.05.2015 an den Kläger per Einschreiben übersandt. Im Sitzungstermin hat der Beklagtenvertreter hierzu den Einschreiberückschein vorgelegt, wonach die JVA den Zugang des Einschreibens bestätigt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

1. Der Senat konnte abweichend von § 45 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über das Befangenheitsgesuch vom 31.03.2017 und 09.04.2017 und die Berufung des Klägers entscheiden, denn der Befangenheitsantrag ist rechtsmissbräuchlich und auch aus anderen Gründen offensichtlich unzulässig (vgl. zu diesen Voraussetzungen: Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Auflage, § 60 RdNr. 10d). Das rechtsmissbräuchliche Ablehnungsgesuch hinderte die abgelehnten Richter auch nicht an Verfahrenshandlungen im vorbereitenden Verfahren. Die Einschränkung des § 47 ZPO stand nicht entgegen.

In der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichtshöfe und des BVerfG ist anerkannt, dass rechtsmissbräuchliche oder gänzlich untaugliche Ablehnungsgesuche ausnahmsweise im vereinfachten Ablehnungsverfahren in der Ausgangs-Besetzung des Gerichts unter Beteiligung der abgelehnten Richter behandelt werden können, wenn für die Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist. Dies ist der Fall, wenn das Gericht einen offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts für sachfremde Zwecke verhindern will oder lediglich eine bloße Formalentscheidung über ein offensichtlich unzulässiges Gesuch trifft, die keinerlei Beurteilung des eigenen Verhaltens durch die entscheidenden Richter und kein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erfordert (BSG, 07.09.2016 - B 10 SF 2/16 C mwN., juris).

So liegt der Fall hier. Das Ablehnungsgesuch ist offensichtlich unzulässig und damit rechtsmissbräuchlich.

Nach § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit von einem Prozessbeteiligten abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dies ist dann der Fall, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus nach vernünftigen Erwägungen Bedenken gegen die Unparteilichkeit des Richters haben kann (vgl. Keller a.a.O., § 60 RdNr. 7). Zur Zulässigkeit eines Befangenheitsantrages ist der geltend gemachte Ablehnungsgrund durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise zu substantiieren (Keller, a. a. O., RdNr. 10 b). Ein Ablehnungsgesuch ist unzulässig, wenn der Ablehnungsgrund völlig ungeeignet ist oder nur Tatsachen benannt werden, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Befangenheit begründen. Ein im Rahmen gebotener richterlicher Verfahrensweise liegendes Verhalten kann einem Ablehnungsgesuch von vornherein nicht zum Erfolg verhelfen (BSG, 31.08.2015 - B 9 V 26/15 B, juris). Unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ist die Befangenheit auch dann begründet, wenn lediglich eine für den Betroffenen ungünstige Rechtsansicht beanstandet wird, ohne dass Umstände angeführt werden, die eine mögliche Fehlerhaftigkeit auf Grund unsachlicher Einstellung des Richters belegen können (Keller, a.a.O., RdNr. 10 b). Eine unzureichende Begründung liegt darüber hinaus dann vor, wenn pauschal, ohne konkrete Anhaltspunkte zu benennen, alle Mitglieder eines Spruchkörpers abgelehnt werden (BVerfG, 11.03.2013 - 1 BvR 2853/11 -, juris).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist das Ablehnungsgesuch offensichtlich unzulässig und damit rechtsmissbräuchlich.

Soweit der Kläger den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht K. sowie die Richterin am Sozialgericht E. im Hinblick auf das Schreiben vom 30.03.2017, mit welchem beim Amtsgericht Offenburg nach dem Sachstand des dortigen, vom Kläger selbst angezeigten Betreuungsverfahrens gefragt wurde, wegen Willkür und Rechtsbeugung abgelehnt hat, handelt es sich um bloße Wertungen ohne Tatsachensubstanz, die eine Befangenheit in keiner erkennbaren Beziehung zum vorläufigen Rechtsstreit zu begründen vermag. Eine Sachstandsanfrage in einem Betreuungsverfahren ist zudem ein im Rahmen gebotener richterlicher Aufklärung liegendes Verhalten und zur Begründung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet.

Auch unter Berücksichtigung des Schreiben vom 09.04.2017, mit welchem der Kläger den Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht K. und die Richterin am Sozialgericht E. bekräftigt und zudem gegen den Richter am Landessozialgericht L. erhoben hat, ändert an dieser Beurteilung nichts. Der vom Kläger angeführte "Rechtsbeugungsvorsatz" wird nicht durch eine nachvollziehbare Bezugnahme zum konkreten Verfahren wenigstens ansatzweise substantiiert. Der bloße Hinweis auf den ablehnenden, als "schwachsinnig" bezeichneten PKH-Beschluss reicht insoweit nicht aus (vgl. auch Keller a.a.O., § 60 RdNr. 10b zum insoweit unkommentierten Hinweis auf eine PKH-Ablehnung). Denn das Tatbestandsmerkmal der hinreichende Erfolgsaussicht des Rechtsmittels (§ 114 Abs. 1 ZPO) erfordert die vom Gesetzgeber verlangte prognostische summarische Prüfung des voraussichtlichen Erfolgs der Berufung des Klägers. Eine Voreingenommenheit der beteiligten Richter ist damit daraus nicht ableitbar. Soweit der Kläger die übrigen Mitglieder des Senats ohne weitere Namensnennung abgelehnt hat, weil sie im Verhältnis zum Vorsitzenden auf dessen Beurteilung angewiesen seien, ist sein Befangenheitsantrag ebenfalls unzulässig.

Der Kläger hat insoweit keinerlei Gründe dargelegt, die selbst bei wohlwollender Auslegung (vgl. hierzu Keller a.a.O. unter Bezugnahme auf BVerfG, NJW 05, 3410ff) eine Befangenheit zu begründen vermögen. Er hat das Befangenheitsgesuch vielmehr pauschal erhoben, ohne ein konkretes Verhalten der einzelnen Richter mitzuteilen. Der bloße Hinweis auf die dienstliche Beurteilung durch den Vorsitzenden ist zur Rechtfertigung des Befangenheitsgesuchs ebenfalls völlig ungeeignet.

Da das Ablehnungsgesuch als offensichtlich unzulässig zu verwerfen ist und es daher bei der Entscheidung auf die dienstliche Äußerungen der abgelehnten Richter nicht ankommen kann, hat es einer dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richter nicht bedurft (vgl. Keller, a. a. O., § 60, RdNr. 11c).

Darüber hinaus konnte der Senat über die Befangenheit auch im Rahmen des Urteils entscheiden. Eine gesonderte Entscheidung ist bei offensichtlich unzulässigen bzw. offensichtlich rechtsmissbräuchlichen Befangenheitsanträgen nicht erforderlich (vgl. Keller, a. a. O., § 60, RdNr. 10e). So liegt der Fall hier.

2. Der Senat war auch nicht gehalten, für den Kläger einen besonderen Vertreter im Sinne des § 72 Abs. 1 SGG zu bestellen.

Nach dieser Regelung kann der Vorsitzende bis zum Eintritt eines Vormundes, Betreuers oder Pflegers für einen nicht prozessfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter für das Verfahren einen besonderen Vertreter bestellen, dem alle Rechte, außer dem Empfang von Zahlungen, zustehen. Vorliegend waren weder der Vorsitzende noch der Senat gehalten, einen solchen Vertreter zu bestellen. An der Annahme der Prozessfähigkeit ist der Senat nicht dadurch gehindert, dass vor dem Amtsgericht Offenburg ein Betreuungsverfahren anhängig ist. Ausweislich des Schreibens des Amtsgerichts Offenburg vom 04.04.2017 wurde eine Betreuung im dortigen Verfahren noch nicht angeordnet. Zudem kann das Vormundschaftsgericht weder die Geschäfts-(Prozess-)fähigkeit noch die Geschäfts-(Prozess-)unfähigkeit rechtskräftig oder sonst wie verbindlich feststellen (BSG, 03.07.2003 - B 7 AL 216/02 B, juris). Im Anschluss an die Rechtsprechung des 2. und 11. Senats des LSG (L 2 SF 3694/12 EK und L 11 SF 293/14 EK) vom 29.04.2014 und 30.04.2014, welche den Kläger für prozessfähig gehalten haben, und die der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 24.07.2015 (L 8 U 633/15) zitiert hatte, sieht der Senat eine Prozessunfähigkeit vielmehr nicht als nachgewiesen an.

3. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt auch kein Verstoß gegen § 61 Abs. 1 SGG iVm. § 169 Satz 1 GVG dadurch vor, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung im Gebäude des Landratsamtes in Pforzheim durchgeführt wurde. Nach § 110 Abs. 2 SGG kann das Gericht durch Anordnung des Vorsitzenden auch außerhalb des Gerichtssitzes Sitzungen abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist, was nach einhelliger Ansicht einer großzügige Auslegung zugänglich ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 110 Rn. 9, Zeihe/Hauck, SGG, § 110 Rn. 6). Vorliegend ist wegen Behinderung durch Baumaßnahmen im Sitzungsbereich des Gerichtsgebäudes und wegen einer Verkürzung der Anreise der Prozessbeteiligten zum auswärtigen Gerichtsort der Auswärtstermin für die sachdienliche Erledigung notwendig. Ein Verstoß gegen § 110 Abs. 2 SGG ist darüber hinaus grundsätzlich prozessual unschädlich (vgl. Leitherer a.a.O.), da die Regelung als Ordnungsvorschrift nur die äußere Verfahrensgestaltung betrifft. Eine Rechtsverletzung des Klägers durch den anberaumten Außentermin wegen eines Verstoß gegen § 169 ZPO ist auch nicht ersichtlich.

§ 169 Satz 1 GVG statuiert den Grundsatz der öffentlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht. Danach steht jedermann, das heißt denjenigen, die nicht Prozessbeteiligte sind, die Möglichkeit offen, der mündlichen Verhandlung unmittelbar beizuwohnen (Zimmermann in MüKoZPO, 4. Auflage 2013, § 169 GVG, RdNr. 1). Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlung besagt allerdings nicht, das jedermann immer und unter allen Umständen wissen muss, wann und wo ein erkennendes Gericht eine Verhandlung durchführt; es genügt, dass jedermann die Möglichkeit hat, sich ohne besondere Schwierigkeiten davon Kenntnis zu verschaffen und dass der Zutritt im Rahmen der tatsächlichen Gegebenheiten eröffnet ist (BGH 22.01.1981 - 4 StR 97/80, juris).

So liegt der Fall hier. Über die Sitzung am 02.05.2017 wurde sowohl durch Aushang der Tagesordnung im Gerichtsgebäude in Stuttgart (mit dem Hinweis auf die Sitzungsdurchführung im Landratsamt Pforzheim) als auch durch den Aushang der Tagesordnung im Landratsamt Pforzheim in dessen Eingangsbereich und vor dem Sitzungssaal informiert. Das Gebäude des Landratsamtes war für die Öffentlichkeit ebenso wie der Sitzungssaal frei zugänglich, insbesondere war im Landratsamt durch aufgestellte Hinweistafeln der Weg zum Sitzungssaal ausgewiesen. Vor Beginn der mündlichen Verhandlung wurde die Sache des Klägers deutlich hörbar und verständlich vor dem Sitzungssaal aufgerufen. Sowohl die erfolgten Hinweise als auch die durch Aushang und Wegweisung getroffenen Vorkehrungen im Landratsamt machten eine Wahrnehmung des Termins durch unbeteiligte Dritte möglich. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit liegt mithin nicht vor.

4. Der Senat war auch nicht gehalten, dem Kläger erneut Akteneinsicht zu gewähren. Dem Kläger war bereits im November 2015 Einsicht in die Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten des SG Ulm gewährt worden. Dies ergibt sich auch aus dem Schreiben der JVA Offenburg vom 16.11.2015, wonach die Akten "nach Einsichtnahme des Gefangenen K., Stephan am Montag, den 16.11.2015" zurückgesandt wurden. Ein Recht auf Akteneinsicht besteht grundsätzlich nur einmal (Kolmetz in Jansen, SGG, 4. Aufl. 2012, § 120 RdNr. 8). Ein nochmaliger Antrag auf Akteneinsicht bedarf, soll er erfolgreich sein, einer schlüssigen Begründung. Eine solche hat der Kläger jedoch nicht vorgelegt. Dass die Verwaltungsakten – wie vom Kläger vorgetragen – nie vorlagen, ist offensichtlich unzutreffend.

5. Der Senat hat trotz Ausbleibens des Kläger im Termin entscheiden können, denn in der den Beteiligten ordnungsgemäß zugegangenen Ladung zur mündlichen Verhandlung war auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG); dass der Kläger die Ladung erhalten hat, ergibt sich aus seinem Schreiben vom 17.03.2017 (Blatt 23/26 der Senatsakte).

Zur Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers war der Senat nicht verpflichtet, er brauchte deshalb den Kläger auch nicht zum Termin vorführen zu lassen.

Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG 21.06.1983 – 4 RJ 3/83, juris; BSG 31.10.2005 – B 7a AL 14/05 B, juris) ist es Sache des Gefangenen, durch entsprechende Anträge bei der Strafvollzugsbehörde für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung Sorge zu tragen. Erscheint der Gefangene nicht zum Termin zur mündlichen Verhandlung, so wird er - sofern das persönliche Erscheinen nicht angeordnet ist - wie jeder andere Prozessbeteiligte behandelt, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freigestellt worden ist (BSG 21.06.1983 – 4 RJ 3/83, juris). Auch besteht kein Anspruch auf Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers durch den Vorsitzenden des Senats. Das persönliche Erscheinen des Klägers war vorliegend weder angeordnet worden noch anzuordnen. Denn vorliegend ist eine reine Rechtsfrage streitig, zu der der Kläger bereits ausführlich zu den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten vorgetragen hat. Er hat auch nicht deutlich gemacht, dass eine Anhörung in der mündlichen Verhandlung ihn zu weiterem, neuem Vortrag veranlasst, sodass auch trotz seiner Abwesenheit in der mündlichen Verhandlung sein Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt ist. Deshalb musste der Vorsitzende auch die Vorführung aus der JVA nicht anordnen bzw. beim Anstaltsleiter der JVA nach § 36 Abs. 2 Satz 2 StVollzG darum ersuchen. Ein solches Ersuchen war auch zur Gewährung rechtlichen Gehörs nicht erforderlich (dazu vgl. BSG 21.06.1983 – 4 RJ 3/83, juris; BSG 19.04.1966 – 10 RV 762/65, juris).]

Der Senat hat vielmehr unter anderem im Hinblick auf den derzeitigen Aufenthaltsort des Klägers in der JVA Offenburg den Auswärtstermin in dem näher liegenden Pforzheim bestimmt, was der JVA eine nur einen Tag umfassende Anreiseorganisation ermöglichen sollte. Damit hat der Senat das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör hinreichend berücksichtigt.

Zwar hat sich durch Vortrag des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung ein neuer Sachverhalt ergeben. Gleichwohl musste der Senat zur Wahrung des rechtlichen Gehörs des zum Termin nicht erschienenen Klägers deshalb die mündliche Verhandlung nicht vertagen, um dem Kläger Gelegenheit zur Äußerung zum neuen Sachverhalt zu geben.

Der Beklagtenvertreter hat im Sitzungstermin erklärt, dass der Bescheid vom 17.03.2015 an den Kläger per Einschreiben erneut übersandt worden ist und die JVA auch den Zugang des Einschreibens am 21.04.2017 bestätigt habe. Die Beklagte hat hierzu den Einschreiberückschein vorgelegt und das bei Gericht am Sitzungstag eingegangene Schreiben der Beklagten vom 26.04.2017 mit Aktenvermerk vom gleichen Datum, das diesen Vorgang darlegt, ist zum Verfahrensgegenstand gemacht worden. Bezogen auf den Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens, in dem eine Untätigkeitsklage weiterverfolgt wird, ergibt sich hieraus aber keine rechtlich abweichende Beurteilung im Hinblick auf das bisherige Beteiligtenvorbringen. Unabhängig von rechtlichen Frage, ob der Bescheid vom 17.03.2015 tatsächlich bereits bestandskräftig geworden war oder nur als Entwurf sich in der Beklagtenakte befand und bislang noch nicht erlassen worden ist, ist jedenfalls mit der geltend gemachten Zustellung des Bescheids an den Kläger am 21.04.2017 die Untätigkeitsklage erledigt, da die begehrte Sachentscheidung ergangen ist. Insoweit ändert sich an der Beurteilung in dem PKH-Beschluss des Senats zur Erledigung des Verfahrens nichts. Hierzu hat der Kläger ausreichend Gelegenheit gehabt vorzutragen. Es ist auch nicht ersichtlich, welches entscheidungserhebliches Vorbringen dem Kläger in einem neuen Termin offengestanden wäre, das zu einer anderen Entscheidung des Senats hätte führen können.

II.

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Die Berufung ist sowohl hinsichtlich des Haupt- als auch hinsichtlich des Hilfsantrages unbegründet.

1. Dem Hauptantrag des Klägers, den Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen, war nicht zu entsprechen. Eine Zurückverweisung des Rechtsstreites an das SG kommt nach § 159 Abs. 1 SGG nur in Betracht, wenn das SG die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden oder das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Das Berufungsgericht entscheidet nach Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Dabei ist zwischen den Interessen der Beteiligten an einer möglichst schnellen Sachentscheidung einerseits und dem Verlust einer Instanz andererseits abzuwägen (vgl. Keller a.a.O, § 159 RdNr. 5).

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 SGG sind vorliegend bereits nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das SG in der Sache selbst entschieden. Das SG ist dabei zutreffend von einer Untätigkeitsklage des Klägers ausgegangen, nachdem dieser mit Schreiben vom 15.01.2014 (Bl. 26 der SG-Akte) auf den Hinweis des SG, dass bislang keine Verwaltungsentscheidung der Beklagten vorliege, mitgeteilt hat, dass die Untätigkeitsklage weggelegt werden müsse, bis sie zulässig werde.

Soweit während des Klageverfahrens entsprechende Bescheide ergangen sind, sind diese nicht Gegenstand des Verfahrens geworden. Streitgegenstand der Untätigkeitsklage ist nur die Bescheidung an sich (st. Rspr. des BSG, vgl. BSG 26.08.1994 - 13 RJ 17/94, juris). Zwar ist im Rahmen der Untätigkeitsklage grundsätzlich eine Umstellung der Klage in eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage möglich. Eine solche Klageänderung hat der Kläger in Bezug auf diese Bescheide vorliegend jedoch nicht vorgenommen, so dass das SG keine Entscheidung in der Sache treffen musste.

Eine Zurückverweisung kommt daher nicht in Betracht.

2. Hinsichtlich der Hilfsanträge ist die Berufung ebenfalls unbegründet.

Nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG ist, wenn ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist, eine Untätigkeitsklage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann (§ 88 Abs. 1 S. 2 SGG). Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären (§ 88 Abs. 1 S. 3 SGG).

Im Hinblick auf den Antrag auf Verletztengeld hat die Beklagte ausgehend von einem Antragszeitpunkt am 22.11.2013 umgehend das Verwaltungsverfahren eingeleitet und innerhalb von weniger als drei Monaten mit Bescheid vom 15.01.2014 und damit noch vor Ablauf der Sperrfrist des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG entschieden. Die Untätigkeitsklage war daher bei der Erhebung unzulässig und konnte auch nicht mehr zulässig werden (vgl. hierzu Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 88 Rdnr. 10a). Mit Erlass des Bescheides hat sich die Untätigkeitsklage, deren Streitgegenstand nur die Bescheidung an sich ist (st. Rspr. des BSG, vgl. BSG 26.08.1994 - 13 RJ 17/94, juris), erledigt. Soweit der Kläger daher meint, der Widerspruchsbescheid vom 26.03.2014 sei Gegenstand des Verfahrens vor dem SG geworden, ist diese Auffassung unzutreffend. Zwar ist im Rahmen der Untätigkeitsklage grundsätzlich eine Umstellung der Klage in eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage möglich. Eine solche Klageänderung hat der Kläger vorliegend jedoch nicht vorgenommen, sondern sein Begehren nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2014 in einem gesonderten Verfahren (S 7 U 1082/14) verfolgt.

Eine Klageänderung im hiesigen Verfahren ist nicht mehr möglich. Eine solche setzt die Zulässigkeit der Berufung voraus. Der Bescheid vom 15.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 26.03.2014 ist Gegenstand eines gesonderten Verfahrens. Diesbezüglich hat der Senat mit Urteil vom 24.07.2015 entschieden, dass der Streitgegenstand "Verletztengeld" nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens L 8 U 633/15 geworden, sondern weiterhin beim SG anhängig ist. Sofern hierüber - wie vom Kläger vorgetragen - bislang nicht entschieden wurde, ist der Streitgegenstand damit weiterhin rechtshängig.

Soweit der Kläger einen Antrag auf "Ersatz aller materiellen und immateriellen Schäden" gestellt hat, hat die Beklagte hierüber mit Bescheid vom 30.06.2014 entschieden. Ausgehend von einem Antragszeitpunkt am 22.11.2013 war zwar bei Erlass des Bescheides die Sperrfrist des § 88 Abs. 1 SGG abgelaufen. Da – wie dargelegt – Streitgegenstand der Untätigkeitsklage nur die Bescheidung an sich ist, hat sich diese mit dem Erlass des Bescheides vom 30.06.2014 jedoch auch insoweit erledigt. Die Untätigkeitsklage ist daher mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Zudem hat der Kläger auch hinsichtlich dieses Streitgegenstandes keine Klageänderung erklärt, sondern sein Begehren nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2015 in einem gesonderten Verfahren (S 4 U 4072/15 bzw. L 8 U 4175/16 - weiterhin anhängig) verfolgt. Eine Klageänderung im hiesigen Verfahren ist daher schon aus diesem Grund nicht möglich.

Im Hinblick auf den Antrag des Klägers, die Beklagte habe für seine medizinische Versorgung zu sorgen, kann dies als Antrag auf Heilbehandlung im Sinne des § 26 Abs. 1 SGB VII ausgelegt werden. Sofern entsprechend der unschlüssigen Behauptung des Klägers der Bescheid vom 17.03.2015 bisher tatsächlich noch nicht erlassen worden war, erübrigen sich hierzu Ausführungen des Senats. Jedenfalls hat die Beklagte den Bescheid vom 17.03.2015 erneut oder zumindest jetzt wirksam dem Kläger am 21.04.2017 bekannt gegeben. Eine tatsächliche Kenntnisnahme durch den Kläger ist für die Wirksamkeit der Bekanntgabe nicht erforderlich, da der Bescheid mit Eingang bei der JVA in den Zugangsbereich des Klägers gelangt ist bzw. die sichere Erwartung begründet ist, dass der Kläger den Bescheid erhält. Damit ist über das Begehren entschieden und eine Behandlungsbedürftigkeit bis einschließlich 29.11.2013 anerkannt. Unabhängig von der Frage, ob die Beklagte mit der wiederholenden oder erstmaligen Bekanntgabe des Bescheids den Rechtsweg gegen diese Entscheidung für den Kläger erneut eröffnet hat, ergibt sich hieraus keine neue Prozesslage im Berufungsverfahren. Die Untätigkeitsklage hat sich auch insoweit erledigt und ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Der Senat musste das Verfahren nicht aussetzen und hätte dies auch bei Erhebung eines Widerspruchs nicht tun müssen. Soweit in der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertreten wird, dass eine solche Aussetzung aus Gründen der Prozessökonomie zu erfolgen hat (vgl. z.B. BSG, 22.6.1966 - 3 RK 64/62, juris), hat sich diese Rechtsprechung am Maßstab von Fällen gebildet, in denen innerhalb der laufenden Widerspruchsfrist lediglich Klage zum Sozialgericht erhoben worden ist. Dies lässt sich jedoch auf das Berufungsverfahren gerade nicht übertragen. Denn mit Erlass des Widerspruchsbescheides wäre die Hauptsache erledigt (vgl. Leitherer, a.a.O., RdNr. 10b). Eine Klageänderung, mit welcher der Kläger seine Klage im Wege der Klageänderung als Anfechtungs- und Leistungsklage fortsetzen könnte, wäre ungeachtet der Frage, ob die Beklagte in eine solche überhaupt einwilligen oder sich rügelos einlassen würde, in diesem Fall nicht sachdienlich, denn der Rechtsstreit würde durch die Klageänderung in der Berufungsinstanz auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Zudem verlöre der Kläger eine Tatsacheninstanz. Die Sachurteilsvoraussetzung der Leistungsklage, Widerspruchsverfahren und berufungsfähige Entscheidung des SG, lägen nicht vor. Sofern man davon ausgeht, dass dem Kläger mit der jetzt erfolgten Bekanntgabe des Bescheids vom 17.03.2015 das Widerspruchsverfahren eröffnet ist und er Klage vor dem SG erheben kann, worüber der Senat nicht zu entscheiden brauchte, wäre eine Sachentscheidung des LSG beim jetzigen Verfahrensstand nicht möglich, ein Zuwarten bis eine Entscheidung des SG getroffen worden ist, ist nicht zweckdienlich. In diesem Fall stünde dem Kläger zudem auch die Berufung gegen eine Entscheidung des SG wieder offen,

Soweit der Kläger darüber hinaus von der Beklagten eine qualifizierte Befunderhebung und Beseitigung der Behandlungsfehler des Durchgangsarztes verlangt, bezieht sich sein Antrag schon nicht auf den Erlass eines Verwaltungsaktes, so dass eine Untätigkeitsklage bereits aus diesem Grund unzulässig ist.

Soweit der Kläger mit Schreiben vom 09.04.2017 beantragt, einen Sachverständigen zu bestellen – "auch isoliert gemäß § 485 ff ZPO"-, um die Befunderhebungs- und Behandlungsfehler nachzuweisen, ist dies als wörtlich gemeinter Antrag auf Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens nach § 485 ZPO bereits ein unzulässiger Prozessantrag, da die Vorschriften der Beweissicherung nach § 485-494 ZPO im Sozialgerichtsverfahren nicht – direkt – anwendbar sind (§ 118 Abs. 1 SGG).

Das eigenständig im SGG-Verfahren geregelte Beweissicherungsverfahren nach § 76 SGG kann der Kläger vorliegend im Berufungsverfahren, ungeachtet dessen dass die Klageerweiterung gemäß § 99 Abs. 1 SGG nicht zulässig ist, nicht verlangen. Der zugleich mit der Klage gestellte, inhaltsgleiche Antrag vor dem SG war nicht Gegenstand des Klageverfahrens geworden, sondern vom SG in einem besonderen Verfahren und nicht in dem mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheid entschieden worden. Dieser – erledigte – Antrag ist daher auch nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Der daher neue, erstmals im Berufungsverfahren gestellte Antrag ist unzulässig. Gemäß § 76 Abs. 1 SGG kann auf Gesuch eines Beteiligten die Vernehmung eines Sachverständigen zur Sicherung des Beweises angeordnet werden, wenn der gegenwärtige Zustand einer Person festgestellt werden soll und der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Nach § 76 Abs. 2 Satz 1 SGG ist das Gesuch bei dem für die Hauptsache zuständigen SG anzubringen. Der Senat ist zur Entscheidung über den Antrag auf Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens nicht zuständig (vgl. hierzu Leitherer, a.a.O., § 76 SGG RdNr. 3).

Eine Verweisung an das zuständige SG hatte ausnahmsweise nicht zu erfolgen. Der Kläger hatte dort in gleicher Sache bereits im Dezember 2013 ein solches Verfahren angestrengt, welches mit Beschluss vom 24.01.2014 (Bl. 89 der Verwaltungsakte) abgelehnt wurde. Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden. Eine Wiederholung des Verfahrens ist - nachdem der Kläger auch keinerlei Gründe hierfür darlegt - offensichtlich unzulässig. Unabhängig hiervon hat der Kläger, der eine Vielzahl von Verfahren betreibt und mit den Zuständigkeiten vertraut sein sollte, eine Entscheidung des unzuständigen Senats begehrt. Darüber hinaus hat er weder einen drohenden Beweisverlust noch ein besonderes Feststellungsinteresse an einem gegenwärtigen Zustand dargelegt.

Soweit sein Begehren, einen Sachverständigen zu bestellen, um Befunderhebungs- und Behandlungsfehler nachzuweisen, auch als ein prozessualer Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu verstehen ist, liegt ein formgültiger Antrag auf Einholung eines Sachverständigenbeweises mangels einer unter Beweis gestellten konkreten Tatsachenbehauptung und wegen unterbliebener Sachverständigenbezeichnung, insbesondere auch auf welchem Fachgebiet ein Gutachten einzuholen ist, nicht vor. Zudem ist ein entscheidungserheblicher, mit Gutachten aufzuklärender Umstand für das vorliegende Verfahren der Untätigkeitsklage auch nicht geltend gemacht.

Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen. Der Antrag auf Durchführung des Beweissicherungsverfahrens abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

III.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das vorliegende Verfahren war abzulehnen.

Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält gemäß § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Außerdem wird dem Beteiligten auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen. Auch der Vortrag des Klägers mit Schreiben vom 09.04.2017, es möge dahinstehen, ob der Kläger den Bescheid vom 17.03.2015 nie erhalten habe oder der Widerspruch, den er hiermit wiederhole, von der JVA unterschlagen worden sei, ändert hieran nichts. Schon der eigene Vortrag des Klägers ist nicht schlüssig, so dass im Rahmen des PKH-Verfahrens sein Vorbringen nicht zugrundezulegen war. Es ist nicht plausibel, dass der Kläger gegen einen Bescheid, den er angeblich nicht erhalten hat, Widerspruch eingelegt hat, der dann aber von der JVA unterschlagen worden sein soll. Vielmehr lässt das Vorbringen des Klägers erkennen, dass er selbst nicht mit Sicherheit sagen kann, den Bescheid nie erhalten zu haben. Nachdem der Kläger in einer Vielzahl von Verfahren Behauptungen ins Blaue hinein aufstellt, die sich nach Aktenlage oder behördlichen Auskünften als unzutreffend erweisen – so wie seine Behauptung, nie Akteneinsicht erhalten zu haben –, war sein Vorbringen auch nicht glaubhaft. Mit aktueller Zustellung des Bescheides vom 17.03.2015 ist die Untätigkeitsklage zudem auf jeden Fall unzulässig geworden, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt kein Anspruch auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mehr besteht. Nachdem der wiederholende PKH-Antrag des Klägers zu keinem Zeitpunkt seit der Antragstellung eine PKH-Bewilligung unter dem Gesichtspunkt einer offenen Erfolgsaussicht des Rechtsmittels begründet war, konnte die Entscheidung des Senats über den wiederholende Antrag zusammen mit der Sachentscheidung des Berufungsverfahrens ergehen.
Rechtskraft
Aus
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