Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 354/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 959/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Karlsruhe vom 08.02.2017 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Aussetzung des vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) geführten Rechtsstreits S 1 U 354/17 bis zum 01.09.2017.
In einem vor dem LSG Baden-Württemberg geführten Verfahren (L 6 U 2180/14) stellte der 6. Senat mit Beschluss vom 20.01.2016 fest, dass die Beteiligten folgenden Vergleich geschlossen haben: "1. Die Beklagte entscheidet über den Antrag des Klägers, nach § 48 SGB X eine Verschlimmerung der Folgen einer BK Nr. 5101 festzustellen. 2. Die Beklagte entscheidet über den Antrag des Klägers auf Anerkennung einer BK Nr. 1302. 3. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben. 4. Die Beteiligten erklären den Berufungsrechtsstreit in der Hauptsache für erledigt".
Am 28.04.2016 übersandte der Kläger medizinische Unterlagen an den Beklagten und bat im Übrigen um eine zeitnahe Entscheidung. Am 13.06.2016 erstellte die Beklagte eine Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition BK Nr. 1302.
Mit Schreiben vom 02.08.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ein Gutachten eingeholt werden solle und nannte dem Kläger drei mögliche Gutachter. Der Kläger antwortet hierauf mit Schreiben vom 08.08.2016 er sei grundsätzlich zu einer weiteren Begutachtung bereit, sehe sich aber nicht in der Lage einen der genannten Gutachter zu akzeptieren.
Mit Schreiben vom 10.11.2016 erinnerte der Kläger an die Angelegenheit und kündigte eine Untätigkeitsklage an.
Am 16.12.2016 hat der Kläger Untätigkeitsklage (S 1 U 4334/16) beim SG erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen 1.) über den Antrag des Klägers nach § 48 SGB X (über) eine Verschlimmerung der Folgen der anerkannten BK Nr. 5101 zu entscheiden und 2.) über den Antrag des Klägers auf Anerkennung einer BK Nr. 1302 zu entscheiden. Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte habe über den Antrag auf Anerkennung einer BK Nr. 1302 bislang nicht entschieden, obwohl über ein Jahr seit Vergleichsschluss vergangen sei. Die Beklagte habe lediglich mit Schreiben vom 02.08.2016 insgesamt drei Gutachter angeboten, da sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens für erforderlich halte. Der Kläger habe seine Bereitschaft zu der erforderlichen Begutachtung mitgeteilt, jedoch die vorgeschlagenen Gutachter abgelehnt. Hiernach sei nichts weiter geschehen, obwohl der Kläger mit Schreiben vom 10.11.2016 an den Fortgang des Verfahrens erinnert habe.
Mit Schreiben vom 24.01.2017 hat die Beklagte dem Kläger drei weitere mögliche Gutachter benannt und diesen auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen.
Mit Beschluss vom 07.02.2017 hat das SG die Untätigkeitsklage wegen Nichtbescheidung des Antrags auf Anerkennung einer Berufskrankheit der Nr. 1302 der Anl. 1 zur Berufskrankheitenverordnung abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 1 U 354/17 fortgeführt.
Mit Beschluss vom 08.02.2017 hat das SG unter dem Aktenzeichen S 1 U 354/17 der Beklagten aufgegeben, über den Antrag des Klägers in der Klageschrift vom 13.08.2013 im Verfahren vor dem SG (S 3 U 2911/13) auf Anerkennung von Gesundheitsstörungen, insbesondere der Erkrankung der Haut der Hände, als Folge einer Berufskrankheit der Nr. 1302 der Anl. 1 zur Berufskrankheitenverordnung bis zum 31.08.2017 durch rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu entscheiden. Mit gleichem Beschluss hat das SG den Rechtsstreit bis zum 01.09.2017 ausgesetzt. Zur Begründung der Aussetzung hat das SG u.a. ausgeführt, auch wenn die Beklagte den Antrag seit Abschluss des gerichtlichen Vergleichs vom 20.01.2016 im Verfahren L 6 U 2180/14 bisher nicht mit der gebotenen Zielstrebigkeit bearbeitet und keine zeitnahe Sachentscheidung getroffen habe liege gleichwohl (noch) ein zureichender Grund für die unterbliebene Sachentscheidung vor. Denn ob die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Folge einer BK der Nr. 1302 der Anl. 1 zur BKV anzuerkennen und gegebenenfalls zu entschädigen seien, könne ohne Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch einen ärztlichen Gutachter nicht entschieden werden. Der Kläger habe indes sowohl die von der Beklagten mit Schreiben vom 02.08.2016 sowie (mittlerweile) mit Schreiben vom 26.01.2017 jeweils vorgeschlagenen Ärzte abgelehnt, ohne bislang eigene Ärzte als Gutachter zu benennen. Angesichts dessen sei der Beklagten eine Frist zur Sachentscheidung einzuräumen und der Rechtsstreit bis zu diesem Zeitpunkt auszusetzen. Die eingeräumte Frist bis zum 31.08.2017 sei ausreichend, um die noch ausstehende Untersuchung und Begutachtung des Klägers durchzuführen und eine Entscheidung in der Sache aufgrund des Ermittlungsergebnisses zu treffen.
Gegen den am 10.02.2017 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 08.03.2017 beim SG Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, im vorausgegangenen Verfahren vor dem LSG Baden-Württemberg (L 6 U 2180/14) hätten sich die dortigen Sachverständigen ausdrücklich auch mit den Krankheitsbildern befasst, die in den Bereich der BK 1302, 1317, etc. fallen. Die Beklagte habe lediglich Sachverständige vorgeschlagen, die nach Auffassung des Klägers keine neutrale und objektive Begutachtung gewährleistete und im Lager der Berufsgenossenschaften angesiedelt seien. Der Kläger habe zwischenzeitlich mit Schreiben vom 13.02.2017 die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. als Sachverständige vorgeschlagen und darauf hingewiesen, dass ein toxikologische Sachverständigengutachten als Grundlage für die medizinische Beurteilung erforderlich sei. Hierfür habe er den Diplomchemiker Dr. M. vorgeschlagen. Hierauf sei bislang keine Reaktion erfolgt, was zeige, wie wenig der Beklagten daran gelegen sei, den geschlossenen Vergleich zu erfüllen.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Akte des SG, die Beklagtenakte und die Akte des vorliegenden Beschwerdeverfahrens Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 2 SGG ausgeschlossen, weil der Aussetzungsbeschluss seinem wesentlichen Inhalt nach keine prozessleitende Verfügung ist (Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 88 Rn. 8; Bayerisches LSG, Beschluss vom 03.02.2009 - L 17 B 1036/08 U -, juris).
Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein zureichender Grund bestand, über den Antrag des Klägers auf Anerkennung von Gesundheitsstörungen, insbesondere der Erkrankung der Haut der Hände, als Folge einer Berufskrankheit der Nr. 1302 der Anl. 1 zur Berufskrankheitenverordnung noch nicht zu entscheiden.
Bei Untätigkeitsklagen gemäß § 88 SGG ist § 88 Abs. 1 S 2 SGG gegenüber § 114 SGG lex specialis für die Aussetzung des Verfahrens (vgl. LSG Niedersachsen, Beschluss vom 01.09.1959 – L 11 S 71/59 –, juris). Nach § 88 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGG setzt das Gericht das Klageverfahren bis zum Ablauf einer von ihm zu bestimmenden Frist aus, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass über den Widerspruch noch nicht entschieden ist. Für die Beurteilung, ob ein zureichender Grund für den bisherigen Nichterlass des Bescheides bzw. hier des Widerspruchsbescheides vorliegt, kommt es auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an, nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. BSG, Urteil vom 08.12.1993 – 14a RKa 1/93 –, BSGE 73, 244-253, SozR 3-1500 § 88 Nr. 1). Bereits das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte seit Abschluss des gerichtlichen Vergleichs vom 20.01.2016 im Verfahren L 6 U 2180/14 den Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit BK Nr. 1302 bisher nicht mit der gebotenen Zielstrebigkeit bearbeitet und keine zeitnahe Sachentscheidung getroffen hat. Diese Auffassung teilt auch der Senat. Der Senat teilt jedoch auch die Auffassung des SG, dass gleichwohl (noch) ein zureichender Grund für die unterbliebene Sachentscheidung vorliegt, da die Frage, ob die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Folge einer BK der Nr. 1302 der Anl. 1 zur BKV anzuerkennen und gegebenenfalls zu entschädigen sind, ohne Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch einen ärztlichen Gutachter nicht entschieden werden kann. Ein zureichender Grund ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die Behörde an einer sachlichen Entscheidung gehindert ist, weil sie in Befolgung ihrer Amtsermittlungspflicht noch Sachverhaltsermittlungen durchführt oder Sachverständigengutachten einholt.
Dass hier die Notwendigkeit weiterer medizinischer Ermittlungen besteht wurde zuletzt auch vom Kläger nicht mehr bestritten, sondern von diesem wurden mit Schreiben vom 13.02.2017 selbst konkrete Gutachter benannt. Die aktuellen Verzögerungen sind zumindest auch dadurch bedingt, dass der Kläger die von der Beklagten vorgeschlagenen sechs Gutachter allesamt abgelehnt hat. Hierzu ist anzumerken, dass gemäß § 200 Abs. 2 S. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) der Unfallversicherungsträger vor Erteilung eines Gutachtenauftrages dem Versicherten mehrere Gutachter zur Auswahl benennen soll. Den Unfallversicherungsträgern steht das Vorschlagsrecht für die Gutachter zu und den Versicherten das Auswahlrecht im Rahmen des Vorschlags. Somit entscheiden die Unfallversicherungsträger darüber, welche Gutachter überhaupt ins Auswahlverfahren kommen, d.h. welche Sachverständigen aus ihrer Sicht über die Fachkunde für die Erstattung des Gutachtens verfügen (Wagner in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 200 SGB VII, Rn. 83). Es obliegt nach wie vor der Beklagten, über die Eignung der Gutachter zu befinden, die den Versicherten zur Auswahl vorgeschlagen werden. Ohne dieses grundlegende Recht könnte die Beklagte als Träger öffentlicher Verwaltung nicht die Gewähr und Verantwortung für eine dem Einzelfall angemessene, rechtlich zutreffende Bearbeitung und Entscheidung tragen (Kranig in: Hauck/Noftz, SGB, 01/10, § 200 SGB VII, Rn. 10).
Werden - wie vorliegend - sämtliche vom Beklagten vorgeschlagenen Gutachter abgelehnt, müssen in begründeten Fällen weitere Gutachter benannt werden. In unbegründeten Fällen trifft den Unfallversicherungsträger zwar nicht die Pflicht, weitere Gutachter zu benennen, die Ablehnung aller vorgeschlagener Gutachter hat aber Auswirkungen auf das weitere Verfahren. Denn in der Ablehnung der Gutachter ist eine konkludente Ausübung des Widerspruchsrechts zu sehen, so dass die Übermittlung von medizinischen Sozialdaten an den abgelehnten Gutachter unzulässig ist gemäß § 200 Abs. 2 HS. 2 SGB VII i.V.m. § 76 Abs. 2 SGB X.211 (Wagner, a.a.O., Rn. 89). Die Ablehnung der Gutachter durch den Kläger führt damit zwingend auch zu einer Verfahrensverzögerung. Soweit der Kläger nunmehr zuletzt selbst Gutachter vorgeschlagen hat, sind die Einzelheiten des Vorschlagsrechts des Versicherten umstritten. In den Gesetzesmaterialien findet sich zu § 200 SGB VII die Formulierung, dass auch der Versicherte das Recht habe, einen oder mehrere Gutachter vorzuschlagen. In der Literatur wird zu Recht darauf hingewiesen, dass sich dies nicht aus dem Wortlaut des § 200 SGB VII ergibt, sondern aus § 20 Abs. 3 SGB X, demzufolge Erklärungen und Anträge entgegenzunehmen sind. Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 SGB X sind Behörden nicht an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten gebunden, so dass der Unfallversicherungsträger nicht verpflichtet ist, dem Vorschlag des Versicherten zu folgen. Eine Ablehnung des vom Versicherten vorgeschlagenen Gutachters sollte jedoch begründet werden (vgl. zu alledem: Wagner, a.a.O., Rn. 94, m.w.N.). Auch dies bedingt daher einen zureichenden Grund, weshalb sich das Verfahren weiter verzögert.
Soweit in der pauschalen Ablehnung sämtlicher vorgeschlagener Gutachter zum Teil eine Verletzung der Mitwirkungsobliegenheiten gesehen wird (Wagner, a.a.O., Rn. 89) ist allerdings anzumerken, dass eine möglicherweise fehlende Mitwirkung des Klägers nur in engen Grenzen ein zureichender Hinderungsgrund im Sinne des § 88 SGG sein kann (Wolff-Dellen in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 88, Rn. 13). Wegen der Möglichkeit einer Bescheiderteilung nach § 66 SGB 1 kann eine Mitwirkungspflichtverletzung für sich genommen grundsätzlich kein zureichender Grund im Sinne des § 88 Abs. 1 S 2 SGG dafür sein, dass die Behörde einen Antrag unbeschieden lässt (BSG, Urteil vom 26.08.1994 – 13 RJ 17/94 –, BSGE 75, 56-61, SozR 3-1500 § 88 Nr 2, SozR 3-1200 § 66 Nr 2; Bayerisches LSG, Beschluss vom 03.02.2009, a.a.O.). Obwohl daher die notwendige medizinische Begutachtung vorliegend - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - noch einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung bietet, ist die Beklagte nunmehr dringend gehalten, innerhalb der vom SG gesetzten Frist bis zum 31.08.2017, sämtliche Maßnahmen zur Beschleunigung zu ergreifen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil es sich vorliegend nicht um eine das Verfahren beendende Entscheidung, sondern um eine Zwischenentscheidung in einem noch anhängigen Rechtsstreit handelt (Bayerisches LSG, Beschluss vom 03.02.2009, a.a.O.).
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Aussetzung des vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) geführten Rechtsstreits S 1 U 354/17 bis zum 01.09.2017.
In einem vor dem LSG Baden-Württemberg geführten Verfahren (L 6 U 2180/14) stellte der 6. Senat mit Beschluss vom 20.01.2016 fest, dass die Beteiligten folgenden Vergleich geschlossen haben: "1. Die Beklagte entscheidet über den Antrag des Klägers, nach § 48 SGB X eine Verschlimmerung der Folgen einer BK Nr. 5101 festzustellen. 2. Die Beklagte entscheidet über den Antrag des Klägers auf Anerkennung einer BK Nr. 1302. 3. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben. 4. Die Beteiligten erklären den Berufungsrechtsstreit in der Hauptsache für erledigt".
Am 28.04.2016 übersandte der Kläger medizinische Unterlagen an den Beklagten und bat im Übrigen um eine zeitnahe Entscheidung. Am 13.06.2016 erstellte die Beklagte eine Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition BK Nr. 1302.
Mit Schreiben vom 02.08.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ein Gutachten eingeholt werden solle und nannte dem Kläger drei mögliche Gutachter. Der Kläger antwortet hierauf mit Schreiben vom 08.08.2016 er sei grundsätzlich zu einer weiteren Begutachtung bereit, sehe sich aber nicht in der Lage einen der genannten Gutachter zu akzeptieren.
Mit Schreiben vom 10.11.2016 erinnerte der Kläger an die Angelegenheit und kündigte eine Untätigkeitsklage an.
Am 16.12.2016 hat der Kläger Untätigkeitsklage (S 1 U 4334/16) beim SG erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen 1.) über den Antrag des Klägers nach § 48 SGB X (über) eine Verschlimmerung der Folgen der anerkannten BK Nr. 5101 zu entscheiden und 2.) über den Antrag des Klägers auf Anerkennung einer BK Nr. 1302 zu entscheiden. Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte habe über den Antrag auf Anerkennung einer BK Nr. 1302 bislang nicht entschieden, obwohl über ein Jahr seit Vergleichsschluss vergangen sei. Die Beklagte habe lediglich mit Schreiben vom 02.08.2016 insgesamt drei Gutachter angeboten, da sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens für erforderlich halte. Der Kläger habe seine Bereitschaft zu der erforderlichen Begutachtung mitgeteilt, jedoch die vorgeschlagenen Gutachter abgelehnt. Hiernach sei nichts weiter geschehen, obwohl der Kläger mit Schreiben vom 10.11.2016 an den Fortgang des Verfahrens erinnert habe.
Mit Schreiben vom 24.01.2017 hat die Beklagte dem Kläger drei weitere mögliche Gutachter benannt und diesen auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen.
Mit Beschluss vom 07.02.2017 hat das SG die Untätigkeitsklage wegen Nichtbescheidung des Antrags auf Anerkennung einer Berufskrankheit der Nr. 1302 der Anl. 1 zur Berufskrankheitenverordnung abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 1 U 354/17 fortgeführt.
Mit Beschluss vom 08.02.2017 hat das SG unter dem Aktenzeichen S 1 U 354/17 der Beklagten aufgegeben, über den Antrag des Klägers in der Klageschrift vom 13.08.2013 im Verfahren vor dem SG (S 3 U 2911/13) auf Anerkennung von Gesundheitsstörungen, insbesondere der Erkrankung der Haut der Hände, als Folge einer Berufskrankheit der Nr. 1302 der Anl. 1 zur Berufskrankheitenverordnung bis zum 31.08.2017 durch rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu entscheiden. Mit gleichem Beschluss hat das SG den Rechtsstreit bis zum 01.09.2017 ausgesetzt. Zur Begründung der Aussetzung hat das SG u.a. ausgeführt, auch wenn die Beklagte den Antrag seit Abschluss des gerichtlichen Vergleichs vom 20.01.2016 im Verfahren L 6 U 2180/14 bisher nicht mit der gebotenen Zielstrebigkeit bearbeitet und keine zeitnahe Sachentscheidung getroffen habe liege gleichwohl (noch) ein zureichender Grund für die unterbliebene Sachentscheidung vor. Denn ob die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Folge einer BK der Nr. 1302 der Anl. 1 zur BKV anzuerkennen und gegebenenfalls zu entschädigen seien, könne ohne Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch einen ärztlichen Gutachter nicht entschieden werden. Der Kläger habe indes sowohl die von der Beklagten mit Schreiben vom 02.08.2016 sowie (mittlerweile) mit Schreiben vom 26.01.2017 jeweils vorgeschlagenen Ärzte abgelehnt, ohne bislang eigene Ärzte als Gutachter zu benennen. Angesichts dessen sei der Beklagten eine Frist zur Sachentscheidung einzuräumen und der Rechtsstreit bis zu diesem Zeitpunkt auszusetzen. Die eingeräumte Frist bis zum 31.08.2017 sei ausreichend, um die noch ausstehende Untersuchung und Begutachtung des Klägers durchzuführen und eine Entscheidung in der Sache aufgrund des Ermittlungsergebnisses zu treffen.
Gegen den am 10.02.2017 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 08.03.2017 beim SG Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, im vorausgegangenen Verfahren vor dem LSG Baden-Württemberg (L 6 U 2180/14) hätten sich die dortigen Sachverständigen ausdrücklich auch mit den Krankheitsbildern befasst, die in den Bereich der BK 1302, 1317, etc. fallen. Die Beklagte habe lediglich Sachverständige vorgeschlagen, die nach Auffassung des Klägers keine neutrale und objektive Begutachtung gewährleistete und im Lager der Berufsgenossenschaften angesiedelt seien. Der Kläger habe zwischenzeitlich mit Schreiben vom 13.02.2017 die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. als Sachverständige vorgeschlagen und darauf hingewiesen, dass ein toxikologische Sachverständigengutachten als Grundlage für die medizinische Beurteilung erforderlich sei. Hierfür habe er den Diplomchemiker Dr. M. vorgeschlagen. Hierauf sei bislang keine Reaktion erfolgt, was zeige, wie wenig der Beklagten daran gelegen sei, den geschlossenen Vergleich zu erfüllen.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Akte des SG, die Beklagtenakte und die Akte des vorliegenden Beschwerdeverfahrens Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 2 SGG ausgeschlossen, weil der Aussetzungsbeschluss seinem wesentlichen Inhalt nach keine prozessleitende Verfügung ist (Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 88 Rn. 8; Bayerisches LSG, Beschluss vom 03.02.2009 - L 17 B 1036/08 U -, juris).
Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein zureichender Grund bestand, über den Antrag des Klägers auf Anerkennung von Gesundheitsstörungen, insbesondere der Erkrankung der Haut der Hände, als Folge einer Berufskrankheit der Nr. 1302 der Anl. 1 zur Berufskrankheitenverordnung noch nicht zu entscheiden.
Bei Untätigkeitsklagen gemäß § 88 SGG ist § 88 Abs. 1 S 2 SGG gegenüber § 114 SGG lex specialis für die Aussetzung des Verfahrens (vgl. LSG Niedersachsen, Beschluss vom 01.09.1959 – L 11 S 71/59 –, juris). Nach § 88 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGG setzt das Gericht das Klageverfahren bis zum Ablauf einer von ihm zu bestimmenden Frist aus, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass über den Widerspruch noch nicht entschieden ist. Für die Beurteilung, ob ein zureichender Grund für den bisherigen Nichterlass des Bescheides bzw. hier des Widerspruchsbescheides vorliegt, kommt es auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an, nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. BSG, Urteil vom 08.12.1993 – 14a RKa 1/93 –, BSGE 73, 244-253, SozR 3-1500 § 88 Nr. 1). Bereits das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte seit Abschluss des gerichtlichen Vergleichs vom 20.01.2016 im Verfahren L 6 U 2180/14 den Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit BK Nr. 1302 bisher nicht mit der gebotenen Zielstrebigkeit bearbeitet und keine zeitnahe Sachentscheidung getroffen hat. Diese Auffassung teilt auch der Senat. Der Senat teilt jedoch auch die Auffassung des SG, dass gleichwohl (noch) ein zureichender Grund für die unterbliebene Sachentscheidung vorliegt, da die Frage, ob die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Folge einer BK der Nr. 1302 der Anl. 1 zur BKV anzuerkennen und gegebenenfalls zu entschädigen sind, ohne Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch einen ärztlichen Gutachter nicht entschieden werden kann. Ein zureichender Grund ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die Behörde an einer sachlichen Entscheidung gehindert ist, weil sie in Befolgung ihrer Amtsermittlungspflicht noch Sachverhaltsermittlungen durchführt oder Sachverständigengutachten einholt.
Dass hier die Notwendigkeit weiterer medizinischer Ermittlungen besteht wurde zuletzt auch vom Kläger nicht mehr bestritten, sondern von diesem wurden mit Schreiben vom 13.02.2017 selbst konkrete Gutachter benannt. Die aktuellen Verzögerungen sind zumindest auch dadurch bedingt, dass der Kläger die von der Beklagten vorgeschlagenen sechs Gutachter allesamt abgelehnt hat. Hierzu ist anzumerken, dass gemäß § 200 Abs. 2 S. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) der Unfallversicherungsträger vor Erteilung eines Gutachtenauftrages dem Versicherten mehrere Gutachter zur Auswahl benennen soll. Den Unfallversicherungsträgern steht das Vorschlagsrecht für die Gutachter zu und den Versicherten das Auswahlrecht im Rahmen des Vorschlags. Somit entscheiden die Unfallversicherungsträger darüber, welche Gutachter überhaupt ins Auswahlverfahren kommen, d.h. welche Sachverständigen aus ihrer Sicht über die Fachkunde für die Erstattung des Gutachtens verfügen (Wagner in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 200 SGB VII, Rn. 83). Es obliegt nach wie vor der Beklagten, über die Eignung der Gutachter zu befinden, die den Versicherten zur Auswahl vorgeschlagen werden. Ohne dieses grundlegende Recht könnte die Beklagte als Träger öffentlicher Verwaltung nicht die Gewähr und Verantwortung für eine dem Einzelfall angemessene, rechtlich zutreffende Bearbeitung und Entscheidung tragen (Kranig in: Hauck/Noftz, SGB, 01/10, § 200 SGB VII, Rn. 10).
Werden - wie vorliegend - sämtliche vom Beklagten vorgeschlagenen Gutachter abgelehnt, müssen in begründeten Fällen weitere Gutachter benannt werden. In unbegründeten Fällen trifft den Unfallversicherungsträger zwar nicht die Pflicht, weitere Gutachter zu benennen, die Ablehnung aller vorgeschlagener Gutachter hat aber Auswirkungen auf das weitere Verfahren. Denn in der Ablehnung der Gutachter ist eine konkludente Ausübung des Widerspruchsrechts zu sehen, so dass die Übermittlung von medizinischen Sozialdaten an den abgelehnten Gutachter unzulässig ist gemäß § 200 Abs. 2 HS. 2 SGB VII i.V.m. § 76 Abs. 2 SGB X.211 (Wagner, a.a.O., Rn. 89). Die Ablehnung der Gutachter durch den Kläger führt damit zwingend auch zu einer Verfahrensverzögerung. Soweit der Kläger nunmehr zuletzt selbst Gutachter vorgeschlagen hat, sind die Einzelheiten des Vorschlagsrechts des Versicherten umstritten. In den Gesetzesmaterialien findet sich zu § 200 SGB VII die Formulierung, dass auch der Versicherte das Recht habe, einen oder mehrere Gutachter vorzuschlagen. In der Literatur wird zu Recht darauf hingewiesen, dass sich dies nicht aus dem Wortlaut des § 200 SGB VII ergibt, sondern aus § 20 Abs. 3 SGB X, demzufolge Erklärungen und Anträge entgegenzunehmen sind. Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 SGB X sind Behörden nicht an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten gebunden, so dass der Unfallversicherungsträger nicht verpflichtet ist, dem Vorschlag des Versicherten zu folgen. Eine Ablehnung des vom Versicherten vorgeschlagenen Gutachters sollte jedoch begründet werden (vgl. zu alledem: Wagner, a.a.O., Rn. 94, m.w.N.). Auch dies bedingt daher einen zureichenden Grund, weshalb sich das Verfahren weiter verzögert.
Soweit in der pauschalen Ablehnung sämtlicher vorgeschlagener Gutachter zum Teil eine Verletzung der Mitwirkungsobliegenheiten gesehen wird (Wagner, a.a.O., Rn. 89) ist allerdings anzumerken, dass eine möglicherweise fehlende Mitwirkung des Klägers nur in engen Grenzen ein zureichender Hinderungsgrund im Sinne des § 88 SGG sein kann (Wolff-Dellen in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 88, Rn. 13). Wegen der Möglichkeit einer Bescheiderteilung nach § 66 SGB 1 kann eine Mitwirkungspflichtverletzung für sich genommen grundsätzlich kein zureichender Grund im Sinne des § 88 Abs. 1 S 2 SGG dafür sein, dass die Behörde einen Antrag unbeschieden lässt (BSG, Urteil vom 26.08.1994 – 13 RJ 17/94 –, BSGE 75, 56-61, SozR 3-1500 § 88 Nr 2, SozR 3-1200 § 66 Nr 2; Bayerisches LSG, Beschluss vom 03.02.2009, a.a.O.). Obwohl daher die notwendige medizinische Begutachtung vorliegend - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - noch einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung bietet, ist die Beklagte nunmehr dringend gehalten, innerhalb der vom SG gesetzten Frist bis zum 31.08.2017, sämtliche Maßnahmen zur Beschleunigung zu ergreifen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil es sich vorliegend nicht um eine das Verfahren beendende Entscheidung, sondern um eine Zwischenentscheidung in einem noch anhängigen Rechtsstreit handelt (Bayerisches LSG, Beschluss vom 03.02.2009, a.a.O.).
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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