L 5 R 3452/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1923/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3452/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.02.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höhere Rente nach Maßgabe des Fremdrentengesetzes (FRG) unter Neubewertung rentenrechtlicher Zeiten vom 01.09.1981 bis 26.10.1993 und vom 26.05.1994 bis 30.04.1995.

Der 1946 in der ehemaligen U. (K.) geborene Kläger, Inhaber eines Vertriebenenausweises A, siedelte am 08.05.1995 nach Deutschland aus. In der ehemaligen U. war er ausweislich einer Archivbescheinigung vom 07.10.2010 bei einer Sowchose als Dreher (Juli 1964 bis Oktober 1965), Kraftfahrer (Dezember 1968 bis August 1975 und November 1982 bis April 1995) und im Übrigen (mit Ausnahme des Wehrdienstes November 1965 bis November 1968) als Einrichter beschäftigt. Im Arbeitsbuch des Klägers ist hierzu u.a eingetragen:

12.08.1975 Eingestellt als Kraftfahrer der ersten Klasse 06.09.1976 Eingestellt als Traktorist - Einrichter 23.10.1982 Versetzt als Kraftfahrer der ersten Klasse 16.06.1992 Versetzt als Kraftfahrer 26.10.1993 auf eigenen Wunsch aus der Arbeit entlassen 15.01.1994 Privates Kleinunternehmen eingestellt als Kraftfahrer ... 20.04.1994 Entlassen auf eigenen Wunsch 26.04.1994 Eingestellt als Kraftfahrer des Kraftfahrzeugdepots 26.05.1994 Versetzt als Mechaniker der Personenkraftwagen 30.04.1995 Entlassen im Zusammenhang mit der Ausreise ins Ausland

Mit Bescheid vom 04.08.2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger auf dessen am 25.05.2011 gestellten Rentenantrag ab 01.09.2011 Regelaltersrente.

Am 26.08.2011 erhob der Kläger Widerspruch. Er habe mit Unterbrechungen durch den Wehrdienst seit 1965 bis zur Aussiedlung nach Deutschland 1995 als Kraftfahrer/Traktorist gearbeitet und neben der Fahrtätigkeit auch Reparaturen an den Fahrzeugen eigenverantwortlich ausgeführt. Deswegen sei er nicht in die Qualifikationsgruppe 5, sondern - als Berufskraftfahrer - in die Qualifikationsgruppe 4 (Anlage 13 zum Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) einzustufen.

Auf Nachfrage der Beklagten legte der Kläger eine Beschreibung seiner Tätigkeit als Kraftfahrer/Traktorist, sein Arbeitsbuch und ein (nicht als Führerschein geltendes) Zeugnis (Nr. 7 ...) vom 07.10.1967 über die während des Wehrdienstes absolvierte Ausbildung für Kraftfahrer zweiter Klasse vor. Der Kläger gab an, er habe als Berufskraftfahrer nach Schichtende notwendige Reparaturen an den Fahrzeugen (an Motor, Getriebe, Hydraulik, Achsen u.a.) ausführen müssen; der Betrieb (Sowchose) habe nicht über eine eigene Werkstatt verfügt. Aufgrund seiner Kenntnisse sei er später als Mechaniker tätig gewesen. Außerdem habe er während der Saison qualifizierte Arbeiten in der Landwirtschaft geleistet und etwa die Erzeugnisse der Sowchose transportiert und Feldarbeiten (Pflügen) erledigt. Nachweise oder Diplome könne er nicht mehr vorlegen. Er habe 1976 an einer Schulung teilgenommen, bei der er direkt beim Hersteller der Traktoren die Durchführung von Wartungs- und Reparaturarbeiten erlernt habe.

Die Beklagte forderte sodann schriftliche Zeugniserklärungen an. Der (1949 geborene) Hr. K. gab an, er kenne den Kläger seit ca. 1974. Er habe im gleichen Kombinat wie der Kläger gearbeitet. Der Kläger habe als Traktorist gearbeitet und Traktoren, Mähdrescher und Lastwagen gefahren. Er sei auch für den Unterhalt und die Reparatur dieser Fahrzeuge zuständig gewesen. Die Angaben bezögen sich auf die Zeit bis zur Aussiedlung des Klägers nach Deutschland. Der (1949 geborene) Hr. L. gab an, er kenne den Kläger seit ca. 1960; er sei der Ehemann seiner Cousine. Die Angaben bezögen sich auf die Zeit von Ende Juli 1970 bis 08.05.1993. Er habe mit dem Kläger nach dem Wehrdienst ab Ende Juli 1970 bis zu seiner Aussiedlung nach Deutschland am 08.05.1993 in der gleichen Sowchose gearbeitet. Der Kläger habe nach seiner Erinnerung überwiegend als Kraftfahrer gearbeitet. Er sei auch für die Pflege und für Reparaturarbeiten seines Fahrzeugs zuständig gewesen. Die für die Ausführung von Reparaturarbeiten notwendigen Kenntnisse habe sich der Kläger selbst angeeignet; erste Kenntnisse hinsichtlich des LKW (Motor, Getriebe u.a.) bzw. des Traktors habe er zugleich mit Erwerb des jeweiligen Führerscheins erlangt. Im Frühjahr und im Herbst sei der Kläger als Traktorist tätig gewesen. Im Frühjahr habe er bei der Ausstellung und im Herbst bei der Ernte geholfen.

Mit Bescheid vom 24.02.2012 wurde die Altersrente des Klägers neu festgestellt (monatlicher Zahlbetrag ab 01.03.2012: 785,33 EUR); es wurde zusätzlich eine geringfügige Beschäftigung im August 2011 als rentenrechtliche Zeit berücksichtigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger könne nicht in die Qualifikationsgruppe 4 (Facharbeiter) eingestuft werden. Dafür genüge die Zuerkennung der Qualifikation des Kraftfahrers zweiter Klasse (während des Wehrdienstes am 04.03.1968) und die Absolvierung einer Schulung im Jahr 1976 nicht. Die fehlende Facharbeiterqualifikation könne durch die Tätigkeit des Klägers als Kraftfahrer/Traktorist nicht ersetzt werden. Für die Zeit der Beschäftigung in der Sowchose sei davon auszugehen, dass er lediglich kleinere Reparaturen habe ausführen müssen, da die großen landwirtschaftlichen Betriebe (wie Sowchosen) nach aller Erfahrung über Reparaturhallen mit fachkundigem Personal (wie Automechaniker, Schlosser und Schweißer) verfügt hätten. Im Übrigen sei er in einem Kollektivunternehmen vom 26.04.1994 bis 25.05.1994 als Kraftfahrer und danach als Mechaniker tätig gewesen. Zur Qualifikationsgruppe 5 gehörten auch Arbeiter auf Anlernebene.

Am 11.06.2012 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Ausweislich seines Arbeitsbuchs sei er am 12.08.1975 zum Kraftfahrer erster Klasse ernannt worden. Andere Rentenversicherungsträger wendeten nach sechsjähriger Berufstätigkeit die Qualifikationsgruppe 4 an.

Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids entgegen; sie verwies außerdem auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 12.07.2006 (- L 5 R 5315/05 -, nicht veröffentlicht).

Am 24.01.2014 fand eine Erörterungsverhandlung des SG statt. Der Kläger gab an, in seinem Betrieb sei kein Mechaniker und auch kein Schlosser angestellt gewesen. Er sei als LKW-Fahrer für den LKW verantwortlich gewesen. Er habe weite Touren, teils über 1.000 Km gefahren, und sei manchmal mehrere Wochen unterwegs gewesen. Er habe Schäden am Fahrzeug beheben und sich mit dem Motor auskennen müssen. Einmal habe er einen Kolben ausgetauscht und häufiger Reifen gewechselt. Während der Ausbildung zum Fahrer sei er über Reparaturmöglichkeiten unterrichtet worden. Bei neuen LKWs habe es Lehrgänge für die neue Technik gegeben. Er habe immer eine Kiste mit kleineren Ersatzteilen mitgeführt. Außerdem sei er für die Ladung verantwortlich gewesen und er habe alle damit zusammenhängenden Arbeiten erledigt.

Nachdem der Kläger weitere Unterlagen (u.a. Auszüge eines Gutachtens des Prof. Dr. Sch., Zentrum für kontinentale Agrar- und Wirtschaftsforschung der Universität G., vom 28.01.1995) vorgelegt hatte, wies das SG die Klage mit Urteil vom 27.02.2015 ab. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG) aus, die vom Kläger von 1965 bis 1995 verrichtete Tätigkeit als Kraftfahrer/Traktorist genüge den Anforderungen an eine Facharbeitertätigkeit (i.S.d. Qualifikationsgruppe 4) nicht. Für die Qualifikationsgruppeneinstufung seien die konkreten Qualifikationsmerkmale der Qualifikationsgruppen, die dem System der beruflichen Bildung der ehemaligen D. entnommen seien, maßgeblich, die in dieser Form in den Herkunftsländern der FRG-Rentenberechtigten aber nicht immer anzutreffen seien. Die Merkmale dieser Qualifikationsgruppen müssten sinngemäß auf die Verhältnisse der Herkunftsländer übertragen werden (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 12.11.2003, - B 8 KN 2/03 R -; Landessozialgericht (LSG) Hessen, Urteil vom 05.11.2010, - L 5 R 395/09 -; beide in juris). Die Qualifikationsgruppe 4 sei Facharbeitern vorbehalten und gelte für Personen, die nach entsprechender Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifikation nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden hätten und über ein Facharbeiterzeugnis (Arbeiterbrief) verfügten oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden sei. Der Kläger habe den Erwerb einer förmlichen Facharbeiterqualifikation weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht und er mache auch nicht geltend, über einen Facharbeiterbrief zu verfügen. Ihm sei die Facharbeiterqualifikation auch nicht wegen langjähriger Berufserfahrung zuzuerkennen. Der Beruf des Kraftfahrers sei im Unterschied zum Berufskraftfahrer nach dem Ausbildungssystem der ehemaligen D. kein Facharbeiterberuf; er entspreche lediglich den Kriterien für eine angelernte Tätigkeit der Qualifikationsgruppe 5. Anhaltspunkte für eine davon abweichende höhere Qualifizierung im Rahmen des Ausbildungssystems der ehemaligen U. lägen nicht vor. Der Kläger habe lediglich den Besuch von für Kraftfahrer vorgesehenen Lehrgängen belegt. Insoweit sei auch die nach einem entsprechenden Kurs zuerkannte Qualifikation eines Kraftfahrers der ersten Klasse einer mehrjährigen Berufsausbildung nicht gleichzusetzen, die mit der Facharbeiterqualifikation in der ehemaligen D. vergleichbar wäre (LSG Hessen, a.a.O.). Der Kläger habe auch nicht für eine gewisse (Mindest-)Zeit eine Tätigkeit verrichtet, bei der er Kenntnisse und Fähigkeiten habe einsetzen müssen, die der höherqualifizierten (Facharbeiter-)Tätigkeit vollwertig entsprochen hätten. Dafür genüge es nicht, dass er nach eigenen Angaben während absolvierter Fahrten regelmäßig auch Reparatur- und Wartungsarbeiten an seinem Fahrzeug ausgeführt habe.

Gegen das ihm am 17.07.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.08.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt er sein bisheriges Vorbringen. In vergleichbaren Fällen sei die Qualifikationsgruppe 4 zuerkannt worden (etwa: LSG Bayern, Urteil vom 18.03.2016, - L 13 R 196/14 -, in juris).

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.02.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.05.2012 zu verurteilen, ihn hinsichtlich der Zeiten vom 01.09.1981 bis 26.10.1993 und vom 26.05.1994 bis 30.04.1995 in die Qualifikationsgruppe 4 (Anlage 13 SGB VI) einzustufen und ihm deswegen höhere Altersrente ab 01.09.2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Nachgewiesen sei mit dem Zeugnis Nr. 7 ... (vom 07.10.1967) lediglich während der Armeezeit die Absolvierung der Prüfung zum Kraftfahrer der zweiten Klasse. Da der Kläger ausweislich seines Arbeitsbuchs am 04.07.1964 als Dreher in der Maschinen- und Traktorenwerkstatt der Sowchose eingestellt worden sei, könne die Angabe, die Sowchose habe nicht über eine Werkstatt verfügt, nicht zutreffen. Dass der Kläger auch Reparaturen an den von ihm gefahrenen Fahrzeugen ausgeführt habe, genüge für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 nicht. Im Vordergrund habe die Fahrertätigkeit gestanden; das gehe auch aus der Aussage des Zeugen L. hervor.

Der Kläger hat abschließend geltend gemacht, aus seinem Arbeitsbuch gehe hervor, dass er Dreher und Kraftfahrer gewesen sei. Er habe sich weiter qualifiziert und den Führerschein zum Berufskraftfahrer erworben. Da er Dreher gewesen sei, habe er auch andere Fahrzeuge reparieren müssen, wenn aufwändigere Reparaturen angefallen seien, die zusätzliche Qualifikationen erfordert hätten. Später - 1994 - habe er außerdem als PKW-Mechaniker gearbeitet. Die Angabe, seine Sowchose habe nicht über eine eigene Werkstatt verfügt, sei missverständlich gewesen. Es habe eine Halle gegeben und jeder Kraftfahrer habe dafür sorgen müssen, dass er in diese Halle komme, und dort habe er dann das Fahrzeug selbst reparieren müssen. Inhalt der Ausbildung zum Erwerb der Qualifikation des Kraftfahrers erster Klasse sei auch die Instandhaltung, Wartung und Reparatur des Fahrzeugs gewesen. Er habe dann bspw. das Getriebe und den Motor zerlegen und reparieren können. Das habe er auch für Kollegen, die nicht über die Qualifikation des Kraftfahrers erster Klasse verfügt hätten, erledigt.

Der Kläger hat die Kopie eines Zeugnisses Nr. 0 ... vom 10.04.1973 vorgelegt. Darin heißt es, der Kläger habe die Ausbildung abgeschlossen und gemäß dem Protokoll der Prüfungskommission Nr. 14-1 vom 14.08.1973 die Prüfung nach dem Ausbildungsprogramm für Kraftfahrer der ersten Klasse bei dem Lehrkombinat bestanden: 1. Kraftfahrzeug - Aufbau, technische Wirkung, Reparatur; 2. Straßenverkehrsregeln. Das Zeugnis diene nicht als Fahrerlaubnis. Durch den Beschluss Nr. 150 vom 31.08.1973 sei dem Kläger die Qualifikation "erste Kasse" zuerkannt worden.

Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, das bisher nicht aktenkundige Zeugnis Nr. 0 ... belege, dass der Kläger erst im August 1973 die Qualifikation des Kraftfahrers erster Klasse erworben habe. Unerklärlich sei die Datumsangabe "10.04.1973" auf der Bescheinigung über einen im August 1973 abgeschlossenen Lehrgang. Da der Kläger die Berechtigung zum Führen größerer LKW erst im August 1973 erworben habe, sei nicht davon auszugehen, dass er solche Fahrzeuge - entgegen den seinerzeit in der U. geltenden Vorschriften - vorher gefahren habe. Man halte an der bisherigen Einschätzung fest.

Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihn hinsichtlich der Zeiten vom 01.09.1981 bis 26.10.1993 und vom 26.05.1994 bis 30.04.1995 in die Qualifikationsgruppe 4 (Anlage 13 SGB VI) einzustufen und ihm deswegen höhere Altersrente zu gewähren; er hat darauf keinen Anspruch.

Die Höhe der Rente richtet sich nach § 63 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Zu den zu berücksichtigenden Zeiten gehören die Beitragszeiten. Da der Kläger die streitigen Zeiten nicht im Bundesgebiet zurückgelegt hat, kommt eine Berücksichtigung der Beitragszeiten als Beitragszeiten nur nach dem FRG in Betracht. Gemäß § 1 Abs. 1 FRG ist das FRG auf den Kläger anwendbar, da er als Spätaussiedler im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes anerkannt ist.

Nach § 15 Abs. 1 FRG stehen bei Personen, die wie der Kläger zu dem nach § 1 FRG berechtigten Personenkreis gehören, Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich.

Die vom Kläger in der ehemaligen S. zurückgelegten Beitragszeiten sind nach § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG zu bewerten. Danach werden Entgeltpunkte für Beitrags- und Beschäftigungszeiten gem. § 256b Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach Durchschnittsverdiensten ermittelt, die sich nach Einstufung der Beschäftigung in eine der in Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen und nach Zuordnung der Beschäftigung zu einem der in Anlage 14 genannten Bereiche ergeben. Für die Versicherten aus den Herkunftsgebieten sind die Tabellenwerke übernommen worden, die den Einkommensverhältnissen sowie den Ausbildungs- und Fortbildungsstrukturen der ehemaligen D. angepasst waren. Der Gesetzgeber hat es aus Gründen der Gleichbehandlung für geboten erachtet, das Integrationsprinzip des Fremdrentenrechts fortzuentwickeln, um die Fremdrentenberechtigten nicht anders (bzw. besser) zu stellen als die Bevölkerung der ehemaligen D. (LSG Hessen, Urteil vom 05.11.2010, - L 5 R 395/09 -, in juris Rdnr. 32 mit Hinweis auf BR-Drs. 197/91 S. 114,115).

In die Qualifikationsgruppe 4 - Facharbeiter - sind Personen einzustufen, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind oder denen auf Grund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist. Hierzu zählen nicht Personen, die im Rahmen der Berufsausbildung oder der Erwachsenenqualifizierung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes entsprechend der Systematik der Ausbildungsberufe im Beitrittsgebiet ausgebildet worden sind. In die Qualifikationsgruppe 5 - angelernte und ungelernte Tätigkeiten - sind (1.) Personen einzustufen, die in der Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung (nur) auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes abgeschlossen haben und im Besitz eines entsprechenden Zeugnisses sind, (2.) Personen, die in einer produktionstechnischen oder anderen speziellen Schulung für eine bestimmte Tätigkeit angelernt worden sind, und (3.) Personen ohne Ausbildung oder spezielle Schulung für die ausgeübte Tätigkeit. Nach den Sätzen 1 und 2 der Anlage 13 SGB VI sind Versicherte in eine der Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Haben Versicherte auf Grund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise denen von Versicherten in einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, sind sie in diese Qualifikationsgruppe einzustufen.

Bei der notwendigen analogen Anwendung der auf die Verhältnisse in der ehemaligen D. zugeschnittenen Eingruppierungsmerkmale ist nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 12.11.2003, - B 8 KN 2/03 R -, Urteil vom 24.07.2003, - B 4 RA 61/02 R -, beide in juris) zunächst von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems auszugehen. Sodann ist zu fragen, welcher Qualifikationsgruppe - übertragen auf die Verhältnisse in der D. - diese berufliche Ausbildung und Qualifikation materiell entspricht. Schließlich ist zu prüfen, ob eine diesen Qualifikationsmerkmalen entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wurde (vgl. LSG Bayern, Urteil vom 18.03.2016, - L 13 R 196/14 -, in juris Rdnr. 29 ff.; LSG Hessen, Urteil vom 05.11.2010, - L 5 R 395/09 - in juris Rdnr. 30 ff.).

Davon ausgehend kann der Kläger hinsichtlich der streitigen Zeiten (01.09.1981 bis 26.10.1993 und 26.05.1994 bis 30.04.1995) auch nach Auffassung des Senats nicht in die Qualifikationsgruppe 4 eingestuft werden.

Der Kläger hat in der ehemaligen U. eine Berufsausbildung zum Facharbeiter an einer hierfür in Betracht kommenden Ausbildungseinrichtung nicht absolviert und ihm ist die Facharbeiterqualifikation trotz fehlender Berufsausbildung auch nicht förmlich zuerkannt worden (dazu, insbesondere zur Facharbeiterausbildung in der ehemaligen U. näher LSG Bayern, Urteil vom 18.03.2016, - L 13 R 196/14 -, in juris Rdnr. 37 m.N.; auch LSG Hessen, Urteil vom 05.11.2010, - L 5 R 395/09 -, in juris Rdnr. 54).

Die Tätigkeit, die der Kläger als (LKW-)Fahrer einer Sowchose ausgeübt hat, genügt für seine Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 nach Maßgabe des Satzes 2 Anlage 13 SGB VI nicht. Bei der Fahrertätigkeit des Klägers hat es sich nach Auffassung des Senats nicht um die in voller Breite ausgeübte Tätigkeit eines (i.S.d. Qualifikationsgruppe 4) als Facharbeiter qualifizierten Berufskraftfahrers, sondern um die Tätigkeit eines (i.S.d. Qualifikationsgruppe 5) angelernten Kraftfahrers gehandelt. Das geht aus der Gesamtheit der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren getroffenen Feststellungen hervor.

Bei der nach Satz 2 Anlage 13 SGB VI vorzunehmenden Qualifikationsgruppeneinstufung von Personen, die Fahrertätigkeiten ausgeübt haben, ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass der Beruf des Kraftfahrers nach dem Ausbildungssystem der ehemaligen D. kein Facharbeiterberuf (Qualifikationsgruppe 4), sondern ein Anlernberuf (Qualifikationsgruppe 5) gewesen ist. Der Anlernkraftfahrer ist vom Berufskraftfahrer zu unterscheiden. Nur der Berufskraftfahrer ist als Facharbeiter in die Qualifikationsgruppe 4 einzustufen. Bei der Qualifikationsgruppeneinstufung dürfen die Grenzen zwischen dem Anlern- und dem Facharbeiterberuf nicht verwischt werden. Dass Kraftfahrer in der ehemaligen U. - so auch der Kläger - regelmäßig Reparaturen und Wartungsarbeiten am Fahrzeug ausführen mussten, begründet für sich allein die Einstufung in die (Facharbeiter-)Qualifikationsgruppe 4 wegen langjähriger Berufserfahrung in einer - in voller Breite ausgeübten - Facharbeitertätigkeit nicht (vgl. auch LSG Hessen, Urteil vom 05.11.2010, - L 5 R 395/09 -, in juris Rdnr. 53; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.11.2010, - L 2 R 435/10 -, in juris; auch Senatsurteil vom 12.07.2006, - L 5 R 5315/05 -, nicht veröffentlicht).

Für die Qualifikationsgruppeneinstufung nicht ausschlaggebend ist hier, dass der Kläger nach dem zuletzt im Berufungsverfahren in Kopie vorgelegten Zeugnis Nr. 0 ... vom 10.04.1973 die Prüfung nach dem Ausbildungsprogramm für Kraftfahrer der ersten Klasse bestanden hat und ihm die Qualifikation "erste Klasse" zuerkannt worden ist. Wie die Beklagte zu Recht geltend gemacht hat, bestehen Zweifel an der Aussagekraft des Zeugnisses, da es im April 1973 (10.04.1973) ausgestellt worden ist, jedoch auf ein Protokoll der Prüfungskommission vom August 1973 (14.08.1973) Bezug nimmt. Außerdem hat der Kläger auf diese Prüfung und die ihr zugrundeliegende Ausbildung weder im Verwaltungsverfahren noch im sozialgerichtlichen Verfahren, sondern erst im Berufungsverfahren hingewiesen. Im Verwaltungsverfahren hat er auf Nachfrage der Beklagten nur eine Schulung im Jahr 1976 mitgeteilt, bei der er die Durchführung von Wartungs- und Reparaturarbeiten vom Hersteller der in der Sowchose eingesetzten Traktoren erlernt habe. Weshalb der Kläger eine zuvor bereits im Jahr 1973 absolvierte Ausbildung, abgeschlossen durch eine vor einer Prüfungskommission (erfolgreich) abgelegte Prüfung (u.a.) mit dem Inhalt - so das genannte Zeugnis - "Kraftfahrzeug - Aufbau, technische Wirkung, Reparatur" bis zum Berufungsverfahren und auch noch in der Berufungsbegründung nicht erwähnt und lediglich im Klageverfahren auf die im Arbeitsbuch vermerkte (tatsächliche) Einstellung als Kraftfahrer der ersten Klasse hingewiesen hat, ist unerfindlich. Hierauf kommt es ausschlaggebend aber nicht an. Die Inhaberschaft eines Zeugnisses der in Rede stehenden Art führt entgegen der Einschätzung des Klägers nicht ohne Weiteres, namentlich nicht ohne Berücksichtigung der hier gemäß Satz 2 Anlage 13 SGB VI maßgeblichen (konkret ausgeübten) Tätigkeit zur Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 (dazu auch: LSG Hessen, Urteil vom 05.11.2010, - L 5 R 395/09 -, in juris Rdnr. 56; zur Tätigkeit als Traktorist der 1. Klasse in der ehemaligen U. LSG Bayern, Urteil vom 18.03.2016, - L 13 R 196/14 -, in juris). Hierfür genügt es nicht, dass der Kläger im Zuge seiner Fahrertätigkeit auch Reparaturen an Fahrzeugen ausgeführt hat und - so Hr. K. - für Unterhalt und Reparatur der Fahrzeuge bzw. - so Hr. L. - für Pflege- und Reparaturarbeiten seines Fahrzeugs zuständig gewesen ist. Die Übernahme der Fahrzeugpflege und auch die Erledigung einzelner anfallender Reparaturen macht den Kraftfahrer noch nicht zum - in voller Breite des Berufskraftfahrerberufs tätigen - Facharbeiter. Tätigkeiten dieser Art werden auch angelernten Kraftfahrern abverlangt. Sie müssen - zumal, wenn sie in der ehemaligen U. lange Strecken (nach Angaben des Klägers teils über 1.000 Km) haben fahren müssen - in der Lage sein, Schäden am LKW zu beheben und Reifen zu wechseln (vgl. die Angaben des Klägers in der Erörterungsverhandlung des SG vom 24.01.2014). Die hierfür notwendigen Kenntnisse, das - so der Kläger in der genannten Erörterungsverhandlung - "Sichauskennenmüssen" mit dem Motor, müssen sich die angelernten Kraftfahrer ohne Absolvierung einer förmlichen Ausbildung zum Facharbeiter bzw. (hier) zum Berufskraftfahrer aneignen. Das trifft ersichtlich auch für den Kläger zu, wie namentlich aus den Angaben des Hr. L. hervorgeht, der mit dem Kläger von Ende Juli 1970 bis zu seiner Aussiedlung in der gleichen Sowchose gearbeitet hat. Danach hat sich der Kläger die für die Ausführung von Reparaturarbeiten erforderlichen Kenntnisse selbst angeeignet, nachdem er erste Kenntnisse hinsichtlich des LKW (Motor, Getriebe u.a.) bzw. des Traktors zugleich mit dem Erwerb des jeweiligen Führerscheins erworben hatte. Das Verfahrensvorbringen des Klägers unterstreicht dies, da er - wie ausgeführt - hinsichtlich der Kenntnisse für Fahrzeugwartung und -reparatur im Verwaltungsverfahren nur auf eine Herstellerschulung (gleichsam eine Einweisung bzw. ein Anlernen durch den Fahrzeughersteller) im Jahr 1976 verwiesen, eine weitergehende Ausbildung insoweit aber nicht erwähnt hat. Auch in der Erörterungsverhandlung des SG hat der Kläger neben der Unterrichtung über Reparaturmöglichkeiten während der Fahrerausbildung (nur) auf Lehrgänge hingewiesen. Sollte eine über das Anlernen hinausgehende (vertieftere) Ausbildung - etwa nach Maßgabe des Zeugnisses vom 10.04.1973 - stattgefunden haben, hat sie für die tatsächliche Berufstätigkeit des Klägers ersichtlich keine maßgebliche Bedeutung gehabt und dieser nicht das Gepräge der in voller Breite ausgeübten Facharbeitertätigkeit gegeben. Die Tätigkeit des Klägers hat den Rahmen einer angelernten Kraftfahrertätigkeit nicht verlassen. Dass der Kläger - so seine Angaben in der Erörterungsverhandlung des SG - immer eine Kiste mit kleineren Ersatzteilen mitgeführt und - einmal - einen Kolben und - häufiger - Reifen gewechselt hat, macht ihn nicht zum Facharbeiter; dafür genügt auch die zusätzlich geltend gemachte Verantwortung für die Ladung und die Erledigung der mit der Ladung zusammenhängenden Arbeiten nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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