Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 586/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3127/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 24. Juni 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt in diesem Verfahren (L 6 U 3127/15) die Gewährung einer Verletztenrente wegen eines Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens (Zu-Gunsten-Verfahrens). Das Parallelverfahren L 6 U 3126/15 betrifft eine Verletztenrente auf Grund eines Arbeitsunfalls vom 17. November 1998. Insoweit macht der Kläger auch einen gestützten Rentenanspruch geltend.
Der Kläger ist im Jahre 1966 geboren und in Deutschland wohnhaft. Er ist gelernter Schlosser.
Bei dem Unfall im Jahre 1998, bei dem er als angestellter Schlosser bei einer Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) unfallversichert war, schnitt sich der Kläger ein Blechstück in seine linke Mittelhand. Es kam unter anderem zu einer Läsion der Beugesehne. Bereits am Unfalltag war die Beugung im Daumenendgelenk nicht durchführbar, während die Beweglichkeit des Daumengrundgelenks erhalten war, ferner bestand eine Hypästhesie der Kuppe. Die Sehne wurde am 19. November 1998 genäht, nach Aktenlage ist aber die Versteifung - nur - des Daumenendgelenks verblieben.
Im Jahre 2010 war der Kläger als selbstständiger Schlosser mit eigenem Unternehmen tätig.
Am Montag, dem 17. Mai 2010, begab er sich um 15:06 Uhr nachmittags zu Dres. L. und B ... Er gab dort an, er habe an jenem Tage morgens um 06:00 Uhr während der Arbeit beim Anheben eines Metallteils beim Nachfassen Schmerzen im Bizeps des linken Arms verspürt. Er habe dann zunächst weiter gearbeitet. Die Ärzte führten aus, es beständen Schmerzen in der linken Ellenbeuge, hier sei die Bizepssehne nicht mehr tastbar, der M. biceps brachii (Armbeuger) sei nach proximal (zur Körpermitte) hin zurückgezogen, die grobe Kraft sei mäßig vermindert, der periphere MSD sei intakt (keine motorischen oder sensiblen Ausfallerscheinungen, keine Störungen der Durchblutung). Diagnostiziert wurde eine Ruptur der Bizepssehne am linken Ellenbogen. Der Kläger wurde zur Operation in die Klinik am Eichert überwiesen.
Die Beklagte erhielt am 18. Mai 2010 Kenntnis von diesem Unfall. Prof. Dr. U. teilte ihr am 21. Mai 2010 mit, für den 25. Mai sei eine stationäre Aufnahme und eine Operation des Klägers geplant. Auf Aufforderung der Beklagten hin erstattete der Kläger am 22. Mai 2010 Unfallanzeige. Er gab an, er habe beim Nachfassen beim Anheben eines ca. 35 kg schweren Stahlträgers ein Zerren in seinem linken Bizepsmuskel verspürt. Als Unfalltag gab er hier den 10. Mai 2010 an. Auf Nachfrage der Beklagten korrigierte er diese Angabe am 27. Mai 2010 auf den 17. Mai 2010.
In dem OP-Bericht vom 26. Mai 2010 gab Dr. E. an, es sei eine distale Bizepssehnenruptur zu diagnostizieren gewesen. Das Bizepssehnenende sei kolbig aufgetrieben und eingeblutet gewesen ("frische Verletzung"). Die Ruptur sei mit Fadenanker genäht worden. Die Klinik teilte auch mit, eine histologische Untersuchung habe nicht stattgefunden. Der Kläger wurde am 27. Mai 2010 entlassen. In dem Zwischenbericht vom 28. Mai 2010 teilten Dres. L./B. mit, nach Abnahme der Oberarmgipsschiene habe sich eine reizlose Wunde mit mäßiger Umgebungsschwellung gezeigt, die periphere DMS (MSD) sei intakt, die Schiene sei nach einem Verbandswechsel wieder angelegt worden, die Arbeitsunfähigkeit werde noch sieben bis acht Wochen andauern.
Der Kläger arbeitete ab dem 31. Mai 2010 wieder in seinem Unternehmen, jedoch nur mit etwa 30 % der üblichen Arbeitszeit, ferner führte er ausschließlich Bürotätigkeiten durch.
In dem Unfallfragebogen vom 4. Juni 2010 gab er an, er habe sofort, aber nur kurz, einen stechenden Schmerz verspürt, dazu einen plötzlichen Kraftverlust. Danach habe es weniger Schmerzen gegeben, die aber nach Stunden bzw. Tagen wieder stärker geworden seien. Er habe bis 15.00 Uhr weiter gearbeitet. Die Frage nach Sport beantwortete der Kläger dahin, er habe von 1975 bis 1994 Handball gespielt.
Beratungsärztin Dr. K. führte gegenüber der Beklagten am 22. Juni 2010 aus, insbesondere das Nachfassen während des Unfalls sei ein geeigneter Hergang, es ergäben sich auch keine Hinweise auf eine unfallunabhängige Ursache.
Dres. L./B. teilten am 2. Juli 2010 mit, radiologisch zeige sich eine beginnende Ossifikation (Bildung von Knochengewebe) im Verlauf der refixierten Bizepssehne. Der Kläger führe mit der Schiene krankengymnastische Übungen durch. Die Ruhigstellung sei noch für drei Tage geplant, die Arbeitsunfähigkeit noch für zwei Wochen. Am 29. Juli 2010 gaben die Ärzte jedoch an, es beständen krampfartige, mäßige Beschwerden in der proximalen Unterarmbeugemuskulatur, in der Ellenbeuge lasse sich eine knöcherne Resistenz tasten, die Streckung/Beugung betrage 0/20/110°, die Pro-/Supination 60/0/80°, die Behandlung werde fortgesetzt, Arbeitsunfähigkeit werde bis zum 8. August 2010 bestehen. In dem weiteren Zwischenbericht vom 17. August 2010 teilten Dres. L./B. dann mit, der Kläger sei zwar seit dem 16. August 2010 wieder arbeitsfähig, jedoch werde die Behandlung "mit einer MdE um 20 v.H. geschlossen". Es bestehe eine druckschmerzhafte Resistenz beugeseitig, radiologisch zeige sich eine ausgeprägte periarticuläre Verkalkung. Die grobe Kraft am Ellenbogen sei vermindert, die Supination um die Hälfte eingeschränkt, Beugung und Streckung betrügen 0/0/130°, die MSD in der linken Hand sei unauffällig. Auf Nachfrage der Beklagten, wonach eine verbleibende Streckung/Beugung von 30 bis 130° und eine Pro- und Supinationsbewegung von je 55° für die meisten Tätigkeiten ausreichten, hielten Dres. L./B. am 1. Oktober 2010 an ihrer Einschätzung einer MdE um 20 v.H. fest, weil vor allem die eingeschränkte Flexion sehr störend sei.
Die Beklagte hatte dem Kläger vom 17. Mai bis zum 15. August 2010 Verletztengeld mit einem täglichen Zahlbetrag von EUR 44,44 gewährt und die bis dato angefallenen Behandlungskosten getragen.
Auf Anraten der Beratungsärztin Dr. K., die auf die Einschränkung der Auswärtsdrehung auf 40 bis 45° hinwies, erhob die Beklagte im Einvernehmen mit dem Kläger das Erste Rentengutachten bei dem Unfall- und Wiederherstellungschirurgen M., Helfenstein-Klinik Göppingen, vom 18. Februar 2011. Dieser Gutachter stellte fest, dass die Motorik des linken Ellenbogens nicht wesentlich eingeschränkt sei, die Streckung/Beugung liege bei 0/0/140° (ebenso rechts), die Unterarmdrehung links sei schmerzhaft eingeschränkt mit 70/0/70° (bei 90/0/90° rechts), die grobe Kraft der Supination am linken Ellenbogen sei klinisch getestet um 50 % vermindert, es ergäben sich geringere Umfangsmaße des linken distalen Oberarms gegenüber rechts. Bei endgradigen Rotationsbewegungen habe der Kläger schmerzhafte Muskelkrämpfe im M. biceps brachii. Diese Funktionseinbußen beruhten auf der Verletzung und der operativen Versorgung als auch auf der hypertrophen Ossifikation im proximalen Radius. Sie seien vollständig dem Unfall vom 17. Mai 2010 anzulasten. Die MdE habe dementsprechend ab dem 16. August 2010 bei 20 v.H. gelegen und werde dort voraussichtlich noch für drei Jahre liegen.
Der Beratungsarzt der Beklagten wertete dieses Gutachten aus und teilte mit, bei freier Beugung und Streckung und nur endgradiger und daher funktionell nicht relevanter Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit bedingten die Kraftminderung und die glaubhaften Beschwerden maximal eine MdE um 10 v.H., dies gelte auch, sofern - doch - eine endgradige Beugehemmung durch die Verkalkung vorhanden sein sollte.
Mit Bescheid vom 19. Juli 2011 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 ab. Der Unfall habe zu einer Einschränkung der Unterarmdrehbeweglichkeit, belastungs- und bewegungsabhängigen Beschwerden sowie einer Kraftminderung im Bereich des Ellenbogens und einer Muskelminderung am Oberarm nach operativ versorgtem Riss der körperfernen Bizepssehne geführt. Der Bescheid, der eine Widerspruchsbelehrung enTh.t und am 19. Juli 2011 zur Post gegeben wurde, wurde nicht mit Rechtsbehelfen angegriffen.
Am 28. Januar 2013 teilte Prof. Dr. U. mit, die Pro-/Supination betrage 70/0/50°, die Streckung/Beugung liege bei 0/2/120°, wobei die Finger die Schulter nicht berührten, radiologisch bestehe etwas Ossifikation, es sei weitere Krankengymnastik durchzuführen.
Am 11. April 2013 beantragte der Kläger die Rücknahme des Bescheids vom 19. Juli 2011 und die Gewährung einer Rente. Hierbei wies er auch auf den früheren Unfall "etwa im Jahre 2000" hin, der zu einer Versteifung des Daumenendgelenks links geführt habe, was bei der Rentengewährung zu berücksichtigen sei.
Die Beklagte zog die - noch vorhandenen - Unterlagen zu dem Unfall vom 17. November 1998 bei und erhob bei Prof. Dr. Sch., Alb-Fils-Kliniken Göppingen, den Nachschaubericht vom 24. September 2013. Dieser teilte mit, es beständen eine subjektive Kraftminderung und ab und zu Krämpfe im linken Arm inklusive Wetterfühligkeit. Die 7 cm lange Narbe am linken Ellenbogen sei reizlos. Es bestehe ein druckschmerzhafter "Burren", der sich bei Pro- und Supination mit bewege, die Haut sei nicht verwachsen. Die Ossifikation habe nicht zugenommen. Die relevanten Bewegungsmaße gab Prof. Dr. Sch. für den linken Ellenbogen mit 0/12/120° Streckung/Beugung (rechts 5/0/130°) und 60/0/60° Unterarmdrehung (rechts 90/0/90°) an.
Mit Bescheid vom 14. Januar 2014 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheids vom 19. Juli 2011 und die Gewährung einer Rente wegen des Unfalls vom 17. Mai 2010 ab. Es seien keine Tatsachen vorgetragen, die eine abweichende Beurteilung geböten.
Mit weiterem Bescheid vom 14. Januar 2014 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen des Unfalls vom 17. November 1998 ab.
Am 27. Januar 2014 legte der Kläger gegen beide Bescheide Widersprüche ein. Hinsichtlich der in diesem Verfahren relevanten Verletzung des Ellenbogengelenks verwies er auf die MdE von 20 v.H., die der Gutachter M. angenommen habe. Da auch die Verletzung am Daumen eine MdE von 10 v.H. bedinge, kämen insoweit zumindest gestützte Renten in Betracht.
Mit getrennten Widerspruchsbescheiden vom 13. November 2014 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. In beiden Verfahren berief sie sich unter anderem auf die Ausführungen von Prof. Dr. Sch. in dem Bericht vom 24. September 2013.
Am 9. Dezember 2014 hat der Kläger in beiden Verfahren einheitliche Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben (S 3 U 3971/14). Er hat dort beantragt, die Beklagte zur Gewährung von Verletztenrenten nach MdE-Werten um 20 v.H. wegen des Unfalls am 17. Mai 2010 und um 10 v.H. wegen des Unfalls vom 17. November 1998 zu verurteilen. In der Sache hat er seine Ausführungen aus den Widerspruchsverfahren vertieft.
Nachdem die Beklagte der Klage entgegengetreten war, hat das SG mit Beschluss vom 24. Februar 2015 das Verfahren, soweit es den Arbeitsunfall vom 17. Mai 2010 betroffen hat, abgetrennt und gesondert fortgeführt (S 3 U 586/15).
In diesem Verfahren hat das SG die Klage mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 24. Juni 2015 abgewiesen. Ein Anspruch auf Rücknahme des bindenden Ablehnungsbescheids vom 19. Juli 2011 bestehe nicht, da der Kläger auf Grund des Unfalls vom 17. Mai 2010 keine Verletztenrente verlangen könne. Unter Berücksichtigung der erhobenen ärztlichen Befunde und der unfallversicherungsrechtlich anerkannten Erfahrungswerte bedingten die Folgen dieses Arbeitsunfalls keine MdE von wenigstens 20 v.H. Eine MdE in dieser Höhe sei erst bei einer Versteifung des Ellenbogens bei einer Unterarmdrehung von 0/70/70° gegeben, demgegenüber stehe der Kläger wesentlich besser dar. Auch die weiteren geltend gemachten Funktionseinbußen führten nicht zu einer rentenberechtigenden MdE. Es sei auch keine gestützte Rente zu gewähren, da der Arbeitsunfall vom 17. November 1998 seinerseits keine MdE um 10 v.H. bedinge. Dieser Gerichtsbescheid wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 29. Juni 2015 zugestellt.
Hiergegen hat der Kläger am 27. Juli 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Würt-temberg (LSG) erhoben.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat bei dem Facharzt für Rehabilitative und Physikalische Therapie K. ein Gutachten erhoben. Der Wahlgutachter hat bei der Untersuchung des Klägers am 4. Juli 2016 sowohl die Folgen des Unfalls vom 17. November 1998 an der linken Hand als auch jene des Unfalls vom 17. Mai 2010 am linken Ellenbogen begutachtet.
In seinem Gutachten hat er hinsichtlich des Ellenbogens ausgeführt, dass die Supination bis 54°, die Pronation bis 70° und Beugung und Streckung bis 136/0/0° möglich gewesen seien. Es bestehe eine Hypästhesie im Bereich des Sulcus ulnaris links. Beugeseitig lasse sich eine schmerzhafte Resistenz ertasten. Die Armkraft sei bei Abduktion, Außen- und Innenrotation in allen Bewegungen deutlich eingeschränkt, die Handkraft betrage links 25 kp und rechts 65 kp. Der Kläger sei Linkshänder. Die Narben am Ellenbogen seien reizlos und unauffällig. Es bestehe ferner ein Impingement-Syndrom der linken Schulter mit Beschwerden, das durch den Unfall bzw. die daraus folgende Fehlhaltung entstanden sei. Die Beweglichkeit im Handgelenk sei nicht eingeschränkt. Eine maßgebliche Muskel¬atrophie des linken Oberarms finde sich nicht, jedoch sei bei einem selbstständig tätigen Schlosser als Linkshänder auch eine hypertrophe Muskulatur gegenüber rechts zu erwarten. Eine MRT-Untersuchung habe eine Irritation des N. radialis durch das ossifizierte Hämatom bestätigt, die die geklagten Schmerzen im Oberarm erkläre. Der Kläger leide sehr, auch unter den Schmerzen und Krämpfen im Oberarm. Er habe Angst um sein Unternehmen. Auf dieser Basis sei bei dem Kläger ferner eine "reaktive Depression/Somatisierungs¬stö¬rung" zu diagnostizieren. Auch diese "reaktive Depression" sei schädigungsbedingt. Hinsichtlich der MdE hat der Wahlgutachter ausgeführt, dass für die Beeinträchtigung im linken Ellenbogen eine MdE um 20 v.H. angemessen sei. Unter Berücksichtigung auch der Unfallfolgen seitens des linken Daumens ergebe sich eine Gesamt-MdE um 30 v.H. Eine weitere Erhöhung der MdE sei möglich wegen reaktiven Depression bzw. Somatisierungsstörung, zumal aktuell somatisch mit der weiteren Überlastung angrenzender Gelenke eine - weitere - Verschlechterung auch der psychischen Gesundheit drohe.
Seinem Gutachten hat der Sachverständige Arztbriefe der radiologischen Praxis F., Dr. Th., vom 27. Januar 2016 ("Regelrechte Artikulation im Ellenbogengelenk, synovialer Reizzustand, keine Osteonekrose, Chondrose Grad II, Ligamente und Kapsel des Gelenks intakt, geringe Tendinose der Quadrizepssehne, von einer mechanischen Alteration des N. radialis sei auszugehen") und des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 26. Juli 2016 ("Karpaltunnelsyndrom links, Zustand nach Riss der Bizepssehne links, keine sensomotorischen Defizite, Trophik unauffällig, Narbe, keine Reflexdifferenzen, im N. medianus links verlängerte distal motorische Latenz bei unauffälliger Nervenleitgeschwindigkeit und Summenpotenzialen bds., im N. radialis unauffällige sensible Neuropathie, im N. ulnaris links unauffällige Latenz und Nervenleitgeschwindigkeit, auch im Sulkusbereich, und Potenzial Amplituden, weitere neurologische und neurographische Untersuchungen unauffällig") beigefügt. Ferner hat der Sachverständige einen Brief des Neurologen, Psychiaters, Psychosomatikers und Psychotherapeuten Prof. B. ohne Datum, in dem dieser für die Überweisung des Klägers durch den Sachverständigen dankt und ausführt, bei dem Kläger bestehe eine "Somatisierungsstörung F45.1 bei körperlicher Behinderung", die durch eine Änderung der Arbeitssituation zu therapieren sei, zur Akte gereicht ...
Die Beklagte hat gegen die Ausführungen und Schlussfolgerungen des Gutachtens eingewandt, die behaupteten Bewegungseinschränkungen seien nicht durch objektive Messdaten belegt. Die vom Wahlgutachter durchgeführte MRT-Untersuchung habe auch ein Karpaltunnelsyndrom links ergeben, das unfallunabhängig sei. Bei der neurologischen Untersuchung des N. radialis habe sich eine unauffällige sensible Neurographie gezeigt, dies widerspreche der Einschätzung des Gutachters, die Funktion dieses Nervs sei durch ein Hämatom beeinträchtigt. Die Angabe von Krämpfen sei reiner Beschwerdevortrag, die Handkraft werde üblicherweise mit dem Vigorimeter geprüft.
Auf Antrag des Klägers hat der Wahlgutachter zu diesen Einwänden Stellung genommen. Er hat ausgeführt, eine Nervenschädigung habe zwar fachneurologisch nicht festgestellt werden können, aber es gebe auch die Schwäche der Unterarmmuskulatur durch posttraumatisch bedingte Funktionsstörungen, hier die Einsteifung des Daumens 1998 und später hinzu kommend das zweite Trauma am Ellenbogen 2010. Auch das im MRT gesicherte Impingement-Syndrom der linken Schulter mit deutlichen Bewegungsstörungen sowie das Karpaltunnelsyndrom links seien Spätfolgen der unfallbedingten Dysbalance auf der linken Seite. Mit welchen Mitteln Kraftminderungen überprüft würden, spiele keine Rolle, wichtig seien die Resultate im Vergleich zur Gegenseite. Hierzu seien weitgehend objektivierbare Befunde erhoben worden. Die Angaben des Klägers zu Schmerzen und Krämpfen seien zwar neurologisch nicht überprüfbar, aber in Würdigung des MRT-Befundes leicht nachvollziehbar.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 24. Juni 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 19. Juli 2011 zurückzunehmen, und zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, weil der Kläger laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) abgewiesen, denn die Beklagte hat es mit den angefochtenen Bescheiden zutreffend abgelehnt, den bestandskräftigen (§ 77 SGG) Ablehnungsbescheid vom 19. Juli 2011 aufzuheben und dem Kläger die begehrte Verletztenrente auf Grund des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 zu gewähren.
Der geltend gemachte Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 19. Juli 2011 stützt sich - verfahrensrechtlich - auf § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt, auch soweit er unanfechtbar geworden ist, auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb - unter anderem - Sozialleistungen nicht erbracht worden sind.
Die materiell-rechtliche Grundlage für die begehrte Rentengewährung ist § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - hier einer Berufskrankheit - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer MdE wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind - auch und gerade in den Fällen des § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII - nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren (§ 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII).
Sofern ein Versicherter eine Rente ausschließlich oder hilfsweise als gestützte Rente nach einer MdE um 10 v.H. begehrt, ist in einem solchen Verfahren auch über den Stützrententatbestand zu entscheiden, also über den Rentenanspruch wegen des anderen Versicherungsfalls. Zwar werden die Folgen mehrerer Versicherungsfälle nicht zu einem einheitlichen Rentenanspruch zusammengefasst, sodass z.B. keine Gesamt-MdE zu bilden ist, wie es bei der Bewertung verschiedener Folgen desselben Unfalls der Fall ist. Aber gleichwohl kann eine Entscheidung über die sich wechselseitig bedingenden Stützrenten nur einheitlich ergehen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 20. März 2007 – B 2 U 21/06 R –, juris, Rz. 13). In solchen Fällen ist, sofern für den geltend gemachten stützenden Versicherungsfall ein anderer Träger der Unfallversicherung oder der Träger der Beamtenversorgung oder der Träger der Beschädigtenversorgung zuständig ist, dieser beizuladen (Urteil des Senats vom 9. März 2017 - L 6 U 595/16 -, nicht veröffentlicht).
Hiernach muss der Senat in diesem Verfahren - grundsätzlich - auch über das Ausmaß der MdE wegen der Folgen des Unfalls vom 17. November 1998 entscheiden, die selbst Gegenstand des Parallelverfahrens L 6 U 3126/15 ist. Eine Beiladung war jedoch nicht notwendig, da für beide Versicherungsfälle die Beklagte zuständig ist.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 16 m. w. N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Dagegen haben die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten (vgl. zum Beispiel Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017). Diese Erfahrungswerte sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (vgl. Urteil des Senats vom 15. Dezember 2016 – L 6 U 2615/16 –, juris, Rz. 39).
Zeitlicher Maßstab für die erstmalige Feststellung einer MdE ist, sofern wegen des Unfalls zunächst Verletztengeld gezahlt worden ist, nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII der Tag nach dem Tag, an dem der Anspruch auf Verletztengeld geendet hat.
Die Beklagte hat bei der Ablehnung einer Rentengewährung mit dem Bescheid vom 19. Juli 2011 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Vielmehr bedingten die Folgen jenes Unfalls ab dem Tag nach dem 15. August 2010 - an diesem Tag endete nach den vorliegenden Akten die damalige Arbeitsunfähigkeit des Klägers - bis heute keine rentenberechtigende MdE.
Zunächst führen die Beeinträchtigungen, die nach dem Unfall vom 17. Mai 2010 zurückgeblieben sind, nicht zu einer MdE von 20 v.H., wie sie für einen isolierten Rentenanspruch auf Grund dieses Unfalls vonnöten wäre.
Bei dem Kläger ist als wesentliche Folge dieses Unfalls eine Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogens verblieben. Diese ist jedoch sehr geringfügig. Dies entnimmt der Senat den Bewegungsmaßen, die sich aus dem Gutachten des Unfallchirurgen M. im Verwaltungsverfahren, das der Senat als öffentliche Urkunde verwertet (§§ 118 Abs. 1 SGG, 418 ZPO), und aus dem nach § 109 Abs. 1 SGG erhobenen Gerichtsgutachten des Sachverständigen K. vom 7. September 2016 ergeben. Der Gutachter M. hatte eine Streckung/Beugung von 0/0/140° links wie rechts und eine Unterarmdrehung (Supination/Pronation) von 70/0/70° (rechts 90/0/90°) gemessen. Dies deckt sich im Wesentlichen mit den Messwerten des Gerichtssachverständigen, der eine Streckung/Beugung von 136/0/0° und eine Supination/Pronation von 54/0/70° gemessen hat. Zwischen den beiden Untersuchungen ist es daher nicht zu einer relevanten Verschlechterung gekommen. Diese Messwerte zeigen, dass die Beugung/Streckung seitengleich und frei ist und also nur eine geringfügige Einschränkung der Unterarmdrehung vorliegt, wobei die Supination bei Unfallchirurg K. etwas stärker eingeschränkt war als noch beim Sachverständigen M ...
Hieraus folgt keine messbare MdE. Dies ergibt sich aus den Erfahrungswerten für Beeinträchtigungen des Ellenbogengelenks (vgl. nur Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 568). Ganz grundsätzlich ist hierbei zunächst die Einschränkung der Beweglichkeit maßgebend und nur in diesem Rahmen weitere Funktionseinbußen wie z.B. eine Kraftminderung. Dies beruht darauf, dass eine Verletztenrente eine Erwerbsminderungs- und keine Berufsunfähigkeitsrente ist. Vergleichsmaßstab für die Ermittlung der MdE ist nicht der bisherige Beruf des Versicherten, sondern "das gesamte Gebiet des Erwerbslebens", also der allgemeine Arbeitsmarkt (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Eine Kraftminderung beeinträchtigt aber nur körperliche Arbeiten wie z.B. handwerkliche Tätigkeiten. Bürotätigkeiten, z.B. im kaufmännischen Bereich, sind dagegen erst beeinträchtigt, wenn - auch - die Beweglichkeit merklich eingeschränkt ist. Und innerhalb der Bewertung einer Bewegungseinbuße am Ellenbogengelenk ist vorrangig eine Einschränkung der Streckung/Beugung relevant und nur nachrangig eine Einschränkung der Unterarmdrehung. Ohne ein Streckdefizit von wenigstens 30° ist auch eine MdE von 10 v.H. nicht gegeben. Kommt zu dem Streckdefizit eine Beugeeinschränkung auf 90° hinzu, beträgt die MdE 20 v.H., wenn die Unterarmdrehung frei ist, und 30 v.H., wenn zusätzlich die Unterarmdrehung auf 1/3 (also um 2/3) eingeschränkt ist. Diese Rangfolge ist dadurch begründet, dass für die meisten Arbeiten in Alltag und Beruf die Streckung und hilfsweise die Beugung deutlich wichtiger sind als die Unterarmdrehung. Dabei ist für die meisten Tätigkeiten, auch des Berufslebens, lediglich die Scharnierbewegung im Ellenbogen zwischen 30/0/90° sowie eine Pro- und Supination von je 55° notwendig (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 567). Eine solche Einschränkung liegt bei dem Kläger nicht vor. Streckung und Beugung sind überhaupt nicht beeinträchtigt, und die Unterarmdrehung ist um erheblich weniger als auf 33 % (nämlich - vergleicht man die Drehungen von 56/0/70° links [zusammen 126°] gegenüber 90/0/90° rechts [zusammen 180°] - nur auf 70 %) des Normwerts verringert.
Zu einer MdE von 10 v.H., wie sie die Beklagte angenommen hat, kommt man daher bei der Bewertung der Funktionseinbußen am linken Ellenbogen nur, wenn man die vom Kläger geklagten Schmerzen und Krämpfe sowie die Kraftminderung zusätzlich berücksichtigt.
Zu einer abweichenden Bewertung gelangt der Senat auch nicht auf Grund der Feststellungen und Schlussfolgerungen des Wahlgutachters K ... Vielmehr ist sein Gutachten nicht überzeugend.
Bei seinem MdE-Vorschlag von 20 v.H. für die Funktionseinbußen am linken Ellenbogen hat der Sachverständige außer Acht gelassen, dass die - insoweit maßgeblichen - Bewegungseinschränkungen für sich genommen überhaupt keine MdE begründen. In seinen Ausführungen hat er sich ganz überwiegend auf die von ihm gemessene Kraftminderung und die geklagten Schmerzen und Krämpfe im Oberarm gestützt. Selbst unter Einbeziehung dieser Defizite ergibt sich aber, wie ausgeführt, allenfalls eine MdE von 10 v.H. und nicht eine solche um 20 v.H. Hinzu kommt, dass die Messungen der Kraft mitarbeitsabhängig sind und der Sachverständige sie nicht objektiviert hat, auch nicht in seiner ergänzenden Stellungnahme. Das Gleiche gilt für die Schmerzen, die ebenfalls von der Bewertung der funktionellen Einbußen mit umfasst sind. Ob diese vorliegen und welches Ausmaß sie haben, ist auch nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht gesichert. Insbesondere hat er in der Anamnese nicht, was aber erforderlich ist, festgestellt, welche Schmerzmittel in welcher Dosierung der Kläger einnehmen muss oder ob er eine richtungsweisende Schmerztherapie in Anspruch genommen hat. Entgegen den Ausführungen des Wahlgutachters ergibt sich auch aus der neurologischen (neurographischen) Zusatzuntersuchung bei Dr. H. gerade nicht, dass der N. radialis durch ein Hämatom beeinträchtigt ist; vielmehr war dort der Befund an diesem Nerv unauffällig. Damit ist auch die - zeitlich früher gestellte - Verdachtsdiagnose der radiologischen Praxis F., es sei von einer mechanischen Alteration des N. radialis auszugehen, widerlegt. Dies hat letztlich der Sachverständige K. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17. Februar 2017 selbst eingeräumt, wenn er ausführt, eine Reizung des N. radialis sei neurologisch nicht festgestellt worden. Dann aber sind die Schmerzen, die der Kläger beklagt, mit der MdE-Bewertung für die somatischen Schäden, hier die Bewegungseinschränkungen am Ellenbogen, abgegolten.
Hinsichtlich der psychischen Beeinträchtigungen, die der Sachverständige K. zusätzlich angenommen und ebenfalls auf einen der beiden Unfälle zurückgeführt hat, ist einzuwenden, dass die von ihm angenommene Diagnose "reaktive Depression" nach dem insoweit maßgeblichen Klassifizierungssystem ICD-10 GM nicht existiert und auch der Arztbrief von Prof. B., auf den sich der Wahlgutachter stützt, diese Diagnose nicht nennt. Dass die bei dem Kläger womöglich bestehende, von Prof. B. diagnostizierte Somatisierungsstörung (F45.1 ICD-10 GM) auf den mehr als sechs Jahre zurückliegenden Unfall des Jahres 2010 zurückzuführen ist, hat der Wahlgutacher in keiner Weise näher dargelegt, was aber in Anbetracht des Fehlens einer Brückensymptomatik und einer zwischenzeitlichen richtungweisenden Behandlung auf psychiatrischem Fachgebiet erforderlich ist, dies gerade auch in Anbetracht des Umstandes, dass der Kläger seine Tätigkeit wieder aufnehmen konnte. Eine solche Begründung zu dem Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall im Jahre 2010 und der jetzt diagnostizierten Somatisierungsstörung wäre aber umso nötiger gewesen, als der Sachverständige selbst erstmals eine solche Diagnose gestellt hat und nicht etwa ein behandelnder Facharzt. Dies entnimmt der Senat den Ausführungen von Prof. B., er danke dem Wahlgutachter für die Überweisung des Klägers.
In formaler Hinsicht ist dem Wahlgutachten letztlich auch vorzuhalten, dass es - entgegen den Ausführungen in dem Beweisbeschluss des Senats vom 14. April 2016 - die Folgen beider Unfälle vermengt und eine Gesamt-MdE von 30 v.H. vorschlägt, aber nicht die gestellte Beweisfrage beantwortet, ob ggfs. die Beeinträchtigungen an der linken Hand auf Grund des ersten Arbeitsunfalls vom 17. November 1998 eine besonders nachteilige Wirkung auf die Schädigungen durch den zweiten Unfall am Arm haben, die hier eine Höherbewertung gerechtfertigt hätten.
Vor diesem Hintergrund kann der Kläger auch keine gestützte Verletztenrente nach einer MdE um 10 v.H. verlangen. Dabei lässt der Senat offen, ob die aus dem Unfall vom 17. Mai 2010 folgende MdE selbst 10 v.H. erreicht oder niedriger liegt. Jedenfalls fehlt es an einem Stütztatbestand, nachdem die Folgen des weiteren Unfalls vom 17. November 1998 ihrerseits keine MdE von wenigstens 10 v.H. zur Folge haben. Dies hat der Senat in dem Verfahren L 6 U 3126/15 mit weiterem Urteil vom heutigen Tage entschieden, wobei auf die diesbezüglichen Ausführungen in jenem Urteil Bezug genommen wird.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt in diesem Verfahren (L 6 U 3127/15) die Gewährung einer Verletztenrente wegen eines Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens (Zu-Gunsten-Verfahrens). Das Parallelverfahren L 6 U 3126/15 betrifft eine Verletztenrente auf Grund eines Arbeitsunfalls vom 17. November 1998. Insoweit macht der Kläger auch einen gestützten Rentenanspruch geltend.
Der Kläger ist im Jahre 1966 geboren und in Deutschland wohnhaft. Er ist gelernter Schlosser.
Bei dem Unfall im Jahre 1998, bei dem er als angestellter Schlosser bei einer Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) unfallversichert war, schnitt sich der Kläger ein Blechstück in seine linke Mittelhand. Es kam unter anderem zu einer Läsion der Beugesehne. Bereits am Unfalltag war die Beugung im Daumenendgelenk nicht durchführbar, während die Beweglichkeit des Daumengrundgelenks erhalten war, ferner bestand eine Hypästhesie der Kuppe. Die Sehne wurde am 19. November 1998 genäht, nach Aktenlage ist aber die Versteifung - nur - des Daumenendgelenks verblieben.
Im Jahre 2010 war der Kläger als selbstständiger Schlosser mit eigenem Unternehmen tätig.
Am Montag, dem 17. Mai 2010, begab er sich um 15:06 Uhr nachmittags zu Dres. L. und B ... Er gab dort an, er habe an jenem Tage morgens um 06:00 Uhr während der Arbeit beim Anheben eines Metallteils beim Nachfassen Schmerzen im Bizeps des linken Arms verspürt. Er habe dann zunächst weiter gearbeitet. Die Ärzte führten aus, es beständen Schmerzen in der linken Ellenbeuge, hier sei die Bizepssehne nicht mehr tastbar, der M. biceps brachii (Armbeuger) sei nach proximal (zur Körpermitte) hin zurückgezogen, die grobe Kraft sei mäßig vermindert, der periphere MSD sei intakt (keine motorischen oder sensiblen Ausfallerscheinungen, keine Störungen der Durchblutung). Diagnostiziert wurde eine Ruptur der Bizepssehne am linken Ellenbogen. Der Kläger wurde zur Operation in die Klinik am Eichert überwiesen.
Die Beklagte erhielt am 18. Mai 2010 Kenntnis von diesem Unfall. Prof. Dr. U. teilte ihr am 21. Mai 2010 mit, für den 25. Mai sei eine stationäre Aufnahme und eine Operation des Klägers geplant. Auf Aufforderung der Beklagten hin erstattete der Kläger am 22. Mai 2010 Unfallanzeige. Er gab an, er habe beim Nachfassen beim Anheben eines ca. 35 kg schweren Stahlträgers ein Zerren in seinem linken Bizepsmuskel verspürt. Als Unfalltag gab er hier den 10. Mai 2010 an. Auf Nachfrage der Beklagten korrigierte er diese Angabe am 27. Mai 2010 auf den 17. Mai 2010.
In dem OP-Bericht vom 26. Mai 2010 gab Dr. E. an, es sei eine distale Bizepssehnenruptur zu diagnostizieren gewesen. Das Bizepssehnenende sei kolbig aufgetrieben und eingeblutet gewesen ("frische Verletzung"). Die Ruptur sei mit Fadenanker genäht worden. Die Klinik teilte auch mit, eine histologische Untersuchung habe nicht stattgefunden. Der Kläger wurde am 27. Mai 2010 entlassen. In dem Zwischenbericht vom 28. Mai 2010 teilten Dres. L./B. mit, nach Abnahme der Oberarmgipsschiene habe sich eine reizlose Wunde mit mäßiger Umgebungsschwellung gezeigt, die periphere DMS (MSD) sei intakt, die Schiene sei nach einem Verbandswechsel wieder angelegt worden, die Arbeitsunfähigkeit werde noch sieben bis acht Wochen andauern.
Der Kläger arbeitete ab dem 31. Mai 2010 wieder in seinem Unternehmen, jedoch nur mit etwa 30 % der üblichen Arbeitszeit, ferner führte er ausschließlich Bürotätigkeiten durch.
In dem Unfallfragebogen vom 4. Juni 2010 gab er an, er habe sofort, aber nur kurz, einen stechenden Schmerz verspürt, dazu einen plötzlichen Kraftverlust. Danach habe es weniger Schmerzen gegeben, die aber nach Stunden bzw. Tagen wieder stärker geworden seien. Er habe bis 15.00 Uhr weiter gearbeitet. Die Frage nach Sport beantwortete der Kläger dahin, er habe von 1975 bis 1994 Handball gespielt.
Beratungsärztin Dr. K. führte gegenüber der Beklagten am 22. Juni 2010 aus, insbesondere das Nachfassen während des Unfalls sei ein geeigneter Hergang, es ergäben sich auch keine Hinweise auf eine unfallunabhängige Ursache.
Dres. L./B. teilten am 2. Juli 2010 mit, radiologisch zeige sich eine beginnende Ossifikation (Bildung von Knochengewebe) im Verlauf der refixierten Bizepssehne. Der Kläger führe mit der Schiene krankengymnastische Übungen durch. Die Ruhigstellung sei noch für drei Tage geplant, die Arbeitsunfähigkeit noch für zwei Wochen. Am 29. Juli 2010 gaben die Ärzte jedoch an, es beständen krampfartige, mäßige Beschwerden in der proximalen Unterarmbeugemuskulatur, in der Ellenbeuge lasse sich eine knöcherne Resistenz tasten, die Streckung/Beugung betrage 0/20/110°, die Pro-/Supination 60/0/80°, die Behandlung werde fortgesetzt, Arbeitsunfähigkeit werde bis zum 8. August 2010 bestehen. In dem weiteren Zwischenbericht vom 17. August 2010 teilten Dres. L./B. dann mit, der Kläger sei zwar seit dem 16. August 2010 wieder arbeitsfähig, jedoch werde die Behandlung "mit einer MdE um 20 v.H. geschlossen". Es bestehe eine druckschmerzhafte Resistenz beugeseitig, radiologisch zeige sich eine ausgeprägte periarticuläre Verkalkung. Die grobe Kraft am Ellenbogen sei vermindert, die Supination um die Hälfte eingeschränkt, Beugung und Streckung betrügen 0/0/130°, die MSD in der linken Hand sei unauffällig. Auf Nachfrage der Beklagten, wonach eine verbleibende Streckung/Beugung von 30 bis 130° und eine Pro- und Supinationsbewegung von je 55° für die meisten Tätigkeiten ausreichten, hielten Dres. L./B. am 1. Oktober 2010 an ihrer Einschätzung einer MdE um 20 v.H. fest, weil vor allem die eingeschränkte Flexion sehr störend sei.
Die Beklagte hatte dem Kläger vom 17. Mai bis zum 15. August 2010 Verletztengeld mit einem täglichen Zahlbetrag von EUR 44,44 gewährt und die bis dato angefallenen Behandlungskosten getragen.
Auf Anraten der Beratungsärztin Dr. K., die auf die Einschränkung der Auswärtsdrehung auf 40 bis 45° hinwies, erhob die Beklagte im Einvernehmen mit dem Kläger das Erste Rentengutachten bei dem Unfall- und Wiederherstellungschirurgen M., Helfenstein-Klinik Göppingen, vom 18. Februar 2011. Dieser Gutachter stellte fest, dass die Motorik des linken Ellenbogens nicht wesentlich eingeschränkt sei, die Streckung/Beugung liege bei 0/0/140° (ebenso rechts), die Unterarmdrehung links sei schmerzhaft eingeschränkt mit 70/0/70° (bei 90/0/90° rechts), die grobe Kraft der Supination am linken Ellenbogen sei klinisch getestet um 50 % vermindert, es ergäben sich geringere Umfangsmaße des linken distalen Oberarms gegenüber rechts. Bei endgradigen Rotationsbewegungen habe der Kläger schmerzhafte Muskelkrämpfe im M. biceps brachii. Diese Funktionseinbußen beruhten auf der Verletzung und der operativen Versorgung als auch auf der hypertrophen Ossifikation im proximalen Radius. Sie seien vollständig dem Unfall vom 17. Mai 2010 anzulasten. Die MdE habe dementsprechend ab dem 16. August 2010 bei 20 v.H. gelegen und werde dort voraussichtlich noch für drei Jahre liegen.
Der Beratungsarzt der Beklagten wertete dieses Gutachten aus und teilte mit, bei freier Beugung und Streckung und nur endgradiger und daher funktionell nicht relevanter Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit bedingten die Kraftminderung und die glaubhaften Beschwerden maximal eine MdE um 10 v.H., dies gelte auch, sofern - doch - eine endgradige Beugehemmung durch die Verkalkung vorhanden sein sollte.
Mit Bescheid vom 19. Juli 2011 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 ab. Der Unfall habe zu einer Einschränkung der Unterarmdrehbeweglichkeit, belastungs- und bewegungsabhängigen Beschwerden sowie einer Kraftminderung im Bereich des Ellenbogens und einer Muskelminderung am Oberarm nach operativ versorgtem Riss der körperfernen Bizepssehne geführt. Der Bescheid, der eine Widerspruchsbelehrung enTh.t und am 19. Juli 2011 zur Post gegeben wurde, wurde nicht mit Rechtsbehelfen angegriffen.
Am 28. Januar 2013 teilte Prof. Dr. U. mit, die Pro-/Supination betrage 70/0/50°, die Streckung/Beugung liege bei 0/2/120°, wobei die Finger die Schulter nicht berührten, radiologisch bestehe etwas Ossifikation, es sei weitere Krankengymnastik durchzuführen.
Am 11. April 2013 beantragte der Kläger die Rücknahme des Bescheids vom 19. Juli 2011 und die Gewährung einer Rente. Hierbei wies er auch auf den früheren Unfall "etwa im Jahre 2000" hin, der zu einer Versteifung des Daumenendgelenks links geführt habe, was bei der Rentengewährung zu berücksichtigen sei.
Die Beklagte zog die - noch vorhandenen - Unterlagen zu dem Unfall vom 17. November 1998 bei und erhob bei Prof. Dr. Sch., Alb-Fils-Kliniken Göppingen, den Nachschaubericht vom 24. September 2013. Dieser teilte mit, es beständen eine subjektive Kraftminderung und ab und zu Krämpfe im linken Arm inklusive Wetterfühligkeit. Die 7 cm lange Narbe am linken Ellenbogen sei reizlos. Es bestehe ein druckschmerzhafter "Burren", der sich bei Pro- und Supination mit bewege, die Haut sei nicht verwachsen. Die Ossifikation habe nicht zugenommen. Die relevanten Bewegungsmaße gab Prof. Dr. Sch. für den linken Ellenbogen mit 0/12/120° Streckung/Beugung (rechts 5/0/130°) und 60/0/60° Unterarmdrehung (rechts 90/0/90°) an.
Mit Bescheid vom 14. Januar 2014 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheids vom 19. Juli 2011 und die Gewährung einer Rente wegen des Unfalls vom 17. Mai 2010 ab. Es seien keine Tatsachen vorgetragen, die eine abweichende Beurteilung geböten.
Mit weiterem Bescheid vom 14. Januar 2014 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen des Unfalls vom 17. November 1998 ab.
Am 27. Januar 2014 legte der Kläger gegen beide Bescheide Widersprüche ein. Hinsichtlich der in diesem Verfahren relevanten Verletzung des Ellenbogengelenks verwies er auf die MdE von 20 v.H., die der Gutachter M. angenommen habe. Da auch die Verletzung am Daumen eine MdE von 10 v.H. bedinge, kämen insoweit zumindest gestützte Renten in Betracht.
Mit getrennten Widerspruchsbescheiden vom 13. November 2014 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. In beiden Verfahren berief sie sich unter anderem auf die Ausführungen von Prof. Dr. Sch. in dem Bericht vom 24. September 2013.
Am 9. Dezember 2014 hat der Kläger in beiden Verfahren einheitliche Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben (S 3 U 3971/14). Er hat dort beantragt, die Beklagte zur Gewährung von Verletztenrenten nach MdE-Werten um 20 v.H. wegen des Unfalls am 17. Mai 2010 und um 10 v.H. wegen des Unfalls vom 17. November 1998 zu verurteilen. In der Sache hat er seine Ausführungen aus den Widerspruchsverfahren vertieft.
Nachdem die Beklagte der Klage entgegengetreten war, hat das SG mit Beschluss vom 24. Februar 2015 das Verfahren, soweit es den Arbeitsunfall vom 17. Mai 2010 betroffen hat, abgetrennt und gesondert fortgeführt (S 3 U 586/15).
In diesem Verfahren hat das SG die Klage mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 24. Juni 2015 abgewiesen. Ein Anspruch auf Rücknahme des bindenden Ablehnungsbescheids vom 19. Juli 2011 bestehe nicht, da der Kläger auf Grund des Unfalls vom 17. Mai 2010 keine Verletztenrente verlangen könne. Unter Berücksichtigung der erhobenen ärztlichen Befunde und der unfallversicherungsrechtlich anerkannten Erfahrungswerte bedingten die Folgen dieses Arbeitsunfalls keine MdE von wenigstens 20 v.H. Eine MdE in dieser Höhe sei erst bei einer Versteifung des Ellenbogens bei einer Unterarmdrehung von 0/70/70° gegeben, demgegenüber stehe der Kläger wesentlich besser dar. Auch die weiteren geltend gemachten Funktionseinbußen führten nicht zu einer rentenberechtigenden MdE. Es sei auch keine gestützte Rente zu gewähren, da der Arbeitsunfall vom 17. November 1998 seinerseits keine MdE um 10 v.H. bedinge. Dieser Gerichtsbescheid wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 29. Juni 2015 zugestellt.
Hiergegen hat der Kläger am 27. Juli 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Würt-temberg (LSG) erhoben.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat bei dem Facharzt für Rehabilitative und Physikalische Therapie K. ein Gutachten erhoben. Der Wahlgutachter hat bei der Untersuchung des Klägers am 4. Juli 2016 sowohl die Folgen des Unfalls vom 17. November 1998 an der linken Hand als auch jene des Unfalls vom 17. Mai 2010 am linken Ellenbogen begutachtet.
In seinem Gutachten hat er hinsichtlich des Ellenbogens ausgeführt, dass die Supination bis 54°, die Pronation bis 70° und Beugung und Streckung bis 136/0/0° möglich gewesen seien. Es bestehe eine Hypästhesie im Bereich des Sulcus ulnaris links. Beugeseitig lasse sich eine schmerzhafte Resistenz ertasten. Die Armkraft sei bei Abduktion, Außen- und Innenrotation in allen Bewegungen deutlich eingeschränkt, die Handkraft betrage links 25 kp und rechts 65 kp. Der Kläger sei Linkshänder. Die Narben am Ellenbogen seien reizlos und unauffällig. Es bestehe ferner ein Impingement-Syndrom der linken Schulter mit Beschwerden, das durch den Unfall bzw. die daraus folgende Fehlhaltung entstanden sei. Die Beweglichkeit im Handgelenk sei nicht eingeschränkt. Eine maßgebliche Muskel¬atrophie des linken Oberarms finde sich nicht, jedoch sei bei einem selbstständig tätigen Schlosser als Linkshänder auch eine hypertrophe Muskulatur gegenüber rechts zu erwarten. Eine MRT-Untersuchung habe eine Irritation des N. radialis durch das ossifizierte Hämatom bestätigt, die die geklagten Schmerzen im Oberarm erkläre. Der Kläger leide sehr, auch unter den Schmerzen und Krämpfen im Oberarm. Er habe Angst um sein Unternehmen. Auf dieser Basis sei bei dem Kläger ferner eine "reaktive Depression/Somatisierungs¬stö¬rung" zu diagnostizieren. Auch diese "reaktive Depression" sei schädigungsbedingt. Hinsichtlich der MdE hat der Wahlgutachter ausgeführt, dass für die Beeinträchtigung im linken Ellenbogen eine MdE um 20 v.H. angemessen sei. Unter Berücksichtigung auch der Unfallfolgen seitens des linken Daumens ergebe sich eine Gesamt-MdE um 30 v.H. Eine weitere Erhöhung der MdE sei möglich wegen reaktiven Depression bzw. Somatisierungsstörung, zumal aktuell somatisch mit der weiteren Überlastung angrenzender Gelenke eine - weitere - Verschlechterung auch der psychischen Gesundheit drohe.
Seinem Gutachten hat der Sachverständige Arztbriefe der radiologischen Praxis F., Dr. Th., vom 27. Januar 2016 ("Regelrechte Artikulation im Ellenbogengelenk, synovialer Reizzustand, keine Osteonekrose, Chondrose Grad II, Ligamente und Kapsel des Gelenks intakt, geringe Tendinose der Quadrizepssehne, von einer mechanischen Alteration des N. radialis sei auszugehen") und des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 26. Juli 2016 ("Karpaltunnelsyndrom links, Zustand nach Riss der Bizepssehne links, keine sensomotorischen Defizite, Trophik unauffällig, Narbe, keine Reflexdifferenzen, im N. medianus links verlängerte distal motorische Latenz bei unauffälliger Nervenleitgeschwindigkeit und Summenpotenzialen bds., im N. radialis unauffällige sensible Neuropathie, im N. ulnaris links unauffällige Latenz und Nervenleitgeschwindigkeit, auch im Sulkusbereich, und Potenzial Amplituden, weitere neurologische und neurographische Untersuchungen unauffällig") beigefügt. Ferner hat der Sachverständige einen Brief des Neurologen, Psychiaters, Psychosomatikers und Psychotherapeuten Prof. B. ohne Datum, in dem dieser für die Überweisung des Klägers durch den Sachverständigen dankt und ausführt, bei dem Kläger bestehe eine "Somatisierungsstörung F45.1 bei körperlicher Behinderung", die durch eine Änderung der Arbeitssituation zu therapieren sei, zur Akte gereicht ...
Die Beklagte hat gegen die Ausführungen und Schlussfolgerungen des Gutachtens eingewandt, die behaupteten Bewegungseinschränkungen seien nicht durch objektive Messdaten belegt. Die vom Wahlgutachter durchgeführte MRT-Untersuchung habe auch ein Karpaltunnelsyndrom links ergeben, das unfallunabhängig sei. Bei der neurologischen Untersuchung des N. radialis habe sich eine unauffällige sensible Neurographie gezeigt, dies widerspreche der Einschätzung des Gutachters, die Funktion dieses Nervs sei durch ein Hämatom beeinträchtigt. Die Angabe von Krämpfen sei reiner Beschwerdevortrag, die Handkraft werde üblicherweise mit dem Vigorimeter geprüft.
Auf Antrag des Klägers hat der Wahlgutachter zu diesen Einwänden Stellung genommen. Er hat ausgeführt, eine Nervenschädigung habe zwar fachneurologisch nicht festgestellt werden können, aber es gebe auch die Schwäche der Unterarmmuskulatur durch posttraumatisch bedingte Funktionsstörungen, hier die Einsteifung des Daumens 1998 und später hinzu kommend das zweite Trauma am Ellenbogen 2010. Auch das im MRT gesicherte Impingement-Syndrom der linken Schulter mit deutlichen Bewegungsstörungen sowie das Karpaltunnelsyndrom links seien Spätfolgen der unfallbedingten Dysbalance auf der linken Seite. Mit welchen Mitteln Kraftminderungen überprüft würden, spiele keine Rolle, wichtig seien die Resultate im Vergleich zur Gegenseite. Hierzu seien weitgehend objektivierbare Befunde erhoben worden. Die Angaben des Klägers zu Schmerzen und Krämpfen seien zwar neurologisch nicht überprüfbar, aber in Würdigung des MRT-Befundes leicht nachvollziehbar.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 24. Juni 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 19. Juli 2011 zurückzunehmen, und zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, weil der Kläger laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) abgewiesen, denn die Beklagte hat es mit den angefochtenen Bescheiden zutreffend abgelehnt, den bestandskräftigen (§ 77 SGG) Ablehnungsbescheid vom 19. Juli 2011 aufzuheben und dem Kläger die begehrte Verletztenrente auf Grund des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 zu gewähren.
Der geltend gemachte Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 19. Juli 2011 stützt sich - verfahrensrechtlich - auf § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt, auch soweit er unanfechtbar geworden ist, auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb - unter anderem - Sozialleistungen nicht erbracht worden sind.
Die materiell-rechtliche Grundlage für die begehrte Rentengewährung ist § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - hier einer Berufskrankheit - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer MdE wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind - auch und gerade in den Fällen des § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII - nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren (§ 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII).
Sofern ein Versicherter eine Rente ausschließlich oder hilfsweise als gestützte Rente nach einer MdE um 10 v.H. begehrt, ist in einem solchen Verfahren auch über den Stützrententatbestand zu entscheiden, also über den Rentenanspruch wegen des anderen Versicherungsfalls. Zwar werden die Folgen mehrerer Versicherungsfälle nicht zu einem einheitlichen Rentenanspruch zusammengefasst, sodass z.B. keine Gesamt-MdE zu bilden ist, wie es bei der Bewertung verschiedener Folgen desselben Unfalls der Fall ist. Aber gleichwohl kann eine Entscheidung über die sich wechselseitig bedingenden Stützrenten nur einheitlich ergehen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 20. März 2007 – B 2 U 21/06 R –, juris, Rz. 13). In solchen Fällen ist, sofern für den geltend gemachten stützenden Versicherungsfall ein anderer Träger der Unfallversicherung oder der Träger der Beamtenversorgung oder der Träger der Beschädigtenversorgung zuständig ist, dieser beizuladen (Urteil des Senats vom 9. März 2017 - L 6 U 595/16 -, nicht veröffentlicht).
Hiernach muss der Senat in diesem Verfahren - grundsätzlich - auch über das Ausmaß der MdE wegen der Folgen des Unfalls vom 17. November 1998 entscheiden, die selbst Gegenstand des Parallelverfahrens L 6 U 3126/15 ist. Eine Beiladung war jedoch nicht notwendig, da für beide Versicherungsfälle die Beklagte zuständig ist.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 16 m. w. N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Dagegen haben die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten (vgl. zum Beispiel Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017). Diese Erfahrungswerte sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (vgl. Urteil des Senats vom 15. Dezember 2016 – L 6 U 2615/16 –, juris, Rz. 39).
Zeitlicher Maßstab für die erstmalige Feststellung einer MdE ist, sofern wegen des Unfalls zunächst Verletztengeld gezahlt worden ist, nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII der Tag nach dem Tag, an dem der Anspruch auf Verletztengeld geendet hat.
Die Beklagte hat bei der Ablehnung einer Rentengewährung mit dem Bescheid vom 19. Juli 2011 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Vielmehr bedingten die Folgen jenes Unfalls ab dem Tag nach dem 15. August 2010 - an diesem Tag endete nach den vorliegenden Akten die damalige Arbeitsunfähigkeit des Klägers - bis heute keine rentenberechtigende MdE.
Zunächst führen die Beeinträchtigungen, die nach dem Unfall vom 17. Mai 2010 zurückgeblieben sind, nicht zu einer MdE von 20 v.H., wie sie für einen isolierten Rentenanspruch auf Grund dieses Unfalls vonnöten wäre.
Bei dem Kläger ist als wesentliche Folge dieses Unfalls eine Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogens verblieben. Diese ist jedoch sehr geringfügig. Dies entnimmt der Senat den Bewegungsmaßen, die sich aus dem Gutachten des Unfallchirurgen M. im Verwaltungsverfahren, das der Senat als öffentliche Urkunde verwertet (§§ 118 Abs. 1 SGG, 418 ZPO), und aus dem nach § 109 Abs. 1 SGG erhobenen Gerichtsgutachten des Sachverständigen K. vom 7. September 2016 ergeben. Der Gutachter M. hatte eine Streckung/Beugung von 0/0/140° links wie rechts und eine Unterarmdrehung (Supination/Pronation) von 70/0/70° (rechts 90/0/90°) gemessen. Dies deckt sich im Wesentlichen mit den Messwerten des Gerichtssachverständigen, der eine Streckung/Beugung von 136/0/0° und eine Supination/Pronation von 54/0/70° gemessen hat. Zwischen den beiden Untersuchungen ist es daher nicht zu einer relevanten Verschlechterung gekommen. Diese Messwerte zeigen, dass die Beugung/Streckung seitengleich und frei ist und also nur eine geringfügige Einschränkung der Unterarmdrehung vorliegt, wobei die Supination bei Unfallchirurg K. etwas stärker eingeschränkt war als noch beim Sachverständigen M ...
Hieraus folgt keine messbare MdE. Dies ergibt sich aus den Erfahrungswerten für Beeinträchtigungen des Ellenbogengelenks (vgl. nur Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 568). Ganz grundsätzlich ist hierbei zunächst die Einschränkung der Beweglichkeit maßgebend und nur in diesem Rahmen weitere Funktionseinbußen wie z.B. eine Kraftminderung. Dies beruht darauf, dass eine Verletztenrente eine Erwerbsminderungs- und keine Berufsunfähigkeitsrente ist. Vergleichsmaßstab für die Ermittlung der MdE ist nicht der bisherige Beruf des Versicherten, sondern "das gesamte Gebiet des Erwerbslebens", also der allgemeine Arbeitsmarkt (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Eine Kraftminderung beeinträchtigt aber nur körperliche Arbeiten wie z.B. handwerkliche Tätigkeiten. Bürotätigkeiten, z.B. im kaufmännischen Bereich, sind dagegen erst beeinträchtigt, wenn - auch - die Beweglichkeit merklich eingeschränkt ist. Und innerhalb der Bewertung einer Bewegungseinbuße am Ellenbogengelenk ist vorrangig eine Einschränkung der Streckung/Beugung relevant und nur nachrangig eine Einschränkung der Unterarmdrehung. Ohne ein Streckdefizit von wenigstens 30° ist auch eine MdE von 10 v.H. nicht gegeben. Kommt zu dem Streckdefizit eine Beugeeinschränkung auf 90° hinzu, beträgt die MdE 20 v.H., wenn die Unterarmdrehung frei ist, und 30 v.H., wenn zusätzlich die Unterarmdrehung auf 1/3 (also um 2/3) eingeschränkt ist. Diese Rangfolge ist dadurch begründet, dass für die meisten Arbeiten in Alltag und Beruf die Streckung und hilfsweise die Beugung deutlich wichtiger sind als die Unterarmdrehung. Dabei ist für die meisten Tätigkeiten, auch des Berufslebens, lediglich die Scharnierbewegung im Ellenbogen zwischen 30/0/90° sowie eine Pro- und Supination von je 55° notwendig (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 567). Eine solche Einschränkung liegt bei dem Kläger nicht vor. Streckung und Beugung sind überhaupt nicht beeinträchtigt, und die Unterarmdrehung ist um erheblich weniger als auf 33 % (nämlich - vergleicht man die Drehungen von 56/0/70° links [zusammen 126°] gegenüber 90/0/90° rechts [zusammen 180°] - nur auf 70 %) des Normwerts verringert.
Zu einer MdE von 10 v.H., wie sie die Beklagte angenommen hat, kommt man daher bei der Bewertung der Funktionseinbußen am linken Ellenbogen nur, wenn man die vom Kläger geklagten Schmerzen und Krämpfe sowie die Kraftminderung zusätzlich berücksichtigt.
Zu einer abweichenden Bewertung gelangt der Senat auch nicht auf Grund der Feststellungen und Schlussfolgerungen des Wahlgutachters K ... Vielmehr ist sein Gutachten nicht überzeugend.
Bei seinem MdE-Vorschlag von 20 v.H. für die Funktionseinbußen am linken Ellenbogen hat der Sachverständige außer Acht gelassen, dass die - insoweit maßgeblichen - Bewegungseinschränkungen für sich genommen überhaupt keine MdE begründen. In seinen Ausführungen hat er sich ganz überwiegend auf die von ihm gemessene Kraftminderung und die geklagten Schmerzen und Krämpfe im Oberarm gestützt. Selbst unter Einbeziehung dieser Defizite ergibt sich aber, wie ausgeführt, allenfalls eine MdE von 10 v.H. und nicht eine solche um 20 v.H. Hinzu kommt, dass die Messungen der Kraft mitarbeitsabhängig sind und der Sachverständige sie nicht objektiviert hat, auch nicht in seiner ergänzenden Stellungnahme. Das Gleiche gilt für die Schmerzen, die ebenfalls von der Bewertung der funktionellen Einbußen mit umfasst sind. Ob diese vorliegen und welches Ausmaß sie haben, ist auch nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht gesichert. Insbesondere hat er in der Anamnese nicht, was aber erforderlich ist, festgestellt, welche Schmerzmittel in welcher Dosierung der Kläger einnehmen muss oder ob er eine richtungsweisende Schmerztherapie in Anspruch genommen hat. Entgegen den Ausführungen des Wahlgutachters ergibt sich auch aus der neurologischen (neurographischen) Zusatzuntersuchung bei Dr. H. gerade nicht, dass der N. radialis durch ein Hämatom beeinträchtigt ist; vielmehr war dort der Befund an diesem Nerv unauffällig. Damit ist auch die - zeitlich früher gestellte - Verdachtsdiagnose der radiologischen Praxis F., es sei von einer mechanischen Alteration des N. radialis auszugehen, widerlegt. Dies hat letztlich der Sachverständige K. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17. Februar 2017 selbst eingeräumt, wenn er ausführt, eine Reizung des N. radialis sei neurologisch nicht festgestellt worden. Dann aber sind die Schmerzen, die der Kläger beklagt, mit der MdE-Bewertung für die somatischen Schäden, hier die Bewegungseinschränkungen am Ellenbogen, abgegolten.
Hinsichtlich der psychischen Beeinträchtigungen, die der Sachverständige K. zusätzlich angenommen und ebenfalls auf einen der beiden Unfälle zurückgeführt hat, ist einzuwenden, dass die von ihm angenommene Diagnose "reaktive Depression" nach dem insoweit maßgeblichen Klassifizierungssystem ICD-10 GM nicht existiert und auch der Arztbrief von Prof. B., auf den sich der Wahlgutachter stützt, diese Diagnose nicht nennt. Dass die bei dem Kläger womöglich bestehende, von Prof. B. diagnostizierte Somatisierungsstörung (F45.1 ICD-10 GM) auf den mehr als sechs Jahre zurückliegenden Unfall des Jahres 2010 zurückzuführen ist, hat der Wahlgutacher in keiner Weise näher dargelegt, was aber in Anbetracht des Fehlens einer Brückensymptomatik und einer zwischenzeitlichen richtungweisenden Behandlung auf psychiatrischem Fachgebiet erforderlich ist, dies gerade auch in Anbetracht des Umstandes, dass der Kläger seine Tätigkeit wieder aufnehmen konnte. Eine solche Begründung zu dem Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall im Jahre 2010 und der jetzt diagnostizierten Somatisierungsstörung wäre aber umso nötiger gewesen, als der Sachverständige selbst erstmals eine solche Diagnose gestellt hat und nicht etwa ein behandelnder Facharzt. Dies entnimmt der Senat den Ausführungen von Prof. B., er danke dem Wahlgutachter für die Überweisung des Klägers.
In formaler Hinsicht ist dem Wahlgutachten letztlich auch vorzuhalten, dass es - entgegen den Ausführungen in dem Beweisbeschluss des Senats vom 14. April 2016 - die Folgen beider Unfälle vermengt und eine Gesamt-MdE von 30 v.H. vorschlägt, aber nicht die gestellte Beweisfrage beantwortet, ob ggfs. die Beeinträchtigungen an der linken Hand auf Grund des ersten Arbeitsunfalls vom 17. November 1998 eine besonders nachteilige Wirkung auf die Schädigungen durch den zweiten Unfall am Arm haben, die hier eine Höherbewertung gerechtfertigt hätten.
Vor diesem Hintergrund kann der Kläger auch keine gestützte Verletztenrente nach einer MdE um 10 v.H. verlangen. Dabei lässt der Senat offen, ob die aus dem Unfall vom 17. Mai 2010 folgende MdE selbst 10 v.H. erreicht oder niedriger liegt. Jedenfalls fehlt es an einem Stütztatbestand, nachdem die Folgen des weiteren Unfalls vom 17. November 1998 ihrerseits keine MdE von wenigstens 10 v.H. zur Folge haben. Dies hat der Senat in dem Verfahren L 6 U 3126/15 mit weiterem Urteil vom heutigen Tage entschieden, wobei auf die diesbezüglichen Ausführungen in jenem Urteil Bezug genommen wird.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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