L 6 U 4557/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 2912/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 4557/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. September 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 insbesondere die Gewährung einer Verletztenrente.

Der 1962 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger, verheiratet und Vater von vier Töchtern. Er war seit 1990 bei der H. Druckmaschinen AG in Wiesloch in Vollzeit beschäftigt, zunächst zehn Jahre als Lackierer und anschließend, bis zum streitgegenständlichen Unfallereignis, als Maschinenbediener. Das Arbeitsverhältnis wurde Mitte 2013 durch einen Auflösungsvertrag beendet. Anfang 2016 erkrankte er an einem Urothelzellkarzinom der Harnblase am Blasenboden links. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg bewilligte ihm mit Bescheid vom 15. Februar 2017 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Juni 2016.

Nach der Unfallanzeige der Arbeitgeberin vom 26. Juli 2010, welche auch vom Betriebsrat unterschrieben wurde, sei der Kläger am 17. Mai 2010 gegen 8:25 Uhr dabei gewesen, eine Gitterbox einzuräumen, als plötzlich ein etwa drei Meter hoher Stapel aus Kunststoffboxen, der sich auf einer Europalette befunden habe, umgefallen sei und ihn am Kopf getroffen habe.

Gegen 10:45 Uhr wurde er mit dem Rettungstransportwagen zu dem Durchgangsarzt Dr. Sch., Facharzt für Chirurgie, gebracht, der eine Kopfplatzwunde, eine Nasenbeinprellung, eine offene Oberschenkelwunde, eine anderweitig nicht klassifizierte offene Gesichtswunde rechts, eine offene Handwunde links und eine Handprellung rechts diagnostizierte. Im Gesicht seien multiple Schürfwunden erkannt worden. Im Bereich der Schädeldecke habe sich eine etwa 2 cm lange Platzwunde, welche diskret geklafft habe, gezeigt. Eine aktive Blutung habe nicht bestanden. Im Bereich der rechten Oberlippe sei eine etwa 1 cm große Platzwunde zu sehen gewesen. Die Zähne seien intakt gewesen. Eine initiale Bewusstlosigkeit habe nicht vorgelegen. Zeichen einer Commotio seien nicht erkannt worden. Die Pupillen hätten isokor auf Licht reagiert. Im Bereich der rechten ulnaren Mittelhand seien ein Druckschmerz und eine Schwellung geäußert beziehungsweise festgestellt worden. Die Haut sei intakt gewesen. Im Bereich des rechten Oberschenkels und der linken Hand hätten sich oberflächliche Schürfungen gezeigt. Nach der röntgenologischen Untersuchung seien am seitlichen Nasenbein und im Bereich der rechten Hand keine Anhaltspunkte für eine frische knöcherne Verletzung gesehen worden. Der Kläger sei voraussichtlich ab 24. Mai 2010 wieder arbeitsfähig. Bei der Nachuntersuchung am 25. Mai 2010 stellte Dr. Sch. therapieresistente Beschwerden mit Druckschmerz und Schwindel nach einem Sturz fest. Es habe sich eine verlangsamte, unauffällige Pupillenmotorik gezeigt. Im Bereich des rechten Handgelenkes hätten Restbeschwerden bestanden. Der Kläger sei nun voraussichtlich ab 31. Mai 2010 arbeitsfähig.

Am 20. Juli 2010 beantragte B. P. von der Schwerbehindertenvertretung der Arbeitgeberin für den Kläger die Anerkennung eines Schwindels, eines Tinnitus links und einer Hörminderung links als Folgen des Ereignisses vom 17. Mai 2010.

Dr. B. Sch., Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohren (HNO)-Heilkunde, berichtete über die Untersuchung des Klägers am 24. Juni 2010, seit dem Unfallereignis am 17. Mai 2010 habe dieser über einen sekundenlangen Schwindel und einen Tinnitus links geklagt. Die kernspintomographische Untersuchung des Schädels sei unauffällig gewesen. Er habe über einen lageabhängigen Schwindel geklagt, der bei ruhiger Kopfhaltung vollständig verschwinde. Nach der tonaudiometrischen Untersuchung am selben Tag habe sich ein beidseitiges normales Hörvermögen gezeigt, es habe lediglich eine beidseitige diskrete Hochtonschwäche bestanden. Beim Halmagyi-Kopf-Impuls-Test sei bei schneller Kopfdrehung keine Blicksakkade erkannt worden.

Prof. Dr. G. u. a ..., Fachärzte für Radiologie und Radiologische Diagnostik, berichteten nach der Computertomographie des Schädels am 9. Juni 2010, es habe ein altersentsprechender unauffälliger Befund vorgelegen. Ein Hinweis auf intrakranielle Blutungen oder andere Verletzungen seien nicht zu erkennen gewesen. Weder ein Aufstau von Liquor noch ein Anhalt für eine Infarzierung seien zu erkennen gewesen. Anzeichen für eine knöcherne Verletzung an der Schädelkalotte oder der -basis hätten sich nicht gezeigt. Prof. Dr. G. u. a. führten nach der Magnetresonanztomographie der rechten Hand am 22. Juni 2010 aus, handrückenseitig sei über dem Os trapezium ein sehr diskretes Weichteilhämatom bei dem Zustand nach einer Teilruptur eines intrinsischen Bandes der Handwurzel zwischen dem Os trapezium und dem Os capitatum abzugrenzen gewesen. Die übrigen intrinsischen und extrinsischen Bandstrukturen seien intakt erschienen. Der Discus triangularis und der Karpaltunnel seien unauffällig gewesen. Im Musculus abductor pollicis brevis sei ein Suszeptibilitätsartefakt mit einem Durchmesser von 8 mm abzugrenzen gewesen, möglicherweise durch einen dort gelegenen Fremdkörper oder eine alte Stichverletzung. An den Carpometacarpalgelenken D1 und D5 hätten sich geringe initiale degenerative Veränderungen mit initialen Osteophytenbildungen an den Gelenkrändern an der Basis von MC1 und MC5 gezeigt.

Die Beklagte zog von der AOK Baden-Württemberg, wo der Kläger gegen Krankheit gesetzlich versichert war, das Vorerkrankungsverzeichnis vom 16. August 2010 bei und beauftragte Prof. Dr. H., Chefarzt der Abteilung Handchirurgie der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie der V. Klinik, Bad Rappenau, mit der Erstattung eines Gutachtens. Nach der ambulanten klinischen und röntgenologischen Untersuchung des Klägers am 27. Oktober 2010 führte dieser aus, im Bereich der oberen Extremität habe noch ein Belastungsschmerz im Bereich des rechten Handrückens, eine Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenkes und eine Kraftminderung der rechten Hand vorgelegen. Nach den Angaben des Klägers habe für vier Wochen Arbeitsunfähigkeit bestanden, jedoch nicht wegen der Handverletzung, sondern wegen der Beeinträchtigungen im Kopf- und Gesichtsbereich. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätze er auf unter 5 vom Hundert (v. H.). Der Kläger habe angegeben, bei Belastung und Bewegung im rechten Handgelenk Schmerzen über dem Handrücken mit Ausstrahlung in den Unterarm und entlang dieses Körperteils bis in etwa der Höhe des Grundgelenkes des Mittelfingers zu haben. Ruheschmerzen bestünden selten und nächtliche Schmerzen seien verneint worden. An Sensibilitätsstörungen sei ein Pelzigkeitsgefühl der speichenseitigen Daumenkuppe angegeben worden. Insoweit habe eine alte, nicht mit dem Unfallereignis zusammenhängende Verletzung bestanden. An der rechten Hand hätten intakte Hautverhältnisse bei normalem Hautturgor und -kolorit vorgeherrscht. Es seien weder Schwellungen noch Hämatome erkannt worden. Im Seitenvergleich habe sich keine Überwärmung gezeigt. Bei der röntgenologischen Untersuchung habe sich kein Hinweis auf eine frische oder ältere knöcherne Verletzung ergeben. Höhergradige Arthrosezeichen und Luxations- oder Subluxationsstellungen seien nicht zu erkennen gewesen. Auf der Lastaufnahme sei kein Hinweis für eine skapholunäre Dissoziation gesehen worden.

Prof. Dr. Dr. h. c. P., Geschäftsführender Direktor der HNO-Klinik des Universitätsklinikums Heidelberg, den die Beklagte ebenfalls mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragte, führte nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 2. November 2010 aus, es habe sich kein Anhalt für die Ursache des Schwindels im HNO-Bereich gezeigt, weshalb weitere neurologische und orthopädische Abklärungen empfohlen würden. Die subjektive Hörminderung auf der linken Seite habe sich lediglich im Hochtonbereich messen lassen. Hierbei handele es sich um eine leichtgradige Hochtoninnenohrschwerhörigkeit. Gemessen nach dem Freiburger Sprachtest hätten sich keine Einschränkungen im Sprachverständnis gezeigt. Der dekompensierte chronische Tinnitus mit Schweregrad III auf der linken Seite lasse sich durch den Unfall vom 17. Mai 2010 erklären. Hierbei sei es vermutlich zu einer Commotio labyrinthi gekommen. Der chronische Tinnitus auf der linken Seite mit einer Lautstärke von 38 dB sei mit einer MdE von 5 v. H. zu bemessen. Der Kläger habe angegeben, ihm seien Europaletten, welche mit Kunststoffbehältern beladen gewesen seien, auf den Hinterkopf gefallen. Er sei gestürzt und mit dem Gesicht auf den Boden gefallen. Hierdurch sei es zu einem kurzzeitigen Nasenbluten gekommen. Weiter sei eine kurzzeitige Bewusstlosigkeit aufgetreten. Übelkeit und Erbrechen seien verneint worden. Seither seien immer wieder Ein- und Durchschlafstörungen aufgetreten. Der Drehschwindel trete unverändert rezidivierend, alle zwei Tage, auf. Dieser halte dann für etwa fünf bis zehn Sekunden an. Gelegentlich sehe er verschwommen. Die 52 Fragebogen-Items repräsentierten typische Beschwerden von Patienten mit chronischem Tinnitus. In der Auswertung seien die Items zu sechs verschiedenen Skalen verrechnet: emotionale und kognitive Belastung, Penetranz des Tinnitus, Hörprobleme, Schlafstörungen und somatische Beschwerden. Dadurch könnten die für Ohrgeräusche spezifischen Belastungsfaktoren einzeln erfasst oder durch Summenbildung ein Gesamtwert für die Beeinträchtigung durch den Tinnitus gebildet werden. Nach Auswertung des vom Kläger ausgefüllten Fragebogens habe ein schwerer dekompensierter komplexer chronischer Tinnitus, also vom Schweregrad III, vorgelegen. Damit sei eine wesentliche Einschränkung der Erlebens- und Gestaltungsmöglichkeit verbunden, etwa auch eine ausgeprägte depressive Störung. Für eine retrocochleäre Störung habe sich kein Anhalt gefunden.

Die Beklagte legte die von Prof. Dr. G. u. a. erstellten Magnetresonanztomogramme (MRT) der rechten Hand vom 22. Juni 2010 dem Oberarzt K. der Radiologie des Katholischen Klinikums Mainz vor. Dieser führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 25. Februar 2011 aus, die Qualität des bildgebenden Materials liege weit unter dem für die Darstellung der intrinsischen Karpalbänder erforderlichen Standard. Eine Aussage hierzu anhand der vorliegenden MRT sei allenfalls indirekt über die Lage und eventuelle Subluxationsstellungen der Carpalia möglich. Als Unfallresiduum sei die gering vermehrte Flüssigkeit im Gelenk zwischen Capitatum und Trapezoideum anzusehen. Die Carpalia seien regelrecht angeordnet. Kriterien für eine Ruptur des Ligaments zwischen Capitatum und Trapezoideum seien nicht zu erkennen. Die übrigen Strukturen der Hand und des Handgelenkes seien altersentsprechend unauffällig dargestellt.

Prof. Dr. G. u. a. berichteten nach der kernspintomographischen Untersuchung der Halswirbelsäule am 15. September 2011, es hätten sich eine geringe links-paramediane Protrusion bei C4/5 und eine mediane breitbasige geringe Vortreibung bei C5/6 gezeigt. Die übrigen zervikalen Bandscheiben seien unauffällig gewesen. Es sei eine flachbogig paradoxe kyphotische Fehlhaltung der Halswirbelsäule mit Scheitelpunkt in Höhe C4/5 zu erkennen gewesen. Ein Hinweis für den Zustand nach einer Fraktur eines Wirbelkörpers habe sich nicht ergeben.

Dr. H., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, den die Beklagte gleichsam mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragte, führte nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 13. Oktober 2011 aus, auf körperlichem Gebiet habe dieser von einem attackenartig, nicht provozierbaren, spontan auftretenden, kurzfristigen Dreh- und manchmal Schwankschwindel berichtet. Darüber hinaus seien Schmerzen im Bereich der rechten Hand und Schulter erwähnt worden. Auf psychischem Gebiet seien Ein- und Durchschlafstörungen, eine innere Unruhe und eine Schreckhaftigkeit angeführt worden. Der objektivierbare neurologische Befund sei in allen Belangen regelrecht gewesen. Psychopathologisch habe sich weder nach Aktenlage noch nach dem aktuellen Querschnittsbefund ein Hinweis für eine erlittene primäre seelische Traumatisierung gezeigt. Es habe eine gewisse Klagsamkeit, vielleicht auch eine Verdeutlichungstendenz, dominiert, welche im Rahmen der Begutachtungssituation jedoch noch einfühlbar gewesen seien. Mit Sicherheit habe keine posttraumatische Belastungsstörung vorgelegen. Der Kläger habe die Schilderung des Unfallherganges damit begonnen, dass er normalerweise eigentlich schon gestorben sei. Ein Gabelstaplerfahrer habe eine Europalette fehlerhaft nur teilweise angehoben, welche dann umgekippt sei. Ihm sei zugerufen worden: "Achtung, lauf weg!" Er habe sich dann schnell entfernt, trotzdem habe ihn der kippende Stapel noch am Kopf erwischt. Es sei Blut auf dem Boden gewesen. Er sei wie betäubt gewesen. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt vorübergehend an einer anderen Arbeitsstelle eingesetzt worden als zuvor. Dorthin sei er auch aktuell nicht zurückgekehrt. Er sei bereits wieder an dem Unfallort vorbeigekommen. Es sei unangenehm und schwierig gewesen, ihm aber gelungen. Bis zum Unfallereignis sei er niemals in nervenärztlicher Behandlung gewesen. Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S. habe ihm aktuell Cipralex, 10 mg, einmal täglich verschrieben. Das Medikament mache ihn müde, weshalb er es nicht einnehme, wenn er Frühschicht habe und am Wochenende. Ob es wirke, könne er nicht sagen. In psychotherapeutischer Behandlung sei er nicht. Auf Nachfrage bei der Beklagten sei zu erfahren gewesen, dass er den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S. zuletzt am 14. April 2011 wegen Depressionen aufgesucht habe. Der Kläger habe berichtet, einen Führerschein zu haben und mit dem Auto regelmäßig zur Arbeit zu fahren. Die Auffassung, die Konzentration, die Merkfähigkeit und das Gedächtnis seien nicht beeinträchtigt gewesen. Die Stimmungslage sei ausgeglichen und die affektive Schwingungsfähigkeit voll erhalten gewesen. Im Antrieb und der Psychomotorik habe sich keine Beeinträchtigung gezeigt. Bei der Beschwerdeschilderung habe eine gewisse, aus dem sonstigen psychopathologischen Befund, der Verhaltensbeobachtung, der Mimik und der Gestik nicht recht ableitbare Klagsamkeit und eine leichte Verdeutlichungstendenz bestanden. Die aktuelle Schwindelsymptomatik habe sich nicht mehr auf einen wahrscheinlich posttraumatisch aufgetretenen und vorübergehenden Lagerungsschwindel zurückführen lassen. Ähnlich habe es sich mit den geklagten psychischen Beeinträchtigungen in Form einer Schlafstörung, einer Unruhe, einer Schreckhaftigkeit und einer Reizbarkeit verhalten. Eine seelische Primärtraumatisierung durch das Unfallereignis im Sinne einer akuten Belastungsreaktion oder eines verzögert aufgetretenen posttraumatischen Belastungssyndroms habe mit Sicherheit ausgeschlossen werden können. Der Schwindel sei als Anlass für eine wie auch immer geartete psychoreaktive Störung ausgeschieden. Nach dem psychopathologischen Befund und der Verhaltensbeobachtung sei eine psychische Störung von Krankheitswert nicht zu diagnostizieren gewesen. Auf nervenärztlichem Fachgebiet habe keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestanden.

Dr. T., Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, der von der Beklagten zum Hauptgutachter bestellt worden war, führte nach der ambulanten klinischen und röntgenologischen Untersuchung des Klägers am 8. September 2011 in seinem Gutachten vom 22. Dezember 2011 aus, als Folgen des Unfallereignisses vom 10. Mai 2010 seien eine Handgelenksdistorsion rechts mit Teilruptur eines intrinsischen Bandes zwischen dem Os trapezium und dem Os capitatum, eine Distorsion der Halswirbelsäule vom Grad I bis maximal II, also ohne strukturelle Schädigung, sowie ein dekompensierter Tinnitus vom Grad III links und eine Schwindelsymptomatik aufgetreten. Die vom Kläger angegebene Arbeitsunfähigkeit von vier bis fünf Wochen nach dem Ereignis sei plausibel dem Unfallereignis zuzuordnen. Wesentliche Verletzungsfolgen seien auf unfallchirurgischem Gebiet nicht mehr feststellbar gewesen. Auf seinem Fachgebiet betrage die MdE unter 10 v. H. Durch die bildgebenden Verfahren sei eine Fehlschwingung der Halswirbelsäule nachgewiesen. Diese sei anlagebedingt und nicht Folge des Ereignisses vom 17. Mai 2010. Die Bandscheibenvorwölbungen in den Segmenten C4/5 und C5/6 und die anlagebedingten Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule seien ebenfalls Ausdruck eines degenerativen Bandscheibenleidens. Die anlagebedingten Erkrankungen im Bereich der Halswirbelsäule erklärten die Beschwerdesymptomatik in diesem Wirbelsäulenabschnitt. Verletzungsfolgen der rechten Hand, die sich funktionell auswirkten, seien nicht verblieben.

Mit Bescheid vom 19. Januar 2012 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger kein Recht auf Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 hat. Dieser habe zu einem chronischen Tinnitus links nach Schädelprellung, einem zurückgebildeten Lagerungsschwindel, einer ausgeheilten Zerrung der Halswirbelsäule ohne strukturelle Schädigung, zurückgebildeten Belastungsschmerzen im rechten Handgelenk bei Flüssigkeitsvermehrung zwischen den Handwurzelknochen Os trapezium und Os capitatum geführt. Zudem seien folgenlos verheilte multiple Schürfwunden und Prellungen im Bereich des Kopfes, Gesichtes, der Hände und des rechten Oberschenkels aufgetreten. Durch die Unfallfolgen werde keine MdE in rentenberechtigendem Grad erreicht. Unabhängig des Unfallereignisses lägen eine Hochtoninnenohrschwerhörigkeit links, Sensibilitätsstörungen an der rechten Daumenkuppe, multiple Verletzungen und Narben an allen Fingerkuppen, Depressionen, Bandscheibenvorwölbungen im Bereich der Halswirbelsäule, eine Fehlschwingung im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule, eine Abflachung der Lendenwirbelsäulenkrümmung sowie mäßig degenerative Veränderungen im mittleren Brustwirbelsäulenbereich vor. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. August 2012 zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 7. September 2012 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) mit dem Begehren erhoben, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 eine Rente nach einer MdE von 30 v. H. zu gewähren.

Das SG hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen von Prof. Dr. G., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, sowie der Dipl.-Psych. C., Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden, eingeholt, welche im März 2014 und im Folgemonat vorgelegt worden sind. Prof. Dr. G. hat ausgeführt, der Kläger habe sich von Mitte September bis Anfang Oktober 2012 in seiner Behandlung befunden. Aus damaliger Sicht habe ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den psychischen Folgebeschwerden bestanden. Da Schwindel auch im Rahmen von psychischen Störungen auftreten könne, sei ein Zusammenhang denkbar. Zuletzt seien die Stimmung gedrückt sowie die Freude und das Interesse vermindert gewesen. Eine Insomnie sei vorgebracht worden. Der Kläger habe berichtet, zu grübeln. Es habe eine Antriebsminderung und ein pathologisches Vermeidungsverhalten vorgelegen. Er habe erwähnt, vorbeifahrenden Lastkraftwagen (Lkw) auszuweichen. Es habe eine pathologische Wiedererinnerung in Form von Albträumen vorgelegen. Diagnostisch sei von einer Depression und einer posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen. Er habe eine Behandlung mit Sertralin, 50 mg (1-0), Trimipramin in Tropfenform zur Nacht und eine muttersprachliche Psychotherapie initiiert. Die Dipl.-Psych. C. hat in ihrem schriftlichen Dokument, welches auch von dem Chefarzt Dr. Sch., der sich mittlerweile habilitiert hat, unterschrieben worden ist, kundgetan, der Kläger sei von Ende Oktober 2012 bis Anfang März 2014 in ihrer Behandlung gewesen. Es sei eine reduzierte Konzentration festgestellt worden. Er sei affektiv-dysphorisch und nicht schwingungsfähig sowie der Antrieb vermindert gewesen. Die Psychomotorik sei normal gewesen. Diagnostiziert worden seien eine mittelgradige depressive Episode mit Somatisierungsneigung (ICD-10 F32.1) und ein Tinnitus aurium (ICD-10 H93.1). Bei entsprechender Vulnerabilität beziehungsweise depressiver Reaktionsbereitschaft sei von einer Symptomentwicklung mit Krankheitswert nach dem Arbeitsunfall am 17. Mai 2010 auszugehen, zumal der Kläger angegeben habe, zuvor beschwerdefrei gewesen zu sein.

Das SG hat Dr. Z. mit der Erstattung eines HNO-ärztlichen Gutachtens beauftragt. Nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 6. Juni 2013 hat dieser ausgeführt, auf seinem Fachgebiet seien weder audiologisch noch vestibulär krankhafte Befunde zu objektivieren gewesen. Da eine diskrete Hochtonsenke noch innerhalb des altersphysiologischen Normbereiches gelegen habe, sei bei ihm eine Normalhörigkeit festgestellt worden. Krankhafte vestibuläre Organstörungen seien nicht zu verifizieren gewesen. Die vorgetragenen subjektiven Symptome wie Schwindel und Tinnitus beruhten nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit auf dem Unfallereignis vom 17. Mai 2010. Eine unfallbedingte MdE auf HNO-ärztlichem Fachgebiet habe daher nicht bestanden. Die von Prof. Dr. Dr. h. c. P. erhobenen Befunde seien nahezu identisch mit den aktuell von ihm erhobenen. Anders als dieser gehe er jedoch nicht von einem dekompensierten Ohrgeräusch aus. Die von ihm erhobene Anamnese spreche dagegen. Dies werde auch durch die neurologischen beziehungsweise psychiatrischen Begutachtungen gestützt. Psychopathologische Beschwerden seien verneint worden, eine posttraumatische Belastungsstörung habe nicht vorgelegen und eine Psychotherapie sei nicht wahrgenommen worden. Der Kläger habe überdies angeführt, durch das Ohrgeräusch an der Verrichtung der alltäglichen Dinge nicht gehindert zu sein. Eine solche Gesundheitsstörung habe er auch nicht als spezifische Ursache eines gestörten Schlafes genannt. Prinzipiell sei die Art des Traumas geeignet gewesen, eine akute Innenohrstörung in Form einer Commotio labyrinthi hervorzurufen. Dabei seien die Beschwerden wie eine Hörminderung, ein Tinnitus oder Schwindelerscheinungen sofort und in vollem Umfang vorhanden. Eine Latenz von zwei Wochen spreche gegen eine solche Gesundheitsstörung. Die beim Kläger stattgehabten Untersuchungen durch Dr. B. Sch. und seine aktuelle gutachtliche sprächen gegen einen nachweisbaren Schaden des Innenohres. So werde ein traumatisch bedingter Tinnitus ohne gleichzeitig nachweisbare andere Funktionsstörungen des Innenohres wie ein akuter Schwindel oder eine akute Hörminderung beschrieben. Die wissenschaftliche Gutachtenliteratur fordere demgegenüber, dass bei einem Innenohrtrauma die Symptome sofort und in vollem Umfang vorhanden seien. Nach jahrzehntelanger Erfahrung schließe er sich dieser Lehrmeinung an. Eine akute Hörminderung links sei zu keinem Zeitpunkt dokumentiert worden. Das Ohrgeräusch sei nach den Angaben des Klägers zwei bis drei Wochen nach dem Unfallereignis aufgetreten, was er wiederholt und nach mehrfachem Befragen bestätigt habe. In der Beschreibung des Tagesablaufes sei aufgefallen, dass er das Ohrgeräusch nahezu nicht erwähnt habe. Er habe eher einen gleichförmigen Tagesrhythmus beschrieben. Die Anamnese sei auf einer Entfernung von zwei Metern erfolgt. Der Kläger habe keine Hörgeräte getragen. Die Unterhaltung sei mühelos gelungen. Er sei der deutschen Sprache mächtig genug gewesen und habe der Unterredung problemlos folgen können. Es sei zu keinen Verstehensschwierigkeiten gekommen. Er sei vor der gutachtlichen Untersuchung telefonisch kontaktiert worden, ob er einen Dolmetscher benötige, was er verneint habe. Am Tag der Untersuchung habe er berichtet, dass sein Sprachmittler verhindert gewesen sei. Es habe sich aber herausgestellt, dass ein solcher zur exakten Erfassung der Anamnese nicht notwendig gewesen sei. Zum Unfallhergang habe der Kläger angegeben, er habe tot sein müssen. Durch den Warnruf eines Kollegen, der H. heiße, habe er noch ausweichen können. Gleichwohl sei er von einem Kunststoffbehälter am Kopf getroffen worden. Er sei bewusstlos zu Boden gestürzt.

Das SG hat des Weiteren Prof. Dr. D., Leiter des Bereiches Forensische Psychiatrie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, mit der Erstattung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. Dieser hat nach den ambulanten Untersuchungen des Klägers am 11. und 27. Juni 2014, wobei die letzte unter Anwesenheit einer Dolmetscherin für die türkische Sprache stattgefunden hat, ausgeführt, nach Aktenlage sei einige Wochen nach dem Unfallereignis durch Dr. B. Sch. ein Lagerungsschwindel diagnostiziert worden. Dies sei wegen des Unfallmechanismus und der primären Unfallfolgen durchaus wahrscheinlich. Darüber hinausgehende Gesundheitsstörungen auf neurologischem oder psychiatrischem Fachgebiet hätten sich nicht feststellen lassen. Insoweit folge er den Ausführungen im Gutachten von Dr. H ... Die aktuelle Schwindelsymptomatik, welche vom Kläger beschrieben worden sei, beziehe sich nicht auf die Beschwerden eines vorübergehenden Lagerungsschwindels. Eine unfallbedingte MdE auf nervenärztlichem Fachgebiet sei nicht festzustellen gewesen. Im Verlauf der Exploration beim ersten Untersuchungstermin habe der Kläger, insbesondere bei Hinweisen auf Widersprüche in den Angaben und kritischen Nachfragen Sprachverständnisprobleme geltend gemacht. Er habe angeführt, seit dem Unfall an verschiedenen somatischen und neurologischen Beschwerden zu leiden, welche im Einzelnen benannt worden seien. In den Aussagen dazu sei der Kläger, auch auf Nachfrage, sehr vage geblieben. Schlafstörungen seien ein bis zwei Monate nach dem Unfall aufgetreten. Er habe vermutet, Albträume zu haben, sich daran aber nicht erinnern können. Schwindel habe er erstmals etwa einen Monat nach dem Unfallereignis gehabt. Es sei ein Drehschwindel, welcher Sekunden anhalte und unabhängig von der Lage und Lagerung sei. Diesen bemerke er alle drei Tage mehrmals täglich. Unfälle oder Stürze seien deswegen bislang nicht aufgetreten. Während des Autofahrens sei ihm nicht schwindelig gewesen, selbst wenn er längere Strecken gefahren sei. Seit dem Unfall habe er unspezifische Ängste. Er erschrecke, wenn er einen lauten Knall höre oder ein Lkw an ihm vorbeifahre. Spezifische Ängste seien verneint worden. Er habe über kein Vermeidungsverhalten berichtet. Das Ohrgeräusch sei nicht ständig vorhanden. Eine Hörminderung sei verneint worden. Der Kläger habe bekundet, nach dem Unfall wegen der Verletzungen am Kopf und im Bereich der Oberschenkel sechs Wochen krankgeschrieben gewesen zu sein. Anschließend sei er gegen seinen Willen in einen anderen Arbeitsbereich versetzt und beim Entgraten eingesetzt worden. Er habe die bisherige Tätigkeit als Maschinenbediener fortsetzen wollen. Seine bisherige Arbeitsstätte habe er regelmäßig besucht. Nach einem Jahr sei die Abteilung aufgelöst und er für Aushilfstätigkeiten wie dem Besenreinigen eingesetzt worden. Bis zum Auflösungsvertrag, welcher im Juli 2013 geschlossen worden sei, habe er krankheitsbedingte Fehlzeiten von insgesamt neun Monaten gehabt. Der Kläger habe bei der Anamneseerhebung und der Untersuchung über mehr als fünf Stunden nur mäßig engagiert mitgearbeitet. Viele Angaben seien vage geblieben; insbesondere in Bezug auf Symptomschilderungen und den Krankheitsverlauf seien die Ausführungen zum erheblichen Teil zeitlich ungenau und detailarm gewesen. Die Auffassungsfähigkeit sei regelrecht gewesen. Er sei in der Untersuchungssituation kooperativ, aber deutlich darum bemüht gewesen, seine Beschwerden und Situation zu schildern. Bei näherem Nachfragen habe er stellenweise gereizt-aggressiv reagiert. Unter Einbeziehung der Vor- und Ausbildung sei die intellektuelle Begabung durchschnittlich und keinesfalls krankhaft gemindert erschienen. Affektiv sei der Kläger während der Untersuchung überwiegend ausgeglichen und in der Schwingungsfähigkeit nicht beeinträchtigt gewesen. Eine depressive Verstimmung habe sich während der Exploration nicht nachvollziehen lassen. Als der Kläger über die Einzelheiten des Unfalls, an welche er sich erinnert habe, die unmittelbaren Zeit danach und seine Ängste im Zusammenhang mit dem Ereignis gesprochen habe, habe er nicht erregt oder verändert gewirkt. Der Antrieb sei regelrecht und das psychomotorische Tempo angemessen gewesen. Im Verlauf der Untersuchung hätten sich keine Hinweise auf eine Antriebsminderung, eine reduzierte Spannkraft oder ein reduziertes Durchhaltevermögen ergeben, was jedoch anamnestisch angeführt worden sei. Selbst beim zweiten Untersuchungstermin habe sich ein inkonstantes Antwortverhalten gezeigt. Der Kläger habe zum Teil gereizt und aggressiv auf weitere Nachfragen reagiert, vor allem bezüglich der Präzisierung und der zeitlichen Entwicklung der von ihm angegeben Beschwerden. Insofern seien die ausweichenden und vagen Äußerungen nicht auf ein sprachliches Problem zurückzuführen gewesen, sondern hätten auf ein tendenziöses Verhalten hingedeutet. Auf nervenärztlichem Gebiet habe wegen der Neigung zur Aggravation keine Diagnose mit der notwendigen Sicherheit gestellt werden können. Der Kläger habe über Symptome geklagt, welche für eine leichte depressive Verstimmung mit leichten bis mittelschweren somatischen Symptomen und einen sozialen Rückzug sprechen könnten. Psychopathologisch objektiv zu beobachtende depressive Ausdruckssymptome wie etwa eine Antriebsminderung, eine depressive Mimik oder eine deutliche Beeinträchtigung der affektiven Schwingungsfähigkeit hätten sich nicht feststellen lassen. Die posttraumatische Belastungsstörung gehöre zu den psychoreaktiven Störungen. Mit dem Unfall vom 17. Mai 2010 liege ein schwerwiegendes Ereignis entsprechend dem A-Diagnosekriterium vor, welches für den Kläger zwar nicht unmittelbar lebensbedrohlich gewesen sei, aber für ihn eine außergewöhnliche Bedrohung dargestellt habe. Anhaltende Erinnerungen oder ein Wiedererleben der Belastung durch sich aufdrängende Nachhallerinnerungen, lebendige Erinnerungen, sich wiederholende Träume oder eine innere Bedrängnis in Situationen, welche der Belastung ähnelten oder mit ihr in Zusammenhang stünden, habe er verneint, weshalb das B-Kriterium nicht erfüllt sei. Ein Vermeidungsverhalten sei weder beobachtet noch von ihm berichtet worden. Er habe sogar davon erzählt, nach dem Unfall gegen seinen Willen versetzt worden zu sein, obwohl er seine bisherige Tätigkeit habe fortführen wollen. In Ermangelung einer positiven Indikation zumindest eines einzelnen klaren Vermeidungsverhaltens, liege das C-Kriterium daher nicht vor. Aus der Schilderung des Traumas nach den von ihm erhobenen und anderen Befunden sei keine Unfähigkeit, wichtige Aspekte der Belastung nicht zu erinnern, auszumachen gewesen. Spezifische Erinnerungslücken hinsichtlich des Unfalls oder seiner Umstände seien nirgends dokumentiert. Eine erhöhte psychische Sensitivität und Erregung erschienen hingegen sowohl anamnestisch als auch nach Aktenlage gut belegbar, insbesondere die Merkmale Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit, Angst und Schlafstörungen. Weniger dokumentiert seien die Konzentrationsschwierigkeiten. Die Symptomatik scheine anhaltend gewesen zu sein. Mehr als zwei der geforderten Symptome seien erfüllt gewesen. Es habe sich bei diesen Beschwerden aber um eine völlig unspezifische Symptomatik gehandelt, welche etwa auch als Reaktion auf eine schwierige Lebenssituation auftreten könne. In Betracht komme vorliegend, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz verloren habe. In den Vorgutachten seien die Hinweise auf eine Aggravation von Beschwerden nicht hinreichend diskutiert und gewürdigt worden. Bei seinen gutachtlichen Untersuchungen habe eine Diskrepanz zwischen der subjektiven Beschwerdeschilderung und dem Verhalten des Klägers bestanden. Er habe regelmäßig auftretende Schwindelattacken angegeben, dennoch werde von ihm weiterhin im Straßenverkehr ein Personenkraftwagen betrieben. Es habe ein Missverhältnis zwischen der subjektiv geschilderten Beschwerdeintensität und der Vagheit der Symptombeschreibung vorgelegen. Der Krankheitsverlauf sei ungenau geschildert worden. Eine Beschreibung von Variationen der Symptomatik über den Krankheitsverlauf oder von Coping-Versuchen sei nicht vorgenommen worden. Die nun geklagten Beschwerden hätten in den ersten Berichten und Gutachten keine Erwähnung gefunden. Es habe eine Diskrepanz zwischen der subjektiv geschilderten Beeinträchtigung und der Inanspruchnahme therapeutischer Hilfe bestanden. Der Kläger habe Ängste, Depressionen, Schlafstörungen sowie Antriebs-, Interessen- und Freudverlust beschrieben. Eine Vorstellung bei einem niedergelassenen Nervenarzt sei jedoch erst deutlich später erfolgt. Das psychosoziale Funktionsniveau habe in der Untersuchungssituation nicht wesentlich beeinträchtigt erschienen. Die Beschwerden seien teilweise appellativ und theatralisch vorgebracht worden. Zusammenfassend seien die Hinweise auf eine Aggravationstendenz in der aktuellen Untersuchungssituation als signifikant zu bewerten.

Das SG hat die Klage nach der mündlichen Verhandlung am 18. September 2014 durch Urteil abgewiesen. Es habe entschieden werden können, obwohl der Kläger zum Termin nicht erschienen sei, da er auf diese Möglichkeit mit der ihm rechtzeitig bekanntgegebenen Ladung hingewiesen worden sei. Seine Bevollmächtigten hätten diese erhalten, was sie mit Empfangsbekenntnis bestätigt hätten. Diese hätten vor dem Termin mitgeteilt, nicht zu erscheinen und keinen Verlegungsantrag gestellt, sondern eine streitige Entscheidung gewünscht. In der Sache habe der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente. Eine hierzu berechtigende MdE sei nicht erreicht.

Gegen die den vorherigen Bevollmächtigten des Klägers am 3. Oktober 2014 zugestellte Entscheidung hat dieser am 3. November 2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt.

Auf seinen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie R. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt worden. Nach seiner ambulanten Untersuchung am 20. Juli 2016, zu der eine Dolmetscherin für die türkische Sprache herangezogen worden ist, hat dieser ausgeführt, unmittelbar nach dem Unfallereignis am 17. Mai 2010 habe auf seinen Fachgebieten keine Gesundheitsstörung vorlegen. Eine sofortige Reaktion im Sinne einer akuten Belastungsreaktion trete zwar oft auf, sei aber nicht notwendig für eine spätere. Die Entwicklung einer depressiven Erkrankung benötige mitunter Zeit, insbesondere dann, wenn die Depression als Folgestörung einer traumatischen Beeinträchtigung gewertet werde. Unter dieser Prämisse habe die Gesundheitsstörung "sonstige Reaktionen auf schwere Belastung" (ICD-10 F43.8) ab fünf bis sechs Monate nach dem Unfallereignis vorgelegen, wie sich dem Vorbringen des Klägers habe entnehmen lassen. Die fachärztliche Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung sei erstmals im Oktober 2014 durch Prof. Dr. G. erfolgt. Die Schlussfolgerungen von Dr. H. seien demgegenüber fragwürdig, da seine Untersuchung ohne dolmetschende Person durchgeführt worden sei und dadurch ein exakter psychopathologischer Befund gar nicht habe erhoben werden können. Die rezidivierende depressive Episode sei ebenfalls wahrscheinlich als Folge einer direkten depressiven Entwicklung in Bezug auf das traumatische Geschehen als unmittelbare Gesundheitsstörung zu sehen. Als Traumafolgestörung der Belastungsreaktion wäre hingegen von einem sekundären Gesundheitsschaden zu sprechen. Die Depression sei aktenkundig erstmals ebenfalls durch Prof. Dr. G. in seinem Bericht vom 5. Februar 2012 erwähnt worden. Der Kläger sei jedoch bereits zuvor von dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S. wegen Depressionen behandelt worden, der letzte Termin deswegen habe Mitte April 2011 stattgefunden. Diese Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet seien durch das Unfallereignis vom 17. Mai 2010 verursacht worden. Weitere davon unabhängige, unmittelbar vor dem Unfallzeitpunkt sicher feststehende Mitursachen seien nicht zu eruieren gewesen. Beim Kläger habe aktuell aber nicht das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung vorgelegen. Zwar erfülle das Unfallereignis das A-Kriterium. Es habe sich jedoch während des ganzen Vortrages des Klägers keine erhöhte affektive oder vegetative Reaktion und kein Anzeichen für eine dissoziative Vermeidung gezeigt. Zudem sei er in der Lage gewesen, sich die Unfallstelle anzuschauen, als er nach verschiedenen körperlichen Behandlungen und Operationen an seine vorherige Arbeitsstelle zurückgekommen sei. Gleichzeitig hätten sich jedoch Symptome gefunden, welche auf ein posttraumatisches Geschehen geringerer Schwere hindeuteten. Insoweit seien die erheblichen Einschlafstörungen zu nennen, die fünf bis sechs Monate nach dem Unfall begonnen hätten. Sie seien mit schwergradigem Grübeln kombiniert. Grübelthemen seien einerseits Vorwürfe gegen den verursachenden Gabelstaplerfahrer und die Folgen des Unfalls gewesen. Zudem habe der Kläger ein Albtraumerleben beschrieben, welches mit dem Unfallgeschehen in Verbindung stehe. Des Weiteren hätten sich anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensibilität wie Reizbarkeit und Wutausbrüche gezeigt. Diese seien vom Kläger in Bezug auf die familiäre Umgebung angeführt, sie seien aber auch klinisch beobachtet worden, wie sich der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage der Dipl.-Psych. C. und den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. D. entnehmen lasse. Weiterhin habe sich eine erhöhte Schreckhaftigkeit etwa in Bezug auf einen Lkw oder ein Auto gezeigt. Darüber hinaus seien kinästhetische Flashbacks beschrieben worden. Der Kläger erlebe den Aufprall auf den Kopf, verspüre dabei aber weder Schmerzen noch einen Druck. Zu erwähnen sei, dass unter Umständen ein Teil der Traumatisierung durch Veränderung der kognitiven Bedeutungsgebung entstehe, wie vorliegend erst zwei Monate nach dem Unfallereignis, als dem Kläger seine ehemaligen Arbeitskollegen gratuliert hätten, dass er dem Tode entronnen sei. Erst da habe er bemerkt, in welcher Gefahr er sich befunden habe und sei darüber sehr erschrocken gewesen. Er sei auf sein Schmerzerleben fokussiert gewesen. Türkische Patienten sprächen oft von Schmerz, um depressive Stimmungen zu beschreiben, welcher dann auf Körpersymptome projiziert werde. Zudem seien sowohl somatoforme Schmerzstörungen wie auch affektive Störungen zu nennen, zu denen auch die Depression als Traumafolgestörung gehöre. Ferner habe er eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradige Episode (ICD-10 F33.0) diagnostiziert. Zu den drei Hauptkriterien zählten eine deprimierte Stimmung in leichtgradiger Form, welche beim Kläger jedoch nicht durchgängig bestanden habe. Zudem habe dieser über eine Antriebsarmut in leichter Form berichtet, welche er bei der Untersuchung allerdings nicht beobachtet habe. Ebenso sei ein leichtgradiger Verlust an Interesse und Freude, an Aktivitäten, die normalerweise angenehm seien, genannt worden. Der Kläger habe seine Hobbys aufgegeben. Von den Zusatzkriterien lägen ein Verlust des Selbstvertrauens in Form von mittelgradig ausgeprägten Insuffizienzgefühlen und schwere Einschlafstörungen vor. Als Zusatzsymptome hätten sich ein mittel- bis schwergradiges Grübeln, besonders nachts, eine leichtgradige Störung der Vitalgefühle, eine berichtete leichtgradige Unruhe, ein leichtgradiger sozialer Rückzug, eine leichtgradige Tagesmüdigkeit, eine leicht- bis mittelgradig verminderte Sexualität sowie ein mittel- bis schwergradig morgens schlechteres Befinden gefunden. Damit habe der Kläger bei seiner gutachtlichen Untersuchung die Kriterien einer leichten depressiven Episode erfüllt. Noch im April 2016 habe Dr. K. eine schwergradige depressive Episode diagnostiziert. Der Rückgang der depressiven Symptomatik sei höchstwahrscheinlich der konsequenten pharmakologischen und psychotherapeutischen Behandlung zu verdanken. Der Tinnitus werde durch eine ängstlich gefärbte Fokussierung in seiner Intensität sowohl aufrechterhalten als auch verstärkt. Er gehe mit einer Veränderung der neuronalen Aktivität in verschiedenen Gehirnarealen einher. In stressbeladenen Lebensphasen und Situationen würden solche Ohrgeräusche verstärkt wahrgenommen. Eine Traumastörung, eine Depression und die Folgen dieser Erkrankungen im psychosozialen Bereich ließen sich als stark stresserhöhend bezeichnen. Eine rezidivierende depressive Störung könne eine direkte Reaktion auf das Unfallereignis darstellen, könne aber auch als Traumafolgestörung eine Reaktion auf eine psychische Belastung sein. Welche dieser beiden Möglichkeiten vorliege, könne retrospektiv nicht entschieden werden. Die depressive Symptomatik und die Angstsymptomatik zum Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung würden sicherlich durch den Umgang des Klägers mit der Diagnose eines Harnblasentumors beeinflusst. Diese Erkrankung sei im Februar 2016 diagnostiziert worden. Hierauf habe er mit vielen Zukunftsängsten und Sorgen reagiert. Der Umgang mit dieser Krankheit sei sicherlich eine Mitursache für das Auftreten der jetzigen depressiven Episode. Gleichwohl seien bereits zuvor zwei dokumentierte depressive Phasen aufgetreten, für welche die urologische Erkrankung keine Ursache sein könne. Damit habe die Mitursache in Form des Umganges mit dem Blasentumor letztendlich keine Bedeutung für das Entstehen der beiden Gesundheitsstörungen "sonstige Reaktionen auf schwere Belastung" und "rezidivierende depressive Episode". Die Erkrankungen auf seinem Fachgebiet bedingten eine MdE von 30 v. H. Es hätten sich schwergradige Einschlafstörungen gezeigt, die insbesondere mit schwergradigem Grübeln bei traumarelevanten Grübelthemen einhergingen. Der Kläger sei im Allgemeinen erst gegen 4 Uhr oder 5 Uhr morgens in den Schlaf gekommen, welcher durch ein traumarelevantes Albtraumgeschehen gestört sei. Dies führe dazu, dass er meistens erst gegen 11 Uhr wach werde. Zudem habe ein Morgentief bestanden. Dies habe schon an der alten Arbeitsstelle dazu geführt, dass er nicht in der Lage gewesen sei, morgens zu arbeiten, sondern erst nachmittags seine Tätigkeit habe aufnehmen können. Wegen dieser Einschränkung sei ihm eine Großzahl von Arbeitsmöglichkeiten verschlossen. Des Weiteren hätten sich bei ihm stärkere sozial-kommunikative Beeinträchtigungen wie eine Reizbarkeit, ein sozialer Rückzug sowie eine Störung der affektiven Modulation und der Kommunikationsfähigkeit gezeigt. Diese gesundheitlichen Nachteile beeinträchtigten ihn sowohl bei der Kommunikation in einem Team als auch mit Vorgesetzten. Ferner hätten sich Schmerzen und körperliche Wahrnehmungen, welche vornehmend stressbedingt seien, gefunden. Zu nennen seien etwa Schmerzen am Handgelenk, am Rücken und im Magen, welche nicht vollkommen durch somatische Befunde erklärt werden könnten. Der Tinnitus, der stressbedingt zunehme, und der psychogene Schwindel mit stressabhängigen Symptomen, reduzierten die Belastungsfähigkeit des Klägers deutlich. Weiterhin hätten sich psychische Symptome wie eine depressive Stimmung, eine Ängstlichkeit, Insuffizienzgefühle und eine Antriebsarmut gezeigt, durch welche seine Belastbarkeit reduziert sei. Ob die von ihm erhobene Symptomatik diejenige einer abklingenden depressiven Episode oder bereits eine Residualsymptomatik sei, könne nicht entschieden werden. Retrospektiv könne auch keine Aussage darüber getroffen werden, ob die geringe Symptomatik, welche Dr. H. und Prof. Dr. D. gesehen hätten, lediglich die Zeit zwischen zwei depressiven Episoden abgebildet hätten. Der Kläger sei nach Aktenlage wegen der Folgen des Unfallereignisses vom 17. Mai 2010 etwa zwei Monate arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Danach habe er seine Arbeit bei der Arbeitgeberin wieder aufgenommen. Soweit Prof. Dr. D. insbesondere eine gereizte und aggressive Reaktion des Klägers bei der damaligen Untersuchung bemerkt haben will, habe er nicht hinreichend berücksichtigt, dass Gereiztheit das häufigste Symptom psychisch kranker türkischer Patienten sei. Diese sei also ein Symptom der psychischen Erkrankung und keines von Aggravation. Wenn Gereiztheit somit mit guter Begründung als Krankheitssymptom und nicht als Zeichen für Aggravation gesehen werden könne, ändere sich der Kontext insofern, dass klinisch nicht mehr von Aggravation gesprochen werden könne.

Gegen das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie R. hat die Beklagte, im Wesentlichen gestützt auf die Ausführungen von Dr. H., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 21. Oktober 2016, eingewandt, dieser habe sich ganz wesentlich auf die subjektiven Angaben des Klägers gestützt. Erst zweieinhalb Jahre nach dem Unfallereignis, nämlich am 17. September 2012, sei überhaupt erstmals eine nervenärztliche Behandlung dokumentiert. Ein psychischer Primärschaden lasse sich wie eine posttraumatische Belastungs- und eine Anpassungsstörung mit Sicherheit ausschließen, letztere allein schon wegen des zeitlichen Ablaufes. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie R. habe zum Zeitpunkt seiner Untersuchung eine leichtgradige depressive Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung gesehen, also ein halbes Jahr nachdem beim Kläger ein Harnblasenkarzinom diagnostiziert worden sei. Diese Diagnose führe nachvollziehbar zu einer Beeinträchtigung der Stimmungslage. Brückensymptome seien in den zweieinhalb Jahren nirgends dokumentiert. Erst als die jahrelang in den Vordergrund gestellten somatischen Beschwerden wie Schwindel und Tinnitus sowie diejenigen im Bereich des Handgelenkes als Unfallfolgen nicht mehr in Frage gekommen seien, sei der Schwerpunkt auf den seelischen Bereich gelegt worden. Der Sachverständige R. habe die profunden Ausführungen von Prof. Dr. D. nicht entkräften können. Das angeführte Grübeln sei schwerlich dem psychischen Befund zuzuordnen. Es falle ohnehin auf, dass darin anamnestische Angaben aufgeführt seien. Eine Antriebsarmut sei demgegenüber nicht beobachtet worden. Eine differenzierte Validierung der Beschwerden sei nicht erfolgt. Die von ihm eingesetzten Selbstbeurteilungsskalen seien in der Begutachtungssituation wenig hilfreich, da der Kläger genau gewusst habe, was er habe ankreuzen müssen, um sein Ziel zu erreichen. Der Rey-Memory-Test sei alleine nicht aussagefähig, um Verdeutlichungstendenzen zu zeigen oder auszuschließen. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie R. habe es versäumt, auf die von Prof. Dr. D. als eindeutig beschriebenen Tendenzen zur Aggravation durch eine eigene Überprüfung hinreichend einzugehen.

Der Sachverständige R. hat in seiner Stellungnahme vom 15. März 2017 ergänzend ausgeführt, Dr. H. habe die Stellung von Tests zur Validierung von Beschwerden bei der Begutachtung der Glaubwürdigkeit verkannt. Er habe die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN) vom 28. Januar 2011 nicht zur Kenntnis genommen. Ihm sei das AMDP-System, also das System zur standardisierten Erfassung und Dokumentation eines psychopathologischen Befundes, offensichtlich fremd. Psychiater würden im Rahmen ihrer Facharztausbildung darin geschult, die Glaubwürdigkeit eines Probanden zu beurteilen. Dies gelänge, wenn beobachtet würde, wie Menschen verbal und nonverbal kommunizierten, sowie auf die Unterschiede zwischen verbaler und nonverbaler Kommunikation geachtet werde. Hierbei zeige sich aus der Erfahrung, dass nonverbale Kommunikation wesentlich schwerer zu simulieren und hierbei zu aggravieren sei. Da die Untersuchung des Klägers im Rahmen der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung keinen Anhalt für eine Simulation oder Aggravation ergeben habe, sei als Test zur Validierung der Beschwerden lediglich der Rey-Memory-Test durchgeführt worden. Grübeln sei explizit im AMDP-System zur Dokumentation psychiatrischer Befunde als Symptom Nr. 20 aufgeführt. Die Bedeutung des Grübelns werde in der modernen Therapieforschung zunehmend als störungsübergreifendes Symptom gesehen. Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse habe Dr. H. nicht berücksichtigt. Es werde deutlich, dass er alle psychopathologischen Symptome, welche vom Kläger selbst berichtet und dann von ihm übernommen worden seien, als ungültig erachtet habe. So sei allerdings auch nicht bei den Diagnosesystemen vorgegangen worden. Eine Somatisierungsstörung sei deshalb nicht diagnostiziert worden, da Ausschlusskriterien vorlägen; eine sei das Vorhandensein einer affektiven Störung, wozu die rezidivierende depressive Episode zähle. Prof. Dr. G. habe zwar die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gestellt, aber nicht alle Kriterien hierfür in seinem Bericht abgebildet. Es sei Aufgabe des Gutachters, bei inkonsistenter Aktenlage aufgrund nicht hundertprozentig fachgerechter Vorgutachten und Berichte auch auf solche Folgekriterien und Angaben eines Patienten zurückzugreifen, um sich gerade bei sehr divergierenden Schlussfolgerungen ein fachgerechtes Urteil bilden zu können. Er habe dargelegt, dass es ethno-psychiatrische Unterschiede bei türkischen Patienten gebe, die oft von Schmerz sprächen, um eine depressive Stimmung zu beschreiben und dann diesen Schmerz auf Körpersymptome projizierten. Psychopathologische Symptome könnten sowohl auf einer Fremd- als auch auf einer Selbstbeurteilung basieren. Das sei allgemeines Lehrbuchwissen. Liege eine rezidivierende depressive Störung vor, sei der Fokus nicht auf einen singulären Untersuchungszeitpunkt zu richten. Ansonsten unterlaufe ein logischer Fehler. Demgegenüber seien rhythmische Prozesse im zeitlichen Verlauf zu beachten.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, der Sachverständige R. untermauere eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 v. H. Das LSG habe den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt und mehrfach gegen die Amtsermittlungspflicht verstoßen. Es lägen sich widersprechende Gutachten von wissenschaftlich tätigen, klinisch und forensisch sehr erfahrenen Sachverständigen vor, welche zu einer völlig gegensätzlichen Beurteilung gekommen seien. Deswegen habe sich das Gericht zur weiteren Beweiserhebung gedrängt fühlen müssen, da es unwidersprochen nicht über eine eigene Sachkunde verfüge, um die Richtigkeit der Feststellungen und Beurteilungen des einen sowie die Unrichtigkeit des anderen Gutachtens selbst feststellen zu können. Prof. Dr. D. sei das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie R. vorzulegen. So ließen sich Missverständnisse ohne Weiteres aufklären. Würden die Sachverständigen nicht ergänzend befragt, werde sein Recht auf Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verletzt, welches bestehe, wenn ein schriftliches Gutachten erstattet worden sei. Dieses Fragerecht bestehe unabhängig von dem danebenstehenden pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, bei einem erläuterungsbedürftigen schriftlichen Gutachten das Erscheinen des Sachverständigen anzuordnen. Die Beklagte habe unter Umgehung des auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Datenschutzes die Äußerung von Dr. H. vorgelegt. Hierdurch sei versucht worden, unter der irreführenden Bezeichnung "beratungsärztliche Stellungnahme" ein Gegengutachten in das Verfahren einzuführen. Zur Überlassung seiner umfangreichen medizinischen Daten und Befundunterlagen sei die Beklagte nicht ohne seine Zustimmung befugt gewesen. Der Datenschutz sei im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung durch § 200 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) besonders geschützt. Hierzu habe der Bundesdatenschutzbeauftragte im Internet eine offizielle Erklärung zur Gutachterregelung veröffentlicht, wonach die Ausführungen von Dr. H. fraglos keine beratungsärztliche Stellungnahme mehr darstellten. Zudem sei der Beklagten aufzugeben gewesen, ihre Verwaltungsakte nochmals vorzulegen, insbesondere den kompletten Teil, der sich mit der Vorbereitung, Erteilung und Abwicklung des Auftrages an ihn befasse. Die Europalette, auf der Kunststoffkästen mit Schläuchen, Kabeln, kleineren Motoren und Werkzeugen gestapelt gewesen seien, sei aus hartem Kunststoff gewesen. Außer von der Palette sei er von mehreren Kunststoffkästen getroffen worden. Die Arbeitgeberin habe durch werksinterne Organe den Unfallhergang zu prüfen und festzustellen gehabt. Hierüber seien mit Sicherheit Unterlagen vorhanden, welche das Gericht anzufordern habe. Zudem habe es am Unfallort mindestens zwei Zeugen gegeben, den Fahrer des Gabelstaplers und seinen Arbeitskollegen, der ihm eine Warnung zugerufen habe. Den Unfallhergang habe er im Wesentlichen bereits Prof. Dr. Dr. h. c. P. bei dessen Anamneseerhebung geschildert. Bei umfassender Ermittlung zum Unfallhergang ergebe sich, dass die einwirkenden Kräfte erheblich stärker gewesen seien als bislang angenommen. Nach dem Unfall sei er kurzzeitig bewusstlos gewesen. Dies könne der Rettungsdienst der Arbeitgeberin bestätigen, welcher ihn an der Unfallstelle notfallmäßig betreut habe. Der Tinnitus, woran er bis heute leide, sei als Unfallfolge von der Beklagten bindend festgestellt worden. Das Gutachten von Dr. Z. sei in diesem Zusammenhang nicht verwertbar, da er keine dolmetschende Person hinzugezogen habe, obwohl dies für die valide Durchführung der otologischen Untersuchungen notwendig gewesen sei. Mit dem Tinnitus einher gehe ein Hypotonus, der auch aktuell noch in einem geringeren Ausmaß als bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. h. c. P. vorhanden sei. Der Schwindel bestehe seit dem Unfallereignis ohne Milderung persistierend. Entweder handele es sich um einen durch eine Commotio labyrinthi verursachten Lagerungsschwindel oder einen psychogenen Schwindel. Das Gericht habe es bislang unterlassen, das von Prof. Dr. Dr. h. c. P. empfohlene neurootologische Ergänzungsgutachten einzuholen. Dr. H. habe hinsichtlich seiner Ausführungen zu Simulation und Aggravation, welche mittels Test zur Validierung seiner Beschwerden zu überprüfen seien, die Stellungnahme der DGPPN von Januar 2011 nicht hinreichend beachtet. Danach gebe es in der Begutachtungspraxis in Deutschland keinen Konsens darüber, welche und wieviel der zahlreich verfügbaren Methoden sinnvollerweise zum Einsatz kommen sollten. Prof. Dr. D. habe bei dem ersten Untersuchungstermin keine sprachmittelnde Person herangezogen, weshalb es aufgrund der bestehenden Sprachbarriere zu häufigen Wiederholungen der Fragen sowie sehr vagen und ungenauen Antworten gekommen sei. Wegen dieses Versäumnisses habe der zweite Untersuchungstermin nicht seine tatsächliche Verfassung wiedergeben können. Eine valide Feststellung der Voraussetzungen der vorliegenden psychischen Erkrankungen bei ihm habe nicht mehr erfolgen können. Prof. Dr. D., der sich über das von ihm beanstandete gereizte und aggressive Verhalten beklagt und daraus den Verdacht auf eine Aggravation maßgeblich hergeleitet habe, habe übersehen, dass hinsichtlich des D-Kriteriums der diagnostischen Kriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung ausdrücklich Reizbarkeit, Wutausbrüche und Hypervigilanz als Merkmale für anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensitivität und Erregung vorliegen müssten. Bei einem an dieser Gesundheitsstörung erkrankten Menschen müsse deshalb mit einem solchen Verhalten durchaus gerechnet werden, ohne dass daraus der Verdacht oder gar die Annahme einer Aggravation mit hinreichender Begründung hergeleitet werden könne. Weshalb der Sachverständige R. letztlich die Diagnose nicht gestellt habe, sei nach seinen Ausführungen unklar. Er habe zwar zwei Monate nach dem Unfall den Betrieb der Arbeitgeberin wieder aufgesucht. Es handele sich aber um eine sehr weiträumige Fabrikanlage mit mehreren Gebäuden, in denen sehr unterschiedliche Abteilungen mit völlig unterschiedlicher Ausstattung und jeweils anderen dort eingesetzten Arbeitnehmenden vorhanden seien. Der Unfall habe sich nicht an der Arbeitsstelle ereignet, an der er bis zum Unfallereignis üblicherweise im Betrieb eingesetzt gewesen sei. Dies habe der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie R. aber wohl angenommen. Nur unmittelbar nach seiner Rückkehr dorthin, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sich nach den Diagnosekriterien noch nicht das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung habe ausbilden müssen, habe er einmal kurz die Unfallstelle aufgesucht. Dies genüge nicht, um daraus die Feststellung zu treffen, dass das C-Kriterium nicht vorliege. Der Sachverständige R. habe weiter nicht hinreichend beachtet, dass das Vorliegen von Flashbacks, Träumen oder Albträumen nicht nur Merkmale für posttraumatische Erkrankungen geringerer Schwere seien, sondern auch das B-Kriterium erfüllten. Bereits zwei bis drei Tage nach dem Unfall habe bei ihm ein anhaltendes Erinnern mit Albträumen eingesetzt. Seine Ehefrau habe wahrgenommen, dass er ganz ungewöhnliche und sie beängstigende Auffälligkeiten gezeigt habe. Diese hätten in schreckhaften Zuckungen und ständigem Aufschrecken mit lautem Rufen und Schreien bestanden. Er sei dann in Panik erwacht. Damit sei auch das D-Kriterium erfüllt. Diese Symptome seien innerhalb von sechs Monaten nach dem belastenden Ereignis aufgetreten. Eine ordnungsgemäße zeitnahe Untersuchung der psychischen Unfallfolgen habe nicht stattgefunden, auch keine sicherlich seinerzeit bereits nicht nur sinnvolle, sondern auch dringend erforderliche fachärztliche psychiatrische Behandlung. Er selbst habe dann den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S. aufgesucht, welcher ihn bis April 2011 behandelt habe. Da sich das Leiden verschlimmert habe, sei Prof. Dr. G. kontaktiert worden, welcher erstmals eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert habe. Diese Erkrankung habe schließlich Dr. K. bestätigt. Wie der erkennende Senat bereits entschieden habe, könne der zeitliche Bezugspunkt für die Entwicklung einer Anpassungsstörung auch eine fehlgeschlagene Heilbehandlung sein, also nicht unbedingt das Unfallereignis selbst.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. September 2014 aufzuheben und den Bescheid vom 19. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2012 teilweise aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vom Hundert zu gewähren, hilfsweise einen Drehschwindel, eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode und eine posttraumatische Belastungsstörung, höchsthilfsweise eine sonstige Reaktion auf schwere Belastung, als Folgen dieses Versicherungsfalls festzustellen, weiter hilfsweise den Sachverständigen Prof. Dr. D. zum Beweis der Tatsache, dass die von dem Sachverständigen R. vorgenommene Zusammenfassung und Beurteilung der Beweisfragen mit Ermittlung der primären und sekundären Gesundheitsstörungen/Unfallfolgen und der Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit bei unterstellter Richtigkeit der tatsächlichen Angaben zum Akteninhalt, seiner Angaben und zur Durchführung der diagnostischen Maßnahmen dem Stand der Wissenschaft entsprechen und zutreffend sind, zu einem Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden, um dort zu den abweichenden Ergebnissen des Sachverständigen R. Stellung nehmen zu können und für Fragen der Beteiligten zur Verfügung zu stehen, die sich aus der Stellungnahme ergeben, höchsthilfsweise ihn zu einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme aufzufordern, jedenfalls nach § 109 Sozialgerichtsgesetz, weiter hilfsweise den Sachverständigen R. zum gleichen Beweisthema zu einem Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden, um ihm Gelegenheit zu geben, seinerseits zu der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. D. Stellung zu nehmen, höchsthilfsweise ihn zu einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme aufzufordern, jedenfalls nach § 109 Sozialgerichtsgesetz, weiter hilfsweise, den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S., Prof. Dr. G., Dr. K. und die Dipl.-Psych. C. als sachverständige Zeugen zu befragen, welche konkreten Untersuchungen und sonstigen diagnostischen Maßnahmen sie seit seinem Arbeitsunfall vorgenommen haben und welche Diagnosen aufgrund welcher konkreten Feststellungen zu psychischen oder psychosomatischen Leiden getroffen wurden, deren Ursache in dem Unfallereignis liegen, höchsthilfsweise den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S. zu dem Vorliegen einer sicher diagnostizierten depressiven Störung, deren Genese sowie genaue diagnostische Zuordnung und Ausprägung als sachverständigen Zeugen zu hören, weiter hilfsweise Prof. Dr. Dr. h. c. P. das Gutachten des Sachverständigen Dr. Z. mitsamt den Verfahrensakten zur Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme vorzulegen, höchsthilfsweise im Rahmen von § 109 Sozialgerichtsgesetz, weiter hilfsweise Prof. Dr. Dr. h. c. P. zur ergänzenden Erläuterung seines Gutachtens zur mündlichen Verhandlung zu laden, weiter hilfsweise ihn persönlich zur mündlichen Verhandlung zu laden und ihn nochmals zum Unfallhergang anzuhören, weiter hilfsweise seine Ehefrau M. A. als Zeugin dazu zu hören, dass er Albträume hatte, schreckhaft zuckte sowie mit lautem Rufen und Schreien aufschreckte.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie trägt im Wesentlichen vor, die Folgen des Ereignisses vom 17. Mai 2010 erreichten keinen rentenberechtigenden Grad.

Der Kläger hat Auszüge aus der über ihn geführten Verwaltungsakte bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vorgelegt. D. B., Stationsärztin der Abteilung Urologie, Urologische Onkologie u. a. des Krankenhauses Salem, Heidelberg, hat nach seinem stationären Aufenthalt vom 4. bis 8. Februar 2016 ein Urothelkarzinom pTaG2 der Harnblase am Blasenboden links und eine postoperative Makrohämaturie diagnostiziert. Dr. D., Facharzt für Innere Medizin, hat nach seiner Bescheinigung vom 26. Oktober 2016 eine Depression und eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt. Der Kläger sei seit dem 22. September 2015 wegen einer schweren depressiven Episode arbeitsunfähig erkrankt. Am 28. April 2016 hat er ergänzend ausgeführt, mittlerweile habe eine rezidivierende depressive Störung und zudem eine Angststörung vorgelegen. Im Vordergrund habe eine ausgeprägte depressive Stimmungslage gestanden, welche sich durch Angstanteile, besonders wegen der im Februar 2016 festgestellten Krebserkrankung, verschlechtert habe. Es hätten hauptsächlich Schlafstörungen, Grübelzwang und eine ausgeprägte Krebsangst vorgeherrscht. Aktuell habe sich der Kläger in fachpsychiatrischer Behandlung bei Dr. K. befunden. Nach dessen Bericht vom 30. Mai 2016 habe er sich seit Mitte November 2015 in einer ambulanten muttersprachlich geführten psychiatrischen Behandlung befunden. Zuletzt habe er ihn Ende 2016 gesehen. Die Behandlung sei wegen einer rezidivierenden depressiven Störung bei gegenwärtig schwerer Episode (ICD-10 F33.2), einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer Angststörung erfolgt. Diesbezüglich seien die Antidepressiva Sertralin, 100 mg und Amineurin, 10 mg verordnet worden. Psychopathologisch hätten eine agitiert ängstlich-gefärbte depressive Grundstimmung mit Anhedonie, eine ausgeprägten Unruhe mit Insuffizienzerleben, ein Antriebsmangel, ein vermindertes Denk- oder Konzentrationsvermögen, eine Vitalitätsstörung im Sinne von Schlafstörungen und eine psychomotorische Unruhe vorgelegen. Der Kläger sei formal-gedanklich gehemmt und inhaltlich mit einer erhöhten Tendenz zur Selbstbeobachtung auf sein Schmerzerleben fokussiert gewesen. Diffuse Ängste und eine Hoffnungslosigkeit hätten sich gezeigt. Bei ihm bestehe bei höhergradigen depressiven Beschwerden mit einer schwer ausgeprägten Angststörung eine weitreichende Beeinträchtigung mit verstärktem Rückzugsverhalten im Sinne einer durchgängig passiv-regressiven Lebenshaltung mit erheblichen Einschränkungen in der Anpassungs- und Erlebnisfähigkeit, in der sozialen Interaktion sowie bei der Bewältigung allgemeiner Aufgaben und den Anforderungen des Alltages. Aus fachärztlich-psychiatrischer Sicht sei der Kläger bis auf Weiteres arbeitsunfähig. Dr. H., Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, hat nach der ambulanten Untersuchung am 2. März 2016 berichtet, es seien eine mittelgradige Aortenklappeninsuffizienz bei anulo-aortaler Ektasie (maximale Weite der Aorta ascendens etwa 47 mm), eine gute linksventrikuläre Pumpfunktion, eine diskrete Halsgefäßarteriosklerose, erstmals diagnostiziert im Oktober 2014 mittels Carotis-Doppler, grenzwertige Cholesterinwerte, ein Nikotinabusus sowie der Zustand nach einer Operation eines Blasentumors im Februar 2016 diagnostiziert worden. Die kardiale Situation sei aktuell stabil. Nach dem Gutachten von Dr. L., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg, vom 11. November 2016 hätten beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelschwere bis schwere Episode (ICD-10 F33.1), eine Angststörung, eine sonstige Reaktion auf eine schwere Belastung, eine mittelgradige Aortenklappeninsuffizienz sowie ein Urothelkarzinom der Harnblase mit aktuell fehlendem Hinweis für ein Lokalrezidiv oder einen Tumorprogress vorgelegen. Im Rahmen der psychopathologischen Symptomatik sei derzeit von einer erheblich eingeschränkten psychomentalen Belastbarkeit auszugehen, welche sich mit einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht vereinbaren lasse. Ein positives Leistungsbild hinsichtlich einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt habe derzeit nicht definiert werden können. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit sei nicht absehbar. Dr. S., Facharzt für Urologie, hat Anfang Oktober 2016 den Zustand nach einer TUR-B im Februar 2016 bei Urothelkarzinom der Harnblase pTaG2 diagnostiziert. Die Nachsorgeuntersuchung habe keinen Hinweis für ein Lokalrezidiv oder einen Tumorprogress ergeben. Weiter hat das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Baden-Württemberg vom 4. August 2016 vorgelegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakte der Beklagten (2 Bände) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Soweit der Kläger mit der Berufung wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 die Gewährung einer Verletztenrente weiterverfolgt hat, ist sie form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG), aber unbegründet. Das Rechtsmittel ist mit den hilfsweise verfolgten Begehren, der Feststellungen eines Drehschwindels, einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode und einer posttraumatische Belastungsstörung, höchsthilfsweise einer sonstigen Reaktion auf schwere Belastung, als Folgen dieses Versicherungsfalls mangels Beschwer durch die erstinstanzliche Entscheidung, also fehlendem Rechtsschutzbedürfnis für die Rechtsmittelinstanz, bereits unzulässig.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das angefochtene Urteil des SG vom 18. September 2014, mit dem die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) erhobene Klage, mit welcher der Kläger unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 19. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2012 die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 30 v. H. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 begehrt hat, abgewiesen wurde. Zudem verfolgt der Kläger mit dem Hilfsantrag erstmals im Verfahren die Feststellungen eines Drehschwindels, einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode und einer posttraumatische Belastungsstörung, höchsthilfsweise eine sonstige Reaktion auf schwere Belastung, als Folgen dieses Versicherungsfalls (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 SGG). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist jeweils der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34 und § 55 Rz. 21), vorliegend am 4. Mai 2017.

Die Berufung ist bezogen auf den Hauptantrag zwar zulässig aber nicht begründet. Die auf Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Klage ist unbegründet, da der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 hierauf keinen Anspruch hat. Die Unfallfolgen erreichen keine MdE von mindestens 20 v. H., wie es vorliegend mangels eines vom Kläger angeführten noch sonst ersichtlichen Stützrententatbestandes im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII Voraussetzung für diese Leistungsgewährung ist. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist daher rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Anspruchsgrundlage für die begehrte Rentengewährung ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - hier eines Arbeitsunfalls in Form des Wegeunfalls - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren (§ 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII). Wenn, wie vorliegend, ein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist, werden gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Renten an Versicherte von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem dieser Anspruch endet.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Entscheidend ist, in welchem Ausmaß Versicherte durch die Folgen des Versicherungsfalls in ihrer Fähigkeit gehindert sind, zuvor offenstehende Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 123). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 16 m. w. N.). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R -, BSGE 93, 63 (65)).

Die Einschätzung der MdE setzt voraus, dass der Arbeitsunfall beim Kläger eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens hervorgerufen hat, entweder durch einen unfallbedingten Gesundheitserst- oder einen damit im Ursachenzusammenhang stehenden Gesundheitsfolgeschaden.

Die unfallversicherungsrechtliche Zurechnung setzt erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, objektiv (mit-)verursacht hat. Für Einbußen der Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine (Wirk-)Ursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einzustehen. (Wirk-)Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die in Frage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele ("conditio sine qua non"). Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der "Conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, darüber hinaus in seiner besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss (Wirk-)Ursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein.

Ob die versicherte Verrichtung eine (Wirk-)Ursache für die festgestellte Einwirkung und die Einwirkung eine (Wirk-)Ursache für den Gesundheitserstschaden (oder den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht ("ex post") nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen, gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten, beantwortet werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 61 ff.).

Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln von Verletzten, das objektiv seiner Art nach von Dritten beobachtbar und subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht, zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Als objektives Handeln der Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder den Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder im Sinne von § 11 SGB VII, der für die zweite Prüfungsstufe andere Zurechnungsgründe als die Wesentlichkeit regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie auch zur MdE reichen, derentwegen das SGB VII mit der Rente ein Leistungsrecht vorsieht (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 31).

Erst wenn die Verrichtung, die möglicherweise dadurch verursachte Einwirkung und der möglicherweise dadurch verursachte Erstschaden festgestellt sind, kann und darf auf der ersten Prüfungsstufe der Zurechnung, also der objektiven Verursachung, über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung zwischen der Verrichtung und der Einwirkung mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und gegebenenfalls mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, eine (Wirk-)Ursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper von Versicherten war (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 32).

Zweitens muss der letztlich durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 33).

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage, ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, also wesentlich, war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der (Wirk-)Ursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzweckes der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 34). Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 16/11 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 21, Rz. 21 ff.). Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als wesentliche Ursache (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 37).

Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. Ein solcher ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden, die infolge ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, juris, Rz. 39).

Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die solche Gesundheitsschäden erfüllen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen der versicherten Einwirkung und einem Gesundheitserstschaden sowie zwischen einem Gesundheitserst- und einem Gesundheitsfolgeschaden der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2009 - B 2 U 29/07 R -, juris, Rz. 16 und 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -, juris, Rz. 17).

Das Bestehen einer Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens muss ausgehend von konkreten Funktionseinbußen beurteilt werden. Soweit die MdE sich nicht ausnahmsweise unmittelbar aus den Unfallfolgen erschließt, bilden festgestellte und eindeutig nach gängigen Diagnosesystemen (z. B. ICD-10, DSM-IV) konkret zu bezeichnende Krankheiten (vgl. BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196 (203) und vom 15. Mai 2012 - B 2 U 31/11 R -, juris, Rz. 18; Urteile des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 50/15 -, juris, Rz. 48 m. w. N. und vom 17. März 2016 - L 6 U 4796/13 -, juris, Rz. 37) die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Leistungsvermögens auf dem Gebiet des gesamten Erwerbslebens zu beurteilen ist (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.).

Ausgehend von diesen Maßstäben haben die Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 ab dem Rentenbeginn (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 SGB VII), also vorliegend frühestens ab 15. Juni 2010 bis aktuell, zu keiner MdE von mindestens 20 v. H. geführt. Nach diesen Normen werden Renten an Versicherte von dem Tag an gezahlt, der auf denjenigen folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet, was mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit der Fall ist. Mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit frühestens vier Wochen nach dem Ereignis vom 17. Mai 2010 endete damit der Anspruch auf Verletztengeld, weshalb eine Rente aus Rechtsgründen ohnehin erst ab dem 15. Juni 2010 gezahlt werden könnte. Gegenüber Prof. Dr. H. gab der Kläger selbst an, dass aus seiner Sicht für vier Wochen Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Eine Einschätzung von vier bis fünf Wochen hat Dr. T. ausweislich seines im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) verwerteten Gutachtens für plausibel gehalten, was den Senat überzeugt hat. Der Sachverständige R. hat unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit sogar bis 17. Juli 2010 angenommen.

Bei der Ausübung der abhängigen Beschäftigung des Klägers als Maschinenbediener für die H. Druckmaschinen AG am 17. Mai 2010 gegen 8:25 Uhr, also im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit als Beschäftigter (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII), fiel ein drei Meter hoher Stapel aus Kunststoffkästen, in denen sich Schläuche, Kabel, kleinere Motoren und Werkzeuge befanden, und die auf einer Europalette aus Hartkunststoff gestapelt waren, um, als ein Arbeitskollege des Klägers versuchte, sie mit dem Gabelstapler anzuheben. Die Palette und die Kästen trafen den Kläger am Körper, wodurch er zu Boden stürzte. Diesen Unfallhergang entnimmt der Senat im Wesentlichen dem konkretisierenden Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren und der Unfallanzeige der Arbeitgeberin von Ende Juli 2010, welche auch vom Betriebsrat unterschrieben wurde. Der Hilfsantrag, den Kläger persönlich zur mündlichen Verhandlung zu laden und ihn nochmals zum Unfallhergang anzuhören, wurde abgelehnt, da die damit zu erhebende Tatsache erwiesen ist. Bei dem stattgehabten Ereignis erlitt er eine Kopfplatzwunde, eine Nasenbeinprellung, eine offene Oberschenkelwunde, eine anderweitig nicht klassifizierte offene Gesichtswunde rechts, eine offene Handwunde links und eine Handprellung rechts, wie sie der Durchgangsarzt Dr. Sch. etwa zweieinhalb Stunden später diagnostizierte. Am seitlichen Nasenbein und im Bereich der rechten Hand war es zu keinen knöchernen Verletzungen gekommen, wie sich nach seiner röntgenologischen Untersuchung ergeben hat. Eine knöcherne Läsion an der Schädelkalotte oder der -basis trat ebenfalls nicht ein, wie Prof. Dr. G. u. a. Anfang Juni 2010 durch die CT des Schädels objektiviert haben. Darüber hinaus wurde mittels der MRT der rechten Hand von Ende Juni 2010 eine unfallbedingte Teilruptur eines intrinsischen Bandes der Handwurzel zwischen dem Os trapezium und dem Os capitatum objektiviert, wie auch Dr. T. herausgestellt hat. Die Ausführungen des Oberarztes K. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme von Februar 2011 widersprechen dem nicht. Wegen der aus seiner Sicht mangelhaften Qualität dieses bildgebenden Materials konnte er lediglich keine Kriterien für einen vollständigen Riss des Ligaments zwischen Capitatum und Trapezium erkennen.

Als Unfallfolgen erkannte die Beklagte ferner mit Bescheid vom 19. Januar 2012 bindend (§ 77 SGG) einen chronischen Tinnitus links (ICD-10-GM-2017 H93.1), einen zurückgebildeten Lagerungsschwindel (ICD-10-GM-2017 H81.1) und eine ausgeheilte Halswirbelsäulenzerrung ohne strukturelle Schädigung (ICD-10-GM-2017 S13.4) an. Von den in dieser schriftlichen Verwaltungsentscheidung angeführten gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind diese Gesundheitsstörungen einer Regelung zugänglich gewesen, mangels Einordnung in eines der gängigen Diagnosesysteme aber nicht etwa die Belastungsschmerzen im rechten Handgelenk bei Flüssigkeitsvermehrung zwischen den Handwurzelknochen Os trapezium und Os capitatum als Symptom und Befundbeschreibung (vgl. Urteil des Senats vom 28. Juli 2016 - L 6 U 1013/15 -, juris, Rz. 74).

Bindend steht nach Auslegung des Bescheides vom 19. Januar 2012 auch fest, dass eine Hochtoninnenohrschwerhörigkeit links (ICD-10-GM-2017 H91.9), Sensibilitätsstörungen an der rechten Daumenkuppe (ICD-10-GM-2017 R20.8), Bandscheibenvorwölbungen im Bereich der Halswirbelsäule (ICD-10-GM-2017 M50.2) sowie Depressionen (ICD-10-GM-2017 F32.- und F33.-), also auch die von dem Sachverständigen R. diagnostizierte rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode (ICD-10-GM-2017 F33.0), die von der sachverständigen Zeugin Dipl.-Psych. C. angenommene mittelgradige depressive Episode mit Somatisierungsneigung (ICD-10-GM-2017 F32.1) und die von Dr. K. festgestellte rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome (ICD-10-GM-2017 F33.2), nicht auf den Arbeitsunfall am 17. Mai 2010 zurückzuführen sind (vgl. Urteil des Senats vom 28. Juli 2016, a. a. O.). Bei der Fehlschwingung im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule sowie der Abflachung der Lendenwirbelsäulenverkrümmung handelt es sich demgegenüber bereits wiederum um einer Regelung nicht zugängliche körperliche Erscheinungen, mithin Befundbeschreibungen. Wegen der Bindungswirkung waren in Bezug auf diese Gesundheitsstörungen keine weiteren Beweiserhebungen vorzunehmen, auch nicht in Bezug auf eine Tendenz des Klägers zur Aggravation, da sie ohne Bedeutung gewesen wären. Der Senat weist daher lediglich ergänzend darauf hin, dass bei einer entsprechenden Diagnosestellung nach der Stellungnahme der DGPPN von Januar 2011 (im Internet unter "www.dgppn.de/presse/stellungnahmen/detailansicht/browse/1/select/stellungnahmen-2011/article/141/zur-anwendun.html") unter Hinweis auf D./W./F., VersMed 2010, S. 163 ff. maßgeblich ist, dass, sofern hierbei Tests zur Validierung von Beschwerden zur Anwendung kommen, die Standards einer umfassenden fachärztlichen Begutachtung beachtet, also die Ergebnisse im Kontext einer gründlichen neurologisch-psychiatrischen Untersuchung diskutiert werden.

Eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10-GM-2017 F43.1), wie sie der sachverständige Zeuge Prof. Dr. G. und Dr. K. diagnostiziert sowie Dr. D. als Facharzt für Innere Medizin fachfremd angenommen haben, steht nicht zur Überzeugung des Senats fest. Die posttraumatische Belastungsstörung, welche nach der von der Weltgesundheitsorganisation herausgegebenen Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme in ihrer aktuellen und international gültigen Ausgabe ICD-10, Version 2017 (ICD-10-GM-2017) als "F43.1" kodiert wird, bezeichnet eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (ICD-10-GM-2017 F62.0) über. Kriterien für die Diagnosestellung sind (vgl. Sch., MedSach 2003, S. 142 (143 f.)) ein Ereignis von außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß, das nahezu bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde (A-Kriterium), Wiedererleben: Erinnerungen tagsüber, Träume, Flashbacks, Bedrängnis bei Konfrontation mit ähnlichen Ereignissen (B-Kriterium), Vermeidung von Umständen, welche der Belastung ähneln (C-Kriterium), Amnesie oder erhöhte Sensitivität und Erregung: mindestens zwei der folgenden Merkmale: Schlafstörungen, Reizbarkeit oder Wutausbrüche, Konzentrationsstörungen, Hypervigilanz, erhöhte Schreckhaftigkeit (D-Kriterium) sowie das Auftreten in der Regel innerhalb von sechs Monaten nach dem Ereignis (E-Kriterium). An diesem Diagnosesystem orientiert sich die vertragsärztliche Behandlung (Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VS 4569/14 -, juris, Rz. 36). Es ist daher in erster Linie auch von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten sowie den Sachverständigen anzuwenden, da es die nachvollziehbare Feststellung einer konkreten psychischen Gesundheitsstörung unter Verwendung eines üblichen Diagnosesystems sowie des dortigen Schlüssels und der Bezeichnungen ermöglicht. Zur Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung herangezogen wird auch das von der American Psychiatric Association in den Vereinigten Staaten von Amerika herausgegebene Diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen, seit 1996 auch auf Deutsch; die Textrevision der vierten Auflage wurde 2000 veröffentlicht (DSM-IV-TR). Nach DSM-IV-TR 309.81 ist das so genannte "Traumakriterium", das A-Kriterium, eingängiger gefasst. Danach ist Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Dieses beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (A1-Kriterium). Es muss ein extremes, lebensbedrohliches Ereignis tatsächlich stattgefunden haben (F./L., MedSach 2003, S. 146 (147)). Bezüglich des Erlebnisses ist eine Reaktion von Angst, Hilflosigkeit oder Grauen zu verlangen (A2-Kriterium). Weitere Kriterien sind (vgl. Sch., a. a. O.) ständiges Wiedererleben des traumatischen Ereignisses (B-Kriterium), anhaltendes Vermeiden spezifischer Stimuli, welche an das Trauma erinnern (C-Kriterium), Angst oder erhöhtes Erregungsniveau (D-Kriterium), Dauer mindestens ein Monat (E-Kriterium) sowie erhebliches Leiden oder Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Bereichen (F-Kriterium). Die seit Mai 2013 dem DSM-IV-TR folgende, nunmehr in deutscher Sprache vorliegende 5. Auflage des Diagnostischen und statistischen Manuals (DSM-5) steht dem an sich nicht entgegen (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VS 4569/14 -, a. a. O., Rz. 40; W./D./G./T./D.-Sch., MedSach 2016, S. 156 ff.). Unter das A-Kriterium wird nunmehr allerdings auch die Erfahrung wiederholter oder extremer Konfrontation mit aversiven Details von einem oder mehreren derartigen traumatischen Ereignissen (z. B. Ersthelfer, die menschliche Leichenteile aufsammeln, oder Polizisten, die wiederholt mit schockierenden Details von Kindesmissbrauch konfrontiert werden) gefasst. Damit löst sich, ohne dies deutlich zu machen, die DSM-5 deutlich von der historischen Entwicklung der Erfassung seelischer Folgen schwerer Traumatisierung in den psychiatrischen Klassifikationsschemata, welche nicht zuletzt unter dem Druck der Veteranen des 1955 begonnenen Vietnamkrieges erfolgte, denen ganz unzweifelhaft permanente lebensbedrohliche Ereignisse widerfuhren und die Gräueltaten mit anblicken mussten (vgl. H., MedSach 2003, S. 137 (140)). Hiervon unterscheidet sich der Fall des Klägers gravierend. An dem Diagnosesystem DSM-5 wird im fachmedizinischen Schrifttum zudem die fehlende Validität bemängelt (Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VS 4569/14 -, a. a. O., Rz. 41). Da die exakte psychische Diagnose es nachvollziehbar machen muss, warum und in welchem Ausmaß eine Person psychisch krank ist, ist das DSM-5 besonders bei der posttraumatischen Belastungsstörung nicht geeignet, diese Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten (Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VS 4569/14 -, a. a. O., Rz. 42).

Nach beiden Diagnosesystemen, also nach ICD-10-GM-2017 und DSM-IV-TR fehlt es vorliegend an den Voraussetzungen für eine nachvollziehbare Diagnosestellung (vgl. hierzu auch Urteile des Senats vom 26. Juni 2014 - L 6 VU 2236/13 ZVW -, vom 23. Juni 2016 - L 6 VH 4633/14 -, und vom 28. Juli 2016 - L 6 U 1013/15 -, jeweils juris). Der Sachverständige Prof. Dr. D. hat im Ergebnis überzeugend angenommen, dass die Diagnosekriterien beim Kläger nicht gegeben sind. Er hat zwar bekundet, dass mit dem Unfall vom 17. Mai 2010 ein schwerwiegendes Ereignis entsprechend dem A-Kriterium vorgelegen habe, welches für ihn nun nicht unmittelbar lebensbedrohlich gewesen sei, aber eine außergewöhnliche Bedrohung dargestellt habe. Hiervon ist auch der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie R. ausgegangen. Demgegenüber sieht der Senat dieses Kriterium nicht als erfüllt an. Das erlebte Aufprallen einer Europalette aus Hartkunststoff mit drei Meter hoch gestapelten Kunststoffkästen, in denen sich Schläuche, Kabel, kleinere Motoren und Werkzeuge befanden, ist, anders als der Kläger meint, weder ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem Mensch eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, noch war er dabei mit einem extrem traumatischen Ereignis konfrontiert. Ohnehin war er von einem Arbeitskollegen gewarnt worden, so dass er sich zumindest eine kurze Distanz entfernen konnte und der Aufprall für ihn nicht überraschend kam. Weiter war er allenfalls kurzzeitig bewusstlos, denn Dr. Sch. erhob bereits zweieinhalb Stunden später keinen solchen Befund mehr. Dieser ging sogar davon aus, dass keine initiale Bewusstlosigkeit vorgelegen hat. Weiter fanden sich weder an der Schädelkalotte oder der -basis noch an den Händen, den Oberschenkeln und im Bereich der Nase knöcherne Verletzungen. Eine Commotio cerebri ist nicht objektiviert worden, insbesondere nicht von Prof. Dr. Dr. h. c. P., wie der Kläger angenommen hat. Dieser hat demgegenüber eine Commotio labyrinthi lediglich vermutet. Hinzu kommt, dass beim Kläger ein Teil der Traumatisierung durch eine Veränderung der kognitiven Bedeutungsgebung entstand und zwar als er zwei Monate nach dem Unfallereignis, nachdem seine ehemaligen Arbeitskollegen erwähnt hatten, dass er aus ihrer Sicht dem Tode entronnen sei, bemerkt haben will, in welcher angeblichen Gefahr er sich befand und erst von da an sehr erschrocken war, wie er gegenüber dem Sachverständigen R. kundtat. Anhaltende Erinnerungen oder ein Wiedererleben der Belastung durch sich aufdrängende Nachhallerinnerungen, lebendige Erinnerungen, sich wiederholende Träume oder eine innere Bedrängnis in Situationen, welche der Belastung ähnelten oder mit ihr in Zusammenhang stünden, verneinte der Kläger gegenüber Prof. Dr. D ... Seit dem Unfall hatte er unspezifische Ängste. Er erschreckte, wenn er einen Knall hörte oder ein Lkw an ihm vorbeifuhr. Daher ist auch das B-Kriterium nicht erfüllt. Dies verkennt der Kläger, wenn er nur allgemein und ohne Bezug zum Unfallereignis anführt, bereits zwei bis drei Tage danach habe er Albträume gehabt. Seine Ehefrau habe wahrgenommen, dass er ganz ungewöhnliche und sie beängstigende Auffälligkeiten gezeigt habe. Diese hätten in schreckhaften Zuckungen und ständigem Aufschrecken mit lautem Rufen und Schreien bestanden. Er sei dann in Panik erwacht. Diese Beweistatsache, welche die Ehefrau des Klägers als Zeugin bekunden soll, kann damit als wahr unterstellt werden, ohne dass damit das B-Kriterium erfüllt wäre, weshalb der hierauf gerichtete Hilfsbeweisantrag abgelehnt wurde. Gerade dadurch, dass Prof. Dr. D. beim zweiten Untersuchungstermin eine Dolmetscherin für die türkische Sprache hinzuzog, war es ihm, ohne dass nunmehr eine noch zuvor erkannte Sprachbarriere bestand, hinreichend möglich, die Voraussetzungen der psychischen Erkrankungen des Klägers aus medizinischer Sicht hinreichend zu prüfen. Da die Explorationen mehr als zwei Wochen auseinanderlagen, wirkte die Situation der ersten bei der letzten nicht mehr fort, was der Kläger nicht nachvollziehbar behauptet hat. Hierfür hat sich kein Anhaltspunkt ergeben. Ein Vermeidungsverhalten war weder beobachtet noch von ihm berichtet worden. Er wollte sogar seine bisherige Tätigkeit als Maschinenbediener fortsetzen und wurde gegen seinen Willen versetzt, wie er gegenüber Prof. Dr. D. bekundete. Der Kläger hat zudem eingeräumt, nach dem streitgegenständlichen Ereignis kurz die Unfallstelle aufgesucht zu haben. In Ermangelung einer positiven Indikation zumindest eines einzelnen klaren Vermeidungsverhaltens, liegt das C-Kriterium daher nicht vor. Aus der Schilderung des Traumas war nach den von Prof. Dr. D. erhobenen und anderen Befunden die Unfähigkeit, wichtige Aspekte der Belastung nicht zu erinnern, nicht auszumachen. Spezifische Erinnerungslücken hinsichtlich des Unfalls oder seiner Umstände sind nicht dokumentiert. Eine erhöhte psychische Sensitivität und Erregung erschienen hingegen sowohl anamnestisch als auch nach Aktenlage gut belegbar, insbesondere die Merkmale Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit, Angst und Schlafstörungen. Weniger dokumentiert sind die Konzentrationsschwierigkeiten. Mehr als zwei der geforderten Symptome waren damit zwar erfüllt. Bei diesen Beschwerden handelte es sich allerdings um eine völlig unspezifische Symptomatik, welche etwa auch als Reaktion auf eine schwierige Lebenssituation auftreten kann, wie etwa der Verlust des Arbeitsplatzes des Klägers im Sommer 2013, worauf Prof. Dr. D. hingewiesen hat. Die Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung hat auch der Sachverständige R. schlüssig nicht als erfüllt angesehen, auch wenn der Kläger dieses Ergebnis nicht akzeptieren mag und Verständnisschwierigkeiten in Bezug auf dessen Ausführungen, aber auch nur insoweit, angeführt hat.

Der Senat konnte sich ferner nicht davon überzeugen, dass der Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an einer sonstigen Reaktion auf schwere Belastung (ICD-10-GM-2017 F43.8) leidet, wie es der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie R. diagnostiziert hat. Die Störungen des Abschnittes "F43.- Rektionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen" unterscheiden sich nach der Vorbemerkung von den übrigen nicht nur aufgrund der Symptomatologie und des Verlaufes, sondern auch durch die Angabe von ein oder zwei ursächlichen Faktoren: ein außergewöhnlich belastendes Lebensereignis, das eine akute Belastungsreaktion hervorruft, oder eine besondere Veränderung im Leben, die zu einer anhaltend unangenehmen Situation geführt hat und eine Anpassungsstörung hervorruft. Ohne dass eine solche besondere Veränderung eingetreten war, erfuhr der Kläger am 17. Mai 2010, wie dargelegt, auch kein außergewöhnlich belastendes Lebensereignis. Auf die Ausführungen von Dr. H. von Oktober 2016 und deren Verwertbarkeit kommt es daher nicht an.

Den Hilfsanträgen, die Sachverständigen Prof. Dr. D. und R. von Amts wegen mündlich zu hören, war nicht stattzugeben. Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gewährt keinen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, das einfachrechtlich geregelte Fragerecht gegenüber Sachverständigen in jedem Fall mündlich auszuüben (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Mai 2013 - 1 BvR 1522/12 -, juris, Rz. 2). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, dass unabhängig von der nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 411 Abs. 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegenden Möglichkeit, das Erscheinen von Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, Beteiligten gemäß § 116 Satz 2, § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 397, § 402, § 411 Abs. 4 ZPO das Recht zusteht, diesen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten (BSG, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 198/13 B -, juris, Rz. 8 m. w. N.). Sachdienlichkeit im Sinne von § 116 Satz 2 SGG ist insbesondere dann zu bejahen, wenn sich die Fragen im Rahmen des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sind. Abgelehnt werden kann ein solcher Antrag prozessordnungsgemäß auch dann, wenn er rechtsmissbräuchlich gestellt ist, insbesondere wenn die Notwendigkeit einer Erörterung überhaupt nicht begründet wird, wenn die an Sachverständige zu richtenden Fragen nicht genau benannt, also die erläuterungsbedürftigen Punkte nicht zumindest hinreichend konkret bezeichnet (BSG, Urteil vom 12. April 2000 - B 9 VS 2/99 R -, SozR 3-1750 § 411 Nr. 1), oder nur beweisunerhebliche Fragen angekündigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29. August 1995 - 2 BvR 175/95 -, juris, Rz. 29). Die insoweit im sozialgerichtlichen Verfahren gebotenen Einschränkungen des Fragerechts der Beteiligten finden ihren Grund in der gesetzlich vorgeschriebenen Aufklärungspflicht der Tatsachengerichte (§ 103 SGG). Wenn sie nach ihrer Auffassung alles getan haben, um den Sachverhalt umfassend aufzuklären, müssen sie sich, auch durch zusätzliche Fragen der Beteiligten, nicht mehr gedrängt fühlen, dem nachzugehen und den Beteiligten Gelegenheit geben, Fragen direkt an die Sachverständigen zu stellen (BSG, Urteil vom 12. April 2000 - B 9 VS 2/99 R -, SozR 3-1750 § 411 Nr. 1). Es ist vorliegend nicht erkennbar, dass eine mündliche Befragung von Prof. Dr. D. und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie R. einen über die Wiederholung ihrer bereits getätigten schriftlichen Äußerungen hinausreichenden Mehrwert hätte. Ein objektiver Aufklärungsbedarf ist nicht ersichtlich. Das Fragerecht führt nicht deshalb zu einem Anspruch auf eine neue Befragung, nur weil die Beteiligten und Sachverständigen in ihrer Beurteilung nicht übereinstimmen (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 198/13 B -, juris, Rz. 9). Die Bewertung ihrer Begutachtungsergebnisse selbst, insbesondere auf Schlüssigkeit, ist der gerichtlichen Entscheidung vorbehalten, wofür es keine besondere Sachkunde des Spruchkörpers bedarf, sondern seine ureigene Aufgabe ist (Urteil des Senats vom 17. März 2016 - L 6 U 1518/14 -, juris, Rz. 61). Der Senat hat sich daher vor dem Hintergrund des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) auch nicht gedrängt gesehen, die Sachverständigen Prof. Dr. D. und R. ergänzend schriftlich zu befragen.

Der nach § 109 SGG auf schriftliche Befragung von Prof. Dr. D. gerichtete Hilfsantrag des Klägers war abzulehnen, da dieses Antragsrecht verbraucht ist. Es ist bereits dadurch ausgeübt worden, dass ein psychiatrisches Gutachten bei dem Sachverständigen R. eingeholt worden ist. Es steht grundsätzlich nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung (Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 - L 6 SB 5267/11 -, juris, Rz. 34 m. w. N.). Der Wortlaut des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG, wonach ein Arzt gutachtlich gehört werden muss, ließe zwar die Einholung mehrerer Gutachten zu, da es sich bei "ein" um einen unbestimmten Artikel und nicht ein Zahlwort handelt. Es entspricht jedoch bereits dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (BSG, Urteil vom 15. April 1991 - 5 RJ 32/90 -, juris, Rz. 16; Kolmetz, SGb 2004, S. 83 (86)). Zudem begrenzt die Regelungssystematik diese weite Auslegung. § 109 SGG als Regelung zu dem Beweismittel des Sachverständigen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 402 ff. ZPO) steht eng im Zusammenhang mit § 103, § 106 SGG, worin bestimmt ist, dass das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen hat (sog. "Amtsermittlungs- oder Untersuchungsgrundsatz"; vgl. BSG, Beschluss vom 17. März 2010 - B 3 P 33/09 B -, juris, Rz. 12). Diese Vorschriften gelten gemäß § 153 Abs. 1 SGG für das Verfahren vor dem Landessozialgericht entsprechend. Darüber hinausgehend räumt § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG Versicherten, Menschen mit Behinderung, Versorgungsberechtigten und Hinterbliebenen die eng umgrenzte Möglichkeit ein, ihrerseits eine bestimmte sachverständige Person, die eine Ärztin oder ein Arzt sein muss, als Beweismittel zu benennen. Mit einem Beweismittel bewiesen werden soll jedoch eine bestimmte Behauptung, was als Beweisthema bezeichnet wird. Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich daher, auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urteile vom 26. Januar 1970 - 7/2 RU 64/69 -, SozR Nr. 37 zu § 109 SGG; vom 6. Mai 1958 - 10 RV 813/56 - SozR Nr. 18 zu § 109 SGG und vom 29. November 1957 - 2 RU 241/56 -, SozR Nr. 14 zu § 109 SGG), nur bei Vorliegen besonderer Umstände. Solche sind zwar in der Literatur anerkannt, wenn für einzelne Gesundheitsstörungen mehrere Facharztgruppen zuständig sind und ein Spezialist auf einem Fachgebiet gehört werden soll, dem die zuerst gehörte sachverständige Person nicht angehört (Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013, a. a. O.). Durch das Beweismittel des Sachverständigen R. hat der Kläger bereits versucht, den Nachweis zu führen, dass bei ihm auf das Ereignis vom 17. Mai 2010 zurückzuführende Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet vorliegen, die eine rentenberechtigende MdE stützen. Allein wegen dieses Beweisthemas wäre ausnahmsweise, bei Vorliegen besonderer Umstände, die vorliegend nicht gegeben sind, eine wiederholte Antragstellung gerechtfertigt gewesen. Da der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie R. sich Mitte März 2017 als letzter der gehörten Ärzte äußerte und sich anschließend keine bestimmten entscheidungserheblichen Fragen gestellt oder streiterheblichen Tatsachen ergeben haben (vgl. Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 109 Rz. 10b), ist der Hilfsantrag, ihn abermals im Rahmen von § 109 SGG anzuhören, abgelehnt worden.

Soweit der Kläger hilfsweise beantragt hat, den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S., Prof. Dr. G., Dr. K. und die Dipl.-Psych. C. als sachverständige Zeugin und Zeugen zu befragen, welche konkreten Untersuchungen und sonstigen diagnostischen Maßnahmen sie seit seinem Arbeitsunfall vorgenommen haben und welche Diagnosen aufgrund welcher konkreten Feststellungen zu psychischen oder psychosomatischen Leiden getroffen wurden, deren Ursache in dem Unfallereignis liegen, höchsthilfsweise den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S. zu dem Vorliegen einer sicher diagnostizierten depressiven Störung, deren Genese sowie genaue diagnostische Zuordnung und Ausprägung als sachverständigen Zeugen zu hören, ist diesen Begehren nicht entsprochen und sind die Hilfsbeweisanträge abgelehnt worden. Denn es handelt sich nicht um Beweisanträge in prozessordnungsgerechter Weise. Diese müssen sich regelmäßig auf ein Beweismittel der ZPO beziehen, das Beweisthema möglichst konkret angeben und insoweit auch wenigstens umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben soll (vgl. Leitherer, a. a. O., § 160 Rz. 18a m. w. N). Diesen Anforderungen sind sie nicht gerecht geworden. Es ist jeweils weder ein Beweisthema hinreichend genau angegeben noch klar umrissen worden, was die Beweisaufnahme ergeben soll. Es handelt sich demgegenüber um unzulässige Ausforschungs- oder Beweisermittlungsanträge. Soweit der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S. zu einer depressiven Störung gehört werden soll, wäre diese zu beweisende Tatsache ohne Bedeutung, da mit Bescheid vom 19. Januar 2012 bindend festgestellt ist, dass depressive Erkrankungen nicht auf den Arbeitsunfall vom 17. Mai 2010 zurückzuführen sind.

Die durch die unfallbedingten Gesundheitsstörungen herbeigeführten Funktionsminderungen erreichen keine MdE von mindestens 20 v. H.

Die Funktionsstörungen der Hände erreichen zeitweise allenfalls eine Teil-MdE von 5 v. H. Die Hand mit ihren Gliedern, also den Fingern, ist ein wichtiger Teil des Bewegungssystems sowie, neben einem hoch entwickelten Instrument, mit dem mannigfaltige mechanische Funktionen ausgeführt werden können, auch ein Sinnesorgan und unterstützt ebenso bei der Kommunikation. In der Reihenfolge der Bedeutung wird die Hand als Greif-, Druck-, Tast- und Aus¬drucksorgan bewertet (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 570, 572). Die funktionelle Wechselwirkung aller Einzelleistungen macht sie zu einem intelligenten Universalorgan für die sinnvolle Behauptung auch im Arbeitsleben. Entscheidend ist die Gebrauchsbeeinträchtigung der ganzen Hand, einzelne Fingerbehinderungen vermitteln nicht den vollen Umfang des Schadens. Der distale Radius ist die Basis der Hand. Ein Verlust von Funktionen im Basisbereich bewirkt daher auch ihren Wertverlust selbst. Die MdE-Schätzung richtet sich vorwiegend nach den Bewegungsmaßen im Handgelenk, wobei ein Vergleich zur unverletzten Hand vorzunehmen ist (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 581). Danach sind die unfallbedingten Funktionsstörungen aufgrund des Zustandes nach der Prellung der rechten Hand aufgrund der gutachtlichen Erhebung durch Dr. H. mit einer Teil-MdE von 5 v. H. zu bewerten, was er selbst nicht einmal erreicht gesehen hat. Bei seiner Untersuchung Ende Oktober 2010 stellte er lediglich noch endgradige Bewegungseinschränkungen fest. Die Bewegungen handrückenwärts/hohlhandwärts konnten bis 60-0-50° rechts und 70-0-55° links sowie speichenwärts/ellenwärts bis 20-0-25° rechts und 20-0-30° links vorgenommen werden. Die noch bestandene Kraftminderung der rechten gegenüber der linken Hand sowie der Belastungsschmerz im Bereich des rechten Handrückens bewirken noch keine solchen Funktionsstörungen, dass bereits eine MdE von 5 v. H. erreicht wäre. Die offene Handwunde links war nach dem 17. Mai 2010 rasch ausgeheilt. Dr. T. stellte zwar unter Berücksichtigung der MRT der rechten Hand von Ende Juni 2010 darüber hinaus noch eine Teilruptur eines intrinsischen Bandes zwischen dem Os trapezium und dem Os capitatum fest, erhob indes hierdurch keine weitere Funktionsbeeinträchtigung, welche es gerechtfertigt erscheine ließe, die MdE deswegen zu erhöhen. Die Maße nach der Neutral-0-Methode wurden von ihm Anfang September 2011 für die Bewegungen handrückenwärts/hohlhandwärts sogar mit 70-0-70° rechts und 75-0-60° links sowie speichenwärts/ellenwärts mit 30-0-20° rechts und 35-0-25° links bestimmt. Die Bewegungseinschränkungen waren damit nur noch marginal.

Dr. T. stellte zudem eine Distorsion der Halswirbelsäule vom Grad I bis maximal II, also ohne strukturelle Schädigung fest, woraus sich keine MdE in messbarem Grad ableiten lässt (vgl. Schönberger /Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 489). Die multiplen Schürfwunden und Prellungen im Bereich des Kopfes, Gesichtes und des rechten Oberschenkels waren schnell verheilt, ohne für die MdE von Relevanz zu sein.

Das körperliche Leistungsvermögen des Klägers ist durch den Tinnitus links nicht nennenswert beeinträchtigt und stützt keine Teil-MdE höher als 5 v. H, wie dies Prof. Dr. Dr. h. c. P. aus medizinischer Sicht ebenfalls für den Senat plausibel eingeordnet hat. Diese Gesundheitsstörung wurde zwar von ihm mit einem Grad III eingestuft, was voraussetzt, dass dauerhafte Beeinträchtigungen der Lebensqualität und der beruflichen Leistungsfähigkeit bestehen. Demgegenüber führte der Kläger bei der gutachtlichen Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. Z. Anfang Juni 2013 an, dass er dadurch an der Verrichtung der alltäglichen Dinge durch das Ohrgeräusch links nicht gehindert gewesen ist. Als spezifische Ursache für seinen gestörten Schlaf hat er diese Erkrankung ebenfalls nicht genannt. Zudem erwähnte er ihn bei der Beschreibung des Tagesablaufes nicht. Der Tagesrhythmus ist gleichförmig gewesen, was einer dadurch hervorgerufenen stärkeren Beeinträchtigung entgegensteht. Der Senat ist der Überzeugung, dass es zwischen dem Kläger und Dr. Z. keine solchen sprachlichen Verständnisschwierigkeiten gab, dass eine HNO-ärztliche Begutachtung nicht möglich war, was die schlüssige Darlegung von Dr. Z. untermauert. Der Kläger war vor der gutachtlichen Untersuchung telefonisch kontaktiert worden, ob er einen Dolmetscher benötigt. Dies verneinte er. Am Untersuchungstag berichtete er zwar, dass sein Sprachmittler verhindert ist. Es stellte sich aber heraus, dass ein solcher zur exakten Erfassung der Anamnese nicht notwendig war. Diese erfolgte auf einer Entfernung von zwei Metern. Der Kläger trug keine Hörgeräte. Die Unterhaltung gelang mühelos. Er war nach Einschätzung von Dr. Z. der deutschen Sprache mächtig genug und konnte der Unterredung sowohl in sprachlicher wie auch in akustischer Weise problemlos folgen.

Da den Beteiligten gemäß § 116 Satz 2, § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 397, § 402, § 411 Abs. 4 ZPO grundsätzlich lediglich das Recht zusteht, Zeugen und Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten, das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten von Prof. Dr. Dr. h. c. P. demgegenüber im Wege des Urkundenbeweises verwertet worden ist, lehne der Senat den auf dessen Ladung zur mündlichen Verhandlung gerichteten Hilfsbeweisantrag ab. Im Übrigen sah sich der Senat nicht gedrängt, ihm von Amts wegen (§ 103 SGG) das Gutachten des Sachverständigen Dr. Z. mitsamt den Verfahrensakten zur Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme vorzulegen oder gar ein "neurootologisches Ergänzungsgutachten" einzuholen. Die Neurootologie ist eine Subdisziplin der HNO-Heilkunde, nicht aber ein selbstständiges medizinisches Fachgebiet. Eine Facharztbezeichnung "Neurootologe" gibt es nicht. Damit befasst sich auch ein HNO-Arzt grundsätzlich mit dieser Disziplin (vgl. Thüringer LSG - L 6 R 166/08 ZVW -, juris, Rz. 50). Der nach § 109 SGG auf Vorlage des Gutachtens von Dr. Z. mitsamt der Verfahrensakten an Prof. Dr. Dr. h. c. P. zur Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme gerichtete Hilfsantrag des Klägers war ebenfalls abzulehnen, da dieses Antragsrecht, wie dargelegt, verbraucht ist.

Der Lagerungsschwindel hat keine Teil-MdE zur Folge. Das streitgegenständliche Unfallereignis führte zwar Ende Mai 2010 zu therapieresistenten Beschwerden mit Druckschmerz und Schwindel, wie es Dr. Sch. bei der Nachuntersuchung festgestellt hat. Die Einschätzung von Dr. H. nach seiner gutachtlichen Untersuchung Mitte Oktober 2011, die aktuelle Schwindelsymptomatik lasse sich nicht mehr auf einen wahrscheinlich posttraumatisch aufgetretenen und vorübergehenden Lagerungsschwindel zurückführen, bestätigte sich bei der Begutachtung durch Dr. Z. im Juni 2013. Krankhafte vestibuläre Organstörungen waren nicht mehr zu verifizieren. Die vorgetragenen subjektiven Schwindelsymptome beruhten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf dem Unfallereignis vom 17. Mai 2010, zumal der Kläger gegenüber Prof. Dr. D. Schwindelerscheinungen erstmals für die Zeit ab dem Folgemonat anführte. Demgegenüber treten bei einer traumatischen Einwirkung die Beschwerden sofort auf, worauf Dr. Z. überzeugend hingewiesen hat. Zudem will sie der Kläger alle drei Tage mehrmals täglich verspüren, was nicht überzeugt, da Unfälle oder Stürze deswegen bislang nicht aufgetreten sind sowie ihm während des Autofahrens bislang nie schwindelig geworden ist, selbst wenn er eine längere Strecke gefahren ist.

Das Gesamtbild aller Funktionseinschränkungen, die auf das Ereignis vom 17. Mai 2010 zurückzuführen sind, haben ab 15. Juni 2010 bis aktuell eine Gesamt-MdE unter 20 v. H. zur Folge und erreichen daher im Falle des Klägers keinen rentenberechtigenden Grad. Dieses ist im Ganzen zu würdigen, wobei die einzelnen Teil-MdE nicht schematisch zusammengerechnet werden dürfen. Entscheidend ist eine integrierende Gesamtschau der Gesamteinwirkungen aller Funktionseinschränkungen auf die Erwerbsfähigkeit (vgl. BSG, Urteile vom 15. März 1979 - 9 RVs 6/77 -, BSGE 48, 82 und vom 13. Februar 2013 - B 2 U 25/11 R -, juris, Rz. 24 m. w. N.; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 131 f.). Danach ergibt sich aus den Teil-MdE von jeweils 5 v. H. wegen der die rechte Hand betreffenden Funktionsstörungen und der auf den Tinnitus links zurückzuführenden Beeinträchtigungen noch keine Gesamt-MdE von mindestens 20 v. H.

Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren hilfsweise die Feststellungen eines Drehschwindels, einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode und einer posttraumatischen Belastungsstörung, höchsthilfsweise einer sonstigen Reaktion auf schwere Belastung, als Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 verfolgt hat, ist das Rechtsmittel mangels Beschwer durch die erstinstanzliche Entscheidung (vgl. Leitherer, a. a. O., Vorbem. vor § 143 Rz. 5), also fehlendem Rechtsschutzbedürfnis für die Rechtsmittelinstanz, bereits unzulässig.

Über sonstige im Verfahren gestellte Hilfsanträge des Klägers war nicht zu befinden, da sie in der mündlichen Verhandlung beim LSG, in der er anwaltlich vertreten war, nicht aufrechterhalten worden sind (vgl. BSG, Beschluss vom 29. März 2007 - B 9a VJ 5/06 B -, SozR 4-1500 § 160 Nr. 13, Rz. 11 m. w. N.).

Nach alledem war die Berufung des Klägers trotz § 158 Satz 1 SGG - einheitlich - zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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