Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 1454/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4645/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 16. September 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1966 geborene Kläger hat den Beruf des Malers und Lackierers erlernt. Er war in diesem Beruf selbstständig tätig und war als Handwerker pflichtversichert. Nach der Insolvenz seines Betriebes hat er mehrere Umschulungsversuche zum Techniker oder Industriekaufmann unternommen, die Umschulungen jedoch letztlich abgebrochen. 2013 war er zunächst noch als Aushilfe in einem Lebensmittelgeschäft tätig und ist seit Juli 2013 aufgrund von Krankheit nicht mehr erwerbstätig. Er bezieht eine private Berufsunfähigkeitsrente. Sonstige Sozialversicherungsleistungen erhält er nicht. In seinem Versicherungsverlauf sind für die Zeit ab Januar 2010 folgende Zeiten gespeichert: 01.01.2010 - 16.03.2010 Pflichtbeitragszeit 17.03.2010 - 14.4.2010 Pflichtbeitragszeit 15.04.2010 - 06.08.2010 Pflichtbeitragszeit 23.08.2011 - 31.12.2011 Pflichtbeitragszeit berufliche Ausbildung 01.01.2012 - 31. 01.2012 Pflichtbeitragszeit berufliche Ausbildung 01.02.2012 - 25.04.2012 Pflichtbeitragszeit berufliche Ausbildung 28.08.2012 - 08.11.2012 Pflichtbeitragszeit berufliche Ausbildung 01.05.2013 - 03.07.2013 Pflichtbeitragszeit berufliche Ausbildung
Am 07.08.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Zur Begründung seines Rentenantrages gab er an, dass er keine Arbeiten mehr verrichten könne. Es bestünden verschiedene Erkrankungen, insbesondere seit 2005 eine seelische Erkrankung und ein Schmerzsyndrom.
Der Kläger wurde daraufhin im Auftrag der Beklagten am 26.09.2013 von der Ärztin K. untersucht. Diese stellte in ihrem Gutachten vom 10.10.2013 folgende Diagnosen: 1. Somatoforme Schmerzstörung mit Schmerzen und multiplen Beeinträchtigungen 2. Anamnestisch Borreliose; antibiotisch behandelt 3. Anamnestisch depressive Störung, keine Einnahme der angegebenen Medikamente 4. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Zervikal- und Lumbalbeschwerden, kein neuromuskuläres Defizit 5. Endgradig schmerzhafte Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes bei angegebener Hüftdysplasie 6. Fortgesetztes Rauchen. Die erlernte Tätigkeit als Maler und Lackierer sei dem Kläger nur noch unter drei Stunden täglich zumutbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne schweres Heben und Tragen, ohne Zwangshaltungen, ohne das Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten und ohne häufige Überkopfarbeiten seien dem Kläger aber noch vollschichtig zumutbar.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 17.10.2013 den Rentenantrag des Klägers ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, dass er unter verschiedenen Krankheiten mit ungewöhnlicher Leistungseinschränkung leide. Er sei außer Stande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2014 zurück. Unter Berücksichtigung aller beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen (Somatoforme Schmerzstörung mit Schmerzen und multiplen Beeinträchtigungen, anamnestisch Borreliose; antibiotisch behandelt, anamnestisch depressive Störung, keine Einnahme der angegebenen Medikamente, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Zervikal- und Lumbalbeschwerden, kein neuromuskuläres Defizit, endgradig schmerzhafte Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes bei angegebener Hüftdysplasie, fortgesetztes Rauchen) und den sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeit seien keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten. Es liege daher weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Die Tätigkeit als Maler und Lackierer sei nur noch unter drei Stunden täglich zumutbar, der Kläger sei aber nach dem maßgeblichen Stichtag des § 240 SGB VI geboren.
Hiergegen hat der Kläger am 02.05.2014 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Das SG hat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.09.2014 abgewiesen. Die näher dargelegten Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente lägen nicht vor. Der Kläger erfülle zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, sei aber weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Dies ergebe sich im Wesentlichen aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten der Ärztin K. Die Gutachterin sei schlüssig aufgrund der von ihr erhobenen Befunde zu den von ihr gestellten Diagnosen und der von ihr getroffenen Leistungseinschätzung gekommen. Der Klagevortrag habe zudem keine weiteren Ermittlungen gerechtfertigt. Allein die Behauptung, die Leistungsbeurteilung sei unrichtig, weil der Kläger unter vielen Krankheiten leide, sei zu pauschal, um die Notwendigkeit von Ermittlungen zu erzeugen. Auch sei keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit der letzten Begutachtung geltend gemacht worden.
Gegen den dem Kläger am 10.10.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 10.11.2014 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass er kein Erwerbseinkommen mehr erzielen könne. Die Beklagte habe ihm auch keine zumutbare Tätigkeit benannt. Hierzu sei sie aber verpflichtet gewesen. Dem Gutachten der Beklagten sei nicht zu folgen, der Kläger sei chronisch krank und von der "Schulmedizin" austherapiert. Er werde seit 2009 etwa ein Mal pro Jahr in der T.-Klinik Bad K. behandelt. Das Gericht habe keinerlei Berichte der behandelnden Ärzte und Kliniken angefordert.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 16. September 2014 sowie den Bescheid vom 17. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 1. August 2013 eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide und die erstinstanzliche Entscheidung sowie die Stellungnahmen ihres sozialmedizinischen Dienstes.
Der Senat hat zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A. hat mitgeteilt, dass er den Kläger seit 2013 insgesamt fünf Mal gesehen habe, zuletzt am 12.06.2014. Zur Frage der Verschlechterung des Gesundheitszustandes habe er keine ausreichenden Informationen und eine zuverlässige Quantifizierung des Leistungsvermögens sei ihm nicht möglich. Der Internist Dr. R. hat mitgeteilt, dass er zu den Diagnosen Fibromyalgiesyndrom, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Anteilen keine Auskunft erteilen könne. Man solle hier in der T.-Klinik Bad K. nachfragen. Der Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. T. hat mitgeteilt, dass der Zustand des Klägers sich deutlich verschlechtert habe. Auch leichte Tätigkeiten seien nicht mehr sechs Stunden und mehr täglich möglich. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Dr. F. hat erklärt, dass der Kläger sich seit 1992 bei ihm in Behandlung befinde. Derzeit fänden in 14-tägigem Abstand Akupunkturbehandlungen statt. Da die Konzentrationsfähigkeit erheblich eingeschränkt sei und auch die Schmerzzustände bei leichten Tätigkeiten rapide zunähmen, könne der Kläger keine Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Der Rheumatologe Dr. K. hat angegeben, dass seit 2013 keine wesentliche Verschlechterung eingetreten sei. Die Schmerzen seien seit Jahren chronifiziert. Auch leichte Tätigkeiten könnten nicht mehr sechs Stunden und mehr täglich verrichtet werden.
Weiter sind die Berichte über die Behandlungen des Klägers in der T.-Klinik Bad K. vom 16.01.2008 (stationärer Aufenthalt vom 07.12.2007 bis 11.01.2008), vom 03.12.2009 (stationärer Aufenthalt vom 06.11.2009 bis 03.12.2009), vom 03.03.2015 (stationärer Aufenthalt vom 19.11.2010 bis 23.12.2010), vom 07.02.2012 (stationärer Aufenthalt vom 11.01.2012 bis 07.02.2012), vom 16.04.2013 (stationärer Aufenthalt vom 11.03.2013 bis 15.04.2013) und vom 18.02.2014 (stationärer Aufenthalt vom 17.12.2013 bis 13.01.2014) beigezogen worden.
Der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten hat hierzu in einer Stellungnahme vom 16.03.2015 u.a. ausgeführt, dass der Kläger hinsichtlich der seelischen Beeinträchtigungen zwar wohl bei Bedarf die Behandlungen in der T.-Klinik durchgeführt habe und unterstützend Gespräche beim Neurologen und Psychiater in Anspruch genommen habe, eine ambulante Regelpsychotherapie finde jedoch nicht statt. Insgesamt ergebe sich kein Anhaltspunkt für eine auch quantitative Einschränkung der Belastbarkeit.
Vom 29.07.2015 bis 26.08.2015 hat sich der Kläger zur stationären Behandlung in der H.klinik, Klinik U. in Bad K. befunden. Die Ärzte der dortigen Klinik haben in ihrem Abschlussbericht vom 02.09.2015 folgende Diagnosen gestellt: mittelgradige depressive Episode, schädlicher Gebrauch von Alkohol, Fibromyalgie, Lyme-Borreliose, chronisches HWS-Syndrom, Gastroösophageale Refluxkrankheit. Der Kläger sei mit massiven depressiven Symptomen eingeliefert worden. Er habe bei Aufnahme berichtet, seit September 2014 in einer Krise zu sein. Er fühle sich am Ende, kraftlos, seine Nerven lägen blank, er leide unter Durchfall und habe in fünf Monaten neun Kilogramm abgenommen. Er habe sich fast komplett zurückgezogen. Auslöser sei der Tod seines Hundes, die Verlegung der Mutter ins Pflegeheim und die Kündigung der Wohnung durch den Bruder gewesen. Darüber hinaus sei er von einer Frau in Hoffnung auf eine Beziehung über Jahre hingehalten worden, bis diese vor kurzem den Kontakt beendet habe. In den letzten fünf Jahren sei er zudem mit dem Tod der ehemaligen Lebensgefährtin, des Vaters, seines Onkels und seines Rechtanwaltes konfrontiert gewesen. Die Entlassung des Klägers erfolge als arbeitsunfähig. Der Befund sei unverändert im Vergleich zur Aufnahme. Es bestehe die dringende Notwendigkeit einer weiteren, ambulanten psychotherapeutischen Behandlung.
Der Senat hat sodann von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten bei Prof. Dr. W. eingeholt. Dieser hat den Kläger am 04.11.2015 untersucht und in seinem Gutachten vom 15.11.2015 folgende Diagnosen gestellt: Auf neurologischem Fachgebiet bestehe eine rechtsbetonte Nervenwurzelreizsymptomatik C6 bei entsprechenden degenerativen Veränderungen ohne relevante neurologische Ausfälle. Auf psychiatrischem Fachgebiet finde sich eine schwergradige Somatisierungsstörung, eine derzeit wenigstens mittelgradig depressive Episode sowie (zumindest) ein schädlicher Gebrauch von Alkohol, möglicherweise auch ein diesbezügliches Abhängigkeitssyndrom auf dem Boden einer ängstlich-dependenten Persönlichkeit. Er schließe auch unter Anlegung eines strengen Maßstabes trotz gewisser konkurrierender Auffälligkeiten aus, dass die beschriebenen Störungen vorgetäuscht würden. Nicht auszuschließen vermöge er aber, dass diese zumindest in erheblichen Umfang im Rahmen einer stationären psychosomatischen Behandlung innerhalb eines halben Jahres überwunden werden könnten. Aktuell halte er den Kläger jedoch für nicht in der Lage, in wirtschaftlich relevantem Umfang Tätigkeiten auszuüben. Ebenso sei es derzeit für den Kläger nicht möglich, sich auf die Anforderungen einzustellen, die mit der Aufnahme einer neuen Tätigkeit verbunden seien. Befragt dazu, wann der von ihm festgestellte Zustand bestehe, hat der Gutachter ausgeführt, dass diese Frage nicht einfach zu beantworten sei. Wenn er das Vorgutachten aus September 2013 zu Rate ziehe, vermöge er sich nicht davon zu überzeugen, dass zu diesem Zeitpunkt bereits der aktuell beschriebene Zustand vorgelegen habe. Die Befundlage bis Juli 2015 sei dann relativ dürftig. Er habe wenig Zweifel, dass im Juli 2015 in der Klinik H. der aktuelle Zustand bereits vorgelegen habe. Zum Zeitraum Herbst 2013 bis Sommer 2015 könne er nur "interpolieren" und dazu erklären, dass mit Wahrscheinlichkeit das aktuelle Leistungsbild seit Anfang des Jahres vorgelegen habe, nachdem zu diesem Zeitpunkt die familiären Konflikte exazerbiert seien, denen der Kläger nichts entgegen zu setzen gehabt habe.
Mit Schreiben vom 22.12.2015 erklärte die Beklagte, dass man anerkenne, dass der Kläger seit 15.01.2015 voll erwerbsgemindert sei. Hierzu wird auf die Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten vom 16.12.2015 verwiesen, in der der Obermedizinalrat F. ausgeführt hat, dass dem Gutachten von Dr. W. gefolgt werden könne. Auch hinsichtlich des angenommenen Leistungsfalles im Januar 2015. Anhaltspunkte, dass die Leistungsfähigkeit auch früher auf unter sechs Stunden herabgesunken gewesen sei, seien nicht vorhanden. Die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung sei dennoch nicht möglich, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Im Zeitraum vom 15.01.2010 bis 14.01.2015 lägen lediglich 24 Monate mit Pflichtbeitragszeiten vor.
Der Kläger hat sich sodann vom 28.04.2016 bis 02.06.2016 zur stationären Behandlung in der P. Fachklinik für Psychosomatik, Psychotherapeutische Medizin und Naturheilverfahren in S. im Allgäu befunden. Die Ärzte dieser Klinik haben im Rehaentlassbericht vom 23.08.2016 folgende Diagnosen gestellt: 1. chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren 2. mittelgradige depressive Episode 3. Allergische Rhinopathie, nicht näher bezeichnet. Der Kläger habe während des stationären Aufenthaltes seine depressive und somatoforme Symptomatik reduzieren können. Er sei wieder körperlich und auch psychisch belastbarer gewesen, dies jedoch trotz aller Fortschritte mit massiven Einschränkungen.
Die Berichterstatterin hat mit den Beteiligten am 11.01.2017 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt. Auf Nachfrage der Berichterstatterin hat die Bevollmächtigte des Klägers hier erklärt, dass sie mit dem Kläger dessen Versicherungsverlauf besprochen habe und dieser ihr mitgeteilt habe, dass alles richtig berücksichtigt worden sei.
Mit Schreiben vom 18.01.2017 hat der Kläger weiter ausgeführt, dass er sich bereits seit 2007 regelmäßig in der T.-Klinik in Bad K. zur Behandlung befunden habe. Dies sei bislang nicht ausreichend berücksichtigt worden, ebenso sei sein behandelnder Arzt Dr. Dr. F. bislang nicht gehört worden.
Mit Schreiben vom 22.03.2017 hat der Kläger weiter vorgetragen, dass er davon ausgehe, dass er bereits seit 2013 nur noch über ein unter dreistündiges Leistungsvermögen verfügt habe. Er hat zudem ein psychosomatisches-psychotherapeutisches Fachgutachten von Prof. Dr. G., U., vom 31.08.2015 vorgelegt. Dieses Gutachten war in einem Verfahren des Klägers gegen seine private Krankenversicherung vor Amtsgerichts U. zur Frage der medizinischen Notwendigkeit der Behandlung des Klägers in der T.-Klinik Bad K. eingeholt worden. Prof Dr. G. hat den Kläger am 30.04.2015 untersucht und folgende Diagnosen gestellt: Somatisierungsstörung, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige bis schwere Episode, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Er kam zu dem Ergebnis, dass er nicht völlig überzeugt sei, dass diese mittlerweile fünfte akutstationäre Behandlung tatsächlich medizinisch notwendig gewesen sei. Bei der Beschwerdeschilderung hat der Kläger auch gegenüber diesem Gutachter angegeben, dass er seit ca. sechs Monaten unter erheblichen Durchfällen, Magen-Darm-Krämpfen, rezidivierenden Gehörgangsentzündungen, Ein- und Durchschlafstörungen, schwitzigen Händen und Füßen, chronischem Spannungskopfschmerz, fluktuierender Intensität, Einschlafen der Finger und leichter Blaseninkontinenz leide. Psychisch habe er Ende des vergangenen Jahres unter Suizidgedanken gelitten, seine Söhne hätten ihn wieder aufgebaut. Die seelischen Beschwerden und wohl auch die körperlichen hätten sich im Rahmen eines aktuellen Konflikts verschärft. Im Oktober 2014 sei es zu einem Streit mit seinen Geschwistern und der Mutter, die er bis dahin versorgt habe, gekommen. Die Mutter habe ihn enterbt und er müsse ausziehen. Er habe nur noch wenig Kontakt zur Familie.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Eiverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden konnte, ist auch ansonsten zulässig.
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 16.09.2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2014 sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Versicherte haben gemäß § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen können und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit er-füllt ist (§ 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI).
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
Anrechnungszeiten sind u. a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder arbeitslos (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) gewesen sind, wenn dadurch u. a. eine versicherte Tätigkeit unterbrochen ist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung sind gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit 1. Beitragszeiten, 2. beitragsfreien Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitrags-freie Zeit oder eine Zeit nach Nr. 4, 5 oder 6 liegt, Berücksichtigungszeiten, 4. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992 (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Versicherte, deren Leistungsvermögen sich am allgemeinen Arbeitsmarkt orientiert, sind grundsätzlich auf jede erwerbswirtschaftliche Tätigkeitsart verweisbar, die keine formale Ausbildung erfordert. In diesen Fällen besteht daher nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch grundsätzlich kein Anlass zur Benennung einer spezifischen Verweisungstätigkeit, weil auf dem all-gemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteile vom 18.04.1978 - 4 RJ 55/77 -; vom 28.08.1991 - 13/5 RJ 47/90 -, Juris).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen für den Anspruch auf Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung müssen im Vollbeweis nachgewiesen sein. Neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (insbesondere Versicherungszeiten) muss die volle bzw. teil-weise Erwerbsminderung, also der Umstand, dass das Leistungsvermögen des Versicherten allein wesentlich bedingt durch Krankheit oder Behinderung ab einem bestimmten Zeitpunkt dauerhaft derart herabgesunken ist, dass er mit seinem Restleistungsvermögen nicht mehr in der Lage ist, mindestens drei bzw. sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, im Vollbeweis nachgewiesen sein. Diese Tatsachen müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. Bayrisches LSG, Urteil v. 26.07.2006 - L 16 R 100/02 -, Juris).
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985 - 2 RU 24/84 -, Juris und vom 20.01.1987 - 2 RU 27/86 -, Juris). Das Gericht muss von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können (vgl. BSG, Urteil vom 02.02.1978 - 8 RU 66/77 -, Juris). Es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 14. Auflage, § 118 Rdnr. 6 ff. m.w.N.).
Kann das Gericht die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen, kann also ein behaupteter Sachverhalt nicht im Vollbeweis nachgewiesen wer-den, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 24.10.1957 - 10 RV 945/55 -, Juris). Denn für das Vorliegen der rechtsbegründen-den Tatbestandsvoraussetzung der Erwerbsminderung trägt der Versicherte die Darlegungs- sowie die objektive Beweislast (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nr.14). Dies gilt in gesteigerter Weise für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit (vgl. Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 29. April 2014 – L 3 R 139/11 –, Rn. 23, Juris mit Verweis auf BSG vom Urteil vom 20.10.2004 - B 5 RJ 48/03 R -, Urteil vom 1.7.1964 - 11/1 RA 158/61 - = BSGE 21, 189 = SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO und BSG, Urteil vom 21.10.1969 - 11 RA 219/66 - = SozR Nr. 76 zu § 1246 RVO).
Unter Berücksichtigung dieser Grundlagen stellt der Senat fest, dass eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß beim Kläger für die Zeit vor dem 31.01.2014 nicht nachgewiesen ist. Nach dem in den Akten vorliegenden Versicherungsverlauf vom 14.01.2016 (Bl. 196 der LSG-Akte) und der erneuten Bestätigung der Beklagten vom 12.12.2016 sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der sog. 3/5-Belegung (§ 43 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) aber letztmals am 31.01.2014 erfüllt. Rentenrechtliche Zeiten, die diesen Fünf-Jahres-Zeitraum gemäß § 43 Abs. 4 Ziff. 2 SGB VI verlängern könnten, liegen nicht vor und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Im dann zu berücksichtigenden Zeitraum 31.01.2009 bis 30.01.2014 liegen aufgrund der bis zum 03.07.2013 bescheinigten Pflichtbeitragszeiten noch 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten vor. Nachdem im Versicherungskonto der Kläger danach weder Beitragszeiten und auch keine Berücksichtigungszeiten oder sonstige Verlängerungstatbestände im Sinne des § 43 Abs. 4 SGB VI mehr erfasst sind, sind zu einem späteren Zeitpunkt die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach § 43 Abs. 4 und 5 SGB VI liegen ebenfalls nicht vor. Der Kläger war auch nicht schon vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren voll erwerbsgemindert bzw. erwerbsunfähig (§ 43 Abs. 6 SGB VI) und kann weitere Ansprüche schließlich auch nicht aus der Übergangsvorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI herleiten. Hierzu müsste die Wartezeit von fünf Jahren schon vor 1984 erfüllt gewesen sein, und danach müssten durchgehend Pflichtbeiträge entrichtet worden sein (z.B. wegen selbstständiger Tätigkeit bei nur freiwilliger Beitragszahlung, oder wegen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit oder wegen Einstellung der Erwerbstätigkeit bei freiwilliger Beitragszahlung) oder die Zeiten müssten durchgängig mit sonstigen Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sein. Dies ist aber nicht der Fall, da vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt war. Die Lücken im Versicherungsverlauf können auch nicht mehr vollständig durch Nachzahlung freiwilliger Beiträge geschlossen werden. Denn diese Möglichkeit bestünde nur dann, wenn kraft gesetzlicher Bestimmungen eine Beitragszahlung für entsprechende Lückenzeiträume noch gesetzlich zulässig wäre. Nach § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge aber nur dann noch wirksam zahlbar, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Für eine Härte nach § 197 Abs. 3 SGB VI für diese Zeiträume ist nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich.
Ausgehend hiervon ist auch zur Überzeugung des Senats eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß beim Kläger für die Zeit bis zum 31.01.20014 nicht nachgewiesen.
Dies ergibt sich aus dem Gesamtergebnis der im Wesentlichen im Berufungsverfahren durchgeführten medizinischen Ermittlungen und hier insbesondere aus dem vom Senat von Amts wegen eingeholten Gutachten von Prof. Dr. W. Dieser stellt zunächst für den Senat überzeugend und nachvollziehbar fest, dass zum Untersuchungszeitpunkt (04.11.2015) kein Leistungsvermögen mehr vorhanden ist. Dies wird von der Beklagten auch anerkannt. Sie erklärte sogar, dass sie wie Prof. Dr. W. einen Leistungsfall zum 15.01.2015 annehme. Hinsichtlich des Eintrittes dieses Leistungsbildes verweist der Gutachter darauf, dass diese Frage schwierig zu beantworten sei. Er geht aufgrund der vorliegenden Unterlagen davon aus, dass Anfang 2015 mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden herabgesunken war. Dies passe auch zu dem vom Kläger geschilderten schweren innerfamiliären Konflikt, der zusammen mit dem Tod des Hundes und einem Beziehungsende zu einer weiteren Verschlechterung geführt habe. In diesem Zusammenhang war insbesondere auch zu beachten, dass nämlich gerade bei Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet der Eindruck, den der Gutachter selbst bei der Begutachtungssituation gewonnen hat, entscheidend ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei solchen Erkrankungen die Bestimmung des konkreten Zeitpunktes des Eintrittes der Erwerbsminderung – anders als z.B. bei einem Unfallereignis – schwierig ist. Im Nachhinein lässt es sich nur schwer feststellen, wann ein Leistungsfall der Erwerbsminderung beim Kläger genau eingetreten wäre und wie lange er angedauert hätte, zumal sich aus den medizinischen Unterlagen gerade ergibt, dass der Krankheitsverlauf auch beim Kläger Schwankungen unterlegen ist.
Bestätigt wird dies von den nun vorliegenden Berichten der Klinik Heiligenfeld und dem Gutachten des Prof. Dr. G. aus dem Verfahren vor dem Amtsgericht Ellwangen. Beide Unterlagen lagen im Übrigen auch bereits Prof. Dr. W. bei der Erstellung seines Gutachtens vor und wurden von diesem auch berücksichtigt (vgl. Bl. 11 und 12 sowie 20 und 21 des Gutachtens). Sowohl im Gutachten von Prof. Dr. G., der im Übrigen keinerlei Aussagen zur rentenversicherungsrechtlichen Frage der Erwerbsminderung gemacht hat, als auch im Entlassbericht der H.klinik U. hat der Kläger übereinstimmend berichtet, dass es im Herbst 2014 zu einer Verschlechterung seiner psychischen Situation gekommen sei. Hier führt er jeweils an, dass es im September/ Oktober 2014 zu einem heftigen Konflikt mit seinen Geschwistern und der Mutter gekommen sei, in dessen Folge er von dieser enterbt worden sei und aus dem bislang mit der Mutter bewohnten Haus ausziehen musste. Dies bestätigt die Einschätzung von Prof. Dr. W. im Wesentlichen. Unerheblich ist hierbei, dass hier von einer Krise bereits einige wenige Monate vor Januar 2015 ausgegangen wird. Denn selbst wenn man zugunsten des Klägers annehmen würde, dass bereits mit Beginn der Auseinandersetzung mit seiner Familie das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden gesunken ist, so lägen auch zu diesem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vor. Ein früherer Leistungsfall lässt sich dem Bericht und dem Gutachten entgegen der Ansicht des Klägers aber gerade nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ableiten.
Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich auch nichts anderes aus den Berichten der T.-Klinik in Bad K. Es ist zwar richtig, dass der Kläger sich dort regelmäßig in Behandlung befunden hat - dies aber auch schon seit 2007, also deutlich vor Rentenantragstellung. Es ist dem Kläger auch zuzugeben, dass 2013 dort erstmals eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert worden ist. Zuvor war man in der dortigen Klinik nur von einer leichten depressiven Episode ausgegangen. Es ist daher davon auszugehen, dass eine gewisse Verschlechterung eingetreten ist. Ein Nachweis dafür, dass bereits ab diesem Zeitraum eine rentenrelevante Reduzierung des Leistungsvermögens vorgelegen hat, stellt dies jedoch nicht dar. Aussagen zum beruflichen Leistungsvermögen enthalten die Berichte nicht. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass möglicherweise jeweils kurzfristige Einschränkungen des Leistungsvermögen bestanden haben. Dies wäre jedoch nicht ausreichend, denn ein Versicherter gilt erst dann als erwerbsgemindert, wenn das zeitliche Leistungsvermögen auf nicht absehbare Zeit, d.h. für länger als sechs Monate, auf unter sechs Stunden herabgesunken ist (vgl. Gürtner in Kassler Kommentar, SGB VI, Stand September 2016, § 43 Rn. 25). Dies lässt sich den genannten Berichten jedoch nicht entnehmen. In diesem Zusammenhang war zudem zu beachten, dass dem Kläger im September 2013 im von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beauftragten Gutachten, welches das Gericht im Wege des Urkundenbeweises verwertet, noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen attestiert worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass dieses bereits wenige Wochen danach (dauerhaft) auf unter sechs Stunden herabgesunken ist, lassen sich nicht erkennen. Die familiären Konflikte haben ihren Höhepunkt erst ein Jahr später, nämlich im Herbst 2014 erreicht. Ein früherer Leistungsfall lässt sich auch nicht aus den Aussagen der vom Senat befragten sachverständigen Zeugen ableiten. Diese haben alle keine genauen Angaben zum Eintritt der von ihnen zumindest teilweise bejahten auch zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens gemacht. Dass der Kläger zum Zeitpunkt der Befragung der Zeugen (Anfang 2015) bereits erwerbsgemindert war, steht hier nicht (mehr) im Streit.
Weitere Ermittlungsmöglichkeiten bestehen nicht. Insbesondere wurden alle medizinischen Unterlagen beigezogen. Entgegen des Vortrages des Klägers ist auch der behandelnde Arzt Dr. Dr. F. gehört worden. Einer separaten Befragung des behandelnden Chefarztes der T.-Klinik in Bad K. bedurfte es ebenfalls nicht, da mit der Beiziehung der Berichte über die stationären Aufenthalte die von dort notwendigen Angaben vorliegen.
Der Senat vermag für den Zeitraum vor dem 31.01.2014 auch nicht mit der erforderlichen Gewissheit festzustellen, dass eine schwere spezifische Leistungsbehinderung bzw. eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorgelegen hat. Nur in diesem Fall hätte die Beklagte im Übrigen dem Kläger eine zumutbare Tätigkeit benennen müssen. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ist nur in Betracht zu ziehen, wenn die Fähigkeit des Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist. Es ist nicht ersichtlich, dass solche zusätzlichen- über das Erfordernis einer körperlich leichten Arbeit hinausgehende - Leistungseinschränkungen für den Kläger bereits vor dem 31.01.2014 bestanden haben.
Auch ein sogenannter Katalogfall (vgl. hierzu BSG in SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139) liegt nicht vor. Die Wegefähigkeit ist von keinem der gehörten Sachverständigen als so eingeschränkt beschrieben worden, dass übliche Wegstrecken (mindestens 500 Metern in bis zu 20 Minuten) nicht mehr bewältigt werden konnten oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ausgeschlossen gewesen sein könnte. Dies wird vom Kläger auch nicht behauptet.
Ein Anspruch nach § 240 SGB VI scheidet aus, da der Kläger nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1966 geborene Kläger hat den Beruf des Malers und Lackierers erlernt. Er war in diesem Beruf selbstständig tätig und war als Handwerker pflichtversichert. Nach der Insolvenz seines Betriebes hat er mehrere Umschulungsversuche zum Techniker oder Industriekaufmann unternommen, die Umschulungen jedoch letztlich abgebrochen. 2013 war er zunächst noch als Aushilfe in einem Lebensmittelgeschäft tätig und ist seit Juli 2013 aufgrund von Krankheit nicht mehr erwerbstätig. Er bezieht eine private Berufsunfähigkeitsrente. Sonstige Sozialversicherungsleistungen erhält er nicht. In seinem Versicherungsverlauf sind für die Zeit ab Januar 2010 folgende Zeiten gespeichert: 01.01.2010 - 16.03.2010 Pflichtbeitragszeit 17.03.2010 - 14.4.2010 Pflichtbeitragszeit 15.04.2010 - 06.08.2010 Pflichtbeitragszeit 23.08.2011 - 31.12.2011 Pflichtbeitragszeit berufliche Ausbildung 01.01.2012 - 31. 01.2012 Pflichtbeitragszeit berufliche Ausbildung 01.02.2012 - 25.04.2012 Pflichtbeitragszeit berufliche Ausbildung 28.08.2012 - 08.11.2012 Pflichtbeitragszeit berufliche Ausbildung 01.05.2013 - 03.07.2013 Pflichtbeitragszeit berufliche Ausbildung
Am 07.08.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Zur Begründung seines Rentenantrages gab er an, dass er keine Arbeiten mehr verrichten könne. Es bestünden verschiedene Erkrankungen, insbesondere seit 2005 eine seelische Erkrankung und ein Schmerzsyndrom.
Der Kläger wurde daraufhin im Auftrag der Beklagten am 26.09.2013 von der Ärztin K. untersucht. Diese stellte in ihrem Gutachten vom 10.10.2013 folgende Diagnosen: 1. Somatoforme Schmerzstörung mit Schmerzen und multiplen Beeinträchtigungen 2. Anamnestisch Borreliose; antibiotisch behandelt 3. Anamnestisch depressive Störung, keine Einnahme der angegebenen Medikamente 4. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Zervikal- und Lumbalbeschwerden, kein neuromuskuläres Defizit 5. Endgradig schmerzhafte Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes bei angegebener Hüftdysplasie 6. Fortgesetztes Rauchen. Die erlernte Tätigkeit als Maler und Lackierer sei dem Kläger nur noch unter drei Stunden täglich zumutbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne schweres Heben und Tragen, ohne Zwangshaltungen, ohne das Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten und ohne häufige Überkopfarbeiten seien dem Kläger aber noch vollschichtig zumutbar.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 17.10.2013 den Rentenantrag des Klägers ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, dass er unter verschiedenen Krankheiten mit ungewöhnlicher Leistungseinschränkung leide. Er sei außer Stande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2014 zurück. Unter Berücksichtigung aller beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen (Somatoforme Schmerzstörung mit Schmerzen und multiplen Beeinträchtigungen, anamnestisch Borreliose; antibiotisch behandelt, anamnestisch depressive Störung, keine Einnahme der angegebenen Medikamente, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Zervikal- und Lumbalbeschwerden, kein neuromuskuläres Defizit, endgradig schmerzhafte Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes bei angegebener Hüftdysplasie, fortgesetztes Rauchen) und den sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeit seien keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten. Es liege daher weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Die Tätigkeit als Maler und Lackierer sei nur noch unter drei Stunden täglich zumutbar, der Kläger sei aber nach dem maßgeblichen Stichtag des § 240 SGB VI geboren.
Hiergegen hat der Kläger am 02.05.2014 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Das SG hat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.09.2014 abgewiesen. Die näher dargelegten Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente lägen nicht vor. Der Kläger erfülle zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, sei aber weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Dies ergebe sich im Wesentlichen aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten der Ärztin K. Die Gutachterin sei schlüssig aufgrund der von ihr erhobenen Befunde zu den von ihr gestellten Diagnosen und der von ihr getroffenen Leistungseinschätzung gekommen. Der Klagevortrag habe zudem keine weiteren Ermittlungen gerechtfertigt. Allein die Behauptung, die Leistungsbeurteilung sei unrichtig, weil der Kläger unter vielen Krankheiten leide, sei zu pauschal, um die Notwendigkeit von Ermittlungen zu erzeugen. Auch sei keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit der letzten Begutachtung geltend gemacht worden.
Gegen den dem Kläger am 10.10.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 10.11.2014 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass er kein Erwerbseinkommen mehr erzielen könne. Die Beklagte habe ihm auch keine zumutbare Tätigkeit benannt. Hierzu sei sie aber verpflichtet gewesen. Dem Gutachten der Beklagten sei nicht zu folgen, der Kläger sei chronisch krank und von der "Schulmedizin" austherapiert. Er werde seit 2009 etwa ein Mal pro Jahr in der T.-Klinik Bad K. behandelt. Das Gericht habe keinerlei Berichte der behandelnden Ärzte und Kliniken angefordert.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 16. September 2014 sowie den Bescheid vom 17. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 1. August 2013 eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide und die erstinstanzliche Entscheidung sowie die Stellungnahmen ihres sozialmedizinischen Dienstes.
Der Senat hat zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A. hat mitgeteilt, dass er den Kläger seit 2013 insgesamt fünf Mal gesehen habe, zuletzt am 12.06.2014. Zur Frage der Verschlechterung des Gesundheitszustandes habe er keine ausreichenden Informationen und eine zuverlässige Quantifizierung des Leistungsvermögens sei ihm nicht möglich. Der Internist Dr. R. hat mitgeteilt, dass er zu den Diagnosen Fibromyalgiesyndrom, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Anteilen keine Auskunft erteilen könne. Man solle hier in der T.-Klinik Bad K. nachfragen. Der Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. T. hat mitgeteilt, dass der Zustand des Klägers sich deutlich verschlechtert habe. Auch leichte Tätigkeiten seien nicht mehr sechs Stunden und mehr täglich möglich. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Dr. F. hat erklärt, dass der Kläger sich seit 1992 bei ihm in Behandlung befinde. Derzeit fänden in 14-tägigem Abstand Akupunkturbehandlungen statt. Da die Konzentrationsfähigkeit erheblich eingeschränkt sei und auch die Schmerzzustände bei leichten Tätigkeiten rapide zunähmen, könne der Kläger keine Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Der Rheumatologe Dr. K. hat angegeben, dass seit 2013 keine wesentliche Verschlechterung eingetreten sei. Die Schmerzen seien seit Jahren chronifiziert. Auch leichte Tätigkeiten könnten nicht mehr sechs Stunden und mehr täglich verrichtet werden.
Weiter sind die Berichte über die Behandlungen des Klägers in der T.-Klinik Bad K. vom 16.01.2008 (stationärer Aufenthalt vom 07.12.2007 bis 11.01.2008), vom 03.12.2009 (stationärer Aufenthalt vom 06.11.2009 bis 03.12.2009), vom 03.03.2015 (stationärer Aufenthalt vom 19.11.2010 bis 23.12.2010), vom 07.02.2012 (stationärer Aufenthalt vom 11.01.2012 bis 07.02.2012), vom 16.04.2013 (stationärer Aufenthalt vom 11.03.2013 bis 15.04.2013) und vom 18.02.2014 (stationärer Aufenthalt vom 17.12.2013 bis 13.01.2014) beigezogen worden.
Der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten hat hierzu in einer Stellungnahme vom 16.03.2015 u.a. ausgeführt, dass der Kläger hinsichtlich der seelischen Beeinträchtigungen zwar wohl bei Bedarf die Behandlungen in der T.-Klinik durchgeführt habe und unterstützend Gespräche beim Neurologen und Psychiater in Anspruch genommen habe, eine ambulante Regelpsychotherapie finde jedoch nicht statt. Insgesamt ergebe sich kein Anhaltspunkt für eine auch quantitative Einschränkung der Belastbarkeit.
Vom 29.07.2015 bis 26.08.2015 hat sich der Kläger zur stationären Behandlung in der H.klinik, Klinik U. in Bad K. befunden. Die Ärzte der dortigen Klinik haben in ihrem Abschlussbericht vom 02.09.2015 folgende Diagnosen gestellt: mittelgradige depressive Episode, schädlicher Gebrauch von Alkohol, Fibromyalgie, Lyme-Borreliose, chronisches HWS-Syndrom, Gastroösophageale Refluxkrankheit. Der Kläger sei mit massiven depressiven Symptomen eingeliefert worden. Er habe bei Aufnahme berichtet, seit September 2014 in einer Krise zu sein. Er fühle sich am Ende, kraftlos, seine Nerven lägen blank, er leide unter Durchfall und habe in fünf Monaten neun Kilogramm abgenommen. Er habe sich fast komplett zurückgezogen. Auslöser sei der Tod seines Hundes, die Verlegung der Mutter ins Pflegeheim und die Kündigung der Wohnung durch den Bruder gewesen. Darüber hinaus sei er von einer Frau in Hoffnung auf eine Beziehung über Jahre hingehalten worden, bis diese vor kurzem den Kontakt beendet habe. In den letzten fünf Jahren sei er zudem mit dem Tod der ehemaligen Lebensgefährtin, des Vaters, seines Onkels und seines Rechtanwaltes konfrontiert gewesen. Die Entlassung des Klägers erfolge als arbeitsunfähig. Der Befund sei unverändert im Vergleich zur Aufnahme. Es bestehe die dringende Notwendigkeit einer weiteren, ambulanten psychotherapeutischen Behandlung.
Der Senat hat sodann von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten bei Prof. Dr. W. eingeholt. Dieser hat den Kläger am 04.11.2015 untersucht und in seinem Gutachten vom 15.11.2015 folgende Diagnosen gestellt: Auf neurologischem Fachgebiet bestehe eine rechtsbetonte Nervenwurzelreizsymptomatik C6 bei entsprechenden degenerativen Veränderungen ohne relevante neurologische Ausfälle. Auf psychiatrischem Fachgebiet finde sich eine schwergradige Somatisierungsstörung, eine derzeit wenigstens mittelgradig depressive Episode sowie (zumindest) ein schädlicher Gebrauch von Alkohol, möglicherweise auch ein diesbezügliches Abhängigkeitssyndrom auf dem Boden einer ängstlich-dependenten Persönlichkeit. Er schließe auch unter Anlegung eines strengen Maßstabes trotz gewisser konkurrierender Auffälligkeiten aus, dass die beschriebenen Störungen vorgetäuscht würden. Nicht auszuschließen vermöge er aber, dass diese zumindest in erheblichen Umfang im Rahmen einer stationären psychosomatischen Behandlung innerhalb eines halben Jahres überwunden werden könnten. Aktuell halte er den Kläger jedoch für nicht in der Lage, in wirtschaftlich relevantem Umfang Tätigkeiten auszuüben. Ebenso sei es derzeit für den Kläger nicht möglich, sich auf die Anforderungen einzustellen, die mit der Aufnahme einer neuen Tätigkeit verbunden seien. Befragt dazu, wann der von ihm festgestellte Zustand bestehe, hat der Gutachter ausgeführt, dass diese Frage nicht einfach zu beantworten sei. Wenn er das Vorgutachten aus September 2013 zu Rate ziehe, vermöge er sich nicht davon zu überzeugen, dass zu diesem Zeitpunkt bereits der aktuell beschriebene Zustand vorgelegen habe. Die Befundlage bis Juli 2015 sei dann relativ dürftig. Er habe wenig Zweifel, dass im Juli 2015 in der Klinik H. der aktuelle Zustand bereits vorgelegen habe. Zum Zeitraum Herbst 2013 bis Sommer 2015 könne er nur "interpolieren" und dazu erklären, dass mit Wahrscheinlichkeit das aktuelle Leistungsbild seit Anfang des Jahres vorgelegen habe, nachdem zu diesem Zeitpunkt die familiären Konflikte exazerbiert seien, denen der Kläger nichts entgegen zu setzen gehabt habe.
Mit Schreiben vom 22.12.2015 erklärte die Beklagte, dass man anerkenne, dass der Kläger seit 15.01.2015 voll erwerbsgemindert sei. Hierzu wird auf die Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten vom 16.12.2015 verwiesen, in der der Obermedizinalrat F. ausgeführt hat, dass dem Gutachten von Dr. W. gefolgt werden könne. Auch hinsichtlich des angenommenen Leistungsfalles im Januar 2015. Anhaltspunkte, dass die Leistungsfähigkeit auch früher auf unter sechs Stunden herabgesunken gewesen sei, seien nicht vorhanden. Die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung sei dennoch nicht möglich, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Im Zeitraum vom 15.01.2010 bis 14.01.2015 lägen lediglich 24 Monate mit Pflichtbeitragszeiten vor.
Der Kläger hat sich sodann vom 28.04.2016 bis 02.06.2016 zur stationären Behandlung in der P. Fachklinik für Psychosomatik, Psychotherapeutische Medizin und Naturheilverfahren in S. im Allgäu befunden. Die Ärzte dieser Klinik haben im Rehaentlassbericht vom 23.08.2016 folgende Diagnosen gestellt: 1. chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren 2. mittelgradige depressive Episode 3. Allergische Rhinopathie, nicht näher bezeichnet. Der Kläger habe während des stationären Aufenthaltes seine depressive und somatoforme Symptomatik reduzieren können. Er sei wieder körperlich und auch psychisch belastbarer gewesen, dies jedoch trotz aller Fortschritte mit massiven Einschränkungen.
Die Berichterstatterin hat mit den Beteiligten am 11.01.2017 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt. Auf Nachfrage der Berichterstatterin hat die Bevollmächtigte des Klägers hier erklärt, dass sie mit dem Kläger dessen Versicherungsverlauf besprochen habe und dieser ihr mitgeteilt habe, dass alles richtig berücksichtigt worden sei.
Mit Schreiben vom 18.01.2017 hat der Kläger weiter ausgeführt, dass er sich bereits seit 2007 regelmäßig in der T.-Klinik in Bad K. zur Behandlung befunden habe. Dies sei bislang nicht ausreichend berücksichtigt worden, ebenso sei sein behandelnder Arzt Dr. Dr. F. bislang nicht gehört worden.
Mit Schreiben vom 22.03.2017 hat der Kläger weiter vorgetragen, dass er davon ausgehe, dass er bereits seit 2013 nur noch über ein unter dreistündiges Leistungsvermögen verfügt habe. Er hat zudem ein psychosomatisches-psychotherapeutisches Fachgutachten von Prof. Dr. G., U., vom 31.08.2015 vorgelegt. Dieses Gutachten war in einem Verfahren des Klägers gegen seine private Krankenversicherung vor Amtsgerichts U. zur Frage der medizinischen Notwendigkeit der Behandlung des Klägers in der T.-Klinik Bad K. eingeholt worden. Prof Dr. G. hat den Kläger am 30.04.2015 untersucht und folgende Diagnosen gestellt: Somatisierungsstörung, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige bis schwere Episode, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Er kam zu dem Ergebnis, dass er nicht völlig überzeugt sei, dass diese mittlerweile fünfte akutstationäre Behandlung tatsächlich medizinisch notwendig gewesen sei. Bei der Beschwerdeschilderung hat der Kläger auch gegenüber diesem Gutachter angegeben, dass er seit ca. sechs Monaten unter erheblichen Durchfällen, Magen-Darm-Krämpfen, rezidivierenden Gehörgangsentzündungen, Ein- und Durchschlafstörungen, schwitzigen Händen und Füßen, chronischem Spannungskopfschmerz, fluktuierender Intensität, Einschlafen der Finger und leichter Blaseninkontinenz leide. Psychisch habe er Ende des vergangenen Jahres unter Suizidgedanken gelitten, seine Söhne hätten ihn wieder aufgebaut. Die seelischen Beschwerden und wohl auch die körperlichen hätten sich im Rahmen eines aktuellen Konflikts verschärft. Im Oktober 2014 sei es zu einem Streit mit seinen Geschwistern und der Mutter, die er bis dahin versorgt habe, gekommen. Die Mutter habe ihn enterbt und er müsse ausziehen. Er habe nur noch wenig Kontakt zur Familie.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Eiverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden konnte, ist auch ansonsten zulässig.
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 16.09.2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2014 sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Versicherte haben gemäß § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen können und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit er-füllt ist (§ 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI).
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
Anrechnungszeiten sind u. a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder arbeitslos (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) gewesen sind, wenn dadurch u. a. eine versicherte Tätigkeit unterbrochen ist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung sind gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit 1. Beitragszeiten, 2. beitragsfreien Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitrags-freie Zeit oder eine Zeit nach Nr. 4, 5 oder 6 liegt, Berücksichtigungszeiten, 4. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992 (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Versicherte, deren Leistungsvermögen sich am allgemeinen Arbeitsmarkt orientiert, sind grundsätzlich auf jede erwerbswirtschaftliche Tätigkeitsart verweisbar, die keine formale Ausbildung erfordert. In diesen Fällen besteht daher nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch grundsätzlich kein Anlass zur Benennung einer spezifischen Verweisungstätigkeit, weil auf dem all-gemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteile vom 18.04.1978 - 4 RJ 55/77 -; vom 28.08.1991 - 13/5 RJ 47/90 -, Juris).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen für den Anspruch auf Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung müssen im Vollbeweis nachgewiesen sein. Neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (insbesondere Versicherungszeiten) muss die volle bzw. teil-weise Erwerbsminderung, also der Umstand, dass das Leistungsvermögen des Versicherten allein wesentlich bedingt durch Krankheit oder Behinderung ab einem bestimmten Zeitpunkt dauerhaft derart herabgesunken ist, dass er mit seinem Restleistungsvermögen nicht mehr in der Lage ist, mindestens drei bzw. sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, im Vollbeweis nachgewiesen sein. Diese Tatsachen müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. Bayrisches LSG, Urteil v. 26.07.2006 - L 16 R 100/02 -, Juris).
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985 - 2 RU 24/84 -, Juris und vom 20.01.1987 - 2 RU 27/86 -, Juris). Das Gericht muss von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können (vgl. BSG, Urteil vom 02.02.1978 - 8 RU 66/77 -, Juris). Es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 14. Auflage, § 118 Rdnr. 6 ff. m.w.N.).
Kann das Gericht die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen, kann also ein behaupteter Sachverhalt nicht im Vollbeweis nachgewiesen wer-den, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 24.10.1957 - 10 RV 945/55 -, Juris). Denn für das Vorliegen der rechtsbegründen-den Tatbestandsvoraussetzung der Erwerbsminderung trägt der Versicherte die Darlegungs- sowie die objektive Beweislast (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nr.14). Dies gilt in gesteigerter Weise für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit (vgl. Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 29. April 2014 – L 3 R 139/11 –, Rn. 23, Juris mit Verweis auf BSG vom Urteil vom 20.10.2004 - B 5 RJ 48/03 R -, Urteil vom 1.7.1964 - 11/1 RA 158/61 - = BSGE 21, 189 = SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO und BSG, Urteil vom 21.10.1969 - 11 RA 219/66 - = SozR Nr. 76 zu § 1246 RVO).
Unter Berücksichtigung dieser Grundlagen stellt der Senat fest, dass eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß beim Kläger für die Zeit vor dem 31.01.2014 nicht nachgewiesen ist. Nach dem in den Akten vorliegenden Versicherungsverlauf vom 14.01.2016 (Bl. 196 der LSG-Akte) und der erneuten Bestätigung der Beklagten vom 12.12.2016 sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der sog. 3/5-Belegung (§ 43 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) aber letztmals am 31.01.2014 erfüllt. Rentenrechtliche Zeiten, die diesen Fünf-Jahres-Zeitraum gemäß § 43 Abs. 4 Ziff. 2 SGB VI verlängern könnten, liegen nicht vor und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Im dann zu berücksichtigenden Zeitraum 31.01.2009 bis 30.01.2014 liegen aufgrund der bis zum 03.07.2013 bescheinigten Pflichtbeitragszeiten noch 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten vor. Nachdem im Versicherungskonto der Kläger danach weder Beitragszeiten und auch keine Berücksichtigungszeiten oder sonstige Verlängerungstatbestände im Sinne des § 43 Abs. 4 SGB VI mehr erfasst sind, sind zu einem späteren Zeitpunkt die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach § 43 Abs. 4 und 5 SGB VI liegen ebenfalls nicht vor. Der Kläger war auch nicht schon vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren voll erwerbsgemindert bzw. erwerbsunfähig (§ 43 Abs. 6 SGB VI) und kann weitere Ansprüche schließlich auch nicht aus der Übergangsvorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI herleiten. Hierzu müsste die Wartezeit von fünf Jahren schon vor 1984 erfüllt gewesen sein, und danach müssten durchgehend Pflichtbeiträge entrichtet worden sein (z.B. wegen selbstständiger Tätigkeit bei nur freiwilliger Beitragszahlung, oder wegen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit oder wegen Einstellung der Erwerbstätigkeit bei freiwilliger Beitragszahlung) oder die Zeiten müssten durchgängig mit sonstigen Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sein. Dies ist aber nicht der Fall, da vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt war. Die Lücken im Versicherungsverlauf können auch nicht mehr vollständig durch Nachzahlung freiwilliger Beiträge geschlossen werden. Denn diese Möglichkeit bestünde nur dann, wenn kraft gesetzlicher Bestimmungen eine Beitragszahlung für entsprechende Lückenzeiträume noch gesetzlich zulässig wäre. Nach § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge aber nur dann noch wirksam zahlbar, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Für eine Härte nach § 197 Abs. 3 SGB VI für diese Zeiträume ist nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich.
Ausgehend hiervon ist auch zur Überzeugung des Senats eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß beim Kläger für die Zeit bis zum 31.01.20014 nicht nachgewiesen.
Dies ergibt sich aus dem Gesamtergebnis der im Wesentlichen im Berufungsverfahren durchgeführten medizinischen Ermittlungen und hier insbesondere aus dem vom Senat von Amts wegen eingeholten Gutachten von Prof. Dr. W. Dieser stellt zunächst für den Senat überzeugend und nachvollziehbar fest, dass zum Untersuchungszeitpunkt (04.11.2015) kein Leistungsvermögen mehr vorhanden ist. Dies wird von der Beklagten auch anerkannt. Sie erklärte sogar, dass sie wie Prof. Dr. W. einen Leistungsfall zum 15.01.2015 annehme. Hinsichtlich des Eintrittes dieses Leistungsbildes verweist der Gutachter darauf, dass diese Frage schwierig zu beantworten sei. Er geht aufgrund der vorliegenden Unterlagen davon aus, dass Anfang 2015 mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden herabgesunken war. Dies passe auch zu dem vom Kläger geschilderten schweren innerfamiliären Konflikt, der zusammen mit dem Tod des Hundes und einem Beziehungsende zu einer weiteren Verschlechterung geführt habe. In diesem Zusammenhang war insbesondere auch zu beachten, dass nämlich gerade bei Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet der Eindruck, den der Gutachter selbst bei der Begutachtungssituation gewonnen hat, entscheidend ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei solchen Erkrankungen die Bestimmung des konkreten Zeitpunktes des Eintrittes der Erwerbsminderung – anders als z.B. bei einem Unfallereignis – schwierig ist. Im Nachhinein lässt es sich nur schwer feststellen, wann ein Leistungsfall der Erwerbsminderung beim Kläger genau eingetreten wäre und wie lange er angedauert hätte, zumal sich aus den medizinischen Unterlagen gerade ergibt, dass der Krankheitsverlauf auch beim Kläger Schwankungen unterlegen ist.
Bestätigt wird dies von den nun vorliegenden Berichten der Klinik Heiligenfeld und dem Gutachten des Prof. Dr. G. aus dem Verfahren vor dem Amtsgericht Ellwangen. Beide Unterlagen lagen im Übrigen auch bereits Prof. Dr. W. bei der Erstellung seines Gutachtens vor und wurden von diesem auch berücksichtigt (vgl. Bl. 11 und 12 sowie 20 und 21 des Gutachtens). Sowohl im Gutachten von Prof. Dr. G., der im Übrigen keinerlei Aussagen zur rentenversicherungsrechtlichen Frage der Erwerbsminderung gemacht hat, als auch im Entlassbericht der H.klinik U. hat der Kläger übereinstimmend berichtet, dass es im Herbst 2014 zu einer Verschlechterung seiner psychischen Situation gekommen sei. Hier führt er jeweils an, dass es im September/ Oktober 2014 zu einem heftigen Konflikt mit seinen Geschwistern und der Mutter gekommen sei, in dessen Folge er von dieser enterbt worden sei und aus dem bislang mit der Mutter bewohnten Haus ausziehen musste. Dies bestätigt die Einschätzung von Prof. Dr. W. im Wesentlichen. Unerheblich ist hierbei, dass hier von einer Krise bereits einige wenige Monate vor Januar 2015 ausgegangen wird. Denn selbst wenn man zugunsten des Klägers annehmen würde, dass bereits mit Beginn der Auseinandersetzung mit seiner Familie das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden gesunken ist, so lägen auch zu diesem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vor. Ein früherer Leistungsfall lässt sich dem Bericht und dem Gutachten entgegen der Ansicht des Klägers aber gerade nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ableiten.
Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich auch nichts anderes aus den Berichten der T.-Klinik in Bad K. Es ist zwar richtig, dass der Kläger sich dort regelmäßig in Behandlung befunden hat - dies aber auch schon seit 2007, also deutlich vor Rentenantragstellung. Es ist dem Kläger auch zuzugeben, dass 2013 dort erstmals eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert worden ist. Zuvor war man in der dortigen Klinik nur von einer leichten depressiven Episode ausgegangen. Es ist daher davon auszugehen, dass eine gewisse Verschlechterung eingetreten ist. Ein Nachweis dafür, dass bereits ab diesem Zeitraum eine rentenrelevante Reduzierung des Leistungsvermögens vorgelegen hat, stellt dies jedoch nicht dar. Aussagen zum beruflichen Leistungsvermögen enthalten die Berichte nicht. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass möglicherweise jeweils kurzfristige Einschränkungen des Leistungsvermögen bestanden haben. Dies wäre jedoch nicht ausreichend, denn ein Versicherter gilt erst dann als erwerbsgemindert, wenn das zeitliche Leistungsvermögen auf nicht absehbare Zeit, d.h. für länger als sechs Monate, auf unter sechs Stunden herabgesunken ist (vgl. Gürtner in Kassler Kommentar, SGB VI, Stand September 2016, § 43 Rn. 25). Dies lässt sich den genannten Berichten jedoch nicht entnehmen. In diesem Zusammenhang war zudem zu beachten, dass dem Kläger im September 2013 im von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beauftragten Gutachten, welches das Gericht im Wege des Urkundenbeweises verwertet, noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen attestiert worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass dieses bereits wenige Wochen danach (dauerhaft) auf unter sechs Stunden herabgesunken ist, lassen sich nicht erkennen. Die familiären Konflikte haben ihren Höhepunkt erst ein Jahr später, nämlich im Herbst 2014 erreicht. Ein früherer Leistungsfall lässt sich auch nicht aus den Aussagen der vom Senat befragten sachverständigen Zeugen ableiten. Diese haben alle keine genauen Angaben zum Eintritt der von ihnen zumindest teilweise bejahten auch zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens gemacht. Dass der Kläger zum Zeitpunkt der Befragung der Zeugen (Anfang 2015) bereits erwerbsgemindert war, steht hier nicht (mehr) im Streit.
Weitere Ermittlungsmöglichkeiten bestehen nicht. Insbesondere wurden alle medizinischen Unterlagen beigezogen. Entgegen des Vortrages des Klägers ist auch der behandelnde Arzt Dr. Dr. F. gehört worden. Einer separaten Befragung des behandelnden Chefarztes der T.-Klinik in Bad K. bedurfte es ebenfalls nicht, da mit der Beiziehung der Berichte über die stationären Aufenthalte die von dort notwendigen Angaben vorliegen.
Der Senat vermag für den Zeitraum vor dem 31.01.2014 auch nicht mit der erforderlichen Gewissheit festzustellen, dass eine schwere spezifische Leistungsbehinderung bzw. eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorgelegen hat. Nur in diesem Fall hätte die Beklagte im Übrigen dem Kläger eine zumutbare Tätigkeit benennen müssen. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ist nur in Betracht zu ziehen, wenn die Fähigkeit des Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist. Es ist nicht ersichtlich, dass solche zusätzlichen- über das Erfordernis einer körperlich leichten Arbeit hinausgehende - Leistungseinschränkungen für den Kläger bereits vor dem 31.01.2014 bestanden haben.
Auch ein sogenannter Katalogfall (vgl. hierzu BSG in SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139) liegt nicht vor. Die Wegefähigkeit ist von keinem der gehörten Sachverständigen als so eingeschränkt beschrieben worden, dass übliche Wegstrecken (mindestens 500 Metern in bis zu 20 Minuten) nicht mehr bewältigt werden konnten oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ausgeschlossen gewesen sein könnte. Dies wird vom Kläger auch nicht behauptet.
Ein Anspruch nach § 240 SGB VI scheidet aus, da der Kläger nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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