Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 6011/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4824/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.12.2016 wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die rückwirkende Gewährung eines Anspruchs auf Familienkrankenhilfe über die Versicherung seiner Ehefrau für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 24.09.2015 nach § 10 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Der am 15.04.1948 geborene Antragsteller ist nach eigenen Angaben Rechtsassessor. Seit dem 01.07.2013 bezieht er eine Regelaltersrente (zuletzt ab dem 01.07.2015 in Höhe von 197,48 EUR, ab dem 01.07.2016 in Höhe von 206,02 EUR monatlich) und darüber hinaus ein in der Höhe schwankendes Arbeitseinkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung als Taxifahrer. Er wurde auf den Antrag seiner Ehefrau, der Beigeladenen, und auf der Grundlage eines von ihm ausgefüllten Fragebogens in die Familienversicherung der Beigeladenen aufgenommen. In einem erneuten Fragebogen gab die Beigeladene gegenüber der Antragsgegnerin am 30.10.2015 sodann den Bezug von Arbeitseinkommen ihres Ehemanns aus einer geringfügigen Beschäftigung an. Nachdem die Antragsgegnerin vom Antragsteller keine für sie verwertbaren Unterlagen zur Höhe dieses Einkommens erlangt hatte, holte sie die entsprechenden Informationen bei der Minijob-Zentrale der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See ein. Diese teilte mit, dass der Antragsteller Einkommen in Höhe von 1.015,00 EUR für den Zeitraum 01.09.2014 bis 31.12.2014, in Höhe von 1.581 00 EUR im Zeitraum 01.01.2015 bis 30.04.2015, in Höhe von 529,00 EUR im Zeitraum 23.05.2015 bis 30.06.2015 und in Höhe von 1.224,00 EUR im Zeitraum 01.07.2015 bis 24.09.2015 erzielt habe (Bl 26 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 04.03.2016 (Bl 27 Verwaltungsakte) beendete die Antragsgegnerin die kostenfreie Familienversicherung für den Antragsteller zum 31.12.2004. In Zusammenschau seines Rentenbezuges und des Arbeitseinkommens aus geringfügiger Beschäftigung verfüge der Antragsteller über ein monatliches Gesamteinkommen in Höhe von 563,84 EUR. Das für eine kostenlose Familienversicherung zulässige monatliche Einkommen, das im Falle des geringfügig beschäftigten Antragstellers 450 EUR monatlich betrage, sei überschritten, weshalb die kostenlose Familienversicherung nicht mehr möglich sei. Gegenüber der Beigeladenen erging ein entsprechender Bescheid (Bl 28 Verwaltungsakte).
Hiergegen erhoben der Antragsteller und die Beigeladene am 30.03.2016 Widerspruch (Bl 37 Verwaltungsakte). Die Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse sei nicht einseitig kündbar. Die von der Knappschaft gemeldeten Zahlen seien nicht nachvollziehbar. Die Familienversicherung müsse fortgeführt werden.
Mit Schreiben vom 14.04.2016 teilte die Antragsgegnerin mit, ab 25.09.2015 (Wegfall des Einkommens aus geringfügiger Beschäftigung) sei wieder eine Familienversicherung möglich.
Im Zeitraum 01.01.2015 bis 24.09.2015 führte die Antragsgegnerin gem § 188 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch eine freiwillige Versicherung durch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2016 (Bl 58 Verwaltungsakte) und erneutem Schreiben an den Antragsteller vom 18.08.2016 (Bl 85 Verwaltungsakte) wies die Antragsgegnerin die Widersprüche des Antragstellers und der Beigeladenen als unbegründet zurück. Der Anspruch auf Familienversicherung sei wegen Überschreitung der maßgebenden Einkommensgrenze von 450,00 EUR rückwirkend zum 01.01.2015 entfallen. Mit dem Wegfall des Einkommens aus der geringfügigen Beschäftigung zum 24.09.2015 sei die Familienversicherung ab dem 25.09.2015 sodann wieder durchgeführt worden. Im Zeitraum vom 01.01.2015 bis 24.09.2015 sei gemäß § 188 Abs 4 SGB V eine freiwillige Versicherung durchgeführt und Beiträge nachberechnet worden, nachdem ein anderweitiger Versicherungsschutz nicht nachgewiesen worden sei.
Eine Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 26.07.2016/18.08.2016 ist bislang nicht erhoben worden.
Am 10.10.2016 hat der Antragsteller beim Sozialgericht A. einstweiligen Rechtschutz beantragt und gegenüber dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erklärt, es sei "ein negativer Widerspruchsbescheid" am 30.05.2016 ergangen. Die Antragsgegnerin fordere Beiträge nach, weil die Familienversicherung rückwirkend widerrufen worden sei. Gegen diese Nachforderung für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 24.09.2015 habe er Rechtsmittel beim Sozialgericht Stuttgart eingelegt. Der Antrag auf die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes werde gestellt, da der Antragsteller bei einem Eintrag in das Schuldnerverzeichnis keine Wohnung mehr bekommen werde. Mit Beschluss vom 26.10.2016 hat das Sozialgericht A. den Rechtsstreit an das Sozialgericht Stuttgart (SG) verwiesen.
Der Antragsteller hat sodann beim SG unter dem 05.12.2016 eine "Feststellungs- bzw. Vollstreckungsabwehrklage analog 769 ZPO nebst Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeten Verlustes der eingereichten Klageschrift" vorgelegt.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Der Antragsteller habe weder einen Anordnungsspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Eine besondere Eilbedürftigkeit, die den Erlass einer einstweiligen Verfügung rechtfertigen könne, sei nicht zu erkennen. Eine Vollstreckung der Beitragsforderungen finde nicht statt.
Mit Beschluss vom 17.11.2016 hat das SG die Ehefrau des Antragstellers, Frau N. N., beigeladen.
Mit Beschluss vom 17.12.2016 hat das SG den Antrag abgelehnt. Für den Antrag auf die rückwirkende Durchführung einer Familienversicherung ab dem 01.01.2015 fehle es am Anordnungsgrund. Der in der Vergangenheit liegende Sachverhalt sei nicht geeignet, einen gegenwärtigen - die besondere Eilbedürftigkeit begründenden - wesentlichen Nachteil für den Antragsteller entstehen zu lassen. Außerdem sei der Widerspruchsbescheid vom 27.07.2016 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit einer Klage angegriffen worden, sondern die Entscheidung der Antragsgegnerin sei in Bestandskraft erwachsen. Ein gerichtlicher Eilrechtschutz sei insoweit nicht geboten. Dies gelte auch für die Vermeidung einer Vollstreckung von für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 24.09.2015 durch die Antragsgegnerin nacherhobenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen. Zwar könne in der laufenden Vollstreckung solcher Forderungen grundsätzlich ein den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigender aktueller wesentlicher Nachteil zu sehen sein. Auch diesbezüglich fehle es am Anordnungsgrund. Der Antragsteller habe weder einen entsprechenden Beitragsbescheid, einen etwaigen Widerspruchsbescheid oder im Anschluss hieran ergangene Vollstreckungsbemühungen der Antragsgegnerin benannt. Die bloße Befürchtung, bei einem Eintrag in das Schuldnerverzeichnis keine Wohnung anmieten zu können, genüge nicht. Überdies habe die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 14.12.2016 ausdrücklich erklärt, Vollstreckungsmaßnahmen zur Beitreibung der Beitragsforderung nicht zu unternehmen, da der Antragsteller bereits im Jahr 2015 eine entsprechende Vermögensauskunft abgegeben habe.
Mit Schreiben vom 22.12.2016, beim Landessozialgericht am 28.12.2016 eingegangen, hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des SG eingelegt. Das SG habe gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen und sein rechtliches Gehör verletzt. Mit Schriftsatz vom 30.01.2017 hat er vorgetragen, dass nach telefonischer Rücksprache mit der Rechtsabteilung der Antragsgegnerin ein Ruhen des Verfahrens vor dem Landessozialgericht in Stuttgart vereinbart worden sei, weil zunächst die Grundsatzfrage geklärt werden müsse, welchen krankenversicherungsrechtlichen Status er habe. Daher müsse das Vollstreckungsverfahren der Antragsgegnerin ausgesetzt werden. Seinen Antrag, das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ruhend zu stellen, hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 14. und 15.03.2017 (Bl 51, 53 Senatsakte) wiederholt. Mit Schriftsatz vom 15.03.2017 hat der Antragsteller außerdem die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt, jedoch das ihm vom Senat übersandte Formular zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht ausgefüllt zurückgereicht.
Der Antragsteller beantragt neben seinen wiederholten Anträgen, das Verfahren ruhend zu stellen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.12.2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin unter Aufhebung des Bescheids vom 04.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.07.2016 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm rückwirkend ab 01.01.2015 Familienkrankenhilfe über die Krankenversicherung der Beigeladenen zu gewähren und eine etwaige Vollstreckung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeitragsnachforderungen einzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie nimmt auf ihr bisheriges Vorbringen und die Ausführungen des SG Bezug. Mitnichten sei ein Ruhen des Verfahrens vereinbart worden. Ein (Widerspruchs-)Bescheid vom 30.05.2016 wie vom Antragsteller in seinem Antrag benannt, existiere nicht. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 27.07.2016 seien Rechtsmittel beim SG nicht eingelegt worden, weshalb der Bescheid bestandskräftig sei. Auch die Beitragsbescheide betreffend den Zeitraum 1.1.2015-24.09.2015 seien bestandskräftig geworden, da keine Widersprüche eingelegt worden seien.
Mit Beschluss vom 15.05.2017 hat der Senat Ablehnungsgesuche des Antragstellers gegen den Berichterstatter für unbegründet erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist statthaft (§ 172 Abs 1, Abs 3 Nr 1 SGG) und damit zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Antrag abgelehnt.
Ein vom Antragsteller genannter "Widerspruchsbescheid vom 30.05.2016" existiert nicht und ist daher nicht Gegenstand des Verfahrens.
Nach § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend richtet sich die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG. Dies verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung).
Vorliegend fehlt es bereits an der Eilbedürftigkeit, wobei der Senat offen lassen kann, ob die Bescheide der Antragsgegnerin eine zutreffende Rechtsmittelbelehrung enthalten haben und – wie vom SG angenommen – bestandskräftig sind. Für den Antrag auf die rückwirkende Durchführung einer Familienversicherung ab dem 01.01.2015 fehlt es, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, am Anordnungsgrund. In der Vergangenheit liegende Sachverhalte sind regelmäßig nicht geeignet, einen gegenwärtigen - die besondere Eilbedürftigkeit begründenden - wesentlichen Nachteil für den Antragsteller entstehen zu lassen (vgl Senatsbeschluss vom 06.12.2012, L 11 KR 4671/12 ER-B). Entsprechendes gilt auch für die Vermeidung einer Vollstreckung von für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 24.09.2015 durch die Antragsgegnerin nacherhobenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen. Der Antragsteller hat keine Vollstreckungsbemühungen der Antragsgegnerin glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin hat sogar ausdrücklich mitgeteilt, eine Vollstreckung finde nicht statt (Bl 56 SG-Akte). Auch insoweit besteht daher keine Eilbedürftigkeit. Die insgesamt fehlende Eilbedürftigkeit wird schließlich bestätigt durch die mehrfachen Anträge des als Assessor rechtskundigen Antragstellers, das Beschwerdeverfahren ruhend zu stellen.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war nach dem Vorstehenden wegen fehlender Erfolgsaussicht abzulehnen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die rückwirkende Gewährung eines Anspruchs auf Familienkrankenhilfe über die Versicherung seiner Ehefrau für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 24.09.2015 nach § 10 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Der am 15.04.1948 geborene Antragsteller ist nach eigenen Angaben Rechtsassessor. Seit dem 01.07.2013 bezieht er eine Regelaltersrente (zuletzt ab dem 01.07.2015 in Höhe von 197,48 EUR, ab dem 01.07.2016 in Höhe von 206,02 EUR monatlich) und darüber hinaus ein in der Höhe schwankendes Arbeitseinkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung als Taxifahrer. Er wurde auf den Antrag seiner Ehefrau, der Beigeladenen, und auf der Grundlage eines von ihm ausgefüllten Fragebogens in die Familienversicherung der Beigeladenen aufgenommen. In einem erneuten Fragebogen gab die Beigeladene gegenüber der Antragsgegnerin am 30.10.2015 sodann den Bezug von Arbeitseinkommen ihres Ehemanns aus einer geringfügigen Beschäftigung an. Nachdem die Antragsgegnerin vom Antragsteller keine für sie verwertbaren Unterlagen zur Höhe dieses Einkommens erlangt hatte, holte sie die entsprechenden Informationen bei der Minijob-Zentrale der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See ein. Diese teilte mit, dass der Antragsteller Einkommen in Höhe von 1.015,00 EUR für den Zeitraum 01.09.2014 bis 31.12.2014, in Höhe von 1.581 00 EUR im Zeitraum 01.01.2015 bis 30.04.2015, in Höhe von 529,00 EUR im Zeitraum 23.05.2015 bis 30.06.2015 und in Höhe von 1.224,00 EUR im Zeitraum 01.07.2015 bis 24.09.2015 erzielt habe (Bl 26 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 04.03.2016 (Bl 27 Verwaltungsakte) beendete die Antragsgegnerin die kostenfreie Familienversicherung für den Antragsteller zum 31.12.2004. In Zusammenschau seines Rentenbezuges und des Arbeitseinkommens aus geringfügiger Beschäftigung verfüge der Antragsteller über ein monatliches Gesamteinkommen in Höhe von 563,84 EUR. Das für eine kostenlose Familienversicherung zulässige monatliche Einkommen, das im Falle des geringfügig beschäftigten Antragstellers 450 EUR monatlich betrage, sei überschritten, weshalb die kostenlose Familienversicherung nicht mehr möglich sei. Gegenüber der Beigeladenen erging ein entsprechender Bescheid (Bl 28 Verwaltungsakte).
Hiergegen erhoben der Antragsteller und die Beigeladene am 30.03.2016 Widerspruch (Bl 37 Verwaltungsakte). Die Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse sei nicht einseitig kündbar. Die von der Knappschaft gemeldeten Zahlen seien nicht nachvollziehbar. Die Familienversicherung müsse fortgeführt werden.
Mit Schreiben vom 14.04.2016 teilte die Antragsgegnerin mit, ab 25.09.2015 (Wegfall des Einkommens aus geringfügiger Beschäftigung) sei wieder eine Familienversicherung möglich.
Im Zeitraum 01.01.2015 bis 24.09.2015 führte die Antragsgegnerin gem § 188 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch eine freiwillige Versicherung durch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2016 (Bl 58 Verwaltungsakte) und erneutem Schreiben an den Antragsteller vom 18.08.2016 (Bl 85 Verwaltungsakte) wies die Antragsgegnerin die Widersprüche des Antragstellers und der Beigeladenen als unbegründet zurück. Der Anspruch auf Familienversicherung sei wegen Überschreitung der maßgebenden Einkommensgrenze von 450,00 EUR rückwirkend zum 01.01.2015 entfallen. Mit dem Wegfall des Einkommens aus der geringfügigen Beschäftigung zum 24.09.2015 sei die Familienversicherung ab dem 25.09.2015 sodann wieder durchgeführt worden. Im Zeitraum vom 01.01.2015 bis 24.09.2015 sei gemäß § 188 Abs 4 SGB V eine freiwillige Versicherung durchgeführt und Beiträge nachberechnet worden, nachdem ein anderweitiger Versicherungsschutz nicht nachgewiesen worden sei.
Eine Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 26.07.2016/18.08.2016 ist bislang nicht erhoben worden.
Am 10.10.2016 hat der Antragsteller beim Sozialgericht A. einstweiligen Rechtschutz beantragt und gegenüber dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erklärt, es sei "ein negativer Widerspruchsbescheid" am 30.05.2016 ergangen. Die Antragsgegnerin fordere Beiträge nach, weil die Familienversicherung rückwirkend widerrufen worden sei. Gegen diese Nachforderung für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 24.09.2015 habe er Rechtsmittel beim Sozialgericht Stuttgart eingelegt. Der Antrag auf die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes werde gestellt, da der Antragsteller bei einem Eintrag in das Schuldnerverzeichnis keine Wohnung mehr bekommen werde. Mit Beschluss vom 26.10.2016 hat das Sozialgericht A. den Rechtsstreit an das Sozialgericht Stuttgart (SG) verwiesen.
Der Antragsteller hat sodann beim SG unter dem 05.12.2016 eine "Feststellungs- bzw. Vollstreckungsabwehrklage analog 769 ZPO nebst Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeten Verlustes der eingereichten Klageschrift" vorgelegt.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Der Antragsteller habe weder einen Anordnungsspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Eine besondere Eilbedürftigkeit, die den Erlass einer einstweiligen Verfügung rechtfertigen könne, sei nicht zu erkennen. Eine Vollstreckung der Beitragsforderungen finde nicht statt.
Mit Beschluss vom 17.11.2016 hat das SG die Ehefrau des Antragstellers, Frau N. N., beigeladen.
Mit Beschluss vom 17.12.2016 hat das SG den Antrag abgelehnt. Für den Antrag auf die rückwirkende Durchführung einer Familienversicherung ab dem 01.01.2015 fehle es am Anordnungsgrund. Der in der Vergangenheit liegende Sachverhalt sei nicht geeignet, einen gegenwärtigen - die besondere Eilbedürftigkeit begründenden - wesentlichen Nachteil für den Antragsteller entstehen zu lassen. Außerdem sei der Widerspruchsbescheid vom 27.07.2016 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit einer Klage angegriffen worden, sondern die Entscheidung der Antragsgegnerin sei in Bestandskraft erwachsen. Ein gerichtlicher Eilrechtschutz sei insoweit nicht geboten. Dies gelte auch für die Vermeidung einer Vollstreckung von für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 24.09.2015 durch die Antragsgegnerin nacherhobenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen. Zwar könne in der laufenden Vollstreckung solcher Forderungen grundsätzlich ein den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigender aktueller wesentlicher Nachteil zu sehen sein. Auch diesbezüglich fehle es am Anordnungsgrund. Der Antragsteller habe weder einen entsprechenden Beitragsbescheid, einen etwaigen Widerspruchsbescheid oder im Anschluss hieran ergangene Vollstreckungsbemühungen der Antragsgegnerin benannt. Die bloße Befürchtung, bei einem Eintrag in das Schuldnerverzeichnis keine Wohnung anmieten zu können, genüge nicht. Überdies habe die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 14.12.2016 ausdrücklich erklärt, Vollstreckungsmaßnahmen zur Beitreibung der Beitragsforderung nicht zu unternehmen, da der Antragsteller bereits im Jahr 2015 eine entsprechende Vermögensauskunft abgegeben habe.
Mit Schreiben vom 22.12.2016, beim Landessozialgericht am 28.12.2016 eingegangen, hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des SG eingelegt. Das SG habe gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen und sein rechtliches Gehör verletzt. Mit Schriftsatz vom 30.01.2017 hat er vorgetragen, dass nach telefonischer Rücksprache mit der Rechtsabteilung der Antragsgegnerin ein Ruhen des Verfahrens vor dem Landessozialgericht in Stuttgart vereinbart worden sei, weil zunächst die Grundsatzfrage geklärt werden müsse, welchen krankenversicherungsrechtlichen Status er habe. Daher müsse das Vollstreckungsverfahren der Antragsgegnerin ausgesetzt werden. Seinen Antrag, das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ruhend zu stellen, hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 14. und 15.03.2017 (Bl 51, 53 Senatsakte) wiederholt. Mit Schriftsatz vom 15.03.2017 hat der Antragsteller außerdem die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt, jedoch das ihm vom Senat übersandte Formular zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht ausgefüllt zurückgereicht.
Der Antragsteller beantragt neben seinen wiederholten Anträgen, das Verfahren ruhend zu stellen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.12.2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin unter Aufhebung des Bescheids vom 04.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.07.2016 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm rückwirkend ab 01.01.2015 Familienkrankenhilfe über die Krankenversicherung der Beigeladenen zu gewähren und eine etwaige Vollstreckung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeitragsnachforderungen einzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie nimmt auf ihr bisheriges Vorbringen und die Ausführungen des SG Bezug. Mitnichten sei ein Ruhen des Verfahrens vereinbart worden. Ein (Widerspruchs-)Bescheid vom 30.05.2016 wie vom Antragsteller in seinem Antrag benannt, existiere nicht. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 27.07.2016 seien Rechtsmittel beim SG nicht eingelegt worden, weshalb der Bescheid bestandskräftig sei. Auch die Beitragsbescheide betreffend den Zeitraum 1.1.2015-24.09.2015 seien bestandskräftig geworden, da keine Widersprüche eingelegt worden seien.
Mit Beschluss vom 15.05.2017 hat der Senat Ablehnungsgesuche des Antragstellers gegen den Berichterstatter für unbegründet erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist statthaft (§ 172 Abs 1, Abs 3 Nr 1 SGG) und damit zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Antrag abgelehnt.
Ein vom Antragsteller genannter "Widerspruchsbescheid vom 30.05.2016" existiert nicht und ist daher nicht Gegenstand des Verfahrens.
Nach § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend richtet sich die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG. Dies verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung).
Vorliegend fehlt es bereits an der Eilbedürftigkeit, wobei der Senat offen lassen kann, ob die Bescheide der Antragsgegnerin eine zutreffende Rechtsmittelbelehrung enthalten haben und – wie vom SG angenommen – bestandskräftig sind. Für den Antrag auf die rückwirkende Durchführung einer Familienversicherung ab dem 01.01.2015 fehlt es, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, am Anordnungsgrund. In der Vergangenheit liegende Sachverhalte sind regelmäßig nicht geeignet, einen gegenwärtigen - die besondere Eilbedürftigkeit begründenden - wesentlichen Nachteil für den Antragsteller entstehen zu lassen (vgl Senatsbeschluss vom 06.12.2012, L 11 KR 4671/12 ER-B). Entsprechendes gilt auch für die Vermeidung einer Vollstreckung von für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 24.09.2015 durch die Antragsgegnerin nacherhobenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen. Der Antragsteller hat keine Vollstreckungsbemühungen der Antragsgegnerin glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin hat sogar ausdrücklich mitgeteilt, eine Vollstreckung finde nicht statt (Bl 56 SG-Akte). Auch insoweit besteht daher keine Eilbedürftigkeit. Die insgesamt fehlende Eilbedürftigkeit wird schließlich bestätigt durch die mehrfachen Anträge des als Assessor rechtskundigen Antragstellers, das Beschwerdeverfahren ruhend zu stellen.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war nach dem Vorstehenden wegen fehlender Erfolgsaussicht abzulehnen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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