L 11 R 4695/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 24 R 3226/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4695/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nach dem Tod der ausgleichsberechtigten Person hat die ausgleichsverpflichtete Person keinen Anspruch nach § 37 Abs. 2 VersAusglG auf ungekürzte Auszahlung der Rente, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht länger als 36 Monate bezogen hat. Eine Rente wird auch dann iSv § 37 Abs 2 VersAusglG bezogen, wenn sie (teilweise) für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum bewilligt und ausbezahlt wird.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.11.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Auszahlung ungekürzter Altersrente nach dem Tod seiner geschiedenen versorgungsausgleichsberechtigten Ehefrau.

Der am 16.02.1940 geborene Kläger schloss am 03.08.1962 mit der am 13.11.1939 geborenen und am 08.02.2016 verstorbenen W. M. (WM) die Ehe. Mit Urteil des Familiengerichts S. vom 06.03.1995 wurde die Ehe geschieden und der Versorgungsausgleich zugunsten von WM aus den Rentenanwartschaften des Klägers angeordnet. WM hatte eigene Rentenanwartschaften lediglich aufgrund von Kindererziehungszeiten erworben. Der Kläger wurde vom Amtsgericht B. verurteilt, ab 01.09.1995 Unterhalt an WM in Höhe von monatlich 901,00 DM zu zahlen.

Auf den Antrag des Klägers vom 23.11.1999 hin gewährte ihm die Landesversicherungsanstalt Württemberg als Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) mit Bescheid vom 04.02.2000 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab dem 01.03.2000 in Höhe von monatlich 2.824,73 DM. Auf Seite 2 des Rentenbescheides führte die Beklagte dazu aus, der Malus nach § 5 Versorgungsausgleichs-Härteregelungsgesetz (VAHRG) werde ab Rentenbeginn am 01.03.2000 rückgängig gemacht, da der geschiedene Ehegatte noch keine Rente erhalte und der Kläger zur Unterhaltszahlung verpflichtet sei. Sobald der geschiedene Ehegatte eine Rente beziehe oder gegen den Kläger keinen Unterhaltsanspruch mehr habe, werde die Rente unter Berücksichtigung des Malus neu festgestellt. Eventuell zu viel bezahlte Beiträge seien dann an die Beklagte zu erstatten.

Mit Schreiben vom 05.11.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, ein Rentenantrag der WM sei mittlerweile gestellt worden. Sofern er anerkannt werde, sei die Rente des Klägers voraussichtlich ab dem Rentenbeginn um den Versorgungsausgleich zu mindern und er müsse mit einer monatlichen Rentenminderung in Höhe von 510,34 EUR rechnen. Darüber werde er noch einen gesonderten Bescheid erhalten.

Die Regelaltersrente der WM wurde auf den Antrag vom 15.10.2014 aufgrund eines Leistungsfalles vom 12.11.2004 mit Bescheid vom 25.11.2014 anerkannt und rückwirkend ab dem 01.01.2010 geleistet. Bei der Verschlüsselung des Versorgungsausgleichs war der Beklagten hinsichtlich der Rentenansprüche der geschiedenen Ehefrau ein Fehler unterlaufen, aufgrund dessen die Wartezeit für die Rente fälschlich als nicht erfüllt angezeigt wurde, sodass die Beklagte die WM auch nicht auf die Möglichkeit, Rente zu beantragen, hingewiesen hatte. WM stand offenbar zumindest bereits seit 2011 unter gesetzlicher Betreuung.

Mit Rentenbescheid vom 02.12.2014 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente ab dem 01.12.2014 unter Berücksichtigung des Versorgungsausgleiches nur noch in Höhe von monatlich 897,79 EUR. Mit Bescheid vom 30.03.2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Bescheid vom 04.02.2000 ab dem 01.10.2010 aufgehoben werde und der überzahlte Betrag für die Zeit vom 01.01.2010 bis zum 30.11.2014 in Höhe von 34.441,80 EUR zu erstatten sei. Die Rente betrage ab dem 01.12.2014 nur noch 1.003,68 EUR brutto und 900,80 EUR netto. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei WM sei nun ab dem 01.01.2010 ein Rentenanspruch anerkannt worden, sodass die Rente des Klägers ab diesem Zeitpunkt unter Berücksichtigung des Versorgungsausgleiches neu berechnet worden sei. Gegen die Bescheide vom 02.12.2014 und vom 30.03.2015 legte der Kläger mit Schreiben vom 10.04.2015 Widerspruch ein. Mit Abhilfebescheid vom 15.07.2015 half die Beklagte dem Widerspruch ab und verzichtete auf die Rückforderung. Der Kläger wiederum akzeptierte die Kürzung der Rente ab dem 01.12.2014.

Mit Schreiben vom 17.02.2016 wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers erneut an die Beklagte und teilte mit, dass WM am 08.02.2016 verstorben sei. Er beantrage daher, nach §§ 37, 38 Gesetz über den Versorgungsausgleich (VersAusglG) die Anpassung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Ehefrau durchzuführen und die Rente ab dem 01.03.2016 ungekürzt auszuzahlen.

Mit Bescheid vom 01.03.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie dem Antrag auf Aussetzung der Kürzung der Rente nicht entsprechen könne. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die beantragte Anpassung nur möglich sei, wenn die ausgleichsberechtigte Person verstorben sei und nicht länger als 36 Monate Rente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen habe. WM habe aber länger als 36 Monate Rente bezogen.

Mit Schreiben vom 10.03.2016 legte der Kläger gegen diese Entscheidung Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, der ausgleichsberechtigten Person sei keinesfalls länger als 36 Monate Rente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht Rente gewährt worden. Der Rentenantrag sei von WM erst im Oktober oder November 2014 gestellt worden. Erst ab diesem Zeitpunkt sei eine laufende Rente gewährt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.05.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, WM habe in der Zeit vom 01.01.2010 bis zum 29.02.2016 Rente bezogen, also insgesamt 74 Monate. Die Voraussetzungen des § 37 Abs 2 VersAusglG seien damit nicht erfüllt. Zwar seien Versichertenrenten grundsätzlich erst mit Rentenantrag zu zahlen, vorliegend handle es sich jedoch um einen Sonderfall. Denn nach § 115 Abs 6 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sollten Rentenberechtigte in geeigneten Fällen auf den Rentenanspruch hingewiesen werden, was bei Unterlassen - wie hier - einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bewirken könne. Dann sei die Rente von dem Zeitpunkt an zu zahlen, der sich bei rechtzeitiger Antragstellung ergeben hätte. Für die rückwirkende Zahlungserbringung bestehe entsprechend § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eine Ausschlussfrist von vier Jahren, sodass die Rente der geschiedenen Ehefrau ab dem 01.01.2010 bewilligt worden sei.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Er hat zur Begründung auf seine Widerspruchsbegründung verwiesen und ergänzend vorgetragen, WM habe, vertreten durch ihren Betreuer, darauf verzichtet, einen Rentenantrag zu stellen. Dies habe Auswirkungen auf den vom Kläger fortlaufend aufgrund eines zwischen den ehemaligen Eheleuten geschlossenen Vergleiches vom 05.03.2000 an WM gezahlten Unterhaltes gehabt. Eine Doppelbelastung des Klägers durch Unterhaltzahlungen und eine Rentennachzahlung an die geschiedene Ehefrau sei nicht zulässig. WM habe nicht vom 01.01.2010 bis zum 29.02.2016 Rente bezogen, sondern es sei eine Rentennachzahlung an das Kreissozialamt vorgenommen worden. In § 37 Abs 2 VersAusglG sei jedoch der regelmäßige monatliche Bezug gemeint, und nicht ein Rentenbezug für zurückliegende Zeit, sodass der vorliegende Fall durch die Vorschrift nicht erfasst werde. Wenn der Ausgleichsberechtigte erst verspätet einen Rentenantrag stelle und bis dahin unverändert Unterhaltszahlungen entgegen nehme, verlange das vom Gesetzgeber angedachte System, wonach Unterhalt und Anwartschaften in einem synallagmatischen Verhältnis stünden, eine andere Regelung. Es werde auch bestritten, dass eine Hinweispflicht des Rentenversicherungsträgers verletzt worden sei. Wenn der Betreuer rechtsfehlerhaft keinen Rentenantrag gestellt habe, könne dies nicht zu Lasten des Klägers gehen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Mit Gerichtsbescheid vom 24.11.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Er habe keinen Anspruch auf ungekürzte Auszahlung seiner Altersrente ab dem 01.03.2016. Die Voraussetzungen des § 37 Abs 2 VersAusglG für die Anpassung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person seien nicht erfüllt. Denn WM habe die Rente aus ihrem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht insgesamt vom 01.01.2010 bis zum 29.02.2016 (74 Monate) bezogen, mithin deutlich länger als die in § 37 Abs 2 VersAusglG vorgesehenen 36 Monate. § 37 Abs 2 VersAusglG stelle ausschließlich darauf ab, ob eine Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht durch den Ausgleichsberechtigten nicht länger als 36 Monate bezogen worden sei. Entscheidend für die Anpassung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person sei allein die Zeit des Versorgungsbezugs. Dabei komme es nur darauf an, ob die ausgleichsberechtigte Person Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht "bezogen" habe. Ein Bezug der Rente liegt ebenso in einer laufenden monatlichen wie in einer teilweise rückwirkenden Bewilligung der Rente. Durch das Abstellen auf den Versorgungsbezug des Ausgleichsberechtigten in § 37 Abs 2 VersAusglG solle (lediglich) klargestellt werden, dass bei der Bestimmung des anpassungsunschädlichen Dreijahreszeitraums eines Versorgungsbezugs Zahlungen an Hinterbliebene des Ausgleichsberechtigten aus dem im Versorgungsaugleich erworbenen Anrecht außer Betracht bleiben. Für die Rechtsauffassung des Klägers, die Vorschrift gehe nur von einem laufenden, monatlichen Bezug der Rente durch den Ausgleichsberechtigten über 36 Monate aus und treffe auf eine rückwirkende Rentengewährung nicht zu, ergebe sich kein Anhaltspunkt im Gesetz. Sinn und Zweck der hinter der Begrenzung beim sog. Rückausgleich des Versorgungsausgleichs stehenden Regelung werde auch im vorliegenden Fall, in dem die Rente teilweise rückwirkend bewilligt und an WM nachgezahlt wurde, erfüllt. Eine nachträgliche Anpassung sei nur dann gerechtfertigt, wenn der Ausgleichsberechtigte noch keine oder nur geringe Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen habe. Ansonsten bleibt es nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Durchführung des Versorgungsausgleiches zu Lasten des ausgleichspflichtigen Ehepartners. Soweit der Kläger auf die von ihm geleisteten laufenden Unterhaltszahlungen hinweise und meine, im Interesse eines synallagmatischen Verhältnisses von Unterhalt und Versorgungsausgleich sei eine anderweitige Regelung nötig, sei er für eine etwaige Rückabwicklung zu viel gezahlten Unterhalts auf das dortige familienrechtliche Verhältnis zu verweisen. Gegenüber der Beklagten könne er diese Zahlungen nicht einwenden.

Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 29.11.2016 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 19.12.2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen voll umfänglich aufrechterhalten. Das SG habe die Vorschrift des § 37 Abs 2 Versorgungsausgleichsgesetz falsch ausgelegt und die erhobenen Einwendungen gegen die Anwendung des § 115 Abs 6 SGB VI nicht berücksichtigt. Die Vorschrift gebe dem Anspruchsberechtigten die Möglichkeit, im Falle einer Pflichtverletzung seitens der Beklagten auch rückwirkend noch Ansprüche geltend zu machen. In diesem Fall wirke sich das jedoch in unzulässiger Weise zu Lasten des Klägers aus. Es werde in das Unterhaltsrechtsverhältnis der geschiedenen Eheleute eingegriffen, welches sich dadurch verfestigt habe, dass die geschiedenen Eheleute im Vergleich vom 05.03.2013 von unveränderten Einkommensverhältnissen ausgegangen seien und einen wechselseitigen Verzicht auf eine Abänderung dieses Vergleichs vereinbart hätten. Die geschiedene Ehefrau habe einseitig in dieses Rechtsverhältnis eingegriffen, indem sie nachträglich einen Rentenantrag gestellt habe, obgleich dieser schon seit Jahren hätte gestellt werden können. Der Sinn und Zweck des § 37 Abs 2 Versorgungsausgleichsgesetz sei auf einen laufenden Rentenbezug vor dem Tod abzustellen; eine nachträglich gewährte Rentenzahlung, die darauf beruhe, dass die Beklagte eventuell eine Obliegenheitspflichtverletzung nach § 115 Abs 6 SGB VI begangen habe, könne sich daher nicht zu Lasten des Ausgleichsverpflichteten auswirken.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.11.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 01.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Altersrente mit Wirkung ab dem 01.03.2016 nicht mehr zu kürzen und ihm die ungekürzte Versicherungsrente auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug.

In einem Erörterungstermin am 16.03.2016 hat der Berichterstatter den Sachverhalt mit den Beteiligten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht eingehend erörtert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen. Die beigezogene Verwaltungsakte ist nach Übersendung an den Bevollmächtigten des Klägers zur Einsicht nach dessen Angaben zwar an den Senat zurückgesandt worden, beim Gericht aber nicht wieder eingegangen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 01.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.05.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Auszahlung der ungekürzten Altersrenten ab dem 01.03.2016.

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf ungekürzte Auszahlung seiner Altersrente richtet sich, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, nach § 37 VersAusglG in der ab 01.09.2009 geltenden Fassung. § 37 Abs 1 S. 1 VersAusglG bestimmt, dass bei Tod der ausgleichsberechtigten Person auf Antrag ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person nicht länger aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt wird. § 37 Abs 2 VersAusglG schränkt diese Regelung jedoch dahingehend ein, dass die Anpassung - der sog. "Rückausgleich" - nur stattfindet, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen hat.

Die Voraussetzungen des § 37 Abs 2 VersAusglG für die Anpassung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Denn WM hat die Rente aus ihrem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht insgesamt vom 01.01.2010 bis zum 29.02.2016 und damit 74 Monate - also deutlich länger als die in § 37 Abs 2 VersAusglG vorgesehenen 36 Monate – "bezogen". Die Rente der geschiedenen Ehefrau wurde aufgrund des Bescheides vom 25.11.2014 ab dem 01.01.2010 gemäß § 99 Abs 1 SGB VI in Verbindung mit einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch aufgrund eines Verstoßes der Beklagten gegen § 115 Abs 6 SGB VI bis zum 29.02.2016, dem Sterbemonat (§ 102 Abs 5 SGB VI), geleistet.

§ 37 Abs 2 VersAusglG stellt darauf ab, ob eine Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht durch den Ausgleichsberechtigten nicht länger als 36 Monate "bezogen" worden ist. Durch das Abstellen auf den Versorgungsbezug des Ausgleichsberechtigten in § 37 Abs 2 VersAusglG soll (lediglich) klargestellt werden, dass bei der Bestimmung des anpassungsunschädlichen Dreijahreszeitraums eines Versorgungsbezugs Zahlungen an Hinterbliebene des Ausgleichsberechtigten aus dem im Versorgungsaugleich erworbenen Anrecht außer Betracht bleiben (vgl BSG 11.02.2015, B 13 R 9/14 R, SozR 4-5796 § 37 Nr 2 Rn 22 f).

Ein "Bezug" der Rente liegt ebenso in einer laufenden monatlichen wie in einer teilweise rückwirkenden Bewilligung der Rente.

§ 37 Abs 2 VersAusglG fasst die früher in § 4 Abs 1 und 2 VAHRG enthaltenen Bestimmungen zusammen, die einen anderen Wortlaut - "gewähren" und "erhalten" statt "beziehen" - verwendet haben. Dies hat letztlich auf die Frage abgezielt, ob ein Anspruch bestanden hat bzw ob eine Leistung erbracht wurde (vgl die Gesetzesbegründung BT-Drs 9/2296, 14, die auf die ausgezahlten Rentenleistungen abstellt; ebenso BSG 08.04.1987, 5a RKn 6/86, SozR 1300 § 48 Nr 36; zum Begriff des "Gewährens" BSG 29.8.1968, 4 RJ 299/66, BSGE 28, 214, SozR Nr 10 zu § 1244a RVO = juris Rn 9; zum Begriff des "Erhaltens BSG 16.2.1984, 1 RA 35/83, SozR 2200 § 1241f Nr 2, juris Rn 16). Hieran wollte der Gesetzgeber durch Wortlaut "beziehen" in § 37 Abs 2 Vers-AusglG nichts ändern (BT-Drs 16/10144, 76). Nach der Rspr des BSG war unter Gewährung jedenfalls im Zusammenhang mit § 4 Abs 2 VAHRG nicht das bloße Bestehen eines Leistungsanspruchs, sondern die tatsächliche Erbringung einer Leistung zu verstehen (BSG 14.02.1990, 1 RA 111/88, BSGE 66, 192 Rn 24). Eine Leistung wird auch dann tatsächlich erbracht, wenn sie für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt bewilligt und ausbezahlt wird.

Für die entgegenstehende Rechtsauffassung des Klägers, die Vorschrift gehe nur von einem laufenden, monatlichen Bezug der Rente durch den Ausgleichsberechtigten über 36 Monate aus und treffe auf eine rückwirkende Rentengewährung nicht zu, ergibt sich kein Anhaltspunkt im Gesetz. Sie ist nach der dargelegten BSG-Rechtsprechung, der der Senat folgt, nicht zutreffend.

Sinn und Zweck der hinter der Begrenzung beim sog Rückausgleich des Versorgungsausgleichs stehenden Regelung werden auch im vorliegenden Fall, in dem die Rente teilweise rückwirkend bewilligt und an die geschiedene Ehefrau nachgezahlt wurde, erfüllt, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Denn eine nachträgliche Anpassung ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Ausgleichsberechtigte noch keine oder nur geringe Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen hat (vgl BT-Drs. 16/10144, 75). Ansonsten bleibt es nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Durchführung des Versorgungsausgleiches zu Lasten des ausgleichspflichtigen Ehepartners. § 37 Abs 2 VersAusglG verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (BSG 11.02.2015, B 13 R 9/14 R, SozR 4-5796 § 37 Nr 2 unter Hinweis auf BVerfG 05.07.1989, 1 BVR 1/87 ua; LSG Berlin Brandenburg 29.09.2016, L 3 R 916/15).

Soweit der Kläger auf die von ihm geleisteten laufenden Unterhaltszahlungen hinweist und meint, im Interesse eines synallagmatischen Verhältnisses von Unterhalt und Versorgungsausgleich sei eine anderweitige Regelung nötig, kann er dies gegenüber der Beklagten nicht einwenden. Sein Vortrag, er sei durch die Vorgehensweise der Beklagten doppelt in Anspruch genommen worden, trifft nicht zu. Aufgrund des fehlenden Hinweises der Beklagten auf die Rentenantragstellung und die unterlassene Antragstellung seiner geschiedenen Ehefrau hat der Kläger über eine längere Zeit seine Altersrente ohne Berücksichtigung des Versorgungsausgleiches ungekürzt bezogen und wurde gerade nicht doppelt in Anspruch genommen. Seine Rente ist nur für die Zukunft - nach Mitteilung der Beklagten über die Rentenantragstellung der geschiedenen Ehefrau - gekürzt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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