Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 2440/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2241/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 06.05.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 1980 geborene, aus der T. stammende Klägerin siedelte mit ihren Eltern im Jahr 1989 in die Bundesrepublik Deutschland über. Nach Abschluss der Hauptschule absolvierte sie ab September 1998 eine Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin, die sie am 26.07.2001 abschloss. Nachfolgend legte die Klägerin Pflichtbeitragszeiten vom 19.10.2001 bis 15.07.2002 und vom 01.11.2002 bis 31.07.2003 (versicherungspflichtige Beschäftigung) zurück. Auf den Versicherungsverlauf vom 08.08.2013 (Bl. 8 SG-Akte) wird Bezug genommen.
Am 07.06.2004 sprang die Klägerin aus dem Fenster der im 1. Stockwerk gelegenen elterlichen Wohnung und zog sich dabei Frakturen im Bereich des zwölften Wirbelkörpers zu. Nach operativer Versorgung wurde die Klägerin in die Klinik für allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum am W. in W. verlegt, wo sie vom 22.06. bis 02.09.2004 stationär behandelt wurde. Vor dem Hintergrund ihrer anamnestischen Angaben, wonach ihr im Traum befohlen worden sei, sich zu suizidieren, damit ihre Schwester am Leben bleiben könne, gingen die behandelnden Ärzte diagnostisch von einer paranoiden Schizophrenie und einer akuten schizophrenieformen psychotischen Störung aus (vgl. Entlassungsbericht vom 02.09.2004, Bl. m11, medizinischer Teil der VerwA). Im Oktober 2004 war die Klägerin wegen eines Angst- bzw. Unruhezustandes für zwei Tage wiederum im Klinikum am W. stationär aufgenommen, wobei es zu einer raschen Besserung kam. Nachfolgend befand sich die Klägerin in ambulanter Behandlung des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Ernst. Im Februar 2011 begann die Klägerin eine Psychotherapie bei dem Dipl.-Psych. S ... Eine erneute stationäre Behandlung im Klinikum am W. erfolgte vom 09.02. bis 08.03.2012, als nach Änderung der Medikation erneut Symptome einer Schizophrenie aufgetreten waren (vgl. Entlassungsbericht vom 09.03.2012, Bl. m11, medizinischer Teil der VerwA). Eine versicherungspflichtige Beschäftigung übte die Klägerin nicht mehr aus.
Am 20.01.2012 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, worauf die Beklagte das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. veranlasste, der die Klägerin im August 2012 untersuchte und sie auf Grund der diagnostizierten paranoiden Schizophrenie lediglich noch für weniger als drei Stunden täglich leistungsfähig erachtete. Diese Leistungsminderung liege jedenfalls seit Februar 2012 vor, wahrscheinlich auch schon davor.
Mit Bescheid vom 24.09.2012 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, sie sei seit 18.07.2011 voll erwerbsgemindert, jedoch lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rente nicht vor, da sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Leistungsminderung nicht wenigstens 36 Monate mit Pflichtbeiträgen zurück gelegt habe. Soweit eine Mindestzahl von Pflichtbeiträgen nicht erforderlich sei, wenn die Erwerbsminderung durch einen Arbeitsunfall oder innerhalb von sechs Jahren nach einer Ausbildung eingetreten ist, sei dies bei ihr nicht der Fall. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, bereits im Juni 2004 voll erwerbsgemindert gewesen zu sein. Nach Beiziehung weiterer medizinischer Unterlagen, insbesondere von Arztbriefen des behandelnden Neurologen und Psychiaters E. und dem Arztbrief von dessen Praxisvorgänger, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. , vom 01.06.2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2013 und der weiteren Begründung zurück, sehr wahrscheinlich sei der Leistungsfall am 21.04.2009, spätestens jedoch am 01.06.2010 eingetreten. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente lägen jedoch auch zu diesen Zeitpunkten nicht vor.
Mit ihrer am 23.07.2013 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren zunächst mit der Begründung weiter verfolgt, der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung sei bereits im Juni 2004 eingetreten. Ihre Erkrankung sei wohl ehebedingt. Sie habe im Jahr 2001 geheiratet, wobei es in der Hochzeitsnacht zu einem traumatischen Ereignis gekommen sei, weil ihr Ehemann ihr vorgeworfen habe, keine Jungfrau mehr gewesen zu sein. Dies habe zu einer schweren Ehekrise und nachfolgend im Juni 2004 zu dem Selbstmordversuch geführt. Im Verlauf des Verfahrens ist auch die Beklagte vom Eintritt des Versicherungsfalls im Juni 2004 ausgegangen, allerdings hat sie weiterhin die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die begehrte Rente verneint, weil die Klägerin die Wartezeit von fünf Jahren (vgl. § 51 Abs. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) nicht erfüllt habe und die Wartezeit auch nicht gemäß § 53 Abs. 2 SGB VI vorzeitig erfüllt sei, weil die Klägerin in den letzten zwei Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht wenigstens zwölf Monate mit Pflichtbeiträgen zurückgelegt habe (Zeitraum 22.06.2002 bis 21.06.2004, elf Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen). Die Klägerin hat nunmehr geltend gemacht, der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung sei nicht erst zum Zeitpunkt des Beginns der stationären Behandlung am 22.06.2004, sondern bereits im April 2004 eingetreten. Es sei davon auszugehen, dass die paranoide Schizophrenie mindestens im April 2004 eingetreten sei. Bereits am 28.04. sowie am 26.05.2004 sei sie bei Dr. J. vorstellig geworden. Ausgehend hiervon sei die Wartezeit vorzeitig erfüllt (13 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen im Zeitraum von April 2002 bis April 2004).
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Der Neurologe und Psychiater E. hat von Behandlungen der Klägerin seit Juli 2006 sowie Einträgen in der Krankenakte durch den Praxisvorgänger Dr. J. am 18.04, 26.05. und 11.06.2004 berichtet. Das Leistungsvermögens der Klägerin liege seit Behandlungsbeginn unter drei Stunden täglich. Eine verlässliche Aussage für den Zeitraum davor sei nicht möglich. Der Leitende Oberarzt im Klinikum am W. und Facharzt für Psychiatrie Dr. W. hat über die stationären Behandlungen von Juni bis September 2004, im Februar/März 2012 und einer weiteren von September bis November 2012 berichtet und ist von einer deutlichen Minderung der Leistungsfähigkeit seit mindestens Juni 2004 ausgegangen. Nach Vorlage eines Auszugs aus der Patientendatei des behandelnden Internisten Dr. M. (beginnend ab 01.01.2004) hat das SG diesen ergänzend schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört, der entsprechend der dokumentierten Vorstellungen für die ersten drei Quartale 2004 über mehrmalige Kontakte je Quartal berichtet und u.a. Arztbriefe des Facharztes für Nervenheilkunde Lauer über Vorstellungen ab November 2004 vorgelegt hat.
Die Beklagte hat unter Vorlage sozialmedizinischer Stellungnahmen der Fachärztin für Psychosomatische Medizin Dr. D. die Auffassung vertreten, dass der Eintritt des Versicherungsfalls bereits vor Juni 2004 nicht festzustellen sei.
Mit Urteil vom 06.05.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls im Juni 2004 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Erwerbsminderungsrente nicht erfüllt. Sie habe weder in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre mit Pflichtbeiträgen zurückgelegt noch die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt. Auch sei die Wartezeit nicht vorzeitig erfüllt, da sie in den letzten zwei Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht wenigstens ein Jahr mit Pflichtbeiträgen zurückgelegt habe. Nicht ersichtlich sei, dass die Klägerin bereits vor Juni 2004 an einer paranoiden Schizophrenie erkrankt gewesen sei. Soweit sie im April 2004 bei Dr. J. in fachpsychiatrischer Behandlung gewesen sei, habe dieser nach der Verlaufskontrolle im Mai 2004 gerade keine paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Zwar sei denkbar, dass die Klägerin auf Grund dieser Erkrankung bereits vor Juni 2004 erwerbsgemindert war, hingegen sei dies nicht belegt. So habe die Klägerin gegenüber Dr. J. gerade nicht über Wahnvorstellungen berichtet und dieser habe deshalb auch lediglich ein Johanneskrautpräparat verschieben und die Behandlung eingestellt. Auch Dr. M. habe eine Leistungsminderung vor Juni 2004 nicht bestätigt.
Am 27.05.2015 hat die Klägerin dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und ihr Begehren mit der Begründung weiter verfolgt, die paranoide Schizophrenie müsse mindestens seit Februar 2004 bestanden haben. Insoweit hat sie sich auf das an ihren Bevollmächtigten gerichtete Schreiben des Dr. J. vom 01.07.2015 bezogen, wonach die psychische Störung auf Grund der in seinem Arztbrief vom 01.06.2004 beschriebenen Befunde, die am 28.04.2004 erhoben worden seien, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seit Februar 2004 bestanden haben müsse. Nachfolgend hat sie das weitere, an ihren Bevollmächtigten gerichtete Schreiben vom 22.05.2016 vorgelegt, wonach die psychische Erkrankung mit paranoider Schizophrenie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Auswirkungen auf ihr Leistungsvermögen gehabt habe. Ebenso sei wahrscheinlich, dass dieses seit Februar 2004 gemindert gewesen sei. Ob ein Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden täglich vorgelegen habe, könne aus der fehlenden Erinnerung an die Klägerin nicht bestätigt werden. Es sei jedoch naheliegend, mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass das Leistungsvermögen bereits seit Beginn der Krankheit, also seit Februar 2004 vollständig gemindert gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 06.05.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.07.2013 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und hat die weiteren sozialmedizinischen Stellungnahmen der Dr. D. vom 11.09.2015, 08.02.2016 und 03.03.2017 vorgelegt.
Der Senat hat Dr. M. im Hinblick auf die in seiner Patientendatei bis 13.04.2004 dokumentierten Vorstellungen ergänzend schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört (stationäre Behandlung im Krankenhaus Eppingen vom 15. bis 19.01.2004, mehrere Gespräche über Zusammenhang zwischen körperlichen Beschwerden und psychischer Verfassung, medikamentöse Behandlung u.a. mit Fluspi, einem niederpotenten Neuroleptikum unter der Annahme einer Depression) sowie darüber hinaus den Facharzt für Allgemeinmedizin I. , der über eine Vorstellung der Klägerin am 10.03.2004 (psychische Instabilität mit Leistungsknick und Stresssyndrom, Verordnung von Aponal) berichtet hat.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat das Gutachten nach Aktenlage des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. B. eingeholt. Der Sachverständige ist davon ausgegangen, dass die Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits vor dem 01.06.2004 nicht in der Lage gewesen sei, einer Erwerbstätigkeit zumindest sechs Stunden täglich nachzugehen. Schon seinerzeit hätten erhebliche psychopathologische Auffälligkeiten bestanden, die ihre Leistungskapazität massiv eingeschränkt hätten. Es hätten Prodromalzeichen psychopathologischer Art bestanden, die als Ausdruck einer sich anbahnenden schizophrenen Erkrankung zu interpretieren seien, wobei die damaligen Krankheitssymptome zunächst unspezifischer Art gewesen seien.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtzüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt und gemäß den § 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 24.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht die begehrte Rente wegen Erwerbsminderung mangels Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht zu.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser (Abs. 1 Satz 1 der Regelung) bzw. voller (Abs. 2 Satz 1 der Regelung) Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Hiervon ist die Beklagte und ihr folgend das SG zutreffend ausgegangen. Zwar ist die Klägerin im Sinne der oben genannten Regelungen nach Überzeugung des Senats seit 07.06.2004 voll erwerbsgemindert und sie entrichtete in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfall, d.h. vom 07.06.1999 bis 06.06.2004, mit insgesamt 45 Kalendermonaten mehr als 36 Monate Pflichtbeiträge, jedoch erfüllt sie nicht die allgemeine Wartezeit für die beanspruchte Rente. Denn gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI ist Voraussetzung für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit die Erfüllung einer allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren, wobei hierauf Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet werden (vgl. § 51 Abs. 1 SGB VI). Entsprechende Beitragszeiten legte die Klägerin jedoch nicht in einem Umfang von 60 Monaten, sondern lediglich im Umfang von insgesamt 54 Kalendermonaten (Pflichtbeiträge wegen der Berufsausbildung von 9/98 bis 7/01 = 35 Monate, wegen Arbeitslosigkeit vom 10/01 bis 7/02 = 10 Monate und wegen Beschäftigung von 11/02 bis 7/03 = 9 Monate) zurück. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit.
Gemäß § 53 Abs. 2 SGB VI ist die allgemeine Wartezeit zwar vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden sind, wie dies bei der Klägerin, die ihre Ausbildung im Juli 2001 abschloss, der Fall ist. Allerdings ist weiter notwendig, dass diese Versicherten in den letzten zwei Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin wiederum nicht. Denn im Zeitraum vom 07.06.2002 bis 06.06.2004 legte sie lediglich 11 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten zurück und damit nicht die erforderlichen 12 Monate. Damit ist die Wartezeit auch nicht vorzeitig erfüllt, weshalb die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung der begehrten Erwerbsminderungsrente mangels Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen im Ergebnis zu Recht ablehnte.
Soweit die Klägerin geltend macht, die Wartezeit sei vorzeitig erfüllt, weil der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung bereits im April 2004 - so ihr Vorbringen im Klageverfahren - bzw. entsprechend ihres Vortrags im Berufungsverfahren sogar schon im Februar 2004 eingetreten sei, folgt der Senat dem nicht. Denn es ist nicht festzustellen, dass die Klägerin bereits vor Juni 2004 an einer schweren psychischen Erkrankung litt, durch die ihr berufliches Leistungsvermögen dauerhaft auf ein rentenberechtigendes Ausmaß herabgesunken war. Zwar schließt auch der Senat nicht aus, dass sich die aufgetretene akute schizophrenieforme psychotische Störung, die in den Suizidversuch am 07.06.2004 mündete, und die dann diagnostizierte paranoide Schizophrenie bereits in den Monaten vor der stationären Behandlung im Klinikum am W. andeuteten. Allerdings vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass bei der Klägerin bereits im April 2004 oder sogar schon im Februar 2004 ein psychopathologischer Zustand in einem Schweregrad bestand, der auf Grund der hieraus resultierenden funktionellen Beeinträchtigungen der Ausübung selbst leichter beruflicher Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen im Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich auf Dauer entgegen stand. Entsprechendes lässt sich insbesondere nicht dem Arztbrief des Dr. J. vom 01.06.2004 entnehmen, in dem er über die Vorstellungen der Klägerin am 18.04.2004 und 26.05.2004 berichtete. Zutreffend hat Dr. D. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte vom 10.02.2014 insoweit darauf hingewiesen, dass Dr. J. zu diesem Zeitpunkt lediglich den Verdacht auf eine Angststörung und Depression, gemischt, äußerte, nicht einmal die Notwendigkeit für eine spezifische psychopharmakologische Medikation und weitere therapeutische Maßnahmen sah. Er verordnete stattdessen lediglich ein Johanniskrautpräparat (Laif 900), das die Klägerin nach zweimaliger Einnahme wieder absetzte. Darüber hinaus berichtete die Klägerin bei dem Kontrolltermin am 26.05.2004, dass es ihr besser gehe und eine weitere Behandlung nicht notwendig sei. Dies macht deutlich, dass eine schwerwiegende und überdauernde psychische Beeinträchtigung jedenfalls für den 26.05.2004, mithin für den Zeitpunkt der letzten ärztlichen Konsultation vor Juni 2004, d.h. für einen Zeitpunkt, zu dem die Klägerin die Wartezeit noch vorzeitig erfüllt hätte, nicht vorlag.
Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus dem von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Schreiben des Dr. J. vom 01.07.2015 an ihren Bevollmächtigten entnehmen, wonach die später diagnostizierte psychische Störung bereits seit Februar 2004 bestanden haben müsse, weil die Klägerin anlässlich der Vorstellungen am 27.04. und 26.05.2004 über bereits seit zwei Monaten bestehende erhebliche Beschwerden geklagt und er in seinem Arztbrief vom 01.06.2004 eine fortgeschrittene psychische Störung dokumentiert habe. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Vorliegen einer psychischen Störung nicht ohne weiteres die Annahme rechtfertigt, dass diese Störung gleichzeitig auch eine rentenbegründende Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit bedingt. Maßgeblich ist vielmehr, ob aus der entsprechenden psychischen Störung so weitreichende funktionelle Einschränkungen resultieren, dass eine berufliche Tätigkeit in einem Umfang von zumindest sechs Stunden täglich auf Dauer nicht mehr zumutbar erscheint. Solche schwergradigen und insbesondere auch zeitlich überdauernde Beeinträchtigungen lassen sich aus den Ausführungen des Dr. J. in seinem Schreiben an Dr. M. vom 01.06.2004 aber nicht herleiten. Zwar dokumentierte Dr. J. für die Erstvorstellung eine deutlich depressiv gefärbte Stimmungslage, einen deutlich reduzierten Antrieb, einen verlangsamten Denkvorgang, eine reduzierte affektive Schwingungsfähigkeit und beschrieb die Klägerin als abgeflacht wirkend, emotional wenig belastbar und ratlos. Wenn sich auch dies - so zutreffend Dr. D. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 11.08.2015 - nicht ohne weiteres mit der dann dokumentierten Verdachtsdiagnose einer Angststörung und Depression, gemischt, mithin einem eher leichtgradigen Störungsbild vereinbaren lässt, so lässt dieser für den 27.04.2004 dokumentierte Befund nicht die Schlussfolgerung zu, es liege nunmehr eine dauerhafte rentenbegründende Leistungsminderung vor. Denn schließlich berichtete die Klägerin anlässlich des Kontrolltermins rund einen Monat später, dass es ihr besser gehe und sie keine Notwendigkeit mehr für eine weitere Behandlung sehe. Hierzu passend dokumentierte Dr. J. für diesen Zeitpunkt auch keinen psychopathologischen Befund und er entließ die Klägerin statt dessen mit dem Angebot, dass sie sich, falls sie therapeutische Hilfe benötige, jederzeit wieder vorstellen könne.
Soweit Dr. J. ausweislich seiner Ausführungen an den Bevollmächtigten der Klägerin vom 01.07.2015 nach Auswertung des Entlassungsberichtes des Klinikums am W. vom 02.09.2004 und ohne sich - so seine Angaben - nach elf Jahren noch an die Klägerin zu erinnern, seine früher gestellte Verdachtsdiagnose nachträglich für unzutreffend erachtet hat, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Denn selbst wenn der bei dem zum Untersuchungszeitpunkt im April 2004 dokumentierte Befund bereits Symptome der sich später manifestierenden paranoiden Schizophrenie zeigte, so rechtfertigt dies nicht den Schluss, dass schon zu diesem oder sogar bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine rentenbegründende Leistungsminderung vorlag. Denn weder aus der in Rede stehenden Erkrankung selbst noch aus einer sich ggf. bereits zeigenden Vorstufe der Erkrankung lässt sich ein auf Dauer rentenrelevant eingeschränktes Leistungsvermögen herleiten. Maßgeblich sind - wie ausgeführt - vielmehr die aus der entsprechenden Erkrankung bzw. Störung resultierenden funktionellen Einschränkungen. Auf schwerwiegende funktionelle Einschränkungen weisen die Ausführungen des Dr. J. für den Vorstellungszeitpunkt 26.05.2004 aber gerade nicht hin. Aus der von Dr. J. vertretenen Auffassung, dass bei der Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits seit Februar 2004 eine psychische Störung vorlag, lässt sich daher nicht folgern, dass hieraus gleichzeitig auch eine auf Dauer bestehende rentenrelevante Leistungsminderung resultierte. Der Senat vermag sich insbesondere nicht davon zu überzeugen, dass Dr. J. anlässlich seiner Untersuchungen im April und Mai 2004 bei der Klägerin bereits vorhanden gewesene schwergradige funktionelle Beeinträchtigungen übersehen haben könnte und ihr deshalb insbesondere anlässlich des Kontrolltermins am 26.05.2004 lediglich eine Wiedervorstellung bei Bedarf anbot.
Soweit Dr. J. in seinem weiteren, an den Bevollmächtigten der Klägerin gerichteten Schreiben vom 22.05.2016 ergänzend ausgeführt hat, dass es aus seiner Sicht naheliegend sei, dass das Leistungsvermögen der Klägerin seit Beginn der Krankheit ab Februar 2004 mit hoher Wahrscheinlichkeit vollständig gemindert gewesen sei, geht dies angesichts der im Zeitraum seit Februar 2004 vorliegenden Befundsituation über eine Spekulation nicht hinaus. Denn Befunde, die durchgehend auf eine schwere psychische Erkrankung hinweisen würden, liegen gerade nicht vor, sondern - worauf auch der Sachverständige Prof. Dr. B. hingewiesen hat - lediglich unspezifische Krankheitserscheinungen. Solche sind in den medizinischen Unterlagen aber vor Juni 2004 gerade nicht in einer schweren Ausprägung und insbesondere auch nicht durchgehend - wie aus dem Arztbrief des Dr. J. vom 01.06.2004 deutlich wird - dokumentiert.
Nichts anderes lässt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B. herleiten. Soweit der Sachverständige ausgeführt hat, dass bei der Klägerin bereits vor dem 01.06.2004 Prodromalzeichen psychopathologischer Art bestanden haben, die im Nachhinein betrachtet als Ausdruck einer sich angebahnten schizophrenen Erkrankung zu interpretieren seien, lässt sich hieraus nicht überzeugend herleiten, dass bereits vor Juni 2004 eine so schwerwiegende Symptomatik vorlag, dass diese auf Dauer der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit entgegen stand. Wie bereits ausgeführt, ist der Sachverständige selbst davon ausgegangen, dass die schon seinerzeit bestehenden Krankheitssymptome lediglich unspezifischer Art waren und erst einige Zeit später im Rahmen einer monatelangen stationären Behandlung einer schizophrenieformen Störung zuzuordnen waren. Dabei schließt der Sachverständige aus der nachfolgend gestellten Diagnose zu Unrecht darauf, dass auch bereits im Vorfeld der stationären Behandlung durchgehend weitreichende psychopathologische Auffälligkeiten bestanden haben, die die Leistungsfähigkeit der Klägerin massiv einschränkten und lässt gänzlich unberücksichtigt, dass Dr. J. , den die Klägerin gerade wegen ihren psychischen Beeinträchtigungen aufsuchte, zuletzt am 26.05.2004 solche gerade nicht dokumentierte und der Klägerin lediglich eine Wiedervorstellung für den Fall anbot, dass sie erneut therapeutische Hilfe benötige. Soweit der Sachverständige dargelegt hat, dass die Ausführungen des SG, wonach nicht ersichtlich sei, dass die Klägerin bereits vor Juni 2004 an einer paranoiden Schizophrenie erkrankt sei, reine Spekulation seien, und dargelegt hat, dass dem typischen Krankheitsbild einer schizophrenen Psychose möglicherweise viele Jahre lang unspezifische Symptome vorausgehen, bringt er - ebenso wie in seinen nachfolgenden Darlegungen - zum Ausdruck, dass sich erst die zu Beginn unspezifischen Prodromalsymptome allmählich zur Psychose steigern und gerade diese Unspezifität zu der Schwierigkeit führt, die eigentliche Schizophrenie frühzeitig zu erkennen. Gleichzeitig wird deutlich, dass der Sachverständige bereits aus den bei der Klägerin im Prodromalstadium vorhanden gewesenen unspezifischen Symptome der sich später manifestierenden paranoiden Schizophrenie auf eine rentenrelevante Leistungsminderung seit dem eigentlichen "Krankheitsbeginn" schließt. Diese Argumentation überzeugt jedoch nicht. Denn eine rentenrelevante Leistungsminderung lässt sich nicht aus einer Erkrankung als solcher, sondern lediglich aus den hieraus resultierenden funktionellen Beeinträchtigungen herleiten. Hinreichende Anknüpfungspunkte für einen bereits vor Juni 2004 auf Dauer bestehenden schwerwiegenden psychopathologischen Zustand liegen aber gerade nicht vor. In diesem Zusammenhang weist der Senat auf den in den Verwaltungsakten befindlichen Kurzbericht des Klinikums am W. vom 08.10.2004 hin. Danach war die Klägerin wegen eines Angst-/Unruhezustandes stationär am 07.10.2004 aufgenommen worden, es fanden sich aber keine Hinweise für das Vorliegen einer psychotischen Exazerbation und es kam zu einer raschen Beruhigung, so dass die Klägerin bereits einen Tag später entlassen werden konnte. Der dokumentierte Aufnahmebefund weist lediglich eine leicht gedrückte Stimmungslage und im Affekt eine verminderte Schwingungsfähigkeit aus, im Übrigen wird ein Normalbefund dokumentiert. Insbesondere bestanden keine Befürchtungen, keine Zwänge, kein Wahn, keine Sinnestäuschungen und keine Ich-Grenzstörungen. Entsprechend wurde auch die Diagnose einer Schizophrenie nicht wiederholt, sondern lediglich als anamnestische Verdachtsdiagnose angeführt. Angesichts dieses Berichtes lässt sich selbst eine überdauernde rentenrelevante Leistungseinschränkung seit Juni 2004 nicht begründen. Prof. Dr. B. hat diesen Bericht in seinem Gutachten zwar erwähnt (Bl. 59 LSG-Akte), allerdings nur im Hinblick auf die rasch gebesserten Beschwerden, nicht im Hinblick auf den dort wiedergegebnen Befund und er hat diesen weitgehenden Normalbefund auch nicht erkennbar in seine Beurteilung einfließen lassen.
Auch die vom Senat im Berufungsverfahren durchgeführten weiteren Ermittlungen haben keine relevanten weiteren Erkenntnisse erbracht. Insbesondere dokumentierte der Internist Dr. May, bei dem sich die Klägerin zwischen Februar und April 2004 insgesamt siebenmal vorstellte, keine Befunde und berichtete im Rahmen seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge lediglich über mehrere Gespräche über den Zusammenhang zwischen körperlichen Beschwerden und psychischer Verfassung sowie eine medikamentöse Behandlung u.a. mit Fluspi, einem niederpotenten Neuroleptikum, weil er von einer Depression ausging. Entsprechendes gilt für die Auskunft des Facharztes für Allgemeinmedizin I. , bei dem sich die Klägerin einmalig am 10.03.2004 vorstellte und der lediglich über eine psychische Instabilität mit Leistungsknick und Stresssyndrom und die Verordnung von Aponal berichtet hat. Schließlich ist auch offen, welche Erkrankungen anlässlich der stationären Behandlung der Klägerin im Krankenhaus Eppingen auf Grund der Einweisung des Dr. M. vom 15.04.2004 diagnostiziert und behandelt wurden. Denn den entsprechenden Entlassungsbericht konnte weder Dr. M. noch Dr. I. vorlegen und dieser ist nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist und der zwischenzeitlich erfolgten Schließung des Krankenhauses Eppingen auch nicht mehr verfügbar.
Nach alledem kann die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 1980 geborene, aus der T. stammende Klägerin siedelte mit ihren Eltern im Jahr 1989 in die Bundesrepublik Deutschland über. Nach Abschluss der Hauptschule absolvierte sie ab September 1998 eine Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin, die sie am 26.07.2001 abschloss. Nachfolgend legte die Klägerin Pflichtbeitragszeiten vom 19.10.2001 bis 15.07.2002 und vom 01.11.2002 bis 31.07.2003 (versicherungspflichtige Beschäftigung) zurück. Auf den Versicherungsverlauf vom 08.08.2013 (Bl. 8 SG-Akte) wird Bezug genommen.
Am 07.06.2004 sprang die Klägerin aus dem Fenster der im 1. Stockwerk gelegenen elterlichen Wohnung und zog sich dabei Frakturen im Bereich des zwölften Wirbelkörpers zu. Nach operativer Versorgung wurde die Klägerin in die Klinik für allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum am W. in W. verlegt, wo sie vom 22.06. bis 02.09.2004 stationär behandelt wurde. Vor dem Hintergrund ihrer anamnestischen Angaben, wonach ihr im Traum befohlen worden sei, sich zu suizidieren, damit ihre Schwester am Leben bleiben könne, gingen die behandelnden Ärzte diagnostisch von einer paranoiden Schizophrenie und einer akuten schizophrenieformen psychotischen Störung aus (vgl. Entlassungsbericht vom 02.09.2004, Bl. m11, medizinischer Teil der VerwA). Im Oktober 2004 war die Klägerin wegen eines Angst- bzw. Unruhezustandes für zwei Tage wiederum im Klinikum am W. stationär aufgenommen, wobei es zu einer raschen Besserung kam. Nachfolgend befand sich die Klägerin in ambulanter Behandlung des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Ernst. Im Februar 2011 begann die Klägerin eine Psychotherapie bei dem Dipl.-Psych. S ... Eine erneute stationäre Behandlung im Klinikum am W. erfolgte vom 09.02. bis 08.03.2012, als nach Änderung der Medikation erneut Symptome einer Schizophrenie aufgetreten waren (vgl. Entlassungsbericht vom 09.03.2012, Bl. m11, medizinischer Teil der VerwA). Eine versicherungspflichtige Beschäftigung übte die Klägerin nicht mehr aus.
Am 20.01.2012 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, worauf die Beklagte das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. veranlasste, der die Klägerin im August 2012 untersuchte und sie auf Grund der diagnostizierten paranoiden Schizophrenie lediglich noch für weniger als drei Stunden täglich leistungsfähig erachtete. Diese Leistungsminderung liege jedenfalls seit Februar 2012 vor, wahrscheinlich auch schon davor.
Mit Bescheid vom 24.09.2012 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, sie sei seit 18.07.2011 voll erwerbsgemindert, jedoch lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rente nicht vor, da sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Leistungsminderung nicht wenigstens 36 Monate mit Pflichtbeiträgen zurück gelegt habe. Soweit eine Mindestzahl von Pflichtbeiträgen nicht erforderlich sei, wenn die Erwerbsminderung durch einen Arbeitsunfall oder innerhalb von sechs Jahren nach einer Ausbildung eingetreten ist, sei dies bei ihr nicht der Fall. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, bereits im Juni 2004 voll erwerbsgemindert gewesen zu sein. Nach Beiziehung weiterer medizinischer Unterlagen, insbesondere von Arztbriefen des behandelnden Neurologen und Psychiaters E. und dem Arztbrief von dessen Praxisvorgänger, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. , vom 01.06.2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2013 und der weiteren Begründung zurück, sehr wahrscheinlich sei der Leistungsfall am 21.04.2009, spätestens jedoch am 01.06.2010 eingetreten. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente lägen jedoch auch zu diesen Zeitpunkten nicht vor.
Mit ihrer am 23.07.2013 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren zunächst mit der Begründung weiter verfolgt, der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung sei bereits im Juni 2004 eingetreten. Ihre Erkrankung sei wohl ehebedingt. Sie habe im Jahr 2001 geheiratet, wobei es in der Hochzeitsnacht zu einem traumatischen Ereignis gekommen sei, weil ihr Ehemann ihr vorgeworfen habe, keine Jungfrau mehr gewesen zu sein. Dies habe zu einer schweren Ehekrise und nachfolgend im Juni 2004 zu dem Selbstmordversuch geführt. Im Verlauf des Verfahrens ist auch die Beklagte vom Eintritt des Versicherungsfalls im Juni 2004 ausgegangen, allerdings hat sie weiterhin die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die begehrte Rente verneint, weil die Klägerin die Wartezeit von fünf Jahren (vgl. § 51 Abs. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) nicht erfüllt habe und die Wartezeit auch nicht gemäß § 53 Abs. 2 SGB VI vorzeitig erfüllt sei, weil die Klägerin in den letzten zwei Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht wenigstens zwölf Monate mit Pflichtbeiträgen zurückgelegt habe (Zeitraum 22.06.2002 bis 21.06.2004, elf Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen). Die Klägerin hat nunmehr geltend gemacht, der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung sei nicht erst zum Zeitpunkt des Beginns der stationären Behandlung am 22.06.2004, sondern bereits im April 2004 eingetreten. Es sei davon auszugehen, dass die paranoide Schizophrenie mindestens im April 2004 eingetreten sei. Bereits am 28.04. sowie am 26.05.2004 sei sie bei Dr. J. vorstellig geworden. Ausgehend hiervon sei die Wartezeit vorzeitig erfüllt (13 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen im Zeitraum von April 2002 bis April 2004).
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Der Neurologe und Psychiater E. hat von Behandlungen der Klägerin seit Juli 2006 sowie Einträgen in der Krankenakte durch den Praxisvorgänger Dr. J. am 18.04, 26.05. und 11.06.2004 berichtet. Das Leistungsvermögens der Klägerin liege seit Behandlungsbeginn unter drei Stunden täglich. Eine verlässliche Aussage für den Zeitraum davor sei nicht möglich. Der Leitende Oberarzt im Klinikum am W. und Facharzt für Psychiatrie Dr. W. hat über die stationären Behandlungen von Juni bis September 2004, im Februar/März 2012 und einer weiteren von September bis November 2012 berichtet und ist von einer deutlichen Minderung der Leistungsfähigkeit seit mindestens Juni 2004 ausgegangen. Nach Vorlage eines Auszugs aus der Patientendatei des behandelnden Internisten Dr. M. (beginnend ab 01.01.2004) hat das SG diesen ergänzend schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört, der entsprechend der dokumentierten Vorstellungen für die ersten drei Quartale 2004 über mehrmalige Kontakte je Quartal berichtet und u.a. Arztbriefe des Facharztes für Nervenheilkunde Lauer über Vorstellungen ab November 2004 vorgelegt hat.
Die Beklagte hat unter Vorlage sozialmedizinischer Stellungnahmen der Fachärztin für Psychosomatische Medizin Dr. D. die Auffassung vertreten, dass der Eintritt des Versicherungsfalls bereits vor Juni 2004 nicht festzustellen sei.
Mit Urteil vom 06.05.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls im Juni 2004 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Erwerbsminderungsrente nicht erfüllt. Sie habe weder in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre mit Pflichtbeiträgen zurückgelegt noch die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt. Auch sei die Wartezeit nicht vorzeitig erfüllt, da sie in den letzten zwei Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht wenigstens ein Jahr mit Pflichtbeiträgen zurückgelegt habe. Nicht ersichtlich sei, dass die Klägerin bereits vor Juni 2004 an einer paranoiden Schizophrenie erkrankt gewesen sei. Soweit sie im April 2004 bei Dr. J. in fachpsychiatrischer Behandlung gewesen sei, habe dieser nach der Verlaufskontrolle im Mai 2004 gerade keine paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Zwar sei denkbar, dass die Klägerin auf Grund dieser Erkrankung bereits vor Juni 2004 erwerbsgemindert war, hingegen sei dies nicht belegt. So habe die Klägerin gegenüber Dr. J. gerade nicht über Wahnvorstellungen berichtet und dieser habe deshalb auch lediglich ein Johanneskrautpräparat verschieben und die Behandlung eingestellt. Auch Dr. M. habe eine Leistungsminderung vor Juni 2004 nicht bestätigt.
Am 27.05.2015 hat die Klägerin dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und ihr Begehren mit der Begründung weiter verfolgt, die paranoide Schizophrenie müsse mindestens seit Februar 2004 bestanden haben. Insoweit hat sie sich auf das an ihren Bevollmächtigten gerichtete Schreiben des Dr. J. vom 01.07.2015 bezogen, wonach die psychische Störung auf Grund der in seinem Arztbrief vom 01.06.2004 beschriebenen Befunde, die am 28.04.2004 erhoben worden seien, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seit Februar 2004 bestanden haben müsse. Nachfolgend hat sie das weitere, an ihren Bevollmächtigten gerichtete Schreiben vom 22.05.2016 vorgelegt, wonach die psychische Erkrankung mit paranoider Schizophrenie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Auswirkungen auf ihr Leistungsvermögen gehabt habe. Ebenso sei wahrscheinlich, dass dieses seit Februar 2004 gemindert gewesen sei. Ob ein Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden täglich vorgelegen habe, könne aus der fehlenden Erinnerung an die Klägerin nicht bestätigt werden. Es sei jedoch naheliegend, mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass das Leistungsvermögen bereits seit Beginn der Krankheit, also seit Februar 2004 vollständig gemindert gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 06.05.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.07.2013 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und hat die weiteren sozialmedizinischen Stellungnahmen der Dr. D. vom 11.09.2015, 08.02.2016 und 03.03.2017 vorgelegt.
Der Senat hat Dr. M. im Hinblick auf die in seiner Patientendatei bis 13.04.2004 dokumentierten Vorstellungen ergänzend schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört (stationäre Behandlung im Krankenhaus Eppingen vom 15. bis 19.01.2004, mehrere Gespräche über Zusammenhang zwischen körperlichen Beschwerden und psychischer Verfassung, medikamentöse Behandlung u.a. mit Fluspi, einem niederpotenten Neuroleptikum unter der Annahme einer Depression) sowie darüber hinaus den Facharzt für Allgemeinmedizin I. , der über eine Vorstellung der Klägerin am 10.03.2004 (psychische Instabilität mit Leistungsknick und Stresssyndrom, Verordnung von Aponal) berichtet hat.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat das Gutachten nach Aktenlage des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. B. eingeholt. Der Sachverständige ist davon ausgegangen, dass die Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits vor dem 01.06.2004 nicht in der Lage gewesen sei, einer Erwerbstätigkeit zumindest sechs Stunden täglich nachzugehen. Schon seinerzeit hätten erhebliche psychopathologische Auffälligkeiten bestanden, die ihre Leistungskapazität massiv eingeschränkt hätten. Es hätten Prodromalzeichen psychopathologischer Art bestanden, die als Ausdruck einer sich anbahnenden schizophrenen Erkrankung zu interpretieren seien, wobei die damaligen Krankheitssymptome zunächst unspezifischer Art gewesen seien.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtzüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt und gemäß den § 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 24.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht die begehrte Rente wegen Erwerbsminderung mangels Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht zu.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser (Abs. 1 Satz 1 der Regelung) bzw. voller (Abs. 2 Satz 1 der Regelung) Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Hiervon ist die Beklagte und ihr folgend das SG zutreffend ausgegangen. Zwar ist die Klägerin im Sinne der oben genannten Regelungen nach Überzeugung des Senats seit 07.06.2004 voll erwerbsgemindert und sie entrichtete in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfall, d.h. vom 07.06.1999 bis 06.06.2004, mit insgesamt 45 Kalendermonaten mehr als 36 Monate Pflichtbeiträge, jedoch erfüllt sie nicht die allgemeine Wartezeit für die beanspruchte Rente. Denn gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI ist Voraussetzung für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit die Erfüllung einer allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren, wobei hierauf Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet werden (vgl. § 51 Abs. 1 SGB VI). Entsprechende Beitragszeiten legte die Klägerin jedoch nicht in einem Umfang von 60 Monaten, sondern lediglich im Umfang von insgesamt 54 Kalendermonaten (Pflichtbeiträge wegen der Berufsausbildung von 9/98 bis 7/01 = 35 Monate, wegen Arbeitslosigkeit vom 10/01 bis 7/02 = 10 Monate und wegen Beschäftigung von 11/02 bis 7/03 = 9 Monate) zurück. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit.
Gemäß § 53 Abs. 2 SGB VI ist die allgemeine Wartezeit zwar vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden sind, wie dies bei der Klägerin, die ihre Ausbildung im Juli 2001 abschloss, der Fall ist. Allerdings ist weiter notwendig, dass diese Versicherten in den letzten zwei Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin wiederum nicht. Denn im Zeitraum vom 07.06.2002 bis 06.06.2004 legte sie lediglich 11 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten zurück und damit nicht die erforderlichen 12 Monate. Damit ist die Wartezeit auch nicht vorzeitig erfüllt, weshalb die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung der begehrten Erwerbsminderungsrente mangels Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen im Ergebnis zu Recht ablehnte.
Soweit die Klägerin geltend macht, die Wartezeit sei vorzeitig erfüllt, weil der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung bereits im April 2004 - so ihr Vorbringen im Klageverfahren - bzw. entsprechend ihres Vortrags im Berufungsverfahren sogar schon im Februar 2004 eingetreten sei, folgt der Senat dem nicht. Denn es ist nicht festzustellen, dass die Klägerin bereits vor Juni 2004 an einer schweren psychischen Erkrankung litt, durch die ihr berufliches Leistungsvermögen dauerhaft auf ein rentenberechtigendes Ausmaß herabgesunken war. Zwar schließt auch der Senat nicht aus, dass sich die aufgetretene akute schizophrenieforme psychotische Störung, die in den Suizidversuch am 07.06.2004 mündete, und die dann diagnostizierte paranoide Schizophrenie bereits in den Monaten vor der stationären Behandlung im Klinikum am W. andeuteten. Allerdings vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass bei der Klägerin bereits im April 2004 oder sogar schon im Februar 2004 ein psychopathologischer Zustand in einem Schweregrad bestand, der auf Grund der hieraus resultierenden funktionellen Beeinträchtigungen der Ausübung selbst leichter beruflicher Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen im Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich auf Dauer entgegen stand. Entsprechendes lässt sich insbesondere nicht dem Arztbrief des Dr. J. vom 01.06.2004 entnehmen, in dem er über die Vorstellungen der Klägerin am 18.04.2004 und 26.05.2004 berichtete. Zutreffend hat Dr. D. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte vom 10.02.2014 insoweit darauf hingewiesen, dass Dr. J. zu diesem Zeitpunkt lediglich den Verdacht auf eine Angststörung und Depression, gemischt, äußerte, nicht einmal die Notwendigkeit für eine spezifische psychopharmakologische Medikation und weitere therapeutische Maßnahmen sah. Er verordnete stattdessen lediglich ein Johanniskrautpräparat (Laif 900), das die Klägerin nach zweimaliger Einnahme wieder absetzte. Darüber hinaus berichtete die Klägerin bei dem Kontrolltermin am 26.05.2004, dass es ihr besser gehe und eine weitere Behandlung nicht notwendig sei. Dies macht deutlich, dass eine schwerwiegende und überdauernde psychische Beeinträchtigung jedenfalls für den 26.05.2004, mithin für den Zeitpunkt der letzten ärztlichen Konsultation vor Juni 2004, d.h. für einen Zeitpunkt, zu dem die Klägerin die Wartezeit noch vorzeitig erfüllt hätte, nicht vorlag.
Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus dem von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Schreiben des Dr. J. vom 01.07.2015 an ihren Bevollmächtigten entnehmen, wonach die später diagnostizierte psychische Störung bereits seit Februar 2004 bestanden haben müsse, weil die Klägerin anlässlich der Vorstellungen am 27.04. und 26.05.2004 über bereits seit zwei Monaten bestehende erhebliche Beschwerden geklagt und er in seinem Arztbrief vom 01.06.2004 eine fortgeschrittene psychische Störung dokumentiert habe. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Vorliegen einer psychischen Störung nicht ohne weiteres die Annahme rechtfertigt, dass diese Störung gleichzeitig auch eine rentenbegründende Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit bedingt. Maßgeblich ist vielmehr, ob aus der entsprechenden psychischen Störung so weitreichende funktionelle Einschränkungen resultieren, dass eine berufliche Tätigkeit in einem Umfang von zumindest sechs Stunden täglich auf Dauer nicht mehr zumutbar erscheint. Solche schwergradigen und insbesondere auch zeitlich überdauernde Beeinträchtigungen lassen sich aus den Ausführungen des Dr. J. in seinem Schreiben an Dr. M. vom 01.06.2004 aber nicht herleiten. Zwar dokumentierte Dr. J. für die Erstvorstellung eine deutlich depressiv gefärbte Stimmungslage, einen deutlich reduzierten Antrieb, einen verlangsamten Denkvorgang, eine reduzierte affektive Schwingungsfähigkeit und beschrieb die Klägerin als abgeflacht wirkend, emotional wenig belastbar und ratlos. Wenn sich auch dies - so zutreffend Dr. D. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 11.08.2015 - nicht ohne weiteres mit der dann dokumentierten Verdachtsdiagnose einer Angststörung und Depression, gemischt, mithin einem eher leichtgradigen Störungsbild vereinbaren lässt, so lässt dieser für den 27.04.2004 dokumentierte Befund nicht die Schlussfolgerung zu, es liege nunmehr eine dauerhafte rentenbegründende Leistungsminderung vor. Denn schließlich berichtete die Klägerin anlässlich des Kontrolltermins rund einen Monat später, dass es ihr besser gehe und sie keine Notwendigkeit mehr für eine weitere Behandlung sehe. Hierzu passend dokumentierte Dr. J. für diesen Zeitpunkt auch keinen psychopathologischen Befund und er entließ die Klägerin statt dessen mit dem Angebot, dass sie sich, falls sie therapeutische Hilfe benötige, jederzeit wieder vorstellen könne.
Soweit Dr. J. ausweislich seiner Ausführungen an den Bevollmächtigten der Klägerin vom 01.07.2015 nach Auswertung des Entlassungsberichtes des Klinikums am W. vom 02.09.2004 und ohne sich - so seine Angaben - nach elf Jahren noch an die Klägerin zu erinnern, seine früher gestellte Verdachtsdiagnose nachträglich für unzutreffend erachtet hat, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Denn selbst wenn der bei dem zum Untersuchungszeitpunkt im April 2004 dokumentierte Befund bereits Symptome der sich später manifestierenden paranoiden Schizophrenie zeigte, so rechtfertigt dies nicht den Schluss, dass schon zu diesem oder sogar bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine rentenbegründende Leistungsminderung vorlag. Denn weder aus der in Rede stehenden Erkrankung selbst noch aus einer sich ggf. bereits zeigenden Vorstufe der Erkrankung lässt sich ein auf Dauer rentenrelevant eingeschränktes Leistungsvermögen herleiten. Maßgeblich sind - wie ausgeführt - vielmehr die aus der entsprechenden Erkrankung bzw. Störung resultierenden funktionellen Einschränkungen. Auf schwerwiegende funktionelle Einschränkungen weisen die Ausführungen des Dr. J. für den Vorstellungszeitpunkt 26.05.2004 aber gerade nicht hin. Aus der von Dr. J. vertretenen Auffassung, dass bei der Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits seit Februar 2004 eine psychische Störung vorlag, lässt sich daher nicht folgern, dass hieraus gleichzeitig auch eine auf Dauer bestehende rentenrelevante Leistungsminderung resultierte. Der Senat vermag sich insbesondere nicht davon zu überzeugen, dass Dr. J. anlässlich seiner Untersuchungen im April und Mai 2004 bei der Klägerin bereits vorhanden gewesene schwergradige funktionelle Beeinträchtigungen übersehen haben könnte und ihr deshalb insbesondere anlässlich des Kontrolltermins am 26.05.2004 lediglich eine Wiedervorstellung bei Bedarf anbot.
Soweit Dr. J. in seinem weiteren, an den Bevollmächtigten der Klägerin gerichteten Schreiben vom 22.05.2016 ergänzend ausgeführt hat, dass es aus seiner Sicht naheliegend sei, dass das Leistungsvermögen der Klägerin seit Beginn der Krankheit ab Februar 2004 mit hoher Wahrscheinlichkeit vollständig gemindert gewesen sei, geht dies angesichts der im Zeitraum seit Februar 2004 vorliegenden Befundsituation über eine Spekulation nicht hinaus. Denn Befunde, die durchgehend auf eine schwere psychische Erkrankung hinweisen würden, liegen gerade nicht vor, sondern - worauf auch der Sachverständige Prof. Dr. B. hingewiesen hat - lediglich unspezifische Krankheitserscheinungen. Solche sind in den medizinischen Unterlagen aber vor Juni 2004 gerade nicht in einer schweren Ausprägung und insbesondere auch nicht durchgehend - wie aus dem Arztbrief des Dr. J. vom 01.06.2004 deutlich wird - dokumentiert.
Nichts anderes lässt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B. herleiten. Soweit der Sachverständige ausgeführt hat, dass bei der Klägerin bereits vor dem 01.06.2004 Prodromalzeichen psychopathologischer Art bestanden haben, die im Nachhinein betrachtet als Ausdruck einer sich angebahnten schizophrenen Erkrankung zu interpretieren seien, lässt sich hieraus nicht überzeugend herleiten, dass bereits vor Juni 2004 eine so schwerwiegende Symptomatik vorlag, dass diese auf Dauer der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit entgegen stand. Wie bereits ausgeführt, ist der Sachverständige selbst davon ausgegangen, dass die schon seinerzeit bestehenden Krankheitssymptome lediglich unspezifischer Art waren und erst einige Zeit später im Rahmen einer monatelangen stationären Behandlung einer schizophrenieformen Störung zuzuordnen waren. Dabei schließt der Sachverständige aus der nachfolgend gestellten Diagnose zu Unrecht darauf, dass auch bereits im Vorfeld der stationären Behandlung durchgehend weitreichende psychopathologische Auffälligkeiten bestanden haben, die die Leistungsfähigkeit der Klägerin massiv einschränkten und lässt gänzlich unberücksichtigt, dass Dr. J. , den die Klägerin gerade wegen ihren psychischen Beeinträchtigungen aufsuchte, zuletzt am 26.05.2004 solche gerade nicht dokumentierte und der Klägerin lediglich eine Wiedervorstellung für den Fall anbot, dass sie erneut therapeutische Hilfe benötige. Soweit der Sachverständige dargelegt hat, dass die Ausführungen des SG, wonach nicht ersichtlich sei, dass die Klägerin bereits vor Juni 2004 an einer paranoiden Schizophrenie erkrankt sei, reine Spekulation seien, und dargelegt hat, dass dem typischen Krankheitsbild einer schizophrenen Psychose möglicherweise viele Jahre lang unspezifische Symptome vorausgehen, bringt er - ebenso wie in seinen nachfolgenden Darlegungen - zum Ausdruck, dass sich erst die zu Beginn unspezifischen Prodromalsymptome allmählich zur Psychose steigern und gerade diese Unspezifität zu der Schwierigkeit führt, die eigentliche Schizophrenie frühzeitig zu erkennen. Gleichzeitig wird deutlich, dass der Sachverständige bereits aus den bei der Klägerin im Prodromalstadium vorhanden gewesenen unspezifischen Symptome der sich später manifestierenden paranoiden Schizophrenie auf eine rentenrelevante Leistungsminderung seit dem eigentlichen "Krankheitsbeginn" schließt. Diese Argumentation überzeugt jedoch nicht. Denn eine rentenrelevante Leistungsminderung lässt sich nicht aus einer Erkrankung als solcher, sondern lediglich aus den hieraus resultierenden funktionellen Beeinträchtigungen herleiten. Hinreichende Anknüpfungspunkte für einen bereits vor Juni 2004 auf Dauer bestehenden schwerwiegenden psychopathologischen Zustand liegen aber gerade nicht vor. In diesem Zusammenhang weist der Senat auf den in den Verwaltungsakten befindlichen Kurzbericht des Klinikums am W. vom 08.10.2004 hin. Danach war die Klägerin wegen eines Angst-/Unruhezustandes stationär am 07.10.2004 aufgenommen worden, es fanden sich aber keine Hinweise für das Vorliegen einer psychotischen Exazerbation und es kam zu einer raschen Beruhigung, so dass die Klägerin bereits einen Tag später entlassen werden konnte. Der dokumentierte Aufnahmebefund weist lediglich eine leicht gedrückte Stimmungslage und im Affekt eine verminderte Schwingungsfähigkeit aus, im Übrigen wird ein Normalbefund dokumentiert. Insbesondere bestanden keine Befürchtungen, keine Zwänge, kein Wahn, keine Sinnestäuschungen und keine Ich-Grenzstörungen. Entsprechend wurde auch die Diagnose einer Schizophrenie nicht wiederholt, sondern lediglich als anamnestische Verdachtsdiagnose angeführt. Angesichts dieses Berichtes lässt sich selbst eine überdauernde rentenrelevante Leistungseinschränkung seit Juni 2004 nicht begründen. Prof. Dr. B. hat diesen Bericht in seinem Gutachten zwar erwähnt (Bl. 59 LSG-Akte), allerdings nur im Hinblick auf die rasch gebesserten Beschwerden, nicht im Hinblick auf den dort wiedergegebnen Befund und er hat diesen weitgehenden Normalbefund auch nicht erkennbar in seine Beurteilung einfließen lassen.
Auch die vom Senat im Berufungsverfahren durchgeführten weiteren Ermittlungen haben keine relevanten weiteren Erkenntnisse erbracht. Insbesondere dokumentierte der Internist Dr. May, bei dem sich die Klägerin zwischen Februar und April 2004 insgesamt siebenmal vorstellte, keine Befunde und berichtete im Rahmen seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge lediglich über mehrere Gespräche über den Zusammenhang zwischen körperlichen Beschwerden und psychischer Verfassung sowie eine medikamentöse Behandlung u.a. mit Fluspi, einem niederpotenten Neuroleptikum, weil er von einer Depression ausging. Entsprechendes gilt für die Auskunft des Facharztes für Allgemeinmedizin I. , bei dem sich die Klägerin einmalig am 10.03.2004 vorstellte und der lediglich über eine psychische Instabilität mit Leistungsknick und Stresssyndrom und die Verordnung von Aponal berichtet hat. Schließlich ist auch offen, welche Erkrankungen anlässlich der stationären Behandlung der Klägerin im Krankenhaus Eppingen auf Grund der Einweisung des Dr. M. vom 15.04.2004 diagnostiziert und behandelt wurden. Denn den entsprechenden Entlassungsbericht konnte weder Dr. M. noch Dr. I. vorlegen und dieser ist nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist und der zwischenzeitlich erfolgten Schließung des Krankenhauses Eppingen auch nicht mehr verfügbar.
Nach alledem kann die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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