L 8 R 4984/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 959/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 4984/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13.11.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Der Kläger trägt die Kosten der im Berufungsverfahren auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG eingeholten ergänzenden Stellungnahmen des Dr. S. vom 22.02.2016 und 13.02.2017 endgültig selbst.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung (auch bei Berufsunfähigkeit) im Streit.

Der 1960 geborene Kläger absolvierte in der Zeit von 1976 bis 1979 eine Ausbildung zum Schlosser, anschließend arbeitete er jedoch nicht in seinem erlernten Beruf. In der Zeit von 2000 bis 2011 war der Kläger als Fernfahrer versicherungspflichtig beschäftigt (Bl. 67 der Verwaltungsakte). Anschließend bezog er Arbeitslosengeld (Bl. 53 der Verwaltungsakte). Bei dem Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit 23.08.2010 festgestellt.

Am 16.07.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (Bl. 41 ff. der Verwaltungsakte). Die Beklagte erhob daraufhin das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W. vom 18.09.2012 (Bl. 87 ff. der Verwaltungsakte). Dieser gab an, bei dem Kläger bestünde ein Zustand nach Implantation eines HWS-Implantats überbrückend C4 bis C6 bei vorherbestehender Myelopathie mit jetzt diffusen Beschwerdeangaben, ein Zustand nach Absprengung des Tuberculum majus, 2005 und 2010 ASK rechte Schulter mit Debridement und Acromioplastik mit jetzt mäßigen Beschwerden, eine Omarthalgie linkes Schultergelenk, seit 1980 bestehende Lumboischialgien bei bekannten degenerativen Bandscheibendegenerationen im unteren LWS-Segment sowie ein Zustand nach Sulcus-ulnaris-Operation Anfang 1990. Leichte körperliche Arbeiten mit Gewichtsbelastungen bis 10 kg im Anheben, Halten und Transportieren von Gegenständen könne der Kläger zeitgleich sitzend, stehend und gehend noch sechs Stunden und mehr ausüben. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Fernfahrer sei hingegen nicht mehr leidensgerecht.

Mit Bescheid vom 21.09.2012 (Bl. 158 f. der Senatsakte) lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig ausüben.

Am 09.10.2012 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch (Bl. 121 der Verwaltungsakte) und legte zur Begründung ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 16.11.2012 (Bl. 127 der Verwaltungsakte) vor. Darin teilte dieser mit, der Kläger sei an der Halswirbelsäule und an den Schultern operiert. Es sei nicht verständlich, warum die Beweglichkeitseinschränkungen im Halswirbelsäulen - und Schulterbereich nicht entsprechend bewertet würden. Der Kläger sei weder fähig, in seinem letzten Beruf als Fernfahrer tätig zu sein noch könne er leichte, vollschichtige Tätigkeiten z.B. als Lagerarbeiter ausüben. Es bestehe zudem eine chronisch venöse Insuffizienz beider Beine mit rezidivierendem Erysipel.

Die Beklagte holte sodann eine sozialmedizinische Stellungnahme des Arztes für Chirurgie Dr. Schl. ein (Bl. 129 der Verwaltungsakte), der angab, der orthopädische Komplex sei bereits durch das Gutachten des Dr. W. geklärt. Eine relevante chronische venöse Insuffizienz ergebe sich aus den Unterlagen nicht. Arbeit bei Hitze sei zu vermeiden, weitergehende Einschränkungen bestünden nicht.

Mit Widerspruchbescheid vom 13.02.2013 (Bl. 133 f. der Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Am 13.03.2013 erhob der Kläger hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung teilte er mit, er habe im Auftrag mehrerer namhafter Hersteller extrem anspruchsvolle Lieferdienstleistungen samt technischer Installation medizinscher Diagnosegeräte durchgeführt. Soweit die Beklagte diese Tätigkeit als Arbeit eines angelernten Arbeiters ohne Fachkenntnisse einstufe, widerspreche er vehement. Seine Tätigkeit habe das Verladen, den Transport sowie die technisch unterstützende Tätigkeit bei der Installation von Computertomographen umfasst. Er habe zudem militärische Simulationsgeräte innerhalb Europas verbracht. Seine Tätigkeit umfasse dabei auch zoll- und steuerrechtliche Vorgänge an den Landesgrenzen.

Das SG erhob Beweis durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Facharzt für Neurochirurgie Dr. R. gab an (Auskunft vom 08.08.2013, Bl. 48 ff. der SG-Akte), der Kläger sei am 05.12.2012 sowie am 20.12.2012 wegen der Blockierung des Kreuz-Darmbein-Gelenkes links und des Verdachts auf Coxarthrose links bei ihm vorstellig geworden. Facharzt für Allgemeinmedizin B. teilte mit (Auskunft vom 23.08.2013, BL. 53 ff. der SG-Akte), der Kläger könne nur noch zwei Stunden tätig sein. Durch die notwendige Schmerztherapie sei das Führen von Maschinen und Fahrzeugen untersagt. Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. F. gab an (Auskunft vom 24.01.2014, Bl. 69 f. der SG-Akte), der Kläger könne nicht mehr als LKW-Fahrer arbeiten, ob leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung der Veneninsuffizienz möglich seien, könne er nicht beantworten.

Das SG befragte zudem den ehemaligen Arbeitgeber des Klägers, M. W ... Dieser teilte mit (Schreiben vom 24.10.2013, Bl. 66/67 der SG-Akte), der Kläger sei in der Zeit vom 20.09.2003 bis 30.06.2011 bei ihm als LKW-Fahrer beschäftigt gewesen. Die Kündigung sei arbeitgeberseitig wegen Zahlungsunfähigkeit und Gewerbeabmeldung erfolgt. Die Tätigkeit habe das Be- und Entladen vom LKW sowie die Montagehilfe für medizinische Geräte umfasst. Für diese Tätigkeit betrage die Einlernzeit ca. sechs Monate. Jeder Fahrer sei berechtigt gewesen, neue Mitarbeiter einzulernen. Die Entlohnung sei nicht nach Tarifvertrag erfolgt.

Zur weiter Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erhob das SG das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. C. vom 29.04.2014, der den Kläger am 28.04.2014 persönlich untersuchte (Bl. 84 ff. der SG-Akte). Als LKW-Fahrer sei der Kläger nur noch unter drei Stunden einsetzbar. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit Möglichkeit zum bedarfsweisen Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, mit gelegentlichem Bücken, gelegentlichem Treppensteigen, mit und an laufenden Maschinen, sofern dies einen bedarfsweisen Wechsel der Körperhaltung zulasse, an Büromaschinen, in Früh-, Tag- und Spätschicht, in temperierten Räumen, witterungsabhängig auch im Freien sei vollschichtig zumutbar.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhob das SG sodann das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 07.08.2014, der den Kläger am 06.08.2014 persönlich untersuchte (Bl. 113 ff. der SG-Akte). Aus der bei dem Kläger bestehenden schweren Depression resultiere eine berufliche Leistungsfähigkeit von unter drei Stunden täglich.

Mit Urteil vom 13.11.2014 wies das SG die Klage ab. Bei dem Kläger bestünde weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung. Auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit lägen nicht vor. Der Kläger sei im Mehrstufenschema des BSG nicht als Facharbeiter sondern als angelernter Arbeiter zu bewerten und könne zumutbar auf eine Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte verwiesen werden.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 18.11.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.12.2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Zur Begründung teilt er mit, er leide insbesondere auf psychiatrischem Fachgebiet unter einer schweren Depression, wie auch der Gutachter Dr. S. angegeben habe. Dieser Erkrankung komme ein erwerbsmindernder Dauereinfluss zu. Dies habe das SG fälschlich nicht beachtet. Seit der Begutachtung seien zwischenzeitlich mehr als sechs Monate vergangen, so dass nunmehr die Dauerhaftigkeit der Erkrankungen feststehen dürfte. Er befinde sich auch in psychiatrischer Behandlung. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, er könne noch mindestens 3 Stunden aber nicht 6 Stunden tätig sein, habe er einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes. Es sei ihm zudem Berufsschutz als Kraftfahrer zuzubilligen. Insoweit nehme er auf seinen Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren Bezug.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13.11.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13.02.2012 zu verurteilen, ihm eine wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (auch bei Berufsunfähigkeit) nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften ab Antragstellung zu gewähren

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts hat der Senat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der behandelnden Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. als sachverständige Zeugin. Diese teilte mit (Auskunft vom 16.04.2015, Bl. 32 f. der Senatsakte), der Kläger leide unter einer mittelgradigen depressiven Episode sowie einer chronischen Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Anteilen. Sie könne nicht abschätzen, in welchem Umfang leichte Tätigkeiten möglich seien. Seit Kenntnis des Klägers sei durchgehend Arbeitsunfähigkeit attestiert worden.

Der Kläger übersandte zudem eine Stellungnahme des Psychologischen Psychotherapeuten F. vom 05.05.2015 (Bl. 35 der Senatsakte), wonach er den Kläger einmalig am 17.12.2014 gesehen habe. Weitere Termine seien wegen Arbeitsüberlastung nicht möglich gewesen. Nach dem ersten Eindruck sei der Kläger dauerhaft arbeitsunfähig.

Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts hat der Senat das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Br. vom 01.09.2015 erhoben (Bl. 40 ff. der Senatsakte), der den Kläger am 17.08.2015 persönlich untersuchte. Aus nervenärztlicher Sicht könne der Kläger leichte bis zum Teil auch mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat sodann eine ergänzende Stellungnahme des Dr. S. eingeholt. Dieser teilte mit (Stellungnahme vom 22.02.2016, Bl. 98 ff. der Senatsakte), er bleibe auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Dr. Br. bei den von ihm festgestellten Depressionen und der Einschätzung, dass befristet keine ausreichende berufliche Leistungsfähigkeit mehr vorliege.

Mit Schreiben vom 14.03.2016 ist die Beklagte dem Gutachten des Dr. S. sowie dessen ergänzender Stellungnahme unter Vorlage der Stellungnahme des Beratungsarztes Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N. entgegengetreten (Bl. 111 der Senatsakte).

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat erneut eine ergänzende Stellungnahme des Dr. S. eingeholt, der mitgeteilt hat, er bleibe auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Beratungsarztes bei seiner Auffassung (Stellungnahme vom 13.02.2017).

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 155, 162 der Senatsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägers, über die der Senat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 21.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Gemäß § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich – bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche – ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

In Ansehung dieser Maßstäbe liegt hier weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats vielmehr fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Bei ihm liegen im Wesentlichen Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und nervenärztlichen Fachgebiet vor.

In orthopädischer Hinsicht bestehen bei dem Kläger folgende Gesundheitsstörungen: endgradige Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule nach Entfernung und Ersatz der 6.HWK und Fusion C5 – C7 ohne segmentale sensomotorische Störungen an den oberen Extremitäten, rezidivierende Lumbalgie mit ischialgieformen Schmerzen und Sensibilitätsstörungen links im Dermatom S1 bei praesacraler Osteochondrose, endgradige Funktionseinschränkung der LWS ohne motorische Störungen an den unteren Extremitäten, Funktionseinschränkungen beider Schultergelenke aufgrund einer wahrscheinlich rechts erneut, links neu aufgetretenen Impingement-Symptomatik, reizfreie Narbe am rechte Ellenbogen nach Operation eines Sulc. N. Ulnaris-Syndroms (symptomfrei), Hinweise auf Entrapement des linken Ellennervens im sulcus ohne motorische Störungen. Dies entnimmt der Senat dem überzeugendem Gutachten des Facharztes für Orthopädie, Chirotherapie Dr. C. vom 29.04.2014.

Bei der Untersuchung durch Dr. C. am 28.04.2014 erfolgte das Ent- und Bekleiden ohne auffällige Schwierigkeiten. Der Parallelstand der Füße und eine vollständige Streckung des linken Kniegelenks waren nur kurz möglich, hierbei stabilisierte sich der Kläger an der Untersuchungsliege. Die Beinachsen waren dann bei dorsaler und seitlicher Inspektion gerade, die Hals- und Taillendreicke symmetrisch angelegt, eine frontale Wirbelsäulenfehlstatik war nicht erkennbar. Die Schulter und Beckenkämme standen in gleicher Höhe. Bei seitlicher Betrachtung imponierte eine verstärkte Kyphosierung am Cervicothorakalübergang (sog. Nackenbuckel) sowie eine Abflachung der thorakalen Kyphose und lumbalen Lordose. In der beschriebenen Schonhaltung blieben die cervicothorakal gesteigerte und im weiteren Verlauf abgeflachte Kyphose erhalten, die lumbale Lordose war dann normal ausgeprägt. Für eine radiculäre Ursache fand sich bei intakter Motorik und negativem Lasègue kein sicherer Hinweis. Die cervicale Muskulatur, die Trapeziusoberränder sowie die paravertebrale Muskulatur beiderseits der BWS waren normoton zu tasten und nicht druckempfindlich. Die lumbale Streckmuskulatur fühlte sich mäßig hyperton an, am Lumbosacralübergang waren druckdolente Myogelosen abgrenzbar. Die HWS-Rotation gelang nach rechts um 50°, nach links um 45°, die Seitneigung rechts um 25°, links um 20°, die In-/Reklination bis zum KBA von 2/16 cm. Eine freie Rumpfinklination bei gestreckten Kniegelenken war dem Kläger erst nach mehrmaligen Versuchen möglich. Hierbei wurde der Ott-Index mit 30/31 cm, das Schober-Zeichen mit 10/13,5 cm, der FBA mit 45 cm bestimmt. Beim Aufrichten aus der Rumpfbeuge stützte sich der Kläger an der Untersuchungsliege ab. Die Reklination war aufgehoben, beim Versuch wurden sofort die Kniegelenke eingebeugt. Die Seitneigung erfolgte beidseits um 30°, hierbei entfaltete sich die BWS besser als die LWS. Der seitliche FBA betrug rechts 60 cm, links 59 cm. Die im Sitzen geprüfte Rumpftorsion gelang beidseits ebenfalls um 30°. Bei allen Funktionsprüfungen wurden Schmerzen am Lumbosacralübergang geklagt. Neurologische Störungen konnten nicht aufgedeckt werden. Segmentale sensomotorische Störungen waren an den unteren Extremitäten nicht nachweisbar.

Die Schultergürtelmuskulatur fühlte sich jeweils normoton an. Das Vorwärts-/Rückwärtsheben gelang rechts mit 140-0-20°, links mit 120-0-30°, das Außen-/Innendrehen (Arm 90° in der Schulter abgespreizt) rechts mit 30-0-50°, links mit 50-0-60°, bei am Körper anliegenden Arm rechts mit 40-0-80°, links mit 40-0-60°. Beim Ab-/Anspreizen zeigte sich rechts Bewegungsmaße von 90-0-30° und links 110-0-10°. Die passiv erreichbare Abduktion und Anteversion konnten von dem Kläger aktiv nur kurz und unter Schmerzangabe gehalten werden. Beim Nackengriff erreichten die Fingerspitzen mit Ausweichbewegungen in Anteversion die cervicale Mittellinie. Beim Schürzengriff berührte die rechte Daumenkuppe den Dornfortsatz von L4, die linke den Dornfortsatz von L2.

An den Ellenbogen- und Handgelenken sowie den Daumen und Langfingern waren keine Befunde von Krankheitswert festzustellen. Die Beweglichkeit der Hüftgelenke war beidseits endgradig eingeschränkt. Die Kniegelenke waren klinisch unauffällig, frei beweglich und bandstabil. Rechts ergaben sich bei retropatellarem Verschiebeschmerz Hinweise auf eine Chondromalazie des femoropatellaren Gleitlagers, allerdings wurden beim Einnehmen der tiefen Hocke und beim Hochstemmen hieraus keine gravierenden Beschwerden geschildert, was nicht auf stärkergradige Knorpelschäden schließen lässt.

Auf Grund der festgestellten Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet ist der Kläger nicht mehr in der Lage schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über maximal 10 kg Gewicht, ausschließlich im Sitzen, überwiegend im Stehen oder Gehen mit häufigem Bücken, häufigen Treppensteigen, in wirbelsäulenbelastenden Zwangshaltungen (vorgebeugt, im Knien, in der Hocke), Arbeiten mit Absturzgefahr, überkopf und in längerer Armvorhalte, Nachtarbeit sowie Tätigkeiten unter Einfluss von Kälte, Nässe oder Zugluft auszuüben. Diese Einschränkungen entnimmt das Gericht dem Gutachten des Dr. C ... Die genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sind im Hinblick auf die bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen nachvollziehbar und schlüssig.

Unter Berücksichtigung der Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet kann der Kläger nach Überzeugung des Senats demgemäß jedenfalls noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen verrichten. Derartige Arbeiten kann er nach Überzeugung des Senats – trotz der aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen – mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Das Gericht schließt sich dabei der Leistungsbeurteilung des Dr. C. an, der schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers lediglich zu qualitativen Leistungseinschränkungen führen. Dies bestätigt auch das Gutachten des Dr. W. vom 18.09.2012. Gegenüber der Untersuchung durch Dr. W. haben sich bei Dr. C. keine wesentlichen Änderungen ergeben.

Gegen diese Beurteilung spricht auch nicht die zeugenschaftliche Aussage des Facharztes für Allgemeinmedizin B. vom 23.08.2013 (Bl. 53 ff. der SG-Akte). Dieser hat seine Einschätzung, der Kläger könne nur noch unter 2 Stunden arbeiten, nicht näher begründet. Aus dem von ihm mitgeteilten Befunden lassen sich keine quantitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ableiten. Gleiches gilt für das Attest des Dr. F. vom 16.11.2012 (Bl. 127 der Verwaltungsakte) sowie dessen zeugenschaftliche Aussage vom 24.01.2014 (Bl. 69 f. der SG-Akte). Diagnosen enthält die Auskunft des Dr. F. nicht. Dieser hatte den Kläger zudem nur einmalig gesehen. Auch aus der zeugenschaftliche Aussage des Facharztes für Neurochirurgie Dr. R. vom 08.08.2013 (Bl. 48 der SG-Akte) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Diagnostiziert wurde dort eine Blockierung im Kreuz-Darmbein-Gelenk. Entsprechend der Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. Re. (Bl. 76 f. der SG-Akte) bleibt eine solche Diagnose ohne Einfluss auf das quantitative Leistungsvermögen. Dr. R. ist selbst auch von einem vollschichtigen Leistungsvermögen ausgegangen.

Auch aus nervenärztlicher Sicht konnte der Senat zwar qualitative, jedoch keine quantitativen Leistungsbeeinträchtigungen feststellen.

Diesbezüglich leidet der Kläger an vielschichtigen, von jeher vorbestehenden Persönlichkeitsakzentuierungen, in der Zusammenschau im Längsschnitt mit Wahrscheinlichkeit bereits als kombinierte Persönlichkeitsstörung zu beschreiben und einer deutlichen Neigung zu funktioneller Überlagerung/Ausweitung der somatischen Beschwerden, teils als somatoforme Störung, teils auch als nicht der willentlichen Kontrolle entzogenem Krankheitsverhalten. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Br. vom 09.06.2015.

Bei der Untersuchung durch Dr. Br. am 01.09.2015 war der Kläger bewusstseinsklar, sicher in allen Qualitäten orientiert. Das Denken war formal geordnet. Auffassung, Konzentration, Merkfähigkeit, Gedächtnis und Aufmerksamkeit waren in der mehrstündigen Gesamtuntersuchung bis zuletzt völlig ungestört. Der Kläger schilderte sehr präzise länger Zurückliegendes und griff dies selbst wieder auf. Insgesamt ergaben sich keinerlei Hinweise etwa für eine hirnorganische begründete, kognitiv-mnestische Leistungsstörung und auch kein Anhalt für anders begründete kognitiv-mnestische Störungen. Eine richtungsweisende Schmerzbeeinträchtigung war über die lange Untersuchungsdauer nach außen hin nicht erkennbar (keine Anspannung, kein Umsetzen, kein Aufstehen zwischendurch). Eine Pause wurde nicht gefordert. Im Rahmen der Untersuchung wurden massive Störfaktoren aus der Kindheit berichtet, wobei der Kläger bei diesen Schilderungen missmutig war, zwischendurch auch kurzzeitig in Tränen ausbrach. Auch aus diesem Themenbereich war der Kläger durchaus inhaltlich in anderes auslenkbar. Eine etwa überdauernde weiterreichende depressive Einengung war überhaupt nicht abzubilden. Eine Antriebsstörung bestand nicht, auch kein richtungsweisendes Vermeidungsverhalten. Der Kläger war durchaus je nach angesprochenem Inhalt auch lachend zu erleben.

Auf Grund der hier festgestellten Gesundheitsstörungen ist der Kläger nicht mehr in der Lage, Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Konfliktfähigkeit, mit überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen, mit ständigem Zeitdruck oder mit Stressfaktoren wie Nacht- oder Wechselschicht auszuüben. Diese Einschränkungen entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. Br ... Die genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sind im Hinblick auf die bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen nachvollziehbar und schlüssig. So ist nach Dr. Br. anzunehmen, dass die Persönlichkeitsakzentuierungen vor dem Hintergrund emotionaler Störfaktoren von jeher vorbestehend sind und sich – was die daraus resultierende Problematik betrifft – im Längsschnitt deutlich stabilisiert haben. Diese standen auch zuvor einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit nicht entgegen. Trotz der somatoformen Störung war der Kläger gut auslenkbar, auch ohne richtungsweisendes Vermeidungsverhalten.

Auch unter Berücksichtigung der Beeinträchtigungen auf nervenärztlichen Fachgebiet kann der Kläger nach Überzeugung des Senats jedoch demgemäß leichte (bis gelegentlich mittelschwere) Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verrichten. Derartige Arbeiten kann er nach Überzeugung des Senats – trotz der aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen – mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Der Senat schließt sich dabei der Leistungsbeurteilung des Dr. Br. an, der schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers lediglich zu qualitativen Leistungseinschränkungen führen.

Dies wird durch die (außerberufliche) Teilhabe, die sich aus den Schilderungen des Klägers bei der Untersuchung durch Dr. Br. ergibt, gestützt. Hieraus lässt sich nicht auf eine nervenärztlich begründete quantitative Leistungseinschränkung schließen. So kümmert sich der Kläger um die Kinder seiner Lebensgefährtin, nimmt diese mit bei Spaziergängen mit dem gemeinsamen Hund, macht mit ihnen die Schulaufgaben und fährt ab und zu Rad. Er hilft dem Sohn z.B. auch beim Basteln am Rad. An entsprechenden Schulveranstaltungen nimmt er ebenfalls teil. Mit seiner Lebensgefährtin schaut er abends gemeinsam fern, Nachrichten liest er eher über das Handy. Es wurde ein gemeinsamer Wohnwagen angeschafft, mit welchem man u.a. nach K. fährt, wo der Kläger auch noch einen eigenen Garten hat. Im Wohnwagen hat auch er den Fußboden neu mit Laminat belegt. Zudem betätigt er sich gerne handwerklich, kocht gerne und hilft beim Saugen oder Putzen. Auch zu seinen eigenen Söhnen besteht eine gute Beziehung.

Hinzu kommt, dass der Kläger nicht alle zur Verfügung stehenden Therapieoptionen zur Behebung seiner Gesundheitsstörungen auf psychischem Gebiet nutzt. Weder findet eine gezielte schmerztherapeutische noch eine ambulante psychotherapeutische Behandlung statt. Der Kläger hat insoweit bei der Untersuchung durch Dr. Br. angegeben, dass er einen Schmerztherapeuten auch gar nicht zusätzliche brauche. Schmerzmittel werden nur bei Bedarf eingenommen. Eine Therapie bei Dipl-Psych. F. , bei dem der Kläger einmalig vorstellig wurde, ist nicht zustande gekommen. Die Tagesklinik in W. wird lediglich einmal im Monat aufgesucht.

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG werden psychische Erkrankungen jedoch erst dann rentenrechtlich relevant, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe (BSG, Urteil vom 12.09.1990 5 RJ 88/89; BSG, Urteil vom 29.02.2006 B 13 RJ 31/05 R jeweils zitiert nach juris; BayLSG, Urteil vom 21.03.2012, L 19 R 35/08).

Dr. Br. hat insoweit ausgeführt, dass Behandlungsmöglichkeiten bislang unzureichend wahrgenommen wurden. Auch unter diesem Gesichtspunkt lassen sich die Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente nicht feststellen.

An dieser Beurteilung ändert auch das Gutachten des Dr. S. vom 07.08.2014 sowie dessen ergänzende Stellungnahmen nichts. Insoweit überzeugt schon nicht, dass im Gutachten ein strukturierter Tagesablauf, wie er noch vier Monate zuvor bei dem Orthopäden Dr. C. mit Haushaltsführung, Hausaufgabenbetreuung, regelmäßigen Spaziergängen, Führen eines privaten PKW sowie Freizeitgestaltung mit der Familie dargestellt wurde, nicht erhoben werden konnte, sondern stattdessen ausgeführt wird, dass es keinen geregelten Tagesablauf mehr gebe. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger bei der Begutachtung durch Dr. Br. am 17.08.2015 wiederum einen geregelten Tagesablauf beschreibt, kann dies nicht überzeugen. Aus dem durch Dr. S. mitgeteilten psychopathologischen Befund lässt sich die von ihm angenommene Schwere der Erkrankung nicht ableiten und findet sich auch in der Begutachtung durch Dr. Br. nicht. Auch die von Dr. S. festgestellten Konzentrations-, Merkfähigkeits- und geringen Auffassungsstörungen fanden sich bei der Untersuchung durch Dr. Br. nicht und wurden von Dr. S. nicht weiter belegt. Er bezieht sich vielmehr vielfach auf subjektive Beschwerdeschilderungen und begründet seine Leistungseinschätzung allein mit psychiatrischen Diagnosen.

Dr. Br. hat sich außerdem in seinem Gutachten mit dem Gutachten des Dr. S. auseinandergesetzt und für den Senat schlüssig und überzeugend gleichwohl keine quantitative Leistungsbeeinträchtigung festgestellt.

Auch die zeugenschaftliche Auskunft der Dr. L. führt zu keiner anderen Beurteilung. Im dort dargestellten psychischen Befund vermischen sich subjektive Beschwerdeschilderungen mit dem objektiven Befund. Ausführungen zur Teilhabe werden nicht gemacht. Quantitative Leistungsbeeinträchtigungen lassen sich aus der Auskunft nicht ableiten. Gleiches gilt für das Attest des Dipl.-Psych. F. , bei dem der Kläger lediglich einmalig vorstellig wurde. Eine psychopathologische Befundbeschreibung wird nicht vorgenommen. Aus der vorgenommenen ICD-10-Klassifikation ergeben sich hingegen noch keine Anhaltspunkte für eine quantitative Leistungsbeeinträchtigung.

Damit ist der Senat im Anschluss an das Gutachten von Dr. C. und Dr. Br. - unter Betrachtung der Gesundheitsstörungen im Einzelnen und auch in deren Zusammenschau - zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen in der Lage ist, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Erweist sich der Kläger damit nicht als erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI bzw. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI, kommt es auf die übrigen Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung vorliegend nicht an.

Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht ausnahmsweise daraus, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts wegen eines nur eine Teilzeit erlaubenden Erwerbsvermögens oder wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung keine Tätigkeit finden würde (vgl. dazu nur BSG (GS), Urt. v. 19.12.1996 – GS 2/95, BSGE 80, S. 24 ff.; Urt. v. 10.12.2003 – B 5 RJ 64/02 R, Breith. 2005, S. 309 ff; Bay. LSG, Urt. v. 14.05.2009 – L 14 R 377/08, juris, alle m. w. N.). Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit dabei insbesondere auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG GS 19.12.1996 - GS 2/95 - juris). Eine Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass ein Versicherter nicht vier Mal am Tag Wegstrecken von über 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Entsprechende Einschränkungen ergeben sich weder auf orthopädischem noch auf nervenärztlichen Fachgebiet. Dies haben die Gutachter Dr. C. und Dr. Br. nachvollziehbar dargestellt. Insoweit hat der Kläger zudem Spaziergänge mit dem eigenen Hund von einer halben bis zu einer Stunde Dauer angegeben. Auch aus dem Hinweis, dass man sich dabei auch mal hinsetzen könne, ergibt sich noch keine Beeinträchtigung der Wegefähigkeit.

Andere rentenrechtlich relevante Erkrankungen, die zu weitergehenden qualitativen oder quantitativen Leistungseinschränkungen führen, konnte der Senat nicht feststellen. Zwar ist bei dem Kläger eine chronische venöse Insuffizienz beschrieben (vgl. Bl. 127 der Verwaltungsakte). Weder Dr. F. noch Hausarzt B. haben jedoch insoweit Befunde mitgeteilt, die auf eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit hindeuten.

Mit dem vom Senat festgestellten quantitativen und qualitativen Leistungsvermögen hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 und 2 SGB VI).

Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI).

Das SG hat insoweit in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend dargelegt, dass der Kläger die Voraussetzungen für diese Rente nicht erfüllt, weil er als Angelernter im oberen Bereich zumutbar auf die Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte verwiesen werden kann. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er macht sich die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zur Begründung seiner eigenen Entscheidung voll zu eigen, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Lediglich ergänzend ist noch folgendes auszuführen:

Nach seinem beruflichen Werdegang gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht in weniger als drei Monaten Einarbeitungszeit als einfacher Pförtner tätig sein kann. Auch der Kläger selbst geht davon aus, wenn er bei Dr. Br. angibt, Qualifizierungsmaßnahmen bräuchte er nicht, die Tätigkeit als Pförtner würde er auch so hinkriegen.

Ob dem Kläger mit seinem Leistungsvermögen eine entsprechende Tätigkeit als Pförtner vermittelt werden kann, ist unwesentlich. Für vollschichtig einsatzfähige Versicherte besteht im Allgemeinen ein offener Arbeitsmarkt (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Ein Versicherter muss sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich auf dem Arbeitsmarkt im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verweisen lassen. Dort gibt es noch eine hinreichende Anzahl zumutbarer Arbeitsplätze, unabhängig davon, ob diese offen oder besetzt sind, denn die Tätigkeit des einfachen Pförtners an der Nebenpforte wird nach wie vor bedient (vgl. insoweit LSG Hessen, Urteil vom 29.03.2016 – L 6 R 668/15, juris).

Der Kläger hat damit auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI).

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für Beurteilung des quantitativen und qualitativen Leistungsvermögens.

Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Die Kosten der gemäß § 109 SGG im Berufungsverfahren eingeholten ergänzenden Stellungahmen von Dr. S. vom 22.02.2016 und 13.02.2017, über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens von Amts wegen auch im Urteil entscheiden kann (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 - L 1 U 3854/06 KO-B, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de; Urteil des Senats vom 23.11.2012 - L 8 U 3868/11 -, unveröffentlicht), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Der Kläger hat diese daher endgültig selbst zu tragen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens bzw. einer ergänzenden Stellungnahme dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht hat. Es muss sich, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich gefördert haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten bzw. die ergänzende Stellungnahme nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 RdNr. 11).

Hiervon ausgehend ist es nicht gerechtfertigt, die Kosten der ergänzenden Stellungnahmen des Dr. S. auf die Staatskasse zu übernehmen. Für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte haben die gutachterlichen Stellungnahmen nicht erbracht, weshalb es nicht gerechtfertigt ist, die Kosten der ergänzenden Stellungnahmen durch Dr. S. auf die Staatskasse zu übernehmen.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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