Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 913/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1710/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Anspruch auf medizinische Versorgung nach dem US-amerikanischen System TRICARE steht der Begründung einer freiwilligen Mitgliedschaft in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung nicht entgegen.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.04.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, zu welchem Zeitpunkt die Mitgliedschaft der Klägerin bei der beklagten Kranken- und Pflegekasse endet.
Die Klägerin war von November 2002 bis 30.04.2004 aufgrund einer Beschäftigung bei der Beklagten zu 1) kranken- und bei der Beklagten zu 2) pflegeversichert. Ab 01.05.2004 wurde sie bei der Beklagten zu 1) antragsgemäß als hauptberuflich Selbstständige freiwillig versichert.
Am 15.12.2008 unterzeichnete die Klägerin einen Fragebogen der Beklagten zu 1) bezüglich der Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit. Am 30.12.2008 und 09.02.2009 fanden Telefonate der Sachbearbeiterin der Beklagten zu 1) mit der Klägerin statt, in denen der Einkommensteuerbescheid für 2006 angefordert wurde. Dieser ging zunächst nicht ein. Mit Bescheid vom 01.03.2010 setzte die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) ab 01.02.2010 Höchstbeiträge aus der Beitragsbemessungsgrenze fest. Mit Schreiben vom 30.07.2010 übersandte die Klägerin den Einkommensteuerbescheid für 2008, mit Schreiben vom 05.09.2010 den Einkommensteuerbescheid für 2007. Die Schreiben der Klägerin enthielten keinen Hinweis auf eine anderweitige Versicherung. Mit Bescheid vom 07.09.2010 setzte die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) die Beiträge ab 01.10.2010 auf der Grundlage der Mindestbemessungsgrenze neu fest.
Am 18.10.2011 ging ein weiterer Einkommensfragebogen der Klägerin bei der Beklagten zu 1) ein. Diese forderte anschließend den Einkommensteuerbescheid für 2009 bei der Klägerin an. Nachdem dieser zunächst nicht einging, setzte die Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 03.01.2012 wiederum Höchstbeiträge aus der Beitragsbemessungsgrenze ab 01.02.2012 fest. Mit Schreiben vom 03.02.2012 übersandte die Klägerin den Einkommensteuerbescheid für 2009. Daraufhin setzte die Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 15.03.2012 die Beiträge ab 01.02.2012 auf der Grundlage der Mindestbemessungsgrenze neu fest.
Am 08.09.2012 übersandte die Klägerin erneut den Einkommensfragebogen ohne Hinweis auf eine anderweitige Versicherung. Der anschließend angeforderte Einkommensteuerbescheid für 2010 ging zunächst bei der Beklagten zu 1) nicht ein. Deshalb setzte diese mit Bescheid vom 07.11.2012 Höchstbeiträge aus der Beitragsbemessungsgrenze ab 01.12.2012 fest. Am 19.11.2012 ging der Einkommensteuerbescheid ein. Mit Bescheid vom 30.11.2012 stellte die Beklagte zu 1) ab 01.07.2012 Beiträge auf der Grundlage der Mindestbemessungsgrenze fest.
Mit Schreiben vom 29.10.2013 bat die Beklagte zu 1) die Klägerin wiederum um Übersendung des Einkommensfragebogens und einer Kopie des letzten Einkommensteuerbescheides. Nachdem keine Antwort einging, forderte die Beklagte zu 1) ab 01.02.2014 wiederum Höchstbeiträge aus der Beitragsbemessungsgrenze.
Die Beklagte zu 1) mahnte mehrfach Beitragsschulden bei der Klägerin, welche die Beiträge ab Januar 2009 nicht mehr bezahlt hatte.
In einem am 20.02.2014 bei der Beklagten zu 1) eingegangenen Schreiben teilte die Klägerin mit, dass sie nochmals einen Versuch unternehme, mitzuteilen, dass sie über die USA versichert sei. Sie habe dies 2009 schriftlich und in den folgenden Jahren wiederholt telefonisch versucht zu erklären. Sie habe am 30.08.1978 einen US-Soldaten geheiratet. Der Ehemann sei am 29.11.2004 verstorben. Aufgrund der Tätigkeit des Ehemannes für das US-Militär stehe ihr ein Krankenversicherungsschutz (T.) als Beihilfe zu. Die Klägerin fragte an, welchen Nachweis sie besorgen müsse, damit das Verfahren beendet werden könne.
In einem Telefonat mit der Klägerin teilte diese am 26.02.2014 der Sachbearbeitung mit, dass sie eine Bescheinigung über ihren anderweitigen Krankenversicherungsschutz besorgen werde. Mit Schreiben vom 30.05.2014 teilte die Beklagte zu 1) der Klägerin mit, dass bislang kein Nachweis eingegangen sei. Solange kein Nachweis erbracht sei, dass eine andere Krankenversicherung bestehe, müsse die Mitgliedschaft fortgeführt werden.
Zwischen Juni und August ging bei der Beklagten zu 1) ein Informationsblatt der T. (teilweise übersetzt von der Beklagten am 02.07.2014) samt Abrechnung von Leistungen sowie die ID-Karte der Klägerin für die US-Versicherung ein. Auf Letzterer ist der Beginn der Krankenversicherung am 29.11.2004 angegeben.
Am 11.08.2014 ging bei der Beklagten zu 1) ein Schreiben der Klägerin vom 06.08.2014 samt einer Bescheinigung der T. vom 30.07.2014, wonach die Versicherung seit 30.07.2008 bestanden habe, ein. Es wird auch aufgeführt, dass eine Bescheinigung rückwirkend für max. 6 Jahre erstellt werde.
Die Beklagte zu 1) informierte die Klägerin am 21.08.2014 und 22.08.2014 telefonisch, dass die Mitgliedschaft zum 31.08.2014 beendet worden sei. Mit Schreiben vom 22.08.2014 bestätigte die Beklagte zu 1) der Klägerin, dass sie bei ihr vom 15.11.2002 bis 31.08.2014 Mitglied gewesen sei. Mit dem Ende dieser Mitgliedschaft ende auch gleichzeitig die Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung.
Mit Schreiben vom 01.09.2014, eingegangen bei der Beklagten zu 1) am 05.09.2014 legte die Klägerin sinngemäß Widerspruch bezüglich des Endes der Versicherung ein. Sie sei seit 2004 versehentlich krankenversichert, da eine Versicherung über das amerikanische Militär bestanden habe. Dies habe sie seit 2009 der Beklagten zu 1) versucht mitzuteilen. Die Beitragsforderung von nun fast 34.000 EUR sei nicht berechtigt. Es werde gebeten, den Sachverhalt zu prüfen.
Mit Schreiben vom 18.09.2014 erläuterte die Beklagte zu 1) die Sach- und Rechtslage. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2015 wies sie den Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.08.2014 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.02.2015 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben.
Mit der Klagebegründung hat sie eine Kündigung vom 18.12.2008 geltend gemacht und ein entsprechendes Kündigungsschreiben, ausgestellt auf diesen Tag, übersandt. Dort ist nach der Kündigungserklärung wie folgt ausgeführt: "Als Nachweis habe ich Ihnen eine Kopie des Versicherungsausweises beigefügt". Die Klägerin hat ausgeführt, dass sie ab Januar 2009 die Zahlungen der Mitgliedsbeiträge eingestellt habe, indem sie die Abbuchungsvollmacht zurückgezogen habe. Dies sei erfolgt, weil sie auf das Schreiben vom 18.12.2008 nichts gehört habe. Bei richtiger Beratung hätte das Versicherungsverhältnis im Jahr 2004 gar nicht abgeschlossen werden können. Die Zahlung der Beitragsrückstände sowie der Säumniszuschläge und Gebühren sei aufgrund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht möglich.
Die Beklagte hat auf die in den Jahren 2010 bis 2013 kommentarlos ausgefüllten Einnahmeanfragen verwiesen. Die Klägerin habe nie einen Hinweis erteilt, dass sie von einer nicht bestehenden Versicherung ausgehe.
Das SG hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 08.10.2015 persönlich erörtert. Auf Frage des Gerichts, was 2009 oder 2008 an die T. Krankenkasse geschickt worden sei, hat die Klägerin angegeben: "Ich habe 2008 die Kündigung hingeschickt. Damals musste man noch keinen Nachweis über eine andere Versicherung vorlegen. Das habe ich gegoogelt."
Mit Gerichtsbescheid vom 06.04.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die Mitgliedschaft der Klägerin bei den Beklagten mit Ablauf des 31.08.2014 geendet habe. Eine wirksame Kündigung, die das Mitgliedschaftsverhältnis zu einem früheren Zeitpunkt aufgelöst habe, liege nicht vor. Eine wirksame Kündigung für das Jahr 2004 sei weder vorgetragen, noch ersichtlich. Auch eine Kündigung am 18.12.2008 sei, entgegen des klägerischen Vortrags, nicht erfolgt. Unabhängig vom (von der Klägerin zu beweisenden) Zugang der Kündigung bei der Beklagten zu 1), sei eine solche nicht erklärt worden. Die von der Klägerin behauptete Kündigung im Jahr 2008 sei nachträglich erstellt worden. Das von der Klägerin im Verfahren vorgelegte Kündigungsschreiben verweise auf einen Versicherungsausweis, der als Nachweis angefügt gewesen sein soll. Im Erörterungstermin habe die Klägerin angegeben, nur eine Kündigung und keinen Nachweis an die Beklagte zu 1) geschickt zu haben. Denn dies sei (wie sie gegoogelt habe) 2008 noch nicht notwendig gewesen. In dem vorgelegten Kündigungsschreiben erfolge aber eine Bezugnahme auf einen Versicherungsausweis. Der dem Gericht vorgelegte Versicherungsausweis zum Kündigungsschreiben trage das Ausstellungsdatum 03.01.2013. Somit könne dieser bei einer Kündigung am 18.12.2008 nicht mit vorgelegt worden sein. Auch habe die Klägerin in keinem Schreiben an die Beklagte zu 1) im Verwaltungsverfahren eine Kündigung im Dezember 2008 behauptet. Sie habe immer wieder ausgeführt, sie habe versucht die Mitgliedschaft "zu klären". Aber auch für solche Klärungsbemühungen finde sich kein Nachweis. In der Verwaltungsakte seien vielmehr Erklärungen zum Einkommen der Klägerin enthalten, ohne Hinweis auf eine Doppelversicherung oder eine Kündigung der Mitgliedschaft. Damit könne das Schreiben der Klägerin vom 20.02.2014 erstmalig als Kündigung der Mitgliedschaft gewertet werden. Da aber kein Nachweis über einen anderweitigen Krankenversicherungsschutz innerhalb der Kündigungsfrist erbracht worden sei, sei das Vorgehen der Beklagten zu 1), das neuerliche Schreiben aus dem Juni 2014 über die bei der T. in Anspruch genommenen Leistungen, als erneute Kündigung auszulegen und den dann am 12.08.2014 vorgelegten Nachweis über das Bestehen des anderweitigen Krankenversicherungsschutzes als Beendigungstatbestand der Mitgliedschaft zum 31.08.2014 zu werten, rechtmäßig. Ein früherer Beendigungszeitpunkt unter Berücksichtigung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs komme nicht in Betracht. Die Beklagte zu 1) habe erstmalig im Februar 2014 von dem Krankenversicherungsschutz der Klägerin bei der US-Armee erfahren. Auch trage die Klägerin selbst vor, erst im Dezember 2008 Kenntnis von der Doppelversicherung gehabt zu haben. Damit könne der Beklagten im Jahre 2004 keine Falschberatung vorgeworfen werden.
Gegen den der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 09.04.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 09.05.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Krankenversicherungsschutz bei der US-Armee bereits seit jeher Gegenstand der Diskussion mit den Beklagten gewesen sei. Mit dem Wechsel in die Selbständigkeit im Mai 2004 habe die Beklagte zu 1) automatisch das Angebot gemacht, eine freiwillige Versicherung durchzuführen. Hier seien die Einwände, dass bereits eine Krankenversicherung über die amerikanische Armee bestehe, beiseite geräumt worden. Ende 2008 sei ihr der Umstand klar geworden, dass sie die Versicherung bei den Beklagten nicht benötige. Sie habe daraufhin am 18.12.2008 die Krankenversicherung gekündigt und im Januar 2009 die Zahlungen der Mitgliedsbeiträge eingestellt. Der Vorwurf, die Kündigung vom 18.12.2008 sei nachträglich erstellt worden, werde bestritten. Selbstverständlich habe sie dem damaligen Schreiben eine Kopie des zu diesem Zeitpunkt aktuellen Ausweises beigefügt. Die Ausweise seien immer für vier Jahre gültig. Die alten Ausweise in der Vergangenheit habe sie nicht aufbewahrt. Beim US-Department of Defense habe man ihr nun mitgeteilt, dass Sie mit Heirat den vollumfänglichen Leistungsanspruch im Krankheitsfalle gehabt habe. Damit hätte letztlich die Versicherung mit den Beklagten gar nicht zustande kommen müssen bzw dürfen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.04.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 22.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.01.2015 aufzuheben und festzustellen, dass die Mitgliedschaft bei den Beklagten zum 30.04.2004 endet, hilfsweise festzustellen, dass sie durch die Kündigung vom 18.12.2008 endet.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung am 25.07.2017 hat die Klägerin angegeben, dass sie erstmals 2008 Kenntnis davon erhalten habe, dass sie über T. versichert sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
Die Mitgliedschaft der Klägerin bei den Beklagten endete, wie im streitgegenständlichen Bescheid vom 22.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.01.2015 zutreffend festgestellt, mit Ablauf des 31.08.2014. Eine wirksame Kündigung der Klägerin, die das Mitgliedschaftsverhältnis zu einem früheren Zeitpunkt aufgelöst hat, liegt nicht vor.
Für den Senat steht fest, dass die Klägerin ab 01.05.2004 auf ihren Antrag hin bei der Beklagten zu 1) freiwillig krankenversichert (§ 9 SGB V) und damit auch bei der Beklagten zu 2) pflegeversichert (§ 20 Abs 3 SGB XI) war. Nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V in der vom 01.01. bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung konnten Personen, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert waren, der Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung beitreten. Diese Voraussetzungen für einen Beitritt der Klägerin zur freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung waren am 01.05.2004 erfüllt. Sollte die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt bereits über T. versichert gewesen sein, würde dies einem wirksamen Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung nicht entgegenstehen. Zwar endet die freiwillige Versicherung gemäß § 191 Nr 2 SGB V mit Beginn einer Pflichtmitgliedschaft, was aufgrund des sich daraus ergebenden Vorrangs einer Pflichtmitgliedschaft vor einer freiwilligen Versicherung zur Folge hätte, dass die freiwillige Versicherung gar nicht zustande gekommen wäre. T., das dem amerikanischen Verteidigungsministerium unterstellt ist und die medizinische Versorgung des US-Militärpersonals sowie deren Angehöriger und Hinterbliebener durchführt, begründet jedoch keine Pflichtmitgliedschaft iSd § 191 SGB V. Dazu zählt nur eine inländische Pflichtversicherung auf der Grundlage von § 5 Abs 1 SGB V. T. ist lediglich ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall (vgl BSG 20.03.2013, B 12 KR 14/11 R, BSGE 113, 160).
Das Zustandekommen einer freiwilligen Mitgliedschaft nach Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit wird von der Klägerin auch nicht bestritten. Sie ist nur der Auffassung, dass aufgrund ihrer Versicherung über die US-Armee bei T. eine solche Versicherung bei der Beklagten nicht erforderlich gewesen wäre. Darauf kommt es jedoch nicht an. Das objektive Bestehen der anderweitigen Versicherung bei T. seit Heirat am 29.08.1978 würde nicht das Zustandekommen einer freiwilligen Versicherung bei der Beklagten zu 1) hindern. Auf eine Kenntnis der Beklagten von der anderweitigen Versicherung kommt es deshalb diesbezüglich auch nicht an. Zudem ist die Kenntnis tatsächlich vor dem Juni 2014 nicht nachgewiesen. Denn die Klägerin hat frühestens im Juni 2014 erstmals einen Nachweis bezüglich der Versicherung in Form ihrer ID-Karte (Berechtigungskarte) und der Leistungsabrechnung vorgelegt. Zudem hat die Klägerin selbst in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie erst 2008 davon Kenntnis erhalten hat, dass sie selbst über T. versichert ist. Eine Beendigung der freiwilligen Versicherung zu einem früheren Zeitpunkt unter Berücksichtigung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches hat das SG, dem sich der Senat anschließt, demnach mit zutreffender Begründung verneint.
Eine Kündigung der freiwilligen Mitgliedschaft für das 2004 ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Aber auch eine Kündigung der Mitgliedschaft am 18.12.2008 ist nicht nachgewiesen. Der Senat kann es zu Gunsten der Klägerin hier offen lassen, ob – wovon das SG überzeugt ist - das im Klageverfahren erstmals vorgelegte Kündigungsschreiben vom 18.12.2008 nachträglich erstellt worden ist. Anhaltspunkte für die Wertung des SG ergeben sich insbesondere aufgrund der Widersprüche der Klägerin in ihrem Vortrag und den Einlassungen im Erörterungstermin vor dem SG. Jedenfalls ist nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass ein solches Kündigungsschreiben bei den Beklagten tatsächlich eingegangen ist. Bei der Kündigungserklärung handelt es sich um eine einseitige Willenserklärung, die zugehen muss. Ermittlungsmöglichkeiten bezüglich des von der Klägerin vorgetragenen Zugangs sieht der Senat nicht. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch in der vom 01.07.2008 bis 31.12.2008 geltenden Fassung des § 175 Abs 4 SGB V die Kündigung nur wirksam wurde, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung oder das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweisen konnte.
In der Akte der Beklagten findet sich vor dem 20.02.2014 kein Schreiben oder Hinweis der Klägerin, dass sie ihre Mitgliedschaft kündigen wolle. Vielmehr hat die Klägerin alle Einkommensanfragen, wenn auch oft verspätet, ohne einen diesbezüglichen Kommentar bei der Beklagten zu 1) eingereicht. Somit kann erstmals das Schreiben vom 20.02.2014 als Kündigung ausgelegt werden.
Die freiwillige Mitgliedschaft endet gem § 191 Nr 3 SGB V mit dem Wirksamwerden der Kündigung. Nach § 175 Abs 4 S 2 bis 4 SGB V ist eine Kündigung der Mitgliedschaft zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt. Die Krankenkasse hat dem Mitglied unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung eine Kündigungsbestätigung auszustellen. Die Kündigung wird wirksam, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung oder das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweist.
Wie oben bereits ausgeführt, steht für den Senat fest, dass der Nachweis der anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall frühestens im Juni 2014 erbracht wurde. Eine Beendigung zum Ablauf des April 2014 war deshalb nicht möglich. Legt man zu Gunsten der Klägerin das neuerliche Schreiben mit der Abrechnung der T., das frühestens im Juni 2014 bei den Beklagten eingegangen ist, als erneute Kündigung aus, kann die Mitgliedschaft frühestens zum 31.08.2014 enden. Dies hat die Beklagte zu 1) rechtmäßig umgesetzt.
Für die Beendigung der Mitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung spielt eine Zahlungsunfähigkeit bzw das Unvermögen, Beitragsansprüche zu befriedigen, keine Rolle.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, zu welchem Zeitpunkt die Mitgliedschaft der Klägerin bei der beklagten Kranken- und Pflegekasse endet.
Die Klägerin war von November 2002 bis 30.04.2004 aufgrund einer Beschäftigung bei der Beklagten zu 1) kranken- und bei der Beklagten zu 2) pflegeversichert. Ab 01.05.2004 wurde sie bei der Beklagten zu 1) antragsgemäß als hauptberuflich Selbstständige freiwillig versichert.
Am 15.12.2008 unterzeichnete die Klägerin einen Fragebogen der Beklagten zu 1) bezüglich der Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit. Am 30.12.2008 und 09.02.2009 fanden Telefonate der Sachbearbeiterin der Beklagten zu 1) mit der Klägerin statt, in denen der Einkommensteuerbescheid für 2006 angefordert wurde. Dieser ging zunächst nicht ein. Mit Bescheid vom 01.03.2010 setzte die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) ab 01.02.2010 Höchstbeiträge aus der Beitragsbemessungsgrenze fest. Mit Schreiben vom 30.07.2010 übersandte die Klägerin den Einkommensteuerbescheid für 2008, mit Schreiben vom 05.09.2010 den Einkommensteuerbescheid für 2007. Die Schreiben der Klägerin enthielten keinen Hinweis auf eine anderweitige Versicherung. Mit Bescheid vom 07.09.2010 setzte die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) die Beiträge ab 01.10.2010 auf der Grundlage der Mindestbemessungsgrenze neu fest.
Am 18.10.2011 ging ein weiterer Einkommensfragebogen der Klägerin bei der Beklagten zu 1) ein. Diese forderte anschließend den Einkommensteuerbescheid für 2009 bei der Klägerin an. Nachdem dieser zunächst nicht einging, setzte die Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 03.01.2012 wiederum Höchstbeiträge aus der Beitragsbemessungsgrenze ab 01.02.2012 fest. Mit Schreiben vom 03.02.2012 übersandte die Klägerin den Einkommensteuerbescheid für 2009. Daraufhin setzte die Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 15.03.2012 die Beiträge ab 01.02.2012 auf der Grundlage der Mindestbemessungsgrenze neu fest.
Am 08.09.2012 übersandte die Klägerin erneut den Einkommensfragebogen ohne Hinweis auf eine anderweitige Versicherung. Der anschließend angeforderte Einkommensteuerbescheid für 2010 ging zunächst bei der Beklagten zu 1) nicht ein. Deshalb setzte diese mit Bescheid vom 07.11.2012 Höchstbeiträge aus der Beitragsbemessungsgrenze ab 01.12.2012 fest. Am 19.11.2012 ging der Einkommensteuerbescheid ein. Mit Bescheid vom 30.11.2012 stellte die Beklagte zu 1) ab 01.07.2012 Beiträge auf der Grundlage der Mindestbemessungsgrenze fest.
Mit Schreiben vom 29.10.2013 bat die Beklagte zu 1) die Klägerin wiederum um Übersendung des Einkommensfragebogens und einer Kopie des letzten Einkommensteuerbescheides. Nachdem keine Antwort einging, forderte die Beklagte zu 1) ab 01.02.2014 wiederum Höchstbeiträge aus der Beitragsbemessungsgrenze.
Die Beklagte zu 1) mahnte mehrfach Beitragsschulden bei der Klägerin, welche die Beiträge ab Januar 2009 nicht mehr bezahlt hatte.
In einem am 20.02.2014 bei der Beklagten zu 1) eingegangenen Schreiben teilte die Klägerin mit, dass sie nochmals einen Versuch unternehme, mitzuteilen, dass sie über die USA versichert sei. Sie habe dies 2009 schriftlich und in den folgenden Jahren wiederholt telefonisch versucht zu erklären. Sie habe am 30.08.1978 einen US-Soldaten geheiratet. Der Ehemann sei am 29.11.2004 verstorben. Aufgrund der Tätigkeit des Ehemannes für das US-Militär stehe ihr ein Krankenversicherungsschutz (T.) als Beihilfe zu. Die Klägerin fragte an, welchen Nachweis sie besorgen müsse, damit das Verfahren beendet werden könne.
In einem Telefonat mit der Klägerin teilte diese am 26.02.2014 der Sachbearbeitung mit, dass sie eine Bescheinigung über ihren anderweitigen Krankenversicherungsschutz besorgen werde. Mit Schreiben vom 30.05.2014 teilte die Beklagte zu 1) der Klägerin mit, dass bislang kein Nachweis eingegangen sei. Solange kein Nachweis erbracht sei, dass eine andere Krankenversicherung bestehe, müsse die Mitgliedschaft fortgeführt werden.
Zwischen Juni und August ging bei der Beklagten zu 1) ein Informationsblatt der T. (teilweise übersetzt von der Beklagten am 02.07.2014) samt Abrechnung von Leistungen sowie die ID-Karte der Klägerin für die US-Versicherung ein. Auf Letzterer ist der Beginn der Krankenversicherung am 29.11.2004 angegeben.
Am 11.08.2014 ging bei der Beklagten zu 1) ein Schreiben der Klägerin vom 06.08.2014 samt einer Bescheinigung der T. vom 30.07.2014, wonach die Versicherung seit 30.07.2008 bestanden habe, ein. Es wird auch aufgeführt, dass eine Bescheinigung rückwirkend für max. 6 Jahre erstellt werde.
Die Beklagte zu 1) informierte die Klägerin am 21.08.2014 und 22.08.2014 telefonisch, dass die Mitgliedschaft zum 31.08.2014 beendet worden sei. Mit Schreiben vom 22.08.2014 bestätigte die Beklagte zu 1) der Klägerin, dass sie bei ihr vom 15.11.2002 bis 31.08.2014 Mitglied gewesen sei. Mit dem Ende dieser Mitgliedschaft ende auch gleichzeitig die Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung.
Mit Schreiben vom 01.09.2014, eingegangen bei der Beklagten zu 1) am 05.09.2014 legte die Klägerin sinngemäß Widerspruch bezüglich des Endes der Versicherung ein. Sie sei seit 2004 versehentlich krankenversichert, da eine Versicherung über das amerikanische Militär bestanden habe. Dies habe sie seit 2009 der Beklagten zu 1) versucht mitzuteilen. Die Beitragsforderung von nun fast 34.000 EUR sei nicht berechtigt. Es werde gebeten, den Sachverhalt zu prüfen.
Mit Schreiben vom 18.09.2014 erläuterte die Beklagte zu 1) die Sach- und Rechtslage. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2015 wies sie den Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.08.2014 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.02.2015 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben.
Mit der Klagebegründung hat sie eine Kündigung vom 18.12.2008 geltend gemacht und ein entsprechendes Kündigungsschreiben, ausgestellt auf diesen Tag, übersandt. Dort ist nach der Kündigungserklärung wie folgt ausgeführt: "Als Nachweis habe ich Ihnen eine Kopie des Versicherungsausweises beigefügt". Die Klägerin hat ausgeführt, dass sie ab Januar 2009 die Zahlungen der Mitgliedsbeiträge eingestellt habe, indem sie die Abbuchungsvollmacht zurückgezogen habe. Dies sei erfolgt, weil sie auf das Schreiben vom 18.12.2008 nichts gehört habe. Bei richtiger Beratung hätte das Versicherungsverhältnis im Jahr 2004 gar nicht abgeschlossen werden können. Die Zahlung der Beitragsrückstände sowie der Säumniszuschläge und Gebühren sei aufgrund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht möglich.
Die Beklagte hat auf die in den Jahren 2010 bis 2013 kommentarlos ausgefüllten Einnahmeanfragen verwiesen. Die Klägerin habe nie einen Hinweis erteilt, dass sie von einer nicht bestehenden Versicherung ausgehe.
Das SG hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 08.10.2015 persönlich erörtert. Auf Frage des Gerichts, was 2009 oder 2008 an die T. Krankenkasse geschickt worden sei, hat die Klägerin angegeben: "Ich habe 2008 die Kündigung hingeschickt. Damals musste man noch keinen Nachweis über eine andere Versicherung vorlegen. Das habe ich gegoogelt."
Mit Gerichtsbescheid vom 06.04.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die Mitgliedschaft der Klägerin bei den Beklagten mit Ablauf des 31.08.2014 geendet habe. Eine wirksame Kündigung, die das Mitgliedschaftsverhältnis zu einem früheren Zeitpunkt aufgelöst habe, liege nicht vor. Eine wirksame Kündigung für das Jahr 2004 sei weder vorgetragen, noch ersichtlich. Auch eine Kündigung am 18.12.2008 sei, entgegen des klägerischen Vortrags, nicht erfolgt. Unabhängig vom (von der Klägerin zu beweisenden) Zugang der Kündigung bei der Beklagten zu 1), sei eine solche nicht erklärt worden. Die von der Klägerin behauptete Kündigung im Jahr 2008 sei nachträglich erstellt worden. Das von der Klägerin im Verfahren vorgelegte Kündigungsschreiben verweise auf einen Versicherungsausweis, der als Nachweis angefügt gewesen sein soll. Im Erörterungstermin habe die Klägerin angegeben, nur eine Kündigung und keinen Nachweis an die Beklagte zu 1) geschickt zu haben. Denn dies sei (wie sie gegoogelt habe) 2008 noch nicht notwendig gewesen. In dem vorgelegten Kündigungsschreiben erfolge aber eine Bezugnahme auf einen Versicherungsausweis. Der dem Gericht vorgelegte Versicherungsausweis zum Kündigungsschreiben trage das Ausstellungsdatum 03.01.2013. Somit könne dieser bei einer Kündigung am 18.12.2008 nicht mit vorgelegt worden sein. Auch habe die Klägerin in keinem Schreiben an die Beklagte zu 1) im Verwaltungsverfahren eine Kündigung im Dezember 2008 behauptet. Sie habe immer wieder ausgeführt, sie habe versucht die Mitgliedschaft "zu klären". Aber auch für solche Klärungsbemühungen finde sich kein Nachweis. In der Verwaltungsakte seien vielmehr Erklärungen zum Einkommen der Klägerin enthalten, ohne Hinweis auf eine Doppelversicherung oder eine Kündigung der Mitgliedschaft. Damit könne das Schreiben der Klägerin vom 20.02.2014 erstmalig als Kündigung der Mitgliedschaft gewertet werden. Da aber kein Nachweis über einen anderweitigen Krankenversicherungsschutz innerhalb der Kündigungsfrist erbracht worden sei, sei das Vorgehen der Beklagten zu 1), das neuerliche Schreiben aus dem Juni 2014 über die bei der T. in Anspruch genommenen Leistungen, als erneute Kündigung auszulegen und den dann am 12.08.2014 vorgelegten Nachweis über das Bestehen des anderweitigen Krankenversicherungsschutzes als Beendigungstatbestand der Mitgliedschaft zum 31.08.2014 zu werten, rechtmäßig. Ein früherer Beendigungszeitpunkt unter Berücksichtigung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs komme nicht in Betracht. Die Beklagte zu 1) habe erstmalig im Februar 2014 von dem Krankenversicherungsschutz der Klägerin bei der US-Armee erfahren. Auch trage die Klägerin selbst vor, erst im Dezember 2008 Kenntnis von der Doppelversicherung gehabt zu haben. Damit könne der Beklagten im Jahre 2004 keine Falschberatung vorgeworfen werden.
Gegen den der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 09.04.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 09.05.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Krankenversicherungsschutz bei der US-Armee bereits seit jeher Gegenstand der Diskussion mit den Beklagten gewesen sei. Mit dem Wechsel in die Selbständigkeit im Mai 2004 habe die Beklagte zu 1) automatisch das Angebot gemacht, eine freiwillige Versicherung durchzuführen. Hier seien die Einwände, dass bereits eine Krankenversicherung über die amerikanische Armee bestehe, beiseite geräumt worden. Ende 2008 sei ihr der Umstand klar geworden, dass sie die Versicherung bei den Beklagten nicht benötige. Sie habe daraufhin am 18.12.2008 die Krankenversicherung gekündigt und im Januar 2009 die Zahlungen der Mitgliedsbeiträge eingestellt. Der Vorwurf, die Kündigung vom 18.12.2008 sei nachträglich erstellt worden, werde bestritten. Selbstverständlich habe sie dem damaligen Schreiben eine Kopie des zu diesem Zeitpunkt aktuellen Ausweises beigefügt. Die Ausweise seien immer für vier Jahre gültig. Die alten Ausweise in der Vergangenheit habe sie nicht aufbewahrt. Beim US-Department of Defense habe man ihr nun mitgeteilt, dass Sie mit Heirat den vollumfänglichen Leistungsanspruch im Krankheitsfalle gehabt habe. Damit hätte letztlich die Versicherung mit den Beklagten gar nicht zustande kommen müssen bzw dürfen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.04.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 22.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.01.2015 aufzuheben und festzustellen, dass die Mitgliedschaft bei den Beklagten zum 30.04.2004 endet, hilfsweise festzustellen, dass sie durch die Kündigung vom 18.12.2008 endet.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung am 25.07.2017 hat die Klägerin angegeben, dass sie erstmals 2008 Kenntnis davon erhalten habe, dass sie über T. versichert sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
Die Mitgliedschaft der Klägerin bei den Beklagten endete, wie im streitgegenständlichen Bescheid vom 22.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.01.2015 zutreffend festgestellt, mit Ablauf des 31.08.2014. Eine wirksame Kündigung der Klägerin, die das Mitgliedschaftsverhältnis zu einem früheren Zeitpunkt aufgelöst hat, liegt nicht vor.
Für den Senat steht fest, dass die Klägerin ab 01.05.2004 auf ihren Antrag hin bei der Beklagten zu 1) freiwillig krankenversichert (§ 9 SGB V) und damit auch bei der Beklagten zu 2) pflegeversichert (§ 20 Abs 3 SGB XI) war. Nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V in der vom 01.01. bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung konnten Personen, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert waren, der Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung beitreten. Diese Voraussetzungen für einen Beitritt der Klägerin zur freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung waren am 01.05.2004 erfüllt. Sollte die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt bereits über T. versichert gewesen sein, würde dies einem wirksamen Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung nicht entgegenstehen. Zwar endet die freiwillige Versicherung gemäß § 191 Nr 2 SGB V mit Beginn einer Pflichtmitgliedschaft, was aufgrund des sich daraus ergebenden Vorrangs einer Pflichtmitgliedschaft vor einer freiwilligen Versicherung zur Folge hätte, dass die freiwillige Versicherung gar nicht zustande gekommen wäre. T., das dem amerikanischen Verteidigungsministerium unterstellt ist und die medizinische Versorgung des US-Militärpersonals sowie deren Angehöriger und Hinterbliebener durchführt, begründet jedoch keine Pflichtmitgliedschaft iSd § 191 SGB V. Dazu zählt nur eine inländische Pflichtversicherung auf der Grundlage von § 5 Abs 1 SGB V. T. ist lediglich ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall (vgl BSG 20.03.2013, B 12 KR 14/11 R, BSGE 113, 160).
Das Zustandekommen einer freiwilligen Mitgliedschaft nach Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit wird von der Klägerin auch nicht bestritten. Sie ist nur der Auffassung, dass aufgrund ihrer Versicherung über die US-Armee bei T. eine solche Versicherung bei der Beklagten nicht erforderlich gewesen wäre. Darauf kommt es jedoch nicht an. Das objektive Bestehen der anderweitigen Versicherung bei T. seit Heirat am 29.08.1978 würde nicht das Zustandekommen einer freiwilligen Versicherung bei der Beklagten zu 1) hindern. Auf eine Kenntnis der Beklagten von der anderweitigen Versicherung kommt es deshalb diesbezüglich auch nicht an. Zudem ist die Kenntnis tatsächlich vor dem Juni 2014 nicht nachgewiesen. Denn die Klägerin hat frühestens im Juni 2014 erstmals einen Nachweis bezüglich der Versicherung in Form ihrer ID-Karte (Berechtigungskarte) und der Leistungsabrechnung vorgelegt. Zudem hat die Klägerin selbst in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie erst 2008 davon Kenntnis erhalten hat, dass sie selbst über T. versichert ist. Eine Beendigung der freiwilligen Versicherung zu einem früheren Zeitpunkt unter Berücksichtigung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches hat das SG, dem sich der Senat anschließt, demnach mit zutreffender Begründung verneint.
Eine Kündigung der freiwilligen Mitgliedschaft für das 2004 ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Aber auch eine Kündigung der Mitgliedschaft am 18.12.2008 ist nicht nachgewiesen. Der Senat kann es zu Gunsten der Klägerin hier offen lassen, ob – wovon das SG überzeugt ist - das im Klageverfahren erstmals vorgelegte Kündigungsschreiben vom 18.12.2008 nachträglich erstellt worden ist. Anhaltspunkte für die Wertung des SG ergeben sich insbesondere aufgrund der Widersprüche der Klägerin in ihrem Vortrag und den Einlassungen im Erörterungstermin vor dem SG. Jedenfalls ist nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass ein solches Kündigungsschreiben bei den Beklagten tatsächlich eingegangen ist. Bei der Kündigungserklärung handelt es sich um eine einseitige Willenserklärung, die zugehen muss. Ermittlungsmöglichkeiten bezüglich des von der Klägerin vorgetragenen Zugangs sieht der Senat nicht. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch in der vom 01.07.2008 bis 31.12.2008 geltenden Fassung des § 175 Abs 4 SGB V die Kündigung nur wirksam wurde, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung oder das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweisen konnte.
In der Akte der Beklagten findet sich vor dem 20.02.2014 kein Schreiben oder Hinweis der Klägerin, dass sie ihre Mitgliedschaft kündigen wolle. Vielmehr hat die Klägerin alle Einkommensanfragen, wenn auch oft verspätet, ohne einen diesbezüglichen Kommentar bei der Beklagten zu 1) eingereicht. Somit kann erstmals das Schreiben vom 20.02.2014 als Kündigung ausgelegt werden.
Die freiwillige Mitgliedschaft endet gem § 191 Nr 3 SGB V mit dem Wirksamwerden der Kündigung. Nach § 175 Abs 4 S 2 bis 4 SGB V ist eine Kündigung der Mitgliedschaft zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt. Die Krankenkasse hat dem Mitglied unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung eine Kündigungsbestätigung auszustellen. Die Kündigung wird wirksam, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung oder das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweist.
Wie oben bereits ausgeführt, steht für den Senat fest, dass der Nachweis der anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall frühestens im Juni 2014 erbracht wurde. Eine Beendigung zum Ablauf des April 2014 war deshalb nicht möglich. Legt man zu Gunsten der Klägerin das neuerliche Schreiben mit der Abrechnung der T., das frühestens im Juni 2014 bei den Beklagten eingegangen ist, als erneute Kündigung aus, kann die Mitgliedschaft frühestens zum 31.08.2014 enden. Dies hat die Beklagte zu 1) rechtmäßig umgesetzt.
Für die Beendigung der Mitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung spielt eine Zahlungsunfähigkeit bzw das Unvermögen, Beitragsansprüche zu befriedigen, keine Rolle.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
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