Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 P 1625/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 2366/17 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. Juni 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung mindestens nach der "Pflegestufe II" (gemeint Pflegegrad 2).
Der am 1965 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Am 19. Januar 2017 beantragte er bei der Beklagten wegen seiner Herzerkrankung Geldleistungen aus der Pflegeversicherung. Pflegefachkraft H. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) nannte in seinem nach einem Hausbesuch am 3. März 2017 erstatteten Gutachten vom 7. März 2017 als pflegebegründende Diagnosen eine hypertensive Herzkrankheit ohne (kongestive) Herzinsuffizienz, Mobilitäts- und Bewegungseinschränkungen mit Schwindelsymptomatik bei Herzleistungsschwäche sowie eine Blaseninkontinenz. Pflegegrad 1 liege bei insgesamt 16,25 gewichteten Punkten (Mobilität: 2,50 Punkte; Selbstversorgung: 10,00 Punkte; Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: 3,75 Punkte) vor.
Mit Bescheid vom 8. März 2017 gewährte die Beklagte ab dem 1. Januar 2017 Leistungen nach Pflegegrad 1. Sie nannte die Leistungen, auf die der Kläger Anspruch hat, sowie darüber hinaus die Unterstützung durch einen Entlastungsbetrag von bis zu EUR 125,00 monatlich.
Hiergegen erhob der Kläger unter dem 13. März 2017 Widerspruch. Der Bescheid helfe nicht beim Einkaufen oder Behördengängen. Er benötige zur Entlastung eine Hilfsperson und beantrage daher einen höheren Pflegegrad. Es gehe ihm schlecht, da er an Schwindel leide.
Mit Schreiben vom 21. März 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, den MDK mit einer weiteren Begutachtung beauftragt zu haben.
Unter dem 9. Mai 2017, beim Sozialgericht Karlsruhe eingegangen am 15. Mai 2017, erhob der Kläger Klage und beantragte zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Er begehre "Pflegestufe 2-3", da ihm kein Dienst an seinem Wohnort mit der "Stufe 1" helfen könne. Er brauche dringend Unterstützung. Der MDK lasse sich zu viel Zeit.
Die Beklagte trat dem Antrag des Klägers auf einstweiligen Rechtsschutz entgegen. Es liege weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vor. Der Erfolg eines Hauptsacheverfahrens sei auf Grund des MDK-Gutachtens nicht überwiegend wahrscheinlich. Festgestellt worden sei eine gewichtete Punktzahl von 16,25 Punkten, so dass die Voraussetzungen für einen höheren Pflegegrad eindeutig nicht erreicht seien. Eine erneute Begutachtung durch den MDK habe bislang nicht stattfinden können, da der Kläger den Termin mit dem MDK abgesagt habe. Insofern habe der Kläger die weitere Bearbeitung selbst verzögert. Der Kläger verkenne im Übrigen, dass die Pflegeleistungen generell als Zuschussleistungen zu den Aufwendungen für die Pflege konzipiert seien und eine vollständige Kostendeckung aller Pflegeaufwendungen nicht vorgesehen sei.
Das SG lehnte mit Beschluss vom 7. Juni 2017 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Nicht erkennbar sei, dass die tatsächliche Pflege des Klägers bis zum Abschluss des Hauptverfahrens nicht gesichert wäre. Der Kläger lebe alleine und bewältige die pflegerischen und hauswirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig. Die ihm gewährten Leistungen nach Pflegegrad 1 könne der Kläger zu seiner Entlastung einsetzen. Hierfür könne er eine Pflegeberatung, Beratung in der eigenen Häuslichkeit, Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen oder gemeinsamen Wohnumfelds, zusätzliche Leistungen bei Pflegezeit und kurzzeitiger Arbeitsverhinderung sowie Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen in Anspruch nehmen. Zudem gewähre die Beklagte in diesem Rahmen einen Entlastungsbetrag in Höhe von EUR 125,00 monatlich. Dieser könne im Wege der Erstattung von Kosten eingesetzt werden, die dem Kläger im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Leistungen der Tages- und Nachtpflege sowie der Kurzzeitpflege, von Leistungen der ambulanten Pflegedienste sowie von Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag entstünden. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers ein Anordnungsgrund angenommen würde, sei die weitere Sachverhaltsaufklärung durch Einholung von ärztlichen Unterlagen oder gegebenenfalls eines medizinischen Gutachtens dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Gegen den ihm am 8. Juni 2017 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit am 14. Juni 2017 beim SG eingegangenen Schreiben unter sinngemäßer Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags Beschwerde eingelegt. An manchen Tagen sei er total hilflos. Die Beklagte habe kein Interesse an einer schnellen Bearbeitung. Die Erstbegutachtung sei mangelhaft. An manchen Tagen könne er sein Bett nicht verlassen, seine Wohnung könne er seit Monaten nicht aufräumen. Daher könne er die Bearbeitung seines Widerspruchs nicht abwarten. Die Leistungen des Pflegegrads 1 gingen an der Realität und Bedürftigkeit vorbei.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. Juni 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm ab 1. Januar 2017 vorläufig Geldleistungen der Pflegeversicherung mindestens nach dem Pflegegrad 2 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren. Bereits für den 10. Mai und 27. Juni 2017 seien mit dem MDK Hausbesuche beim Kläger terminiert gewesen, die der Kläger selbst jedoch abgesagt habe. Dieses Vorgehen sei im Zusammenhang mit der Geltendmachung seines Begehrens im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes widersprüchlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Die gemäß § 173 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft. Die Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, weil die Berufung in der Hauptsache nicht der Zulassung bedürfte. Der Kläger begehrt u.a. zukunftsgerichtet laufende Leistungen ohne Beschränkung und damit für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Das SG hatte bislang fehlerhaft die Krankenkasse der Beklagten als Antragsgegnerin geführt. Hierbei handelte es sich um eine offensichtliche Unrichtigkeit, sodass der Senat das Rubrum insoweit berichtigt hat.
3. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Kläger vorläufige Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung mindestens nach Pflegegrad 2 zu gewähren.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, so dass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei dürfen sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss des Ersten Senats vom 13. April 2010 – 1 BvR 216/07 – juris, Rn. 64; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. August 2014 – 1 BvR 1453/12 – juris, Rn. 9).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (vgl. Landessozialgericht [LSG] Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Januar 2007 – L 7 SO 5672/06 ER-B – juris, Rn. 2). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris, Rn. 4). Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris, Rn. 4).
Es kann dahinstehen, ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, denn der Kläger hat auch im Beschwerdeverfahren keinerlei Gründe vorgebracht, aus denen sich ergeben könnte, dass ihm ein Abwarten des Klageverfahrens unzumutbar ist. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG verwiesen. Die Leistungen der häuslichen Pflege sind keine existenzsichernden Leistungen. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) ergänzen bei häuslicher und teilstationärer Pflege die Leistungen der Pflegeversicherung die familiäre, nachbarschaftliche oder sonstige ehrenamtliche Pflege und Betreuung. § 4 Abs. 2 SGB XI als Grundnorm verdeutlicht, dass die Leistungen der Pflegeversicherung (lediglich) eine soziale Grundsicherung in Form von unterstützenden Hilfeleistungen darstellen sollen, eine Vollversorgung des Pflegebedürftigen indessen nicht angestrebt wird. Im ambulanten Bereich obliegt es den Versicherten, einen durch die Leistungen der Pflegeversicherung nicht gedeckten Pflege- und Betreuungsaufwand selbst sicherzustellen (vgl. Bundestags-Drucksachen 12/5262 S. 90 und 16/7439, S. 44; siehe auch Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 5. Mai.2010 - B 12 R 6/09 R -, juris Rn. 19).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung mindestens nach der "Pflegestufe II" (gemeint Pflegegrad 2).
Der am 1965 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Am 19. Januar 2017 beantragte er bei der Beklagten wegen seiner Herzerkrankung Geldleistungen aus der Pflegeversicherung. Pflegefachkraft H. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) nannte in seinem nach einem Hausbesuch am 3. März 2017 erstatteten Gutachten vom 7. März 2017 als pflegebegründende Diagnosen eine hypertensive Herzkrankheit ohne (kongestive) Herzinsuffizienz, Mobilitäts- und Bewegungseinschränkungen mit Schwindelsymptomatik bei Herzleistungsschwäche sowie eine Blaseninkontinenz. Pflegegrad 1 liege bei insgesamt 16,25 gewichteten Punkten (Mobilität: 2,50 Punkte; Selbstversorgung: 10,00 Punkte; Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: 3,75 Punkte) vor.
Mit Bescheid vom 8. März 2017 gewährte die Beklagte ab dem 1. Januar 2017 Leistungen nach Pflegegrad 1. Sie nannte die Leistungen, auf die der Kläger Anspruch hat, sowie darüber hinaus die Unterstützung durch einen Entlastungsbetrag von bis zu EUR 125,00 monatlich.
Hiergegen erhob der Kläger unter dem 13. März 2017 Widerspruch. Der Bescheid helfe nicht beim Einkaufen oder Behördengängen. Er benötige zur Entlastung eine Hilfsperson und beantrage daher einen höheren Pflegegrad. Es gehe ihm schlecht, da er an Schwindel leide.
Mit Schreiben vom 21. März 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, den MDK mit einer weiteren Begutachtung beauftragt zu haben.
Unter dem 9. Mai 2017, beim Sozialgericht Karlsruhe eingegangen am 15. Mai 2017, erhob der Kläger Klage und beantragte zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Er begehre "Pflegestufe 2-3", da ihm kein Dienst an seinem Wohnort mit der "Stufe 1" helfen könne. Er brauche dringend Unterstützung. Der MDK lasse sich zu viel Zeit.
Die Beklagte trat dem Antrag des Klägers auf einstweiligen Rechtsschutz entgegen. Es liege weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vor. Der Erfolg eines Hauptsacheverfahrens sei auf Grund des MDK-Gutachtens nicht überwiegend wahrscheinlich. Festgestellt worden sei eine gewichtete Punktzahl von 16,25 Punkten, so dass die Voraussetzungen für einen höheren Pflegegrad eindeutig nicht erreicht seien. Eine erneute Begutachtung durch den MDK habe bislang nicht stattfinden können, da der Kläger den Termin mit dem MDK abgesagt habe. Insofern habe der Kläger die weitere Bearbeitung selbst verzögert. Der Kläger verkenne im Übrigen, dass die Pflegeleistungen generell als Zuschussleistungen zu den Aufwendungen für die Pflege konzipiert seien und eine vollständige Kostendeckung aller Pflegeaufwendungen nicht vorgesehen sei.
Das SG lehnte mit Beschluss vom 7. Juni 2017 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Nicht erkennbar sei, dass die tatsächliche Pflege des Klägers bis zum Abschluss des Hauptverfahrens nicht gesichert wäre. Der Kläger lebe alleine und bewältige die pflegerischen und hauswirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig. Die ihm gewährten Leistungen nach Pflegegrad 1 könne der Kläger zu seiner Entlastung einsetzen. Hierfür könne er eine Pflegeberatung, Beratung in der eigenen Häuslichkeit, Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen oder gemeinsamen Wohnumfelds, zusätzliche Leistungen bei Pflegezeit und kurzzeitiger Arbeitsverhinderung sowie Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen in Anspruch nehmen. Zudem gewähre die Beklagte in diesem Rahmen einen Entlastungsbetrag in Höhe von EUR 125,00 monatlich. Dieser könne im Wege der Erstattung von Kosten eingesetzt werden, die dem Kläger im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Leistungen der Tages- und Nachtpflege sowie der Kurzzeitpflege, von Leistungen der ambulanten Pflegedienste sowie von Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag entstünden. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers ein Anordnungsgrund angenommen würde, sei die weitere Sachverhaltsaufklärung durch Einholung von ärztlichen Unterlagen oder gegebenenfalls eines medizinischen Gutachtens dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Gegen den ihm am 8. Juni 2017 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit am 14. Juni 2017 beim SG eingegangenen Schreiben unter sinngemäßer Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags Beschwerde eingelegt. An manchen Tagen sei er total hilflos. Die Beklagte habe kein Interesse an einer schnellen Bearbeitung. Die Erstbegutachtung sei mangelhaft. An manchen Tagen könne er sein Bett nicht verlassen, seine Wohnung könne er seit Monaten nicht aufräumen. Daher könne er die Bearbeitung seines Widerspruchs nicht abwarten. Die Leistungen des Pflegegrads 1 gingen an der Realität und Bedürftigkeit vorbei.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. Juni 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm ab 1. Januar 2017 vorläufig Geldleistungen der Pflegeversicherung mindestens nach dem Pflegegrad 2 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren. Bereits für den 10. Mai und 27. Juni 2017 seien mit dem MDK Hausbesuche beim Kläger terminiert gewesen, die der Kläger selbst jedoch abgesagt habe. Dieses Vorgehen sei im Zusammenhang mit der Geltendmachung seines Begehrens im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes widersprüchlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Die gemäß § 173 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft. Die Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, weil die Berufung in der Hauptsache nicht der Zulassung bedürfte. Der Kläger begehrt u.a. zukunftsgerichtet laufende Leistungen ohne Beschränkung und damit für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Das SG hatte bislang fehlerhaft die Krankenkasse der Beklagten als Antragsgegnerin geführt. Hierbei handelte es sich um eine offensichtliche Unrichtigkeit, sodass der Senat das Rubrum insoweit berichtigt hat.
3. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Kläger vorläufige Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung mindestens nach Pflegegrad 2 zu gewähren.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, so dass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei dürfen sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss des Ersten Senats vom 13. April 2010 – 1 BvR 216/07 – juris, Rn. 64; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. August 2014 – 1 BvR 1453/12 – juris, Rn. 9).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (vgl. Landessozialgericht [LSG] Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Januar 2007 – L 7 SO 5672/06 ER-B – juris, Rn. 2). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris, Rn. 4). Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris, Rn. 4).
Es kann dahinstehen, ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, denn der Kläger hat auch im Beschwerdeverfahren keinerlei Gründe vorgebracht, aus denen sich ergeben könnte, dass ihm ein Abwarten des Klageverfahrens unzumutbar ist. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG verwiesen. Die Leistungen der häuslichen Pflege sind keine existenzsichernden Leistungen. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) ergänzen bei häuslicher und teilstationärer Pflege die Leistungen der Pflegeversicherung die familiäre, nachbarschaftliche oder sonstige ehrenamtliche Pflege und Betreuung. § 4 Abs. 2 SGB XI als Grundnorm verdeutlicht, dass die Leistungen der Pflegeversicherung (lediglich) eine soziale Grundsicherung in Form von unterstützenden Hilfeleistungen darstellen sollen, eine Vollversorgung des Pflegebedürftigen indessen nicht angestrebt wird. Im ambulanten Bereich obliegt es den Versicherten, einen durch die Leistungen der Pflegeversicherung nicht gedeckten Pflege- und Betreuungsaufwand selbst sicherzustellen (vgl. Bundestags-Drucksachen 12/5262 S. 90 und 16/7439, S. 44; siehe auch Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 5. Mai.2010 - B 12 R 6/09 R -, juris Rn. 19).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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