L 5 KR 354/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 KR 4718/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 354/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17.12.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erstattung weiterer Kosten für von ihm betriebene Widerspruchsverfahren.

Der bei der Beklagten krankenversicherte Kläger bezog (bis zum 31.05.2012) eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, die ab dem 01.01.2009 wegen erzielten Einkommens aus einer Tätigkeit als selbstständiger Musiker nicht zur Auszahlung gekommen ist. Nachdem die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, forderte sie den Kläger mehrfach - erfolglos - auf, entsprechende Einkommensnachweise vorzulegen. Ab 01.07.2011 bezog der Kläger eine Rente aus der Schweiz.

Mit Schreiben vom 20.12.2013 gab die Beklagte dem Kläger erneut Gelegenheit, einen Nachweis betr. die Höhe der schweizerischen Rente vorzulegen. Mit dem Schreiben übersandte die Beklagte ferner Beitragsbescheide gleichen Datums, mit denen sie, auch namens der bei ihr eingerichteten Pflegekasse, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab dem 01.01.2009 i.H.v. 569,63 EUR bzw. 71,66 EUR monatlich, für die Zeit ab dem 01.07.2009 i.H.v. 547,58 EUR bzw. 71,66 EUR monatlich, für die Zeit ab dem 01.01.2010 i.H.v. 558,75 EUR bzw. 73,13 EUR monatlich und für die Zeit ab dem 01.01.2011 i.H.v. 575,44 EUR bzw. 72,39 EUR monatlich festsetzte. Als beitragspflichtige Einnahmen legte sie hierbei jeweils die geltende Beitragsbemessungsgrenze zu Grunde.

Hiergegen erhob der Kläger, vertreten durch seinen bevollmächtigten Rentenberater, am 13. und am 14.01.2014 insg. neun Widersprüche, von denen vier gegen die Pflegekasse, die übrigen gegen die beklagte Krankenkasse gerichtet waren und die sich in der Begründung, mit Ausnahme der Benennung des jeweils festgesetzten Kranken- bzw. Pflegeversicherungsbeitrages und der Höhe der zu Grunde gelegten Beitragsbemessungsgrenze nicht unterschieden haben. Der Bevollmächtigte führte u.a. aus, dass sich die Beklagte im Nachgang weigern werde, die Widerspruchskosten zu tragen, er werde in acht Fällen gerichtliche Verfahren führen, um die Widerspruchskosten zu erstreiten.

Unter dem 22.01.2014 übersandte der Bevollmächtigte sodann die Einkommensteuerbescheide des Klägers betr. die Veranlagungsjahre 2008 - 2011. Mit Schreiben vom 21.02.2014 wies die Beklagte darauf hin, dass sie bereits mit Schreiben vom 18.10.2013 um die Übersendung der Einkommenssteuerbescheide gebeten und mit Schreiben vom 15.11.2013 hieran erinnert habe. Erst nach weiteren vier Wochen habe sie sodann die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung festgesetzt. Ein Widerspruch gegen die Beitragsbescheide sei daher nicht erforderlich gewesen, die bloße - rechtzeitige - Übersendung der Einkommenssteuerbescheide wäre ausreichend gewesen. Der Antrag, die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu übernehmen, werde daher abgelehnt. Nach den sich aus den Einkommensteuerbescheiden ergebenden Arbeitseinkommen des Klägers seien nur für die Zeit vom 01.02.2010 - 31.12.2011 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen. Die Bescheide vom 21.02.2014, mit denen sie, die Beklagte, auch namens der Pflegekasse die Beiträge für die Zeit vom 01.02.2010 -31.12.2011 nach dem tatsächlich erzielten Einkommen festsetzte, die von der Beklagten mitübersandt wurden, heben, so die Beklagte weiter, die Bescheide vom 20.12.2012 auf. Sie, die Beklagte, sei ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bereit, erst ab 01.02.2010 Beiträge zu erheben.

Mit Schreiben vom 02.04., vom 10.04. und vom 28.04.2010 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens. Mit Schreiben vom 02.05.2014 hörte die Beklagte den Kläger dazu an, dass beabsichtigt sei, den Antrag abzulehnen. Nach § 63 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) seien Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden seien, von diesem selbst zu tragen. Das Verschulden des Bevollmächtigten sei hierbei dem Erstattungsberechtigten zuzuordnen. Hiervon sei vorliegend auszugehen, da der Bevollmächtigte des Klägers nicht auf die Anfragen vom 18.10.2013 bzw. vom 15.11.2013 reagiert habe. Ein Hinweis darauf, dass eine Fristverlängerung erforderlich gewesen sei, wäre ausreichend gewesen, um den Erlass der Bescheide vom 20.12.2013 zu verhindern. Im Übrigen beträfen die Widersprüche dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), sodass Kosten allenfalls für einen Widerspruch, nicht jedoch für neun Widersprüche geltend gemacht werden könnten.

Unter dem 07.05.2014 übersandte der Bevollmächtigte des Klägers acht Vergütungsrechnungen, mit denen er Beträge von 806,23 EUR (Krankenversicherungsbeiträge ab 01.01.2009; Rechn.Nr. 00022614; Geschäftsgebühr: 640,- EUR), 380,80 EUR (Krankenversicherungsbeiträge ab 01.07.2009; Rechn.Nr. 00022814; Geschäftsgebühr: 300,- EUR), 379,61 EUR (Krankenversicherungsbeiträge ab 01.01.2010; Rechn.Nr. 00023014; Geschäftsgebühr: 299,- EUR), 378,42 EUR (Krankenversicherungsbeiträge ab 01.01.2011; Rechn.Nr. 00023214; Geschäftsgebühr: 298,- EUR), 401,63 EUR (Rechn.Nr. 00022714, adressiert an die Pflegekasse), 202,30 EUR (Rechn.Nr. 00022914, adressiert an die Pflegekasse), 201,11 EUR (Rechn.Nr. 00023114, adressiert an die Pflegekasse) und 199,92 EUR (Rechn.Nr. 00023314, adressiert an die Pflegekasse) geltend machte.

Mit Bescheid vom 28.05.2014 erklärte sich die Beklagte bereit, die anlässlich des Widerspruchsverfahrens gegen die Beitragsbemessung für die Zeit vom 01.01.2009 - 30.06.2011 entstandenen Kosten dem Grunde nach zu übernehmen. Die Beklagte führte ferner aus, dass die Beitragsfestsetzung ab dem 01.01.2009 eine Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG darstelle und daher nur die Erstattung einer Gebühr in Frage komme. Mit Schreiben vom 05.06.2014 teilte die Beklagte dem Kläger ferner mit, dass beabsichtigt sei, den Kostenerstattungsanspruch mit Beitragsrückständen des Klägers aufzurechnen.

Mit Bescheid vom 11.06.2014 setzte die Beklagte, auch namens der Pflegekasse, die zu erstattenden Kosten des Widerspruchsverfahrens auf 380,80 EUR fest (Geschäftsgebühr Nr. 2301 VV RVG: 300,- EUR, Auslagenpauschale: 20,- EUR, Mehrwertsteuer: 60,80 EUR). Den Kostenerstattungsanspruch rechnete die Beklagte mit rückständigen Beitragsforderung, die sich derzeit auf 2.664,48 EUR zzgl. weiterer Säumniszuschläge beliefen, auf.

Hiergegen erhob der Kläger am 17., 24. bzw. 25.06.2014 Widersprüche gegen die Kranken- und Pflegekasse, die mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2014, auch namens der Pflegekasse, zurückgewiesen worden sind. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Widersprüche des Klägers beträfen kostenrechtlich dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG, sodass nur die Kosten eines Widerspruchsverfahrens zu erstatten seien. Soweit sich der Kläger auch gegen die Aufrechnung wende, sei der Widerspruch bereits unzulässig; insofern sei eine Leistungsklage zu erheben, was der Kläger bereits unternommen habe (S 5 KR 2912/14).

Hiergegen erhob der Kläger am 13.10.2014 - getrennt gegen Beklagte und gegen die Pflegekasse (- S 5 P 4719/14 -) Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Die Klage gegen die Pflegekasse ruht. Ferner war beim SG eine Leistungsklage auf Auszahlung von 380,80 EUR anhängig (- S 5 KR 2912/14 -), die am 12.06.2015 zurückgenommen wurde. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass jedes Widerspruchsverfahren gesondert abrechnungsfähig sei. Auch sei eine Vergleichsgebühr zu zahlen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.12.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, die Beklagte habe die zu erstattenden Kosten in nicht zu beanstandender Weise auf 380,80 EUR festgesetzt. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X habe der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen habe, einem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich gewesen ist. Die Behörde setze nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB X die zu erstattenden Aufwendungen fest. Die Beklagte habe hierbei zutreffend eine Geschäftsgebühr in Höhe der Schwellengebühr gewährt, eine Gebühr nach Nr. 1005 VV RVG jedoch zu Recht nicht erstattet. Hierzu sei erforderlich, dass die Rechtssache sich durch die anwaltliche Mitwirkung erledigen müsse, wobei eine Tätigkeit des Rechtsanwalts erforderlich sei, die über die bloße Widerspruchseinlegung hinausgehe. Die anwaltliche Tätigkeit müsse insofern kausal für die Erledigung des Rechtsstreits sein. Eine derartige Tätigkeit habe der Bevollmächtigte des Klägers nicht entfaltet, seine Tätigkeit habe sich auf die Einlegung des Widerspruchs unter Hinweis auf die Gesetzeslage und die Vorlage schon mehrfach angeforderter Steuerbescheide beschränkt. Er habe daher nicht daran mitgewirkt, dass die Beklagte von der Unrichtigkeit der Bescheide vom 20.12.2013 überzeugt worden sei. Auch die Entscheidung der Beklagten, die Widersprüche gegen die Beitragsfestsetzung vom 20.12.2013 als eine Angelegenheit anzusehen, sei zutreffend. Das Bundessozialgericht (BSG; Urteil vom 02.04.2014 - B 4 AS 27/13 R -, in juris) gehe von "derselben Angelegenheit" aus, wenn zwischen den weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen ein innerer Zusammenhang gegeben sei; wenn mithin ein einheitlicher Auftrag und ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit vorliege. Dies gelte selbst dann, wenn die Angelegenheit verschiedene Gegenstände und teilweise getrennte Prüfaufgaben betreffe. Vorliegend sei der Bevollmächtigte beauftragt gewesen, zu prüfen, ob der Kläger zutreffend mit dem Höchstbeitrag eingestuft worden sei. Die Beklagte habe hierüber zwar in mehreren Schreiben, die jedoch mit einem Anschreiben verbunden und gemeinsam versandt worden seien, entschieden. Auch sei es erkennbar gewesen, dass die Beklagte einheitlich über einen längeren Zeitraum, lediglich differenzierend nach dem jeweiligen Beitragssatz und der zu Grunde zu legenden Beitragsbemessungsgrenze entschieden habe. Der Bevollmächtigte sei insofern mit einer einheitlichen Prüfung beauftragt gewesen, wie sich bereits daran zeige, dass er wortlautidentische Widersprüche erhoben habe.

Gegen den am 24.12.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 25.01.2016, einem Montag, Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt der Kläger vor, die Beklagte habe diverse Bescheide erlassen, mit denen Beiträge über einen bestimmten Zeitraum bis zur Höchstgrenze festgesetzt worden seien. Jeder Bescheid habe einen eigenen Zeitraum betroffen und eine eigenständige Rechtsbehelfsbelehrung beinhaltet. Jeder dieser Bescheide sei isoliert mit einem Widerspruch anzufechten gewesen. Ob die Bescheide gemeinsam übersandt worden seien, sei unbeachtlich. Die vom SG angeführte Rechtsprechung des BSG verstoße gegen das RVG, das gegenüber der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung eine deutliche Änderung normiert habe. Auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg habe i.d.S. entschieden (- L 4 KR 798/15 - und - L 4 P 1720/15 -). Überdies sei, anderes als es das SG annehme, sehr wohl eine vergleichsweise Regelung der Beitragsfrage zu Stande gekommen.

Der Kläger beantragt (z.T. zweckdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17.12.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2014 zu verurteilen, die Kosten der Widerspruchsverfahren gegen die Bescheide der Beklagten vom 20.12.2013 gemäß den Kostennoten vom 07.05.2014 zu erstatten,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides sowie auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid.

Mit Schriftsatz vom 30.01.2017 hat die Beklagte, mit solchem vom 08.08.2017 der Kläger das Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge und die bei der Beklagten geführte Leistungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und unter Anwendung von § 64 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fristgerecht eingelegte Berufung (vgl. § 151 SGG), über die der Senat nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist nach § 143 SGG statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderlichen Betrag von 750,- EUR übersteigt.

Gegenstand des Rechtsstreits ist einzig, in welcher Höhe die von der Beklagten zu erstattenden Kosten des Klägers für die Widerspruchsverfahren gegen die Beitragsbescheide vom 20.12.2013 festzusetzen sind (§ 63 Abs. 3 Satz 1 SGB X). Die Frage, ob dem Grunde nach Kosten zu erstatten sind, hat die Beklagte bestandskräftig mit Bescheid vom 28.05.2014 entschieden. Dieser Streitgegenstand ist jedoch noch dahingehend eingeschränkt, als der Bevollmächtigte mit seiner Klage vor dem SG nur die Kosten der Widerspruchsverfahren betr. die Beiträge zur Krankenversicherung geltend gemacht hat. Die Kosten der Widerspruchsverfahren betr. der Beiträge zur Pflegeversicherung macht er hingegen im Verfahren - S 5 P 4719/14 - geltend, sodass hierüber im vorliegenden Verfahren nicht zu befinden ist. Dem folgend ist der Bescheid vom 11.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2014 vorliegend nur insofern angefochten, als die Vergütungsabrechnungen 00022614, 00022814, 00023014 und 00023214 (Rechnungsbeträge: 806,23 EUR, 380,80 EUR, 379,61 EUR und 378,42 EUR), über einen Betrag von 380,80 EUR hinaus, nicht vergütet worden sind. Gleichfalls nicht gegenständlich ist die Frage, ob die Beklagte zu Recht die Erstattung der Kosten mit offenen Beitragsrückständen des Klägers aufgerechnet hat; insofern ist die Entscheidung der Beklagten nach der Rücknahme der Klage - S 5 KR 2912/14 - am 12.06.2015 bestandskräftig.

In diesem Umfang führt die Berufung des Klägers für diesen inhaltlich nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 11.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2014 in nicht zu beanstandender Weise abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine über 380,80 EUR hinausgehende Kostenerstattung nach dem Widerspruchsverfahren gegen die Beitragsbescheide vom 20.12.2013.

Nach § 63 Abs. 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde die angefochtene Entscheidung erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, wenn der Widerspruch erfolgreich ist. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts sind erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war (§ 63 Abs. 2 SGB X).

Gebühren und Auslagen im Sinne des § 63 Abs. 2 SGB X sind nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die sich nach dem RVG bemessen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RVG), das nach § 4 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz für die Vergütung von Rentenberatern entsprechend gilt. In sozialrechtlichen Angelegenheiten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, für die - wie vorliegend - bei Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden wäre, entstehen Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs. 1, Abs. 2 RVG), die sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG bestimmen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RVG). Sie umfassen nach Nr. 2400 des VV zum RVG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung - seit dem 01.08.2013 ersetzt durch Nr. 2302 VV RVG i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 23.07.2013, BGBl I 2586) - eine Geschäftsgebühr u.a. für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (vgl. Vorbemerkung II zu Nr. 2400 VV RVG a.F. i.V.m. Vorbemerkung 2.3 III zu Nr. 2300 VV RVG). Diese war nach der vorliegend anzuwendenden Fassung aus einem Betragsrahmen von 50,- - 640,- EUR zu bemessen, wobei eine Gebühr von mehr als 300,- EUR (sog. Schwellengebühr) nur gefordert werden konnte, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG) unter Berücksichtigung auch des Haftungsrisikos (§ 14 Abs. 1 Satz 3 RVG). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG).

In Anlegung dieser Vorgaben ist die Beklagte bei der Festsetzung der zu erstattenden Kosten zutreffend davon ausgegangen, dass die Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV mit 300,- EUR anzusetzen ist. Soweit der Bevollmächtigte in seiner Gebührennote (Rechn.Nr. 00022614) eine Gebühr von 640,- EUR angesetzt hat, ist dies unbillig. Ein höherer Gebührenansatz als die Schwellengebühr ist vorliegend durch nichts gerechtfertigt. Entsprechendes wird bereits vom Bevollmächtigten nicht vorgetragen und ist dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.

Die Beklagte hat es darüber hinaus in nicht zu beanstandender Weise unterlassen, eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG zu erstatten. Diese Gebührenposition verlangt im Widerspruchsverfahren regelmäßig eine Tätigkeit des Rechtsanwalts, die über die bloße Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgeht (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 13/06 R -, in juris m.w.N.). Eine anwaltliche Mitwirkung i.S.d. von Nr. 1005 VV verlangt eine besondere, nicht nur unwesentliche und gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit des Anwalts. Hierfür reicht die sofortige Abhilfe der Behörde, ohne dass diese auf eine besondere anwaltliche Aktivität zurückzuführen ist, nicht aus. Die anwaltliche Mitwirkung muss vielmehr gerade kausal für die Erledigung der Rechtssache gewesen sein. Eine derartige Tätigkeit hat der Bevollmächtigte des Klägers nicht entfaltet. Seine Tätigkeit beschränkte sich auf die Einlegung des Widerspruchs, ohne rechtlich relevante Argumente vorzubringen sowie auf die Vorlage der zuvor schon mehrfach angeforderten Einkommenssteuerbescheide. Eine Mitwirkung des Bevollmächtigten, die den Ansatz der Erledigungsgebühr rechtfertigen könnte, ist hiernach nicht erkennbar.

Neben der Gebühr Nr. 2302 VV i.H.v. 300,- EUR ist auch die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV i.H.v. 20,- EUR sowie die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV von 19% zu erstatten. Die Höhe der zu erstattenden Kosten von 380,80 EUR ist hiernach nicht zu beanstanden.

Der Kläger kann diese Gebühr auch nur einmal beanspruchen. Er kann nicht, worüber vorliegend zuvorderst gestritten wird, für mehrere Widerspruchsverfahren Gebühren abrechnen.

§ 15 Abs. 2 RVG bestimmt hierzu, dass der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann. Wann dieselbe Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne vorliegt, ist im RVG nicht abschließend geregelt (vgl. BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 6 KA 4/07 R - in juris). Die anwaltlichen Tätigkeitskataloge des § 16 RVG ("dieselbe Angelegenheit") und des § 17 RVG ("verschiedene Angelegenheiten") benennen insoweit nur Regelbeispiele. Die Begrifflichkeit dient gebührenrechtlich der Abgrenzung desjenigen anwaltlich zusammengehörenden Tätigkeitsbereichs, den eine Pauschgebühr abgelten soll. Diese soll grds. die gesamte Tätigkeit des Anwalts vom Erhalt des jeweiligen Auftrages bis zur Erledigung dieses Auftrages abgelten. Bereits hieraus wird deutlich, dass es für die Auslegung des Begriffs dieselbe Angelegenheit wesentlich auf die Art und den Umfang des Auftrages des Anwalts ankommt (Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl., 2013, § 15 RVG, Rn. 11 m.w.N.). Von derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG ist daher in der Regel auszugehen, wenn zwischen den weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen ein innerer Zusammenhang gegeben ist, also ein einheitlicher Auftrag und ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit vorliegt (vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 21.06.2011 - VI ZR 73/10 - in juris). Für ein Tätigwerden "in derselben Angelegenheit" (§ 7 Abs. 1 RVG) kann es im gerichtlichen Verfahren regelmäßig schon genügen, dass die Begehren einheitlich in demselben Verfahren geltend gemacht werden und zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht. Eine Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG kann daher auch mehrere Gegenstände umfassen (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 02.04.2014 - B 4 AS 27/13 R -, in juris m.w.N.). Ob mehrere Gegenstände dieselbe oder mehrere Angelegenheiten darstellen, hängt davon ab, ob sie von einem einheitlichen Auftrag umfasst werden, zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und der Rechtsanwalt einen einheitlichen Tätigkeitsrahmen wahrt (vgl. BGH, Urteile vom 19.12.2012 - IV ZR 186/11 - und vom 21.06.2011 - VI ZR 73/10 - , in juris; Hartmann, a.a.O., Rn. 12). Vorliegend wurde der Bevollmächtigte auf Grund einer Vollmacht tätig, die uneingeschränkt zur Vertretung in Sachen des Klägers gegen die Beklagte bzw. gegen die Deutsche Rentenversicherung (Vollmacht vom 18.08.2011) erteilt worden ist, die nicht nach Kranken- und Pflegekasse oder nach bestimmten Zeiträumen gesplittet war. Hieraus folgt, dass der Bevollmächtigte des Klägers einheitlich damit beauftragt worden ist, die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu überprüfen und ob zu Recht Beiträge aus der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt worden sind. Dafür, dass dem Tätigwerden des Bevollmächtigten verschiedene Beauftragungen zu Grunde lagen, bestehen keine Anhaltspunkte. Die Beklagte hat auch einheitlich im oben beschriebenen Sinne über die vom Kläger zu tragenden Beiträge entschieden. Sie hat hierbei zwar in mehreren Bescheiden entschieden, dies erfolgte jedoch, für den Kläger erkennbar, im Hinblick auf Änderungen des Beitragssatzes bzw. der Beitragsbemessungsgrenze. Die für den Kläger einzig relevante Frage der Höhe der der Verbeitragung zu Grunde zu legenden Einkünfte ist hingegen einheitlich, anhand der Beitragsbemessungsgrenze, entschieden worden. Die Bescheide stellen sich insofern als einheitliche Entscheidung über die vom Kläger in der Zeit ab dem 01.01.2009 zu tragenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung dar. Dass auch der erforderliche innere Zusammenhang bestand, wird für den Senat dadurch deutlich, dass die vom Bevollmächtigten erhobenen Widersprüche inhaltlich identisch waren und dieser selbst mitgeteilt hat, dass es "keine Berechtigung" gebe, "ohne Angabe von Einkommenshintergründen, zu behaupten, es sei die Jahresarbeitsentgeltgrenze monatlich verdient worden". Hieraus wird deutlich, dass es dem Kläger bzw. dessen Bevollmächtigten nur darum ging, einheitlich über den gesamten Zeitraum, die Beitragserhebung aus der Beitragsbemessungsgrenze abzuwenden.

Mithin liegt zur Überzeugung des Senats dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG vor.

Der Bescheid der Beklagten vom 11.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2014 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Berufung des Klägers gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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