L 5 KR 3556/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 1084/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3556/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 11.07.2016 wird zurückgewiesen.

Die Klage gegen die Bescheide der Beklagten vom 16.07.2015, vom 16.12.2015, vom 02.02.2016, vom 05.07.2016 und vom 22.12.2016 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Klägerin ab dem 01.08.2012 zu entrichtenden Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegepflichtversicherung streitig, wobei sich die Klägerin zuvorderst dagegen wendet, dass die Beklagte zu 1) bei der Beitragsbemessung auch das Einkommen ihres Ehegatten berücksichtigt hat.

Die verheiratete Klägerin ist seit dem 01.10.2011 bei der Beklagten zu 1) freiwillig kranken- und bei der Beklagten zu 2) pflegepflichtversichert. Sie bezieht eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. (zunächst) 772,31 EUR monatlich. Der Ehegatte der Klägerin ist privat krankenversichert. Auf eine Einkommensanfrage der Beklagten teilte die Klägerin unter dem 17.06.2012 mit, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. ca. 490,- EUR monatlich zu erzielen. Ihr Ehegatte beziehe eine Rente von der DRV, deren Höhe sich auf 1.930,28 EUR monatlich belaufe. Auf Anforderung der Beklagten legte sie den Rentenbescheid der DRV vom 31.05.2012 vor, nach der sich die Höhe der dem Ehegatten der Klägerin bewilligten Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 01.07.2012 auf monatlich 1.798,95 EUR, zzgl. eines Beitragszuschusses zur Krankenversicherung i.H.v. 131,33 EUR belaufen hat.

Mit Bescheid vom 18.07.2012 setzte die Beklagte zu 1), auch namens der bei ihr eingerichteten Pflegekasse, der Beklagten zu 2), die ab dem 01.08.2012 zu entrichtenden Beiträge zur Krankenversicherung auf 223,50 EUR monatlich und zur Pflegeversicherung auf 32,32 EUR monatlich fest. Sie berücksichtigte bei der Ermittlung der beitragspflichtigen monatlichen Einnahmen die Rente der Klägerin mit 772,31 EUR, Einkünfte aus Kapitalvermögen mit 41,08 EUR, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung mit 325,42 EUR sowie Einnahmen des Ehegatten der Klägerin mit 330,07 EUR monatlich. Auf die beitragspflichtigen Einnahmen i.H.v. insg. 1.468,88 EUR legte sie einen Beitragssatz von 14,9 % zur Kranken- und einen solchen von 2,2% zur Pflegeversicherung an. Für die Renteneinkünfte legte sie einen Beitragssatz von 15,5% an. Die Beklagte zu 1) führte ferner an, dass die zuvor, mit Schreiben vom 03.07.2012, mitgeteilte Beitragshöhe gegenstandslos sei. Hierzu teilte die Beklagte zu 1) der Klägerin mit Schreiben vom gleichen Tag mit, dass sie, die Beklagte zu 1), irrtümlich den Beitragszuschuss zur Krankenversicherung, den der Ehegatte der Klägerin von der DRV erhalte, bei der Beitragsbemessung berücksichtigt habe. Dies sei mit dem Beitragsbescheid vom 18.07.2012 korrigiert worden. Ferner teilte die Beklagte zu 1) mit, dass die Klägerin zwar am 21.06.2011 einen Antrag auf Altersrente gestellt habe, jedoch die für eine Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner erforderliche Vorversicherungszeit nicht erfüllt sei.

Gegen den mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Beitragsbescheid vom 18.07.2012 erhob die Klägerin mit Schreiben vom 11.09.2012 Widerspruch, zu dessen Begründung sie vorbrachte, die zur Konkretisierung der Regelung des § 240 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ergangenen Richtlinien des Spitzenverbandes der Krankenkassen würden von der Rechtsprechung als rechtswidrig erachtet. Hieraus folge, dass die Beitragsbemessung nach den §§ 226 ff. SGB V zu erfolgen habe. Da in diesen gesetzlichen Bestimmungen jedoch keine Rechtsgrundlage dafür verankert sei, auch Einkünfte des Ehegatten bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen, sei die konkrete Beitragsbemessung rechtswidrig.

Nachdem das Widerspruchsverfahren zunächst im Hinblick auf das vor dem Bundessozialgericht (BSG) anhängige Revisionsverfahren (- B 12 KR 20/11 R -) ruhend gestellt worden ist, wies die Beklagte zu 1), nachdem das BSG am 19.12.2012 eine Entscheidung getroffen hatte, den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 05.03.2015 zurück. Zur Begründung führte sie aus, seit dem 01.01.2009 erfolge die Beitragsbemessung freiwillig Krankenversicherter gem. § 240 Abs. 1 SGB V einheitlich nach den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler (BeitrVerfGrsSz), deren Wirksamkeit das BSG in seiner Entscheidung vom 19.12.2012 (a.a.O.) festgestellt habe. Nach § 2 Abs. 4 BeitrVerfGrsSz seien bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder auch die Einnahmen der nicht gesetzlich krankenversicherten Ehegatten zu berücksichtigen. Dies sei von ihr, der Beklagten zu 1), zutreffend angewandt worden. Es widerspräche dem Solidaritätsprinzip, einen freiwillig Versicherten in guten Einkommensverhältnissen ungeachtet der Einkünfte des Ehegatten zu versichern.

Hiergegen erhob die Klägerin am 02.04.2015 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Zu deren Begründung brachte sie vor, die Einnahmen ihres Ehegatten seien bei der Beitragsbemessung nicht zu berücksichtigen. Die BeitrVerfGrsSz, auf die die Beklagte zu 1) ihre Entscheidung stütze, könnten nicht als Berechnungsgrundlage für die Beitragserhebung herangezogen werden. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, in Form einer Satzung zu entscheiden, was nicht geschehen sei. Zudem verstoße die Beitragsfestsetzung unter Berücksichtigung des Einkommens des Ehemannes gegen den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Eigentums sowie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Die Beklagte zu 1) trat der Klage unter Verweis auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides entgegen.

Mit Urteil vom 11.07.2016 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, die Festsetzung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegepflichtversicherung sei nicht zu beanstanden. Die BeitrVerfGrsSz bildeten eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten. Sie, die BeitrVerfGrsSz, seien nach der Rspr. des BSG (Urteil vom 19.12.2012, a.a.O.) für Versicherte und Krankenkassen verbindlich. Die Regelung des § 2 Abs. 4 BeitrVerfGrsSz, wonach sich die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegepflichtversicherung auch unter Berücksichtigung der Einnahmen des Ehegatten berechnen, wenn dieser nicht gesetzlich krankenversichert sei, sei von der Beklagten zu 1) zutreffend angewandt worden. Ein Verstoß gegen Art. 3 oder Art. 14 des Grundgesetzes (GG) sei hierin nicht zu erblicken.

Gegen das am 02.09.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.09.2016 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass lediglich ihre eigenen Einnahmen der Beitragsbemessung zu Grunde gelegt werden dürften. Zwar sei der Beklagten (und dem SG) zuzugestehen, dass die BeitrVerfGrsSz eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung darstellten, § 2 Abs. 4 der BeitrVerfGrsSz sei jedoch nicht verfassungskonform. Diese Regelung greife in Rechte Dritter, insb. in Art. 3 und 14 GG, ein. § 240 Abs. 1 SGB V normiere hierzu lediglich, dass bei der Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen sei. Eine ausdrückliche Regelung betreffend der Einnahmen eines nicht gesetzlich krankenversicherten Ehegatten finde sich in § 240 Abs. 1 SGB V jedoch nicht. Hieraus folge, dass der Spitzenverband der Krankenkassen nur dazu ermächtigt gewesen sei, die Beitragsbelastung der freiwillig Versicherten festzulegen, nicht jedoch dazu, mittelbar Beiträge von nicht gesetzlich krankenversicherten Ehegatten einzuziehen. Dies sei ausschließlich dem Gesetzgeber vorbehalten. Im Übrigen sei es allein ihre, der Klägerin, Entscheidung, wie sie sich versichere. Ihr Ehegatte habe hierauf keinen Einfluss.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 11.07.2016 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 18.07.2012, vom 14.12.2012, vom 26.07.2013, vom 24.09.2013, vom 10.12.2013, vom 16.09.2014, vom 15.10.2014 und vom 16.12.2014 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2015 sowie die Bescheide vom 16.07.2015, vom 16.12.2015, vom 02.02.2016, vom 05.07.2016 und vom 22.12.2016 abzuändern, soweit die Beklagte zu 1) die Beiträge der Klägerin zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegepflichtversicherung ab dem 01.08.2012 unter Anrechnung der anteiligen Einnahmen des Ehemannes festgesetzt haben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurück- und die Klage gegen die Bescheide vom 16.07.2015, vom 16.12.2015, vom 02.02.2016, vom 05.07.2016 und vom 22.12.2016 abzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte zu 1) auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil.

Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte zu 1) weitere, auch im Namen der Beklagten zu 2) erlassene Beitragsbescheide wie folgt vorgelegt:

Bescheid vom 14.12.2012: Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 01.01.2013 i.H.v. 119,71 EUR (Beitragssatz 15,5 %) und 115,70 EUR (Beitragssatz 14,9 %) monatlich und Beiträge zur Pflegepflichtversicherung i.H.v. 35,62 EUR (Beitragssatz 2,3 %) monatlich. Hierbei berücksichtigte die Beklagte zu 1) Einnahmen des Ehegatten i.H.v. 1.798,95 EUR, die sie im Umfang von 776,53 EUR mit 14,9% verbeitragte.

Bescheid vom 26.07.2013: Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 18.02.2013 i.H.v. 297,98 EUR monatlich und Beiträge zur Pflegepflichtversicherung i.H.v. 45,28 EUR monatlich. Hierbei berücksichtigte die Beklagte zu 1) bei gleichbleibenden Beitragssätzen Einnahmen des Ehegatten i.H.v. 2.999,30 EUR. Sie berücksichtigte hierbei auch, dass der Ehegatte der Klägerin (nunmehr) eine (zeitlich bis zum 31.05.2017 befristete) abhängige Beschäftigung ausübte.

Bescheid vom 24.09.2013: Bei gleichbleibenden Beitragssätzen Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 01.10.2013 i.H.v. 297,99 EUR monatlich und Beiträge zur Pflegepflichtversicherung i.H.v. 45,28 EUR monatlich.

Bescheid vom 10.12.2013: Bei gleichbleibenden Beitragssätzen Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 01.01.2014 i.H.v. 120,01 EUR und 186,36 EUR monatlich und Beiträge zur Pflegepflichtversicherung i.H.v. 46,58 EUR monatlich.

Bescheid vom 16.09.2014: Bei gleichbleibenden Beitragssätzen Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 01.07.2014 i.H.v. 306,45 EUR monatlich und Beiträge zur Pflegepflichtversicherung i.H.v. 46,58 EUR monatlich.

Bescheid vom 15.10.2014: Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 01.07.2014 i.H.v. 306,62 EUR monatlich (Beitragssätze gleichbleibend) und Beiträge zur Pflegepflichtversicherung bei einem Beitragssatz von 2,05 % i.H.v. 46,58 EUR monatlich.

Bescheid vom 16.12.2014: Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 01.01.2015 i.H.v. 174,54 EUR (Beitragssatz 14,0 %) und 119,10 EUR (Beitragssatz 14,6 %) monatlich, Zusatzbeitrag von 0,8 % i.H.v. 16,50 EUR und Beiträge zur Pflegepflichtversicherung i.H.v. 53,63 EUR (Beitragssatz 2,6 %) monatlich.

Bescheid vom 16.07.2015: Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 01.07.2015 i.H.v. 293,75 EUR (Beitragssätze 14,8 % und 15,4 %) monatlich, Zusatzbeitrag von 0,8 % i.H.v. 16,50 EUR und Beiträge zur Pflegepflichtversicherung i.H.v. 53,63 EUR (Beitragssatz gleichbleibend) monatlich.

Bescheid vom 16.12.2015: Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 01.01.2016 i.H.v. 128,80 EUR (Beitragssatz 14,0 %) und 121,60 EUR (Beitragssatz 14,6 %) monatlich, Zusatzbeitrag von 1,0 % i.H.v. 17,53 EUR und Beiträge zur Pflegepflichtversicherung i.H.v. 45,57 EUR monatlich (Beitragssatz gleichbleibend). Hierbei berücksichtigte die Beklagte zu 1) Einnahmen des Ehegatten i.H.v. 2.044,68 EUR, die gesetzliche Rente der Klägerin mit 832,89 EUR und sonstige Einnahmen i.H.v. 628,17 EUR monatlich.

Bescheid vom 02.02.2016: Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 01.02.2016 i.H.v. 121,60 EUR und von 77,88 EUR monatlich, Zusatzbeitrag von 1,0 % i.H.v. 13,89 EUR und Beiträge zur Pflegepflichtversicherung i.H.v. 36,12 EUR monatlich. Hierbei berücksichtigte die Beklagte zu 1) bei gleichbleibenden Beitragssätzen Einnahmen des Ehegatten i.H.v. 1.945,53 EUR sowie die gesetzliche Rente der Klägerin mit 832,89 EUR und berücksichtigte die Hälfte des "Familieneinkommens" von 2.778,42 EUR, d.h. einen Betrag von 1.389,21 EUR monatlich.

Bescheid vom 05.07.2016: Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 01.07.2016 i.H.v. 126,76 EUR und von 137,19 EUR monatlich, Zusatzbeitrag von 1,0 % i.H.v. 18,48 EUR und Beiträge zur Pflegepflichtversicherung i.H.v. 48,05 EUR monatlich. Hierbei berücksichtigte die Beklagte zu 1) bei gleichbleibenden Beitragssätzen Einnahmen des Ehegatten i.H.v. 2.828,12 EUR, sowie die gesetzliche Rente der Klägerin mit 868,25 EUR und berücksichtigte die Hälfte des "Familieneinkommens" von 3.696,37 EUR, d.h. einen Betrag von 1.848,19 EUR monatlich.

Bescheid vom 22.12.2016: Beiträge zur Krankenversicherung ab dem 01.01.2017 i.H.v. 126,76 EUR und von 137,19 EUR monatlich (Beitragssätze gleichbleibend), Zusatzbeitrag von 1,0 % i.H.v. 18,48 EUR und Beiträge zur Pflegepflichtversicherung i.H.v. 51,75 EUR monatlich (Beitragssatz 2,8 %). Hierbei berücksichtigte die Beklagte zu 1) Einnahmen des Ehegatten i.H.v. 2.828,12 EUR sowie die gesetzliche Rente der Klägerin mit 868,25 EUR und berücksichtigte die Hälfte des "Familieneinkommens" von 3.696,37 EUR, d.h. einen Betrag von 1.848,19 EUR monatlich.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge, die bei der Beklagten geführte Leistungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 09.08.2017 geworden sind, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 09.08.2017 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (vgl. § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist nach § 143 SGG statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderlichen Betrag von 750,- EUR übersteigt und überdies Beiträge für mehr als ein Jahr betroffen sind (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Da die Klägerin sowohl die Festsetzung von Kranken- wie von Pflegeversicherungsbeiträgen angefochten hat, richten sich Klage und Berufung auch gegen die bei der Beklagten zu 1) errichtete Pflegekasse, die Beklagte zu 2); das Rubrum ist (nur) entsprechend zu berichtigen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23.09.2015 - L 5 KR 127/15 - n.v.)

Streitgegenständlich ist zunächst der mit der Klage angefochtene Bescheid vom 18.07.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2015, mit dem die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegepflichtversicherung ab dem 01.08.2012 festgesetzt wurden. Die Bescheide vom 14.12.2012, vom 26.07.2013, vom 24.09.2013, vom 10.12.2013, vom 16.09.2014, vom 15.10.2014 und vom 16.12.2014 sind nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2016 - B 8 SO 14/15 R -, in juris m.w.N.).

Die Bescheide vom 16.07.2015, vom 16.12.2015, vom 02.02.2016 und vom 05.07.2016 sind nach § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetz Gegenstand des Klageverfahrens geworden, ohne dass es einer gewillkürten Klageänderung bedurfte. Hat das SG - nicht ausdrücklich - über Bescheide, die nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sind, entschieden, ist dies im Berufungsverfahren nachzuholen (vgl. BSG, Urteil vom 17.11.2005 - B 11 a/11 AL 57/04 R -, in juris).

Der Bescheid vom 22.12.2016 ist nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Der Senat entscheidet hierüber auf Klage hin (vgl. BSG, Urteil vom 25.02.2010 - B 13 R 61/09 R -, in juris).

Streitgegenständlich ist mithin die Höhe der von der Klägerin seit dem 01.08.2012 zu tragenden Beiträge zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegepflichtversicherung. Da die Festsetzung niedrigerer Beiträge klägerseits nur im Hinblick auf die Berücksichtigung der Einkünfte des Ehegatten angegriffen und auch nur dahingehend beantragt wurde, ist es dem Senat nach § 123 SGG verwehrt, die streitbefangenen Bescheide im Hinblick auf die Beiträge zur Pflegeversicherung auch auf deren Rechtmäßigkeit nach § 55 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) zu überprüfen.

Die Berufung der Klägerin führt für diese jedoch nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da die Bescheide vom 18.07.2012, vom 14.12.2012, vom 26.07.2013, vom 24.09.2013, vom 10.12.2013, vom 16.09.2014, vom 15.10.2014 und vom 16.12.2014 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2015, vom 16.07.2015, vom 16.12.2015, vom 02.02.2016, vom 05.07.2016 und vom 22.12.2016 rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ab dem 01.08.2012 Beiträge zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegepflichtversicherung unter Außerachtlassung der Einnahmen des Ehemannes festzusetzen sind. Die Beklagte zu 1) war vielmehr berechtigt (und verpflichtet), die Hälfte der Bruttoeinnahmen des Ehemannes der Klägerin zum Zweck der Bemessung der Beiträge zuzurechnen.

Das Begehren der Klägerin scheitert nicht daran, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.07.2012 verfristet eingelegt worden ist. Zwar wurde der Widerspruch gegen den mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 18.07.2012 mit Widerspruchsschreiben vom 11.09.2012 nicht binnen Monatsfrist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 SGG) eingelegt. Die Fristversäumnis ist geheilt. Denn die Beklagte zu 1) hat sich nicht auf die Fristversäumung berufen und den Widerspruch sachlich beschieden (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 03.03.1994, - 1 RK 17/93 -, in juris; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl., 2017, § 84 Rd. 7).

Die Festsetzung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegepflichtversicherung durch die Beklagte zu 1) beruht auf § 240 Abs. 1 SGB V in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 378), der nach § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI für die Pflegepflichtversicherung entsprechend anzuwenden ist. Nach dieser Regelung wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Hierbei ist nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt, wobei gemäß § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitgliedes zu berücksichtigen sind, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Die hierzu durch Beschluss des Vorstands des Spitzenverbandes der Krankenkassen vom 27.10.2008 (veröffentlicht im elektronischen Bundesanzeiger am 04.11.2008) mit Wirkung zum 01.01.2009 erlassenen BeitrVerfGrsSz sind gegenüber den Mitglieds-Krankenkassen und deren Mitgliedern verbindlich (vgl. auch zu deren Wirksamkeit: BSG, Urteil vom 28.05.2015 - B 12 KR 15/13 R -, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 21/14 R - und Urteil vom 30.11.2016, - B 12 KR 6/15 R-, jew. in juris).

Das BSG hat mit Urteil vom 19.12.2012 (a.a.O.) entschieden, dass die BeitrVerfGrsSz für sich genommen in Einklang mit höherrangigem (Gesetzes- und Verfassungs-)Recht stehen. Der erkennende Senat hat dies berücksichtigt und geht in seiner ständigen Rechtsprechung von der Wirksamkeit der BeitrVerfGSz aus (u.a. Urteil vom 14.12.2016 - L 5 KR 3463/14 -; Beschluss vom 22.12.2016 - L 5 KR 5150/16 -; Urteil vom 17.05.2017, - L 5 KR 1028/16 -, jeweils n.v.). Gründe, im vorliegenden Verfahren hiervon abzuweichen, bestehen nicht.

§ 2 Abs. 1 Satz 1 BeitrVerfGrsSz, der nach § 1 Abs. 2 BeitrVerfGrsSz auch für die soziale Pflegeversicherung gilt, bestimmt, dass die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitgliedes bemessen werden. Die Beitragsbemessung hat die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitgliedes zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BeitrVerfGrsSz). Hiermit wird eine grundsätzliche Ausrichtung der Beitragsbelastung an der Gesamtheit der Einnahmen normiert. In diesem Sinne setzen sich nach § 2 Abs. 4 Satz 1 der BeitrVerfGrsSz die beitragspflichtigen Einnahmen von Mitgliedern, deren Ehegatte nicht einer Krankenkasse (§ 4 Abs. 2 SGB V) angehört, aus den eigenen Einnahmen und den Einnahmen des Ehegatten zusammen. Soweit klägerseits geltend gemacht wird, zu § 2 Abs. 4 Satz 1 BeitrVerfGSz finde sich kein gesetzliches Korrelat, weswegen der Spitzenverband der Krankenkassen nur dazu ermächtigt gewesen sei, die Beitragsbelastung der freiwillig Versicherten festzulegen, nicht jedoch dazu, zu bestimmen, dass auch Einnahmen Dritter, wie Ehegatten freiwillig Krankenversicherter, der Beitragspflicht unterliegen, verkennt dies bereits, dass in § 240 Abs. 5 SGB V in der ab dem 01.04.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 (BGBl. I S.2854) normiert ist, dass, soweit bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder das Einkommen von Ehegatten oder Lebenspartnern nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, die nicht einer Krankenkasse nach § 4 Absatz 2 angehören, berücksichtigt wird, von diesem Einkommen für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind, für das eine Familienversicherung wegen der Regelung des § 10 Absatz 3 nicht besteht, ein Betrag in Höhe von einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße, für nach § 10 versicherte Kinder ein Betrag in Höhe von einem Fünftel der monatlichen Bezugsgröße abzusetzen ist. Hieraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber bei einem Regelungsgehalt der Norm, dass für gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder ein "Frei"-Betrag abzusetzen ist, voraussetzt, dass bei der Ermittlung des zu verbeitragenden Einkommens freiwillig Versicherter, deren Partner nicht gesetzlich versichert ist, auch das Einkommen des Ehegatten zu berücksichtigen ist. Der Einwand der Klägerin der fehlenden gesetzlichen Normierung geht daher fehl.

Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt vorliegend auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Soweit die Klägerin - sinngemäß - eine unterschiedliche Behandlung von pflichtversicherten Mitgliedern einerseits und freiwillig versicherten Mitgliedern andererseits sieht, liegen zwischen beiden Personenkreisen so wesentliche Unterschiede vor, dass eine Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Pflichtversicherung erfasst nach ihrer gesetzlichen Typisierung die Personengruppen, die wegen ihrer niedrigen Einkünfte eines Schutzes für den Fall der Krankheit bedürfen, der durch Zwang zur Eigenvorsorge erreicht werden soll. Demgegenüber verfolgen die Vorschriften über die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung das Ziel, diese für solche Personen zu öffnen, bei denen ein ähnliches, aber eingeschränktes Schutzbedürfnis besteht. Von der Versicherungspflicht nicht erfasste Personen können kraft eigener Willensentschließung freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung werden oder sich privat gegen das Risiko der Krankheit versichern. Dieses Wahlrecht haben versicherungspflichtige Personen nicht. Hierin liegt eine langfristig bewährte Unterscheidung. Die unterschiedliche Beitragsbelastung von Pflichtversicherten einerseits und freiwillig Versicherten andererseits ist somit nicht zu beanstanden (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 6/15 R - m.w.N., in juris). Auch ist ein Verstoß gegen Verfassungsbestimmungen nicht darin zu erkennen, dass bei freiwillig Versicherten höhere - teilweise mit einer Beschäftigung in keinem Zusammenhang stehende - Einnahmen berücksichtigt werden (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.01.2012 - L 16 KR 9/11- in juris). Zudem sind die BeitrVerfGSz auch in anderer Hinsicht mit Verfassungsrecht, insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Krankenkassen dürfen zur Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit freiwillig Versicherter die Hälfte der höheren Einnahmen des Ehegatten in der geschilderten Weise zu Grunde legen, indem sie auch einen gegenüber dem Ehegatten bestehenden familienrechtlichen Teilhabeanspruch entsprechend vereinfachend verwaltungspraktikabel pauschalierend mit berücksichtigen (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 18.12.2012 - L 6 KR 171/09 -; BSG, Urteil vom 28.09.2011, - B 12 KR 9/10 R -, jew. in juris).

Es verstößt auch nicht gegen das Eigentumsrecht des Art. 14 GG, dass die Beklagte zu 1) in der geschilderten Weise das Einkommen des Ehegatten der Klägerin teilweise bei der Festsetzung ihrer Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt hat. Die Regelungen über die Beitragsfestsetzung bestimmen in grundsätzlich verfassungskonformer Weise Inhalt und Schranken des verfassungsrechtlichen Eigentums an Renten. Während der Ehe werden zwar formal betrachtet beide Ehepartner alleinige Inhaber der jeweils aufgrund ihrer Beiträge begründeten Versorgungsanrechte. Jedoch erwerben sie diese Anrechte während der Ehezeit wirtschaftlich betrachtet nicht allein zu dem Zweck, ihr eigenes Auskommen zu sichern. Die eigentumsrechtliche Position ist daher von vornherein durch die Ehe mitbestimmt und gebunden (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.05.2014 - 1 BvL 9/12 - und - 1 BvR 1145/13 -, in juris).

Der Senat sieht daher § 2 Abs. 4 BeitrVerfGSz als mit höherrangigem (Gesetzes- und Verfassungs-)Recht konform an.

In Anlegung der Vorgaben des § 2 Abs. 4 BeitrVerfGSz unterliegt die konkrete Bemessung der von der Klägerin zu tragenden Beiträge zur freiwilligen Kranken- und zur Pflegepflichtversicherung keinen Bedenken. Dass die Beklagte von unzutreffenden Werten betreffend der Einkünfte des Ehegatten oder der Klägerin ausgegangen ist oder dass fehlerhafte Beitragssätze berücksichtigt worden sind, ist dem Senat, insbesondere in Ermangelung konkreter klägerischer Einwände, nicht ersichtlich. Insb. hat die Beklagte in Einklang mit der Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 2 der BeitrVerfGrdSz die jeweiligen Änderungen in der Verhältnissen, die für die Beitragsfestsetzung maßgeblich sind, ab dem Zeitpunkt der Änderung berücksichtigt. Im Übrigen wird die konkrete Beitragsberechnung der Beklagten zu 1) klägerseits nicht angegriffen.

Die Bescheide der Beklagten zu 1) vom 18.07.2012, vom 14.12.2012, vom 26.07.2013, vom 24.09.2013, vom 10.12.2013, vom 16.09.2014, vom 15.10.2014 und vom 16.12.2014 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2015, vom 16.07.2015, vom 16.12.2015, vom 02.02.2016, vom 05.07.2016 und vom 22.12.2016 sind rechtmäßig sind und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 11.07.2016 ist zurück-, die Klage gegen die Bescheide vom 16.07.2015, vom 16.12.2015, vom 02.02.2016, vom 05.07.2016 und vom 22.12.2016 ist abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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