L 13 R 3974/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 2898/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3974/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. September 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung im Streit.

Die 1964 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Sie war als Produktionshelfern versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31. März 2014 gekündigt.

Vom 18. September 2014 bis 9. Oktober 2014 absolvierte die Klägerin eine ambulante Reha-Maßnahme in der A. S.-Klinik in B. S ... In dem Entlassbericht vom 10. Oktober 2014 wurden folgende Diagnosen gestellt: Fibromyalgie-Syndrom, Depression, Cervicobrachialgie bds. bei deg. HWS-Veränderungen u. BS-Protrusion C5-C7 mit Spinalstenose sowie Hypästhesie bds., Epikondylitis ulnaris li., Impingement-Syndrom re. Schulter bei Supraspinatustendinose u. Humeruskopfhochstand. Die Klägerin wurde arbeitsunfähig jedoch hinsichtlich einer Tätigkeit als Produktionsarbeiterin sowie leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr leistungsfähig entlassen. In dem Entlassbericht wurde ausgeführt, dass aufgrund der Depression eine psychiatrische Zusatzbegutachtung erforderlich sei.

Am 21. Oktober 2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Hierbei gab sie an, an Arthrose, Schmerzen, Fibromyalgie, Bronchitis und Allergien zu leiden. Mit Bescheid vom 13. November 2014 lehnte die Beklagte die beantragte Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, dass eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens nicht vorhanden sei. Hiergegen erhob die Klägerin am 26. November 2014 Widerspruch. Aufgrund der bei ihr vorliegenden multiplen Erkrankungen sei von einer spezifischen Leistungsbeeinträchtigung auszugehen. Die Beklagte habe daher eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen. Eine Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt reiche nicht aus. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2015 wies die Beklagte den erhobenen Widerspruch zurück. Hierbei stützte sie sich wiederum auf den Entlassbericht der Reha-Klinik vom 10. Oktober 2014.

Am 8. September 2015 hat die Klägerin gegen den ablehnenden Rentenbescheid Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie sei multipel erkrankt und leide an einer hochgradig ausgeprägten Depression sowie einem Fibromyalgie-Syndrom. Daher sei sie nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt drei Stunden und mehr irgendeine Tätigkeit zu verrichten. Es wurde ein Entlassbericht der A. Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie B.-B. vom 29. Juni 2015 über einen stationären Aufenthalt vom 10. Juni 2015 bis 27. Juni 2015 vorgelegt. Darin sind folgende Diagnosen gestellt worden: Fibromyalgie-Syndrom, Asthma bronchiale, Depression (derzeit hochgradig ausgeprägt), Gonarthrose rechts, leichte Rhizarthrose, Fingerpolyarthrose vom Heberden-Typ, Hypothyreose. Außerdem ist ausgeführt worden, dass dringend eine Psychotherapie empfohlen werde und die Klägerin einer antidepressiven Medikation ablehnend gegenüber gestanden habe, da sie auf viele Medikamente mit Unverträglichkeiten reagiere. Ein psychischer Befund ist nicht mitgeteilt worden.

Das SG hat sodann Beweis erhoben durch die Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. D. und Dr. H ... Der Allgemeinmediziner Dr. D. hat in seiner Zeugenauskunft vom 5. Januar 2016 mitgeteilt, dass die Klägerin an Ganzkörperschmerzen (Fibromyalgie), Gelenk- und Muskelschmerzen, Rückenschmerzen, Ängsten sowie einer mittelschweren Depression leide. Sie sei nicht in der Lage einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit im Rahmen einer 5-Tage-Woche mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Der Psychiater Dr. H. hat in seiner Auskunft vom 2. Februar 2016 mitgeteilt, dass in der psychopathologischen Befundung durchweg Einbußen im dynamischen Bereich, Vitalgefühlsstörungen sowie leichte kognitive Einschränkungen zu diagnostizieren seien. Es handele sich um den chronischen Verlauf einer depressiven und Schmerzentwicklung. Die Klägerin sei allenfalls für eine halbschichtige Tätigkeit, d. h. drei bis unter sechs Stunden täglich, belastbar.

Die Beklagte hat daraufhin die sozialmedizinische Stellungnahme des Internisten, Rheumatologen und Sozialmediziners Dr. L. vom 1. April 2016 eingeholt, in der dieser daran festgehalten hat, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf unter sechs Stunden täglich nicht nachgewiesen sei.

Das SG hat sodann Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Neurologen und Psychiater Dr. R ... Dieser hat einen allgemeinmedizinischen, einen neurologischen und einen psychischen Befund erhoben. In allgemeinmedizinischer Hinsicht hat er eine endgradige schmerzhafte Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule, Muskelverspannungen im Bereich der Hals- und der Lendenwirbelsäule sowie ein bronchitisches Atemgeräusch beidseits basal mitgeteilt. Den neurologischen Befund hat er als weitestgehend unauffällig beschrieben. Das Gangbild bei der Gangprobe im Untersuchungszimmer habe schwerfällig gewirkt, wobei die Klägerin in der Lage gewesen sei, für wenige Schritte den Hacken- und den Zehengang vorzuführen. Beim Seiltänzergang sei es zu Ausweichschritten nach beiden Seiten gekommen. In psychischer Hinsicht habe sich die Klägerin während der Exploration aufmerksam und konzentriert gezeigt. An sie gerichtete Fragen seien rasch und bereitwillig beantwortet worden. Im Verlauf der mehrstündigen Begutachtung sei es nicht zu einem Nachlassen der Konzentriertheit gekommen. Die Klägerin sei bewusstseinsklar und zu allen Qualitäten (Ort, Person, Zeit, situativ) voll orientiert gewesen. Die Antriebslage habe leichtgradig vermindert gewirkt. Hinweise für eine äußerlich erkennbare, innere Unruhe hätten sich nicht gefunden. Hinsichtlich der Stimmungslage habe die Klägerin überwiegend subdepressiv gewirkt. Die affektive Modulationsfähigkeit sei leichtgradig eingeschränkt gewesen. Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeitsdauer seien ungestört gewesen. Kurz- und Langzeitgedächtnis hätten keine Einschränkungen aufgewiesen. Der formale Gedankengang sei unauffällig gewesen. Gedankeninhaltlich kreise die Klägerin um ihre körperlichen Beschwerden und Schmerzen. Hinweise auf paranoide Ideen, auf Halluzinationen, auf Ich-Störungen, auf Zwangsideen oder auf Zwangsgedanken seien nicht festzustellen gewesen. Der Kurztest für allgemeine Basisgrößen der Informationsverarbeitung (KAI) hat keine vorzeitige Erschöpfbarkeit ergeben. Das Testergebnis des Mini-Mental-Status-Tests (MMS) hat gegen eine mittelschwere oder schwere kognitive Beeinträchtigung gesprochen. Die neurologische Testung hat sich unauffällig gezeigt. Zum Tagesablauf befragt, hat die Klägerin angegeben, in der Lage zu sein, sich zu duschen, sich selbständig anzukleiden, sich das Frühstück, Mittag- sowie Abendessen selbständig zuzubereiten, Treppen zu steigen, Geschirr in die Spülmaschine ein- und auszuräumen, Spaziergänge zu unternehmen, gelegentlich schwimmen zu gehen, den Geburtstag mit Gästen zu feiern und T.reisen – u. a. mit dem Auto – zu unternehmen. Dr. R. hat schließlich eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine Dysthymia diagnostiziert. Seiner Auffassung nach ist die Klägerin noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr pro Tag auszuüben. Akkord- oder Fließbandtätigkeiten sowie das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg seien nicht mehr leidensgerecht. Die Tätigkeiten sollten vorzugsweise im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen ausgeführt werden. Zwangshaltungen der Wirbelsäule sollten ebenso vermieden werden wie Arbeiten auf Leitern oder auf Gerüsten. Auch sollten Arbeiten unter der Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe sowie Nachtschichttätigkeiten vermieden werden. Betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Im Rahmen der Untersuchung hätten sich keine Anhaltspunkte für eine mittelschwere oder schwere Gangstörung ergeben, so dass davon auszugehen sei, dass sie täglich viermal einen Fußweg von 500 m in jeweils 15 bis 18 Minuten zurücklegen könne. Auch sei sie in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und ein Kfz zu führen.

Mit Gerichtsbescheid vom 21. September 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Das SG hat das Vorliegen einer quantitativen Leistungsminderung verneint und sich hierbei maßgeblich auf die Ausführungen des Dr. R. in seinem Sachverständigengutachten gestützt. Auch komme ein Berufsschutz nicht in Betracht, da die Klägerin nach dem Stichtag, also nach dem 2. Januar 1961 geboren sei.

Am 26. Oktober 2016 hat die Klägerin gegen den am 4. Oktober 2016 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung eingelegt. Im Hinblick darauf, dass die behandelnden Ärzte im Längsschnitt, so entsprechend dem beigefügten Arztbrief vom 2. Februar 2016 auch im Hinblick auf die psychischen Belastungen und psychiatrischen Beeinträchtigungen eine bestenfalls halbschichtige Tätigkeit angenommen hätten, sei der punktuellen Begutachtung an einem Tag nicht Folge zu leisten und ein (ergänzendes) Gutachten einzuholen. Die Klägerin hat nochmals die vom SG eingeholte Zeugenauskunft des Dr. H. vom 2. Februar 2016 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. September 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung seit Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid verwiesen.

Mit Beschluss vom 19. Januar 2017 hat der Senat die beantragte Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 7. März 2017 hat die Klägerin einen Befundbericht des Internisten Dr. S. vom 27. Februar 2017 sowie einen Bericht über eine Video-Koloskoopie des Dr. K. vom 22. Februar 2017 vorgelegt. Aus dem Befundbericht des Dr. S. lassen sich folgende Diagnosen entnehmen: allergisches Asthma bronchiale, allergische Rhinopathie durch Pollen, keine relevanten Auffälligkeiten im Röntgen-Thorax, NSAR-Intoleranz, Penicillinallergie, Verdacht auf schlafbezogene Atmungsstörung, Adipositas Grad III (BMI 48,5), Fibromyalgie. Im Rahmen der Untersuchung ist die Lunge frei gewesen, die Sauerstoffsättigung hat bei 97% gelegen, der Puls hat 76/min. betragen. Dr. S. hat den dringenden Verdacht auf eine begleitende schlafbezogene Atemstörung geäußert. Es sei ein Termin zum Schlafscreening vereinbart worden. Dr. K. hat im Rahmen seiner Untersuchung einen flachen Rektumpolypen festgestellt. Da die Klägerin eine weitere Untersuchung bzw. Intervention abgelehnt habe, habe keine Abtragung stattgefunden. Die Beklagte hat daraufhin ausgeführt, dass Dr. S. zum einen lediglich einen Verdacht auf eine schlafbezogene Atmungsstörung geäußert habe und eine solche, sofern sie sich bestätigen sollte, ohne weiteres behandelbar sei. Auch aus dem Befund des Dr. K. lasse sich eine Einschränkung auf das Leistungsvermögen nicht erkennen. Es verwundere auch, weshalb die Klägerin das Gericht um weitere Ermittlungen von Amts wegen bitte. Laut Aussage des Dr. K. habe die Klägerin eine weitere Diagnostik, Therapie und Abtragung des Polypen abgelehnt.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 25. April 2017 ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass keine weiteren Ermittlungen beabsichtigt seien. Ihr ist eine Frist zur Benennung eines Gutachters gem. § 109 SGG bis zum 30. Mai 2017 gesetzt worden. Hierauf hat die Klägerin nicht reagiert. Auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2017 hin hat die Klägerin mitgeteilt, im September 2017 einen Termin im Schlaflabor zu haben. Auch stehe eine Untersuchung bei einem Kardiologen an und sie habe eine Überweisung zu einer stationären psychologischen und psychiatrischen Untersuchung/Therapie erhalten, welche auch im Herbst stattfinden werde. Zwischen Anfang August bis spätestens zu dem Termin im Schlaflabor werde sie sich in die T. begeben. Dort werde sie ebenfalls ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. August 2017 in die Winterzeit 2017 zu verlegen. Des Weiteren hat er mitgeteilt, dass im Falle, dass der Termin bestehen bleibe, weder er - aus wirtschaftlichen Gründen - noch die Klägerin an dem Termin teilnehmen werden. Der Senat hat dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin daraufhin mitgeteilt, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. August 2017 bestehen bleibe.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten der ersten und zweiten Instanz sowie auf die Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat in seinem Gerichtsbescheid vom 21. September 2016 zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Ablehnungsbescheid vom 13. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2015 in dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ablehnt.

Gem. § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Eintritt einer rentenberechtigenden Leistungsminderung muss im Wege des Vollbeweises festgestellt sein, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass bei der Klägerin eine rentenrechtlich relevante qualitative oder eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich vorliegt.

Nach Maßgabe dieser Vorschriften ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert. Das SG hat – im Wesentlichen gestützt auf das eingeholte Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. R. vom 11. September 2016 zutreffend dargelegt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI hat, weil sie in der Lage ist, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Dr. R. hat in seinem Gutachten ausführlich Befund erhoben. Aus dem von Dr. R. erhobenen allgemeinmedizinischen Befund geht eine endgradige schmerzhafte Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule sowie Muskelverspannungen im Bereich der Hals- und der Lendenwirbelsäule und ein bronchitisches Atemgeräusch beidseits basal hervor. Den neurologischen Befund hat er als weitestgehend unauffällig beschrieben. Das Gangbild bei der Gangprobe im Untersuchungszimmer hat zwar schwerfällig gewirkt; dennoch ist die Klägerin in der Lage gewesen, für wenige Schritte den Hacken- und den Zehengang vorzuführen. Lediglich beim Seiltänzergang ist es zu Ausweichschritten nach beiden Seiten gekommen. Eine quantitative Leistungseinschränkung ergibt sich weder aus dem allgemeinmedizinischen noch aus dem neurologischen Befund. In psychischer Hinsicht hat sich die Klägerin während der Exploration aufmerksam und konzentriert gezeigt. An sie gerichtete Fragen sind rasch und bereitwillig beantwortet worden. Im Verlauf der mehrstündigen Begutachtung ist es nicht zu einem Nachlassen der Konzentriertheit gekommen. Die Klägerin ist bewusstseinsklar und zu allen Qualitäten (Ort, Person, Zeit, situativ) voll orientiert gewesen. Die Antriebslage hat leichtgradig vermindert gewirkt. Hinweise für eine äußerlich erkennbare, innere Unruhe hat Dr. R. nicht gefunden. Hinsichtlich der Stimmungslage hat die Klägerin überwiegend subdepressiv gewirkt. Die affektive Modulationsfähigkeit ist leichtgradig eingeschränkt gewesen. Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeitsdauer sind ungestört gewesen. Kurz- und Langzeitgedächtnis haben keine Einschränkungen aufgewiesen. Der formale Gedankengang ist unauffällig gewesen. Dr. R. hat ausgeführt, dass die Klägerin gedankeninhaltlich um ihre körperlichen Beschwerden und Schmerzen kreise. Hinweise auf paranoide Ideen, auf Halluzinationen, auf Ich-Störungen, auf Zwangsideen oder auf Zwangsgedanken sind nicht festzustellen gewesen. Die seitens Dr. R. durchgeführten Testverfahren (KAI und MMS) haben keine vorzeitige Erschöpfbarkeit und auch keine Hinweise auf eine mittelschwere oder schwere kognitive Beeinträchtigung erbracht. Zum Tagesablauf befragt hat die Klägerin angegeben, in der Lage zu sein, sich zu duschen, sich selbständig anzukleiden, sich das Frühstück, Mittag- sowie Abendessen selbständig zuzubereiten, Treppen zu steigen, Geschirr in die Spülmaschine ein- und auszuräumen, Spaziergänge zu unternehmen, gelegentlich schwimmen zu gehen, den Geburtstag mit Gästen zu feiern und T.reisen – u. a. mit dem Auto – zu unternehmen. Dr. R. hat schließlich eine anhaltend somatoforme Schmerzstörung sowie eine Dysthymia diagnostiziert. Vor dem Hintergrund der seitens Dr. R. mitgeteilten Befunde und Diagnosen sowie des mitgeteilten Tagesablaufs schließt sich der Senat nach eigener Überzeugung auch dessen Leistungseinschätzung an. Danach ist die Klägerin noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr pro Tag auszuüben, wobei Akkord- oder Fließbandtätigkeiten sowie das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg zu vermeiden sind. Die Tätigkeiten sollen vorzugsweise im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen ausgeführt werden. Zwangshaltungen der Wirbelsäule sollen ebenso vermieden werden wie Arbeiten auf Leitern oder auf Gerüsten. Auch sollen Arbeiten unter der Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe sowie Nachtschichttätigkeiten vermieden werden. Nach den seitens Dr. R. festgestellten Befunden hält der Senat auch keine betriebsunüblichen Pausen für erforderlich und vermag auch eine Einschränkung der Wegefähigkeit nicht zu erkennen. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Klägerin in der Lage ist, viermal täglich 500 m innerhalb von 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel während der Stoßzeiten zu benutzen. Auch ist die Klägerin ihren eigenen Angaben nach noch in der Lage, ein Kfz zu führen.

Auch aus dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ergibt sich nichts anderes. Die von Dr. S. mitgeteilten Befunde sind unauffällig. Sofern er den Verdacht auf eine schlafbezogene Atmungsstörung stellt, so ist für den Senat nicht ersichtlich, inwiefern sich diese negativ auf das quantitative Leistungsvermögen der Klägerin auswirken soll. Schlafbezogene Atmungsstörungen sind einer Therapie sehr gut zugänglich. Da die Klägerin nach der Verdachtsdiagnose des Dr. S. von Februar 2017 erst für September 2017 – nach ihrem mehrwöchigen Urlaubsaufenthalt in der T. - einen Termin im Schlaflabor vereinbart hat, lässt im Übrigen nicht darauf schließen, dass sie hierdurch in besonderem Maße beeinträchtigt wird. Die Klägerin war bereits mit gerichtlicher Verfügung vom 11. April 2017 angefragt worden, ob sie in einem Schlaflabor vorstellig gewesen sei und entsprechende Befundberichte vorlegen kann. Auch der von Dr. K. erhobene Befund vom 22. Februar 2017, wonach bei der Klägerin ein flacher Rektumpolyp festgestellt worden ist, führt nicht zur Annahme einer Leistungseinschränkung. Die Klägerin scheint hierdurch gleichfalls nicht beeinträchtigt, da sie eine weitere Therapie bzw. Abtragung desselben abgelehnt hat.

Der Senat ist auch nicht verpflichtet gewesen, weitere Ermittlungen durchzuführen bzw. die von der Klägerin angekündigten Untersuchungen abzuwarten und die mündliche Verhandlung zu verlegen. Wie bereits erwähnt ist die Klägerin bereits mit gerichtlicher Verfügung vom 11. April 2017 danach befragt worden, ob sie in einem Schlaflabor vorstellig gewesen sei und zur Vorlage entsprechender Unterlagen aufgefordert worden. Hierauf hat die Klägerin nicht reagiert. Sodann ist sie mit gerichtlicher Verfügung vom 25. April 2017 darauf hingewiesen worden, dass keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen mehr durchgeführt werden. Ihr ist eine Frist zur Antragstellung gem. § 109 SGG bis zum 30. Mai 2017 gesetzt worden. Diese Verfügung ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin laut Empfangsbekenntnis am 27. April 2017 zugegangen. Auch hierauf hat die Klägerin nicht reagiert. Erst auf die Terminsmitteilung vom 10. Juli 2017 hat die Klägerin weitere Untersuchungen angekündigt. Diese führen jedoch zu einer seitens der Klägerin verursachten Verzögerung des Verfahrens und stellen im Übrigen nicht einmal einen Antrag gem. § 109 SGG dar. Der Senat hatte somit keine Veranlassung, weitere Ermittlungen durchzuführen. Auch lag kein wichtiger Grund für eine Terminsverlegung vor. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt, diese könne aufgrund eines T.aufenthalts nicht an dem Termin teilnehmen. Das persönliche Erscheinen der Klägerin war jedoch nicht angeordnet und auch nicht erforderlich. Sie hätte sich durch ihren Prozessbevollmächtigten vertreten lassen können (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., 2017, § 110 Rn 5). Dessen Mitteilung, er werde aus wirtschaftlichen Gründen nicht an dem Termin teilnehmen, stellt keinen wichtigen Grund für eine Terminsverlegung dar. Es durfte auch ohne die Anwesenheit von Klägerin und deren Prozessbevollmächtigten entschieden werden, da diese mit der Ladung vom 10. Juli 2017 (s. dort Ziffer 5) ausdrücklich hierauf hingewiesen worden sind, §§ 110 Abs. 1 S. 2, 126 SGG.

Die Klägerin hat somit keinen Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Auch hat die Klägerin keinen Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gem. § 240 SGB VI. Sie ist im Jahr 1964 geboren und erfüllt somit bereits die persönlichen Voraussetzungen für eine Berufsunfähigkeitsrente nicht.

Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (s. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 Rdnr. 8; ausführlich erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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