Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 1801/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 2964/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Es wird festgestellt, dass die Klägerin am 07.12.2017 keine Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 02.11.2016 erhoben hat.
2. Die gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 02.11.2016 mit Schreiben vom 15.07.2017 erhobene Berufung der Klägerin wird als unzulässig verworfen.
3. Außergerichtliche Kosten sind in den Verfahren L 8 AL 4757/16 und L 8 AL 2964/17 nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Meldeaufforderung der Beklagten vom 29.01.2016 rechtmäßig war. Dieser Streitfrage vorgehend ist vorliegend streitig, ob das im Zusammenhang mit der angefochtenen Meldeaufforderung unter dem Senatsaktenzeichen L 8 AL 4747/16 geführte und als erledigt ausgetragene Verfahren vor dem Landessozialgericht fortzuführen ist.
Die 1973 geborene Klägerin bezieht seit 01.09.2015 Arbeitslosengeld (Alg) von der Beklagten. In diesem Zusammenhang lud die Beklagte die Klägerin mehrfach zu Terminen/Vorsprachen ein.
Mit Schreiben vom 21.12.2015 wies die Beklagte die Klägerin einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (Zeitraum 11.01.2016 bis 31.08.2016) zu. Die Klägerin lehnte mit Schreiben vom 08.01.2016 die Maßnahme ab, vertrat dabei die Auffassung, die Zuweisung sei rechtswidrig und trat die Maßnahme nicht an (vgl. Vermerke vom 21.01.2016 und 18.02.2016; zur folgenden Sperrzeit vgl. Bescheid vom 22.02.2016 mit Änderungsbescheid vom 23.02.2016).
Nachdem die Klägerin telefonisch nicht erreichbar war, wandte sich die Beklagte per Email an die Klägerin (vgl. Blatt 10/11, 12 der SG-Akte) und lud diese mit Schreiben vom 29.01.2016 zu einem Vorsprachetermin am 04.02.2016 ein. Als Einladungsgrund wurde genannt: "ich möchte mit Ihnen Ihre Bewerbungsaktivitäten besprechen. Bitte bringen Sie entsprechende Nachweise zum Termin mit. Desweiteren möchte ich mit Ihnen über die Notwendigkeit der angebotenen Maßnahme sprechen."
Die Klägerin gab mit Email vom 01.02.2016 (Blatt 13 der SG-Akte) an, keine Einladung sondern eine Vorladung erhalten zu haben, wegen der Zahlungsverweigerung der Beklagten sei eine "face-to-face-Kommunikation" nicht möglich, sie könne sich den Fahrschein nicht leisten. Als Reaktion darauf teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Termin bleibe bestehen (Blatt 14 der SG-Akte).
Zum Termin erschien die Klägerin nicht, erschien jedoch am 04.02.2016 im Laufe des Tages bei der Beklagten und erhob Widerspruch durch Vorlage eines Schreibens vom 30.01.2016: "Da bereits gerichtlich geklärt wurde, dass gleichlautende Meldeaufforderungen nicht ermessungsfehlerfrei sind, ist es eine Farce hier gleich die nächste gleichlautende Meldebescheinigung zu verschicken, ohne sich an die gerichtlich vereinbarte Vorgehensweise zu halten. Des Weiteren ist eine Meldeaufforderung zur Besprechung von Bewerbungsaktivitäten nicht Gegenstand der Zulässigkeit der allgemeinen. Meldepflicht und damit rechtswidrig. Im Übrigen, wird daraufhingewiesen, dass sie trotz Leistungszusage keine Sozialleistungen erbringen und schon allein auf Grund meiner finanziellen Situation eine Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel zum Meldetermin nicht realisierbar ist."
Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2016 zurück. Vor der Versendung des Einladungsschreibens sei am 18.01.2016 und am 20.01.2016 mehrfach versucht worden die Klägerin telefonisch zu erreichen. Da dies nicht möglich gewesen sei, habe die Beklagte der Klägerin per E-Mail am 29.01.2016 mitgeteilt, dass sie eine schriftliche Einladung zum 04.02.2016 erhalten werde, da ein persönliches Gespräch seit längerer Zeit nicht mehr stattgefunden habe und die Vermittlerin daher mit ihr über den Sachstand ihrer Bewerbungen und über die Notwendigkeit von angebotenen Aktivierungsmaßnahmen, zu denen die Klägerin trotz Hinweises auf die Rechtsfolgen nicht erschienen sei, sprechen wolle. Es habe sich keinesfalls um eine gleichlautende Meldeaufforderung gehandelt. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin den Termin nicht habe wahrnehmen können, wo sie doch am 04.02.2016 persönlich ihren Widerspruch am Empfang der Beklagten abgegeben habe.
Die Beklagte stellte wegen des Meldeversäumnisses am 04.02.2016 eine Sperrzeit für die Zeit vom 05.02.2016 bis zum 11.02.2016 fest (Bescheid vom 01.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.03.2016; vgl. dazu Senatsbeschluss vom 16.06.2016 – L 8 AL 1948/16 ER-B).
Am 17.02.2016 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Mannheim Klage erhoben (Az.: S 8 AL 402/16). Nachdem das SG mit Beschluss vom 07.03.2016 (Blatt 29 der SG-Akte) die Gewährung von PKH abgelehnt hatte (zum nachgehenden ablehnenden Beschwerdebeschluss vgl. Senatsbeschluss vom 25.05.2016 - L 8 AL 1176/16 B -), teilte die Klägerin mit Schreiben vom 10.03.2016 (Blatt 31/33 der SG-Akte) dem SG mit, sie beantrage mündliche Verhandlung.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.11.20165 hat das SG die Klage abgewiesen und die Klägerin über das Rechtsmittel der Berufung belehrt.
Nachdem der Gerichtsbescheid des SG der Klägerin am 07.11.2016 (vgl. Blatt 40b der SG-Akte) zugestellt worden war, hat sich die Klägerin mit Schreiben vom 07.12.2017 an das SG gewandt (Eingang dort am selben Tag, vgl. Blatt 2 der Akte des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg L 8 AL 4757/16) und ausgeführt: "Es wird mündliche Verhandlung beantragt zu dem Gerichtsbescheid vom 2.11.2016, der der Klägerin am 7.11.2016 zugestellt wurde unter dem Az: S 8 AL 402/16."
Das SG hat dieses Schreiben (vgl. die Akte S 8 AL 1801/17) dem LSG vorgelegt (Az. jetzt: L 8 AL 4575/16), von wo die Klägerin zur Begründung der Berufung aufgefordert worden war. (Blatt 8 der Senatsakte L 8 AL 4575/16). Mit der Klägerin am 07.03.2017 (vgl. Blatt 14a der Senatsakte L 8 AL 4575/16) zugestelltem Schreiben vom 03.03.2017 (Blatt 14 der Senatsakte L 8 AL 4575/16) wurde diese auf folgendes hingewiesen: "mit Schreiben vom 07.12.2016 haben Sie mündliche Verhandlung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 01.11.2016 - S 8 AL 402/16 - beantragt. Das Sozialgericht Mannheim hat Ihr Schreiben dem Landessozialgericht vorgelegt, wo Ihr Schreiben als Berufung behandelt wurde. Sie wurden mit Schreiben vom 27.12.2016 aufgefordert, die Berufung zu begründen. Eine Reaktion Ihrerseits ist bislang nicht erfolgt. Im Gerichtsbescheid waren Sie über das Rechtsmittel der Berufung belehrt worden. Dennoch haben Sie mit Schreiben vom 07.12.2016 mündliche Verhandlung beantragt. Da es sich um ein Verfahren gegen eine Meldeaufforderung handelt, dürfte es im Rechtsstreit nicht um Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt gehen, dessen Wert 750 Euro übersteigt (§ 144 Abs. 1 SGG), weshalb die Möglichkeit des § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG mit dem Antrag auf mündliche Verhandlung wohl nicht statthaft sein dürfte. Bitte teilen Sie daher bis 31.03.2017 mit, ob Ihr Schreiben vom 07.12.2016 als Berufung zu verstehen war oder ob es bei dem Antrag auf mündliche Verhandlung bleibt. Außerdem werden Sie aufgefordert, Ihr Rechtsmittel binnen derselben Frist zu begründen. Es wird darauf hingewiesen, dass das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der oben genannten Frist (31.03.2017) vorgebracht werden, gemäß § 106a Abs. 3 SGG zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden kann, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt."
Eine Reaktion der Klägerin blieb aus, weshalb das Verfahren zur Entscheidung über den Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung an das SG zurückgegeben wurde (Schreiben an das SG vom 07.06.2017, Blatt 15 der Senatsakte L 8 AL 4757/16).
Das SG (vgl. Blatt 6 der SG-Akte S 8 AL 1801/17) teilte der Klägerin daraufhin u.a. mit, der Antrag auf mündliche Verhandlung dürfte unzulässig sein.
Nunmehr hat sich die Klägerin mit Schreiben vom 15.07.2017 (Blatt 7 der SG-Akte S 8 AL 1801/17 = Blatt 2 der Senatsakte L 8 AL 2964/17) an das SG gewandt (Eingang dort: 17.07.2017) und folgendes ausgeführt: "Es wird wie folgt Stellung genommen: Ein Schreiben des Landessozialgerichtes vom 7.6.2017 war mir bis zur jetzigen Zusendung durch die 8. Kammer, nicht bekannt. Offensichtlich habe ich einen falschen Antrag gestellt, was ja auch ohne Rechtsbeistand vorkommen kann, da ich kein Jurist bin. Bedauerlicherweise wurde ich nicht angerufen um dies schnell aufzuklären. Daher wird Antrag in den vorherigen Stand gestellt, oder Wiederaufnahme oder wie auch immer der korrekte Antrag lautet. Ich hatte gelesen, dass ein Antrag auf mündliche Verhandlung als Beschwerde zu werten ist und das Verfahren fortgeführt wird in Form der mündlichen Verhandlung, da dies offensichtlich nicht der Fall ist, ist dieser Antrag als Beschwerde/Berufung zu werten. Im Übrigen bin ich über das aktuelle Aktenzeichen verwirrt. Auch da habe ich kein Schreiben erhalten. Wie ich dem Schreiben des Landessozialgerichtes entnehme, gibt es bereits S 8 AL 402/16 und L 8 AL 4757/16. Mir ist nur S 8 AL 402/16 bekannt, alle anderen Aktenzeichen kenne ich nicht und kann ich nicht zuordnen. Ich bitte um gerichtlichen Hinweis und Zusendung der mir fehlenden Schreiben."
Das SG hat dieses Schreiben dem LSG vorgelegt, wo das Verfahren nun unter dem Aktenzeichen L 8 AL 2964/17 geführt wird. Die Klägerin, die eine nähere Begründung für den Rechtsbehelf gegen den Gerichtsbescheid noch immer nicht abgegeben hat, beantragt sinngemäß, das Verfahren L 8 AL 4757/16 als Berufungsverfahren zu führen und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 02.11.2016 aufzuheben und unter Aufhebung der Einladung vom 29.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2016 festzustellen, dass die Einladung rechtswidrig war. hilfsweise ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 02.11.2016 aufzuheben und unter Aufhebung der Einladung vom 29.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2016 festzustellen, dass die Einladung rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt, den Rechtsbehelf der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz Ausbleibens der Klägerin im Termin entscheiden können, denn die ordnungsgemäß geladene Klägerin war mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Absatz 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Zwar hat die Klägerin mit Schreiben vom 12.08.2017 beantragt, ihr die Fahrkosten zur mündlichen Verhandlung nach Stuttgart zu gewähren. Sie war jedoch von der Kostenbeamtin mit Schreiben vom 18.08.2017 aufgefordert worden, ihre Mittellosigkeit glaubhaft zu machen und das ihr übersandte Formular auszufüllen. Dieser Auflage ist die Klägerin bis zum Termin nicht nachgekommen, obgleich bis zum Termin der mündlichen Verhandlung hierfür ausreichend Zeit bestanden hat. Der Senat war daher nicht gehalten, im Hinblick auf die Gewährung rechtlichen Gehörs den Verhandlungstermin wegen des Nichterscheinens der Klägerin zu vertagen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Durchführung des Verfahrens L 8 AL 4757/16 als Berufungsverfahren, weil sie gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 02.11.2016 am 07.12.2016 Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt hatte, worüber der Senat nicht zur Entscheidung berufen ist (dazu unter 1.). Eine Berufung hat die Klägerin am 07.12.2016 nicht erhoben (dazu unter 2.). Das spätere Schreiben vom 15.07.2017 stellt keine fristgemäße Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 02.11.2016 dar (dazu unter 3.); Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (hier: Lauf der Berufungsfrist) kann nicht gewährt werden (dazu unter 4.).
(1.) Das unter dem Aktenzeichen L 8 AL 4757/16 geführte Verfahren kann nicht als Berufungsverfahren (fort-)geführt werden, weil die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 07.12.2016 keine Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 erhoben hatte. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf (Fort-)Führung des Verfahrens als Berufungsverfahren, denn sie hat ein solches Rechtsmittel mit ihrem Schreiben vom 07.12.2016 nicht erhoben.
Gegen den gem. § 105 Abs. 1 SGG ergangenen Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 konnte die Klägerin innerhalb eines Monats nach Zustellung das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte (§ 105 Abs. 2 Satz 1 SGG). Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden (§ 105 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die Klägerin hat am 07.12.2016 den Rechtsbehelf eines Antrags auf Durchführung der mündlichen Verhandlung, den sie aus früheren Gerichtsentscheidungen des SG bereits kannte, am 07.12.2016 beim SG erhoben. Das entnimmt der Senat nicht nur dem Umstand, dass sich die Klägerin ausdrücklich und direkt an das SG gewandt hatte und bereits vor Ergehen des Gerichtsbescheids auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung dort bestanden hatte, sondern auch daraus, dass sie ausdrücklich und in Abweichung von der im Gerichtsbescheid enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrung "mündliche Verhandlung beantragt" hatte.
Über den Rechtsbehelf der mündlichen Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG entscheidet alleine das SG, dessen Gerichtsbescheid angefochten ist. Damit ist der Senat nicht zur Entscheidung über den Rechtsbehelf der mündlichen Verhandlung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 02.11.2016 berufen, und zwar unabhängig von der Frage, ob das Gesetz für den vorliegenden Fall als Rechtsbehelf tatsächlich die Berufung nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 SGG oder den Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG vorsieht (zu L 11 AS 290/12 NZB – juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil 29.01.2015 – L 7 AS 1306/14 – juris; für die Statthaftigkeit der Berufung, wozu der Senat eher neigt: Thüringer LSG, Beschluss 20.06.2016 – L 9 AS 318/16 B – juris; nach dem "Wert" einer nachfolgenden möglichen Sanktion differenzierend: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.09.2016 – L 7 AS 1605/16 B – juris). Denn wenn die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 statthaft gewesen wäre, wäre der am 07.12.2016 gestellte Antrag auf mündliche Verhandlung unzulässig, weil nicht statthaft und vom SG zu verwerfen gewesen; der Antrag hätte auch nicht nach § 140 BGB in eine Berufung umgedeutet werden können, da die Umdeutung einer ausdrücklich mit anderem Erklärungsgehalt abgegebenen unzulässigen Prozesserklärung in eine zulässige Prozesserklärung nur erfolgen kann, wenn die umgedeutete Erklärung nach Intention und rechtlicher Wirkung vergleichbares Pendant des ausdrücklich erklärten Willens ist (vgl. BSG Urteil vom 20.05.2008 – B 1 KR 25/01 R –, juris= SozR 4-1500 § 158 Nr. 1 m.w.N.) und außerdem die Voraussetzungen für die umgedeutete Prozesserklärung vorliegen, sie dem Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Prozessgegners entgegensteht. Vorliegend ist die rechtliche Wirkung des Antrages auf mündliche Verhandlung vor dem SG und der Berufung vor dem LSG nicht vergleichbar, denn der Antrag auf mündliche Verhandlung sichert eine umfassende Tatsachenprüfung für zwei Tatsacheninstanzen (vgl. BSG a.a.O. zur Umdeutung von Nichtzulassungsbeschwerde in eine Berufung). Außerdem konnte der Senat nicht feststellen, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt ab Eingang der Erklärung beim SG am 07.12.2016 bis zum Ablauf der gesetzten Präklusionsfrist am 31.03.2017 die Berufung dem Parteiwillen entsprochen hätte. Die Klägerin hatte sich auf ausdrückliche Frage des Gerichts nicht erklärt. Ein jetzt erkennbar gewordener Wille, ein Berufungsverfahren durchzuführen, wäre erstmals nach Ablauf der Ausschlussfrist ersichtlich geworden und dessen Beachtung würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögern (§ 106a Abs. 3 SGG), des anstelle der jetzt gegebenen Entscheidungsreife für die Durchführung des Berufungsverfahrens noch eine – sachliche – Berufungsbegründung und darauf folgend eine Berufungserwiderung einzuholen wäre und gegebenenfalls Ermittlungen anzustellen wären. Wäre dagegen der Antrag auf mündliche Verhandlung statthaft gewesen, so hätte das SG hierüber zu entscheiden und der Senat könnte nicht an Stelle des SG auf den Antrag auf mündliche Verhandlung in der Sache entscheiden. In keinem Fall ist der Senat mithin zur Entscheidung über den Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG zuständig und zur inhaltlichen Entscheidung berufen.
(2.) Die Klägerin hat am 07.12.2016 keine Berufung erhoben sondern mündliche Verhandlung beantragt. Zu dieser Feststellung gelangt der Senat durch Auslegung des Schreibens vom 07.12.2016 unter Beachtung sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalles. eine Umdeutung war nicht möglich (s.o.).
Zunächst ist festzustellen, dass das Schreiben vom 07.12.2016 ausdrücklich an das SG gerichtet war und seinem Wortlaut nach ausdrücklich einen Antrag auf mündliche Verhandlung beinhaltet hat. Damit kann diese Erklärung nur als Gesuch um mündliche Verhandlung beim Adressaten des Schreibens, nämlich dem SG, verstanden werden. Dazu passt auch, dass die Klägerin bereits zuvor gegenüber dem SG mündliche Verhandlung begehrt hatte. Wer aber eine mündliche Verhandlung beim SG begehrt, macht damit zugleich auch deutlich, dass er das Verfahren nicht in die höhere Instanz heben und den Rechtsstreit vom LSG entschieden haben will. Damit kann aber mit der Erklärung vom 07.12.2017 keine Berufung gemeint gewesen sein, vielmehr alleine ein Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem SG.
Einen anderen Willen der Klägerin konnte der Senat auch durch Auslegung des Schreibens vom 07.12.2016 nach dessen erkennbarem Willen nicht feststellen. Zwar ist beim Verstehen von Erklärungen nicht am Wortlaut zu verhaften (§ 133 BGB). Vielmehr sind auch Rechtsbehelfserklärungen nach dem wirklichen Willen nach dem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen. Dabei ist zunächst erneut zu sehen, dass der Rechtsbehelf an das SG selbst gerichtet war und die Klägerin dort schon zuvor mündliche Verhandlung durch das SG begehrt hatte. Auch hat die Klägerin einen ihr aus früheren Verfahren bekannten Rechtsbehelf gewählt, über den alleine das SG zu entscheiden hat. Insoweit mag zwar der Erklärung der Klägerin vom 07.12.2016 noch hinreichend deutlich zu entnehmen sein, dass sie sich gegen den Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 wenden will. Doch hat sie entgegen der ausdrücklichen Belehrung des SG über das Rechtsmittel der Berufung zum LSG ausdrücklich einen anderen Rechtsbehelf benannt und diesen gerade an das Gericht gerichtet, das für diesen anderen Rechtsbehelf zuständig ist. Auch hat sie den Rechtsbehelf des Antrags auf mündliche Verhandlung ausdrücklich erklärt und keinerlei Andeutungen gemacht, dass sie jedenfalls das statthafte Rechtmittel einlegen wolle. Zwar kann grds. angenommen werden, ein unvertretener Prozessbeteiligter wolle das jeweils statthafte Rechtsmittel einlegen, doch hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 07.12.2017 deutlich gemacht, dass sie mündliche Verhandlung vor dem SG und nicht eine Entscheidung des höheren Gerichts (hier: des LSG) begehrt. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat das Begehren der Klägerin aus dem Schreiben vom 07.12.2016 nicht als Berufung auslegen, sondern alleine als Antrag auf mündliche Verhandlung gegen den Gerichtsbescheid vom 02.11.2016.
Dass eine Berufung auch beim SG eingelegt werden kann, steht diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Denn maßgeblich ist insoweit, dass überhaupt Berufung eingelegt wurde, mithin eine Überprüfung der Entscheidung in einer höheren Instanz begehrt wird, was der Senat vorliegend aber nicht feststellen konnte. Auch dass (Prozess-)Erklärungen nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz auszulegen sind, steht der vorliegenden Auslegung der Erklärung der Klägerin vom 07.12.2016 nicht entgegen. Denn der Meistbegünstigungsgrundsatz führt nicht dazu, dass das Gericht seinen Willen an die Stelle des ausdrücklichen Willens eines Verfahrensbeteiligten setzt und so dessen wirklichen Willen negiert. Vorliegend hat die Klägerin aber mit ihrem Schreiben vom 07.12.2016 hinreichend deutlich gemacht, gerade keine Berufung zum LSG einlegen zu wollen, sodass eine Auslegung oder Umdeutung entgegen dem ausdrücklichen Willen der Klägerin nicht möglich ist. Auch dass das Schreiben vom 07.12.2016 zunächst vom SG und vom LSG als Berufung behandelt worden war – so war zur Begründung der Berufung aufgefordert worden – bedeutet nicht, dass es sich um eine Berufung gehandelt hätte. Denn aus einer bloßen Aufforderung den näher bezeichneten Rechtsbehelf zu begründen kann nicht mit Vertrauensschutz darauf geschlossen werden, dass der Rechtsbehelf zulässig ist; dies bestimmt sich vielmehr alleine nach den Regelungen des SGG.
Darüber hinaus war die Klägerin mit dem ihr zugestellten Schreiben vom 03.03.2017 gebeten worden, sich klarstellend zu ihrem Rechtsbehelf zu äußern und mitzuteilen, ob es sich bei ihrer Erklärung vom 07.12.2016 um eine Berufung oder einen (unstatthaften) Antrag auf mündliche Verhandlung handeln soll, sodass der Hinweis der Klägerin, sie sei zur Klarstellung nicht kontaktiert worden, fehl geht. Die Klägerin hat auf diese Aufforderung hin nicht reagiert.
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat die Erklärung der Klägerin – auch unter Berücksichtigung des Schreibens vom 15.07.2017 – alleine dahingehend auslegen und verstehen, dass die prozesserfahrene Klägerin (beim LSG waren bisher über 150 Verfahren der Klägerin anhängig) eine mündliche Verhandlung beim SG begehrt hatte und damit keinen Rechtsbehelf erhoben hatte, der als Berufung und Entscheidung durch die nächsthöhere Instanz, das LSG, ausgelegt werden kann.
Soweit die Klägerin nunmehr mit ihrem Schreiben vom 15.07.2017 sinngemäß geltend macht, ihr Begehren vom 07.12.2016 sei aus Unkenntnis so formuliert worden, sie habe den Rechtsbehelf lediglich falsch bezeichnet, dieser sei als Beschwerde/Berufung zu werten, so folgt ihr der Senat nicht. Zunächst können spätere Umstände und Behauptungen nicht dazu führen, dass ein einmal erklärter Wille nachträglich einen anderen Inhalt erhält, zum Anderen war die Klägerin unter Hinweis auf die Präklusion nach § 106a Abs. 3 SGG aufgefordert worden, bis zum 31.03.2017 zu erklären, wie ihr Rechtsbehelf zu verstehen sei. Sie hat auf diese Aufforderung nicht reagiert und auch bis zur mündlichen Verhandlung keine Gründe vorgetragen – noch sind dem Senat solche ersichtlich , die die Verspätung genügend entschuldigen könnten. Die Zulassung einer Erklärung vom 15.07.2017, den Antrag auf mündliche Verhandlung als Berufung zu verstehen, würde nach der freien Überzeugung des Senats die Erledigung des Rechtsstreits verzögern, auch war die Klägerin über diese Rechtsfolgen ausreichend und ausdrücklich belehrt worden (Schreiben vom 03.03.2017). Der Senat weist dieses Vorbringen der Klägerin daher als verspätet zurück und hat es daher nicht weiter zu berücksichtigen (§ 106a Abs. 3 Satz 1 SGG).
Somit konnte der Senat feststellen, dass die Klägerin am 07.12.2016 keine Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 erhoben, vielmehr einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat über den das SG zu entscheiden hat. Angesichts des vom Senat festgestellten Inhalts der Erklärung vom 07.12.2016, mit dem die Klägerin alleine eine mündliche Verhandlung vor dem SG begehrt hatte, kommt auch eine Auslegung als Nichtzulassungsbeschwerde i.S.d. § 145 SGG nicht in Betracht, weshalb der Senat nicht zur Entscheidung über eine Berufung bzw. eine Nichtzulassungsbeschwerde berufen ist und die Klägerin keinen Anspruch auf Durchführung des Verfahrens L 8 AL 4757/16 als Berufungsverfahren hat.
(3.) Soweit der Senat aus dem Schreiben der Klägerin vom 15.07.2016 – insbesondere dem Hinweis auf eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – entnehmen kann, dass wenn schon das frühere Verfahren L 8 AL 4757/16 auf den Rechtsbehelf vom 07.12.2016 hin nicht durchgeführt werden, so doch jetzt Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 02.11.2016 eingelegt werden soll, ist die Berufung vom 17.07.2017 (Schreiben der Klägerin vom 15.067.2017) unzulässig, sodass der Senat nicht in die Lage versetzt ist, in der Sache über das Begehren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Einladung vom 29.01.2016 zu entscheiden.
Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG). Gemäß § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG gilt diese einmonatige Rechtsmittelfrist auch bei Berufungen gegen Gerichtsbescheide.
Die Klägerin war im Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 vom SG über das Rechtsmittel der Berufung belehrt worden, die Belehrung war bezüglich der Voraussetzungen der Berufung zutreffend, sodass die Berufungsfrist zu laufen begonnen hatte (§ 66 Abs. 1 SGG) und nicht verlängert ist (§ 66 Abs. 2 SGG). Soweit die Klägerin daher mit Schreiben vom 15.07.2017, beim SG eingegangen am 17.07.2017, erklärt hat, nun Berufung gegen den Gerichtsbescheid einzulegen, hat die Klägerin die Berufung außerhalb der mit Zustellung des Gerichtsbescheids am 07.11.2016 am 08.11.2016 beginnenden und am (Mittwoch) 07.12.2016 endenden Berufungsfrist eingelegt, sodass die Berufung aus den Schreiben vom 15.07.2017 unzulässig und zu verwerfen ist.
(4.) Die Versäumung der Berufungsfrist bezüglich einer Berufung vom 17.07.2017 (Schreiben vom 15.07.2017) ist auch nicht deswegen unbeachtlich, weil der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, hier den Lauf der Berufungsfrist, zu gewähren wäre.
Nach § 67 Abs. 1 SGG ist, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten (hier: die Berufungsfrist), ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Vorliegend war die Klägerin im Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 vom SG über das Rechtsmittel der Berufung belehrt worden, die Belehrung war bezüglich der Voraussetzungen der Berufung zutreffend, sodass eine bewusste Abweichung von dieser Belehrung durch den Antrag der Klägerin auf mündliche Verhandlung nicht als schuldloses Verhalten im Hinblick auf die Wahrung der Berufungsfrist gewertet werden kann. Darüber hinaus war der Klägerin mit Schreiben des Berichterstatters vom 03.03.2017 die Möglichkeit eingeräumt worden, sich bis 31.03.2017 zur Art ihres Rechtsbehelfs zu erklären. Sie war auf die verschiedenen Rechtsbehelfe (mündliche Verhandlung und Berufung) hingewiesen worden und unter Belehrung über die Präklusion nach § 106a Abs. 3 SGG aufgefordert worden, sich zu erklären; dieser Hinweis war der Klägerin am 07.03.2017 mit Zustellungsurkunde zugestellt worden. Die Klägerin hat sich nicht geäußert.
Hat die Klägerin entgegen der ausdrücklichen Belehrung durch das SG im Gerichtsbescheid einen anderen Rechtsbehelf eingelegt und äußert sie sich auf ausdrückliche Nachfrage auch nicht mehr zur Art des Rechtsbehelfs, kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, ohne Verschulden in Unkenntnis der rechtlichen Voraussetzungen und Folgen den falschen Rechtsbehelf eingelegt zu haben und daher die Berufungsfrist versäumt zu haben. Wiedereinsetzung in den Lauf der Berufungsfrist war daher nicht zu gewähren, sodass das Schreiben vom 15.07.2017 allenfalls als unzulässige Berufung verstanden werden kann.
Nachdem der Senat zur Entscheidung über den gestellten Antrag vom 07.12.2016 auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 02.11.2016 nicht berufen ist und die Klägerin am 07.12.2016 keine Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 eingelegt hatte, hat sie keinen Anspruch auf (Fort-)Führung des Verfahrens L 8 AL 4757/16. Eine Berufung aus dem Schreiben vom 15.07.2017 (beim SG eingegangen am 17.07.2017) ist verfristet, auch ist der Klägerin nicht Wiedereinsetzung in den Lauf der Berufungsfrist zu gewähren, weshalb diese Berufung als unzulässig zu verwerfen war.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Dass in dem objektiv nicht anhängig gewordenen und nur aktenmäßig mit dem Az. L 8 AL 4757/16 erfassten Verfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten sind, hat der Senat nur zur Klarstellung im Urteilstenor zum Ausdruck gebracht.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
2. Die gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 02.11.2016 mit Schreiben vom 15.07.2017 erhobene Berufung der Klägerin wird als unzulässig verworfen.
3. Außergerichtliche Kosten sind in den Verfahren L 8 AL 4757/16 und L 8 AL 2964/17 nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Meldeaufforderung der Beklagten vom 29.01.2016 rechtmäßig war. Dieser Streitfrage vorgehend ist vorliegend streitig, ob das im Zusammenhang mit der angefochtenen Meldeaufforderung unter dem Senatsaktenzeichen L 8 AL 4747/16 geführte und als erledigt ausgetragene Verfahren vor dem Landessozialgericht fortzuführen ist.
Die 1973 geborene Klägerin bezieht seit 01.09.2015 Arbeitslosengeld (Alg) von der Beklagten. In diesem Zusammenhang lud die Beklagte die Klägerin mehrfach zu Terminen/Vorsprachen ein.
Mit Schreiben vom 21.12.2015 wies die Beklagte die Klägerin einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (Zeitraum 11.01.2016 bis 31.08.2016) zu. Die Klägerin lehnte mit Schreiben vom 08.01.2016 die Maßnahme ab, vertrat dabei die Auffassung, die Zuweisung sei rechtswidrig und trat die Maßnahme nicht an (vgl. Vermerke vom 21.01.2016 und 18.02.2016; zur folgenden Sperrzeit vgl. Bescheid vom 22.02.2016 mit Änderungsbescheid vom 23.02.2016).
Nachdem die Klägerin telefonisch nicht erreichbar war, wandte sich die Beklagte per Email an die Klägerin (vgl. Blatt 10/11, 12 der SG-Akte) und lud diese mit Schreiben vom 29.01.2016 zu einem Vorsprachetermin am 04.02.2016 ein. Als Einladungsgrund wurde genannt: "ich möchte mit Ihnen Ihre Bewerbungsaktivitäten besprechen. Bitte bringen Sie entsprechende Nachweise zum Termin mit. Desweiteren möchte ich mit Ihnen über die Notwendigkeit der angebotenen Maßnahme sprechen."
Die Klägerin gab mit Email vom 01.02.2016 (Blatt 13 der SG-Akte) an, keine Einladung sondern eine Vorladung erhalten zu haben, wegen der Zahlungsverweigerung der Beklagten sei eine "face-to-face-Kommunikation" nicht möglich, sie könne sich den Fahrschein nicht leisten. Als Reaktion darauf teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Termin bleibe bestehen (Blatt 14 der SG-Akte).
Zum Termin erschien die Klägerin nicht, erschien jedoch am 04.02.2016 im Laufe des Tages bei der Beklagten und erhob Widerspruch durch Vorlage eines Schreibens vom 30.01.2016: "Da bereits gerichtlich geklärt wurde, dass gleichlautende Meldeaufforderungen nicht ermessungsfehlerfrei sind, ist es eine Farce hier gleich die nächste gleichlautende Meldebescheinigung zu verschicken, ohne sich an die gerichtlich vereinbarte Vorgehensweise zu halten. Des Weiteren ist eine Meldeaufforderung zur Besprechung von Bewerbungsaktivitäten nicht Gegenstand der Zulässigkeit der allgemeinen. Meldepflicht und damit rechtswidrig. Im Übrigen, wird daraufhingewiesen, dass sie trotz Leistungszusage keine Sozialleistungen erbringen und schon allein auf Grund meiner finanziellen Situation eine Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel zum Meldetermin nicht realisierbar ist."
Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2016 zurück. Vor der Versendung des Einladungsschreibens sei am 18.01.2016 und am 20.01.2016 mehrfach versucht worden die Klägerin telefonisch zu erreichen. Da dies nicht möglich gewesen sei, habe die Beklagte der Klägerin per E-Mail am 29.01.2016 mitgeteilt, dass sie eine schriftliche Einladung zum 04.02.2016 erhalten werde, da ein persönliches Gespräch seit längerer Zeit nicht mehr stattgefunden habe und die Vermittlerin daher mit ihr über den Sachstand ihrer Bewerbungen und über die Notwendigkeit von angebotenen Aktivierungsmaßnahmen, zu denen die Klägerin trotz Hinweises auf die Rechtsfolgen nicht erschienen sei, sprechen wolle. Es habe sich keinesfalls um eine gleichlautende Meldeaufforderung gehandelt. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin den Termin nicht habe wahrnehmen können, wo sie doch am 04.02.2016 persönlich ihren Widerspruch am Empfang der Beklagten abgegeben habe.
Die Beklagte stellte wegen des Meldeversäumnisses am 04.02.2016 eine Sperrzeit für die Zeit vom 05.02.2016 bis zum 11.02.2016 fest (Bescheid vom 01.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.03.2016; vgl. dazu Senatsbeschluss vom 16.06.2016 – L 8 AL 1948/16 ER-B).
Am 17.02.2016 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Mannheim Klage erhoben (Az.: S 8 AL 402/16). Nachdem das SG mit Beschluss vom 07.03.2016 (Blatt 29 der SG-Akte) die Gewährung von PKH abgelehnt hatte (zum nachgehenden ablehnenden Beschwerdebeschluss vgl. Senatsbeschluss vom 25.05.2016 - L 8 AL 1176/16 B -), teilte die Klägerin mit Schreiben vom 10.03.2016 (Blatt 31/33 der SG-Akte) dem SG mit, sie beantrage mündliche Verhandlung.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.11.20165 hat das SG die Klage abgewiesen und die Klägerin über das Rechtsmittel der Berufung belehrt.
Nachdem der Gerichtsbescheid des SG der Klägerin am 07.11.2016 (vgl. Blatt 40b der SG-Akte) zugestellt worden war, hat sich die Klägerin mit Schreiben vom 07.12.2017 an das SG gewandt (Eingang dort am selben Tag, vgl. Blatt 2 der Akte des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg L 8 AL 4757/16) und ausgeführt: "Es wird mündliche Verhandlung beantragt zu dem Gerichtsbescheid vom 2.11.2016, der der Klägerin am 7.11.2016 zugestellt wurde unter dem Az: S 8 AL 402/16."
Das SG hat dieses Schreiben (vgl. die Akte S 8 AL 1801/17) dem LSG vorgelegt (Az. jetzt: L 8 AL 4575/16), von wo die Klägerin zur Begründung der Berufung aufgefordert worden war. (Blatt 8 der Senatsakte L 8 AL 4575/16). Mit der Klägerin am 07.03.2017 (vgl. Blatt 14a der Senatsakte L 8 AL 4575/16) zugestelltem Schreiben vom 03.03.2017 (Blatt 14 der Senatsakte L 8 AL 4575/16) wurde diese auf folgendes hingewiesen: "mit Schreiben vom 07.12.2016 haben Sie mündliche Verhandlung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 01.11.2016 - S 8 AL 402/16 - beantragt. Das Sozialgericht Mannheim hat Ihr Schreiben dem Landessozialgericht vorgelegt, wo Ihr Schreiben als Berufung behandelt wurde. Sie wurden mit Schreiben vom 27.12.2016 aufgefordert, die Berufung zu begründen. Eine Reaktion Ihrerseits ist bislang nicht erfolgt. Im Gerichtsbescheid waren Sie über das Rechtsmittel der Berufung belehrt worden. Dennoch haben Sie mit Schreiben vom 07.12.2016 mündliche Verhandlung beantragt. Da es sich um ein Verfahren gegen eine Meldeaufforderung handelt, dürfte es im Rechtsstreit nicht um Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt gehen, dessen Wert 750 Euro übersteigt (§ 144 Abs. 1 SGG), weshalb die Möglichkeit des § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG mit dem Antrag auf mündliche Verhandlung wohl nicht statthaft sein dürfte. Bitte teilen Sie daher bis 31.03.2017 mit, ob Ihr Schreiben vom 07.12.2016 als Berufung zu verstehen war oder ob es bei dem Antrag auf mündliche Verhandlung bleibt. Außerdem werden Sie aufgefordert, Ihr Rechtsmittel binnen derselben Frist zu begründen. Es wird darauf hingewiesen, dass das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der oben genannten Frist (31.03.2017) vorgebracht werden, gemäß § 106a Abs. 3 SGG zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden kann, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt."
Eine Reaktion der Klägerin blieb aus, weshalb das Verfahren zur Entscheidung über den Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung an das SG zurückgegeben wurde (Schreiben an das SG vom 07.06.2017, Blatt 15 der Senatsakte L 8 AL 4757/16).
Das SG (vgl. Blatt 6 der SG-Akte S 8 AL 1801/17) teilte der Klägerin daraufhin u.a. mit, der Antrag auf mündliche Verhandlung dürfte unzulässig sein.
Nunmehr hat sich die Klägerin mit Schreiben vom 15.07.2017 (Blatt 7 der SG-Akte S 8 AL 1801/17 = Blatt 2 der Senatsakte L 8 AL 2964/17) an das SG gewandt (Eingang dort: 17.07.2017) und folgendes ausgeführt: "Es wird wie folgt Stellung genommen: Ein Schreiben des Landessozialgerichtes vom 7.6.2017 war mir bis zur jetzigen Zusendung durch die 8. Kammer, nicht bekannt. Offensichtlich habe ich einen falschen Antrag gestellt, was ja auch ohne Rechtsbeistand vorkommen kann, da ich kein Jurist bin. Bedauerlicherweise wurde ich nicht angerufen um dies schnell aufzuklären. Daher wird Antrag in den vorherigen Stand gestellt, oder Wiederaufnahme oder wie auch immer der korrekte Antrag lautet. Ich hatte gelesen, dass ein Antrag auf mündliche Verhandlung als Beschwerde zu werten ist und das Verfahren fortgeführt wird in Form der mündlichen Verhandlung, da dies offensichtlich nicht der Fall ist, ist dieser Antrag als Beschwerde/Berufung zu werten. Im Übrigen bin ich über das aktuelle Aktenzeichen verwirrt. Auch da habe ich kein Schreiben erhalten. Wie ich dem Schreiben des Landessozialgerichtes entnehme, gibt es bereits S 8 AL 402/16 und L 8 AL 4757/16. Mir ist nur S 8 AL 402/16 bekannt, alle anderen Aktenzeichen kenne ich nicht und kann ich nicht zuordnen. Ich bitte um gerichtlichen Hinweis und Zusendung der mir fehlenden Schreiben."
Das SG hat dieses Schreiben dem LSG vorgelegt, wo das Verfahren nun unter dem Aktenzeichen L 8 AL 2964/17 geführt wird. Die Klägerin, die eine nähere Begründung für den Rechtsbehelf gegen den Gerichtsbescheid noch immer nicht abgegeben hat, beantragt sinngemäß, das Verfahren L 8 AL 4757/16 als Berufungsverfahren zu führen und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 02.11.2016 aufzuheben und unter Aufhebung der Einladung vom 29.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2016 festzustellen, dass die Einladung rechtswidrig war. hilfsweise ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 02.11.2016 aufzuheben und unter Aufhebung der Einladung vom 29.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2016 festzustellen, dass die Einladung rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt, den Rechtsbehelf der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz Ausbleibens der Klägerin im Termin entscheiden können, denn die ordnungsgemäß geladene Klägerin war mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Absatz 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Zwar hat die Klägerin mit Schreiben vom 12.08.2017 beantragt, ihr die Fahrkosten zur mündlichen Verhandlung nach Stuttgart zu gewähren. Sie war jedoch von der Kostenbeamtin mit Schreiben vom 18.08.2017 aufgefordert worden, ihre Mittellosigkeit glaubhaft zu machen und das ihr übersandte Formular auszufüllen. Dieser Auflage ist die Klägerin bis zum Termin nicht nachgekommen, obgleich bis zum Termin der mündlichen Verhandlung hierfür ausreichend Zeit bestanden hat. Der Senat war daher nicht gehalten, im Hinblick auf die Gewährung rechtlichen Gehörs den Verhandlungstermin wegen des Nichterscheinens der Klägerin zu vertagen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Durchführung des Verfahrens L 8 AL 4757/16 als Berufungsverfahren, weil sie gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 02.11.2016 am 07.12.2016 Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt hatte, worüber der Senat nicht zur Entscheidung berufen ist (dazu unter 1.). Eine Berufung hat die Klägerin am 07.12.2016 nicht erhoben (dazu unter 2.). Das spätere Schreiben vom 15.07.2017 stellt keine fristgemäße Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 02.11.2016 dar (dazu unter 3.); Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (hier: Lauf der Berufungsfrist) kann nicht gewährt werden (dazu unter 4.).
(1.) Das unter dem Aktenzeichen L 8 AL 4757/16 geführte Verfahren kann nicht als Berufungsverfahren (fort-)geführt werden, weil die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 07.12.2016 keine Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 erhoben hatte. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf (Fort-)Führung des Verfahrens als Berufungsverfahren, denn sie hat ein solches Rechtsmittel mit ihrem Schreiben vom 07.12.2016 nicht erhoben.
Gegen den gem. § 105 Abs. 1 SGG ergangenen Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 konnte die Klägerin innerhalb eines Monats nach Zustellung das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte (§ 105 Abs. 2 Satz 1 SGG). Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden (§ 105 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die Klägerin hat am 07.12.2016 den Rechtsbehelf eines Antrags auf Durchführung der mündlichen Verhandlung, den sie aus früheren Gerichtsentscheidungen des SG bereits kannte, am 07.12.2016 beim SG erhoben. Das entnimmt der Senat nicht nur dem Umstand, dass sich die Klägerin ausdrücklich und direkt an das SG gewandt hatte und bereits vor Ergehen des Gerichtsbescheids auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung dort bestanden hatte, sondern auch daraus, dass sie ausdrücklich und in Abweichung von der im Gerichtsbescheid enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrung "mündliche Verhandlung beantragt" hatte.
Über den Rechtsbehelf der mündlichen Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG entscheidet alleine das SG, dessen Gerichtsbescheid angefochten ist. Damit ist der Senat nicht zur Entscheidung über den Rechtsbehelf der mündlichen Verhandlung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 02.11.2016 berufen, und zwar unabhängig von der Frage, ob das Gesetz für den vorliegenden Fall als Rechtsbehelf tatsächlich die Berufung nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 SGG oder den Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG vorsieht (zu L 11 AS 290/12 NZB – juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil 29.01.2015 – L 7 AS 1306/14 – juris; für die Statthaftigkeit der Berufung, wozu der Senat eher neigt: Thüringer LSG, Beschluss 20.06.2016 – L 9 AS 318/16 B – juris; nach dem "Wert" einer nachfolgenden möglichen Sanktion differenzierend: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.09.2016 – L 7 AS 1605/16 B – juris). Denn wenn die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 statthaft gewesen wäre, wäre der am 07.12.2016 gestellte Antrag auf mündliche Verhandlung unzulässig, weil nicht statthaft und vom SG zu verwerfen gewesen; der Antrag hätte auch nicht nach § 140 BGB in eine Berufung umgedeutet werden können, da die Umdeutung einer ausdrücklich mit anderem Erklärungsgehalt abgegebenen unzulässigen Prozesserklärung in eine zulässige Prozesserklärung nur erfolgen kann, wenn die umgedeutete Erklärung nach Intention und rechtlicher Wirkung vergleichbares Pendant des ausdrücklich erklärten Willens ist (vgl. BSG Urteil vom 20.05.2008 – B 1 KR 25/01 R –, juris= SozR 4-1500 § 158 Nr. 1 m.w.N.) und außerdem die Voraussetzungen für die umgedeutete Prozesserklärung vorliegen, sie dem Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Prozessgegners entgegensteht. Vorliegend ist die rechtliche Wirkung des Antrages auf mündliche Verhandlung vor dem SG und der Berufung vor dem LSG nicht vergleichbar, denn der Antrag auf mündliche Verhandlung sichert eine umfassende Tatsachenprüfung für zwei Tatsacheninstanzen (vgl. BSG a.a.O. zur Umdeutung von Nichtzulassungsbeschwerde in eine Berufung). Außerdem konnte der Senat nicht feststellen, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt ab Eingang der Erklärung beim SG am 07.12.2016 bis zum Ablauf der gesetzten Präklusionsfrist am 31.03.2017 die Berufung dem Parteiwillen entsprochen hätte. Die Klägerin hatte sich auf ausdrückliche Frage des Gerichts nicht erklärt. Ein jetzt erkennbar gewordener Wille, ein Berufungsverfahren durchzuführen, wäre erstmals nach Ablauf der Ausschlussfrist ersichtlich geworden und dessen Beachtung würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögern (§ 106a Abs. 3 SGG), des anstelle der jetzt gegebenen Entscheidungsreife für die Durchführung des Berufungsverfahrens noch eine – sachliche – Berufungsbegründung und darauf folgend eine Berufungserwiderung einzuholen wäre und gegebenenfalls Ermittlungen anzustellen wären. Wäre dagegen der Antrag auf mündliche Verhandlung statthaft gewesen, so hätte das SG hierüber zu entscheiden und der Senat könnte nicht an Stelle des SG auf den Antrag auf mündliche Verhandlung in der Sache entscheiden. In keinem Fall ist der Senat mithin zur Entscheidung über den Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG zuständig und zur inhaltlichen Entscheidung berufen.
(2.) Die Klägerin hat am 07.12.2016 keine Berufung erhoben sondern mündliche Verhandlung beantragt. Zu dieser Feststellung gelangt der Senat durch Auslegung des Schreibens vom 07.12.2016 unter Beachtung sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalles. eine Umdeutung war nicht möglich (s.o.).
Zunächst ist festzustellen, dass das Schreiben vom 07.12.2016 ausdrücklich an das SG gerichtet war und seinem Wortlaut nach ausdrücklich einen Antrag auf mündliche Verhandlung beinhaltet hat. Damit kann diese Erklärung nur als Gesuch um mündliche Verhandlung beim Adressaten des Schreibens, nämlich dem SG, verstanden werden. Dazu passt auch, dass die Klägerin bereits zuvor gegenüber dem SG mündliche Verhandlung begehrt hatte. Wer aber eine mündliche Verhandlung beim SG begehrt, macht damit zugleich auch deutlich, dass er das Verfahren nicht in die höhere Instanz heben und den Rechtsstreit vom LSG entschieden haben will. Damit kann aber mit der Erklärung vom 07.12.2017 keine Berufung gemeint gewesen sein, vielmehr alleine ein Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem SG.
Einen anderen Willen der Klägerin konnte der Senat auch durch Auslegung des Schreibens vom 07.12.2016 nach dessen erkennbarem Willen nicht feststellen. Zwar ist beim Verstehen von Erklärungen nicht am Wortlaut zu verhaften (§ 133 BGB). Vielmehr sind auch Rechtsbehelfserklärungen nach dem wirklichen Willen nach dem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen. Dabei ist zunächst erneut zu sehen, dass der Rechtsbehelf an das SG selbst gerichtet war und die Klägerin dort schon zuvor mündliche Verhandlung durch das SG begehrt hatte. Auch hat die Klägerin einen ihr aus früheren Verfahren bekannten Rechtsbehelf gewählt, über den alleine das SG zu entscheiden hat. Insoweit mag zwar der Erklärung der Klägerin vom 07.12.2016 noch hinreichend deutlich zu entnehmen sein, dass sie sich gegen den Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 wenden will. Doch hat sie entgegen der ausdrücklichen Belehrung des SG über das Rechtsmittel der Berufung zum LSG ausdrücklich einen anderen Rechtsbehelf benannt und diesen gerade an das Gericht gerichtet, das für diesen anderen Rechtsbehelf zuständig ist. Auch hat sie den Rechtsbehelf des Antrags auf mündliche Verhandlung ausdrücklich erklärt und keinerlei Andeutungen gemacht, dass sie jedenfalls das statthafte Rechtmittel einlegen wolle. Zwar kann grds. angenommen werden, ein unvertretener Prozessbeteiligter wolle das jeweils statthafte Rechtsmittel einlegen, doch hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 07.12.2017 deutlich gemacht, dass sie mündliche Verhandlung vor dem SG und nicht eine Entscheidung des höheren Gerichts (hier: des LSG) begehrt. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat das Begehren der Klägerin aus dem Schreiben vom 07.12.2016 nicht als Berufung auslegen, sondern alleine als Antrag auf mündliche Verhandlung gegen den Gerichtsbescheid vom 02.11.2016.
Dass eine Berufung auch beim SG eingelegt werden kann, steht diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Denn maßgeblich ist insoweit, dass überhaupt Berufung eingelegt wurde, mithin eine Überprüfung der Entscheidung in einer höheren Instanz begehrt wird, was der Senat vorliegend aber nicht feststellen konnte. Auch dass (Prozess-)Erklärungen nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz auszulegen sind, steht der vorliegenden Auslegung der Erklärung der Klägerin vom 07.12.2016 nicht entgegen. Denn der Meistbegünstigungsgrundsatz führt nicht dazu, dass das Gericht seinen Willen an die Stelle des ausdrücklichen Willens eines Verfahrensbeteiligten setzt und so dessen wirklichen Willen negiert. Vorliegend hat die Klägerin aber mit ihrem Schreiben vom 07.12.2016 hinreichend deutlich gemacht, gerade keine Berufung zum LSG einlegen zu wollen, sodass eine Auslegung oder Umdeutung entgegen dem ausdrücklichen Willen der Klägerin nicht möglich ist. Auch dass das Schreiben vom 07.12.2016 zunächst vom SG und vom LSG als Berufung behandelt worden war – so war zur Begründung der Berufung aufgefordert worden – bedeutet nicht, dass es sich um eine Berufung gehandelt hätte. Denn aus einer bloßen Aufforderung den näher bezeichneten Rechtsbehelf zu begründen kann nicht mit Vertrauensschutz darauf geschlossen werden, dass der Rechtsbehelf zulässig ist; dies bestimmt sich vielmehr alleine nach den Regelungen des SGG.
Darüber hinaus war die Klägerin mit dem ihr zugestellten Schreiben vom 03.03.2017 gebeten worden, sich klarstellend zu ihrem Rechtsbehelf zu äußern und mitzuteilen, ob es sich bei ihrer Erklärung vom 07.12.2016 um eine Berufung oder einen (unstatthaften) Antrag auf mündliche Verhandlung handeln soll, sodass der Hinweis der Klägerin, sie sei zur Klarstellung nicht kontaktiert worden, fehl geht. Die Klägerin hat auf diese Aufforderung hin nicht reagiert.
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat die Erklärung der Klägerin – auch unter Berücksichtigung des Schreibens vom 15.07.2017 – alleine dahingehend auslegen und verstehen, dass die prozesserfahrene Klägerin (beim LSG waren bisher über 150 Verfahren der Klägerin anhängig) eine mündliche Verhandlung beim SG begehrt hatte und damit keinen Rechtsbehelf erhoben hatte, der als Berufung und Entscheidung durch die nächsthöhere Instanz, das LSG, ausgelegt werden kann.
Soweit die Klägerin nunmehr mit ihrem Schreiben vom 15.07.2017 sinngemäß geltend macht, ihr Begehren vom 07.12.2016 sei aus Unkenntnis so formuliert worden, sie habe den Rechtsbehelf lediglich falsch bezeichnet, dieser sei als Beschwerde/Berufung zu werten, so folgt ihr der Senat nicht. Zunächst können spätere Umstände und Behauptungen nicht dazu führen, dass ein einmal erklärter Wille nachträglich einen anderen Inhalt erhält, zum Anderen war die Klägerin unter Hinweis auf die Präklusion nach § 106a Abs. 3 SGG aufgefordert worden, bis zum 31.03.2017 zu erklären, wie ihr Rechtsbehelf zu verstehen sei. Sie hat auf diese Aufforderung nicht reagiert und auch bis zur mündlichen Verhandlung keine Gründe vorgetragen – noch sind dem Senat solche ersichtlich , die die Verspätung genügend entschuldigen könnten. Die Zulassung einer Erklärung vom 15.07.2017, den Antrag auf mündliche Verhandlung als Berufung zu verstehen, würde nach der freien Überzeugung des Senats die Erledigung des Rechtsstreits verzögern, auch war die Klägerin über diese Rechtsfolgen ausreichend und ausdrücklich belehrt worden (Schreiben vom 03.03.2017). Der Senat weist dieses Vorbringen der Klägerin daher als verspätet zurück und hat es daher nicht weiter zu berücksichtigen (§ 106a Abs. 3 Satz 1 SGG).
Somit konnte der Senat feststellen, dass die Klägerin am 07.12.2016 keine Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 erhoben, vielmehr einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat über den das SG zu entscheiden hat. Angesichts des vom Senat festgestellten Inhalts der Erklärung vom 07.12.2016, mit dem die Klägerin alleine eine mündliche Verhandlung vor dem SG begehrt hatte, kommt auch eine Auslegung als Nichtzulassungsbeschwerde i.S.d. § 145 SGG nicht in Betracht, weshalb der Senat nicht zur Entscheidung über eine Berufung bzw. eine Nichtzulassungsbeschwerde berufen ist und die Klägerin keinen Anspruch auf Durchführung des Verfahrens L 8 AL 4757/16 als Berufungsverfahren hat.
(3.) Soweit der Senat aus dem Schreiben der Klägerin vom 15.07.2016 – insbesondere dem Hinweis auf eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – entnehmen kann, dass wenn schon das frühere Verfahren L 8 AL 4757/16 auf den Rechtsbehelf vom 07.12.2016 hin nicht durchgeführt werden, so doch jetzt Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 02.11.2016 eingelegt werden soll, ist die Berufung vom 17.07.2017 (Schreiben der Klägerin vom 15.067.2017) unzulässig, sodass der Senat nicht in die Lage versetzt ist, in der Sache über das Begehren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Einladung vom 29.01.2016 zu entscheiden.
Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG). Gemäß § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG gilt diese einmonatige Rechtsmittelfrist auch bei Berufungen gegen Gerichtsbescheide.
Die Klägerin war im Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 vom SG über das Rechtsmittel der Berufung belehrt worden, die Belehrung war bezüglich der Voraussetzungen der Berufung zutreffend, sodass die Berufungsfrist zu laufen begonnen hatte (§ 66 Abs. 1 SGG) und nicht verlängert ist (§ 66 Abs. 2 SGG). Soweit die Klägerin daher mit Schreiben vom 15.07.2017, beim SG eingegangen am 17.07.2017, erklärt hat, nun Berufung gegen den Gerichtsbescheid einzulegen, hat die Klägerin die Berufung außerhalb der mit Zustellung des Gerichtsbescheids am 07.11.2016 am 08.11.2016 beginnenden und am (Mittwoch) 07.12.2016 endenden Berufungsfrist eingelegt, sodass die Berufung aus den Schreiben vom 15.07.2017 unzulässig und zu verwerfen ist.
(4.) Die Versäumung der Berufungsfrist bezüglich einer Berufung vom 17.07.2017 (Schreiben vom 15.07.2017) ist auch nicht deswegen unbeachtlich, weil der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, hier den Lauf der Berufungsfrist, zu gewähren wäre.
Nach § 67 Abs. 1 SGG ist, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten (hier: die Berufungsfrist), ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Vorliegend war die Klägerin im Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 vom SG über das Rechtsmittel der Berufung belehrt worden, die Belehrung war bezüglich der Voraussetzungen der Berufung zutreffend, sodass eine bewusste Abweichung von dieser Belehrung durch den Antrag der Klägerin auf mündliche Verhandlung nicht als schuldloses Verhalten im Hinblick auf die Wahrung der Berufungsfrist gewertet werden kann. Darüber hinaus war der Klägerin mit Schreiben des Berichterstatters vom 03.03.2017 die Möglichkeit eingeräumt worden, sich bis 31.03.2017 zur Art ihres Rechtsbehelfs zu erklären. Sie war auf die verschiedenen Rechtsbehelfe (mündliche Verhandlung und Berufung) hingewiesen worden und unter Belehrung über die Präklusion nach § 106a Abs. 3 SGG aufgefordert worden, sich zu erklären; dieser Hinweis war der Klägerin am 07.03.2017 mit Zustellungsurkunde zugestellt worden. Die Klägerin hat sich nicht geäußert.
Hat die Klägerin entgegen der ausdrücklichen Belehrung durch das SG im Gerichtsbescheid einen anderen Rechtsbehelf eingelegt und äußert sie sich auf ausdrückliche Nachfrage auch nicht mehr zur Art des Rechtsbehelfs, kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, ohne Verschulden in Unkenntnis der rechtlichen Voraussetzungen und Folgen den falschen Rechtsbehelf eingelegt zu haben und daher die Berufungsfrist versäumt zu haben. Wiedereinsetzung in den Lauf der Berufungsfrist war daher nicht zu gewähren, sodass das Schreiben vom 15.07.2017 allenfalls als unzulässige Berufung verstanden werden kann.
Nachdem der Senat zur Entscheidung über den gestellten Antrag vom 07.12.2016 auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 02.11.2016 nicht berufen ist und die Klägerin am 07.12.2016 keine Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 02.11.2016 eingelegt hatte, hat sie keinen Anspruch auf (Fort-)Führung des Verfahrens L 8 AL 4757/16. Eine Berufung aus dem Schreiben vom 15.07.2017 (beim SG eingegangen am 17.07.2017) ist verfristet, auch ist der Klägerin nicht Wiedereinsetzung in den Lauf der Berufungsfrist zu gewähren, weshalb diese Berufung als unzulässig zu verwerfen war.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Dass in dem objektiv nicht anhängig gewordenen und nur aktenmäßig mit dem Az. L 8 AL 4757/16 erfassten Verfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten sind, hat der Senat nur zur Klarstellung im Urteilstenor zum Ausdruck gebracht.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved