Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 4197/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3510/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. August 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1955 geborene Klägerin absolvierte nach ihren Angaben eine Ausbildung zur Datenverarbeitungskauffrau. Nachdem die Klägerin, nach Zeiten der Arbeitslosigkeit im Jahr 2001 aus dem Beitrittsgebiet übersiedelte, war sie als Hausmeistervertreterin beim Schul- und Sportamt der Stadt Karlsruhe beschäftigt. Seit dem 9. Januar 2015 ist die Klägerin arbeitsunfähig. Seit dem 1. Januar 2017 erhält die Klägerin auf ihren Antrag vom 22. März 2017 Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bescheid vom 6. Juni 2017).
Nach rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet ist für die Klägerin die Zeit vom 1. Mai 2001 bis 9. September 2001 im Versicherungsverlauf als geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung belegt, die Zeit vom 1. Juli 2001 bis 9. September 2001 ist als weitere Zeit im Beitrittsgebiet als Pflichtbeitragszeit (AFG) anerkannt. In der Zeit vom 10. September 2001 bis 8. September 2002 sind Pflichtbeiträge (versicherungspflichtige Beschäftigung) festgestellt, danach sind wiederum bis 31. März 2003 geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigungen gespeichert. Die Zeit vom 1. April 2003 bis 31. Dezember 2003 ist wiederum als Pflichtbeitragszeit (versicherungspflichtige Beschäftigung) anerkannt. Anschließend sind vom 1. Januar 2004 bis 29. Februar 2012 wiederum geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigungen festgestellt. Für die Zeit vom 1. März 2012 bis 11. Februar 2013 sind versicherungspflichtige Beschäftigungen (Pflichtbeitragszeiten) im Versicherungsverlauf gespeichert. In der Zeit vom 12. Februar 2013 bis 1. März 2013 ist der Bezug einer weiteren Sozialleistung als Pflichtbeitragszeit festgestellt. Anschließend sind wieder Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer beitragspflichtigen Beschäftigung vom 2. März 2013 bis 8. Januar 2015 festgestellt. Dem folgend ist eine weitere Pflichtbeitragszeit für die Zeit vom 9. Januar 2015 bis 16 Januar 2015 wegen Erhalts einer Sozialleistung gespeichert. Anschließend sind wiederum für die Zeit vom 17. Januar 2015 bis 19. Februar 2015 Pflichtbeitragszeiten (versicherungspflichtige Beschäftigung) gespeichert. Danach sind ab 20. Februar 2015 bis 31. Juli 2015 Pflichtbeiträge wegen Erhalts einer Sozialleistung anerkannt (vgl. zu Einzelheiten: Versicherungsverläufe vom 25. September 2015 und vom 2. Juni 2017).
Die Klägerin absolvierte vom 2. Juli 2015 bis 30. Juli 2015 in der Klinik Bad Herrenalb ein stationäres Heilverfahren. In dem Entlassungsbericht vom 31. August 2015 wird die Klägerin für fähig angesehen, zwischen drei bis unter sechs Stunden die letzte Tätigkeit als Hausmeistervertretung sowie zwischen drei bis unter sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Zumutbar seien leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung Diagnosen: Mittelgradige depressive Episode, depressiv-getöntes organisches Psychosyndrom nach Enzephalitis.
Am 21. August 2015 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der beratende Arzt der Beklagten Dr. Sch. (Arzt für Chirurgie und Sozialmedizin) vertrat in seiner Stellungnahme vom 8. September 2015 die Auffassung, dass die Klägerin seit Eintritt der letzten Arbeitsunfähigkeit nur noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 25. September 2015 ab. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rente seien nicht erfüllt. Danach sei es erforderlich, dass innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge vorhanden seien (§ 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. In dem Zeitraum vom 9. Januar 2010 bis zum 8. Januar 2015 seien nur 35 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt und deshalb seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Ausnahmeregelungen, die diese Erfordernisse entbehrlich machen würden, seien vorliegend nicht einschlägig.
Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch mit der Begründung, dass die Krankschreibung vom 9. Januar 2015, "welche der Arzt als den Leistungsfall festgelegt" habe, "nicht dieselbe Krankheit" sei, "wie die Krankheit, durch die die Erwerbsminderung eingetreten" sei. Diese sei erst am 30. Juli 2015 festgestellt worden und der Leistungsfall damit auf das "Datum" zu legen.
Nachdem der beratende Arzt der Beklagten Dr. Sch. in seiner Stellungnahme vom 20. Oktober 2015 bei seiner Auffassung blieb, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2015 den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Klägerin sei seit dem 9. Januar 2015 arbeitsunfähig. Die Krankschreibung sei aufgrund der Diagnosen erfolgt, die auch der Minderung der Erwerbsfähigkeit zugrunde liegen würden. Unter Zugrundelegung des Leistungsfalls am 9. Januar 2015 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, da in dem maßgeblichen Zeitraum vom 9. Januar 2010 bis zum 8. Januar 2015 lediglich 35 Kalendermonate, und nicht wie gesetzlich vorgeschrieben 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden seien. Darüber hinaus sei auch der Zeitraum vom 1. Januar 1984 bis 8. Januar 2015 nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsminderung frühestens am 2. Februar 2015 eingetreten wäre.
Am 18. Dezember 2015 hat die Klägerin hiergegen Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Hierzu hat sie unter anderem vorgetragen, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der beantragten Erwerbsminderungsrente seien erfüllt, weil der Leistungsfall erst mit der Erstellung des ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik Bad Herrenalb GmbH vom 31. August 2015 eingetreten sei.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin Dr. D. (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) und den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Du. als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Di. hat in seiner Auskunft vom 15. Februar 2016 ausgeführt, er behandle die Klägerin regelmäßig seit dem 19. September 2013. Er habe eine leichte Antriebsminderung, dabei unterschwellig etwas agitiert, eine depressive Verstimmung und ein verringertes Selbstwertgefühl festgestellt. Der neurologische Status sei regelgerecht, die Klägerin habe über kognitive Einschränkungen geklagt. Eine wesentliche Besserung habe er im Laufe der Behandlung nicht feststellen können. Dr. Du. hat ausgeführt (Auskunft vom 18. Februar 2016) eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes sei seit Juli 2015 eingetreten wegen depressivem Syndrom und Zustand nach Enzephalitis. Vorher habe eine Belastungssituation durch den Tod ihres Ehemannes bestanden. Seit Januar 2015 sei von einer Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit auszugehen mit zusätzlicher Verschlechterung seit Juli 2015.
Das SG hat mit Urteil vom 23. August 2016 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, dass die (näher dargelegten) versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht vorlägen. Der Leistungsfall sei am 9. Januar 2015 eingetreten. Von einem späteren Eintritt des Leistungsfalles, insbesondere mit dem Entlassungsbericht vom 31. August 2015 sei nicht auszugehen. Entsprechend dem Ausdruck der kaufmännischen Krankenkasse vom 17. September 2015 habe sich die Arbeitsunfähigkeit bereits zu deren Beginn ebenfalls durch die Diagnosen einer mittelgradigen depressiven Episode ergeben. Zusätzlich habe eine akute Belastungssituation und der Status nach einer Enzephalitis bestanden. Aus dem Befundbericht des Dr. D. zum Rehabilitationsantrag vom 27. März 2015 lasse sich entnehmen, dass nach vorübergehender Stabilisierung eine erneute Verschlechterung als Reaktion auf den Tod des Ehemannes am 6. Januar 2015 eingetreten sei; für eine weitere Verschlechterung nach diesem Datum gebe es keine Anhaltspunkte. Wenn nach der stationären Rehabilitation bei leichter Stabilisierung ein drei bis unter sechs-stündiges Leistungsvermögen vorgelegen habe, so müsse dieses Leistungsvermögen auch bereits bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 9. Januar 2015 vorgelegen haben.
Hiergegen richtet sich die am 13. September 2016 eingelegte Berufung der Klägerin. Entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG sei aufgrund der Arbeitsunfähigkeitszeiten, die aus der Auflistung der kaufmännischen Krankenkasse für die Zeit vom 9. Januar 2015 bis 5. Oktober 2015 hervorgehe, auszuführen, dass es nach dem 10. Februar 2015 zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen sei. Neben einer mittelgradigen depressiven Episode und einer Anpassungsstörung sei nun auch eine organische psychische Störung genannt. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass das im Reha - Entlassungsbericht vom 31. August 2015 festgestellte drei- bis unter sechsstündige Leistungsvermögen bereits bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 9. Januar 2015 vorgelegen habe. Es sei daher davon auszugehen, dass der Leistungsfall erst mit Entlassung aus der Rehabilitationsmaßnahme eingetreten sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. August 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit ab 1. August 2015 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Leistungsfall sei im Januar 2015 mit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eingetreten. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der beantragten Rente seien nicht erfüllt, weil in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Leistungsfalls keine drei Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt seien. Es seien lediglich 35 Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Die Nachentrichtung des fehlenden Beitrags sei nicht möglich.
Im Termin vom 16. Mai 2017 ist mit den Beteiligten der Sach- und Streitstand erörtert worden. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Ferner wurden fiktive Rentenberechnungen veranlasst (vgl. Bl. 41-157 Senatsakten).
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.
Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Bescheid vom 25. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2015, mit dem die Beklagte die beantragte Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hatte. Der Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rente sind bei dem hier zugrunde zu legenden Eintritt des Leistungsfalls der Erwerbsminderung am 9. Januar 2015 nicht erfüllt.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), die Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ergeben sich aus § 240 SGB VI.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit § 43 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind sowie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung - in welchem für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung wie auch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge entrichtet sein müssen - verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung auf Grund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
Anrechnungszeiten sind u.a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder arbeitslos (§ 58 Abs. 1 Satz 1Nr. 3 SGB VI) gewesen sind, wenn dadurch u. a. eine versicherte Tätigkeit unterbrochen ist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung sind gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Versicherte nicht erforderlich, wenn sie u.a. vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und jeder Kalendermonat ab 1. Januar 1984 mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs. 2 Satz 2 SGBVI).
Der Versicherungsverlauf weist in der Zeit ab 1. Januar 1984 erhebliche Lücken auf. Für die ab Mai 2001 überwiegend nur geringfügigen, nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten sind Beitragszahlungen nachträglich nicht mehr möglich. Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen gezahlt werden (§ 197 Abs. 2 SGB VI). Entsprechende Anträge auf freiwillige Beitragszahlungen innerhalb der genannten Frist sind nicht aktenkundig und werden auch nicht vorgetragen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ohne Verschulden daran gehindert gewesen ist innerhalb der genannten Fristen die Beiträge zu entrichten, sind nicht ersichtlich (§ 197 Abs. 3 SGB VI).
Der Fünf-Jahres-Zeitraum verlängert sich hier nicht durch weitere Zeiten im Sinne von § 43 Abs. 4 SGB VI. Entsprechende Zeiten sind nicht nachgewiesen. Es liegt auch kein sonstiger Tatbestand vor, auf Grund dessen das Erfordernis von drei Jahren Beitragszeiten im dem Leistungsfall vorhergegangenen Fünf-Jahres-Zeitraum entfiele. Die bereits dargelegten Voraussetzungen des § 241 Abs. 2 SGB VI sind nicht gegeben.
Das SG hat den Leistungsfall der (vollen) Erwerbsminderung zeitlich zutreffend auf den 9. Januar 2015 festgestellt. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Klägerin die objektive Beweislast dafür trägt, dass ein quantitatives Absinken des Leistungsvermögens zu einem späteren Zeitpunkt, an dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (wieder) erfüllt sind, eingetreten ist (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 10. Mai 2017, L 19 R 375/13, Juris).
Der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren, der Leistungsfall der Erwerbsminderung sei erst später eingetreten, insbesondere sei es nach dem 10. Februar 2015 zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin gekommen, weil sich in dem Auszug der Krankenkasse bezüglich Arbeitsunfähigkeitszeiten und Diagnosen Änderungen ergeben hätten, kann nicht gefolgt werden. Der behandelnde Hausarzt Dr. Du. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 18. Februar 2016 das Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten seit Januar 2015 mit zwei bis vier Stunden täglich und einer weiteren Verschlechterung im Juli 2015 beurteilt. Die Arbeitsunfähigkeit ab 9. Januar 2015 hat Dr. Du. aufgrund einer mittelgradigen depressiven Episode nach dem Tod des Ehemannes der Klägerin, einer akuten Belastungssituation und dem Status nach Enzephalitis begründet. Ebenso hat der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. D. in dem Befundbericht zum Rehabilitationsantrag ein depressiv-getönte organisches Psychosyndrom nach Enzephalitis diagnostiziert und ausgeführt, dass nach vorübergehender Stabilisierung eine erneute Verschlechterung als Reaktion auf den Tod des Ehemannes (am 6. Januar 2015) eingetreten sei. Aus dem Entlassungsbericht des Rehabilitationsverfahrens vom 31. August 2015 ist dann zu entnehmen, dass die Klägerin bei einer leichten psychischen Stabilisierung und Verbesserung des Krankheitsverständnisses als weiterhin arbeitsunfähig und mit einer Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich entlassen worden ist. Eine gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes und der Leistungsfähigkeit der Klägerin auf ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten erst ab 2. Februar 2015 und damit eines späteren Eintritts des Leistungsfalls der Erwerbsminderung, ist daher unter Berücksichtigung aller Umstände nicht festzustellen.
Die Berufung der Klägerin war daher als begründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 12; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1955 geborene Klägerin absolvierte nach ihren Angaben eine Ausbildung zur Datenverarbeitungskauffrau. Nachdem die Klägerin, nach Zeiten der Arbeitslosigkeit im Jahr 2001 aus dem Beitrittsgebiet übersiedelte, war sie als Hausmeistervertreterin beim Schul- und Sportamt der Stadt Karlsruhe beschäftigt. Seit dem 9. Januar 2015 ist die Klägerin arbeitsunfähig. Seit dem 1. Januar 2017 erhält die Klägerin auf ihren Antrag vom 22. März 2017 Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bescheid vom 6. Juni 2017).
Nach rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet ist für die Klägerin die Zeit vom 1. Mai 2001 bis 9. September 2001 im Versicherungsverlauf als geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung belegt, die Zeit vom 1. Juli 2001 bis 9. September 2001 ist als weitere Zeit im Beitrittsgebiet als Pflichtbeitragszeit (AFG) anerkannt. In der Zeit vom 10. September 2001 bis 8. September 2002 sind Pflichtbeiträge (versicherungspflichtige Beschäftigung) festgestellt, danach sind wiederum bis 31. März 2003 geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigungen gespeichert. Die Zeit vom 1. April 2003 bis 31. Dezember 2003 ist wiederum als Pflichtbeitragszeit (versicherungspflichtige Beschäftigung) anerkannt. Anschließend sind vom 1. Januar 2004 bis 29. Februar 2012 wiederum geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigungen festgestellt. Für die Zeit vom 1. März 2012 bis 11. Februar 2013 sind versicherungspflichtige Beschäftigungen (Pflichtbeitragszeiten) im Versicherungsverlauf gespeichert. In der Zeit vom 12. Februar 2013 bis 1. März 2013 ist der Bezug einer weiteren Sozialleistung als Pflichtbeitragszeit festgestellt. Anschließend sind wieder Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer beitragspflichtigen Beschäftigung vom 2. März 2013 bis 8. Januar 2015 festgestellt. Dem folgend ist eine weitere Pflichtbeitragszeit für die Zeit vom 9. Januar 2015 bis 16 Januar 2015 wegen Erhalts einer Sozialleistung gespeichert. Anschließend sind wiederum für die Zeit vom 17. Januar 2015 bis 19. Februar 2015 Pflichtbeitragszeiten (versicherungspflichtige Beschäftigung) gespeichert. Danach sind ab 20. Februar 2015 bis 31. Juli 2015 Pflichtbeiträge wegen Erhalts einer Sozialleistung anerkannt (vgl. zu Einzelheiten: Versicherungsverläufe vom 25. September 2015 und vom 2. Juni 2017).
Die Klägerin absolvierte vom 2. Juli 2015 bis 30. Juli 2015 in der Klinik Bad Herrenalb ein stationäres Heilverfahren. In dem Entlassungsbericht vom 31. August 2015 wird die Klägerin für fähig angesehen, zwischen drei bis unter sechs Stunden die letzte Tätigkeit als Hausmeistervertretung sowie zwischen drei bis unter sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Zumutbar seien leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung Diagnosen: Mittelgradige depressive Episode, depressiv-getöntes organisches Psychosyndrom nach Enzephalitis.
Am 21. August 2015 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der beratende Arzt der Beklagten Dr. Sch. (Arzt für Chirurgie und Sozialmedizin) vertrat in seiner Stellungnahme vom 8. September 2015 die Auffassung, dass die Klägerin seit Eintritt der letzten Arbeitsunfähigkeit nur noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 25. September 2015 ab. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rente seien nicht erfüllt. Danach sei es erforderlich, dass innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge vorhanden seien (§ 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. In dem Zeitraum vom 9. Januar 2010 bis zum 8. Januar 2015 seien nur 35 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt und deshalb seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Ausnahmeregelungen, die diese Erfordernisse entbehrlich machen würden, seien vorliegend nicht einschlägig.
Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch mit der Begründung, dass die Krankschreibung vom 9. Januar 2015, "welche der Arzt als den Leistungsfall festgelegt" habe, "nicht dieselbe Krankheit" sei, "wie die Krankheit, durch die die Erwerbsminderung eingetreten" sei. Diese sei erst am 30. Juli 2015 festgestellt worden und der Leistungsfall damit auf das "Datum" zu legen.
Nachdem der beratende Arzt der Beklagten Dr. Sch. in seiner Stellungnahme vom 20. Oktober 2015 bei seiner Auffassung blieb, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2015 den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Klägerin sei seit dem 9. Januar 2015 arbeitsunfähig. Die Krankschreibung sei aufgrund der Diagnosen erfolgt, die auch der Minderung der Erwerbsfähigkeit zugrunde liegen würden. Unter Zugrundelegung des Leistungsfalls am 9. Januar 2015 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, da in dem maßgeblichen Zeitraum vom 9. Januar 2010 bis zum 8. Januar 2015 lediglich 35 Kalendermonate, und nicht wie gesetzlich vorgeschrieben 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden seien. Darüber hinaus sei auch der Zeitraum vom 1. Januar 1984 bis 8. Januar 2015 nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsminderung frühestens am 2. Februar 2015 eingetreten wäre.
Am 18. Dezember 2015 hat die Klägerin hiergegen Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Hierzu hat sie unter anderem vorgetragen, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der beantragten Erwerbsminderungsrente seien erfüllt, weil der Leistungsfall erst mit der Erstellung des ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik Bad Herrenalb GmbH vom 31. August 2015 eingetreten sei.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin Dr. D. (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) und den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Du. als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Di. hat in seiner Auskunft vom 15. Februar 2016 ausgeführt, er behandle die Klägerin regelmäßig seit dem 19. September 2013. Er habe eine leichte Antriebsminderung, dabei unterschwellig etwas agitiert, eine depressive Verstimmung und ein verringertes Selbstwertgefühl festgestellt. Der neurologische Status sei regelgerecht, die Klägerin habe über kognitive Einschränkungen geklagt. Eine wesentliche Besserung habe er im Laufe der Behandlung nicht feststellen können. Dr. Du. hat ausgeführt (Auskunft vom 18. Februar 2016) eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes sei seit Juli 2015 eingetreten wegen depressivem Syndrom und Zustand nach Enzephalitis. Vorher habe eine Belastungssituation durch den Tod ihres Ehemannes bestanden. Seit Januar 2015 sei von einer Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit auszugehen mit zusätzlicher Verschlechterung seit Juli 2015.
Das SG hat mit Urteil vom 23. August 2016 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, dass die (näher dargelegten) versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht vorlägen. Der Leistungsfall sei am 9. Januar 2015 eingetreten. Von einem späteren Eintritt des Leistungsfalles, insbesondere mit dem Entlassungsbericht vom 31. August 2015 sei nicht auszugehen. Entsprechend dem Ausdruck der kaufmännischen Krankenkasse vom 17. September 2015 habe sich die Arbeitsunfähigkeit bereits zu deren Beginn ebenfalls durch die Diagnosen einer mittelgradigen depressiven Episode ergeben. Zusätzlich habe eine akute Belastungssituation und der Status nach einer Enzephalitis bestanden. Aus dem Befundbericht des Dr. D. zum Rehabilitationsantrag vom 27. März 2015 lasse sich entnehmen, dass nach vorübergehender Stabilisierung eine erneute Verschlechterung als Reaktion auf den Tod des Ehemannes am 6. Januar 2015 eingetreten sei; für eine weitere Verschlechterung nach diesem Datum gebe es keine Anhaltspunkte. Wenn nach der stationären Rehabilitation bei leichter Stabilisierung ein drei bis unter sechs-stündiges Leistungsvermögen vorgelegen habe, so müsse dieses Leistungsvermögen auch bereits bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 9. Januar 2015 vorgelegen haben.
Hiergegen richtet sich die am 13. September 2016 eingelegte Berufung der Klägerin. Entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG sei aufgrund der Arbeitsunfähigkeitszeiten, die aus der Auflistung der kaufmännischen Krankenkasse für die Zeit vom 9. Januar 2015 bis 5. Oktober 2015 hervorgehe, auszuführen, dass es nach dem 10. Februar 2015 zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen sei. Neben einer mittelgradigen depressiven Episode und einer Anpassungsstörung sei nun auch eine organische psychische Störung genannt. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass das im Reha - Entlassungsbericht vom 31. August 2015 festgestellte drei- bis unter sechsstündige Leistungsvermögen bereits bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 9. Januar 2015 vorgelegen habe. Es sei daher davon auszugehen, dass der Leistungsfall erst mit Entlassung aus der Rehabilitationsmaßnahme eingetreten sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. August 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit ab 1. August 2015 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Leistungsfall sei im Januar 2015 mit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eingetreten. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der beantragten Rente seien nicht erfüllt, weil in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Leistungsfalls keine drei Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt seien. Es seien lediglich 35 Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Die Nachentrichtung des fehlenden Beitrags sei nicht möglich.
Im Termin vom 16. Mai 2017 ist mit den Beteiligten der Sach- und Streitstand erörtert worden. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Ferner wurden fiktive Rentenberechnungen veranlasst (vgl. Bl. 41-157 Senatsakten).
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.
Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Bescheid vom 25. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2015, mit dem die Beklagte die beantragte Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hatte. Der Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rente sind bei dem hier zugrunde zu legenden Eintritt des Leistungsfalls der Erwerbsminderung am 9. Januar 2015 nicht erfüllt.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), die Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ergeben sich aus § 240 SGB VI.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit § 43 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind sowie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung - in welchem für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung wie auch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge entrichtet sein müssen - verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung auf Grund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
Anrechnungszeiten sind u.a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder arbeitslos (§ 58 Abs. 1 Satz 1Nr. 3 SGB VI) gewesen sind, wenn dadurch u. a. eine versicherte Tätigkeit unterbrochen ist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung sind gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Versicherte nicht erforderlich, wenn sie u.a. vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und jeder Kalendermonat ab 1. Januar 1984 mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs. 2 Satz 2 SGBVI).
Der Versicherungsverlauf weist in der Zeit ab 1. Januar 1984 erhebliche Lücken auf. Für die ab Mai 2001 überwiegend nur geringfügigen, nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten sind Beitragszahlungen nachträglich nicht mehr möglich. Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen gezahlt werden (§ 197 Abs. 2 SGB VI). Entsprechende Anträge auf freiwillige Beitragszahlungen innerhalb der genannten Frist sind nicht aktenkundig und werden auch nicht vorgetragen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ohne Verschulden daran gehindert gewesen ist innerhalb der genannten Fristen die Beiträge zu entrichten, sind nicht ersichtlich (§ 197 Abs. 3 SGB VI).
Der Fünf-Jahres-Zeitraum verlängert sich hier nicht durch weitere Zeiten im Sinne von § 43 Abs. 4 SGB VI. Entsprechende Zeiten sind nicht nachgewiesen. Es liegt auch kein sonstiger Tatbestand vor, auf Grund dessen das Erfordernis von drei Jahren Beitragszeiten im dem Leistungsfall vorhergegangenen Fünf-Jahres-Zeitraum entfiele. Die bereits dargelegten Voraussetzungen des § 241 Abs. 2 SGB VI sind nicht gegeben.
Das SG hat den Leistungsfall der (vollen) Erwerbsminderung zeitlich zutreffend auf den 9. Januar 2015 festgestellt. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Klägerin die objektive Beweislast dafür trägt, dass ein quantitatives Absinken des Leistungsvermögens zu einem späteren Zeitpunkt, an dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (wieder) erfüllt sind, eingetreten ist (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 10. Mai 2017, L 19 R 375/13, Juris).
Der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren, der Leistungsfall der Erwerbsminderung sei erst später eingetreten, insbesondere sei es nach dem 10. Februar 2015 zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin gekommen, weil sich in dem Auszug der Krankenkasse bezüglich Arbeitsunfähigkeitszeiten und Diagnosen Änderungen ergeben hätten, kann nicht gefolgt werden. Der behandelnde Hausarzt Dr. Du. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 18. Februar 2016 das Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten seit Januar 2015 mit zwei bis vier Stunden täglich und einer weiteren Verschlechterung im Juli 2015 beurteilt. Die Arbeitsunfähigkeit ab 9. Januar 2015 hat Dr. Du. aufgrund einer mittelgradigen depressiven Episode nach dem Tod des Ehemannes der Klägerin, einer akuten Belastungssituation und dem Status nach Enzephalitis begründet. Ebenso hat der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. D. in dem Befundbericht zum Rehabilitationsantrag ein depressiv-getönte organisches Psychosyndrom nach Enzephalitis diagnostiziert und ausgeführt, dass nach vorübergehender Stabilisierung eine erneute Verschlechterung als Reaktion auf den Tod des Ehemannes (am 6. Januar 2015) eingetreten sei. Aus dem Entlassungsbericht des Rehabilitationsverfahrens vom 31. August 2015 ist dann zu entnehmen, dass die Klägerin bei einer leichten psychischen Stabilisierung und Verbesserung des Krankheitsverständnisses als weiterhin arbeitsunfähig und mit einer Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich entlassen worden ist. Eine gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes und der Leistungsfähigkeit der Klägerin auf ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten erst ab 2. Februar 2015 und damit eines späteren Eintritts des Leistungsfalls der Erwerbsminderung, ist daher unter Berücksichtigung aller Umstände nicht festzustellen.
Die Berufung der Klägerin war daher als begründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 12; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
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