L 2 SO 4786/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SO 835/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 4786/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. April 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.1.2015 bis 31.12.2015.

Bei dem 1942 geborenen ledigen Kläger ist ein Grad der Behinderung von 50 sowie das Merkzeichen "G" festgestellt. Er bezieht eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 458,58 EUR (ab Juli 2015 i.H.v. 468,21 EUR) und ist bei der DAK freiwillig kranken- und pflegeversichert mit monatlichen Gesamtbeiträgen i.H.v. 178,32 EUR (Bl. 2633 VA; ab Juli 2015 167,99 EUR).

Der Kläger bewohnte bis August 2015 eine Dreizimmerwohnung (ca. 60 m²), von der er ein Zimmer gewerblich nutzte. Für diese zahlte er nach Mietminderung monatlich 307 EUR (s. Kontoauszug Bl. 2743 VA), geschuldet waren 332,63 EUR. Nach Eigenbedarfskündigung zog er zum 1.8.2015 in eine Zweizimmerwohnung (ca. 65 m²), für die er nach dem Mietvertrag 550 EUR monatlich einschließlich Vorauszahlungen für Heizung, Wasser, Müllabfuhr, Strom und sonstige Nebenkosten zu entrichten hat. Die Beklagte erkennt die Wohnkosten als angemessen an.

Der zum Betriebswirt ausgebildete Kläger ist - auch nach Überschreitung der Altersgrenze - weiterhin als selbstständiger Versicherungsmakler von zu Hause aus tätig und erzielt hieraus Einkommen in Form von Provisionen verschiedener Versicherungen abhängig vom Umfang der getätigten Abschlüsse. Zusätzlich erhält er von den Versicherungen eine "Bestandspflegevergütung", etwa der Landeskrankenhilfe in Höhe von monatlich 545,57 EUR (552,66 EUR ab Juli 2015), die ebenfalls dem Bankkonto des Klägers gutgeschrieben werden. Demgegenüber stehen Ausgaben des Klägers zur Erzielung des Einkommens u.a. durch teilweise betriebliche Nutzung des privaten PKW, Telefon- und Portokosten sowie Bankgebühren. Sofern Versicherungen von Kunden des Klägers im Zeitraum von 60 Monaten nicht vollständig bedient werden, werden bereits gewährte Provisionen dem Kläger wieder anteilig rückbelastet und einem für diese Fälle bei der Versicherung geführten Provisionskonto, das aus einem Anteil von 10% an den Provisionen gespeist wird, belastet bzw. mit anderen Provisionsansprüchen des Klägers verrechnet. Rückzahlungen durch den Kläger erfolgten im Jahr 2015 nicht.

Seit 2007 bezieht der Kläger aufstockend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von der Beklagten. Lediglich 2014 waren seine Einnahmen bedarfsübersteigend. In der Vergangenheit kam es mehrfach zu Streitigkeiten zwischen dem Kläger und der Beklagten wegen der Anrechnung des Einkommens aus der selbständigen Tätigkeit. Für den Zeitraum 1.7.2008 bis 31.12.2008 einigten sich der Kläger und die Beklagte im Rahmen des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG - S 1 SO 4698/08) durch Vergleich vom 27.8.2009 über die Berechnungsmodalitäten für diese Zeit. Zuletzt entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg rechtskräftig über den Anspruch des Klägers für die Zeit vom 1.2.2011 bis 23.4.2015 (Tag der mündlichen Verhandlung; Urteil vom 23.4.2015 - L 7 SO 5029/11; Nichtzulassungsbeschwerde BSG, Beschluss vom 11.11.2015 - B 8 SO 52/15 B). Ein Leistungsanspruch ergab sich danach über den 31.12.2013 hinaus nicht. Das LSG ging dabei von einem monatlichen Bedarf des Klägers ab Januar 2015 i.H.v. 977,78 EUR aus, dem ein monatliches anrechenbares Einkommen ab Januar 2015 i.H.v. 999,85 EUR gegenüberstehe. Als Einkommen des Klägers berücksichtigte der 7. Senat neben der Altersrente die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 4 DV - § 82 SGB XII. Er legte bei der Ermittlung der Einkünfte für die Jahre 2011 bis 2014 für die Einnahmen nicht die jeweiligen Einkommensteuerbescheide zu Grunde, sondern die Summe der auf den Konten des Klägers gutgeschriebenen Provisionen (gekürzt um die tatsächlich geleisteten, zur Erzielung dieser Einnahmen notwendigen Ausgaben), und nahm für 2015 eine Prognose in Höhe des Durchschnittseinkommens der letzten 4 Jahre vor. Soweit der Kläger bereits ausgezahlte Provisionen - etwa wegen Kündigung von Versicherungsverträgen - an die jeweilige Versicherungsgesellschaft zurückzuerstatten habe, würden diese von einem bei der jeweiligen Versicherungsgesellschaft als Sicherheit hinterlegten Provisionsguthaben des Klägers abgesetzt und/oder mit neu entstehenden Provisionsansprüchen des Klägers verrechnet. Die Mietkosten für das Arbeitszimmer und Pauschalkosten für den überwiegend privat genutzten Pkw berücksichtigte der Senat nicht, weil sie bereits vom Finanzamt berücksichtigt worden seien.

Die Beklagte lehnte die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zunächst mit Bescheid vom 19.5.2015 unter Bezugnahme auf das Urteil des LSG vom 23.4.2015 ab (Bl. 2949 VA).

Nachdem der Kläger seine Einnahmen und Ausgaben für das Jahr 2015 dargelegt hatte, berechnete die Beklagte den Leistungsanspruch des Klägers für 2015 auf dessen Antrag nach. Mit Bescheid vom 24.2.2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger nach den Vorgaben des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 23.4.2015 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als Differenz zwischen seinem Bedarf und seinen verbuchten Einnahmen auf den Konten (Gesamteinnahmen 10.872,56 EUR) als kumuliertes Einkommen (906,05 EUR pro Monat) nach Abzug der Ausgaben wie folgt (Bl. 3241 VA):

1.1. bis 30.6.2015 15,02 EUR 1.7. bis 31.7.2015 0,00 EUR 1.8. bis 31.8.2015 495,06 EUR 1.9. bis 31.10.2015 181,44 EUR 1.11. bis 31.12.2015 181,58 EUR

Dabei berücksichtigte die Beklagte im Umzugsmonat August anteilige doppelte Mietkosten i.H.v. 282,61 EUR für die alte Wohnung mit. Im Begleitschreiben vom 24.2.2016 legte die Beklagte dar, welche Kosten als Abzug vom Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit berücksichtigt wurden, nämlich Telefon, Werbung/Anzeigen, Büromaterial, Porto, Kontoführungsgebühren zu 1/2, Autokosten zu 30 %, Fahrtkosten, Vermögensschadenshaftpflicht 1/4-jährlich, Mitgliedschaft SdV und IHK- Mitgliedschaft. Aus den Gesamtkosten von 2.241,04 EUR errechnete die Beklagte als Abzugsposten pro Monat 186,75 EUR (Bl. 3239 VA). Dagegen erhob der Kläger am 2.3.2016 im Hinblick auf eine Verfassungsbeschwerde Widerspruch (Bl. 3275 VA). Bereits zuvor hatte der Kläger anhand einer Provisionsrückbelastung in 2016 bei Nichtbedienung der Police (Vertrag B. R., 630 EUR) dargelegt, dass aus seiner Sicht die Provisionseinnahmen zunächst nur als Kredit zu betrachten seien und nicht entsprechend der Rechtsprechung des LSG und des BSG mit festen Einnahmen gleichzusetzen seien (Schreiben vom 20.2.2016, Bl. 3265 VA).

Mit Bescheid vom 25.2.2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger im Zusammenhang mit dem Umzug im August 2015 Wohnungsbeschaffungskosten i.H.v. 104,95 EUR und Umzugskosten i.H.v. 463,81 EUR (Bl. 3257 VA). Dagegen erhob der Kläger am 3.3.2016 Widerspruch mit der Begründung, bei den Fahrtkosten seien für den gefahrenen Kilometer 0,30 EUR statt 0,20 EUR anzusetzen (Bl. 3277 VA).

Beide Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7.3.2016 zurück und legte die Ermittlung der bewilligten Leistungen ausführlich näher dar.

Hinsichtlich der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ergab sich danach im Einzelnen Folgendes: Im Zeitraum 01/2015 bis 06/2015 ermittelte die Beklagte den Bedarf mit 977,78 EUR (Regelbedarf 399 EUR + Mehrbedarfszuschlag § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII 67,83 EUR + freiwillige Kranken- 152,71 EUR und Pflegeversicherung, 25,61 EUR + Kosten der Unterkunft/Heizung ( ohne Mietminderung) 332,63 EUR). Demgegenüber stünde bereinigtes Einkommen von insgesamt 962,76 EUR (Provisionszahlungen = Betriebseinnahmen anhand der Kontoauszüge gesamt 10.872,56 EUR in 2015 geteilt durch 12 Monate = 906,05 EUR abzüglich Betriebsausgaben 2.241,04 EUR geteilt durch 12 Monate = 186,75 EUR, zuzüglich monatliches Renteneinkommen 458,58 EUR abzüglich Freibetrag für Erwerbstätigkeit § 82 Abs. 3 S. 1 SGB XII 199,50 EUR und abzüglich Aufwendungen für Haftpflicht-, Unfall- und Hausratversicherung nach § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII 15,62 EUR). Der Differenzbetrag zwischen Bedarf (977,78 EUR) und Einkommen (962,76 EUR) führe zur Leistungsbemessung in Höhe von monatlich 15,02 EUR. Hinsichtlich der Provisionszahlungen sei im Falle des Klägers durch die Rechtsprechung geklärt, dass grundsätzlich alle Provisionszahlungen leistungsrechtlich als Einkommen zu berücksichtigen seien. Für 07/2015 ergebe sich mangels Bedürftigkeit kein Leistungsanspruch, weil sich die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung um etwa 10 EUR reduziert hätten und gleichzeitig das Renteneinkommen um etwa 10 EUR angestiegen sei. Der Bedarf werde um ca. 4 EUR überschritten. Für 08/2015 habe sich der Bedarf auf 1.467,45 EUR erhöht, da sowohl für die alte (282,61 EUR) wie auch für die neue Wohnung (550 EUR) Miete zu entrichten gewesen sei. Unter Abzug des bereinigten Erwerbseinkommens von 972,39 EUR sei der Leistungsanspruch mit 495,06 EUR zu beziffern. Ab September 2015 berücksichtigte die Beklagte die in der Pauschalmiete von 550 EUR enthaltenen Kosten für den häuslichen Verbrauchsstrom durch Abzug des im Regelsatz enthaltenen Anteils i.H.v. 31,01 EUR beim Regelbedarf. Dadurch ergab sich ein Bedarf von 1.153,83 EUR (individueller Bedarf abweichend vom Regelsatz 367,99 EUR + Mehrbedarfszuschlag 67,83 EUR + Beitrag für Kranken- und Pflegeversicherung 167,99 EUR + Aufwendungen für Unterkunft/Heizung/häuslichen Verbrauchsstrom 550 EUR). Unter Abzug des bereinigten Erwerbseinkommens von 972,39 EUR ergebe sich ein Leistungsbetrag i.H.v. 181,44 EUR. Für 11/2015 bis 12/2015 verringere sich das bereinigte Einkommen geringfügig wegen einer Änderung des Beitrags für die Hausratversicherung auf insgesamt 972,25 EUR was die Erhöhung des Leistungsbetrages auf 181,58 EUR ergab. Hinsichtlich der Wohnbeschaffungs- und Umzugskosten seien die vom Kläger bezifferten Aufwendungen für Zeitungsinserate in voller Höhe als Bedarfsposition ausgewiesen worden. Bei den Fahrtkosten sei nach § 6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-Verordnung eine Kilometerpauschale von 0,20 EUR anzusetzen. Der Rückgriff auf das Leistungsrecht nach dem SGB II sei statthaft und ermessensgerecht, weil sich weder dem SGB XII noch der Verordnung zu § 82 SGB XII eine geeignete Bemessungsgrundlage entnehmen lasse.

Nachträglich bewilligte die Beklagte auf Antrag vom 5.9.2016 für Rundfunkgebühren (GEZ) im betrieblich genutzten Auto mit Bescheid vom 12.9.2016 für die Zeit vom 1.1.2015 bis 31.12.2015 zusätzlich Leistungen der Grundsicherung in Höhe von insgesamt 70,44 EUR (monatlich 5,99 EUR bzw. ab 4/2015 monatlich 5,83 EUR) und lehnte die Zahlung für weitere Zeiträume ab. Für 2014 könne nichts gezahlt werden, da der Kläger nicht im Leistungsbezug gewesen sei. Für 2016 werde die Berechnung später bei der endgültigen Festsetzung erfolgen. Dagegen hat der Kläger ebenfalls Widerspruch eingelegt, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.9.2016 zurückwies. Für Jahre vor 2015 sei im Hinblick auf § 116a SGB XII eine rückwirkende Leistungserbringung nicht zulässig. Für 2016 würden die Beiträge im Rahmen der endgültigen Festsetzung berücksichtigt werden. Klage hat der Kläger dagegen nicht erhoben.

Bereits zuvor am 9.3.2016 hat der Kläger gegen die Bescheide vom 24.2.2016 und 25.2.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er hat geltend gemacht, dass sein Einkommen falsch angerechnet werde. Der Vergleich vom 27.8.2009, wonach nur die monatlichen Bestandscourtagen als Einkommen zu berücksichtigen seien (S 1 SO 4698/08), habe weiterhin Gültigkeit. Er stehe mit den Courtagen in Höhe von 4.389,43 EUR in der Haftung. Courtagen, die er habe zurückzahlen müssen, seien unbeachtet geblieben. Außerdem seien seine Bruttoeinnahmen wesentlich geringer gewesen sowie Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel und betrieblich bedingte Fahrten nicht in Abzug gebracht worden. Die Energiepauschale sei nur mit 21,01 EUR zu berücksichtigen und eine Auslage in Höhe von 20 EUR abzuziehen. Für Fahrten anlässlich des Umzugs seien weitere 21,60 EUR (höhere Kilometerpauschale) zu gewähren.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 1.12.2016 hat das SG die gegen den Bescheid vom 3.5.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.5.2016 und des Änderungsbescheids vom 13.6.2016 sowie des erneuten Widerspruchsbescheids vom 26.6.2016 wegen der Gewährung von Sozialhilfe für das Jahr 2016 erweiterte Klage abgetrennt und unter dem Az. S 3 SO4115/16 fortgeführt.

Mit Urteil vom 1.12.2016 hat das SG die Klage (hinsichtlich der Sozialhilfe für 2015) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger im streitigen Zeitraum vom 1.1.2015 bis 31.12.2015 keinen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung oder auf Übernahme weiterer Umzugskosten habe. Es hat auf die ausführliche Begründung des Widerspruchsbescheids vom 7.3.2016 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 12.9.2016 (GEZ-Gebühren für PKW) Bezug genommen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass bei der Berechnung des Leistungsanspruchs für das Jahr 2015 die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von jährlich 10.872,56 EUR zugrunde zu legen seien. Hierbei handele es sich um die von der Beklagten zutreffend errechnete Summe der im Jahr 2015 auf den beiden Konten des Klägers bei der Postbank und bei der Commerzbank eingegangenen Provisionszahlungen. Warum diese und nicht der Einkommenssteuerbescheid für 2015 maßgeblich sei, ergebe sich aus dem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 23.4.2015 (L 7 SO 5029/11), dem sich das SG anschließe. Die Provisionsrückzahlungen seien nicht abzugsweise zu berücksichtigen, da es sich nicht um den Lebensunterhalt des Klägers schmälernde Rückzahlungen handele, sondern die Abzüge bei den Provisionsrückstellungen auf Konten des Klägers bei den Versicherungen, die auf der Einnahmenseite nicht berücksichtigt werden, beruhten. Hierzu habe der Kläger selbst ausgeführt, die Rückbelastungen von Provisionen seien über ein Kautionskonto abgewickelt worden, was bedeute, dass die Beiträge nicht über seine Bankkonten gelaufen seien. Die vom Kläger geltend gemachten weiteren Abzüge von seinen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit seien nicht bei der Berechnung der Leistungen zu berücksichtigen. Fahrtkosten wegen der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel habe der Kläger 2015 nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht gehabt. Bankgebühren habe die Beklagte bei der streitigen Leistungsbewilligung bereits zur Hälfte berücksichtigt, sie seien im Absetzungsbetrag für die Kosten der selbstständigen Tätigkeit enthalten. Eine anteilige Berücksichtigung sei im Hinblick darauf angemessen, dass die Konten sowohl privat als auch gewerblich genutzt werden. Der Abzug von 31,01 EUR zur Vermeidung einer doppelten Berücksichtigung von Stromkosten sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe die volle Miete des Klägers ab August 2015 übernommen, die pauschal auch die Stromkosten abdeckten. Gründe für eine Berücksichtigung in geringerer Höhe lägen nicht vor. Insbesondere habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass seine tatsächlichen Stromkosten niedriger seien. Die vom Kläger als mit der Erzielung seiner Einkünfte aus Gewerbebetrieb geltend gemachte Auslage von 20 EUR für einen Kunden sei ebenfalls nicht nachgewiesen. Weitere 21,60 EUR für mit dem Umzug im August 2015 verbundene Fahrtkosten seien nicht zu übernehmen. Auch insoweit habe der Kläger nicht einmal dargelegt, dass die tatsächlichen Kosten den bewilligten Betrag von 216 EUR überstiegen hätten.

Gegen das dem Kläger gegen Postzustellungsurkunde am 10.12.2016 zugestellte Urteil hat er am 26.12.2016 schriftlich beim SG Berufung eingelegt und zahlreiche Einwendungen gegen die Anrechnung seiner Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit erhoben, die er nach der Erörterung im Termin am 27.4.2017 noch insoweit aufrecht erhalten hat, als er insbesondere die Rückbelastung der Courtage für den Vertrag B. R. begehrt, für den im Januar 2015 787,50 EUR gutgeschrieben und für den im April 2016 davon 630 EUR über sein Kautionskonto verrechnet worden seien. Weiter vertritt er die Ansicht, dass die Stromkosten mit 31,01 EUR zu hoch berücksichtigt worden seien. In seiner früheren Wohnung habe er nur Stromkosten von 21,20 EUR im Monat gehabt. Er begehrt weiter die Erstattung der Gebühren für die GEZ wegen der betrieblichen Nutzung des PKW auch für 2013 und 2014. Der Betrag von 10.872,56 EUR für Provisionseinnahmen sei jedoch korrekt ermittelt worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. Dezember 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2016 in der Form des Bescheids vom 12. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2016 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2015 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung insbesondere unter Berücksichtigung der Provisionsrückzahlung in Höhe von 630 EUR (Vertrag B. R.) und unter Berücksichtigung von Kosten für den Haushaltsstrom i.H.v. 21,20 EUR statt 31,01 EUR monatlich zu gewähren sowie ihm die Gebühren der GEZ für die betriebliche Nutzung seines PKW für die Jahre 2013 und 2014 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist auf ihren Widerspruchsbescheid sowie die Erläuterungen im Schreiben vom 24.2.2016 an den Kläger.

Im Erörterungstermin am 27.4.2017 hat der Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich der Umzugskosten (Bescheid vom 25.2.2016) für erledigt erklärt. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten 20 EUR als Auslage hat der Beklagtenvertreter ein Teilanerkenntnis abgegeben, das der Kläger angenommen hat.

Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin am 27.4.2017 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (3 Band) sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.1.2015 bis 31.12.2015 und kann auch keine weiteren Leistungen (GEZ-Gebühren) für 2013 und 2014 verlangen.

Streitgegenstand sind nur noch der Bescheid vom 24.2.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.3.2016 und in der Form des Bescheids vom 12.9.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.9.2016, mit denen die Beklagte die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung endgültig für das Jahr 2015 berechnet hat und die Kosten für die GEZ für das Jahr 2015 erstattet hat. Nur insoweit hat der Bescheid vom 12.9.2016 den Bescheid vom 24.2.2016 während des Klageverfahrens geändert, sodass er nach § 96 SGG insoweit Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Nicht Streitgegenstand ist hingegen die im Bescheid vom 12.9.2016 ebenfalls getroffene Entscheidung über die Übernahme der GEZ-Gebühren für 2013 und 2014. Insofern ist eine neue Regelung getroffen worden und der Kläger hat gegen den Widerspruchsbescheid vom 19.9.2016 keine weitere Klage erhoben. Mit der erstmaligen Geltendmachung auch dieser GEZ-Gebühren im Berufungsverfahren mit Schreiben vom 16.1.2017 kommt auch eine Klageerweiterung nicht mehr in Betracht, da die dazu einzuhaltende Klagefrist (B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. § 99 Rn. 13a) binnen eines Monats nach Zugang des Widerspruchsbescheids vom 19.9.2016 längst abgelaufen war. Insofern ist die Berufung bereits unzulässig.

Nicht mehr streitgegenständlich sind die Umzugskosten (Bescheid vom 25.2.2016). Der Kläger hat insofern den Rechtsstreit im Erörterungstermin am 27.4.2017 ausdrücklich für erledigt erklärt.

Das SG hat unter Bezugnahme auf die ausführliche Begründung des Widerspruchsbescheids und des gegenüber dem Kläger ergangenen Urteils des LSG Baden-Württemberg vom 23.4.2015 - L 7 SO 5029/11 - zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen für das Jahr 2015 hat. Der Senat sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist hierzu in Bezug auf das Berufungsvorbringen Folgendes auszuführen:

Die Anrechnung des Einkommens des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit ist nicht zu beanstanden, sie entspricht den gesetzlichen Vorgaben des § 82 SGB XII i.V.m. §§ 1 und 4 der dazu ergangenen Verordnung (VO zu § 82 SGB XII), wie bereits der 7. Senat des LSG im Urteil vom 23.4.2015 ausgeführt hat. Die Beklagte hat die Beträge für die Berechnung des Bedarfs und für das Einkommen sowie die entsprechenden Absetzbeträge zutreffend in ihre Berechnungen eingestellt, wie dies dezidiert im Widerspruchsbescheid vom 7.3.2016 nachvollzogen werden kann. Fehler bei der Berechnung sind nicht ersichtlich. Auch wenn für den Monat 08/2015 der Betrag für Kranken- und Pflegeversicherung irrtümlich mit 267,99 EUR statt 167,99 EUR angegeben wird, ist die gebildete Summe mit 1.467,45 EUR dennoch zutreffend ermittelt. Auch für das Jahr 2015 ist es im Nachhinein angebracht, die tatsächlich im Jahr erzielten Einkünfte zu berücksichtigen, nachdem aufgrund der Prognose für 2015 keine Leistungen zu erbringen waren. Die tatsächlichen Einkünfte des Klägers hat die Beklagte im Jahr 2015 zutreffend mit 10.872,56 EUR ermittelt, wie auch mittlerweile der Kläger einräumt. Entgegen seiner Ansicht ist jedoch nicht die Provisionsrückforderung für den Vertrag B. R. i.H.v. 630 EUR davon abzusetzen. Zunächst ist dieser Betrag schon nicht im Jahr 2015 vom Kläger zu erstatten gewesen, sondern erst im April 2016, so dass er als "Ausgabe" in 2015 nicht angefallen ist. Zudem ist der Betrag nicht vom Kläger zurückgezahlt, sondern auf seinem Kautionskonto verrechnet worden. Wie bereits der 7. Senat im Urteil vom 23.4.2015 zutreffend ausgeführt hat, sind diese Rückvergütungen auch so lange nicht den Einnahmen gegenüber zu stellen, wie sie der Kläger nicht von seinem Konto an die jeweilige Versicherung überweisen muss. Eine Berechnung wie im Steuerrecht mit Gewinn- und Verlustrechnung ist im Sozialhilferecht nicht vorgesehen. Maßgeblich ist allein das, was dem Kläger tatsächlich zugeflossen und nicht wieder abgeflossen ist und ihm deshalb im maßgeblichen Zeitraum zur Verfügung steht. Die Provisionsrückvergütungen erfolgen jedoch über das Kautionskonto bei der entsprechenden Versicherung oder durch Verrechnung mit neuen Provisionsansprüchen, die dann wiederum das Einkommen des Klägers schmälern und seinen Bedarf erhöhen. Damit ist ein tatsächlicher Abfluss beim Kläger nicht vorhanden. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass sein "Schonvermögen" in Form des Kautionskonto geschmälert würde. Das Kautionskonto speist sich nämlich, wie der Kläger im Schreiben vom 4.2.2015 an den 7. Senat ausgeführt hat (Bl. 2625 VA), aus 10 % der Provisionsvergütung, die nur i.H.v. 90 % an den Kläger zur Auszahlung gelangt. Insofern mindert die Ansparung auf dem Kautionskonto auch das tatsächliche Einkommen des Klägers. Durch den Ausgleich über das Kautionskonto wird der Kläger daher nicht benachteiligt. Sobald der Kläger das Kautionskonto durch eigene Zahlungen ausgleichen muss, hat die Beklagte dies bereits im Jahr 2012 als Ausgabe berücksichtigt. Sofern der Kläger von einer Haftungssumme spricht, weil er die Provision erst in voller Höhe behalten kann, wenn die Verträge über die Laufzeit von 60 Monaten vollständig bedient werden, ist dies auch nur hypothetisch, da offensichtlich die Mehrzahl der Verträge das vollständige Behaltendürfen der Provisionszahlung zur Folge hat.

Die vom Beklagten vorgenommene Kürzung der Leistungen um eine "Energiepauschale" i.H.v. 31,01 EUR monatlich ist gem. § 42 Nr. 1 i.V.m. § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII (in der Fassung vom 24. März 2011) zulässig. Danach wird im Einzelfall der individuelle Bedarf abweichend vom Regelsatz festgelegt, wenn ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist (Alt. 1) oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (Alt. 2). Bei der Anwendung dieser Norm ist zu berücksichtigen, dass die Regelsätze des SGB XII als Pauschalen konzipiert sind, die der Hilfebedürftige gerade eigenverantwortlich und auch durch Verschiebungen zwischen den einzelnen Bedarfen nutzen soll. Durch das Herauslösen einzelner von den Regelsätzen grundsätzlich erfasster Bedarfe kann diese Gestaltungsmöglichkeit eingeschränkt werden. Andererseits bestimmt § 9 Abs. 1 SGB XII die Ausrichtung der Sozialhilfeleistung, auch der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, am Bedarf im Einzelfall. Die Deckung eines tatsächlich nicht bestehenden oder bereits gedeckten Bedarfs ist nicht Inhalt der Sozialhilfe. Die Regelung des § 27a Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 SGB XII (anderweitige Deckung des Bedarfs) dient jedenfalls der Vermeidung von Doppelleistungen durch den Sozialhilfeträger, wenn es bei der Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt zu Überschneidungen mit den durch den Regelsatz nach § 27a Abs. 2 Satz 1 SGB XII pauschal abgegoltenen tatsächlichen Bedarfen kommt (BSG, Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R - , juris Rn. 36). Dies gilt gem. § 42 Nr. 1 SGB XII auch für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Erbringt der Sozialhilfeträger somit in einem anderen Zusammenhang Leistungen, die einen vom Regelsatz erfassten Bedarf decken, führte die ungekürzte Regelsatzgewährung zu einer Doppelleistung. Eine solche Konstellation liegt auch dann vor, wenn wie hier die Kosten der Unterkunft und Heizung Anteile enthalten, die nicht der Sicherung des Grundbedürfnisses "Wohnen" dienen, sondern einen vom Regelsatz erfassten Bedarf befriedigen, wenn Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden (BSG, Urteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 4/11 R - , juris Rn. 23). Der Regelsatz muss deshalb in dem Umfang abgesenkt werden, in dem der Bedarf des Leistungsberechtigten durch die anderweitige Leistung - hier Leistung für Unterkunft und Heizung - tatsächlich ("im Einzelfall") gedeckt wird. Die Beklagte hat deshalb ab September 2015 zu Recht 31,01 EUR vom Regelsatz abgezogen. Ein davon abweichender tatsächlich geringerer Bedarf, wie vom Kläger behauptet, müsste durch eine technische Einrichtung nachgewiesen werden, die jedoch nicht vorhanden ist. Der Hinweis auf den geringeren Verbrauch in der vorigen Wohnung reicht zum Nachweis nicht.

Hinsichtlich der mit Bescheid vom 12.9.2016 für das Jahr 2015 nachgewährten GEZ-Gebühren i.H.v. 70,44 EUR ist der Kläger noch darauf hinzuweisen, dass die Beklagte auch für den Monat Juli 2015 ihm den vollen GEZ-Monatsbeitrag erstattet hat, obwohl in dem Monat kein Leistungsanspruch bestanden hat. Folglich wäre die Beklagte nur zur Zahlung der Differenz zwischen dem Beitrag in Höhe von 5,83 EUR und dem Überhang des Einkommens von ca. 4 EUR verpflichtet gewesen und der Kläger hat geringfügig mehr erhalten als ihm zusteht. Ebenso wenig hat die Beklagte die vom Kläger vorgenommene Mietminderung von 332,63 EUR auf tatsächlich gezahlte 307 EUR bis August 2015 bedarfsmindernd berücksichtigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved