L 9 R 3279/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 1566/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3279/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. August 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Der 1957 geborene Kläger hat den Beruf des Schlossers erlernt. Danach war er zehn Jahre als Maschinenbauer versicherungspflichtig beschäftigt und im Anschluss von 2006 bis 2010 als Gebietsleiter in der Industriereinigung tätig. Der Kläger bezieht seit dem 01.12.2010 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Diese Rente wird seit dem 01.02.2012 von der Beklagten in voller Höhe ausbezahlt. Es wurde beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) in Höhe von 60 festgestellt.

Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 18.10.2011 die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Vom 16.07.2012 bis 20.08.2012 befand er sich zur stationären medizinischen Rehabilitation in der Rehaklinik G. Die Ärzte der dortigen Klinik stellten im Rehaentlassbericht vom 23.08.2012 folgende Diagnosen: 1. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode 2. Zustand nach vierfach aortokoronarer Bypass-Operation wegen koronarer Dreigefäßerkrankung 1/2007 3. Zustand nach Eversions-TEA einer Stenose der A. carotis interna 12/2003, Rezidivverschluss 4. primäre arterielle Hypertonie 5. gemischte Hyperlipidämie, Verdacht auf fokalmotorische Anfälle des linken Armes. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit sei nur noch unter drei Stunden täglich möglich. Aber auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten.

Der Kläger wurde daraufhin im Auftrag der Beklagten von der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. am 26.09.2012 untersucht. Diese stellte in ihrem Gutachten vom 01.10.2012 folgende Diagnosen: 1. Anpassungsstörung bei sozialer Konfliktsituation 2. Zustand nach vierfach aortokoronarer Bypass-Operation bei koronarer Dreigefäßerkrankung 1/2007 3. Zustand nach TEA bei Stenose der A. carotis interna 12/2003 mit Rezidivverschluss 4. arterielle Hypertonie 5. fragliche fokalmotorische Anfälle des linken Armes. Die Gutachterin führte dabei aus, der Kläger habe in der Untersuchungssituation insgesamt deutlich demonstrativ ohne Zeichen einer manifesten depressiven Symptomatik gewirkt. Objektivierbare kognitive Einschränkungen bestünden bei mehrfacher verbaler Angabe von Erinnerungslücken jedoch nicht. Eine regelmäßige Schmerzmedikation erfolge nicht. Eindeutige Hinweise auf eine manifeste symptomatische fokale Epilepsie ergäben sich ebenfalls nicht. Der Kläger sei von psychiatrischer Seite weiterhin ausreichend in der Lage, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für zumindest leichte Tätigkeiten vollschichtig vorwiegend im Sitzen auszuüben.

Die Beklagte lehnte daraufhin den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 16.10.2012 ab. Die Einschränkungen, die sich aus den Krankheiten oder Behinderungen des Klägers ergäben, führten nicht zu einem Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Denn nach der medizinischen Beurteilung könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Er habe jedoch weiterhin Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2013 als unbegründet zurück. Unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und den sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen seien keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch zeitlich einschränkten. Dem Kläger seien daher noch leichte Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne besondere Anforderung an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, ohne besondere Beanspruchung des Sehvermögens sowie ohne häufiges Klettern und Steigen sechs Stunden und mehr täglich zumutbar.

Hiergegen hat der Kläger am 13.03.2013 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Zur Begründung ist insbesondere darauf hingewiesen worden, dass der Kläger weiterhin unter unvorhergesehenen Schwächeanfällen und Depressionen leide. Zudem bestehe seit langem ein Herzleiden, ein Schlafapnoesyndrom, und die Beklagte habe die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers nicht berücksichtigt. Das SG hat Beweis erhoben und zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der Orthopäde Dr. V. hat erklärt, dass der Kläger sich erst einmalig vorgestellt habe, sodass er hinsichtlich der Leistungsfähigkeit keine hinreichende Aussage treffen könne. Der Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. hat mitgeteilt, dass ein gut kompensiertes Schlafapnoesyndrom nachgewiesen worden sei. Man könne davon ausgehen, dass hieraus keine relevante Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hervorgerufen werde. Der behandelnde Neurologe und Psychiater PD Dr. S. hat erklärt, dass aus neurologischer Sicht keine Einschränkung der beruflichen Tätigkeit gesehen werden könne. Unter einer antiepileptischen Behandlung mit Lamotrigin seien die neurologischen Funktionsstörungen (fokalmotorische Anfälle) insgesamt viel seltener gewesen. Dem Kläger sei noch eine vollschichtige Tätigkeit zumutbar. Der Arzt für Innere Medizin Dr. H. hat erklärt, dass der Kläger mit seinen vorhandenen Gesundheitsstörungen für eine berufliche Tätigkeit auch geringer körperlicher Intensität auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt so gut wie nicht einsetzbar sei. Dr. J. vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten hat zu den Aussagen der sachverständigen Zeugen ausgeführt, dass sich aus den von Dr. H. beigefügten Befundberichten ergebe, dass bei der letzten Untersuchung am 15.05.2013 die linksventrikuläre Funktion normal gewesen sei und das Belastungs-EKG bis 75 Watt keine Ischämiehinweise gezeigt habe. Mit diesem kardiologischen Befund sei eine Leistungseinschränkung für eine geeignete leichte Tätigkeit nicht zu begründen. Von Seiten des bekannten Verschlusses der Arteria carotis interna rechts stelle sich die Situation insgesamt als konstant dar. Der ebenfalls als sachverständiger Zeuge befragte Neurologe Dr. B-S. hat erklärt, dass sich auf neurologischem Fachgebiet keine gravierenden körperlichen Einschränkungen befänden. Der Neurologe und Psychiater Dr. Dr. R. hat mitgeteilt, dass er Symptome einer depressiven Störung diagnostiziert habe. Zur Frage einer stundenweisen Einschränkung könne er jedoch nicht Stellung beziehen.

Das SG hat sodann von Amts wegen ein psychiatrisches Gutachten bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. eingeholt. Dieser hat den Kläger am 24.04.2014 untersucht und in seinem Gutachten vom 15.06.2014 folgende Diagnosen gestellt: Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach relevanten körperlichen Erkrankungen, Angst und depressive Störung gemischt. Wegen der subjektiven Verunsicherung (Zusammensacken) und des gegenwärtig nur schwer korrigierbaren Vermeidungsverhaltens sollten dem Kläger keine Tätigkeiten zugemutet werden, die mit relevanten Gefährdungsmomenten einhergehen (Arbeiten auf Leitern, Arbeit an offenen Maschinen mit Verletzungsgefahr). Aus psychiatrischem Blickwinkel ergebe sich keine wesentliche Einschränkung, was die körperliche Arbeitsschwere betreffe. Hier sei sicherlich die koronare Herzerkrankung die limitierende Erkrankung. Tätigkeiten mit geistiger Beanspruchung seien nicht ausgeschlossen. Tätigkeiten, die mit Schichtarbeit oder Akkordarbeit verbunden seien, seien aus nervenärztlichem Blickwinkel grundsätzlich möglich. Nachtschichtarbeiten sollten vermieden werden. Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien grundsätzlich bei Beachtung der qualitativen Einschränkungen in einem Umfang von sechs bis acht Stunden täglich weiterhin möglich. Der Kläger sei in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich und es bestünden aus medizinischer Sicht auch keine besonderen Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz. Die Einholung weiterer Gutachten werde nicht für erforderlich gehalten.

Auf Antrag des Klägers ist weiter ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei dem Neurologen Dr. D. eingeholt worden. Dieser hat den Kläger am 23.10.2014 untersucht und in seinem Gutachten vom 29.10.2014 folgende Diagnosen gestellt: 1. Asymptomatischer Verschluss der A. carotis interna rechts bei Makroangiopathie der hirnversorgenden Arterien 2. unklare anfallsartige Symptomatik mit Missempfindung im ganzen Körper, Hinsacken, nächtlichen Hustenattacken und früheren Zitteranfällen mit unsicherer Bewusstseinslage, aber ohne sichere Anhaltspunkte für Epilepsie 3. koronare Herzkrankheit 4. arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie, Nikotinabusus 5. rezidivierende Schmerzen im linken Arm und im Rücken 6. durch nächtliche Maskenbeatmung gut kompensiertes Schlafapnoesyndrom. Aufgrund der internistischen Erkrankung seien keine Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit anzunehmen. Die Attacken mit Hinfallen verböten wegen der Gefährdung des Klägers, unabhängig von ihrer bislang ungeklärten Ursache, Arbeiten über einem 1 m Höhe, an nicht gesicherten Maschinen oder auf Leitern und Gerüsten. Alle anderen Arbeiten, die auf dem Boden und in einem Risikobereich entsprechend der häuslichen Umgebung durchgeführt werden könnten, seien von neurologischer Seite uneingeschränkt möglich. Es seien auch keine besonderen Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen notwendig. Der Kläger sei aufgrund der Attacken nur für wenige Sekunden bis Minuten an wenigen Tagen alle fünf bis sechs Wochen nicht arbeitsfähig. Aufgrund der Attacken bestehe aber keine Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges. Der Kläger sei mit den oben genannten Einschränkungen in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig, d.h. mindestens sechs bis acht Stunden täglich zu verrichten. Die soeben genannten Einschränkungen bestünden seit mindestens 2008, was der Kläger selbst als Beginn der Attacken mit Hinfallen angegeben habe. Der Kläger sei noch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit zu benutzen. Besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz seien nicht erkennbar. Zusätzliche Arbeitspausen seien ebenfalls nicht erforderlich. Weitere Gutachten halte er nicht für erforderlich. Unabhängig von der Begutachtung rege er aber eine weitere diagnostische Abklärung der anfallsartigen Stürze an.

Das SG hat am 23.02.2016 mit den Beteiligten einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt und in diesem Termin den Erlass eines Gerichtsbescheides angekündigt sowie den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Das Gericht hat sodann mit Gerichtsbescheid vom 03.08.2016 die Klage abgewiesen. Die näher dargelegten Voraussetzungen für die Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente lägen nicht vor. Der Kläger sei nach dem medizinischen Beweisergebnis nicht voll erwerbsgemindert. Er könne zumindest leichte Tätigkeiten mit gewissen Funktionseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Hierbei stützte sich das Gericht insbesondere auf die im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten des Dr. D. sowie des Dr. D. Das berufliche Leistungsvermögen des Klägers werde aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen vor allem durch Gesundheitsstörungen auf dem psychiatrischen und kardiologischen Fachgebiet eingeschränkt. Wesentliche, das berufliche Leistungsvermögen einschränkende Gesundheitsstörungen auf dem internistischen oder anderem Gebiet ließen sich nicht feststellen. Der Bluthochdruck sowie das Schlafapnoesyndrom seien zutreffend eingestellt. Auf nervenärztlichem Fachgebiet sei der Kläger von Dr. D. fachärztlich untersucht und begutachtet worden. Diesem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten folge das Gericht. Die dort aufgeführten Diagnosen rechtfertigten keine zeitliche Leistungseinschränkung. Auch den Ausführungen des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. R. lasse sich im Ergebnis nichts anderes entnehmen. Denn zur Leistungsfähigkeit habe dieser Arzt keine Stellung nehmen wollen. Im kardiologischen Bereich habe die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass die dokumentierten Funktionen ausreichend für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien. Für das geltend gemachte Anfallsleiden habe auch Dr. D. als weiterer Gutachter eine Auswirkung auf das quantitative Leistungsvermögen klar verneint. Eine weitere diagnostische Abklärung sei nicht erforderlich. Denn bereits auf der Basis der Eigenangaben und der Schilderung der Ehefrau seien die Anfallsereignisse von geringer Dauer und ohne gravierende Auswirkungen. Die entsprechenden Einschränkungen seien daher zutreffend von Dr. D. für den Bereich der qualitativen Einschränkungen gesehen worden, nicht jedoch auch hinsichtlich einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens.

Gegen den am 10.08.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 31.08.2016 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Mit Schreiben vom 16.11.2016 ist zur Begründung vorgetragen worden, der Kläger gehe weiterhin davon aus, dass sein Leistungsvermögen in quantitativer Hinsicht eingeschränkt sei. Es bestünden vielfältige Gesundheitsstörungen, die in ihrem Zusammenspiel und in ihren Wechselwirkungen dazu führten, dass der Kläger nicht mehr in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr täglich leichte Tätigkeiten ausüben könne. Er weise darauf hin, dass er unter großem psychischen Druck stehe. Er habe Angststörungen, könne sich nicht mehr konzentrieren und habe Stimmungsschwankungen. Zudem ermüde er schnell. Er leide unter Schmerzen am ganzen Körper und fühle sich auch körperlich nicht mehr belastbar. Seine Schwerhörigkeit werde immer schlimmer und er habe erhebliche Magen- und Darmprobleme. Die Ermittlungen des Sozialgerichts lägen bereits eine Weile zurück und stammten aus dem Jahr 2014. Nach wie vor seien die Ursachen der Anfallsereignisse nicht geklärt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. August 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2012 und den Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Gründe des Gerichtsbescheids und ihr Vorbringen in erster Instanz.

Der Senat hat Beweis erhoben und zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt.

Der Neurologe und Psychiater Dr. Dr. R. hat am 12.12.2016 mitgeteilt, dass er den Kläger seit 2011 kenne und er seit Oktober 2014 eine rezidivierende depressive Störung und generalisierte Angststörung diagnostiziert habe. 2015 sei der Kläger acht Mal bei ihm in Behandlung gewesen, 2016 habe er sich am 18.01.2016, 24.03.2016, 05.10.2016 und 25.10.2016 vorgestellt. Es sei zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit Oktober 2014 gekommen. Der Kläger sei kaum mehr in der Lage, einer beruflichen Tätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Der Internist und Rheumatologe Dr. J. hat erklärt, dass der Kläger vielfältige, zum Großteil chronische Erkrankungen habe. Auf rheumatologischem Fachgebiet sei jedoch bisher keine entzündliche Gelenkerkrankung festgestellt worden. Vielmehr ließen die Befunde auf eine degenerative Gelenkerkrankung schließen. Ob der Kläger einer leichten Tätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich nachgehen könne, bezweifle er. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel halte er für zumutbar. Ob der Kläger die relevante Gehstrecke zurücklegen könne, könne er nicht beurteilen. Der Internist Dr. W. hat mitgeteilt, dass im Jahr 2014 im Rahmen einer Magenspiegelung ein MALT-Lymphom, welches sich in Remission befinde, diagnostiziert worden sei. Unter Berücksichtigung dieser Erkrankung seien leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich möglich. Es müssten jedoch die anderen Erkrankungen mitberücksichtigt werden. Der Kardiologe Dr. H. hat erklärt, dass es zu keiner wesentlichen Veränderung des Gesundheitszustandes gekommen sei. Nach den von ihm erhobenen Befunden sei der Kläger in der Lage, eine körperlich leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeit mit bis zu sechs Stunden täglich auszuüben. Er könne öffentliche Verkehrsmittel benutzen, Angaben zur relevanten Gehstrecke könne er nicht machen. Der Facharzt für Orthopädie Dr. S., tätig in der Praxis von Dr. V., hat mitgeteilt, dass es zu keiner wesentlichen Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers gekommen sei. Er gehe davon aus, dass eine leichte bis zum Teil mittelschwere körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig ausgeübt werden könne. Bezüglich der dem Gutachter bekannten orthopädischen Befunde sei die relevante Gehstrecke zurücklegbar und der Kläger könne öffentliche Verkehrsmittel benutzen.

Am 26.04.2017 hat der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten, Dr. J., hierzu Stellung genommen und ausgeführt, dass eine entzündliche rheumatische Erkrankung bislang nicht nachgewiesen werden könne. Nach Einschätzung des behandelnden Rheumatologen stünden degenerative Gelenksveränderungen im Vordergrund. Aus orthopädischer Sicht habe Dr. S. ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestätigt. Auch hinsichtlich des beschriebenen MALT-Lymphoms des Magens spreche nach Einschätzung des behandelnden Arztes nichts gegen eine sechs- oder mehrstündige Verrichtung leichter Tätigkeiten. Objektive Befunde auf kardiologischem Gebiet, die ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen für eine geeignete leichte Tätigkeit begründeten, lägen nicht vor. Auch Dr. H. gebe nun ein bis zu sechsstündiges Leistungsvermögen an.

Der Senat hat sodann den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. mit der Erstellung eines Gutachtens von Amts wegen beauftragt. Dr. B. hat den Kläger am 18.07.2017 untersucht und in seinem Gutachten vom 09.08.2017 folgende Diagnosen gestellt: 1. Vielschichtig akzentuierte Persönlichkeitszüge bei gleichzeitig eher niedrigem Persönlichkeitsstrukturniveau (von je her vorbestehend ist dies zu beschreiben, jedoch nicht im Sinne einer krankheitswerten Störung) 2. erhebliche Hinweise für nicht authentische Anteile der Beschwerdeschilderungen bzw. simulative Tendenzen 3. berichteter Schlaganfall/cerebraler Insult ca. 2007 sowie stattgehabte Halsschlagader-OP rechts, kein Anhalt für überdauernde, darauf zurückzuführende neurologische oder psychopathologische Funktionsstörungen, auch subjektiv keine dauerhaften Folgen 4. sozusagen zur Diskussion stehende Epilepsie: Unabhängig von der diagnostischen Formulierung ergebe sich in diesem Kontext keine richtungsweisende Funktionsstörung (bei dem z.B. PKW fahrenden Probanden) 5. umschriebene Gefühlsminderung schmerzfrei innenseitig am linken Unterschenkel bei Zustand nach Venenentnahme im Rahmen coronarer Bypassoperation (dies sei sozialmedizinisch vernachlässigbar) 6. Nikotinabusus vier Pfeifen täglich 7. reklamierte Beschwerden in allen Gelenken sowie in den Fingern vor allem der rechten Hand, klinisch kein Anhalt für organneurologisch begründete Störungen 8. berichteter Herzinfarkt mit nachfolgender coronarer Bypassoperation vor ca. zehn Jahren 9. berichtete Laktoseintoleranz 10. mit CPAP ausdrücklich gut behandeltes Schlafapnoesyndrom ohne Anhalt für neuropsychiatrische Komplikationen 11. Lymphomanamnese 12. mit Hörgeräten gut kompensierte Hörminderung 13. Zustand nach Augeninfarkt rechts ca. 2008 mit angegebener überdauernder Sehunschärfe nur auf dem rechten Auge und dort nur im unteren Gesichtsfeld, beidäugig gut kompensiert (PKW fahren, Lesen usw.).

Im Rahmen des psychischen Befundes (samt Aspekten der Verhaltensbeobachtung, der Teilhabe sowie sich unmittelbar ergebender sozialmedizinischer Diskussion) hat der Gutachter angegeben, dass ein sofortiger Kontakt und eine spontane sofortige Konversation mit dem Kläger möglich gewesen sei. Der Kläger sei bewusstseinsklar, sicher in allen Qualitäten orientiert. Im Denken formal geordnet, Auffassung, Konzentration und Merkfähigkeit (sehr präzise länger zurückliegende Ereignisse selbst noch wieder beiläufig aufgreifend) und Gedächtnis sowie Aufmerksamkeit in der dichten mehrstündigen Untersuchungsprozedur (insgesamt von 09.14 Uhr bis 13.50 Uhr, wobei eine angebotene Pause nicht erforderlich wurde) bis zuletzt objektiv ungestört. Die inhaltsabhängig dargebotene grobe Ahnungslosigkeit (was Daten betreffe) sei nach Art und Ausmaß in der Zusammenschau mit dem Gesamtbefund völlig unplausibel. Dies werde durch den ergänzenden Beschwerdevalidierungstest bestätigt. Insgesamt hätten sich im mehrstündigen Gutachtensablauf keinerlei Hinweise etwa für eine hirnorganische Leistungsstörung oder anders begründete kognitive Störung gegeben. Es bestehe kein Anhalt für intellektuelle Defizite. Der Kläger habe ausgesprochen munter in der Grundhaltung und ausgeglichen in der Grundstimmung gewirkt. Ein irgendwie gearteter Leidensdruck sei letztlich überhaupt nicht vermittelt worden. In der dichten mehrstündigen gutachterlichen Untersuchungsprozedur seien keinerlei Anzeichen für Erschöpfung oder Ermüdung erkennbar gewesen. Eine irgendwie richtungsweisende Schmerzbeeinträchtigung sei während der Dauer der Untersuchung überhaupt nicht aufgefallen. Hinsichtlich des mit einer CPAP behandelten Schlafapnoesyndroms habe der Kläger ausdrücklich keine relevanten Beschwerden geklagt. Auch aufgrund der Angaben zur außerberuflichen Teilhabe sei aus nervenärztlicher Sicht nicht auf weiterreichende Funktionsstörungen zu schließen. Der Kläger habe von regelmäßigen Spaziergängen auch alleine berichtet. Er habe angegeben, sich mit seiner Ehefrau nach der mehrstündigen Begutachtung anschließend noch M. anschauen zu wollen. Überhaupt machten sie gerne Stadtbummel. Der Kläger fahre PKW mit Schaltgetriebe, wenn auch nur kürzere Strecken. Der Kläger habe angegeben, "keine Langeweile" am Tag zu erleben. Er lese sehr gerne, auch mal sechs Stunden am Stück. Hierbei interessierten ihn vor allem Sachbücher über Natur oder auch Architektur. Er mache mit seiner Ehefrau Tagesausflüge mit Picknick, nutze intensiv den Computer, schaue fern und spiele gerne mit der Familie Brettspiele, Kartenspiele oder auch Schach. Er habe hierbei von, sofern die inzwischen erwachsenen Söhne zu Besuch kämen, sehr langen Spieleabenden berichtet. Man lache dann auch gerne zusammen. Er gehe hin und wieder alleine einkaufen oder auch mit seiner Ehefrau gemeinsam. Der Kläger versorge nach seinen Angaben den Haushalt, soweit es gehe. Er versorge die Wäsche und koche sehr gerne. Dies sei sogar ein Hobby von ihm. Außerdem räume er auf und sauge Staub. Fensterputzen und Wischen sei ihm körperlich nicht mehr möglich. Er besuche zudem die Herzsportgruppe im Nachbarort. Sofern er keine Mitfahrgelegenheit finde, fahre er auch mal selbst dorthin, dies seien etwa fünf Kilometer. Wenn er tagsüber das Auto benötige, dann bringe er seine Ehefrau mit dem PKW zur Arbeit, mache dann seine Erledigungen und hole die Ehefrau danach mit dem PKW wieder ab. Weitere Hobbys wie ins Theater gehen oder auch Urlaubsreisen seien ihnen aufgrund der finanziellen Lage leider nicht mehr möglich.

Aus primär nervenärztlicher Sicht könne der Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten. Tätigkeiten mit Nacht- und Wechselschicht sollten ausgeschlossen bleiben, ebenso Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Konfliktfähigkeit mit überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen sowie Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten oder an unmittelbar gefährdenden Maschinen. Bei den beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen könne der Kläger aus nervenärztlicher Sicht vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten. Auch unter Mitberücksichtigung nicht primär ins nervenärztliche Fachgebiet fallender Funktionsstörungen oder im Raum stehender Diagnosen sei keine quantitative Leistungsminderung herleitbar. Der Kläger könne selbstredend eine Wegstrecke von 500 m in 15 bis höchstens 20 Minuten zurücklegen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Die Einholung weiterer Fachgutachten halte er nicht für erforderlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Berufungsausschließungsgründe liegen nicht vor (§ 144 SGG).

Die Berufung ist aber unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 03.08.2016 und der Bescheid der Beklagten vom 16.10.2012 sowie der Widerspruchsbescheid vom 20.02.2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)) dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht besteht, weil der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.

Zu einem anderen Ergebnis führen auch nicht die im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen. Der Senat kann nach der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, ins-besondere unter Berücksichtigung des im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens des Neurologen und Psychiaters Dr. B., nicht feststellen, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf unter sechs Stunden täglich für körperlich leichte Tätigkeiten herabgesunken ist. Der Schwerpunkt der Erkrankungen liegt auf psychiatrischen Fachgebiet, wobei beim Kläger insbesondere vielschichtig akzentuierte Persönlichkeitszüge sowie Schmerzen in allen Gelenken ohne Anzeichen für organneurologisch begründete Störungen vorliegen. Daneben beschreibt der Kläger eine unklare anfallsartige Symptomatik, wobei es keine sicheren Anhaltspunkte für eine Epilepsie gibt. Daneben bestehen auf anderen Fachgebieten folgende Erkrankungen: Z.n. Schlaganfall 2007 mit stattgehabter Halsschlagader-OP, Nikotinabusus, Z.n. Herzinfarkt mit koronarer Bypass-Operation, Schlafapnoesyndrom (mit CPAP behandelt), Hörminderung (mit Hörgeräten kompensiert).

Die Erkrankungen und die daraus gefolgerte Leistungseinschränkung entnimmt der Senat im Wesentlichen dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. B ... Die Aus-führungen des Gutachters sind schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Der Senat hat daher keinen Anlass, an der Vollständigkeit der erhobenen Befunde und an der Richtigkeit der daraus gefolgerten Leistungsbeurteilung zu zweifeln, zumal der Kläger selbst gegen das Gutachten keine substantiierten Einwände vorgetragen hat. Der Gutachter hat den Krankheitsverlauf ausführlich geschildert, ist den Beschwerden nachgegangen und hat den Kläger sorgfältig und umfassend untersucht.

Dr. B. hat eine umfassende Anamnese erhoben, den Kläger ausführlich nach seinem Tagesablauf befragt, verschiedene neurologische Zusatzuntersuchungen und psychiatrische Testverfahren durchgeführt. Nachvollziehbar hat er sodann dargelegt, dass die vorliegenden Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet zwar gewisse qualitative Einschränkungen mit sich bringen (insbesondere die Vermeidung von Nacht- und Wechselschicht, ebenso sollten Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Konfliktfähigkeit, mit überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen sowie Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten oder an unmittelbar gefährdenden Maschinen vermieden werden), es dem Kläger aber weiterhin erlauben, auch sechs Stunden und mehr täglich erwerbstätig zu sein.

Auffällig war zudem der vom Kläger beim Gutachter geschilderte Tagesablauf. Hier hat der Kläger angegeben, "keine Langeweile" am Tag zu erleben. Er liest sehr gerne, auch mal sechs Stunden am Stück. Hierbei interessieren ihn vor allem Sachbücher über Natur oder auch Architektur. Er macht mit seiner Ehefrau Tagesausflüge mit Picknick, sie machen gerne Stadtbummel, er nutzt intensiv den Computer, schaut fern und spielt gerne mit der Familie Brettspiele, Kartenspiele oder auch Schach. Hier hat er auch von gelegentlichen langen Spieleabenden mit der Familie berichtet. Man lache dann auch gerne zusammen. Er geht auch gerne spazieren, auch alleine. Der Kläger fährt PKW mit Schaltgetriebe, wenn auch nur kürzere Strecken. Er geht hin und wieder alleine einkaufen oder auch mit seiner Ehefrau gemeinsam. Der Kläger versorgt nach seinen Angaben den Haushalt, soweit es gehe. Er versorgt die Wäsche und kocht sehr gerne. Dies sei sogar ein Hobby von ihm. Außerdem räumt er auf und saugt Staub. Fensterputzen und Wischen sei ihm körperlich nicht mehr möglich. Er besucht zudem die Herzsportgruppe im Nachbarort. Sofern er keine Mitfahrgelegenheit findet, fährt er auch selbst dorthin, dies seien etwa fünf Kilometer. Wenn er tagsüber das Auto benötig, bringt er seine Ehefrau mit dem PKW zur Arbeit, macht dann seine Erledigungen und holt die Ehefrau danach mit dem PKW wieder ab. Weitere Hobbys wie ins Theater gehen oder auch Urlaubsreisen seien ihnen aufgrund der finanziellen Lage leider nicht mehr möglich. Diese Gestaltung des Alltags des Klägers lässt für den Senat keine Anhaltspunkte erkennen, die eine rentenrelevante Einschränkung des quantitativen Belastungsvermögens für leichte Tätigkeiten begründen könnten.

Auch die weiteren Beobachtungen während der Gutachtenssituation durch Dr. B. sprechen gegen eine zeitliche Reduzierung des Leistungsvermögens. Er hat weder Störungen von Konzentration, Aufmerksamkeit, Durchhaltefähigkeit und Aufnahmefähigkeit während der fast fünfstündigen Dauer beschrieben. Die Begutachtung sei bis zuletzt objektiv ungestört verlaufen. Der Kläger habe auch keinerlei Schmerzbeeinträchtigung gezeigt. Der Kläger hat selbst auf das Angebot des Gutachters nach einer Pause deren Notwendigkeit verneint. Vielmehr hat er gegenüber dem Gutachter angekündigt, nach der Begutachtung mit seiner Ehefrau noch Mannheim anschauen zu wollen.

Gestützt wird die Leistungseinschätzung von Dr. B. von den vom SG eingeholten Gutachten von Dr. D. und Dr. D. sowie dem von der Beklagten beauftragten Gutachten im Verwaltungsverfahren von Dr. L ... Diese Gutachter bestätigten alle ein Leistungsvermögen für eine mindestens sechsstündige Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Auch die von Dr. D. beschriebenen anfallsartigen Attacken - unabhängig davon, ob sie tatsächlich in der beschriebenen Form (weiter) auftreten - führen zu keinem anderen Ergebnis. Nach der Beschreibung treten diese nur alle fünf bis sechs Wochen und dann auch nur für wenige Sekunden bzw. Minuten auf. Dies führt keinesfalls zu einer auf Dauer angelegten Reduzierung des zeitlichen Leistungsvermögens, sondern allenfalls zu einer kurzfristigen Arbeitsunfähigkeit, die im Rahmen eines geeigneten Beschäftigungsverhältnisses aufgefangen werden kann. Durch den Ausschluss gefährdender Tätigkeiten, wie z.B. das Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, kann auch eine Gefährdung der Gesundheit des Klägers oder von Dritten ausgeschlossen werden. Schließlich sieht sich der Kläger selbst nicht gehindert, zumindest für kürzere Strecken einen Pkw zu führen. Da es bei einer ernsthaften Gefahr von unerwarteten Anfällen unverantwortlich wäre, als Fahrzeugführer am Straßenverkehr teilzunehmen, spricht dieser Umstand dafür, dass der Kläger selbst die Einschränkungen ebenfalls als nicht erheblich ansieht.

Aus den im Berufungsverfahren eingeholten Aussagen der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen folgt kein anderes Ergebnis. Der Internist und Rheumatologe Dr. J. hat mitgeteilt, dass er eine rheumatische Erkrankung nicht habe festgestellt werden können. Die Beschwerden seien auf degenerative Gelenkerkrankungen zurückzuführen. Der Orthopäde Dr. S. hat dazu mitgeteilt, dass der Kläger noch vollschichtig leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten könne. Das 2014 festgestellte MALT-Lymphom befindet sich in Remission, und der behandelnde Internist Dr. W. geht ebenfalls noch von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen aus. Der Kardiologe Dr. H. bescheinigt zwar nur ein bis zu sechsstündiges Leistungsvermögen und sieht eine Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers seit seiner Aussage im erstinstanzlichen Verfahren. Die dort genannten objektiven Befunde (normale linksventrikuläre Funktion sowie ein Belastungs-EKG bis 75 Watt) rechtfertigen jedoch keine zeitliche Reduzierung der Leistungsfähigkeit. Die Aussage von Dr. Dr. R. sieht der Senat ebenfalls als widerlegt an. Wie schon Dr. D. konnte auch der Gutachter im Berufungsverfahren die von Dr. Dr. R. gestellte Diagnose einer (mittelschweren) depressiven Episode nicht bestätigen. Ferner spricht die niedrige Behandlungsfrequenz im Jahr 2016 (bis 12.12.2016 nur vier Termine) gegen einen erheblichen Leidensdruck des Klägers und die vom Gutachter angeführte Verschlechterung des Gesundheitszustandes.

Anhaltspunkte dafür, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers aufgrund einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes - beispielsweise wegen eingeschränkter Wegefähigkeit - beeinträchtigt ist, liegen nicht vor. Sowohl Dr. B. als auch Dr. D. und Dr. D. haben, wie auch die im Verwaltungsverfahren beauftragte Gutachterin, die Wegefähigkeit bejaht, wobei der Kläger nach seinen eigenen Angaben zudem über einen Führerschein verfügt und zumindest kürzere Strecken auch selbst mit dem Auto der Ehefrau fährt.

Es liegt beim Kläger schließlich keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die die Benennung einer Verweisungstätigkeit erfordern würde. Ob eine Verweisungstätigkeit benannt werden muss, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nach den Umständen des Einzelfalles festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 23.05.2006 - B 13 RJ 38/05 R - juris Rn. 23 m.w.N., und zuletzt Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R - , dokumentiert in juris und in NZS 2012, 302). Die beim Kläger bestehenden, oben genannten qualitativen Einschränkungen entsprechen im Wesentlichen dem Leistungsbild einer leichten Tätigkeit und sind nicht so vielfältig, als dass sie sämtliche in Betracht kommenden Tätigkeiten ausschließen würden. Auch besteht keine besonders ungewöhnliche oder schwerwiegende Leistungseinschränkung (wie z.B. die Einarmigkeit oder die Nichtbenutzbarkeit der Hände). Der Kläger kann mit dem bei ihm vorliegenden Leistungsbild noch die meisten körperlichen Tätigkeiten, die bei ungelernten Tätigkeiten gefordert werden (wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw.), verrichten. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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