Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 1141/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 519/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 09.01.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Krankengeld (Krg) für den Zeitraum vom 09.01.2016 bis 31.03.2016.
Die am 28.10.1978 geborene Klägerin war bei der Beklagten als Beschäftigte krankenversichert. Ab dem 30.11.2015 war sie aufgrund rezidivierender depressiver Störungen, Kontaktanlässe in Bezug auf das Berufsleben und Palpitationen arbeitsunfähig krankgeschrieben. Sie erhielt Entgeltfortzahlung. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31.12.2015 gekündigt. In einem anschließenden arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde nach Angaben der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über den 31.12.2015 nicht vereinbart.
Die Erstbescheinigung über das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit (AU) wurde am 01.12.2015 durch die Praxis Dres. S./M., Fachärzte für Innere Medizin, in M. ausgestellt (AU vom 30.11. bis 11.12.2015, Folgebescheinigungen vom 11.12.2015, 15.12.2015 und vom 29.12.2015). Die letzte Folgebescheinigung vom 29.12.2015 bescheinigt AU bis 08.01.2016 (Freitag). Danach wurde erst am 12.01.2016 (Dienstag) wiederum eine Erstbescheinigung ausgestellt (AU voraussichtlich bis 26.01.2016). Die Diagnosen decken sich mit den Diagnosen in den vorherigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. In der Folge legte die Klägerin Folgebescheinigungen vom 26.01. bis 23.02.2016, vom 23.02.2016 bis 08.03.2016, vom 08.03.2016 bis 15.03.2016 und vom 15.03.2016 bis 24.03.2016 sowie vom 24.03.2016 bis 31.03.2016 vor.
Mit Bescheid vom 27.01.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ab dem 09.01.2016 bestehe kein Anspruch auf Krg mehr. Die Klägerin solle sich daher umgehend bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden. Die Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit über den 08.01.2016 hinaus sei erst am 12.01.2016 festgestellt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bestehe nach Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses nur dann ein Krg-Anspruch über das Beschäftigungsende hinaus, wenn die vom Arzt auszustellende AU-Bescheinigung spätestens am Tag nach dem bereits dokumentierten AU-Zeitraum ausgestellt werde. Eine Mitgliedschaft könne während einer AU nur fortbestehen, wenn der Anspruch auf Krg lückenlos bestehe. Da ein Anspruch auf Krg erst am Tag der ärztlichen Feststellung entstehe, bestimme das an diesem Tag bestehende Versicherungsverhältnis darüber, ob und in welchem Umfang ein Krg-Anspruch vorliege. Nicht maßgeblich sei dabei, ob es sich um eine Erst- oder Folgebescheinigung handele. Die Klägerin sei zuletzt vom 29.12.2015 bis einschließlich 08.01.2016 arbeitsunfähig krankgeschrieben worden. Das Versicherungsverhältnis habe bis zum 31.12.2015 bestanden. Da sich die Klägerin erst wieder am 12.01.2016 beim behandelnden Arzt vorgestellt habe, bestehe ab 09.01.2016 kein Anspruch auf Krankengeld mehr. Eine Krankengeldzahlung sei nur noch im Rahmen eines nachgehenden Leistungsanspruchs möglich, welcher nach § 19 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) längstens für einen Monat nach Beendigung der Mitgliedschaft bestehe. Dafür sei aber Voraussetzung, dass kein Anspruch auf Familienversicherung bestehe und spätestens ab dem 01.02.2016 eine neue versicherungspflichtige Mitgliedschaft angemeldet werde.
Hiergegen legte die Klägerin am 01.02.2016 Widerspruch ein und legte eine Bescheinigung der Praxis S. und M. vom 01.02.2016 vor, in welchem es ua heißt: "leider wurde unsererseits die Krankmeldung vom 29.12.2015 falsch ausgestellt. Daher wurde von uns eine neue für den 29.12.2015 bis zum 12.01.2016 am 01.02.2016 ausgestellt. Da unsererseits ein Termin zur erneuten Vorstellung erst für den 12.01.2016 vereinbart wurde." Gemäß dem beiliegenden Schreiben des Hausarztes sei die AU-Bescheinigung nicht korrekt ausgestellt worden. Sie sei über den 08.01.2016 hinaus weiter krankgeschrieben gewesen. Auch sei sie durch die Beklagte nicht durch eine rechtzeitig zugegangene schriftliche Belehrung darauf hingewiesen worden, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lückenlos vorzuliegen habe. Das habe sie erst am 27.01.2016 erfahren. Sie nahm auf das Urteil des BSG vom 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, Bezug. Sie habe alles in ihrer Macht stehende getan, um die Ansprüche zu wahren.
In einem Fragebogen der Beklagten vom 01.02.2016 teilte die Klägerin mit, sie habe noch kein Arbeitslosengeld bezogen und keine freiwillige Weiterversicherung beantragt. Sie beziehe keine Rente, sie wisse auch nicht, ob sie nach dem Ausscheiden aus der Mitgliedschaft Ansprüche aus der Familienversicherung habe. Sie sei verheiratet, der Ehepartner sei bei einer gesetzlichen Krankenversicherung, nämlich der B. BEK, versichert.
Mit Bescheid vom 04.02.2016 gewährte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 08.01.2016 Krg in Höhe von 37,99 EUR brutto täglich. Mit Schreiben vom 04.02.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ein Krg-Anspruch im nachgehenden Leistungsanspruch nach § 19 Abs 2 SGB V bestehe nicht, da die Klägerin familienversichert sei. Eine Familienversicherung sei vorrangig gegenüber dem nachgehenden Leistungsanspruch und beinhalte keinen Anspruch auf Krg.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.2016 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Anspruch auf Krg entstehe von dem Tag der ärztlichen Feststellung der AU an. Das bei Entstehen eines Krg-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimme, in welchem Umfang Anspruch auf Krg bestehe. Es sei daher auf den Versicherungsschutz des Tages abzustellen, an dem die AU ärztlich festgellt worden sei. Wenn ein Anspruch auf Krg über das Ende eines Beschäftigungsverhältnisses hinaus aufrecht erhalten werden solle, müsse die AU vor Anlauf jedes Krg-Bewilligungsabschnittes erneut ärztlich festgestellt werden. Diese Obliegenheit entfalle nicht dadurch, dass der behandelnde Arzt den Versicherten unzutreffend oder sogar rechtlich falsch beraten habe. Die Gewährung von Krg sei selbst dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben seien und den Versicherten keinerlei Verschulden an der unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung zur Last gelegt werden könne. Es seien nur sehr enge Grenzen beschrieben, in denen die unterbliebene ärztliche Feststellung ausnahmsweise rückwirkend nachgeholt werden könne. Solche Umstände lägen nicht bereits dann vor, wenn der Versicherte nicht rechtzeitig einen Termin bei seinem Arzt erhalten habe oder der Arzt keine AU festgestellt habe. Auch müsse die Krankenkasse den Versicherten nicht vor Ablauf des AU-Zeitraums auf die besonderen gesetzlichen Regelungen und deren im Regelfall gravierende Folgen hinweisen. Die Krankenkassen seien nicht gehalten, Hinweise auf den gesetzlich geregelten Zeitpunkt einer gegebenenfalls erneut erforderlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung zu geben oder solche in Hinweise in Formularen vorzusehen. Nach § 190 Abs 2 SGB V ende die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt ende. Dies sei bei der Klägerin am 31.12.2015 der Fall gewesen. Nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V bleibe die Mitgliedschaft erhalten, solange Ansprach auf Krg bestehe. Der Krg-Anspruch und damit das Fortbestehen der Mitgliedschaft habe bei der Klägerin daher nur bis zum 08.01.2016 bestanden. Ein weiterer Leistungsanspruch könne grundsätzlich nur nach § 19 Abs 2 SGB V für längstens einen Monat nach Ende der Mitgliedschaft abgeleitet werden, aber auch nur dann, wenn spätestens nach einem Monat eine Pflichtversicherung bestehe. Nach § 19 Abs 2 S 2 SGB V sei eine Familienversicherung vorrangig. Daher sei bei der Klägerin ein Krg-Anspruch ausgeschlossen.
Hiergegen hat die Klägerin am 15.04.2016 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Die Beklagte habe sie unzureichend beraten bzw aufgeklärt. Im Fragebogen vom 01.02.2016 bringe sie mehr als deutlich zum Ausdruck, dass sie sich mit den Vorschriften des SGB V nicht auskenne und erheblicher Beratungsbedarf im Zusammenhang mit einer Familienversicherung bzw freiwilligen Versicherung bestehe. Damit sei der Beklagten bewusst gewesen, dass in ihrem Fall erheblicher Beratungsbedarf bestanden habe. Aufgrund unzureichender und unzutreffender Beratung sei sie dazu veranlasst worden, den Schutz der Familienversicherung in Anspruch zu nehmen. Durch die Inanspruchnahme der Familienversicherung sei der nachgehende Leistungsanspruch ausgeschlossen. Mit Schreiben vom 01.03.2016 habe die Beklagte ihr den rückwirkenden Versicherungsschutz in der Familienversicherung bestätigt. Zwar sei es zutreffend, dass die Krankenkasse Versicherte nicht rechtzeitig vor Ablauf des AU-Zeitraums auf die besonderen gesetzlichen Regelungen hinweisen müsse, nach Eintritt dieser gravierenden Folgen bestehe aber eine gesteigerte Beratungspflicht. Es bestehe ein nachgehender Leistungsanspruch für Versicherungspflichtige für einen Monat nach § 19 Abs 2 SGB V, der auch das Krg umfasse. Dieser Leistungsanspruch werde durch die Familienversicherung ausgeschlossen. Nach Ablauf des einmonatigen nachgehenden Leistungsanspruchs könne immer noch eine Absicherung über die Familienversicherung erfolgen. Die sinnvollere Alternative sei jedoch eine freiwillige Krankenversicherung nach § 9 SGB V mit einem Anspruch auf Krg. Aufgrund der weiteren Krankschreibungen werde der Krg-Anspruch über den 08.01.2016 hinaus damit aufrechterhalten. Da die Beklagte ihre diesbezügliche Beratungsverpflichtung verletzt habe, müsse sie die Klägerin daher so stellen, wie sie gestanden hätte, wenn sich die Beklagte rechtmäßig verhalten habe (sozialrechtlicher Herstellungsanspruch).
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug genommen. Die AU müsse rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich festgestellt werden, um das Erlöschen oder Ruhen des Leistungsanspruchs zu verhindern. Der Vorwurf einer Beratungsverletzung sei haltlos. Hinweise auf den gesetzlich geregelten Zeitpunkt einer gegebenenfalls erneut erforderlichen AU-Feststellung seien nicht zu geben. Die von der Klägerin behauptete gesteigerte Beratungsverpflichtung bestehe nicht. Selbst bei Falschberatung durch einen Arzt und eine dadurch versäumte Frist vermöge sich der Betreffende nicht zu exkulpieren, auch dann müsse sich der Versicherte die für ihn negativen Rechtsfolgen zurechnen lassen. Die Klägerin könne auch nicht dadurch die Fristverletzung umgehen, dass sie auf § 19 Abs 2 SGB V verweise. § 19 Abs 2 S 2 SGB V regele die Rangfolge des Zusammentreffens eines nachgehenden Leistungsanspruchs und einer möglichen Familienversicherung. Die Familienversicherung sei vorrangig und verdränge den nachgehenden Leistungsanspruch. Auch eine etwaige Anschlussversicherung nach § 9 SGB V mit einem Anspruch auf Krankengeld sei nicht möglich, da eine Wahlerklärung für den Anspruch auf Krankengeld nach § 44 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB V nur dem Personenkreis der hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen zugänglich sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 09.01.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie habe keinen Anspruch auf Krg im Zeitraum vom 09.01.2016 bis 31.03.2016. Das SG hat auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten Bezug genommen (§ 136 Abs 3 SGG) und ergänzend ausgeführt, an der bestehenden Lücke ab dem 09.01.2016 ändere sich nichts durch die nachträglich abgeänderte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Maßgeblich sei nicht, dass ein Formular vorliege, auf dem der Arzt eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Maßgeblich sei, dass der Arzt spätestens am Tag nach dem Ablauf des zuvor festgestellten Arbeitsunfähigkeitszeitraums erneut persönlich durch Untersuchung des Betreffenden die - weitere - Arbeitsunfähigkeit feststelle. Dies sei im Falle der Klägerin nicht geschehen. Sie habe nach dem 29.12.2015 erst wieder am 12.01.2016 die Praxis aufgesucht. Eine Beratungsverletzung seitens der Beklagten liege nicht vor. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch komme nicht in Betracht. Ein nachgehender Leistungsanspruch nach § 19 Abs 2 SGB V sei insb wegen der Familienversicherung ausgeschlossen.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 12.01.2017 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat die Klägerin am 10.02.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung der Berufung hat sie mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 26.09.2017 vorgetragen, ihr Fall sei mit den Sachverhalten vergleichbar, die das BSG auf seiner Sitzung am 11.05.2017 entschieden habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 09.01.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 27.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.03.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Krankengeld vom 09.01.2016 bis 31.03.2016 zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Begründung des Widerspruchsbescheids und die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids vom 09.01.2017 Bezug.
In einem Erörterungstermin am 30.05.2017 ist die Sach- und Rechtslage vom Berichterstatter mit den Beteiligten erörtert worden, wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen (Bl 52 Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig aber unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 27.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.03.2016 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Krg über den 08.01.2016 hinaus.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Krg sind die §§ 44 ff SGB V. Nach § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Der Anspruch auf Krg entsteht bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der AU an (§ 46 Satz 1 Nr 2 SGB V idF des GKV-VSG vom 16.07.2015 mWv 23.07.2015, BGBl I, 1211).
Der Anspruch auf Krg bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere AU wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der AU erfolgt; Samstage gelten nicht als Werktage (§ 46 Satz 2 SGB V). Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krg die vorherige ärztliche Feststellung der AU voraus. Dem Attest des behandelnden Arztes mit der Feststellung der AU kommt lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krg-Bezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet, ohne dass Krankenkasse und Gerichte an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden sind (BSG 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 7).
Die Voraussetzungen eines Krg-Anspruchs, also nicht nur die AU, sondern auch die ärztliche Feststellung der AU, müssen bei zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils erneut vorliegen (st Rspr BSG 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 12; zuletzt BSG 16.12.2014, B 1 KR 19/14 R, B 1 KR 25/14 R und B 1 KR 37/14 R). Zudem muss der Versicherte die AU und deren Fortdauer grundsätzlich rechtzeitig ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse gemäß § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V melden (BSG 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 § 46 Nr 1).
Die ärztliche Feststellung der AU ist keine reine Formalität, sondern Voraussetzung der Entstehung des Anspruchs auf Krg. Mit dem Erfordernis vorgeschalteter ärztlich festzustellender AU sollen beim Krg Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden, zu denen die nachträgliche Behauptung der AU und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen könnten. Als Regelfall geht das Gesetz davon aus, dass der in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigte Versicherte selbst die notwendigen Schritte unternimmt, um die mögliche AU feststellen zu lassen und seine Ansprüche zu wahren. Mit Blick darauf muss die AU nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krg auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat. Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der AU grundsätzlich rechtzeitig spätestens am nächsten Werktag nach Ablauf der Befristung der bisherigen Attestierung ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse melden, wenn er das Erlöschen oder Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden will. Sowohl bei der ärztlichen Feststellung als auch der Meldung der AU handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten; die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Feststellung oder Meldung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. Regelmäßig ist danach die Regelung des § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V strikt zu handhaben (BSG 08.11.2005, B 1 KR 30/04, BSGE 95, 219, SozR 4-2500 § 46 Nr 1; vgl auch BSG 10.05.2012, B 1 KR 20/11 R, juris). Der Gesetzgeber hat mit der Änderung in § 46 SGB V durch das GKV-VSG diese Rechtslage und die Rechtsprechung des BSG ausdrücklich bestätigt und hierzu nur eine Erleichterung bezweckt (BT-Drs 18/4095, S 80), so dass diese Rechtsprechung ohne Einschränkung auch für die hier geltende Fassung des § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V Anwendung findet (Senatsurteil vom 23.05.2017, L 11 KR4869/16).
Das bei Entstehen eines Anspruchs auf Krankengeld bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krg hat. Die Mitgliedschaft der Klägerin als Beschäftigte (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V) blieb über den Bezug von Krg nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V nur bis zum bis 08.01.2016 erhalten. Will ein Versicherter seine Mitgliedschaft als Beschäftigter in der gesetzlichen Krankenversicherung über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus durch einen Anspruch auf Krg aufrechterhalten, muss er seine AU für jeden Krankengeldbewilligungsabschnitt erneut rechtzeitig ärztlich feststellen lassen (vgl BSG 04.03.2014, B 1 KR 17/13 R, SozR 4-2500 § 192 Nr 6). Dies ist hier nach dem 08.01.2016 nicht erfolgt. Am Tag der erneuten ärztlicher Feststellung der AU, dem 12.01.2016, war die Klägerin nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert. Die Familienversicherung (§ 10 SGB V) umfasst keinen Anspruch auf Krg (§ 44 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V).
Zur Überzeugung des Senats ist auch kein Sachverhalt gegeben, bei dem die AU-Feststellung für einen weiteren Bewilligungsabschnitt ausnahmsweise hätte nachgeholt werden können. Nach der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine verspätete Feststellung der AU dem Versicherten nicht entgegengehalten werden kann, wenn Geschäftsunfähigkeit besteht, ein gesetzlicher Vertreter nicht vorhanden war und wenn der Versicherte auf Grund dieses Umstandes nicht in der Lage gewesen ist, die für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit obligatorischen Handlungen vorzunehmen (BSG 22.06.1966, 3 RK 14/64, BSGE 25,76). Ein solcher Fall lag hier ersichtlich nicht vor. Aber auch bei Erstreckung dieser Ausnahmefallgruppe auf (vorübergehende) zumindest vergleichbare Zustände, in welchen der Versicherte krankheitsbedingt zB im Rahmen einer schweren Depression (vgl hierzu SG Aachen 14.03.2017, S 13 KR 312/16, juris) nicht in der Lage zu den für eine Feststellung der AU erforderlichen Handlungen ist, ergibt sich für den konkreten Fall keine andere Beurteilung. Eine vergleichbar außergewöhnliche Situation, die den Versicherten gleichsam körperlich handlungsunfähig macht, wird in der Literatur etwa diskutiert bei Bergunfällen mit Rettung erst nach einigen Tagen oder bei Ohnmachtsanfällen Alleinstehender mit Auffindung Tage später (vgl Sonnhoff in juris-PK SGB V, § 46 RdNr 42). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor.
Die Klägerin ist auch nicht aufgrund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als habe sie rechtzeitig die AU ärztlich feststellen lassen, weil die Beklagte sie nicht ausdrücklich auf die Notwendigkeit der erneuten ärztlichen AU-Feststellung vor Ablauf des schon festgestellten AU-Zeitraums hingewiesen habe. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift nach den allgemeinen richterrechtlichen Grundsätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist. Auf der Rechtsfolgenseite muss durch die Vornahme einer Amtshandlung des Trägers ein Zustand hergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (stRspr; vgl BSG 06.11.2008, B 1 KR 8/08 R, juris; BSG 28.09.2010, B 1 KR 31/09 R, BSGE 106, 296 = SozR 4-2500 § 50 Nr 2). Hier fehlt es bereits an einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung. Krankenkassen sind nicht gehalten, Hinweise auf den gesetzlich geregelten Zeitpunkt einer ggf erneut erforderlichen AU-Feststellung in den Formularen zur Bescheinigung der AU vorzusehen (BSG 10.05.2012, B 1 KR 19/11 R, BSGE 111, 9 = SozR 4-2500 § 192 Nr 5). Die differenzierende gesetzliche Regelung der Krg-Ansprüche mag zwar eine Aufklärung der Versicherten über ihre Obliegenheiten wünschenswert erscheinen lassen. Der Herstellungsanspruch greift aber nicht schon dann ein, wenn eine allgemeine Aufklärung nach § 13 SGB I unterblieben ist (stRspr, vgl zB BSGE 67, 90, 93 f = SozR 3-1200 § 13 Nr 1 S 4 f; BSG SozR 3-5750 Art 2 § 6 Nr 15 S 50; BSGE 104, 108 = SozR 4-2600 § 93 Nr 13, RdNr 28 mwN). Eine Situation, bei der die Beklagte eine Pflicht zur Spontanberatung (vgl dazu BSG 28.09.2010, B 1 KR 31/09 R, BSGE 106, 296 = SozR 4-2500 § 50 Nr 2 RdNr 19 mwN) gehabt hätte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die Beklagte konnte schon nicht erkennen, dass die Klägerin bei fortdauernder AU den in einer AU-Bescheinigung festgestellten Zeitraum verstreichen lassen wird, bevor sie erneut einen Arzt zur Feststellung der AU aufsuchen wird. Der seit dem 23.07.2015 in § 44 Abs 4 SGB V geregelte Anspruch der Versicherten auf Beratung hat die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zum Ziel. Er dient nicht der Aufklärung über Pflichten im Zusammenhang mit der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit. Auch aus dem Urteil des BSG vom 11.05.2017 (B 3 KR 22/15 R) ergibt sich nichts anderes. Das BSG bejaht das Vorliegen einer nahtlosen Feststellung der AU, wenn der Versicherte noch während der ärztlich bestätigten AU seinen Arzt aufsucht, dieser aber die Feststellung der AU unterlässt. Dieser Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, lässt sich aber nicht auf Fälle übertragen, in denen der Versicherte - wie hier die Klägerin - den Arzt erst nach Ablauf der bestätigten AU aufsucht.
Es besteht auch kein nachgehender Leistungsanspruch für die Dauer von einem Monat aus § 19 Abs 2 Satz 1 SGB V. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug genommen und die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurückgewiesen (§ 153 Abs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Krankengeld (Krg) für den Zeitraum vom 09.01.2016 bis 31.03.2016.
Die am 28.10.1978 geborene Klägerin war bei der Beklagten als Beschäftigte krankenversichert. Ab dem 30.11.2015 war sie aufgrund rezidivierender depressiver Störungen, Kontaktanlässe in Bezug auf das Berufsleben und Palpitationen arbeitsunfähig krankgeschrieben. Sie erhielt Entgeltfortzahlung. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31.12.2015 gekündigt. In einem anschließenden arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde nach Angaben der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über den 31.12.2015 nicht vereinbart.
Die Erstbescheinigung über das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit (AU) wurde am 01.12.2015 durch die Praxis Dres. S./M., Fachärzte für Innere Medizin, in M. ausgestellt (AU vom 30.11. bis 11.12.2015, Folgebescheinigungen vom 11.12.2015, 15.12.2015 und vom 29.12.2015). Die letzte Folgebescheinigung vom 29.12.2015 bescheinigt AU bis 08.01.2016 (Freitag). Danach wurde erst am 12.01.2016 (Dienstag) wiederum eine Erstbescheinigung ausgestellt (AU voraussichtlich bis 26.01.2016). Die Diagnosen decken sich mit den Diagnosen in den vorherigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. In der Folge legte die Klägerin Folgebescheinigungen vom 26.01. bis 23.02.2016, vom 23.02.2016 bis 08.03.2016, vom 08.03.2016 bis 15.03.2016 und vom 15.03.2016 bis 24.03.2016 sowie vom 24.03.2016 bis 31.03.2016 vor.
Mit Bescheid vom 27.01.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ab dem 09.01.2016 bestehe kein Anspruch auf Krg mehr. Die Klägerin solle sich daher umgehend bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden. Die Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit über den 08.01.2016 hinaus sei erst am 12.01.2016 festgestellt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bestehe nach Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses nur dann ein Krg-Anspruch über das Beschäftigungsende hinaus, wenn die vom Arzt auszustellende AU-Bescheinigung spätestens am Tag nach dem bereits dokumentierten AU-Zeitraum ausgestellt werde. Eine Mitgliedschaft könne während einer AU nur fortbestehen, wenn der Anspruch auf Krg lückenlos bestehe. Da ein Anspruch auf Krg erst am Tag der ärztlichen Feststellung entstehe, bestimme das an diesem Tag bestehende Versicherungsverhältnis darüber, ob und in welchem Umfang ein Krg-Anspruch vorliege. Nicht maßgeblich sei dabei, ob es sich um eine Erst- oder Folgebescheinigung handele. Die Klägerin sei zuletzt vom 29.12.2015 bis einschließlich 08.01.2016 arbeitsunfähig krankgeschrieben worden. Das Versicherungsverhältnis habe bis zum 31.12.2015 bestanden. Da sich die Klägerin erst wieder am 12.01.2016 beim behandelnden Arzt vorgestellt habe, bestehe ab 09.01.2016 kein Anspruch auf Krankengeld mehr. Eine Krankengeldzahlung sei nur noch im Rahmen eines nachgehenden Leistungsanspruchs möglich, welcher nach § 19 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) längstens für einen Monat nach Beendigung der Mitgliedschaft bestehe. Dafür sei aber Voraussetzung, dass kein Anspruch auf Familienversicherung bestehe und spätestens ab dem 01.02.2016 eine neue versicherungspflichtige Mitgliedschaft angemeldet werde.
Hiergegen legte die Klägerin am 01.02.2016 Widerspruch ein und legte eine Bescheinigung der Praxis S. und M. vom 01.02.2016 vor, in welchem es ua heißt: "leider wurde unsererseits die Krankmeldung vom 29.12.2015 falsch ausgestellt. Daher wurde von uns eine neue für den 29.12.2015 bis zum 12.01.2016 am 01.02.2016 ausgestellt. Da unsererseits ein Termin zur erneuten Vorstellung erst für den 12.01.2016 vereinbart wurde." Gemäß dem beiliegenden Schreiben des Hausarztes sei die AU-Bescheinigung nicht korrekt ausgestellt worden. Sie sei über den 08.01.2016 hinaus weiter krankgeschrieben gewesen. Auch sei sie durch die Beklagte nicht durch eine rechtzeitig zugegangene schriftliche Belehrung darauf hingewiesen worden, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lückenlos vorzuliegen habe. Das habe sie erst am 27.01.2016 erfahren. Sie nahm auf das Urteil des BSG vom 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, Bezug. Sie habe alles in ihrer Macht stehende getan, um die Ansprüche zu wahren.
In einem Fragebogen der Beklagten vom 01.02.2016 teilte die Klägerin mit, sie habe noch kein Arbeitslosengeld bezogen und keine freiwillige Weiterversicherung beantragt. Sie beziehe keine Rente, sie wisse auch nicht, ob sie nach dem Ausscheiden aus der Mitgliedschaft Ansprüche aus der Familienversicherung habe. Sie sei verheiratet, der Ehepartner sei bei einer gesetzlichen Krankenversicherung, nämlich der B. BEK, versichert.
Mit Bescheid vom 04.02.2016 gewährte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 08.01.2016 Krg in Höhe von 37,99 EUR brutto täglich. Mit Schreiben vom 04.02.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ein Krg-Anspruch im nachgehenden Leistungsanspruch nach § 19 Abs 2 SGB V bestehe nicht, da die Klägerin familienversichert sei. Eine Familienversicherung sei vorrangig gegenüber dem nachgehenden Leistungsanspruch und beinhalte keinen Anspruch auf Krg.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.2016 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Anspruch auf Krg entstehe von dem Tag der ärztlichen Feststellung der AU an. Das bei Entstehen eines Krg-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimme, in welchem Umfang Anspruch auf Krg bestehe. Es sei daher auf den Versicherungsschutz des Tages abzustellen, an dem die AU ärztlich festgellt worden sei. Wenn ein Anspruch auf Krg über das Ende eines Beschäftigungsverhältnisses hinaus aufrecht erhalten werden solle, müsse die AU vor Anlauf jedes Krg-Bewilligungsabschnittes erneut ärztlich festgestellt werden. Diese Obliegenheit entfalle nicht dadurch, dass der behandelnde Arzt den Versicherten unzutreffend oder sogar rechtlich falsch beraten habe. Die Gewährung von Krg sei selbst dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben seien und den Versicherten keinerlei Verschulden an der unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung zur Last gelegt werden könne. Es seien nur sehr enge Grenzen beschrieben, in denen die unterbliebene ärztliche Feststellung ausnahmsweise rückwirkend nachgeholt werden könne. Solche Umstände lägen nicht bereits dann vor, wenn der Versicherte nicht rechtzeitig einen Termin bei seinem Arzt erhalten habe oder der Arzt keine AU festgestellt habe. Auch müsse die Krankenkasse den Versicherten nicht vor Ablauf des AU-Zeitraums auf die besonderen gesetzlichen Regelungen und deren im Regelfall gravierende Folgen hinweisen. Die Krankenkassen seien nicht gehalten, Hinweise auf den gesetzlich geregelten Zeitpunkt einer gegebenenfalls erneut erforderlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung zu geben oder solche in Hinweise in Formularen vorzusehen. Nach § 190 Abs 2 SGB V ende die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt ende. Dies sei bei der Klägerin am 31.12.2015 der Fall gewesen. Nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V bleibe die Mitgliedschaft erhalten, solange Ansprach auf Krg bestehe. Der Krg-Anspruch und damit das Fortbestehen der Mitgliedschaft habe bei der Klägerin daher nur bis zum 08.01.2016 bestanden. Ein weiterer Leistungsanspruch könne grundsätzlich nur nach § 19 Abs 2 SGB V für längstens einen Monat nach Ende der Mitgliedschaft abgeleitet werden, aber auch nur dann, wenn spätestens nach einem Monat eine Pflichtversicherung bestehe. Nach § 19 Abs 2 S 2 SGB V sei eine Familienversicherung vorrangig. Daher sei bei der Klägerin ein Krg-Anspruch ausgeschlossen.
Hiergegen hat die Klägerin am 15.04.2016 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Die Beklagte habe sie unzureichend beraten bzw aufgeklärt. Im Fragebogen vom 01.02.2016 bringe sie mehr als deutlich zum Ausdruck, dass sie sich mit den Vorschriften des SGB V nicht auskenne und erheblicher Beratungsbedarf im Zusammenhang mit einer Familienversicherung bzw freiwilligen Versicherung bestehe. Damit sei der Beklagten bewusst gewesen, dass in ihrem Fall erheblicher Beratungsbedarf bestanden habe. Aufgrund unzureichender und unzutreffender Beratung sei sie dazu veranlasst worden, den Schutz der Familienversicherung in Anspruch zu nehmen. Durch die Inanspruchnahme der Familienversicherung sei der nachgehende Leistungsanspruch ausgeschlossen. Mit Schreiben vom 01.03.2016 habe die Beklagte ihr den rückwirkenden Versicherungsschutz in der Familienversicherung bestätigt. Zwar sei es zutreffend, dass die Krankenkasse Versicherte nicht rechtzeitig vor Ablauf des AU-Zeitraums auf die besonderen gesetzlichen Regelungen hinweisen müsse, nach Eintritt dieser gravierenden Folgen bestehe aber eine gesteigerte Beratungspflicht. Es bestehe ein nachgehender Leistungsanspruch für Versicherungspflichtige für einen Monat nach § 19 Abs 2 SGB V, der auch das Krg umfasse. Dieser Leistungsanspruch werde durch die Familienversicherung ausgeschlossen. Nach Ablauf des einmonatigen nachgehenden Leistungsanspruchs könne immer noch eine Absicherung über die Familienversicherung erfolgen. Die sinnvollere Alternative sei jedoch eine freiwillige Krankenversicherung nach § 9 SGB V mit einem Anspruch auf Krg. Aufgrund der weiteren Krankschreibungen werde der Krg-Anspruch über den 08.01.2016 hinaus damit aufrechterhalten. Da die Beklagte ihre diesbezügliche Beratungsverpflichtung verletzt habe, müsse sie die Klägerin daher so stellen, wie sie gestanden hätte, wenn sich die Beklagte rechtmäßig verhalten habe (sozialrechtlicher Herstellungsanspruch).
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug genommen. Die AU müsse rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich festgestellt werden, um das Erlöschen oder Ruhen des Leistungsanspruchs zu verhindern. Der Vorwurf einer Beratungsverletzung sei haltlos. Hinweise auf den gesetzlich geregelten Zeitpunkt einer gegebenenfalls erneut erforderlichen AU-Feststellung seien nicht zu geben. Die von der Klägerin behauptete gesteigerte Beratungsverpflichtung bestehe nicht. Selbst bei Falschberatung durch einen Arzt und eine dadurch versäumte Frist vermöge sich der Betreffende nicht zu exkulpieren, auch dann müsse sich der Versicherte die für ihn negativen Rechtsfolgen zurechnen lassen. Die Klägerin könne auch nicht dadurch die Fristverletzung umgehen, dass sie auf § 19 Abs 2 SGB V verweise. § 19 Abs 2 S 2 SGB V regele die Rangfolge des Zusammentreffens eines nachgehenden Leistungsanspruchs und einer möglichen Familienversicherung. Die Familienversicherung sei vorrangig und verdränge den nachgehenden Leistungsanspruch. Auch eine etwaige Anschlussversicherung nach § 9 SGB V mit einem Anspruch auf Krankengeld sei nicht möglich, da eine Wahlerklärung für den Anspruch auf Krankengeld nach § 44 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB V nur dem Personenkreis der hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen zugänglich sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 09.01.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie habe keinen Anspruch auf Krg im Zeitraum vom 09.01.2016 bis 31.03.2016. Das SG hat auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten Bezug genommen (§ 136 Abs 3 SGG) und ergänzend ausgeführt, an der bestehenden Lücke ab dem 09.01.2016 ändere sich nichts durch die nachträglich abgeänderte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Maßgeblich sei nicht, dass ein Formular vorliege, auf dem der Arzt eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Maßgeblich sei, dass der Arzt spätestens am Tag nach dem Ablauf des zuvor festgestellten Arbeitsunfähigkeitszeitraums erneut persönlich durch Untersuchung des Betreffenden die - weitere - Arbeitsunfähigkeit feststelle. Dies sei im Falle der Klägerin nicht geschehen. Sie habe nach dem 29.12.2015 erst wieder am 12.01.2016 die Praxis aufgesucht. Eine Beratungsverletzung seitens der Beklagten liege nicht vor. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch komme nicht in Betracht. Ein nachgehender Leistungsanspruch nach § 19 Abs 2 SGB V sei insb wegen der Familienversicherung ausgeschlossen.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 12.01.2017 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat die Klägerin am 10.02.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung der Berufung hat sie mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 26.09.2017 vorgetragen, ihr Fall sei mit den Sachverhalten vergleichbar, die das BSG auf seiner Sitzung am 11.05.2017 entschieden habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 09.01.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 27.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.03.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Krankengeld vom 09.01.2016 bis 31.03.2016 zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Begründung des Widerspruchsbescheids und die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids vom 09.01.2017 Bezug.
In einem Erörterungstermin am 30.05.2017 ist die Sach- und Rechtslage vom Berichterstatter mit den Beteiligten erörtert worden, wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen (Bl 52 Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig aber unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 27.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.03.2016 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Krg über den 08.01.2016 hinaus.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Krg sind die §§ 44 ff SGB V. Nach § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Der Anspruch auf Krg entsteht bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der AU an (§ 46 Satz 1 Nr 2 SGB V idF des GKV-VSG vom 16.07.2015 mWv 23.07.2015, BGBl I, 1211).
Der Anspruch auf Krg bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere AU wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der AU erfolgt; Samstage gelten nicht als Werktage (§ 46 Satz 2 SGB V). Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krg die vorherige ärztliche Feststellung der AU voraus. Dem Attest des behandelnden Arztes mit der Feststellung der AU kommt lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krg-Bezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet, ohne dass Krankenkasse und Gerichte an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden sind (BSG 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 7).
Die Voraussetzungen eines Krg-Anspruchs, also nicht nur die AU, sondern auch die ärztliche Feststellung der AU, müssen bei zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils erneut vorliegen (st Rspr BSG 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 12; zuletzt BSG 16.12.2014, B 1 KR 19/14 R, B 1 KR 25/14 R und B 1 KR 37/14 R). Zudem muss der Versicherte die AU und deren Fortdauer grundsätzlich rechtzeitig ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse gemäß § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V melden (BSG 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 § 46 Nr 1).
Die ärztliche Feststellung der AU ist keine reine Formalität, sondern Voraussetzung der Entstehung des Anspruchs auf Krg. Mit dem Erfordernis vorgeschalteter ärztlich festzustellender AU sollen beim Krg Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden, zu denen die nachträgliche Behauptung der AU und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen könnten. Als Regelfall geht das Gesetz davon aus, dass der in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigte Versicherte selbst die notwendigen Schritte unternimmt, um die mögliche AU feststellen zu lassen und seine Ansprüche zu wahren. Mit Blick darauf muss die AU nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krg auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat. Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der AU grundsätzlich rechtzeitig spätestens am nächsten Werktag nach Ablauf der Befristung der bisherigen Attestierung ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse melden, wenn er das Erlöschen oder Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden will. Sowohl bei der ärztlichen Feststellung als auch der Meldung der AU handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten; die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Feststellung oder Meldung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. Regelmäßig ist danach die Regelung des § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V strikt zu handhaben (BSG 08.11.2005, B 1 KR 30/04, BSGE 95, 219, SozR 4-2500 § 46 Nr 1; vgl auch BSG 10.05.2012, B 1 KR 20/11 R, juris). Der Gesetzgeber hat mit der Änderung in § 46 SGB V durch das GKV-VSG diese Rechtslage und die Rechtsprechung des BSG ausdrücklich bestätigt und hierzu nur eine Erleichterung bezweckt (BT-Drs 18/4095, S 80), so dass diese Rechtsprechung ohne Einschränkung auch für die hier geltende Fassung des § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V Anwendung findet (Senatsurteil vom 23.05.2017, L 11 KR4869/16).
Das bei Entstehen eines Anspruchs auf Krankengeld bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krg hat. Die Mitgliedschaft der Klägerin als Beschäftigte (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V) blieb über den Bezug von Krg nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V nur bis zum bis 08.01.2016 erhalten. Will ein Versicherter seine Mitgliedschaft als Beschäftigter in der gesetzlichen Krankenversicherung über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus durch einen Anspruch auf Krg aufrechterhalten, muss er seine AU für jeden Krankengeldbewilligungsabschnitt erneut rechtzeitig ärztlich feststellen lassen (vgl BSG 04.03.2014, B 1 KR 17/13 R, SozR 4-2500 § 192 Nr 6). Dies ist hier nach dem 08.01.2016 nicht erfolgt. Am Tag der erneuten ärztlicher Feststellung der AU, dem 12.01.2016, war die Klägerin nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert. Die Familienversicherung (§ 10 SGB V) umfasst keinen Anspruch auf Krg (§ 44 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V).
Zur Überzeugung des Senats ist auch kein Sachverhalt gegeben, bei dem die AU-Feststellung für einen weiteren Bewilligungsabschnitt ausnahmsweise hätte nachgeholt werden können. Nach der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine verspätete Feststellung der AU dem Versicherten nicht entgegengehalten werden kann, wenn Geschäftsunfähigkeit besteht, ein gesetzlicher Vertreter nicht vorhanden war und wenn der Versicherte auf Grund dieses Umstandes nicht in der Lage gewesen ist, die für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit obligatorischen Handlungen vorzunehmen (BSG 22.06.1966, 3 RK 14/64, BSGE 25,76). Ein solcher Fall lag hier ersichtlich nicht vor. Aber auch bei Erstreckung dieser Ausnahmefallgruppe auf (vorübergehende) zumindest vergleichbare Zustände, in welchen der Versicherte krankheitsbedingt zB im Rahmen einer schweren Depression (vgl hierzu SG Aachen 14.03.2017, S 13 KR 312/16, juris) nicht in der Lage zu den für eine Feststellung der AU erforderlichen Handlungen ist, ergibt sich für den konkreten Fall keine andere Beurteilung. Eine vergleichbar außergewöhnliche Situation, die den Versicherten gleichsam körperlich handlungsunfähig macht, wird in der Literatur etwa diskutiert bei Bergunfällen mit Rettung erst nach einigen Tagen oder bei Ohnmachtsanfällen Alleinstehender mit Auffindung Tage später (vgl Sonnhoff in juris-PK SGB V, § 46 RdNr 42). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor.
Die Klägerin ist auch nicht aufgrund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als habe sie rechtzeitig die AU ärztlich feststellen lassen, weil die Beklagte sie nicht ausdrücklich auf die Notwendigkeit der erneuten ärztlichen AU-Feststellung vor Ablauf des schon festgestellten AU-Zeitraums hingewiesen habe. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift nach den allgemeinen richterrechtlichen Grundsätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist. Auf der Rechtsfolgenseite muss durch die Vornahme einer Amtshandlung des Trägers ein Zustand hergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (stRspr; vgl BSG 06.11.2008, B 1 KR 8/08 R, juris; BSG 28.09.2010, B 1 KR 31/09 R, BSGE 106, 296 = SozR 4-2500 § 50 Nr 2). Hier fehlt es bereits an einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung. Krankenkassen sind nicht gehalten, Hinweise auf den gesetzlich geregelten Zeitpunkt einer ggf erneut erforderlichen AU-Feststellung in den Formularen zur Bescheinigung der AU vorzusehen (BSG 10.05.2012, B 1 KR 19/11 R, BSGE 111, 9 = SozR 4-2500 § 192 Nr 5). Die differenzierende gesetzliche Regelung der Krg-Ansprüche mag zwar eine Aufklärung der Versicherten über ihre Obliegenheiten wünschenswert erscheinen lassen. Der Herstellungsanspruch greift aber nicht schon dann ein, wenn eine allgemeine Aufklärung nach § 13 SGB I unterblieben ist (stRspr, vgl zB BSGE 67, 90, 93 f = SozR 3-1200 § 13 Nr 1 S 4 f; BSG SozR 3-5750 Art 2 § 6 Nr 15 S 50; BSGE 104, 108 = SozR 4-2600 § 93 Nr 13, RdNr 28 mwN). Eine Situation, bei der die Beklagte eine Pflicht zur Spontanberatung (vgl dazu BSG 28.09.2010, B 1 KR 31/09 R, BSGE 106, 296 = SozR 4-2500 § 50 Nr 2 RdNr 19 mwN) gehabt hätte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die Beklagte konnte schon nicht erkennen, dass die Klägerin bei fortdauernder AU den in einer AU-Bescheinigung festgestellten Zeitraum verstreichen lassen wird, bevor sie erneut einen Arzt zur Feststellung der AU aufsuchen wird. Der seit dem 23.07.2015 in § 44 Abs 4 SGB V geregelte Anspruch der Versicherten auf Beratung hat die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zum Ziel. Er dient nicht der Aufklärung über Pflichten im Zusammenhang mit der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit. Auch aus dem Urteil des BSG vom 11.05.2017 (B 3 KR 22/15 R) ergibt sich nichts anderes. Das BSG bejaht das Vorliegen einer nahtlosen Feststellung der AU, wenn der Versicherte noch während der ärztlich bestätigten AU seinen Arzt aufsucht, dieser aber die Feststellung der AU unterlässt. Dieser Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, lässt sich aber nicht auf Fälle übertragen, in denen der Versicherte - wie hier die Klägerin - den Arzt erst nach Ablauf der bestätigten AU aufsucht.
Es besteht auch kein nachgehender Leistungsanspruch für die Dauer von einem Monat aus § 19 Abs 2 Satz 1 SGB V. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug genommen und die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurückgewiesen (§ 153 Abs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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