L 10 R 4312/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 12/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4312/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.06.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger die ihm von November 2006 bis März 2007 in Höhe von einem Drittel gezahlte Berufsunfähigkeitsrente wegen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze zu erstatten hat.

Der am 1971 geborene Kläger erhielt von der Beklagten (ausgehend vom Eintritt von Berufsunfähigkeit mit Eintritt von Arbeitsunfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit im Dezember 1999) Rente wegen Berufsunfähigkeit. Der Rentenberechnung lagen u.a. auch Entgeltpunkte für das Jahr 1998 in Höhe von 0,8588 zu Grunde. Zum 01.01.2004 nahm der Kläger eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Kraftfahrer bei der K. M. Spedition GmbH auf, bei der er ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 1.800,00 EUR erhielt. Ausweislich der Lohn- und Gehaltsabrechnungen, die ab Mai 2006 aktenkundig sind (vgl. Bl. 533 ff. VerwA), bezog der Kläger darüber hinaus jeweils Spesen (steuerfrei) in unterschiedlicher Höhe. Mit Bescheid vom 16.04.2004 setzte die Beklagte den Betrag der Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.04.2004 lediglich noch auf ein Drittel fest, und zwar mit einem anfänglichen monatlichen Zahlbetrag von 183,35 EUR. Als Hinzuverdienst berücksichtigte sie das genannte Bruttoentgelt. In der Folge erhöhte sich der Zahlbetrag ab 01.07.2006 auf 180,85 EUR und ab 01.07.2007 auf 181,21 EUR. Das Arbeitsverhältnis mit der K. M. Spedition GmbH endete im August 2006, wobei der Bruttoverdienst des Klägers in diesem Monat auf Grund der gewährten Urlaubsabgeltung 2.745,01 EUR betrug.

Ab September 2006 war der Kläger bei der M. M. GmbH, wiederum als Kraftfahrer, im Umfang von acht Stunden täglich (vgl. Bl. 527 VerwA) beschäftigt. Er erzielte hieraus monatliche Bruttoeinkünfte unterschiedlicher Höhe (September 2006: 1.710,00 EUR, Oktober 2006: 2.110,00 EUR, November 2006: 2.040,00 EUR, Dezember 2006: 2.110,00 EUR, Januar 2007: 2.090,00 EUR, Februar 2007: 2.120,00 EUR, März 2007: 2.040,00 EUR), die der Steuerberater des Arbeitgebers im April 2007 der Beklagten mitteilte (vgl. Bl. 529 Rs. VerwA). Die nachfolgend aktenkundig gewordenen Lohn-/Gehaltsabrechnungen der M. M. GmbH weisen diese Beträge jeweils als "Summe der Bruttobezüge" aus. Im Monat September 2006 besteht die "Summe der Bruttobezüge" von 1.710,00 EUR aus der aufgeführten Position "Festlohn" (Bl 537 VerwA). Ab November 2006 (bis August 2007) setzt sich die jeweils als steuer- und sozialversicherungspflichtig ausgewiesene "Summe der Bruttobezüge" aus der Position "Festlohn" in Höhe von jeweils 1.900,00 EUR und der Position "Verpflegung" (November 140,00 EUR, Dezember 210,00 EUR, Januar 190,00 EUR, Februar 220,00 EUR, März 140,00 EUR, vgl. Bl. 582 ff. VerwA) zusammen.

Mit Schreiben vom 28.08.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er mit dem Arbeitsentgelt aus seiner Beschäftigung die zulässige Hinzuverdienstgrenze überschreite und unter Berücksichtigung der zulässigen zweimaligen Überschreitung dieser Grenze (August und Oktober 2006) die Rente vom 01.11.2006 bis 31.03.2007 nicht mehr zu zahlen sei, weshalb sie beabsichtige, den Bescheid vom 16.04.2004 mit Wirkung ab 01.11.2006 gemäß § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) aufzuheben und die Überzahlung für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.03.2007 in Höhe von 904,25 EUR zurückzufordern. Mit Bescheid vom 05.12.2007 hob die Beklagte dem entsprechend den Bescheid vom 16.04.2004 für die Zeit ab 01.11.2006 auf und stellte als Überzahlung - sinngemäß für den Zeitraum von November 2006 bis März 2007 (vgl. Bl. 572 Rs VerwA) - einen Betrag in Höhe von 904,25 EUR fest (monatlich jeweils 180,85 EUR), der zu erstatten sei.

Nachfolgend machte der Kläger geltend, als Lkw-Fahrer erhalte er von seinem Arbeitgeber steuer- und sozialversicherungspflichtige Verpflegungszahlungen. Es möge geprüft werden, ob diese Zahlungen tatsächlich den Spesenbegriff nicht erfüllten. Ausgehend von den Einkünften des Klägers ausweislich der gleichzeitig vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen bis November 2007, mit denen der Kläger wiederum die Hinzuverdienstgrenzen für die gewährte Berufsunfähigkeitsrente überschritt, nahm die Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 28.02.2008 nunmehr den Bescheid vom 05.12.2007 mit Wirkung ab 01.04.2007 gemäß § 45 SGB X zurück, stellte die laufende Rentenzahlung ein und forderte vom Kläger für die Zeit vom 01.04.2007 bis 31.01.2008 für die überzahlte Rente einen Betrag in Höhe von 1.809,22 EUR zurück. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und machte eine Fehlerhaftigkeit der Lohnabrechnungen seines Arbeitgebers geltend. Die Verpflegungspauschale sei steuerfrei, dementsprechend auch sozialversicherungsfrei und daher beim Hinzuverdienst nicht in Ansatz zu bringen. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.06.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In dem anschließenden Klageverfahren S 13 R 3102/08 vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) holte das SG Auskünfte des Insolvenzverwalters der zwischenzeitlich erloschenen M. M. GmbH sowie der zuständigen Einzugsstelle, der I. N. , ein und wies die Klage mit Urteil vom 14.09.2010 mit der Begründung ab, Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) seien auch die über den Festlohn hinaus gezahlten Beträge. Von deren Steuer- und Sozialversicherungspflichtigkeit sei auch die vom Insolvenzverwalter betraute Steuerberatungsgesellschaft ausgegangen. Auch der Kläger selbst habe gegenüber seinem Arbeitgeber keine höheren, nämlich teilweise unversteuerten Zahlungen gefordert. Während des sich anschließenden Berufungsverfahren L 10 R 4663/10 vor dem Landessozialgericht (LSG) legte der Kläger weitere Gehaltsabrechnungen vor, worauf die Beklagte mit Bescheid vom 31.10.2012 den angefochtenen Bescheid vom 28.02.2008 ersetzte und die Überzahlung auf 721,96 EUR reduzierte, weil aufgefallen war, dass die Hinzuverdienstgrenze für eine Rente in Höhe von einem Drittel für einzelne Monate nicht überschritten war. Darüber hinaus berechnete sie mit Bescheid vom 01.11.2012 die Rente ab 01.04.2008 neu, wodurch sich eine Nachzahlung in Höhe von 6.712,01 EUR ergab, die sie mit dem überzahlten Betrag von 721,96 EUR verrechnete. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit daraufhin für erledigt.

Die Beklagte forderte den Kläger nunmehr auf, den ausweislich des Bescheids vom 05.12.2007 zu erstattenden Betrag zurückzuzahlen, worauf der Kläger die Überprüfung dieses Bescheides gemäß § 44 SGB X beantragte. Mit Bescheid vom 26.07.2013 lehnte die Beklagte die Rücknahme der Bescheide vom 05.12.2007 und 28.02.2008 mit der Begründung ab, mit diesen Bescheiden habe sie das Recht weder unrichtig angewandt noch sei sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers, der ohne Begründung blieb, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.2013 zurückgewiesen.

Die beim SG am 30.12.2013 erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 25.06.2014 abgewiesen, da die Beklagte es zu Recht abgelehnt habe, den Bescheid vom 05.12.2007 zurückzunehmen. Dieser sei rechtmäßig, da dem Kläger wegen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze die Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von einem Drittel nicht zugestanden habe. Hinzuverdienst seien nicht nur der Festlohn, sondern die Gesamtbezüge. Insoweit hat sich das SG in vollem Umfang der Argumentation im Urteil des Verfahrens S 13 R 3102/08 angeschlossen.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 10.09.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.10.2014 beim LSG Berufung eingelegt. Er hat geltend gemacht, die M. M. GmbH habe die gezahlten Verpflegungszuschüsse irrtümlich als steuerpflichtig eingeordnet. Entsprechend seien diese auch nicht der Sozialversicherung zu unterwerfen. Sie seien Ersatz für seine tatsächlich entstanden Mehrkosten gewesen. Als Lkw-Fahrer im In- und Ausland habe er sich selbst verpflegen müssen. Sein Arbeitgeber habe die steuerfreien Pauschalen bezahlt und die gesetzlichen Grenzen nie überschritten. Zur Begründung hat er sich auf die Lohn-/Gehaltsabrechnungen der K. M. GmbH bezogen, die von Mai 2006 bis August 2006 jeweils steuerfreie Spesenzahlungen ausweisen. (U.a.) im Oktober und November 2007 wiesen im Übrigen auch die Lohnabrechnungen der M. M. GmbH unversteuerte Verpflegungskostenzuschüsse und Nachtzuschläge aus.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.06.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.12.2013 zu verurteilen, den Bescheid vom 05.12.2007 hinsichtlich des Regelungszeitraumes November 2006 bis März 2007 (geänderte Anrechnung von Arbeitsentgelt und Erstattung der Überzahlung) zurückzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 23.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es mit diesen Bescheiden ablehnte, den Bescheid vom 05.12.2007 im Hinblick auf die Anrechnung höheren Arbeitsentgelts und die verfügte Pflicht zur Erstattung der Überzahlung in Höhe von 904,25 EUR zurückzunehmen.

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 44 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 SGB X. Nach dessen Abs. 1 ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Nach Abs. 2 Satz 1 der Regelung ist im Übrigen auch ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Abs. 2 Satz 1).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Denn soweit die Beklagte mit Bescheid vom 05.12.2007 den Bescheid vom 16.04.2004 hinsichtlich der Anrechnung von Arbeitsentgelt mit der Folge des Wegfalls der Berufsunfähigkeitsrente (auch) in Höhe von einem Drittel für die Zeit ab 01.11.2006 wegen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze änderte und für den Zeitraum vom 01.11.2006 bis 31.03.2007 einen Überzahlungsbetrag in Höhe von 904,25 EUR feststellte, der zu erstatten sei, wandte die Beklagte das Recht weder unrichtig an, noch ging sie von einem Sachverhalt aus, der sich nachträglich als unrichtig erweist. Vielmehr stand dem Kläger in dem genannten Zeitraum Rente wegen Berufungsunfähigkeit nicht zu, weil er mit den von ihm erzielten Einkünften die Hinzuverdienstgrenze überschritt und ihm die Rente daher nicht zu gewähren war. Die Beklagte forderte die entsprechende Überzahlung daher zu Recht zurück.

Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bescheids vom 16.04.2004 ist § 48 Abs. 1 SGB X. Nach dessen Satz 1 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach Satz 2 Nr. 3 der Regelung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Eine wesentliche Änderung der dem Bescheid vom 16.04.2004 zu Grunde liegenden Verhältnisse ist insofern eingetreten, als der Kläger in den Monaten November 2006 bis März 2007 die Hinzuverdienstgrenzen für die Gewährung der Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von einem Drittel überschritt, weshalb die Rente nicht mehr zu leisten war.

Gemäß § 313 Abs. 1 i.V.m. § 96a Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31.12.2007 gültig gewesenen Fassung wird eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Sie wird nach § 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in § 313 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt. Nach dieser Regelung betrug die Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen Berufsunfähigkeit in voller Höhe das 52,5fache, in Höhe von zwei Dritteln das 70fache und in Höhe von einem Drittel das 87,5fache des aktuellen Rentenwerts (§ 68), vervielfältigt mit den Entgeltpunkten (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3) des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der Berufsunfähigkeit, mindestens jedoch mit 0,5 Entgeltpunkten. Auf dieser Grundlage errechnete die Beklagte zutreffend die im streitigen Zeitraum für den Kläger geltende monatliche Hinzuverdienstgrenze für die Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von einem Drittel mit 1.963,54 EUR. Auf die Berechnung Bl. 538 VerwA wird verwiesen. Einwände hiergegen hat auch der Kläger nicht erhoben.

Angesichts der in den Lohn- und Gehaltsabrechnungen für August 2006 und von Oktober 2006 bis März 2007 ausgewiesenen Bruttoeinkünften von jeweils mehr als 2.000,00 EUR ging die Beklagte ebenfalls zutreffend davon aus, dass nach zweimaligem zulässigen Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze (August und Oktober 2006) im Zeitraum von November 2006 bis März 2007 Berufsunfähigkeitsrente nicht zu zahlen gewesen wäre. Sie hob den Bescheid vom 16.04.2004 wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse daher zu Recht mit Wirkung ab 01.11.2006 hinsichtlich des Zahlbetrags (monatlich jeweils 180,85 EUR) auf und stellte eine Überzahlung in Höhe von 904,25 EUR fest, die zu erstatten sei. Rechtsgrundlage der Erstattungspflicht ist § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben wird.

Soweit der Kläger meint, bei der Ermittlung der Hinzuverdienstgrenze sei lediglich der im streitigen Zeitraum jeweils erzielte Festlohn in Höhe von monatlich 1.900,00 EUR heranzuziehen, nicht aber der in den Lohn-/Gehaltsabrechnungen für "Verpflegung" - ohne nähere Erläuterung - ausgewiesene weitere Betrag, trifft dies nicht zu. Auch hierbei handelt es sich um Arbeitsentgelt, das nach § 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI anzurechnen ist.

Gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahme besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Damit gehörten auch die in den Lohn-/Gehaltsabrechnungen des Arbeitgebers ausgewiesene Position "Verpflegung" zum Arbeitsentgelt.

Entgegen der vom Kläger in dem Verfahren L 10 R 4663/10 vertretenen Auffassung ergibt sich Gegenteiliges nicht aus einer auf Grund der Verordnungsermächtigung des § 17 SGB IV erlassenen Rechtsverordnung.

Für die Zeit ab dem 01.01.2007 sind zwar nach § 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung - SvEV, BGBl. I 2006, S. 3385) laufende Zulagen, Zuschläge und Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei sind. Steuerfrei waren - soweit in diesem Zusammenhang von Bedeutung - im streitigen Zeitraum nach § 3 Nr. 16 des Einkommenssteuergesetzes in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung (EStG) die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, soweit sie die beruflich veranlassten Mehraufwendungen, bei Verpflegungsmehraufwendungen die Pauschbeträge nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 nicht überstiegen. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG regelt Mehraufwendungen für Verpflegung. Damit wird hinreichend deutlich, dass auch solche Aufwendungen im Rahmen der ausgewiesenen Pauschbeträge (6,00 EUR bei einer Abwesenheit von acht bis weniger als 14 Stunden, 12,00 EUR bei einer Abwesenheit von 14 bis weniger als 24 Stunden, 24,00 EUR bei einer Abwesenheit von 24 Stunden) steuerfrei waren und dies - so § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG - auch im Falle der Tätigkeit auf einem Fahrzeug galt.

Eine ähnliche Regelung bei Überschreitung der Pauschbeträge enthält § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SvEV, wonach Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG ebenfalls dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen sind. § 40 Abs. 2 EStG (ebenfalls in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung) betrifft unter Nr. 4 Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen anlässlich einer Tätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 bis 4 EStG, und damit auch im Falle der Tätigkeit auf einem Fahrzeug. Die Regelung erlaubte dem Arbeitgeber eine Pauschalierung der Lohnsteuer in diesen Fällen, sofern die Pauschbeträge des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG um nicht mehr als 100 Prozent überschritten wurden.

Damit galt steuerrechtlich für Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen: • Lag der Betrag im Rahmen der Pauschbeträge oder niedriger, war er steuerfrei (§ 3 Nr. 16 i.V.m. den Pauschbeträgen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG), • lag der Betrag über den Pauschbeträgen bis zu deren Doppeltem, "konnte" der Arbeitgeber pauschal Lohnsteuer in Höhe von 25 % abführen (§ 40 Abs. 2 Nr. 4 EStG).

Es kann an dieser Stelle offen bleiben, ob es sich bei den als "Verpflegung" ausgewiesenen Entgeltanteilen tatsächlich um Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen handelte (s. hierzu aber noch später), ebenso ob die steuerrechtlichen Grenzen eingehalten wurden. Denn nach § 1 Satz 2 SvEV sind (u.a.) die in Satz 1 Nr. 1 und 3 genannten Einnahmen, Zuwendungen und Leistungen nur dann nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, wenn diese vom Arbeitgeber lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert wurden. Damit knüpft die Vorschrift an die tatsächliche steuerliche Handhabung durch den Arbeitgeber an. Da die M. M. GmbH aber den Posten "Verpflegung" im streitigen Zeitraum in vollem Umfang versteuerte, gehörte dieser Arbeitsentgeltanteil, selbst wenn es sich steuerrechtlich um nicht zu versteuernde Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen gehandelt haben sollte, in vollem Umfang zum Arbeitsentgelt i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV und ist gemäß § 96a SGB VI anzurechnen.

Für den streitigen Zeitraum November und Dezember 2006 gilt im Ergebnis nichts anderes.

Nach der bis 31.12.2006 geltenden Verordnung über die Bestimmung des Arbeitsentgelts in der Sozialversicherung (Arbeitsentgeltverordnung - ArEV -) waren ebenfalls laufende Zulagen, Zuschläge und Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei waren (§ 1 Satz 1 ArEV) und nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ArEV ebenso Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG, allerdings nur, soweit der Arbeitgeber tatsächlich pauschal verteuerte. Damit knüpfte auch die ArEV für die Fälle der möglichen Pauschalversteuerung nach § 40 Abs. 2 EStG an die tatsächliche steuerliche Handhabung durch den Arbeitgeber an, so dass auch insoweit angesichts der tatsächlich erfolgten vollen Versteuerung des Postens "Verpflegung" anzurechnendes Arbeitsentgelt für den Fall einer Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe bis zur doppelten Pauschale vorlag.

Anderes würde nur für den Fall gelten, dass es sich bei den mit "Verpflegung" im November und Dezember 2006 gezahlten Leistungen um Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen handelte und dass zugleich die Pauschbeträge nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG eingehalten waren. Nur dann wäre nach der ArEV von Steuerfreiheit auszugehen und nur dann wären diese Entgeltposten in diesen beiden Monaten nicht anrechenbar. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren daher geltend gemacht hat, sein Arbeitgeber habe ihm eigentlich steuerfreie Pauschalen bezahlt, diese steuerrechtlich aber falsch behandelt, ist dies nur für diese beiden Monate von Relevanz.

Es ist aber nicht nachgewiesen, dass es sich bei den in Rede stehenden Leistungen um Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen handelte. Der Kläger hat keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich dies ergeben würde, eine Anfrage an den Arbeitgeber ist angesichts des durchgeführten Insolvenzverfahrens nicht mehr möglich und der Insolvenzverwalter bzw. das von ihm insoweit beauftragte Steuerberatungsbüro teilte im Verfahren S 13 R 3102/08 lediglich mit, dass es sich bei dem in Rede stehenden Posten um steuer- und sozialversicherungspflichtige Verpflegung gehandelt habe.

In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass keine der mit der seinerzeitigen Lohnabrechnung befassten Stellen insoweit eine fehlerhafte Behandlung sah. So weisen die Gehaltsabrechnungen als bearbeitende Stellen die Hansjörg Reiter GmbH, Buchprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft aus, so dass davon auszugehen ist, dass die Lohnabrechnungen durch eine fachkundige und insbesondere mit steuerrechtlichen Fragen vertraute Stelle erfolgte. Diese führte die Bruttobezüge des Klägers, einschließlich des als "Verpflegung" gezahlten Betrages, wie sie auch in den aktenkundigen Lohn- und Gehaltsabrechnungen für November 2006 bis März 2007 ausgewiesen sind, schon im April 2007 in dem Formular der Beklagten "Nachprüfung der weiteren Rentenberechnung" auf (Bl. 529 Rs VerwA). Die nach Insolvenz des Arbeitgebers vom Insolvenzverwalter beauftragte Steuerberatungsgesellschaft teilte auf die Anfrage des SG die Handhabung entsprechend der Lohnabrechnung mit und sah damit offenbar keinen Anlass zur Beanstandung.

Eine steuerrechtliche Fehlbehandlung lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die Lohn- und Gehaltsabrechnungen des früheren Arbeitgebers des Klägers, der K. M. GmbH, solche steuerfreien Zahlungen ausweisen. Soweit die entsprechenden Abrechnungen neben dem Monatslohn noch (steuerfreie) Spesen ausweisen, lässt dies - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht den Schluss zu, dass es sich auch bei den von der M. M. GmbH gewährten Vergütung, die als "Verpflegung" bezeichnet ist, um solche Spesen handelte. Schließlich wird dieser Lohnbestandteil in den Lohn- und Gehaltsabrechnungen der M. M. GmbH auch weder mit dem Begriff Spesen ausgewiesen noch wird er - wie ausgeführt - steuerrechtlich entsprechend behandelt.

Richtig ist, dass die Lohn-/Gehaltsabrechnungen der M. M. GmbH ab Oktober 2007 unversteuerte Lohnbestandteile mit der Bezeichnung "Verpflegung frei" mit für den Monat aufgeführten Tagen und dem Betrag von 24,00 EUR ausweisen (vgl. Bl. 751 ff. VerwA). Allerdings lässt sich aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber dem Kläger zu einem späteren Zeitpunkt über die bisherigen Gesamtbruttobezüge hinaus auch noch steuerfreie, rechtlich als Verpflegungsmehraufwand einzuordnende Leistungen gewährte, nicht die steuerliche Falschbehandlung des Lohnbestandteils "Verpflegung" für die hier streitige Zeit, insbesondere für November und Dezember 2006 herleiten. Der gegenteilige Schluss liegt vielmehr nahe. Denn auch in den Monaten ab Oktober 2007 weisen die Lohn-/Gehaltsabrechnungen den zu den Bruttobezügen gerechneten Posten "Verpflegung" zusätzlich zu der "Verpflegung frei" aus, was zu der Annahme führt, dass es sich um zwei unterschiedliche Arten von Vergütung handelt. Daran wird deutlich, dass es sich bei dem mit "Verpflegung" bezeichneten Teil der Vergütung - entgegen der Ansicht des Klägers - gerade nicht um eine Vergütung für Verpflegungsmehraufwand handelte, die steuerrechtlich vom Arbeitgeber falsch behandelt wurde.

Auch die Höhe der als "Verpflegung" gezahlten Beträge spricht vor dem Hintergrund der steuerrechtlichen Regelungen gegen deren Qualifizierung als steuerfreie Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen. Nach den eigenen Angaben des Klägers im April 2007 (Bl. 527 VerwA) war er damals bei der M. M. GmbH von Montag bis Freitag, also an fünf Tagen die Woche, mit einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden tätig. Der Dezember 2006 hatte nur 19 solcher Arbeitstage, wobei der Kläger in diesem Monat als "Verpflegung" einen Betrag in Höhe von 210,00 EUR erhielt, also arbeitstäglich deutlich mehr als den nach der Regelung des § 3 Nr. 16 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c EStG steuerfreien Pauschbetrag von 6,00 EUR (nämlich gerundet 11,05 EUR). Legt man den maximalen steuerfreien Pauschbetrag von 6,00 EUR als Ausgangspunkt der Überlegung zu Grunde, hätte der Kläger an 35 Tagen arbeiten müssen. Tatsächlich hat der Monat Dezember aber nur 31 Tage. Der Umstand, dass der Arbeitgeber ab Oktober 2007 eine arbeitstägliche Pauschale von 24,00 EUR steuerfrei zahlte, was eine tägliche Abwesenheitszeit von 24 Stunden erfordert hätte, spricht nicht gegen diese Überlegung. Denn die Angaben des Klägers von April 2007 bezogen sich gerade nicht auf den Zeitraum ab Oktober 2007.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved