L 10 R 3614/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 25 R 5263/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3614/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 01.08.2017 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Erwerbsminderungsrente des Klägers zu Recht wegen einem zwischenzeitlich erfolgten Versorgungsausgleich kürzte.

Der am 1952 geborene Kläger bezieht seit 01.12.2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Wegen des im Zusammenhang mit der Scheidung seiner Ehe durchgeführten Versorgungsausgleichs berechnete die Beklagte die Rente des Klägers mit Bescheid vom 20.05.2015 ab 01.04.2015 neu und stellte eine Überzahlung fest, die zu erstatten sei. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 01.09.2015). Das sodann am 24.09.2015 angerufene Sozialgericht Stuttgart hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 01.08.2017, dem Kläger am 04.08.2017 zugestellt (vgl. Zustellungsurkunde Bl. 33 SG-Akte), abgewiesen. Mit am 11.09.2017 beim Sozialgericht durch Einwurf in den Briefkasten eingegangenem Schreiben vom 26.08.2017 hat der Kläger Berufung eingelegt. Auf den Hinweis des Senats, dass die Berufungsfrist versäumt sei, hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und geltend gemacht, ihm sei es auf Grund Krankheit (Depression) nicht möglich gewesen, die Berufung rechtzeitig einzulegen. Er sei seit längerem in Behandlung des Dr. A ...

Die Beteiligten sind zu der Absicht des Senats, durch Beschluss zu entscheiden, angehört worden.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist unzulässig.

Nach § 158 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, was nach Satz 2 der Vorschrift durch Beschluss geschehen kann, wenn sie - unter anderem - nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt ist. So liegt der Fall hier.

Gemäß § 143 SGG findet gegen Urteile der Sozialgerichte - nach § 105 SGG gilt gleiches für Gerichtsbescheide - die Berufung statt. Diese ist beim Landesozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (§ 151 Abs. 1 SGG). Nach Abs. 2 Satz 1 der genannten Vorschrift ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Diese Frist ist hier versäumt.

Nach § 63 Abs. 2 SGG wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) zugestellt. Dabei kann ein Schriftstück durch Zustellungsauftrag zugestellt werden (§ 176 Abs. 1 ZPO), wobei hierbei die Ausführung der Zustellung nach den §§ 177 bis 181 ZPO erfolgt (§ 176 Abs. 2 ZPO). Gemäß § 177 ZPO kann die Zustellung durch Aushändigung des Schriftstücks an jedem Ort vorgenommen werden, an dem der Adressat angetroffen wird. Ist eine Aushändigung an den Adressaten und auch eine Ersatzzustellung in dessen Wohnung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, bspw. an einen Familienangehörigen, nicht möglich, kann die Zustellung gemäß § 180 Satz 1 ZPO durch Einlegen des Schriftstücks in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten erfolgen. In diesem Fall gilt das Schriftstück mit der Einlegung in den Briefkasten als zugestellt (§ 180 Satz 2 ZPO).

Hier hat das Sozialgericht der Post einen Zustellungsauftrag erteilt. Da der Postbedienstete den Kläger in seiner Wohnung zur Aushändigung des Schriftstücks am 04.08.2017 nicht angetroffen hat und auch eine Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht möglich gewesen ist, hat dieser das Schriftstück ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde in den zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten eingelegt. Gemäß § 180 Satz 2 ZPO gilt das Schriftstück damit zu diesem Zeitpunkt als zugestellt.

Nach § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tage nach der Zustellung. Gemäß Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift endet eine nach Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 64 Abs. 3 SGG).

Die einmonatige Berufungsfrist hat somit am 05.08.2017 begonnen und hat am 04.09.2017 geendet. Die Berufung des Klägers ist dagegen erst am 11.09.2017 und damit nach Fristablauf bei Gericht eingegangen und somit verspätet.

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor. Nach § 67 Abs. 1 SGG ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne sein Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Kläger hat mit Schreiben vom 17.09.2017 vorgetragen, ihm sei es wegen seiner Depression, derentwegen er seit längerem in Behandlung des Dr. A. stehe, nicht möglich gewesen, die Berufung rechtzeitig einzulegen. Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Annahme, dass der Kläger ohne sein Verschulden gehindert gewesen ist, fristgemäß Berufung einzulegen. Denn Krankheit schließt Verschulden nur dann aus, wenn der Betroffene so schwer erkrankt ist, dass er nicht selbst handeln und auch keinen anderen beauftragen kann. Dass der Kläger in diesem Sinne außerstande gewesen ist, zumindest zur Fristwahrung Berufung einzulegen oder einen Dritten hiermit zu beauftragen, ist nicht ersichtlich. Denn der Kläger ist während der laufenden Berufungsfrist trotz der angegebenen Depression - wie seine unter dem 26.08.2017 gefertigte Berufungsschrift zum Ausdruck bringt - nicht derart schwer beeinträchtigt gewesen, dass er nicht mehr selbst hat handeln können. Damit liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass ein solcher Zustand ab dem Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Gerichtsbescheids über mehr als einen Monat hinweg durchgehend bestanden haben könnte. Eine unverschuldete Fristversäumnis liegt deshalb nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
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