L 13 R 3026/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 1073/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3026/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22. Juni 2017 wird verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die im Rahmen des Versorgungsausgleichs erfolgte Kürzung seiner Altersrente.

Der 1939 geborene Kläger bezieht von der Beklagten Altersrente. Er beantragte am 30. Juli 2015 die Aussetzung der Kürzung der Rente. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 31. August 2015 ab. Den hiergegen mit Schreiben vom 29. September 2015 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2016 zurück.

Mit einer an die Beklagte gerichteten E-Mail vom 18. Januar 2017 – weitergeleitet an das Sozialgericht Freiburg (SG) am 19. Januar 2017 – hat der Kläger sich gegen den Widerspruchsbescheid gewandt und die Bezahlung seiner Rente "in vollem Umfang" begehrt. Das SG hat die Klage nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 22. Juni 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei unzulässig wegen Versäumung der Klagefrist. Der Widerspruchsbescheid sei ausweislich der Verwaltungsakte der Beklagten am 2. November 2016 zur Post gegeben worden. Dass der Widerspruchsbescheid entgegen der Regelung des § 37 Abs. 2 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) tatsächlich erst nach Ablauf der Dreitagefrist dem Kläger zugegangen sei (§ 37 Abs. 2 S. 3 SGB X), sei vom Kläger selbst nicht geltend gemacht worden. Auch Gründe für eine Wiedereinsetzung seien nicht vorgetragen worden. Bei Eingang der Klage bei Gericht sei die Klagefrist danach abgelaufen gewesen.

Gegen das dem Kläger am 6. Juli 2017 per Postzustellungsurkunde zugestellte Urteil hat er mit einfacher E-Mail am 1. August 2017 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben. Als Absender ist aus der E-Mail-Adresse der Name des Klägers nicht erkennbar, sondern sie lautet auf einen Horst Hartig. Am Ende der E-Mail heißt es: "Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und trotzdem gemäß § 126 BGB – der auch für Sie gilt – unterschrieben, wofür um Verständnis gebeten wird!"

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22. Juni 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kürzung der Rente um die im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragenen Anwartschaften rückgängig zu machen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil vom 22. Juni 2017.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 24. Oktober 2017 – dem Kläger per Postzustellungsurkunde zugestellt am 26. Oktober 2017 – wurde der Kläger darauf hingewiesen, der Senat beabsichtige die Berufung gemäß § 158 SGG als unzulässig zu verwerfen. Hierauf hat der Kläger am 20. November 2017 drei E-Mails übersandt mit umfangreichen, größtenteils verfassungsrechtlichen Ausführungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 24-34 der Senatsakte verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet nach Anhörung des Klägers über die Berufung gemäß § 158 SGG durch Beschluss ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter, da die Berufung unzulässig ist und der Senat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten haben auch keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die gegen eine Entscheidung durch Beschluss sprächen.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, denn sie ist unzulässig. Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist gemäß § 151 Abs. 2 SGG auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Hiernach muss die Berufung schriftlich erfolgen, was in aller Regel typischerweise durch die eigenhändige Unterschrift des Berechtigten erfolgt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Auflage, § 151 SGG, Rn. 3a). Darüber hinaus kann die Einlegung der Berufung telegrafisch und fernschriftlich sowie durch Telefax erfolgen, nicht ausreichend aber ist eine einfache E-Mail (Leitherer, a.a.O., Rn. 3b-3f). Bezüglich des Landessozialgerichts Baden-Württemberg ist auch nicht gemäß § 65a SGG durch Rechtsverordnung die Übermittlung elektronischer Dokumente zugelassen worden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Auflage, § 65a SGG, Rn.7). Der Kläger hat trotz korrekter Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil bis zum Ablauf der Berufungsfrist keine formgerechte Berufung eingelegt. Das Urteil des SG ist ihm am 6. Juli 2017 zugestellt worden, so dass die Monatsfrist am 6. August 2017 abgelaufen ist. Die Berufungsfrist hat auch mit Zustellung des Urteils zu laufen begonnen, da das SG im Urteil richtig und vollständig über das Rechtsmittel, das Gericht, den Sitz, die einzuhaltende Frist und die zwingend zu beachtende Form belehrt hat. Eines Hinweises über die Modalitäten der schriftlichen Einlegung bedurfte es nicht (Keller, a.a.O., § 66, Rn.10). Der Kläger hat keine der zuvor dargelegten Möglichkeiten der Berufungseinlegung genutzt, sondern er hat lediglich mit einfacher E-Mail ohne qualifizierte Signatur Berufung eingelegt, was nicht den Formerfordernissen entspricht und es auch in Anbetracht aller Umstände unmöglich macht zu prüfen, ob das Schriftstück mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet werden soll. Dies gilt vorliegend insbesondere auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die beim SG und beim Berufungsgericht eingegangenen E-Mails jeweils im Absender den Namen des Klägers nicht erkennen lassen. Da der Kläger auch nach Zustellung der gerichtlichen Verfügung vom 24. Oktober 2017 bis zum Entscheidungszeitpunkt des Senates keine formgerechte Berufung eingelegt hat, kommt auch die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG nicht in Betracht. Gesundheitliche oder andere Gründe, die es dem Kläger ohne Verschulden unmöglich gemacht hätten, einen Brief mit unterschriebener Berufung zur Post aufzugeben, sind weder vorgetragen worden noch nach Aktenlage ersichtlich. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Auflage, § 193 SGG, Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass das eingelegte Rechtsmittel ohne Erfolg ist und kein berechtigter Anlass für dessen Einlegung bestanden hat. Bei einer Verwerfung eines Rechtsmittels hat das Gericht -anders als bei einer Zurückweisung (vgl. Beschluss des erkennenden Senates vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, Juris)- in Abweichung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 Rdnr. 8; Roos/Wahrendorf, Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 8; a.A. BSG, Beschluss vom 23. April 2013, B 9 V 4/12 R, veröffentlicht in Juris). Denn ein Rechtsmittel, das sich nur gegen die Kostenentscheidung richtet, hat der Gesetzgeber ausgeschlossen (Schmidt, a.a.O., § 193 SGG, Rdnr. 16 m.w.N.), womit verhindert wird, dass das Rechtsmittelgericht trotz rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache die Sach- und Rechtslage allein wegen der Kostenentscheidung zu prüfen hat und zu einer gegenüber der vorausgehenden Instanz abweichenden Auffassung gelangen kann. Eine entsprechende Situation besteht, wenn ein Rechtsmittel in der Hauptsache zwar eingelegt wird, das aber unzulässig ist. Auch dann kann dem Rechtsmittelgericht nicht allein wegen der Kostenentscheidung die Kompetenz eingeräumt sein, die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu prüfen (vgl. BSG, Beschluss vom 12. September 2011, B 14 AS 25/11 B; BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012, VI ZB 27/11; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 7. Dezember 2009, 5 So 192/09, alle veröffentlicht in Juris).

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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