Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 799/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4042/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 06.10.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1963 geborene Kläger erlernte keinen Beruf und arbeitete zuletzt bis August 2014 über einen Zeitraum von ca. 15 Jahre als Wachmann in einem Sicherheitsunternehmen. Ab Januar 2015 bezog der Kläger zunächst Krankengeld, danach Arbeitslosengeld und er ist nunmehr Empfänger von Arbeitslosengeld II.
Auf den am 25.03.2015 gestellten Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung holte die Beklagte das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. G. (VA, ärztlicher Teil, unblattiert) ein. Diesem gegenüber gab der Kläger an, seit seiner Kindheit unter wechselnd ausgeprägten Angstzuständen zu leiden. Er könne Menschenansammlungen nicht verkraften, den öffentlichen Nahverkehr zu Stoßzeiten deshalb nicht nutzen. Zu seinem Tagesablauf gab der Kläger an, wegen seiner Schmerzen früh aufzustehen. Nach dem Frühstück gehe er mit seiner Schwester und deren Hund spazieren. Er versuche, seinen Haushalt einigermaßen in Ordnung zu halten und kaufe teilweise allein, oft jedoch zusammen mit der Schwester ein. Eine Psychotherapie habe er noch nie versucht. Der Gutachter diagnostizierte bei dem Kläger eine generalisierte Angststörung, eine Agoraphobie, eine Dysthymie und eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung. Der Kläger habe keine Motivation für die notwendige und erfolgversprechende Psychotherapie (Verhaltenstherapie). Nach Ansicht des Gutachters war der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Publikumsverkehr täglich sechs Stunden und mehr in Tagesschicht auszuüben.
Auf der Grundlage dieses Gutachtens lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.07.2015 und Widerspruchsbescheid vom 17.02.2016 den Rentenantrag ab.
Der Kläger hat hiergegen am 10.03.2016 Klage zum Sozialgericht Heilbronn erhoben. Nach Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der Allgemeinmedizinerin Dr. M. (Bl. 54 SG-Akte), die auf Grund der vorhandenen Gesundheitsstörungen von starken Einschränkungen des Leistungsvermögens des Klägers ausgegangen ist, des Orthopäden Dr. M. (Bl. 49 SG-Akte), der den Kläger für leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen für vollschichtig leistungsfähig erachtet hat und des Psychiaters Dr. R. (Bl. 18 SG-Akte), welcher den Kläger für den allgemeinen Arbeitsmarkt für dauerhaft arbeitsunfähig gehalten hat, hat das Sozialgericht das nervenärztliche Gutachten der Dr. E. (Bl. 80 SG-Akte) eingeholt.
Der Kläger hat gegenüber der Sachverständigen angegeben, dass ihm die Fahrten zur Arbeit besonderen Stress bereitet hätten. Wenn es sein müsse, fahre er jedoch mit dem öffentlichen Nahverkehr. Es bestehe ein enger Kontakt zu seiner älteren Schwester. Er besuche sie täglich und verbringe viel Zeit mit ihr. Er habe manchmal auch Kontakt zu einer weitläufigen Bekannten. Am liebsten sei er alleine in der Natur. Im Moment kümmere er sich gerade um seine erkrankte Schwester und um seine Mutter. Er stehe zwischen ein und vier Uhr morgens auf und frühstücke. Vormittages fahre er mit dem öffentlichen Nahverkehr zu seiner Schwester. Dort hielten sie sich vorwiegend im Garten auf. Manchmal koche er für sich und seine Schwester. Nachmittags gehe er oft mit dem Hund der Schwester spazieren. Abends kehre er nach Hause zurück, bereite Essen zu, höre Musik und mache Ordnung. Die Sachverständige hat einen Verdacht auf eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, eine Dysthymie, eine Agoraphobie, eine nicht organische Insomnie, ein rezidivierendes HWS-Syndrom ohne neurologische Ausfälle und ein rezidivierendes LWS-Syndrom bei Protrusion L4/L5 mit rezidivierenden Lumboischialgien rechts ohne neurologische Ausfälle diagnostiziert. Unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sei der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig, d.h. acht Stunden täglich, auszuüben. Seine Wegefähigkeit sei erhalten. Der Kläger könne insbesondere den öffentlichen Personennahverkehr während der Hauptverkehrszeiten nutzen.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 06.10.2016 die Klage abgewiesen. Weder auf nervenärztlichem noch auf orthopädischem Fachgebiet ergebe sich eine quantitative Leistungsminderung. Das Sozialgericht hat sich hierbei im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. E. gestützt. Den Einschätzungen von Dr. R. und Dr. M. sei nicht zu folgen.
Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.11.2016 Berufung eingelegt. Er habe psychische Probleme, die eine quantitative Leistungsminderung bedingten. Die Sachverständige Dr. E. habe selbst ihre Diagnose in Frage gestellt und auf weitere medizinische Ermittlungen hingewiesen, die jedoch nicht durchgeführt worden seien. Eine Wegefähigkeit sei bei ihm nicht vorhanden. Er meide Menschenmassen und damit auch den öffentlichen Nahverkehr zu Hauptverkehrszeiten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 06.10.2016 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheides vom 23.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016 die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI ab dem 01.03.2015 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren, die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid und die sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. E. (Bl. 55 LSG-Akte).
Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Allgemeinmediziners, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. K. eingeholt (Bl. 36 LSG-Akte). Diesem gegenüber hat der Kläger angegeben, zwischen zwei und drei Uhr nachts aufzustehen. Dann könne er wenigstens auf die Straße gehen, weil nicht so viel los sei. Er besuche seine Schwester und versuche, ihr zu helfen, indem er z.B. mit dem Hund spazieren gehe. Er sei meist den ganzen Tag bei ihr, erledige Einkäufe und Behördengänge mit dieser. Er gehe gerne in die Natur, weit weg von Menschen. Der Sachverständige hat ein organisches Psychosyndrom, eine organische Persönlichkeitsstörung, eine Dysthymia, ein chronisches Schmerzsyndrom mit psychischen und somatischen Faktoren, eine generalisierte Angststörung, eine soziale Phobie und eine Agoraphobie diagnostiziert. Der Kläger sei auf Grund der Dysthymie und des organischen Psychosyndroms lediglich in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen nur noch weniger als drei Stunden täglich zu verrichten. Ihm sei auf Grund der Phobie die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs während der Hauptverkehrszeiten nicht möglich.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn der Bescheid vom 23.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser ist trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihm steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.
Das Sozialgericht hat die rechtlichen Grundlagen der geltend gemachten Ansprüche nach § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) im Einzelnen dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen in der Lage ist, zumindest körperlich leichte berufliche Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen ist weder volle noch teilweise Erwerbsminderung gegeben. Das Sozialgericht ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass die bei dem Kläger vorliegenden Beeinträchtigungen auf nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet keine quantitative Leistungsminderung zur Folge haben. Insoweit sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Das Sozialgericht hat sich bei seiner Einschätzung zu Recht auf das Gutachten von Dr. E. gestützt. Auch der Senat schließt sich den Ausführungen der Sachverständigen an, da diese überzeugend dargelegt hat, dass die von ihr beschriebenen funktionellen Beeinträchtigungen nicht zu einer quantitativen Leistungsminderung führen.
Zwar hat der Kläger (auch) gegenüber ihr umfangreiche Beschwerden geltend gemacht, insbesondere Depressionen, Gedächtniseinbußen, Schlafstörungen, diverse Ängste, insbesondere vor Menschenansammlungen (Bl. 85 f. SG-Akte). Diese haben sich aber in dem von Dr. E. erhobenen Befund (Bl. 88 f. SG-Akte) im Wesentlichen (was rentenrelevante Beeinträchtigungen anbelangt) nicht bestätigt. Trotz angegebener Schlafstörungen (drei bis vier Stunden Schlafdauer, Bl. 86 SG-Akte) und ohne Schlaf am Tag (Gutachten Dr. K. , Bl. 86 LSG-Akte) ist der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. E. geistesgegenwärtig und wach gewesen, seine Vigilanz und Aufmerksamkeit sind ungestört gewesen, ebenso wie die mnestischen Funktionen. Dr. E. hat lediglich eine gereizte, teilweise aggressive Stimmung und eine eingeschränkte affektive Schwingungsfähigkeit festgestellt. Diesem weitgehend unauffälligen Befund entspricht auch der von dem Kläger wiedergegebene Tagesablauf (Bl. 87 SG-Akte), wonach er trotz seiner Ängste in der Lage ist, täglich seine ältere Schwester, zu der er einen engen Kontakt pflegt (Bl. 85 SG-Akte), mit dem öffentlichen Nahverkehr zu besuchen. So hat er selbst angegeben, "wenn es sein müsse" (Bl. 85 SG-Akte) mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Der Kläger verbringt oft den ganzen Tag mit der Schwester, geht oft mit dem Hund der Schwester spazieren und kocht auch manchmal für beide. Zum Untersuchungszeitpunkt hat er sich nicht nur um die Schwester, sondern auch um seine Mutter gekümmert (Bl. 86 SG-Akte). Darüber hinaus pflegt er Kontakt zu einer weitläufigen Bekannten und geht in der Natur spazieren. Seinen Haushalt macht der Kläger selbst (Essenszubereitung, "Ordnung machen", Bl. 87 SG-Akte). Überzeugend ist die Sachverständige Dr. E. deshalb zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger noch in der Lage ist, eine leichte Tätigkeit täglich zumindest sechs Stunden zu verrichten.
Zutreffend hat die Beratungsärztin Dr. E. im Übrigen darauf hingewiesen, dass eine regelmäßige Behandlung durch Dr. R. nur einmal pro Quartal erfolgt (Bl. 85 SG-Akte), ein wesentlicher Leidensdruck also hieraus nicht ableitbar ist (Bl. 55 LSG-Akte). Darüber hinaus leidet der Kläger unter der von ihm geschilderten psychischen Symptomatik bereits seit seiner Kindheit, war aber trotzdem in der Lage, zuletzt ca. 15 Jahre vollschichtig als Wachmann in Nachtschicht zu arbeiten (so überzeugend Dr. E. , Bl. 103 SG-Akte, Dr. E. , Bl. 55R LSG-Akte).
Auch aus dem vom Kläger vorgelegten Attest des Dr. R. (Bl. 3 LSG-Akte), das im Wesentlichen den Ausführungen seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Sozialgericht entspricht (Bl. 18 SG-Akte), ergibt sich keine andere Beurteilung des Leistungsvermögens. So hat Dr. R. zwar den Kläger auf Grund "seiner chronischen psychischen Erkrankung" auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für nicht mehr belastbar erachtet. Dass der behandelnde Arzt das prozessuale Begehren stützt, ist hingegen kein durchschlagender Gesichtspunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsminderung. Denn maßgebend für die Überzeugungsbildung des Senats ist nicht die Auffassung der einzelnen behandelnden Ärzte, sondern maßgebend sind die jeweils erhobenen Befunde, die medizinisch fundierte Darstellung deren funktioneller Auswirkungen und die begründete Beschreibung des verbliebenen Leistungsvermögens. Dr. R. hat aber im Rahmen seines Attests und seiner sachverständigen Zeugenauskunft weder Befunde mitgeteilt, die seine Einschätzung stützen (so zutreffend auch Dr. E. , Bl. 55 LSG-Akte), noch seine Leistungsbeurteilung begründet, so dass die Ausführungen von Dr. R. - sowohl in seiner sachverständigen Zeugenauskunft als auch im vorgelegten Attest - nicht Grundlage für die Überzeugungsbildung des Senats sein können. Seine Einschätzung ist vielmehr durch das Gutachten von Dr. E. wiederlegt. Gleiches gilt für die Ausführungen von Dr. M. gegenüber dem Sozialgericht.
Soweit der Kläger beanstandet, dass die Sachverständige Dr. E. lediglich den Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung geäußert habe (Bl. 92 SG-Akte) und eine Aufklärung dieser Verdachtsdiagnose durch das Sozialgericht nicht erfolgt sei, steht dies der Schlüssigkeit des Gutachtens nicht entgegen. Denn im Rahmen der Prüfung von Erwerbsminderung kommt es nicht so sehr auf eine bestimmte Diagnosestellung an, sondern auf die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen (BSG, Beschluss vom 28.02.2017, B 13 R 37/16 BH, in juris), also auf die durch die Gesundheitsstörungen verursachten funktionellen Beeinträchtigungen. Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass Dr. E. die Verdachtsdiagnose einer Persönlichkeitsstörung im Hinblick darauf gestellt, hat, dass die beim Kläger vorhandenen psychischen Beeinträchtigungen seit der Kindheit bestehen (Bl. 100 SG-Akte). Da hier ein Rentenanspruch ab März 2015 im Streit steht, kommt es auf den Beginn der Beeinträchtigungen und deren von Dr. E. vermutete Ursache (Persönlichkeitsstörung) nicht an. Die tatsächlichen funktionellen Beeinträchtigungen, die auf ihrem Fachgebiet beim Kläger bestehen, hat Dr. E. aber ihrer Leistungsbeurteilung zu Grunde gelegt (Bl. 101 SG-Akte), So hat die Sachverständige dargelegt, dass der Kläger in der Fähigkeit, sich an Regeln und Routinen anzupassen, seiner Flexibilität und Umstellungsfähigkeit, seiner Durchhaltefähigkeit, seiner Kontaktfähigkeit zu Dritten und seiner Gruppenfähigkeit mittelschwer, in Hinblick auf seine Fähigkeit zur Aufnahme und Aufrechterhaltung familiärer Beziehungen, zur Strukturierung und Planung von Aufgaben, sowie in seiner Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit leicht beeinträchtigt ist. Hieraus hat Dr. E. aber nachvollziehbar lediglich qualitative Einschränkungen abgeleitet (Einzelarbeitsplatz ohne besondere Anforderungen an Sozialkontakte, ohne Zeitdruck, möglichst in Tagschicht, Bl. 101 SG-Akte), die diesen Beeinträchtigungen ausreichend Rechnung tragen.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sowohl Dr. K. (Bl. 47 LSG-Akte) als auch Dr. G. (VA, medizinischer Teil, unblattiert, S. 7 des Gutachtens) zwar eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, beide Gutachter hieraus aber gerade keine quantitative Leistungsminderung abgeleitet haben. So hat Dr. K. die von ihm vorgenommene Einschätzung des Leistungsvermögens mit den sich aus der Dysthymie und dem organischen Psychosyndrom ergebenden funktionellen Beeinträchtigungen begründet (Bl. 50 LSG-Akte). Dr. G. hat, wie Dr. E. , unter Berücksichtigung weiterer funktioneller Beeinträchtigungen lediglich qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens formuliert (VA, medizinischer Teil, unblattiert, S. 7 f. des Gutachtens).
Der Leistungseinschätzung des Sachverständigen Dr. K. folgt der Senat nicht.
Dr. K. hat seine Einschätzung eines geminderten quantitativen Leistungsvermögens hauptsächlich auf das von ihm u.a. diagnostizierte organische Psychosyndrom und die Dysthymie zurückgeführt. Aus der sozialen Phobie und der Persönlichkeitsstörung hat er lediglich qualitative Einschränkungen abgeleitet, von denen auch Dr. E. (s.o.) ausgeht. Seiner Ansicht nach ergeben sich aus dem organischen Psychosyndrom funktionelle Beeinträchtigungen in Form von (deutlichen, Bl. 49 LSG-Akte) kognitiven und mnestischen Defiziten und aus der Dysthymie (erhebliche, Bl. 49 LSG-Akte) Einschränkungen von Aufmerksamkeit, Konzentration und Durchhaltevermögen, woraus insgesamt eine zeitliche Leistungseinschränkung von weniger als drei Stunden resultiere (Bl. 50 LSG-Akte). Diese, von ihm zur Begründung einer quantitativen Leistungseinschränkung angenommenen funktionellen Beeinträchtigungen liegen beim Kläger allerdings nach der eigenen Befunderhebung des Sachverständigen gar nicht vor. "Aufmerksamkeit, Konzentration und Mnestik" des Klägers waren vielmehr "ungestört" (Bl. 43 LSG-Akte). Kognitive Defizite hat der Sachverständige im Rahmen der klinischen Untersuchung zwar angeführt, sie aber als "leicht" bewertet (Bl. 43 LSG-Akte), was im Gegensatz zu bei der Leistungsbeurteilung angenommenen "deutlichen" Defiziten steht. Hinweise auf eine Einschränkung des Durchhaltevermögens finden sich im gesamten klinischen Befund des Dr. K. nicht. Vielmehr ist der Kläger wach, allseits orientiert und - wie erwähnt - ohne Einschränkung von Aufmerksamkeit, Konzentration und Mnestik gewesen (Bl. 43 LSG-Akte). Über eine Einschränkung seines Durchhaltevermögens hat der Kläger noch nicht einmal selbst berichtet (vgl. Bl. 38 LSG-Akte).
Soweit Dr. K. Auffälligkeiten in den durchgeführten psychometrischen Testverfahren beschrieben hat, hat er eine Korrelation mit der klinischen Untersuchung lediglich in Bezug auf die von ihm aus der angenommenen Persönlichkeitsstörung abgeleiteten qualitativen Einschränkungen gesehen. Hinweise auf eine Einschränkung der von ihm zur Begründung einer zeitlichen Leistungseinschränkung angenommenen kognitiven und mnestischen Fähigkeiten sowie des Durchhaltevermögens finden sich in seiner Auswertung wiederum nicht. Der in der Testung aufgefallenen Einschränkung visuokonstruktiver Fähigkeiten (Bl. 44, 49 LSG-Akte) kommt nach Einschätzung von Dr. K. lediglich die Bedeutung einer qualitativen Einschränkung beim Wiedererkennen bzw. Zu- oder Einordnen geometrischer Formen oder Muster zu (so ausdrücklich Bl. 49 LSG-Akte), also keine Relevanz für das zeitliche Leistungsvermögen.
Im Ergebnis legt Dr. K. somit für die Begründung einer zeitlichen Leistungseinschränkung funktionelle Defizite zu Grunde, die beim Kläger nach der eigenen Befunderhebung des Sachverständigen gerade nicht vorliegen. Darüber hinaus hat Dr. K. die aus der Tagesstruktur und dem - nur spärlich erhobenen - Tagesablauf des Klägers ableitbaren Fähigkeiten (Spazierengehen, ganztags Aufenthalt bei der Schwester, hilft ihr, macht mit ihr zusammen Einkäufe und Behördengänge) nicht berücksichtigt und auch nicht mit den entsprechenden, allerdings ausführlicheren Angaben des Klägers bei Dr. E. abgeglichen. Wie bereits dargelegt, lässt sich aus den hieraus erkennbaren tatsächlichen Fähigkeiten des Klägers gerade keine zeitliche Leistungseinschränkung ableiten.
Soweit der Kläger im Hinblick auf die von Dr. K. gestellten Diagnosen organisches Psychosyndrom und organgische Persönlichkeitsstörung eine "neurologische Zusatzuntersuchung" zur konkreten Benennung der neurologischen Schädigung des Gehirns für erforderlich hält, folgt dem der Senat nicht, da wesentlich für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers - wie erwähnt - die funktionellen Beeinträchtigungen und nicht die Ursachen dieser Beeinträchtigungen sind. Aus der Persönlichkeitsstörung hat Dr. K. jedoch selbst keine rentenrechtlich relevanten Leistungsbeeinträchtigungen hergeleitet und die von Dr. K. aus dem Psychosyndrom abgeleiteten funktionellen Beeinträchtigungen liegen tatsächlich nicht vor.
Zu Gunsten des Klägers und in Ergänzung der Ausführungen des Sozialgerichts legt der Senat sämtliche in den Gutachten der Dr. E. und des Dr. G. und der sachverständigen Zeugenauskunft des Orthopäden Dr. M. genannten qualitativen Einschränkungen bei der Ausübung leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu Grunde. Zusammenfassend sind dem Kläger Tätigkeiten zuzumuten, die ihm einen eigenen Verantwortungsbereich (Dr. E. , Bl. 102 SG-Akte) zuweisen. Nicht zumutbar sind hingegen Tätigkeiten in Verbindung mit massivem Druck von außen (Dr. E. , Bl. 102 SG-Akte) bzw. unter Zeitdruck oder mit Publikumsverkehr (Dr. G. , VA medizinischer Teil, unblattiert, S. 8 des Gutachtens), häufigem schweren Heben, Steigen auf Leitern und Gerüste, Nässe oder Zugluft (Dr. Mayer, Bl. 49 SG-Akte). In Bezug auf die erwähnten Einschränkungen visuokonstruktiven Fähigkeiten hat Dr. K. nur das Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen (Bl. 50/51 LSG-Akte)
Der Kläger kann daher zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Er ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich. Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Allerdings kann nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Risikos, das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung.
Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen.
Zutreffend ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die Wegefähigkeit des Klägers - insbesondere auf Grund der Agoraphobie - nicht eingeschränkt ist und sich hierbei auf die Ausführungen der Sachverständigen Dr. E. (Bl. 102 f. SG-Akte) gestützt, wonach der Kläger auch während der Hauptverkehrszeiten in der Lage ist, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen. So hat der Kläger gegenüber Dr. E. zwar angegeben, dass ihn die Fahrt zur Arbeit - wegen der "Menschenmassen" (vgl. Bl. 38 LSG-Akte) - in der Vergangenheit gestresst habe, er aber auch heute "wenn es sein müsse, mit öffentlichen Verkehrsmitteln" fahren könne (Bl. 85 SG-Akte). Dem entsprechend nutzte der führerscheinlose Kläger auch im Rahmen seiner 15jährigen Tätigkeit als Nachtwächter den Nahverkehr, konnte mithin trotz der "Menschenmassen" auf diesem Weg (Gutachten Dr. K. , Bl. 38 LSG-Akte) zur Arbeit und zurück gelangen, worauf Dr. E. zutreffend hingewiesen hat (Bl. 55R LSG-Akte). Grund für die Aufgabe seiner letzten Tätigkeit war nach Angaben des Klägers auch nicht die mangelnde Fähigkeit, den Ort der Tätigkeit aufzusuchen, sondern die Verschärfung seiner Schlafprobleme durch die Nachtschichten, weshalb er "zunehmend keine Energie" mehr gehabt habe und "zunehmen[d] gereizt" gewesen sei (Bl. 85 SG-Akte). Gegenüber Dr. K. hat der Kläger angegeben, dass er seit der Aufgabe seiner Tätigkeit die Menschenmassen auf dem Weg zur Arbeit nicht mehr "ertragen" müsse (Bl. 38 LSG-Akte). Dies zeigt ebenfalls, dass er hierzu aber trotz der damit auftretenden Probleme, wenn es sein muss, in der Lage ist. Darüber hinaus hat der Kläger angegeben, das Medikament Tavor einzunehmen, wenn der Kontakt mit Menschenansammlungen bevorsteht (Bl. 86 SG-Akte). Jedenfalls mit diesem Medikament ist der Kläger in der Lage, zu Hauptverkehrszeiten den Nahverkehr zu nutzen. Ferner besucht der Kläger seine Schwester mit dem öffentlichen Nahverkehr (Gutachten Dr. E. , Bl. 87 SG-Akte). Dr. K. hat seine gegenteilige Einschätzung (Bl. 50 LSG-Akte) schließlich nicht näher begründet, sondern lediglich die Angaben des Klägers ihm gegenüber - ohne jene gegenüber Dr. E. einzubeziehen - zu Grunde gelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1963 geborene Kläger erlernte keinen Beruf und arbeitete zuletzt bis August 2014 über einen Zeitraum von ca. 15 Jahre als Wachmann in einem Sicherheitsunternehmen. Ab Januar 2015 bezog der Kläger zunächst Krankengeld, danach Arbeitslosengeld und er ist nunmehr Empfänger von Arbeitslosengeld II.
Auf den am 25.03.2015 gestellten Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung holte die Beklagte das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. G. (VA, ärztlicher Teil, unblattiert) ein. Diesem gegenüber gab der Kläger an, seit seiner Kindheit unter wechselnd ausgeprägten Angstzuständen zu leiden. Er könne Menschenansammlungen nicht verkraften, den öffentlichen Nahverkehr zu Stoßzeiten deshalb nicht nutzen. Zu seinem Tagesablauf gab der Kläger an, wegen seiner Schmerzen früh aufzustehen. Nach dem Frühstück gehe er mit seiner Schwester und deren Hund spazieren. Er versuche, seinen Haushalt einigermaßen in Ordnung zu halten und kaufe teilweise allein, oft jedoch zusammen mit der Schwester ein. Eine Psychotherapie habe er noch nie versucht. Der Gutachter diagnostizierte bei dem Kläger eine generalisierte Angststörung, eine Agoraphobie, eine Dysthymie und eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung. Der Kläger habe keine Motivation für die notwendige und erfolgversprechende Psychotherapie (Verhaltenstherapie). Nach Ansicht des Gutachters war der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Publikumsverkehr täglich sechs Stunden und mehr in Tagesschicht auszuüben.
Auf der Grundlage dieses Gutachtens lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.07.2015 und Widerspruchsbescheid vom 17.02.2016 den Rentenantrag ab.
Der Kläger hat hiergegen am 10.03.2016 Klage zum Sozialgericht Heilbronn erhoben. Nach Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der Allgemeinmedizinerin Dr. M. (Bl. 54 SG-Akte), die auf Grund der vorhandenen Gesundheitsstörungen von starken Einschränkungen des Leistungsvermögens des Klägers ausgegangen ist, des Orthopäden Dr. M. (Bl. 49 SG-Akte), der den Kläger für leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen für vollschichtig leistungsfähig erachtet hat und des Psychiaters Dr. R. (Bl. 18 SG-Akte), welcher den Kläger für den allgemeinen Arbeitsmarkt für dauerhaft arbeitsunfähig gehalten hat, hat das Sozialgericht das nervenärztliche Gutachten der Dr. E. (Bl. 80 SG-Akte) eingeholt.
Der Kläger hat gegenüber der Sachverständigen angegeben, dass ihm die Fahrten zur Arbeit besonderen Stress bereitet hätten. Wenn es sein müsse, fahre er jedoch mit dem öffentlichen Nahverkehr. Es bestehe ein enger Kontakt zu seiner älteren Schwester. Er besuche sie täglich und verbringe viel Zeit mit ihr. Er habe manchmal auch Kontakt zu einer weitläufigen Bekannten. Am liebsten sei er alleine in der Natur. Im Moment kümmere er sich gerade um seine erkrankte Schwester und um seine Mutter. Er stehe zwischen ein und vier Uhr morgens auf und frühstücke. Vormittages fahre er mit dem öffentlichen Nahverkehr zu seiner Schwester. Dort hielten sie sich vorwiegend im Garten auf. Manchmal koche er für sich und seine Schwester. Nachmittags gehe er oft mit dem Hund der Schwester spazieren. Abends kehre er nach Hause zurück, bereite Essen zu, höre Musik und mache Ordnung. Die Sachverständige hat einen Verdacht auf eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, eine Dysthymie, eine Agoraphobie, eine nicht organische Insomnie, ein rezidivierendes HWS-Syndrom ohne neurologische Ausfälle und ein rezidivierendes LWS-Syndrom bei Protrusion L4/L5 mit rezidivierenden Lumboischialgien rechts ohne neurologische Ausfälle diagnostiziert. Unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sei der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig, d.h. acht Stunden täglich, auszuüben. Seine Wegefähigkeit sei erhalten. Der Kläger könne insbesondere den öffentlichen Personennahverkehr während der Hauptverkehrszeiten nutzen.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 06.10.2016 die Klage abgewiesen. Weder auf nervenärztlichem noch auf orthopädischem Fachgebiet ergebe sich eine quantitative Leistungsminderung. Das Sozialgericht hat sich hierbei im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. E. gestützt. Den Einschätzungen von Dr. R. und Dr. M. sei nicht zu folgen.
Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.11.2016 Berufung eingelegt. Er habe psychische Probleme, die eine quantitative Leistungsminderung bedingten. Die Sachverständige Dr. E. habe selbst ihre Diagnose in Frage gestellt und auf weitere medizinische Ermittlungen hingewiesen, die jedoch nicht durchgeführt worden seien. Eine Wegefähigkeit sei bei ihm nicht vorhanden. Er meide Menschenmassen und damit auch den öffentlichen Nahverkehr zu Hauptverkehrszeiten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 06.10.2016 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheides vom 23.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016 die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI ab dem 01.03.2015 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren, die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid und die sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. E. (Bl. 55 LSG-Akte).
Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Allgemeinmediziners, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. K. eingeholt (Bl. 36 LSG-Akte). Diesem gegenüber hat der Kläger angegeben, zwischen zwei und drei Uhr nachts aufzustehen. Dann könne er wenigstens auf die Straße gehen, weil nicht so viel los sei. Er besuche seine Schwester und versuche, ihr zu helfen, indem er z.B. mit dem Hund spazieren gehe. Er sei meist den ganzen Tag bei ihr, erledige Einkäufe und Behördengänge mit dieser. Er gehe gerne in die Natur, weit weg von Menschen. Der Sachverständige hat ein organisches Psychosyndrom, eine organische Persönlichkeitsstörung, eine Dysthymia, ein chronisches Schmerzsyndrom mit psychischen und somatischen Faktoren, eine generalisierte Angststörung, eine soziale Phobie und eine Agoraphobie diagnostiziert. Der Kläger sei auf Grund der Dysthymie und des organischen Psychosyndroms lediglich in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen nur noch weniger als drei Stunden täglich zu verrichten. Ihm sei auf Grund der Phobie die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs während der Hauptverkehrszeiten nicht möglich.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn der Bescheid vom 23.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser ist trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihm steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.
Das Sozialgericht hat die rechtlichen Grundlagen der geltend gemachten Ansprüche nach § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) im Einzelnen dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen in der Lage ist, zumindest körperlich leichte berufliche Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen ist weder volle noch teilweise Erwerbsminderung gegeben. Das Sozialgericht ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass die bei dem Kläger vorliegenden Beeinträchtigungen auf nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet keine quantitative Leistungsminderung zur Folge haben. Insoweit sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Das Sozialgericht hat sich bei seiner Einschätzung zu Recht auf das Gutachten von Dr. E. gestützt. Auch der Senat schließt sich den Ausführungen der Sachverständigen an, da diese überzeugend dargelegt hat, dass die von ihr beschriebenen funktionellen Beeinträchtigungen nicht zu einer quantitativen Leistungsminderung führen.
Zwar hat der Kläger (auch) gegenüber ihr umfangreiche Beschwerden geltend gemacht, insbesondere Depressionen, Gedächtniseinbußen, Schlafstörungen, diverse Ängste, insbesondere vor Menschenansammlungen (Bl. 85 f. SG-Akte). Diese haben sich aber in dem von Dr. E. erhobenen Befund (Bl. 88 f. SG-Akte) im Wesentlichen (was rentenrelevante Beeinträchtigungen anbelangt) nicht bestätigt. Trotz angegebener Schlafstörungen (drei bis vier Stunden Schlafdauer, Bl. 86 SG-Akte) und ohne Schlaf am Tag (Gutachten Dr. K. , Bl. 86 LSG-Akte) ist der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. E. geistesgegenwärtig und wach gewesen, seine Vigilanz und Aufmerksamkeit sind ungestört gewesen, ebenso wie die mnestischen Funktionen. Dr. E. hat lediglich eine gereizte, teilweise aggressive Stimmung und eine eingeschränkte affektive Schwingungsfähigkeit festgestellt. Diesem weitgehend unauffälligen Befund entspricht auch der von dem Kläger wiedergegebene Tagesablauf (Bl. 87 SG-Akte), wonach er trotz seiner Ängste in der Lage ist, täglich seine ältere Schwester, zu der er einen engen Kontakt pflegt (Bl. 85 SG-Akte), mit dem öffentlichen Nahverkehr zu besuchen. So hat er selbst angegeben, "wenn es sein müsse" (Bl. 85 SG-Akte) mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Der Kläger verbringt oft den ganzen Tag mit der Schwester, geht oft mit dem Hund der Schwester spazieren und kocht auch manchmal für beide. Zum Untersuchungszeitpunkt hat er sich nicht nur um die Schwester, sondern auch um seine Mutter gekümmert (Bl. 86 SG-Akte). Darüber hinaus pflegt er Kontakt zu einer weitläufigen Bekannten und geht in der Natur spazieren. Seinen Haushalt macht der Kläger selbst (Essenszubereitung, "Ordnung machen", Bl. 87 SG-Akte). Überzeugend ist die Sachverständige Dr. E. deshalb zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger noch in der Lage ist, eine leichte Tätigkeit täglich zumindest sechs Stunden zu verrichten.
Zutreffend hat die Beratungsärztin Dr. E. im Übrigen darauf hingewiesen, dass eine regelmäßige Behandlung durch Dr. R. nur einmal pro Quartal erfolgt (Bl. 85 SG-Akte), ein wesentlicher Leidensdruck also hieraus nicht ableitbar ist (Bl. 55 LSG-Akte). Darüber hinaus leidet der Kläger unter der von ihm geschilderten psychischen Symptomatik bereits seit seiner Kindheit, war aber trotzdem in der Lage, zuletzt ca. 15 Jahre vollschichtig als Wachmann in Nachtschicht zu arbeiten (so überzeugend Dr. E. , Bl. 103 SG-Akte, Dr. E. , Bl. 55R LSG-Akte).
Auch aus dem vom Kläger vorgelegten Attest des Dr. R. (Bl. 3 LSG-Akte), das im Wesentlichen den Ausführungen seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Sozialgericht entspricht (Bl. 18 SG-Akte), ergibt sich keine andere Beurteilung des Leistungsvermögens. So hat Dr. R. zwar den Kläger auf Grund "seiner chronischen psychischen Erkrankung" auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für nicht mehr belastbar erachtet. Dass der behandelnde Arzt das prozessuale Begehren stützt, ist hingegen kein durchschlagender Gesichtspunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsminderung. Denn maßgebend für die Überzeugungsbildung des Senats ist nicht die Auffassung der einzelnen behandelnden Ärzte, sondern maßgebend sind die jeweils erhobenen Befunde, die medizinisch fundierte Darstellung deren funktioneller Auswirkungen und die begründete Beschreibung des verbliebenen Leistungsvermögens. Dr. R. hat aber im Rahmen seines Attests und seiner sachverständigen Zeugenauskunft weder Befunde mitgeteilt, die seine Einschätzung stützen (so zutreffend auch Dr. E. , Bl. 55 LSG-Akte), noch seine Leistungsbeurteilung begründet, so dass die Ausführungen von Dr. R. - sowohl in seiner sachverständigen Zeugenauskunft als auch im vorgelegten Attest - nicht Grundlage für die Überzeugungsbildung des Senats sein können. Seine Einschätzung ist vielmehr durch das Gutachten von Dr. E. wiederlegt. Gleiches gilt für die Ausführungen von Dr. M. gegenüber dem Sozialgericht.
Soweit der Kläger beanstandet, dass die Sachverständige Dr. E. lediglich den Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung geäußert habe (Bl. 92 SG-Akte) und eine Aufklärung dieser Verdachtsdiagnose durch das Sozialgericht nicht erfolgt sei, steht dies der Schlüssigkeit des Gutachtens nicht entgegen. Denn im Rahmen der Prüfung von Erwerbsminderung kommt es nicht so sehr auf eine bestimmte Diagnosestellung an, sondern auf die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen (BSG, Beschluss vom 28.02.2017, B 13 R 37/16 BH, in juris), also auf die durch die Gesundheitsstörungen verursachten funktionellen Beeinträchtigungen. Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass Dr. E. die Verdachtsdiagnose einer Persönlichkeitsstörung im Hinblick darauf gestellt, hat, dass die beim Kläger vorhandenen psychischen Beeinträchtigungen seit der Kindheit bestehen (Bl. 100 SG-Akte). Da hier ein Rentenanspruch ab März 2015 im Streit steht, kommt es auf den Beginn der Beeinträchtigungen und deren von Dr. E. vermutete Ursache (Persönlichkeitsstörung) nicht an. Die tatsächlichen funktionellen Beeinträchtigungen, die auf ihrem Fachgebiet beim Kläger bestehen, hat Dr. E. aber ihrer Leistungsbeurteilung zu Grunde gelegt (Bl. 101 SG-Akte), So hat die Sachverständige dargelegt, dass der Kläger in der Fähigkeit, sich an Regeln und Routinen anzupassen, seiner Flexibilität und Umstellungsfähigkeit, seiner Durchhaltefähigkeit, seiner Kontaktfähigkeit zu Dritten und seiner Gruppenfähigkeit mittelschwer, in Hinblick auf seine Fähigkeit zur Aufnahme und Aufrechterhaltung familiärer Beziehungen, zur Strukturierung und Planung von Aufgaben, sowie in seiner Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit leicht beeinträchtigt ist. Hieraus hat Dr. E. aber nachvollziehbar lediglich qualitative Einschränkungen abgeleitet (Einzelarbeitsplatz ohne besondere Anforderungen an Sozialkontakte, ohne Zeitdruck, möglichst in Tagschicht, Bl. 101 SG-Akte), die diesen Beeinträchtigungen ausreichend Rechnung tragen.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sowohl Dr. K. (Bl. 47 LSG-Akte) als auch Dr. G. (VA, medizinischer Teil, unblattiert, S. 7 des Gutachtens) zwar eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, beide Gutachter hieraus aber gerade keine quantitative Leistungsminderung abgeleitet haben. So hat Dr. K. die von ihm vorgenommene Einschätzung des Leistungsvermögens mit den sich aus der Dysthymie und dem organischen Psychosyndrom ergebenden funktionellen Beeinträchtigungen begründet (Bl. 50 LSG-Akte). Dr. G. hat, wie Dr. E. , unter Berücksichtigung weiterer funktioneller Beeinträchtigungen lediglich qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens formuliert (VA, medizinischer Teil, unblattiert, S. 7 f. des Gutachtens).
Der Leistungseinschätzung des Sachverständigen Dr. K. folgt der Senat nicht.
Dr. K. hat seine Einschätzung eines geminderten quantitativen Leistungsvermögens hauptsächlich auf das von ihm u.a. diagnostizierte organische Psychosyndrom und die Dysthymie zurückgeführt. Aus der sozialen Phobie und der Persönlichkeitsstörung hat er lediglich qualitative Einschränkungen abgeleitet, von denen auch Dr. E. (s.o.) ausgeht. Seiner Ansicht nach ergeben sich aus dem organischen Psychosyndrom funktionelle Beeinträchtigungen in Form von (deutlichen, Bl. 49 LSG-Akte) kognitiven und mnestischen Defiziten und aus der Dysthymie (erhebliche, Bl. 49 LSG-Akte) Einschränkungen von Aufmerksamkeit, Konzentration und Durchhaltevermögen, woraus insgesamt eine zeitliche Leistungseinschränkung von weniger als drei Stunden resultiere (Bl. 50 LSG-Akte). Diese, von ihm zur Begründung einer quantitativen Leistungseinschränkung angenommenen funktionellen Beeinträchtigungen liegen beim Kläger allerdings nach der eigenen Befunderhebung des Sachverständigen gar nicht vor. "Aufmerksamkeit, Konzentration und Mnestik" des Klägers waren vielmehr "ungestört" (Bl. 43 LSG-Akte). Kognitive Defizite hat der Sachverständige im Rahmen der klinischen Untersuchung zwar angeführt, sie aber als "leicht" bewertet (Bl. 43 LSG-Akte), was im Gegensatz zu bei der Leistungsbeurteilung angenommenen "deutlichen" Defiziten steht. Hinweise auf eine Einschränkung des Durchhaltevermögens finden sich im gesamten klinischen Befund des Dr. K. nicht. Vielmehr ist der Kläger wach, allseits orientiert und - wie erwähnt - ohne Einschränkung von Aufmerksamkeit, Konzentration und Mnestik gewesen (Bl. 43 LSG-Akte). Über eine Einschränkung seines Durchhaltevermögens hat der Kläger noch nicht einmal selbst berichtet (vgl. Bl. 38 LSG-Akte).
Soweit Dr. K. Auffälligkeiten in den durchgeführten psychometrischen Testverfahren beschrieben hat, hat er eine Korrelation mit der klinischen Untersuchung lediglich in Bezug auf die von ihm aus der angenommenen Persönlichkeitsstörung abgeleiteten qualitativen Einschränkungen gesehen. Hinweise auf eine Einschränkung der von ihm zur Begründung einer zeitlichen Leistungseinschränkung angenommenen kognitiven und mnestischen Fähigkeiten sowie des Durchhaltevermögens finden sich in seiner Auswertung wiederum nicht. Der in der Testung aufgefallenen Einschränkung visuokonstruktiver Fähigkeiten (Bl. 44, 49 LSG-Akte) kommt nach Einschätzung von Dr. K. lediglich die Bedeutung einer qualitativen Einschränkung beim Wiedererkennen bzw. Zu- oder Einordnen geometrischer Formen oder Muster zu (so ausdrücklich Bl. 49 LSG-Akte), also keine Relevanz für das zeitliche Leistungsvermögen.
Im Ergebnis legt Dr. K. somit für die Begründung einer zeitlichen Leistungseinschränkung funktionelle Defizite zu Grunde, die beim Kläger nach der eigenen Befunderhebung des Sachverständigen gerade nicht vorliegen. Darüber hinaus hat Dr. K. die aus der Tagesstruktur und dem - nur spärlich erhobenen - Tagesablauf des Klägers ableitbaren Fähigkeiten (Spazierengehen, ganztags Aufenthalt bei der Schwester, hilft ihr, macht mit ihr zusammen Einkäufe und Behördengänge) nicht berücksichtigt und auch nicht mit den entsprechenden, allerdings ausführlicheren Angaben des Klägers bei Dr. E. abgeglichen. Wie bereits dargelegt, lässt sich aus den hieraus erkennbaren tatsächlichen Fähigkeiten des Klägers gerade keine zeitliche Leistungseinschränkung ableiten.
Soweit der Kläger im Hinblick auf die von Dr. K. gestellten Diagnosen organisches Psychosyndrom und organgische Persönlichkeitsstörung eine "neurologische Zusatzuntersuchung" zur konkreten Benennung der neurologischen Schädigung des Gehirns für erforderlich hält, folgt dem der Senat nicht, da wesentlich für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers - wie erwähnt - die funktionellen Beeinträchtigungen und nicht die Ursachen dieser Beeinträchtigungen sind. Aus der Persönlichkeitsstörung hat Dr. K. jedoch selbst keine rentenrechtlich relevanten Leistungsbeeinträchtigungen hergeleitet und die von Dr. K. aus dem Psychosyndrom abgeleiteten funktionellen Beeinträchtigungen liegen tatsächlich nicht vor.
Zu Gunsten des Klägers und in Ergänzung der Ausführungen des Sozialgerichts legt der Senat sämtliche in den Gutachten der Dr. E. und des Dr. G. und der sachverständigen Zeugenauskunft des Orthopäden Dr. M. genannten qualitativen Einschränkungen bei der Ausübung leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu Grunde. Zusammenfassend sind dem Kläger Tätigkeiten zuzumuten, die ihm einen eigenen Verantwortungsbereich (Dr. E. , Bl. 102 SG-Akte) zuweisen. Nicht zumutbar sind hingegen Tätigkeiten in Verbindung mit massivem Druck von außen (Dr. E. , Bl. 102 SG-Akte) bzw. unter Zeitdruck oder mit Publikumsverkehr (Dr. G. , VA medizinischer Teil, unblattiert, S. 8 des Gutachtens), häufigem schweren Heben, Steigen auf Leitern und Gerüste, Nässe oder Zugluft (Dr. Mayer, Bl. 49 SG-Akte). In Bezug auf die erwähnten Einschränkungen visuokonstruktiven Fähigkeiten hat Dr. K. nur das Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen (Bl. 50/51 LSG-Akte)
Der Kläger kann daher zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Er ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich. Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Allerdings kann nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Risikos, das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung.
Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen.
Zutreffend ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die Wegefähigkeit des Klägers - insbesondere auf Grund der Agoraphobie - nicht eingeschränkt ist und sich hierbei auf die Ausführungen der Sachverständigen Dr. E. (Bl. 102 f. SG-Akte) gestützt, wonach der Kläger auch während der Hauptverkehrszeiten in der Lage ist, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen. So hat der Kläger gegenüber Dr. E. zwar angegeben, dass ihn die Fahrt zur Arbeit - wegen der "Menschenmassen" (vgl. Bl. 38 LSG-Akte) - in der Vergangenheit gestresst habe, er aber auch heute "wenn es sein müsse, mit öffentlichen Verkehrsmitteln" fahren könne (Bl. 85 SG-Akte). Dem entsprechend nutzte der führerscheinlose Kläger auch im Rahmen seiner 15jährigen Tätigkeit als Nachtwächter den Nahverkehr, konnte mithin trotz der "Menschenmassen" auf diesem Weg (Gutachten Dr. K. , Bl. 38 LSG-Akte) zur Arbeit und zurück gelangen, worauf Dr. E. zutreffend hingewiesen hat (Bl. 55R LSG-Akte). Grund für die Aufgabe seiner letzten Tätigkeit war nach Angaben des Klägers auch nicht die mangelnde Fähigkeit, den Ort der Tätigkeit aufzusuchen, sondern die Verschärfung seiner Schlafprobleme durch die Nachtschichten, weshalb er "zunehmend keine Energie" mehr gehabt habe und "zunehmen[d] gereizt" gewesen sei (Bl. 85 SG-Akte). Gegenüber Dr. K. hat der Kläger angegeben, dass er seit der Aufgabe seiner Tätigkeit die Menschenmassen auf dem Weg zur Arbeit nicht mehr "ertragen" müsse (Bl. 38 LSG-Akte). Dies zeigt ebenfalls, dass er hierzu aber trotz der damit auftretenden Probleme, wenn es sein muss, in der Lage ist. Darüber hinaus hat der Kläger angegeben, das Medikament Tavor einzunehmen, wenn der Kontakt mit Menschenansammlungen bevorsteht (Bl. 86 SG-Akte). Jedenfalls mit diesem Medikament ist der Kläger in der Lage, zu Hauptverkehrszeiten den Nahverkehr zu nutzen. Ferner besucht der Kläger seine Schwester mit dem öffentlichen Nahverkehr (Gutachten Dr. E. , Bl. 87 SG-Akte). Dr. K. hat seine gegenteilige Einschätzung (Bl. 50 LSG-Akte) schließlich nicht näher begründet, sondern lediglich die Angaben des Klägers ihm gegenüber - ohne jene gegenüber Dr. E. einzubeziehen - zu Grunde gelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved