L 13 R 3926/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 298/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3926/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 8. September 2016 und der Bescheid vom 10. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2015 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin über den 30. September 2014 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren.

Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Bei der 1962 in der Türkei geborenen und gemäß ihren Angaben 1987 nach Deutschland zugezogenen Klägerin, die hier in keinem Beschäftigungsverhältnis gestanden und nur zu Hause in der Türkei auf dem Feld bei der Familie gearbeitet hat, sind für den Zeitraum vom 3. November 1981 bis 31. Dezember 2012 Pflichtbeitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung und weitere versicherungsrechtliche Zeiten anerkannt (Schwangerschaft/Mutterschutz, Kindererziehungszeiten, Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch [SGB II]). Nach Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2014 bezieht die Klägerin weiterhin Leistungen nach dem SGB II. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 13. November 2017 verwiesen.

Die Klägerin, die nicht lesen und schreiben kann, leidet u.a. unter Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet.

Auf einen Rentenantrag vom Juli 2009, den die Beklagte abgelehnt hatte, schlossen die Beteiligten im nachfolgenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Ulm (SG), Az. S 3 R 622/10, einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2014 zu gewähren. Ein entsprechender Ausführungsbescheid erging am 3. Mai 2013 (monatlicher Zahlbetrag ab 1. Juni 2013: 149,72 Euro).

Grundlage des Vergleichs war u.a. ein im Klageverfahren auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholtes Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G. vom 25. Juli 2012 (Diagnosen [D]: u.a. schwere chronifizierte Depression, anhaltende somatoforme Schmerzstörung und V.a. auf Demenz; die Klägerin sei in keiner Weise in der Lage, irgendeiner Erwerbstätigkeit nachzugehen).

Den Antrag auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung vom August 2014 (angegebene besonders belastende gesundheitliche Probleme: psychisch depressiv, Gelenkprobleme, Gleichgewichtsprobleme, hoher Blutdruck, Rücken, HWS und Sehstörungen) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Oktober 2014 und - nach Widerspruch der Klägerin, mit dem diese geltend machte, sie sei nicht in der Lage zu arbeiten - Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2015 ab. Die Klägerin sei in der Lage, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.

Grundlage der Entscheidungen der Beklagten waren u.a. ein Befundbericht des Allgemeinmediziners T. vom 29. Juli 2014 und ein Bericht des Unfallchirurgen B. vom 28. Mai 2014 sowie ein Gutachten des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. vom 2. Oktober 2014 (Untersuchung mit Dolmetscher; Diagnosen: Somatisierungsstörung, insbesondere mit somatoformen Schmerzen, Hinweis auf Anpassungsstörungen, DD: Dysthymie, Übergewicht, behandeltes Restless-Legs-Syndrom, berichteter psychogener Tremor; aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sei die Klägerin als Arbeiterin für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Nachtschicht, erhöhten Zeitdruck, sechs Stunden und mehr leistungsfähig).

Wegen der die Gewährung von Rente versagenden Entscheidung hat die Klägerin am 28. Januar 2015 Klage beim SG erhoben und geltend gemacht, ihre Gesundheitsstörungen, auf Grund derer ihr bis September 2014 Rente gewährt worden sei, hätten sich verschlechtert und es seien weitere Erkrankungen hinzugekommen. Medikamente für ihre psychischen Leiden verordne der Hausarzt.

Das SG hat als Behandler benannte Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde und (teilweise) ihre Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin haben am 7. September 2015 der Facharzt für Orthopädie, Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. K. (letzte Konsultation am 8. März 2010, aktueller Gesundheitszustand nicht bekannt), der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G. am 15. September 2015 (erste Untersuchung am 10. April 2008 und letzte Behandlung am 12. März 2010, Erstellung des Gutachtens vom 25. Juli 2012 für das SG, seitdem weder Untersuchungen, noch Behandlungen), der Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Dr. S. am 22. September 2015 (Behandlung im Zeitraum vom 28. März 2008 bis 20. Februar 2009 seitdem keine Konsultationen mehr) und Dr. A. (Praxis Allgemeinmediziner T.) am 7. Oktober 2015 (seit April 1992 regelmäßig mindestens zweimal im Monat hausärztliche Behandlung, letztmalig am 1. Oktober 2015; Dauerdiagnosen: Depressives Syndrom, arterielle Hypertonie mit hypertensiven Krisen, Gonarthrose beidseits, Restless-Legs, Zervicobrachialgie rechts, bekannte Polyarthritis, chronisches Schmerzsyndrom, Glaukom, Tinnitus; Verschlechterung der Depression, die Klägerin sei aus medizinischer Sicht derzeit nicht arbeitsfähig und nicht vermittelbar) berichtet.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ferner ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. vom 15. April 2016 eingeholt. Dieser hat die Angaben der Klägerin (übersetzt durch die Tochter) zu ihren Beschwerden und dem Tagesablauf, die Vorbefunde und die von ihm erhobenen Befunde referiert. Die psychometrischen Testverfahren (MADRS und HAMD) hätten Werte entsprechend einer schweren Depression ergeben, der SKT-Test sei auf Grund der fehlenden Alphabetisierung nur partiell zu bewerten, wobei hier eine deutliche kognitive Verlangsamung und eine massive Einschränkung der Merkfähigkeit aufgefallen sei. Die Testergebnisse deuteten weniger auf das Vorliegen einer demenziellen Erkrankung, als vielmehr auf eine pseudodemenzielle Störung im Rahmen der sehr schweren Depression hin. Der Gutachter hat die Diagnosen schwere Depression mit pseudodemenzieller Symptomatik, somatoforme Schmerzstörung sowie Polyarthrose, insbesondere Arthrose der Handgelenke und Kniegelenke, Zysten in den Mittelhandknochen, Hämorrhoiden, Z.n. Morbus Basedow, Hypertonie, erhöhter Augeninnendruck und Carpaltunnelsyndrom beidseits gestellt. Es habe sich eine schwere Depression mit Störung von Antrieb, Konzentration und Durchhaltevermögen ergeben. Zusätzlich bestünden erhebliche Störungen der Merkfähigkeit sowie eine ausgeprägte psychomotorische und kognitive Verlangsamung. Hierbei handle es sich am ehesten um eine pseudodemenzielle Symptomatik im Rahmen der schweren Depression. Die Klägerin sei auch weiterhin nicht bereit, eine indizierte antidepressive Medikation einzunehmen und regelmäßig Kontakt zu Therapeuten zu suchen. Diese Noncompliance sei jedoch nicht Ausdruck eines fehlenden Leidensdruckes, sondern vielmehr Folge kultureller und religiöser Vorurteile gegen solche Behandlungen. Die Klägerin zeige zwar vereinzelt Verdeutlichungstendenzen, dennoch sei, gerade auch bei Berücksichtigung für Untersuchungsergebnisse, davon auszugehen, dass die genannten psychischen Krankheitsbilder in der festgestellten Ausprägung tatsächlich vorlägen. Unter Berücksichtigung der Leiden sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuführen. Neben qualitativen Einschränkungen und auch bei deren Berücksichtigung sei die Klägerin nur noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten unter drei Stunden täglich zu verrichten. Auf Grund der krankheitsbedingten kognitiven Einschränkungen könne die Klägerin auch keine öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen und auch keinen PKW führen. Der Zustand bestehe mindestens seit 1. März 2015.

Die Beklagte hat an ihrer Entscheidung festgehalten und hierzu eine Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Rehabilitationswesen, Sozialmedizin B. vom Juni 2016 vorgelegt. Dieser hat unter Mitberücksichtigung der Zeugenaussagen Einwände gegen das Gutachten des Dr. K. erhoben. Dieses fuße u.a. auf psychometrischen Testverfahren, die in nicht muttersprachlichem Setting nicht validiert seien, was einen Mangel darstelle. Die angeführte Erschöpftheit, kognitive und psychomotorisch massive Verlangsamung seien zu relativieren wegen der anderen Aussage des Gutachtens von Dr. H. hinsichtlich offensichtlich vorliegender Tendenz zur Aggravation. Dass die Klägerin mit einer schweren Depression bis hin zum pseudodemenziellen Syndrom über Jahre hinweg keiner fachärztlichen Behandlung zugeführt werde, sei ebenso höchst unwahrscheinlich, wie das vom Gutachter Dr. H. dokumentierte Reiseverhalten. Schwer depressive, pseudodemenzielle Patienten mit tatsächlich vorhandener massiver psychomotorischer und kognitiver Einschränkung würden in der Regel einer stationären psychiatrischen Behandlung zugeführt und reisten nicht wiederholt in die Türkei und gingen nicht jahrelang nicht zum Nervenarzt. Er schließe sich weiterhin dem Gutachten von Dr. H. an.

Die Klägerin hat sich durch das Gutachten des Dr. K. bestätigt gesehen. Soweit sie dringend benötigte ärztliche Behandlungen nicht in Anspruch nehme, sei dies gerade Ausdruck des psychischen Krankheitsbildes. Sie habe eine förmliche Phobie Ärzten gegenüber und vernachlässige aus diesen Gründen auch die dringende hausärztliche Behandlung. Die Schlüsse des Gutachters Dr. H. basierten auf einer erschreckenden Voreingenommenheit. Wenn sie in die Türkei mitgenommen werde, stehe sie unter der Fürsorge der Verwandten, die sie begleiteten. Auf Grund der Behandlungen durch die Neurologen habe sie feststellen können, dass ihr nicht geholfen werden könne. Auch deshalb negiere sie darüber hinaus die Behandlungen.

Mit Urteil vom 8. September 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Weitergewährung einer Rente seien nicht erfüllt. Die Klägerin sei im streitigen Zeitraum seit 1. Oktober 2014 bis aktuell nicht erwerbsgemindert, da sie durchgehend mindestens sechs Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen könne, wenn auch nur unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen. Dies ergebe sich aus dem im Urkundenbeweis verwertbaren Gutachten des Dr. H ... Dieses sei schlüssig und widerspruchsfrei. Der Gutachter habe alle geschilderten Beschwerden und die aktenkundigen ärztlichen Befunde ausgewertet und sich damit auf seinem Fachgebiet auseinandergesetzt. Er habe insbesondere auch nachvollziehbar festgestellt, dass die affektive Schwingungsfähigkeit, der Antrieb und die Motorik unauffällig gewesen sei. Dies erscheine nachvollziehbar, nachdem die Klägerin bei der Begutachtung gelacht habe, sehr lebhaft und mit schnellem Redefluss kommuniziert habe, die Mimik lebhaft gewesen sei, sie sich motorisch unauffällig bewegt habe und regelmäßig (mit dem Auto) in die Türkei reise. Der Gutachter habe auch nachvollziehbar eine Aggravation festgestellt. Für die Beurteilung spreche auch, dass sich die Klägerin seit Jahren nicht mehr in fachärztlicher neurologischer Behandlung befinde und kein Antidepressivum nehme, was ebenfalls gegen einen erheblichen und damit rentenrelevanten Leidensdruck spreche. Soweit sie geltend mache, ärztliche Behandlungen nicht in Anspruch zu nehmen, weil sie an einer Phobie Ärzten gegenüber leide, stehe dem entgegen, dass sie geltend gemacht habe, beispielsweise mindestens zweimal monatlich bei dem Allgemeinmediziner T. vorstellig zu werden, was dieser auch bestätigt habe. Das Gutachten des Dr. K. sei nicht überzeugend. Er habe zwar eine schwere Depression mit pseudodemenzieller Symptomatik sowie eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert, doch lasse sich nicht nachvollziehen, auf Grund welcher tatsächlichen Umstände er beispielsweise von einer deutlich geminderten Aufmerksamkeit bzw. Konzentration und einem stark reduzierten Antrieb ausgehe. Angesichts der Ausführungen des Dr. H. bezüglich der Aggravation hätte auch eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser Problematik erfolgen müssen. Im Übrigen bestehe auch keine schwere spezifische Leistungsminderung und keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Die Klägerin könne zumindest leichte körperliche Arbeiten verrichten, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten. Der vorliegende, auf mangelnderr Schulbildung beruhende Analphabetismus der Klägerin stelle keine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Entsprechendes gelte auch für die fehlenden Deutschkenntnisse. Die Klägerin sei auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Es seien weder orthopädische, noch psychische Leiden erkennbar, die einer solchen Einschätzung entgegenstünden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

Gegen das am 29. September 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. Oktober 2016 Berufung eingelegt. Sie macht im Wesentlichen geltend, ihr früherer Gesundheitszustand, der zu einer Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung geführt habe, habe sich nicht geändert. Außerdem bezieht sie sich im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. K., der die Einschränkung des Leistungsvermögens bestätigt habe. Entgegen der Auffassung des SG sei das Gutachten nachvollziehbar und zutreffend. Auch durch die weiteren ärztlichen Äußerungen seien ihre Einschränkungen bezüglich des Leistungsvermögens bestätigt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 8. September 2016 sowie den Bescheid vom 10. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 30. September 2014 hinaus auf Dauer, hilfsweise befristet bis zum 30. September 2018, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Dr. W. vom 15. Mai 2017 sowie auch von der Beklagten unter Vorlage einer Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie B. vorgelegten Stellungnahme vom 28. Juni 2016 - dessen ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 29. August 2017 eingeholt.

Der Sachverständige hat die Angaben der Klägerin zu ihren Beschwerden und die in den Akten enthaltenen sowie die von ihm erhobenen neurologischen und psychiatrischen Befunde referiert. Weiter hat der Sachverständige ausgeführt, auf seinem Fachgebiet bestünden insbesondere eine rezidivierende depressive Störung mit schwerer depressiver Symptomatik sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und darüber hinaus ein Restless-Legs-Syndrom, wegen dessen die Klägerin ein levodopahaltiges Präparat erhalte, sowie ein subklinisches Carpaltunnelsyndrom. Durch die depressive Verstimmung und die anhaltende Schmerzstörung sei die psychische und körperliche Belastbarkeit erheblich reduziert, insbesondere hinsichtlich Antrieb, Psychomotorik, Aufmerksamkeit und Konzentration, die deutlich reduziert seien. Bei der Untersuchung sei die Klägerin auch völlig kooperativ gewesen, zwar etwas verdeutlichend, habe jedoch bei allen Untersuchungen eine ausreichende Kraftanstrengung gezeigt. Von Dr. H. beschriebenen Auffälligkeiten in die Koordinationsprüfung seien nicht zu beobachten gewesen. Die geklagten Einschränkungen korrespondierten völlig mit dem psychopathologischen Befund während der Untersuchung und auch mit den fremdanamnestischen Angaben der Tochter. Es sei auszuschließen, dass die bestehenden Störungen vorgetäuscht oder nur gelegentlich zu beobachten seien. Bei aller zumutbaren Willensanstrengung könnten die Störungen nicht aus eigener Kraft überwunden werden. Auf Grund dieser Leiden erscheine es nicht vorstellbar, dass die Klägerin in der Lage sein sollte, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auch bei Beachtung qualitativer Einschränkungen drei Stunden und mehr werktäglich zu verrichten. Die Befunde aus dem vorangegangenen Renten- und Sozialgerichtsverfahren lägen nicht vor. Immerhin scheine aber doch zum damaligen Zeitpunkt durch Dr. G. eine schwere depressive Störung diagnostiziert worden zu sein, die zur befristeten Berentung geführt habe. Auch bei der jetzigen Untersuchung habe sich eine schwere depressive Symptomatik gezeigt, sodass im Längsschnitt, insbesondere seit Antragstellung eine wesentliche durchgreifende und anhaltende Verbesserung nicht festzustellen sei. Der Befund decke sich auch mit dem, den Dr. K. im Sozialgerichtsverfahren erhoben habe. Davon unbenommen können Phasen der vorübergehenden Besserung vorgelegen habe, möglicherweise bei der Untersuchung bei Dr. H ... Eine dauerhafte Besserung sei aber über den Zeitraum seit Oktober 2014 offensichtlich nicht möglich gewesen, worauf auch die glaubhafte Fremdanamnese hinweise. Es handle sich um eine mittlerweile chronifizierte offensichtlich mindestens seit acht Jahren bestehende Störung, sekundär verfestigt auch durch die familiäre Konstellation mit ebenfalls krankem Ehemann und kompletter Übernahme der Versorgung durch die Kinder. Insoweit erscheine durch eine ambulante oder stationäre Behandlung allenfalls eine leichte Linderung der Beschwerden erreichbar, eine durchgreifende Besserung der Leistungsfähigkeit sei jedoch nicht mehr zu erwarten. Dem Gutachten von Dr. K. stimme er zu. Offensichtlich gebe es kurze Phasen in denen die Kläger etwas besserer Stimmung sei, was ein Stückweit die Ergebnisse in der Begutachtung bei Dr. H. erklären möge, wenn auch nicht nachvollziehbar sei, wie einerseits ein Proband klagsam verstimmt und unglücklich sein könne und auf der anderen Seite die Grundstimmung überhaupt nicht depressiv sei, wie dies von Dr. H. dargestellt werde. Die von Dr. H. beschriebene Aggravation bei der körperlichen Untersuchung sei bei seiner Untersuchung nicht feststellbar gewesen.

In seiner ergänzenden Stellungnahme hat Dr. W. dann auf die Einwände des Nervenarztes B. erklärt, einen Beschwerdevalidierungstest, bei dem an den strukturierten Fragebogen simulierter Symptome zu denken sei und der von ihm durchaus häufig eingesetzt werde, habe er nicht durchgeführt, weil dieser Test letztlich in seiner Komplexität deutlich schwieriger sei, als die doch sehr einfache Zung-Depressionsskala. Insbesondere würden im Rahmen dieses Tests Fragen zum Allgemeinwissen und auch einfache Mathematikfragen gestellt, die allein im Hinblick auf die fehlende Schulbildung der Klägerin von vornherein eine Verfälschung des Bildes abgegeben hätten, einmal ganz abgesehen davon, dass der 75 Fragen umfassende Test auch mit Dolmetscher ein kaum verwertbares Ergebnis erbracht hätte. Auch auf die Fremdbeurteilungsskala habe er bewusst verzichtet, da seines Erachtens der psychopathologische Befund aussagekräftig genug sei. Er könnte zwar den MADRS noch erstellen, allerdings habe er sich davon keine zusätzlichen Erkenntnisse im Vergleich zum psychopathologischen Befund versprochen. Dieser sei jedoch, wie er auch im Gutachten ausgeführt habe, zu jeder Zeit völlig konsistent mit den Beschwerdeschilderungen gewesen, was ein nicht unerhebliches Argument für ein authentische Beschwerdeschilderung darstelle. Was die Frage Gebrauchspuren der Hände anbelange sei es schlichtweg so, dass solche nicht nachzuweisen gewesen seien und er es sich im Gutachten erspart habe, nicht vorhandene Auffälligkeiten extra zu dokumentieren. Zwar könne es durchaus sinnvoll sein, den Antidepressivaspiegel im Hinblick auf die Frage der Behandlung zu bestimmen, allerdings könne ein niedriger Antidepressivaspiegel nicht automatisch bedeuten, dass die Medikamente nicht eingenommen wurden. Auch deshalb habe er auf dessen Bestimmung verzichtet. Zusammenfassend könne er die Einwände des Beratungsarztes durchaus verstehen. Er selbst führe auch bei vielen Begutachtungen Beschwerdevalidierungstests und Laborbestimmungen durch. Im vorliegenden Fall sei das Beschwerdebild aber mit dem psychopathologischen Befund, der Fremdanamnese und auch mit der Voruntersuchung des Dr. K. so konsistent, dass er keinen Anlass gesehen habe, diese Untersuchungen durchzuführen, wobei er auf die methodischen Probleme im Hinblick auf den Beschwerdevalidierungstest bereits hingewiesen habe. Trotz der Einwände des Nervenarztes B. sehe er keinen Grund von seiner gutachterlichen Einschätzung abzuweichen.

In den von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen des Nervenarztes B. vom 28. Juni 2017 und 13. September 2017 hat dieser zuletzt ausgeführt, auch die ergänzende Stellungnahme des Dr. W. belege nicht zweifelsfrei eine dauerhafte quantitative Leistungsminderung auf unter drei Stunden täglich auf Grund psychischer Einschränkungen. Eine Beschwerdevalidierung über dem SFSS sei sicherlich problematisch, zum einen auf Grund der fehlenden Validierung im sozialrechtlichen Setting, zum anderen und hier entscheidend eben wegen fehlender Validierung bei nicht Muttersprachlichkeit und auch auf Grund der fehlenden Schulbildung der Klägerin. Auf der anderen Seite gebe es auch nicht sprachgebundene teilweise computergestützte Tests. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum Dr. W. nicht auch ein Fremdbeurteilungsinstrument verwenden könne, indem er seinen eigenen psychopathologischen Befund zum einen absichern könnte zum anderen eben nicht schon im Testaufbau einer negativen Verzerrung Vorschub leiste. Die Diskussion bzgl. der Testpsychologie bleibe vor dem Hintergrund der fehlenden Muttersprachlichkeit und des Analphabetentums der Klägerin im vorliegenden Fall natürlich ein Stückweit akademisch. Allerdings habe Dr. W. in seinem Gutachten nicht von sich aus auf genau diese Schwächen seiner Testpsychologie hingewiesen sondern in dem von ihm erhobenen Testpsychologischen Befund den Anschein einer Objektivität gegeben, den dieser in keiner Weise gerecht werden könne. Hinsichtlich der Argumentation zur laborchemischen Bestimmung des Medikamentenspiegels sei auch diese nicht nachvollziehbar. Zwar würde ein unter therapeutischer Medikamentenspiegel nicht zwangsläufig eine nicht regelmäßige Medikamenteneinnahme bedeuten. Es gebe ja auch keine klare Korrelation von Psychopharmaka-Plasmaspiegel und letztlich der an Wirksamkeit im Einzelfall. Auf der anderen Seite würde ein oder gar mehrere gar nicht nachweisbare Medikamentenspiegel relativ eindeutig eine umfassende Medikamentencompliance der Klägerin in Frage stellen und könnten auch die angegebenen Beschwerden über eine Diskrepanz zwischen diesen und tatsächlich diesbezüglich umgesetzten therapeutischen Bemühungen relativieren. Darüber hinaus würde ein nicht nachweisbarer oder deutlich erniedrigter Medikamentenspiegel auch dokumentieren, dass im Hinblick auf die psychopharmakologische und schmerztherapeutisch medikamentöse Behandlung noch Luft nach oben wäre, was dann eben auch prognostische Rückschlüsse wiederum zulassen würde. Zum Kritikpunkt zur fehlenden Auseinandersetzung mit dem Reiseverhalten habe sich Dr. W. gar nicht geäußert. Es verbleibe dabei, dass das Gutachten in seiner Gesamtaussage, nämlich einer dauerhaften, quantitativen Leistungsminderung auf unter drei Stunden täglich auf Grund psychischer Erkrankungen nicht überzeuge und diese nicht zweifelsfrei darlegen könne.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 SGG zulässige und statthafte Berufung der Klägerin ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn (§ 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Nach § 102 Abs. 2 Satz 3 SGB VI kann die Rente verlängert werden, wobei es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn verbleibt. Verlängerungen erfolgen für längstens drei Jahre nach dem Ablauf der vorherigen Frist (§ 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI). Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann, wobei hiervon nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen ist (§ 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI).

Nach § 101 Abs. 1 SGB VI werden befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.

Gemessen daran hat die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, da sie zur Ausübung einer Erwerbstätigkeiten in einem Umfang von drei Stunden arbeitstäglich zumindest derzeit nicht in der Lage ist. Dies ergibt sich für den Senat schlüssig aus den vorliegenden Gutachten des Dr. K. und des Dr. W. sowie dessen ergänzender Stellungnahme und der Aussage des Allgemeinmediziners T ...

Der Senat stellt hierzu fest, dass die Klägerin unter einer rezidivierenden depressiven Störung mit schwerer depressiver Symptomatik sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und darüber hinaus unter einem Restless-Legs-Syndrom sowie einem subklinisches Carpaltunnelsyndrom leidet. Dies entnimmt der Senat dem nachvollziehbaren Gutachten des Dr. W., der sich insbesondere auch auf die von ihm erhobenen Befunde, die anzuzweifeln keine Veranlassung besteht, nachdem sie sich im Wesentlichen auch mit den von Dr. K. erhobenen Befunden decken.

So war die Klägerin bei der Untersuchung bei Dr. W. bewusstseinsklar und allseits orientiert. Im Kontakt war sie sehr verhalten zugewandt, meidete über weite Strecken Blickkontakt, insbesondere zum Untersucher, der Dolmetscherin gegenüber war sie etwas offener und berichtete in leiser, wenig modulierter Sprache über ihre Beschwerden. Eine gewisse Verdeutlichungstendenz war zwar durchaus erkennbar, auch die körperliche Untersuchung wurde verdeutlichend durchgeführt, doch fanden sich keine Hinweise für Simulation oder Aggravation. Beispielsweise wurden die Koordinationsprüfungen völlig regelrecht durchgeführt, auch die Prüfung der groben Kraft erfolgte zwar schmerzverzerrt, aber durchaus mit ausreichender Anstrengung. Der formale Gedankengang war verlangsamt, jedoch nicht umständlich oder weitschweifig. Die Auffassungsgabe war regelrecht. Aufmerksamkeit und Konzentration waren im Gespräch reduziert. Immer wieder machte die Klägerin einen abwesenden gedankenverlorenen Eindruck. Die Rekonstruktion der Anamnese gelang mit der Dolmetscherin ohne Schwierigkeiten, Zwischenfragen der Dolmetscherin wurden beantwortet, die Klägerin hatte dann aber immer wieder Mühe, den verlorenen Gesprächsfaden aufzunehmen. Relevante Störungen der Gedächtnisfunktion fanden sich im Gespräch nicht. Während der gesamten Untersuchung war die Klägerin in der Stimmungslage aber deutlich depressiv ausgelenkt, immer wieder in Tränen ausbrechend und deutlich eingeschränkt schwingungsfähig. Antrieb und Psychomotorik waren - so Dr. W. - erheblich reduziert, Mimik und Gestik wenig moduliert. Es fanden sich keine Vitalstörungen oder tageszeitliche Schwankungen. Die primär und intellektuellen Funktionen lagen eher im unteren Durchschnittsbereich, zumal die Klägerin Analphabetin ist. Das Alpha-EEG war normal, die motorische Neurographie ergab einen mit einem subklinischen Carpaltunnelsyndrom rechts vereinbaren Befund. Die somatosensibel evozierten Potenziale des Nervus Tibialis waren unauffällig. Bei der testpsychologischen Untersuchung ergab sich bei der Zung-Depressions-Skala ein Wert, der auf eine depressive Verstimmung hinwies. Auch bei der Untersuchung bei Dr. W. hat sich eine so schwere depressive Symptomatik gezeigt, dass im Längsschnitt, insbesondere seit Antragstellung eine wesentliche durchgreifende und anhaltende Verbesserung nicht festzustellen ist.

Dies steht auch in Übereinstimmung mit den Angaben der Klägerin bei Dr. K. zum Tagesablauf und dem von diesem erhobenen psychischen Befund. Zum Tagesablauf hat die Klägerin bei Dr. K. angegeben, sie wache zwischen 04.30 Uhr und 05.00 Uhr auf, bleibe dann allerdings bis 06.00 Uhr im Bett. Morgens komme die Tochter und bereite das Frühstück zu. Sie sitze danach oder liege in der Wohnung und sei nicht in der Lage, irgendetwas zu tun. Mittags esse sie nur etwas Obst und am Nachmittag verbringe sie die Zeit fast ausschließlich in der Wohnung, ohne etwas zu tun. Zwischen 18.00 Uhr und 18.30 Uhr bereite eine der beiden Töchter das Abendessen. Die Töchter verrichteten auch die gesamten Hausarbeiten. Nach dem Abendessen ziehe sie sich in ihr Zimmer zurück, lege sich dann hin und schlafe frühestens um Mitternacht ein. Nachts stehe sie mehrmals auf, weil sie nicht schlafen könne. Zum psychopathologischen Befund hat Dr. K. ausgeführt, die Klägerin sei pünktlich in Begleitung ihrer Tochter zur Untersuchung gekommen, traditionell gekleidet ohne sonstige äußerliche Auffälligkeiten. Der Kontakt sei starr, dabei sehr niedergestimmt, asthenisch, erschöpft, kognitiv und psychomotorisch massiv verlangsamt gewesen, die affektive Schwingungsfähigkeit sei weitgehend aufgehoben bei erschöpftem Grundaffekt gewesen. Die Klägerin sei wach gewesen, zeitlich unscharf orientiert, örtlich, situativ und zur eigenen Person ausreichend orientiert bei deutlich geminderter Aufmerksamkeit und Konzentration, erheblicher Einschränkung der Merkfähigkeit, lückenhaftem Altgedächtnis. Das formale Denken sei geordnet gewesen, aber stark verlangsamt, verarmt, mit Grübelzwang, Gedankenkreisen, inhaltlich ausgeprägten Insuffizienzgefühlen. Ich-Störungen und Wahrnehmungsstörungen hätten sich nicht gefunden. Antrieb und Psychomotorik seien stark reduziert gewesen, die Stimmung erschöpft, asthenisch, depressiv, verzweifelt, hoffnungslos. Die psychometrischen Testverfahren (MADRS und HAMD) hätten Werte entsprechend einer schweren Depression ergeben, der SKT-Test sei auf Grund der fehlenden Alphabetisierung nur partiell zu bewerten, wobei hier eine deutliche kognitive Verlangsamung und eine massive Einschränkung der Merkfähigkeit aufgefallen sei.

Auf Grund der von Dr. W. erhobenen Befunde, die - wie dargelegt - auch im Einklang mit den von Dr. K. erhobenen Befunden und den Angaben des Allgemeinmediziners T. stehen, bestehen für den Senat keine Zweifel am seit Oktober 2014 - von möglichen kurzzeitigen geringfügig besseren Phasen, z.B. bei der Untersuchung bei Dr. H. abgesehen, die aber als andauernd nicht festzustellen sind - dauerhaften Vorliegen der o.g. Gesundheitsstörungen. Insbesondere ergeben sich derartige durchgreifende Zweifel nicht auf Grund der Einwände des Nervenarztes B ... Soweit dieser bemängelt hat, einzelne Tests seien nicht durchgeführt worden, hat Dr. W. in seiner ergänzenden Stellungnahme überzeugend dargelegt, warum er diese nicht für erforderlich und zur Klärung beitragend gehalten hat. Im Übrigen ist festzustellen, dass auch Dr. H. bei seinem auf Veranlassung der Beklagten erstatteten Gutachten entsprechende Untersuchungen nicht vorgenommen hat. Dies gilt auch für die weiteren Untersuchungen, die der Beratungsarzt B. angeführt hat. Dr. W. hat insoweit nach eigener Untersuchung und Wertung aller Befunde das Vorliegen der Erkrankungen schlüssig, nachvollziehbar und überzeugend belegt.

Auf Grund der vorliegenden Gesundheitsstörungen und der vorliegenden Sachverständigengutachten stellt der Senat fest, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auch derart eingeschränkt ist, dass sie über September 2014 hinaus auch einfache Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes selbst bei Beachtung qualitativer Einschränkungen keine drei Stunden arbeitstäglich verrichten kann.

Wie Dr. W. schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat, ist die psychische Belastbarkeit der Klägerin durch die depressive Symptomatik erheblich reduziert. Auch bei Beachtung qualitativer Einschränkungen sei - so Dr. W. - aktuell die depressive Symptomatik so ausgeprägt, dass es nicht vorstellbar erscheine, dass die Klägerin irgendwelche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes drei Stunden und mehr werktäglich verrichten könne. Insoweit besteht auch im Hinblick auf den psychopathologischen Befund Übereinstimmung mit dem Vorgutachten des Dr. K ... Der Befund, den Dr. H. beschrieben hat, war der Begutachtung und Untersuchung bei Dr. W., wie im Übrigen auch bei Dr. K., nicht mehr nachvollziehbar. Durch die depressive Verstimmung und die anhaltende Schmerzstörung ist - so Dr. W. überzeugend - die psychische und körperliche Belastbarkeit erheblich beeinträchtigt, insbesondere hinsichtlich Antrieb, Psychomotorik, Aufmerksamkeit und Konzentration, die deutlich reduziert sind. Bei der Untersuchung bei Dr. W. war die Klägerin auch völlig kooperativ, zwar etwas verdeutlichend, sie zeigte jedoch bei allen Untersuchungen eine ausreichende Kraftanstrengung. Die von Dr. H. beschriebenen Auffälligkeiten in die Koordinationsprüfung waren nicht zu beobachten. Die geklagten Einschränkungen korrespondieren völlig mit dem psychopathologischen Befund während der Untersuchung und auch mit den fremdanamnestischen Angaben der Tochter. Laut Dr. W. ist es auch auszuschließen, dass die bestehenden Störungen vorgetäuscht oder nur gelegentlich zu beobachten sind. Damit steht für den Senat fest, dass die Klägerin nicht in der Lage ist, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auch bei Beachtung qualitativer Einschränkungen drei Stunden und mehr werktäglich zu verrichten.

Im Hinblick auf die prognostische Einschätzung ist - so Dr. W. - zu beachten, dass offensichtlich trotz inzwischen wieder aufgenommener psychiatrischer Therapie eine wesentliche Befundbesserung nicht erzielt worden ist. Darüber hinaus haben mittlerweile die Kinder der Klägerin weitgehend den Haushalt übernommen, was zu einer erheblichen Regression führt, weswegen es - so Dr. W. - nicht vorstellbar ist, dass die Klägerin aus der jetzigen Situation wieder herausgeführt werden kann. Insoweit sind Leistungen zur Teilhabe nicht erfolgversprechend und eine Besserung des Leistungsvermögens unwahrscheinlich.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Einwänden des Nervenarztes B. gegen die Leistungsbewertung des Dr. W ... Hierzu hat Dr. W. überzeugend ausgeführt, dass er einen Beschwerdevalidierungstest, bei dem an den strukturierten Fragebogen simulierter Symptome zu denken sei, nicht durchgeführt habe, weil dieser Test letztlich in seiner Komplexität deutlich schwieriger als die doch sehr einfache Zung-Depressionsskala ist. Insbesondere werden im Rahmen dieses Test Fragen zum Allgemeinwissen und auch einfache Mathematikfragen gestellt, die allein im Hinblick auf die fehlende Schulbildung der Klägerin von vornherein eine Verfälschung des Bildes abgegeben hätte, einmal ganz abgesehen davon, dass ein 75 Fragen umfassender Test auch mit Dolmetscher gerade bei der Klägerin ein kaum verwertbares Ergebnis erbracht hätte. Deswegen habe er auf diesen Test verzichtet. Dies ist für den Senat nachvollziehbar und überzeugend. Auch der Verzicht auf die Fremdbeurteilungsskala ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, da der psychopathologische Befund aussagekräftig genug war. Dieser war jedoch, wie Dr. W. schon im Gutachten ausgeführt hat, zu jeder Zeit völlig konsistent mit den Beschwerdeschilderungen, was ein nicht unerhebliches Argument für ein authentische Beschwerdeschilderung darstellt. Auch auf Grund der weiteren Einwände des Nervenarztes B., die angesichts der sonstigen eindeutigen Befunde eher spekulativ sind, vermag der Senat nach der ergänzenden Stellungnahme von Dr. W. nichts festzustellen, was die Leistungseinschätzung von Dr. W. erschüttern oder gar widerlegen würde.

Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen ist das Leistungsvermögen der Klägerin sowohl qualitativ, aber insbesondere auch quantitativ derart eingeschränkt, dass sie nicht mehr in der Lage ist täglich einer Erwerbstätigkeit in einem Umfang von drei Stunden nachzugehen.

Da eine Besserung des Leistungsvermögens angesichts aller Befunde auch unwahrscheinlich ist, was der Senat den Ausführungen von Dr. W. und Dr. K. entnimmt, ist die Weitergewährung der Rente auch nicht zeitlich zu befristen.

Da die Klägerin somit voll erwerbsgemindert ist und auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, war das Urteil des SG aufzuheben und der Klage statt zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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