L 5 KA 3550/17 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 1799/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3550/17 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 31.08.2017 aufgehoben und die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 02.05.2017 bis zu dessen Rechtskraft angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens sind mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 9), die diese selbst zu tragen hat, vom Antragsgegner zu tragen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird endgültig auf 29.167,- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 02.05.2017, mit dem sie als Nachfolgerin zur Fortführung einer psychotherapeutischen Praxis im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrages ausgewählt und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen worden ist.

Die Dipl.-Soz. Päd. M. L., die spätere Beigeladene zu 8), nimmt als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (KJPT) an der vertragsärztlichen Versorgung mit Vertragsarztsitz in A.-E. teil. Sie ist hierbei im Richtlinienverfahren der analytischen und tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie tätig. Im September 2015 beantragte sie beim Zulassungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg – Regierungsbezirk – T. (ZA) die Durchführung des Nachbesetzungsverfahren für ihren Vertragspsychotherapeutensitz in hälftigem Umfang. Mit Bescheid vom 21.03.2016 entsprach der ZA dem Antrag der Beigeladenen zu 8). Er führte hierzu begründend u.a. aus, wegen der Fallzahlen der Beigeladenen zu 8) und der Altersstruktur der im Planbereich zugelassenen KJPT liege eine atypische Fallgestaltung vor, wegen derer die Fortführung der Praxis, trotz eines Versorgungsgrades von 140%, zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung zwingend erforderlich sei.

Im daraufhin von der Beigeladenen zu 1) eingeleiteten Nachbesetzungsverfahren bewarb sich neben der Antragstellerin auch die Beigeladene zu 9).

Nachdem der Versorgungsauftrag der Beigeladenen zu 8), nach einem erklärten hälftigen Verzicht, vom ZA mit Beschluss vom 21.06.2016 mit Wirkung zum 01.10.2016 auf die Hälfte beschränkt worden ist, entschied der ZA mit Bescheid vom 29.08.2016, nach einer Beschlussfassung am 21.06.2016, dass die Antragstellerin als Nachfolgerin zur Fortführung der Psychotherapeutischen Praxis der Beigeladenen zu 8) ausgewählt werde und ihrem Antrag auf Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung mit einem halben Versorgungsauftrag mit Wirkung zum 01.10.2016 stattgegeben werde. Der ZA verpflichte die Antragstellerin, die vertragsärztliche Tätigkeit zum Wirkungsdatum aufzunehmen. Gleichzeitig lehnte der ZA den Antrag der Beigeladenen zu 9) ab. Mit weiterem Beschluss des ZA vom 20.09.2016 wurde der Antrag der Antragstellerin auf Genehmigung der Verlegung des Vertragsarztsitzes vom B ..., A.-E., in den B. , A.-E., mit Wirkung zum 01.10.2016 stattgegeben.

Gegen den Bescheid vom 29.08.2016 legte die Beigeladene zu 9) am 28.09.2016 Widerspruch ein. Sie brachte vor, die Ermessensentscheidung des ZA sei fehlerhaft. Sie sei seit dem 25.04.2014 approbiert und sei seither fast 2 ½ Jahre psychotherapeutisch tätig. Die Antragstellerin hingegen verfüge erst seit April 2016 über eine Approbation und habe auch eine psychotherapeutische Tätigkeit nicht nachgewiesen. Die Antragstellerin habe sich, anders als sie, die Beigeladene zu 9), nicht in die Warteliste eintragen lassen. Der ZA habe hierdurch die in § 103 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) benannten Kriterien außer Acht gelassen. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass sie über die Zusatzqualifikationen (Kinder- und Jugendlichengruppentherapie, suggestive Verfahren) verfüge. Schließlich diente eine Fortführung der Praxis durch sie, der Beigeladenen zu 9), als einer Verhaltenstherapeutin, auch der Versorgungssicherheit. Im Planbereich seien 29 analytisch orientierte KJPT, indes nur 2 verhaltenstherapeutische KJPT tätig. Es sei daher nicht erforderlich die Praxis der Beigeladenen zu 8) durch eine KJPT, die ein psychoanalytisches Verfahren anbiete, fortzusetzen.

Mit Beschluss vom 22.11.2016 ermächtigte der ZA die Antragstellerin mit Wirkung zum 23.11.2016 zwecks Weiterführung bereits begonnener Therapien, längstens bis zum 31.03.2017 zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung in acht Fällen.

Der Antragsgegner entschied sodann nach einer Beschlussfassung am 15.12.2016 mit Bescheid vom 02.05.2017, den Widerspruch der Beigeladenen zu 9) zurückzuweisen. Zur Begründung seiner Entscheidung führte er aus, die Auswahl eines Nachfolgers nach Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes sei nach pflichtgemäßem Ermessen vorzunehmen, wobei die in § 103 SGB V genannten Auswahlkriterien zu berücksichtigen seien. Danach sei zwar die Beigeladene zu 9) hinsichtlich der Auswahlkriterien Approbationsalter, Dauer der ärztlichen Tätigkeit und Eintragung in die Warteliste gegenüber der Antragstellerin zu bevorzugen, jedoch spräche deren berufliche Eignung für deren Auswahl. Es sei, so der Antragsgegner unter Hinweis aus die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), zu berücksichtigen, dass die berufliche Eignung auf die jeweilige Ausformung der fortzuführenden Praxis zu beziehen sei, wobei es sich bei psychoanalytisch begründeten Verfahren auf der einen und der Verhaltenstherapie auf der anderen Seite um völlig unterschiedliche Versorgungsangebote handle. Die fortzuführende Praxis zeige eine klare Ausrichtung auf psychoanalytisch begründete Verfahren; der Patientenstamm sei dementsprechend zugeschnitten. Die Antragstellerin verfüge über eine vertiefte Ausbildung in analytischer und tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie; ihr Tätigkeitsprofil knüpfe enger an die Tätigkeit der Beigeladenen zu 8) an. Die verhaltenstherapeutische Ausrichtung der Beigeladenen zu 9) sei, trotz der vorhandenen fachlichen Qualifikation, in diesem spezifischen Bereich weniger geeignet, die Praxis der Beigeladenen zu 8) mit ihrem psychoanalytischen Schwerpunkt fortzusetzen. Die gesetzliche Vorgabe, dass in Planungsbereichen mit Zulassungsbeschränkungen nur die Nachbesetzung eines bestehenden Vertragsarztsitzes möglich sei, schließe es aus, dass im Nachbesetzungsverfahren die Fachidentität des existierenden Vertragsarztsitzes verändert werde. Schließlich sei im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen, dass sich die Beigeladene zu 8) eindeutig für die Fortführung ihrer Praxis durch die Antragstellerin ausgesprochen habe.

Gegen den ihr am 03.05.2017 zugegangenen Bescheid erhob die Beigeladene zu 9) am 06.06.2017 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG; - S 1 KA 1356/17 -), die dort unverändert anhängig ist.

Am 27.07.2017 beantragte die Antragstellerin beim SG die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 02.05.2017 bis zur Entscheidung des SG im Hauptsacheverfahren anzuordnen. Sie brachte hierzu vor, die Erfolgsaussichten der Klage der Beigeladenen zu 9) seien als gering einzustufen. Die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes erfolge nach pflichtgemäßem Ermessen. Die hierzu in § 103 SGB V gesetzlich angeführten Kriterien seien nicht abschließend, auch sei gesetzlich keine Gewichtung vorgegeben. Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners sei vor diesem Hintergrund nicht ermessensfehlerhaft. Dieser habe zutreffend festgestellt, dass zwar hinsichtlich Approbationsalter, Dauer der ärztlichen Tätigkeit und Eintragung in der Warteliste ein Vorteil für die Beigeladene zu 9) festzustellen sei, sie, die Antragstellerin, jedoch eine bessere berufliche Eignung für den Vertragsarztsitz aufweise. Wenn der Antraggegner dieses Kriterium bei der Gewichtung besonders hervorhebe und ihm ein größeres Bedeutung beimesse, bewege er sich innerhalb des ihm eröffneten Ermessensspielraums. Auch sei im Nachbesetzungsverfahren, entgegen der Einschätzung der Beigeladenen zu 9), eine unterschiedliche bedarfsplanerische Versorgung nicht auszugleichen. Angesichts der geringen Erfolgsaussichten der Klage seien an die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit daher nur geringe Anforderungen zu stellen. Diesbezüglich sei es ihr, der Antragstellerin, nicht zuzumuten, die vorübergehende Fortsetzung der bereits erfolgten Praxisübernahme bis zu einer Entscheidung des SG im Hauptsacheverfahren zu versagen. Durch den Sofortvollzug der Entscheidung bis zu einer Entscheidung des SG im Hauptsacheverfahren entstünde der Beigeladenen zu 9), im Gegensatz zur Antragstellerin und der Beigeladenen zu 8), kein Schaden. Es liege auch im Interesse der Beigeladenen zu 9), dass der bisherige Patientenstamm der Praxis durch eine vorübergehende Fortsetzung der Praxis durch sie gebunden bleibe. Eine weitere - vollumfängliche - Fortführung der Praxis durch die Beigeladene zu 8) sei nicht mehr möglich, da diese bereits endgültig ihren Verzicht auf die halbe Zulassung erklärt habe. Für sie, die Antragstellerin, würde die Einstellung der bereits aufgenommenen Praxistätigkeit einen erheblichen finanziellen Schaden bedeuten, da sie für die Praxisübernahme Räumlichkeiten angemietet, eine Praxiseinrichtung angeschafft und für die Bezahlung des Kaufpreises einen Kredit i.H.v. 25.000 EUR aufgenommen habe, den sie abzahlen müsse. Die Einnahmen aus dieser Praxistätigkeit seien ihre einzige Einnahmequelle. Zudem könnte es für einen Teil ihrer Patienten bei einer Unterbrechung ihrer Tätigkeit zu einer sehr ernsthaften, zum Teil lebensgefährlichen Situation kommen. Es sei nicht gewährleistet, dass diese Patienten zeitnah einen anderen Therapeutenplatz finden würden.

Die Beigeladene zu 9) trat dem Antrag, anders als der Antragsgegner, entgegen. Sie brachte u.a. vor, aus § 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V ergebe sich, dass im Nachbesetzungsverfahren die dort genannten Kriterien "zu berücksichtigen" seien. Dies bedeute, dass die Zulassungsgremien die gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien nicht gänzlich außer Betracht lassen dürften. Nach diesen Kriterien sei sie sowohl infolge ihres längeren Approbationsalters, als auch im Hinblick auf die Dauer ihrer beruflichen Tätigkeit gegenüber der Antragstellerin deutlich im Vorteil. Auch sei sie, anders als die Antragstellerin, in die Warteliste eingetragen. Es stelle eine unzulässige Überschreitung des Ermessensspielraums dar, wenn der Antragsgegner diese Kriterien außeracht lasse und seine Entscheidung ausschließlich daran orientiere, dass die Antragstellerin und die Beigeladene zu 8) nach der gleichen Therapieschule tätig seien. Das BSG habe in seinem Urteil vom 20.03.2013 (- B 6 KA 19/12 R -, in juris) insofern lediglich ausgeführt, dass die Frage, nach welchen Richtlinienverfahren behandelt werde, im Zusammenhang mit den Auswahlkriterien bei der Praxisnachfolge Bedeutung gewinnen "könne". Mit der Nachbesetzung sei lediglich sicherzustellen, dass die behandlungsbedürftigen wartenden bzw. zugewiesenen Patienten auch tatsächlich behandelt würden. Zu einer solchen Behandlung sei sie jedoch aufgrund der zwei Jahre längeren Berufserfahrung besser als die Antragstellerin geeignet. Die Annahme des Antragsgegners, dass die Patienten einer psychotherapeutischen Praxis nach einer Praxisübernahme mit derselben therapeutischen Methode, vorliegend also dem psychoanalytisch begründeten Verfahren, zu behandeln seien, sei bei nicht anbehandelten Patienten, fehlerhaft. Da jedoch anbehandelte Patienten nicht zu übernehmen seien, sei die Auswahlentscheidung des Antragsgegners ermessensfehlerhaft. Für sie spreche auch, dass im Bereich T. ein Ungleichgewicht zwischen der Anzahl der zugelassenen Verhaltenstherapeuten und der zugelassenen Tiefenpsychologen bestehe, welches deutlich zu Lasten des verhaltenstherapeutischen Behandlungsangebots gehe. Der Antragsgegner müsse daher bemüht sein, die Versorgung der Versicherten gerade auch im Bereich der verhaltenspsychotherapeutischen Versorgung bestmöglich zu gewährleisten, da ansonsten keine realistische Wahlmöglichkeit der Patienten zwischen verschiedenen Therapieformen bestehe. Die Ausgewogenheit der Behandlungsmöglichkeiten müsse deshalb neben den in § 103 SGB V genannten Kriterien maßgeblich berücksichtigt werden. Schließlich könne auch dem Wunsch der Beigeladenen zu 8) betr. die Praxisnachfolge keine maßgebliche Bedeutung beigemessen werden.

Nach Beiladung (auch) der (Landes-)verbände der K. und der K. V. (Beschluss vom 28.07.2017) lehnte das SG den Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 31.08.2017 ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, die Klage der Beigeladenen zu 9) habe nach § 86a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufschiebende Wirkung, weswegen einstweiliger Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zu gewähren sei. Die sofortige Vollziehbarkeit könne hiernach angeordnet werden, wenn nach einer Interessenabwägung das Interesse an der Vollziehung schwerer wiege als das gegenläufige Interesse am Erhalt der aufschiebenden Wirkung. Hierbei sei zunächst auf die Erfolgsaussichten der Klage abzustellen. Ferner seien die beteiligten Interessen gegeneinander abzuwägen. In Anlegung dieser Maßstäbe kam das SG zu der Einschätzung, dass die Klage der Beigeladenen zu 9) zwar keine Aussicht auf Erfolg verspreche, es jedoch an dem für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erforderlichen besonderen (öffentlichen oder privaten) Interesse fehle. Ein solches könne zwar insb. in der Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter erblickt werden, jedoch sei, so das SG, bei einem Versorgungsgrad im maßgebenden Planungsbereich T. von über 570 % nicht zu erkennen, dass die Sicherstellung der medizinischen Versorgung gefährdet sei. Auch soweit die Antragstellerin vorgetragen habe, für einen Teil ihrer Patienten könnte es bei einer Unterbrechung ihrer Tätigkeit zu ernsthaften, zum Teil lebensgefährlichen Situation kommen, bedinge dies keine abweichende Beurteilung. Angesichts des Versorgungsgrades und des Umstandes, dass sich die psychotherapeutische Praxis der Beigeladenen zu 8) in unmittelbarer Nähe zur Praxis der Antragstellerin befinde, könnten Patienten, bei denen es zu lebensgefährlichen Situationen kommen könne, in ausreichendem Maße behandelt werden. Das von der Antragstellerin angeführte vermeintliche Interesse der Beigeladenen zu 9) daran, dass die Praxis fortgeführt werde, sei, wie der Vortrag, die Beigeladene zu 9) könne ohnehin nur einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung geltend machen, keine Besonderheit des vorliegenden Falles und könne deswegen ein besonderes Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nicht begründen. Auch ein besonderes privates Interesse der Antragstellerin, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertigen könnte, vermochte das SG nicht zu erkennen. Ein solches besonderes privates Interesse könne zwar dann maßgeblich sein, wenn die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung unbillig erscheine oder die Antragstellerin ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ihrer beruflichen Existenz aus einem Grund gefährdet sei, der nicht in ihrem Verantwortungsbereich falle. Der diesbezüglich von der Antragstellerin angeführte Umstand, sie habe für die Praxisübergabe bereits Räumlichkeiten angemietet, eine Praxiseinrichtung angeschafft und für die Bezahlung des Kaufpreises einen Kredit i.H.v. 25.000,- EUR aufgenommen, den sie abzahlen müsse, sei insofern nicht ausreichend. Die Antragstellerin habe diese Investitionen im Hinblick auf den Bescheid des Antragsgegners vom 02.05.2017 getätigt, obschon diese Entscheidung noch nicht bestandskräftig gewesen sei und ihr, ob des Verhaltens der Beigeladenen zu 9) im vorangegangenen Widerspruchsverfahren, bewusst gewesen sein musste, dass diese auch gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen werde. Um evtl. Nachteile zu vermeiden hätte es daher im eigenen Interesse der Antragstellerin gelegen, sich vor Tätigung der Investitionen beim Antragsgegner zu erkundigen, ob dessen Entscheidung bestandskräftig geworden sei. Dies sei jedoch den vorliegenden Akten nicht zu entnehmen. Auch sei ein anderweitiger Grund, der ein Vertrauen darauf, dass der Bescheid bestandskräftig werden könnte, nicht ersichtlich. Schließlich könne der zwischenzeitliche Behandlungsbeginn ein besonderes privates Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht begründen.

Gegen den ihr am 02.09.017 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 11.09.2017 Beschwerde eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor, das SG sei im angefochtenen Beschluss zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage der Beigeladenen zu 9) keine Aussicht auf Erfolg verspreche, unzutreffend sei jedoch die Annahme des SG, die Antragstellerin könne sich nicht auf ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit berufen. Die folge bereits daraus, dass die Klage eindeutig erfolglos bleiben werde. Soweit das SG dies unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG; Beschluss vom 17.01.2006 – L 5 KA 5149/05 ER-B -, in juris) anders eingeschätzt habe, sei diese Entscheidung zur Frage einer Ermächtigung ergangen und könne daher nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. In seinem Beschluss vom 25.04.2006 (- L 5 KA 178/06 ER-B -, in juris) habe der erkennende Senat hingegen in einem Fall der Nachbesetzung entschieden, dass die im Rahmen des § 86b Abs. 1 SGG anzustellende Interessenabwägung bei einer zu erwartenden Erfolglosigkeit der Hauptsache grundsätzlich von vornherein zugunsten der Vollziehung ausfalle. Im Übrigen seien die Interessen der Antragstellerin höher zu bewerten, als die der Beigeladenen zu 9) an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage. Ungeachtet der Sicherstellung der medizinischen Versorgung bestehe ein Interesse daran, die Praxis der Beigeladenen zu 8) nahtlos zu übergeben. Auch sei, so die Antragstellerin unter Hinweis auf § 103 Abs. 3a SGB V, ein Antrag auf Nachbesetzung abzulehnen, wenn diese nicht erforderlich sei. I.d.S. habe der ZA trotz des vom SG angeführten Versorgungsgrades von 578 % ein Neubesetzungsverfahren eingeleitet, woraus ersichtlich werde, dass ein öffentliches Interesse an der die sofortige Vollziehbarkeit bestehe. Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung erfordere überdies den zügigen Abschluss des Nachbesetzungsverfahrens. Auch, so die Antragstellerin weiter, drohe bei einem Abwarten bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in der Hauptsache ein Verfall des Praxiswertes.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 31.08.2017 aufzuheben und die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 02.05.2017 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, hilfsweise bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache anzuordnen.

Der Antragsgegner hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladenen zu 9) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bringt vor, der Beschluss des SG sei im Ergebnis zutreffend. Das SG habe zutreffend festgestellt, dass sich die Antragstellerin nicht auf ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides vom 02.05.2017 berufen könne. Indes könne nicht davon ausgegangen werden, dass ihre Klage keine Aussicht auf Erfolg verspricht, da die Ermessensentscheidung des Antragsgegners fehlerhaft sei. Hierzu wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen zur Begründung ihres Widerspruchs.

Die weiteren Beigeladenen haben sich weder im Ausgangs-, noch im Beschwerdeverfahren geäußert oder Anträge gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die vom Antragsgegner vorgelegte Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht (vgl. § 173 Satz 1 SGG) eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist nach § 172 Abs. 1 SGG statthaft; Ausschlussgründe, insb. der des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG (Zulassungsbedürftigkeit der Berufung im Hauptsacheverfahren) liegen nicht vor.

Die Beschwerde ist auch insofern zulässig, als mit der Beschwerde die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 02.05.2017 über den zunächst beantragten Zeitpunkt, den der Entscheidung des SG im Hauptsacheverfahren, hinaus, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, geltend gemacht wird. Die hierin zu erblickende Antragserweiterung ist nach § 99 Abs. 1 SGG, der auch im Rechtsmittelverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes heranzuziehen ist, zulässig, da die Erweiterung sachdienlich ist; sie, die Antragserweiterung, stellt den Rechtsstreit nicht auf ein neue Grundlage und erfasst keinen, bis dato noch nicht gegenständlichen Sachverhalt.

Die Beschwerde führt für die Antragstellerin auch inhaltlich zum Erfolg; die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 02.05.2017 ist, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des SG, bis zur Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens anzuordnen.

Einstweiliger Rechtsschutz ist im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 86b SGG zu gewähren. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehbarkeit ganz oder teilweise anordnen.

Die beim SG anhängige Anfechtungsklage (- S 1 KA 1356/17 -) der Beigeladenen zu 9) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 02.05.2017 hat gemäß § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Bei der hiernach nach § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG zu treffenden Entscheidung handelt es sich um eine gerichtliche Interessenabwägung nach pflichtgemäßem Ermessen, bei welcher die für und gegen einen Sofortvollzug sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen sind. Die Vollziehungsanordnung ist gerechtfertigt, wenn eine umfassende Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange zu dem Ergebnis führt, dass das Vollziehungsinteresse überwiegt (vgl. dazu Begründung zum 6. SGG-Änderungsgesetz, BT-Ds. 14/5943 zu Nr. 34). Von primärer Bedeutung sind dabei zunächst die voraussichtlichen Erfolgsaussichten der Klage; denn für die Vollziehung eines wahrscheinlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann regelmäßig weder ein öffentliches noch ein privates Interesse bestehen. Ist der angefochtene Verwaltungsakt hingegen als rechtmäßig anzusehen, erfordert die Anordnung des Sofortvollzugs ein hierauf gerichtetes besonderes Interesse des Begünstigten oder der Öffentlichkeit. Wenn die Erfolgsaussichten nicht abzuschätzen sind, ist anhand aller sonstigen relevanten Gesichtspunkte zu prüfen, ob ein besonderes, die Interessen des Drittbetroffenen überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug vorliegt.

In Anlegung dieser Maßstäbe ist vorliegend die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 02.05.2017 anzuordnen.

Die Klage der Beigeladenen zu 9) wird dieser voraussichtlich nicht zum Erfolg gereichen. Die Klage ist zwar zulässig, insb. ist die Beigeladenen zu 9) klagebefugt, indes ist die Entscheidung des Antragsgegners, die Antragstellerin als Nachfolgerin zur Fortführung der Psychotherapeutischen Praxis der Beigeladenen zu 8) auszuwählen und dem Antrag auf Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung mit einem halben Versorgungsauftrag mit Wirkung zum 01.10.2016 stattzugeben, nicht zu beanstanden.

Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den - wie vorliegend -Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, u.a. durch Verzicht endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet zunächst der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes darüber, ob ein Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Nach einer positiven Entscheidung hat die K. V. den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Dies gilt auch bei einem hälftigen Verzicht. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuss den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (§ 103 Abs. 4 Sätze 1 bis 4 SGB V). Nach § 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V sind bei der Auswahl der Bewerber die berufliche Eignung (Nr. 1), das Approbationsalter (Nr. 2), die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (Nr. 3), eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat (Nr. 4), ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist (Nr. 5), ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde (Nr. 6), ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der K. V. definiert worden sind, zu erfüllen (Nr. 7) und Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung (Nr. 8) einzustellen. Ferner ist nach § 103 Abs. 5 Satz 3 SGB V bei der Auswahl der Bewerber die Dauer der Eintragung in die bei der Kassenärztlichen Vereinigung geführte Warteliste zu berücksichtigen.

Mit der Ermächtigung, nach Ermessen zu entscheiden, hat der Gesetzgeber den Zulassungsgremien eine Auswahlbefugnis hinsichtlich der Auswahl eines Nachfolgers eröffnet. Dieser Entscheidungsspielraum der Zulassungsgremien ist von den Gerichten zu respektieren (BSG, Urteil vom 15.07.2015 -B 6 KA 32/14 R -; Urteil vom 20.03.2013 - B 6 KA 19/12 R -; Beschluss des erkennenden Senats vom 20.7.2006 - L 5 KA 3384/06 ER-B -, jew. in juris). Die gerichtliche Rechtskontrolle ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. § 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Eine danach rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung muss das Gericht hinnehmen; es ist nicht befugt, anstelle der Zulassungsinstanzen eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen. Hierzu hat sich in der Verwaltungslehre und Rechtsprechung eine Klassifikation von Ermessensfehlern entwickelt, deren Terminologie nicht völlig einheitlich ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rn. 27). Eine Ermessensüberschreitung ist anzunehmen, wenn eine Rechtsfolge gesetzt wird, die die gesetzliche Regelung so überhaupt nicht vorsieht. Eine Ermessensunterschreitung liegt vor, wenn die Verwaltung - gleich aus welchen Gründen - überhaupt keine Ermessenserwägungen anstellt und so handelt, als ob sie eine gebundene Entscheidung zu treffen hätte. Im Hinblick auf diese Ermessensfehler unterliegt die Entscheidung des Antragsgegners offensichtlich keinen Bedenken, da dieser umfangreiche Ermessenserwägungen angestellt hat und mit der Auswahl der Antragstellerin eine zulässige Entscheidung getroffen wurde.

Ein Ermessensfehler i.S. eines Ermessenfehlgebrauchs liegt vor, wenn die Zulassungsgremien ihr Ermessen gerade nicht entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausüben, bspw. indem sie sachfremde Erwägungen einstellen, wenn sie nicht alle maßgebenden Ermessensgesichtspunkte in ihre Entscheidung einbeziehen oder wenn sie die abzuwägenden Gesichtspunkte fehlerhaft gewichtet. Auch dies vermag der Senat in der Entscheidung des Antragsgegners nicht zu erkennen, dieser hat die sich aus dem Zweck des § 103 Abs. 4 SGB V ergebenden und zu berücksichtigen Ermessensüberlegungen umfänglich eingestellt, ordnungsgemäß gewichtet und sachfremde Gesichtspunkte außer acht gelassen.

Für die Ermessensausübung zur Bewerberauswahl macht das Gesetz an verschiedenen Stellen Vorgaben, ohne diese zu gewichten. So sind die berufliche Eignung, das Approbationsalter, die Dauer der ärztlichen Tätigkeit und die Dauer der Eintragung in die Warteliste einzustellen. I.d.S. hat der Antragsgegner die Beigeladenen zu 9) im Hinblick auf die Auswahlkriterien Approbationsalter, Dauer der ärztlichen Tätigkeit und Dauer der Eintragung in die Warteliste gegenüber der Antragstellerin bevorzugt. Der Antragsgegner hat jedoch sodann die Antragstellerin bei dem Kriterium der beruflichen Eignung als besser geeignet bewertet. Das Auswahlkriterium der beruflichen Eignung ist bezogen auf den nachzubesetzenden Vertragsarztsitz zu prüfen, da der Praxisübernehmer in der Lage sein muss, die Praxis im Wesentlichen fortzuführen. Hiermit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass er auch eine Kontinuität der Betreuung der Patienten in der Praxis für bedeutsam hält. Dies gilt entsprechend für Psychotherapeuten, wobei das BSG innerhalb der Richtlinienverfahren in den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren unterschiedliche Versorgungsangebote sieht (BSG, Urteil vom 23.06.2010 – B 6 KA 22/09 R -, in juris, dort Rn. 29). In diesem Rahmen ist auch auf die fachliche Identität der Praxisnachfolge abzustellen, ob mithin der Praxisübernehmer in der Lage ist, die Praxis im Wesentlichen fortzuführen, also den Teil der Sicherstellung der Versorgung gewährleisten kann, den zuvor der die Praxis abgebende Leistungserbringer erbracht hat.

Dies hat der Antragsgegner erkannt, berücksichtigt und ermessensfehlerfrei dahingehend gewichtet, dass die Antragstellerin über eine vertiefte Ausbildung in analytischer und tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie verfügt und ihr Tätigkeitsprofil daher enger an die bisherige Tätigkeit der Beigeladenen zu 8) anknüpft, mithin die Antragstellerin besser geeignet ist, die Praxis der Beigeladenen zu 8) mit ihrem psychoanalytischen Schwerpunkt fortzusetzen. Es unterliegt dem folgend gleichfalls keinen Bedenken, dem spezifischen Kriterium der konkreten Eignung für die Praxisfortführung gegenüber den allgemeinen Kriterien des Approbationsalter, der Dauer der ärztlichen Tätigkeit und der Dauer der Eintragung in die Warteliste den Vorrang einzuräumen.

Soweit die Beigeladene zu 9) im Hinblick auf die Ermessensbetätigung des Antragsgegners vorbringt, im Planbereich T. bestehe ein Ungleichgewicht zwischen der Anzahl der zugelassenen Kinder- und Jugendlichenverhaltenstherapeuten und der zugelassenen psychoanalytisch tätigen KJPT zu Ungunsten der Kinder- und Jugendlichenverhaltenstherapeuten, weswegen der Antragsgegner dies im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens auszugleichen habe, verkennt dies, dass das Nachbesetzungsverfahren eine größtmögliche Kontinuität zu wahren hat (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2014 - B 6 KA 23/13 R -, in juris), nicht jedoch dazu zu dienen bestimmt ist, bedarfsplanerische Überlegungen zu realisieren.

Schließlich hat der Antragsgegner zu Gunsten der Antragstellerin berücksichtigt, dass sich die die Beigeladene zu 8) eindeutig für sie und damit gegen die Beigeladene zu 9) ausgesprochen hat (vgl. hierzu § 103 Abs. 4 SGB V).

Hiernach erweist sich die Bewerberauswahl des Antragsgegners als ermessensfehlerfrei; sie ist gerichtlicherseits zu respektieren, woraus vorliegend folgt, dass die Klage der Beigeladenen zu 9) keine Aussicht auf Erfolg verspricht.

Bei der vorliegend zu treffenden Interessenabwägung sieht der Senat jedoch, anders als das SG, auch das für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erforderliche besondere Interesse als bestehend an. Hierbei ist zuvorderst die Sicherstellung der medizinischen Versorgung - das zentrale öffentliche Interesse i.S.d. § 97 Abs. 4 SGB V - zu berücksichtigen. Dieses sieht der Senat, anders als das SG, als betroffen an. Der Senat verkennt nicht, dass im maßgebenden Planungsbereich T. ein Versorgungsgrad von über 570 % besteht, indes hat die Bedarfsanalyse der Beigeladenen zu 1), die im Rahmen der Entscheidung des ZA, ob ein Nachbesetzungsverfahren durchgeführt wird, erstellt wurde, ergeben, dass davon auszugehen ist, dass bei einem Wegfall der Praxis der Beigeladenen zu 8) die vertragspsychotherapeutische Versorgung der Patienten nicht sichergestellt wäre, da infolge der Altersstruktur, der von der Beigeladenen zu 8) abgerechneten Fälle und der Größe des Planbezirks die tatsächlichen Gegebenheiten im Planbereich mit dem Versorgungsgrad nicht in Einklang zu bringen sind. Dies begründet für den Senat in Einklang mit dem "Fortführungsgedanken" (vgl. BSG, Urteil vom 20.03.2013 – B 6 KA 19/12 R -, in juris) ein im Rahmen der gerichtlichen Abwägung einzustellendes Interesse daran, die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 02.05.2017 anzuordnen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Beigeladene zu 8) mit einem hälftigen Versorgungsauftrag unverändert tätig ist oder die Antragstellerin zur zeitweisen Behandlung in einigen wenigen Fällen ermächtigt worden ist, da die hierdurch sichergestellte Versorgung nicht ausreicht, die Gefahr der mangelhaften Versorgung nachhaltig zu beseitigen.

Aus gegebenem Anlass ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die von der Antragstellerin angeführten privaten Interessen, die maßgeblich darin gründen, dass sie für die Übernahme der Praxis der Beigeladenen zu 8) Investitionen getätigt hat, nicht geeignet sind, ein (privates) Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit zu begründen. Dem SG ist insofern beizupflichten, dass es der eigenen Verantwortung der Antragstellerin unterliegt, zu einem Zeitpunkt Kredite aufzunehmen, zu dem sie noch keine Sicherheit hat, die Praxis tatsächlich übernehmen zu können.

Mithin kommt der Senat im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung in Ansehung der fehlenden Erfolgsaussichten der Klage der Beigeladenen zu 9) und der Gefährdung der Sicherstellung der medizinischen Versorgung zu der Einschätzung, dass die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 02.05.2017 bis zur Rechtskraft der Entscheidung anzuordnen ist; der Beschluss des SG ist hiernach aufzuheben, dem Antrag der Antragstellerin ist wie tenoriert stattzugeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 9) auf einer entsprechenden Anwendung des §197a SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene zu 9) mit ihrem Antrag erfolglos geblieben ist, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt die voraussichtlichen Honorareinahmen der Antragstellerin im Zeitraum zwischen dem Zulassungsbeschluss bis zur positiven gerichtlichen Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, 5.Aufl, 2017, B VI Ziff. 15.4). Diese sind ausgehend von der entsprechenden Mitteilung der Beigeladenen zu 8) im Verfahren der Hauptsache bei einer Gewinnerwartung über drei Jahre von 70.000,- EUR und einem Zeitraum von 15 Monaten zwischen dem Zulassungsbeschluss des ZA vom 29.08.2016 und der jetzigen Entscheidung mit 29.167,- EUR (70.000,- EUR / 36 Monate * 15 Monate) anzusetzen. Zwar ist der Streitwert eines Rechtsmittelverfahrens nach § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG grds. auf den Wert des Streitgegenstandes des ersten Rechtszuges beschränkt, da jedoch die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren - zulässigerweise - ihren erstinstanzlichen Antrag und damit auch den Streitgegenstand erweitert hat, bildet der Streitwert des Verfahrens vor dem SG vorliegend nach § 47 Abs. 2 Satz 2 GKG keine Obergrenze für den Streitwert des Beschwerdeverfahrens.
Rechtskraft
Aus
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