Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 5201/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1326/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1958 geborene Klägerin hat den Beruf der Friseurin erlernt. In ihrem Beruf war sie bis zum Jahr 2012 in Teilzeit beschäftigt. Nach Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bezog sie bis Dezember 2015 Arbeitslosengeld I.
Den Antrag der Klägerin vom 16. November 2012 auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. August 2013 ab, da die Klägerin in der Lage sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Als Friseurin sei sie noch in der Lage, drei bis unter sechs Stunden täglich zu arbeiten. Die Klägerin sei jedoch in der Lage, als Empfangsdame in der Kundenberatung größerer Friseursalons oder als Poststellenmitarbeiterin sechs Stunden täglich zu arbeiten, weshalb sie auch nicht berufsunfähig sei.
Grundlage der Entscheidung war unter anderem der Entlassungsbericht der Rehaklinik Heidelberg – Königstuhl über die vom 13. Juni 2012 bis 11. Juli 2012 durchgeführte medizinische Rehabilitationsmaßnahme (Diagnosen: Dilatative Kardiomyopathie unklarer Genese, Initial hochgradig, jetzt mittelschwer eingeschränkte LV-Funktion, arterielle Myopathie, Hyperlipoproteinämie) und das Gutachten des Internisten Dr. G. vom 22. Februar 2013 (Diagnosen: Dilatative Kardiomyopathie in Rückbildung, Fehlbildung des atlantoaxialen Gelenkes, PHS); die Klägerin könne als Friseurin drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten. Ansonsten seien leichte vollschichtige Tätigkeiten zumutbar.
Deswegen hat die Klägerin am 11. September 2013 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihm erhobenen Befunde hat der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. mitgeteilt, die Klägerin leide unter Depressionen und Ängstlichkeit (gute Response durch Venlafaxin). Er schätze die Leistungsfähigkeit der Klägerin für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder als Poststellenmitarbeiterin bzw. Empfangsdame auf drei bis unter sechs Stunden täglich ein. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T. hat dargelegt, dass bei der Klägerin ein schweres Halswirbelsäulensyndrom bei knöcherner Deformierung C1/2 und Spinalkanalstenose C2/3, eine beginnende Hüftarthrose, eine Condropathia Patellae links bestehe. Bei Vermeidung von Zwangshaltungen und schweren oder dauerhaften Belastungen der Arme sowie der Meidung von starken Kopfbewegungen halte er die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Tätigkeiten vollschichtig belastbar.
Das SG hat ferner ein Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. N. eingeholt. Dr. N. hat in seinem Sachverständigengutachten ausgeführt, bei der Klägerin sei eine Angst- und depressive Störung, gemischt gegeben; gegenwärtig bestehe eine leichte bis mittelgradige depressive Episode. Die Klägerin sei in der Lage, acht Arbeitsstunden täglich an fünf Tagen der Woche unter Beachtung qualitativer Einschränkungen zu verrichten.
Mit Urteil vom 26. Februar 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die – näher dargelegten – Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, seien nicht erfüllt. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Klägerin in der Lage sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden am Tag arbeitstäglich auszuüben. Insbesondere ergebe sich dies aus dem Gutachten von Dr. G. und aus dem Sachverständigengutachten des Dr. N ... Die Klägerin leide unter den Folgen einer Kardiomyopathie, einer degenerativen Veränderung im Bereich. der Halswirbelsäule und arthritischen Erkrankungen im Bereich der Hüfte und des linken Knies sowie einer Depression. Dr. G. habe schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die Herzerkrankung sich zurückgebildet habe, so dass eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens sich nicht daraus feststellen lasse. Auch die orthopädischen Leiden führten nach den übereinstimmenden Einschätzungen von Dr. G. und Dr. T. zu keiner zeitlichen Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten. Die psychischen Beeinträchtigungen begründeten ebenfalls keine quantitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Der Sachverständige Dr. N. habe eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht bejaht. Eine relevante Antriebsstörung habe der Gutachter nicht feststellen können, die Klägerin sei im Kontakt zugewandt und offen gewesen, Anhaltspunkte für eine Störung des Denkens und der Wahrnehmung habe der Gutachter nicht feststellen können. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liege nicht vor, die Gehfähigkeit sei nicht eingeschränkt. Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe ebenfalls nicht, die Klägerin sei zwar aufgrund ihrer Beeinträchtigungen im Bereich der Halswirbelsäule nur noch in der Lage, den bisherigen Beruf der Friseurin nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich auszuüben, sie sei jedoch zumutbar auf die Tätigkeiten einer Registraturkraft verweisbar.
Gegen das am 8. März 2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 6. April 2016 eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, sie sei nicht mehr in der Lage, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Dem Gutachten des Dr. N. könne nicht gefolgt werden, weil dieser sie nur ganz kurz gesehen habe und eine umfassende Untersuchung nicht durchgeführt worden sei; bei ihr liege eindeutig eine schwerwiegende Depression vor. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor. Die Beklagte habe selbst festgestellt, dass sie nicht in der Lage sei, ihren erlernten Beruf der Friseurin auszuüben. Es sei nicht zutreffend, dass sie in der Lage sei, an einem Schalter mit Publikumsverkehr zu arbeiten, hierfür seien auch ihre Sprachkenntnisse nicht ausreichend.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Aufhebung des Bescheids vom 19. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. August 2013 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit ab 1. November 2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die medizinischen Ermittlungen hätten ein zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen für zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ergeben. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe aus den zutreffenden Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht.
Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten auf nervenärztlichem Fachgebiet auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG von dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie Dr. B. sowie von Amts wegen von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie M ...
Dr. B. hat in seinem Sachverständigengutachten unter anderem ausgeführt, bei der Klägerin liege auf psychiatrischem Fachgebiet als seelische Störung eine rezidivierende depressive Störung vor, mit einer aktuell chronifizierten mittelgradig ausgeprägten zweiten Phase in atypischer Manifestation. Aktuell seien bei der Klägerin die Konzentration, das Durchhaltevermögen und die Selbstorganisation deutlich eingeschränkt; die Klägerin erlebe sich durchgehend defizitär und versuche durch "Pausen" sich etwas vitaler zu fühlen, was jedoch im Verlauf der letzten Jahre zu einer Zunahme der Antriebsstörungen sowie einer Abnahme der Selbstwirksamkeit geführt habe. Aus psychiatrischer Sicht könne die Klägerin mit der aktuellen Symptomatik auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine sechs Stunden an fünf Tagen die Woche arbeiten.
Der Neurologe und Psychiater M. hat in seinem Gutachten hingegen ausgeführt, bei der Klägerin bestehe eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, überwiegend als depressive Reaktion auf erhebliche familiäre Konflikte und Belastungen sowie eine subsyndromale Angstsymptomatik. Die Klägerin könne noch körperlich leichte Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis maximal 10 kg verrichten. Tätigkeiten mit sehr hohen Stressbelastungen wie Akkordarbeit und andere Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck, Tätigkeiten mit hohen oder sehr hohen nervlichen Belastungen und Tätigkeit mit sehr hohen emotionalen Belastungen, wie beispielsweise in der Pflege von Schwerstkranken und Tätigkeiten an einem Arbeitsplatz mit hohem Konfliktpotenzial, wie beispielsweise im Vollzugsdienst könnte nicht zugemutet werden. Tätigkeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und auch mit üblichem Publikumsverkehr seien zumutbar. Die Klägerin sei weiterhin in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung ihrer Gesundheit eine körperlich leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Entgegen der Auffassung des Dr. B. könne eine mittelgradige depressive Episode nicht festgestellt werden. Entgegen der Darstellung der Klägerin habe sich bei der Laboruntersuchung herausgestellt, dass sie das vom behandelnden Arzt Dr. R. verschriebene Arzneimittel (Antidepressiva) Venlafaxin nicht einnehme.
Der Senat hat den Sachverständigen M. ergänzend gehört, nachdem die Klägerin diesen wegen Befangenheit abgelehnt hat. Mit Beschluss des Senats vom 13. September 2017 hat der Senat diesen Antrag abgelehnt (auf Bl. 135-138 der Senatsakten wird ausdrücklich Bezug genommen). Daraufhin hat die Klägerin einen Laborbericht vom 27. September 2017 vorgelegt, wonach sie das genannte Arzneimittel einnehme.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung sowie teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. August 2013, mit dem die Beklagte die beantragte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit abgelehnt hat. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat in seinem schriftsätzlich formulierten Antrag zwar "lediglich" die Verurteilung der Beklagten zu Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung beantragt, jedoch in seiner Berufungsbegründung darauf hingewiesen, dass aus klägerischer Sicht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren weiterhin hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit begehrt.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit § 43 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind sowie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert.
Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Facharbeiter sind dementsprechend nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar (BSG, Urteil vom 30. September 1987, 5b RJ 20/86 in SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14. September 1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird.
Der Eintritt einer rentenberechtigenden Leistungsminderung muss im Wege des Vollbeweises festgestellt sein, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass bezüglich der Klägerin zumutbarer Tätigkeiten eine rentenrechtlich relevante qualitative oder eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich vorliegt.
Nach Maßgabe der vorgenannten rechtlichen Grundlagen hat die Klägerin deshalb keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass die Leiden auf orthopädischem Fachgebiet (degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, arthritische Erkrankungen im Bereich der Hüfte und des linken Kniegelenkes) und die Leiden auf kardiologischem/internistischem Fachgebiet zwar zu qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens führen, nicht jedoch zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung für leichte körperliche Arbeiten. Der vom Sachverständigen M. beschriebene körperlich-neurologische Befund bestätigt diese Einschätzung. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch die Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet führen nicht zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung für leichte körperliche Arbeiten. Der Senat folgt insoweit dem schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters M., der seinerseits im Wesentlichen mit dem nervenärztlichen Gutachten des Dr. N. eine Übereinstimmung beschrieben hat. Danach besteht eine rezidivierende depressive Störung, wobei der Sachverständige M. für den Senat schlüssig eine leichte Episode festgestellt hat. Ferner besteht eine subsyndromale Angstsymptomatik. Hingegen kann dem Sachverständigengutachten des Dr. B. nicht gefolgt werden. Die von ihm angenommene mittelgradige depressive Episode kann nach den Feststellungen des Sachverständigen M. für den Senat nicht schlüssig angenommen werden. Zu Recht wendet der Sachverständige M. hierzu ein, dass in der Verlaufsdarstellung des behandelnden Nervenarztes ebenfalls keine chronifizierte mittelgradige depressive Symptomatik festzustellen ist. Ferner hat der Sachverständige M. zu Recht darauf hingewiesen, dass es einen erheblichen Widerspruch zwischen der Behandlungsintensität und dem angegebenen angeblichen Leidensdruck gibt. So finden die Termine beim behandelnden Nervenarzt nur quartalsweise statt, die Medikation wird nicht eingenommen. Der Sachverständige M. hat bei den im Einzelnen dargelegten Laboruntersuchungen festgestellt, dass die Angaben der Klägerin, dass sie regelmäßig Venlafaxin 75 mg einnehme, widerlegt ist. Die regelmäßige Einnahme ist auch durch den später vorgelegten Laborbericht vom 27. September 2017 nicht belegt. Das Gutachten des Dr. B. erweist sich - worauf der Sachverständige M. hingewiesen hat - bzgl. des Ergebnisses der neuropsychologischen Zusatzuntersuchung und der Beantwortung der Beweisfragen als widersprüchlich. Die im psychiatrischen Gutachten formulierten Einschränkungen der Klägerin sind in der neuropsychologischen Zusatzuntersuchung nicht nachgewiesen worden. So habe die Klägerin bei dieser Untersuchung überall durchschnittliche unauffällige Ergebnisse erzielt, weshalb sich auch, so für den Senat schlüssig nach Auffassung des Sachverständigen M. keine eindeutigen Leistungseinschränkungen durch eine kognitive Störung psychiatrisch formulieren lässt. Der Sachverständige M. hat hier eine Differenz zwischen der Beschwerdedarstellung der Klägerin und den tatsächlich subjektiv empfundenen Beschwerden festgestellt. Hieraus kann, keine quantitative Minderung des Leistungsvermögens festgestellt werden. Im Übrigen hat bereits der Sachverständige Dr. B. einen ausgefüllten Tagesablauf der Klägerin beschrieben, der bereits gegen das Vorliegen einer mittelgradigen depressiven Episode spricht. Bestätigt wird dies durch den von dem Sachverständigen M. festgestellten Tagesablauf. So stehe sie am Morgen zwischen 5:00 Uhr und 8:00 Uhr auf, je nachdem, wann die Tochter zur Arbeit gehe oder wie sie ausgeschlafen habe; bei schlechtem Wetter bleibe sie auch mal länger liegen. Sie frühstücke zunächst, entweder alleine oder mit der Tochter wenn diese da sei, dann mache sie die Betten und den Haushalt. Sie koche, wenn ihre Tochter da sei es man gemeinsam, sonst esse sie alleine. Nach dem Mittagessen räume sie auf; bis die Küche fertig sei, sei es schon spätnachmittags. Dann kämen Besucher oder sie telefoniere mit einer Freundin. Bei schönem Wetter sitze sie draußen im Garten und treffe sich mit den Nachbarn im Garten zusammen und unterhalte sich. Die Klägerin unternimmt auch Urlaubsreisen. Auch dies spricht gegen eine gravierende depressive Symptomatik. Sie hat gegenüber dem Sachverständigen M. angegeben, einmal im Jahr nach Kroatien in Urlaub zu fahren. Mit ihrem Bruder zusammen gehöre ihr das Elternhaus, da fahre sie hin. In Kroatien sei sie weniger ängstlich, da habe sie viele Bekannte und Familie, Tante und Onkel.
Die Klägerin ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis max. 10 kg, ohne besondere Belastung der Halswirbelsäule und der Schultern arbeitstäglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Aufgrund der psychiatrischen Erkrankung sollten keine Tätigkeiten mit sehr hohen Stressbelastungen wie Akkordarbeit oder andere Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck, keine Tätigkeiten mit hohen oder sehr hohen nervlichen Belastungen, keine Tätigkeiten mit sehr hohen emotionalen Belastungen, wie beispielsweise in der Pflege von Schwerstkranken und keine Tätigkeiten an einem Arbeitsplatz mit hohem Konfliktpotenzial zugemutet werden. Die Wegefähigkeit der Klägerin wird von den Sachverständigen als nicht eingeschränkt beschrieben.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Selbst wenn sie aufgrund der oben genannten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit nicht mehr in der Lage ist, ihren erlernten und zuletzt ausgeübten Beruf einer Friseurin zu verrichten, ist sie zumutbar auf die Tätigkeit einer Registratorin verweisbar. Diese Tätigkeit ist für die Klägerin auch nach der med. Beweisaufnahme gesundheitlich möglich und zumutbar. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden und nachvollziehbaren Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Da die Klägerin nicht berufsunfähig ist, ist sie erst recht nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI, da sie berufliche Tätigkeiten in einem Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann und bei ihr mit dem oben dargelegten Leistungsvermögen weder eine schwere spezifische Leistungsminderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bestehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1958 geborene Klägerin hat den Beruf der Friseurin erlernt. In ihrem Beruf war sie bis zum Jahr 2012 in Teilzeit beschäftigt. Nach Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bezog sie bis Dezember 2015 Arbeitslosengeld I.
Den Antrag der Klägerin vom 16. November 2012 auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. August 2013 ab, da die Klägerin in der Lage sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Als Friseurin sei sie noch in der Lage, drei bis unter sechs Stunden täglich zu arbeiten. Die Klägerin sei jedoch in der Lage, als Empfangsdame in der Kundenberatung größerer Friseursalons oder als Poststellenmitarbeiterin sechs Stunden täglich zu arbeiten, weshalb sie auch nicht berufsunfähig sei.
Grundlage der Entscheidung war unter anderem der Entlassungsbericht der Rehaklinik Heidelberg – Königstuhl über die vom 13. Juni 2012 bis 11. Juli 2012 durchgeführte medizinische Rehabilitationsmaßnahme (Diagnosen: Dilatative Kardiomyopathie unklarer Genese, Initial hochgradig, jetzt mittelschwer eingeschränkte LV-Funktion, arterielle Myopathie, Hyperlipoproteinämie) und das Gutachten des Internisten Dr. G. vom 22. Februar 2013 (Diagnosen: Dilatative Kardiomyopathie in Rückbildung, Fehlbildung des atlantoaxialen Gelenkes, PHS); die Klägerin könne als Friseurin drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten. Ansonsten seien leichte vollschichtige Tätigkeiten zumutbar.
Deswegen hat die Klägerin am 11. September 2013 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihm erhobenen Befunde hat der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. mitgeteilt, die Klägerin leide unter Depressionen und Ängstlichkeit (gute Response durch Venlafaxin). Er schätze die Leistungsfähigkeit der Klägerin für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder als Poststellenmitarbeiterin bzw. Empfangsdame auf drei bis unter sechs Stunden täglich ein. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T. hat dargelegt, dass bei der Klägerin ein schweres Halswirbelsäulensyndrom bei knöcherner Deformierung C1/2 und Spinalkanalstenose C2/3, eine beginnende Hüftarthrose, eine Condropathia Patellae links bestehe. Bei Vermeidung von Zwangshaltungen und schweren oder dauerhaften Belastungen der Arme sowie der Meidung von starken Kopfbewegungen halte er die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Tätigkeiten vollschichtig belastbar.
Das SG hat ferner ein Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. N. eingeholt. Dr. N. hat in seinem Sachverständigengutachten ausgeführt, bei der Klägerin sei eine Angst- und depressive Störung, gemischt gegeben; gegenwärtig bestehe eine leichte bis mittelgradige depressive Episode. Die Klägerin sei in der Lage, acht Arbeitsstunden täglich an fünf Tagen der Woche unter Beachtung qualitativer Einschränkungen zu verrichten.
Mit Urteil vom 26. Februar 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die – näher dargelegten – Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, seien nicht erfüllt. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Klägerin in der Lage sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden am Tag arbeitstäglich auszuüben. Insbesondere ergebe sich dies aus dem Gutachten von Dr. G. und aus dem Sachverständigengutachten des Dr. N ... Die Klägerin leide unter den Folgen einer Kardiomyopathie, einer degenerativen Veränderung im Bereich. der Halswirbelsäule und arthritischen Erkrankungen im Bereich der Hüfte und des linken Knies sowie einer Depression. Dr. G. habe schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die Herzerkrankung sich zurückgebildet habe, so dass eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens sich nicht daraus feststellen lasse. Auch die orthopädischen Leiden führten nach den übereinstimmenden Einschätzungen von Dr. G. und Dr. T. zu keiner zeitlichen Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten. Die psychischen Beeinträchtigungen begründeten ebenfalls keine quantitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Der Sachverständige Dr. N. habe eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht bejaht. Eine relevante Antriebsstörung habe der Gutachter nicht feststellen können, die Klägerin sei im Kontakt zugewandt und offen gewesen, Anhaltspunkte für eine Störung des Denkens und der Wahrnehmung habe der Gutachter nicht feststellen können. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liege nicht vor, die Gehfähigkeit sei nicht eingeschränkt. Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe ebenfalls nicht, die Klägerin sei zwar aufgrund ihrer Beeinträchtigungen im Bereich der Halswirbelsäule nur noch in der Lage, den bisherigen Beruf der Friseurin nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich auszuüben, sie sei jedoch zumutbar auf die Tätigkeiten einer Registraturkraft verweisbar.
Gegen das am 8. März 2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 6. April 2016 eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, sie sei nicht mehr in der Lage, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Dem Gutachten des Dr. N. könne nicht gefolgt werden, weil dieser sie nur ganz kurz gesehen habe und eine umfassende Untersuchung nicht durchgeführt worden sei; bei ihr liege eindeutig eine schwerwiegende Depression vor. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor. Die Beklagte habe selbst festgestellt, dass sie nicht in der Lage sei, ihren erlernten Beruf der Friseurin auszuüben. Es sei nicht zutreffend, dass sie in der Lage sei, an einem Schalter mit Publikumsverkehr zu arbeiten, hierfür seien auch ihre Sprachkenntnisse nicht ausreichend.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Aufhebung des Bescheids vom 19. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. August 2013 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit ab 1. November 2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die medizinischen Ermittlungen hätten ein zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen für zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ergeben. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe aus den zutreffenden Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht.
Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten auf nervenärztlichem Fachgebiet auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG von dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie Dr. B. sowie von Amts wegen von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie M ...
Dr. B. hat in seinem Sachverständigengutachten unter anderem ausgeführt, bei der Klägerin liege auf psychiatrischem Fachgebiet als seelische Störung eine rezidivierende depressive Störung vor, mit einer aktuell chronifizierten mittelgradig ausgeprägten zweiten Phase in atypischer Manifestation. Aktuell seien bei der Klägerin die Konzentration, das Durchhaltevermögen und die Selbstorganisation deutlich eingeschränkt; die Klägerin erlebe sich durchgehend defizitär und versuche durch "Pausen" sich etwas vitaler zu fühlen, was jedoch im Verlauf der letzten Jahre zu einer Zunahme der Antriebsstörungen sowie einer Abnahme der Selbstwirksamkeit geführt habe. Aus psychiatrischer Sicht könne die Klägerin mit der aktuellen Symptomatik auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine sechs Stunden an fünf Tagen die Woche arbeiten.
Der Neurologe und Psychiater M. hat in seinem Gutachten hingegen ausgeführt, bei der Klägerin bestehe eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, überwiegend als depressive Reaktion auf erhebliche familiäre Konflikte und Belastungen sowie eine subsyndromale Angstsymptomatik. Die Klägerin könne noch körperlich leichte Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis maximal 10 kg verrichten. Tätigkeiten mit sehr hohen Stressbelastungen wie Akkordarbeit und andere Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck, Tätigkeiten mit hohen oder sehr hohen nervlichen Belastungen und Tätigkeit mit sehr hohen emotionalen Belastungen, wie beispielsweise in der Pflege von Schwerstkranken und Tätigkeiten an einem Arbeitsplatz mit hohem Konfliktpotenzial, wie beispielsweise im Vollzugsdienst könnte nicht zugemutet werden. Tätigkeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und auch mit üblichem Publikumsverkehr seien zumutbar. Die Klägerin sei weiterhin in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung ihrer Gesundheit eine körperlich leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Entgegen der Auffassung des Dr. B. könne eine mittelgradige depressive Episode nicht festgestellt werden. Entgegen der Darstellung der Klägerin habe sich bei der Laboruntersuchung herausgestellt, dass sie das vom behandelnden Arzt Dr. R. verschriebene Arzneimittel (Antidepressiva) Venlafaxin nicht einnehme.
Der Senat hat den Sachverständigen M. ergänzend gehört, nachdem die Klägerin diesen wegen Befangenheit abgelehnt hat. Mit Beschluss des Senats vom 13. September 2017 hat der Senat diesen Antrag abgelehnt (auf Bl. 135-138 der Senatsakten wird ausdrücklich Bezug genommen). Daraufhin hat die Klägerin einen Laborbericht vom 27. September 2017 vorgelegt, wonach sie das genannte Arzneimittel einnehme.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung sowie teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. August 2013, mit dem die Beklagte die beantragte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit abgelehnt hat. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat in seinem schriftsätzlich formulierten Antrag zwar "lediglich" die Verurteilung der Beklagten zu Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung beantragt, jedoch in seiner Berufungsbegründung darauf hingewiesen, dass aus klägerischer Sicht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren weiterhin hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit begehrt.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit § 43 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind sowie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert.
Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Facharbeiter sind dementsprechend nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar (BSG, Urteil vom 30. September 1987, 5b RJ 20/86 in SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14. September 1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird.
Der Eintritt einer rentenberechtigenden Leistungsminderung muss im Wege des Vollbeweises festgestellt sein, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass bezüglich der Klägerin zumutbarer Tätigkeiten eine rentenrechtlich relevante qualitative oder eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich vorliegt.
Nach Maßgabe der vorgenannten rechtlichen Grundlagen hat die Klägerin deshalb keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass die Leiden auf orthopädischem Fachgebiet (degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, arthritische Erkrankungen im Bereich der Hüfte und des linken Kniegelenkes) und die Leiden auf kardiologischem/internistischem Fachgebiet zwar zu qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens führen, nicht jedoch zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung für leichte körperliche Arbeiten. Der vom Sachverständigen M. beschriebene körperlich-neurologische Befund bestätigt diese Einschätzung. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch die Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet führen nicht zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung für leichte körperliche Arbeiten. Der Senat folgt insoweit dem schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters M., der seinerseits im Wesentlichen mit dem nervenärztlichen Gutachten des Dr. N. eine Übereinstimmung beschrieben hat. Danach besteht eine rezidivierende depressive Störung, wobei der Sachverständige M. für den Senat schlüssig eine leichte Episode festgestellt hat. Ferner besteht eine subsyndromale Angstsymptomatik. Hingegen kann dem Sachverständigengutachten des Dr. B. nicht gefolgt werden. Die von ihm angenommene mittelgradige depressive Episode kann nach den Feststellungen des Sachverständigen M. für den Senat nicht schlüssig angenommen werden. Zu Recht wendet der Sachverständige M. hierzu ein, dass in der Verlaufsdarstellung des behandelnden Nervenarztes ebenfalls keine chronifizierte mittelgradige depressive Symptomatik festzustellen ist. Ferner hat der Sachverständige M. zu Recht darauf hingewiesen, dass es einen erheblichen Widerspruch zwischen der Behandlungsintensität und dem angegebenen angeblichen Leidensdruck gibt. So finden die Termine beim behandelnden Nervenarzt nur quartalsweise statt, die Medikation wird nicht eingenommen. Der Sachverständige M. hat bei den im Einzelnen dargelegten Laboruntersuchungen festgestellt, dass die Angaben der Klägerin, dass sie regelmäßig Venlafaxin 75 mg einnehme, widerlegt ist. Die regelmäßige Einnahme ist auch durch den später vorgelegten Laborbericht vom 27. September 2017 nicht belegt. Das Gutachten des Dr. B. erweist sich - worauf der Sachverständige M. hingewiesen hat - bzgl. des Ergebnisses der neuropsychologischen Zusatzuntersuchung und der Beantwortung der Beweisfragen als widersprüchlich. Die im psychiatrischen Gutachten formulierten Einschränkungen der Klägerin sind in der neuropsychologischen Zusatzuntersuchung nicht nachgewiesen worden. So habe die Klägerin bei dieser Untersuchung überall durchschnittliche unauffällige Ergebnisse erzielt, weshalb sich auch, so für den Senat schlüssig nach Auffassung des Sachverständigen M. keine eindeutigen Leistungseinschränkungen durch eine kognitive Störung psychiatrisch formulieren lässt. Der Sachverständige M. hat hier eine Differenz zwischen der Beschwerdedarstellung der Klägerin und den tatsächlich subjektiv empfundenen Beschwerden festgestellt. Hieraus kann, keine quantitative Minderung des Leistungsvermögens festgestellt werden. Im Übrigen hat bereits der Sachverständige Dr. B. einen ausgefüllten Tagesablauf der Klägerin beschrieben, der bereits gegen das Vorliegen einer mittelgradigen depressiven Episode spricht. Bestätigt wird dies durch den von dem Sachverständigen M. festgestellten Tagesablauf. So stehe sie am Morgen zwischen 5:00 Uhr und 8:00 Uhr auf, je nachdem, wann die Tochter zur Arbeit gehe oder wie sie ausgeschlafen habe; bei schlechtem Wetter bleibe sie auch mal länger liegen. Sie frühstücke zunächst, entweder alleine oder mit der Tochter wenn diese da sei, dann mache sie die Betten und den Haushalt. Sie koche, wenn ihre Tochter da sei es man gemeinsam, sonst esse sie alleine. Nach dem Mittagessen räume sie auf; bis die Küche fertig sei, sei es schon spätnachmittags. Dann kämen Besucher oder sie telefoniere mit einer Freundin. Bei schönem Wetter sitze sie draußen im Garten und treffe sich mit den Nachbarn im Garten zusammen und unterhalte sich. Die Klägerin unternimmt auch Urlaubsreisen. Auch dies spricht gegen eine gravierende depressive Symptomatik. Sie hat gegenüber dem Sachverständigen M. angegeben, einmal im Jahr nach Kroatien in Urlaub zu fahren. Mit ihrem Bruder zusammen gehöre ihr das Elternhaus, da fahre sie hin. In Kroatien sei sie weniger ängstlich, da habe sie viele Bekannte und Familie, Tante und Onkel.
Die Klägerin ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis max. 10 kg, ohne besondere Belastung der Halswirbelsäule und der Schultern arbeitstäglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Aufgrund der psychiatrischen Erkrankung sollten keine Tätigkeiten mit sehr hohen Stressbelastungen wie Akkordarbeit oder andere Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck, keine Tätigkeiten mit hohen oder sehr hohen nervlichen Belastungen, keine Tätigkeiten mit sehr hohen emotionalen Belastungen, wie beispielsweise in der Pflege von Schwerstkranken und keine Tätigkeiten an einem Arbeitsplatz mit hohem Konfliktpotenzial zugemutet werden. Die Wegefähigkeit der Klägerin wird von den Sachverständigen als nicht eingeschränkt beschrieben.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Selbst wenn sie aufgrund der oben genannten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit nicht mehr in der Lage ist, ihren erlernten und zuletzt ausgeübten Beruf einer Friseurin zu verrichten, ist sie zumutbar auf die Tätigkeit einer Registratorin verweisbar. Diese Tätigkeit ist für die Klägerin auch nach der med. Beweisaufnahme gesundheitlich möglich und zumutbar. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden und nachvollziehbaren Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Da die Klägerin nicht berufsunfähig ist, ist sie erst recht nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI, da sie berufliche Tätigkeiten in einem Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann und bei ihr mit dem oben dargelegten Leistungsvermögen weder eine schwere spezifische Leistungsminderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bestehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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