L 2 AS 4599/17 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 2247/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 4599/17 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Landessozialgericht Baden-Württemberg

L 2 AS 4599/17 ER-B

S 10 AS 2247/17 ER
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. November 2017 wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, nach § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies ist der Fall, wenn es dem Antragssteller nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Auflage 2017, § 86b RdNr. 28). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage aufgrund einer summarischen Prüfung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (BVerfG, 2. Mai 2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Allerdings sind die an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg v. 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und v. 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt Kommentar zum SGG, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 42).

Dies zu Grunde gelegt hat das SG zutreffend den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Ziel auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, nämlich ohne Berücksichtigung einer Bedarfsgemeinschaft mit H. K., abgelehnt. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Der Senat schließt sich diesbezüglich nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens dem SG an und verweist zur Begründung auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG).

Ergänzend ist mit Blick auf das Beschwerdevorbringen noch auszuführen, dass auch für den Senat die Vermutung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft (§ 7 Abs. 3a SGB II) trotz der behaupteten Trennung in 2013/2014 nicht widerlegt ist. Die Würdigung der Gesamtumstände führt zum Ergebnis, dass die zusammen wohnenden Personen ihr tägliches Leben in einem hohen Maß aufeinander abgestimmt haben und nicht jeder für sich nebenbei lebt (vgl. hierzu LSG Niedersachsen-Bremen 11.12.2012 - L 11 AS 679/08 -). Der große Altersunterschied von ca. 27 Jahren hat den Antragsteller und Frau K. nicht daran gehindert, mehr als 20 Jahre in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu leben. Die gemeinsame Wohnsituation besteht fort. Die behauptete Trennung wird allein mit der Bettlägerigkeit der Frau K. begründet. Dies ist für sich genommen jedoch kein Beleg für eine Trennung nach einer so langen Zeit des Zusammenlebens und sagt nichts über die innere Verbundenheit aus. Auch der Umstand, dass der Antragsteller im Wohnzimmer nächtigt statt im Schlafzimmer bei Frau K. ist bei behaupteter schwerer Pflegebedürftigkeit nachvollziehbar, dokumentiert aber in dem Zusammenhang nach außen keinen Trennungswillen. Zu Recht hat das SG die vom Antragsteller der Frau K. geleisteten Hilfsdienste bei langjähriger Partnerschaft im Gesamtzusammenhang als Beleg für ein Fortbestehen der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft gewertet. Allein aus der Ankündigung des Antragstellers, bei weiterer Anrechnung von Einkommen der Frau K. ausziehen zu wollen, lassen sich ebenso keine weiteren Rückschlüsse ziehen. Daraus ergibt sich, dass der Antragsgegner nach der gebotenen summarischen Prüfung wohl zu Recht vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau K. ausgeht und deren übersteigendes Renteneinkommen zutreffend beim Antragsteller anrechnet.

Aus diesen Gründen ist die Beschwerde und folglich auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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