L 2 SO 885/17 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SO 2857/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 885/17 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. Februar 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 23.Februar 2017 ist zulässig (§ 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Beschwerde der Klägerin ist aber nicht begründet, da die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nicht vorliegen.

Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt.

Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht. Im Streit steht hier die Übernahme von Kosten für die Behandlung durch eine Heilpraktikerin (Akupunktur) i.H.v. 160 EUR, für ein Attest des behandelnden Orthopäden i.H.v. 10 EUR sowie die Zuzahlung zur Krankengymnastik i.H.v. 19 EUR und die Übernahme der Kosten für die Ausstellung einer Geburtsurkunde i.H.v. 16 EUR, zusammen 205 EUR.

Da das SG die Berufung im Urteil nicht zugelassen hat, bedarf die Berufung der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des LSG, Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Keine dieser Voraussetzungen liegt vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch weicht das Urteil des SG vom 21. Februar 2017 von Entscheidungen des LSG, des BSG, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG ab, noch liegt ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine oder mehrere Rechtsfragen aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts im allgemeinen Interesse einer Klärung durch das Berufungsgericht bedürftig und fähig sind. Die Beschwerdeführerin muss daher anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung der (höchstrichterlichen) Rechtsprechung, gegebenenfalls sogar des Schrifttums, angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist, und das angestrebte Berufungsverfahren eine Klärung erwarten lässt (s. hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 144 Rdnr. 28 u. § 160 Rdnr. 6; s. u.a. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 60 und SozR 3-1500 § 160 a Nr. 16). Geht es um bereits geklärte Rechtsfragen, so ist darzulegen, aus welchen erheblichen Gründen sich die Notwendigkeit einer Überprüfung der bereits vorliegenden Rechtsprechung ergibt; dies ist etwa dann der Fall, wenn dieser Rechtsprechung in nicht nur geringfügigen Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 13). Die Beschwerdeführerin muss mithin, um ihrer Darlegungspflicht zu genügen, aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinne wirft die Streitsache jedoch nicht auf. Hierzu ist von der Klägerin auch nichts dargetan worden. Die Klägerin wendet sich im Ergebnis allein dagegen, dass in der mündlichen Verhandlung von ihr im Vorfeld benannte Zeugen zu den Wohnverhältnissen in der S. Straße 24 nicht angehört wurden.

Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leithere in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/B. Schmidt, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil vom 23. Februar 2017 nicht aufgestellt, so dass eine Divergenz nicht in Betracht kommt.

Ein Verfahrensmangel im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG muss geltend gemacht werden und die Entscheidung muss auf ihm beruhen können. Der Verfahrensmangel muss außerdem der Beurteilung des LSG unterliegen, das bedeutet, das LSG muss ihn prüfen können. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren (nicht das Widerspruchsverfahren und nicht das Verwaltungsverfahren) regelt. Der Mangel bezieht sich nicht auf den sachlichen Inhalt, es geht insoweit nicht um die Richtigkeit der Entscheidung, sondern um das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Wege zum Urteil oder die Zulässigkeit des Urteils (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/B. Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 144 Rdnr. 32 m. w. N.). Nicht ersichtlich ist schließlich das Vorliegen eines Verfahrensmangels, auf dem das Urteil des SG beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Insbesondere wird dem SG nicht mit Aussicht auf Erfolg eine fehlerhafte Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) oder mangelnde Sachaufklärung (§ 103 SGG) vorgehalten werden können; denn im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG und auf mangelnde Sachaufklärung (§ 103 SGG) nur dann gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das SG nach seiner Rechtsauffassung ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (vgl. hierzu etwa Beschluss des 11a-Senats des BSG vom 22. Mai 2006 - B 11a AL 9/06 BH - bezüglich der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision). Soweit die Klägerin in ihrer Beschwerdeschrift sich dagegen wendet, dass von ihr benannte Zeugen zu den Wohnverhältnissen in der S. Straße 24 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht angehört wurden, hat sie damit keinen Verfahrensmangel im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG geltend gemacht und dargelegt. Gegenstand des Verfahrens vor dem SG waren alleine die Geltendmachung einer Arztrechnung für Leistungen einer Heilpraktikerin i.H.v. 160 EUR, Kosten i.H.v. 10 EUR für ein Attest des behandelnden Orthopäden, sowie 19 EUR für die Zuzahlung zur Krankengymnastik und 16 EUR für eine Geburtsurkunde für das Kind der Klägerin. Die Wohnverhältnisse in der S. Straße 24 waren hingegen nicht Gegenstand des Verfahrens, weshalb das SG die von der Klägerin für die mündliche Verhandlung benannten Zeugen auch nicht anzuhören hatte.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts vom 23. Februar 2017 wird hiermit rechtskräftig (vergleiche § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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