L 5 KR 4503/17 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 3007/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4503/17 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 27.10.2017 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 4.279,72 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Beitragsforderungen.

Der Antragsteller war Inhaber der Firma K. F. J. H ... Bei der Antragsgegnerin waren ab 2009 fünf Mitarbeiter gemeldet. Zum 31.12.2010 gab der Antragsteller sein Gewerbe auf.

Die DRV führte bei dem Antragsteller eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 01.01.2007 bis 30.11.2010 durch. Mit Bescheid vom 11.06.2012 setzte sie eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen i.H.v. insgesamt 152.872,89 EUR fest. Mit Schreiben vom gleichen Tag meldete die DRV der Antragsgegnerin, dass die nachberechneten Beiträge/Umlagen einschließlich Säumniszuschläge für die Mitglieder der Antragsgegnerin 32.833,41 EUR betrügen.

Der Antragsteller erhob gegen den Bescheid der DRV am 19.06.2012 Widerspruch und stellte zugleich einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Ulm (SG; S 12 R 1965/12 ER). In Ausführung des im einstweiligen Rechtsschutzverfahrens abgeschlossenen Vergleichs überprüfte die DRV die Höhe der Forderung und erließ den Änderungsbescheid vom 05.09.2012. Darin verminderte die DRV den sich aus der Betriebsprüfung ergebenden Nachforderungsbetrag auf 106.023,82 EUR. Die Forderung der Antragsgegnerin betrug nach der Neuberechnung 8.179,78 EUR (4.681,52 EUR für das Jahr 2009 und 3.498,26 EUR für das Jahr 2010) zuzüglich Säumniszuschlägen bis September 2010 i.H.v. 2.626,50 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2013 wies die DRV den Widerspruch im Übrigen zurück. Mit Schreiben vom 28.02.2013 teilte die DRV der Antragsgegnerin das Ergebnis des Widerspruchs mit.

Eine Klage gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Antragsteller nicht.

Am 11.11.2015 stellte der Antragsteller hinsichtlich der Abgabennachforderung und der eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen erneut einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG (S 11 R 3507/15 ER). Das Gericht wies den Antrag mit Beschluss vom 27.11.2015 zurück. Die hiergegen eingelegte Beschwerde blieb erfolglos (Beschluss des erkennenden Senats vom 14.06.2016 - L 5 R 5328/15 ER-B -).

Im Hinblick auf den Bescheid vom 11.06.2012 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 05.09.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2013 stellte der Antragsteller sodann bei der DRV einen Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Mit Bescheid vom 13.02.2017 verminderte die DRV daraufhin den Nachforderungsbetrag auf insgesamt nur noch 99.419,05 EUR inkl. Säumniszuschlägen i.H.v. 24.213,50 EUR. Die auf die Antragsgegnerin entfallenden Beiträge gab die DRV (wie bisher) mit 4.681,52 EUR für das Jahr 2009 und 3.498,26 EUR für das Jahr 2010 an. Die hierfür anfallenden Säumniszuschläge beliefen sich bis September 2010 auf 2.626,50 EUR.

Der Antragsteller legte gegen den Bescheid vom 13.02.2017 Widerspruch ein, den die DRV mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2017 zurückwies. Am 09.06.2017 erhob er hiergegen die noch anhängige Klage zum SG (S 13 R 1795/17).

Mit mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenem Bescheid vom 18.03.2013, zugestellt am 20.03.2013, stellte die Antragsgegnerin fest, dass der Antragsteller für die Zeit bis Dezember 2010 noch Beiträge i.H.v. 2.677,68 EUR schulde. Zudem führte sie die sich aus der Betriebsprüfung ergebende Nachforderung i.H.v. 8.179,78 EUR nochmals auf und teilte mit, dass Säumniszuschläge bis Februar 2013 i.H.v. 3.763,85 EUR angefallen seien sowie Kosten und Gebühren i.H.v. 60,65 EUR, insgesamt also 14.681,96 EUR. Sie forderte den Antragsteller zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen auf, den Betrag bis 19.04.2013 zu zahlen.

Am 21.06.2016 erteilte die Vollstreckungsbehörde der Antragsgegnerin dem Antragsteller gegenüber eine vollstreckbare Ausfertigung des Leistungsbescheids gemäß § 66 Abs. 4 SGB X. Im geschuldeten Gesamtbetrag i.H.v. 16.969,46 EUR sind der ausstehende Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die Zeit vom 01.11.2010 - 31.12.2010 i.H.v. 2.677,68 EUR, die Nachforderung aus der Betriebsprüfung i.H.v. 8.179,78 EUR sowie Säumniszuschläge bis 31.05.2016 i.H.v. 6.112,00 EUR enthalten.

Des Weiteren erließ die Antragsgegnerin gegenüber der Z. GmbH am 21.06.2016 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung. Der Antragssteller schulde einen Gesamtbetrag in Höhe von 16.969,46 EUR. Zudem fielen Vollstreckungsgebühren i.H.v. 26,- EUR sowie Zustellkosten i.H.v. 3,45 EUR an. Die Vollstreckungsforderung betrage damit insgesamt 16.998,91 EUR. Wegen und bis zur Höhe dieser Schuld werde der Anspruch des Schuldners gegenüber dem Drittschuldner, der Z. GmbH, gemäß §§ 3-5 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) gepfändet. Zudem werde angeordnet, dass bei der Berechnung der Pfändungsbeträge gem. § 850c Zivilprozessordnung (ZPO) die unterhaltspflichtigen Kinder unberücksichtigt blieben, da der Schuldner nach eigenen Angaben in der Vermögensauskunft vom 12.11.2015 tatsächlich weder Geld noch Naturalunterhalt leiste. Die gepfändete Summe werde gemäß § 314 AO dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen.

Mit Schreiben vom 01.10.2017 wandte sich der Antragsteller an die Antragsgegnerin. Ihm sei nach Durchsicht der Unterlagen aufgefallen, dass ein Guthaben im Hinblick auf die Sozialversi-cherungsbeiträge bestehen müsse. Die DRV habe für das Jahr 2009 Beiträge i.H.v. 4.681,52 EUR und für das Jahr 2010 Beiträge i.H.v. 3.498,25 EUR festgesetzt. Er habe in den vergangenen Jahren jedoch 14.944,14 EUR bezahlt. Es müsse daher ein Guthaben i.H.v. 6746,36 EUR bestehen. Zuzüglich Verzinsung ergebe sich eine Forderung i.H.v. 10.790,36 EUR. Die Antragsgegnerin werde aufgefordert, die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzustellen und zurückzunehmen.

Gleichzeitig (Eingang beim SG am 05.10.2017) erhob der Antragsteller auch "sofortige Beschwerde" gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 21.06.2016. Er beantragte die Zwangsvollstreckung einzustellen. Zur Begründung führte er aus, dass die Forderung der Antragsgegnerin nicht richtig sei. Die DRV habe insgesamt Beiträge i.H.v. 8.179,78 EUR sowie - unberechtigte - Säumniszuschläge i.H.v. 2.626,50 EUR festgesetzt. Die Antragsgegnerin habe es unterlassen, die vom ihm bereits getätigten Zahlungen auf die Festsetzungen der DRV anzurechnen. Er habe in der Zeit vom 31.05.2010 bis 13.04.2011 14.944,14 EUR an die Antragsgegnerin bezahlt. Es ergebe sich somit eine Überzahlung i.H.v. 6.746,36 EUR.

Mit Schreiben vom 06.10.2017 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass er in den Jahren 2010 und 2011 zwar Zahlungen geleistet habe. Diese seien jedoch auf laufende und rückständige Beiträge bezahlt worden. Der Betriebsprüfungsbescheid datiere auf den 11.06.2012, womit es nicht möglich sei, dass die darin nachberechneten Rückstände bereits durch Zahlungen in 2010 beglichen worden wären.

Dem SG gegenüber trat die Antragsgegnerin dem Antrag entgegen. Der Gesetzgeber habe das Vollzugsrisiko bei Abgabenbescheiden bewusst auf den Adressaten verlagert. Nach § 86 a Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hätten Widerspruch und Klage bei Entscheidungen über Versicherungs-, Beitragspflichten oder der Anforderung von Beiträgen keine aufschiebende Wirkung. Diese gesetzliche Risikoverteilung würde unterlaufen, wenn bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens die Vollziehung ausgesetzt würde. Es gehe um die Deckung des Finanzbedarfs der Krankenkassen, wodurch die Funktionsfähigkeit der Krankenkassen sichergestellt werde. Bei ihr, der Antragsgegnerin, seien 5 Mitarbeiter des Antragstellers gemeldet gewesen. Es gehe um den Beitragszeitraum ab September 2009. Der Antragsteller sei von Anfang an mit der Beitragszahlung im Rückstand gewesen, die letzte Teilzahlung sei am 14.07.2011 erfolgt. Darüber hinaus sei es aufgrund einer Betriebsprüfung der DRV zu einer Beitragsnachforderung gekommen. Insgesamt sei damit noch ein Betrag i.H.v. 16.998,91 EUR offen. Sie, die Antragsgegnerin, habe am 18.03.2013 einen Beitragsfeststellungsbescheid erlassen, der dem Antragsteller am 20.03.2013 zugestellt worden sei. Dagegen habe der Antragsteller keinen Widerspruch erhoben. Zwar könne das Schreiben des Antragstellers vom 01.10.2017 als Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X gewertet werden. Hierüber habe sie, die Antragsgegnerin, jedoch bereits mit Schreiben vom 06.10.2017 entschieden. Ein Widerspruch hiergegen liege bis heute nicht vor.

Der Antragsteller beanstandete hierauf, dass die Antragsgegnerin nicht vorgetragen habe, welche fünf Personen bei ihr gemeldet gewesen seien. Die Feststellungen der DRV begönnen im Mai 2009 und endeten im Oktober 2010. Der Prüfungszeitraum betrage aber vier Jahre, die DRV hätte daher auch Beiträge bis 2006 ermitteln müssen. Zudem habe sie keine Beweise vorgelegt, die ihre Angaben bestätigten. Die Antragsgegnerin setze die Pfändung auch mit einer übertriebenen Härte durch. Die Antragsgegnerin berufe sich auf eine über zwei Jahre alte Vermögensauskunft. Er sei aber entgegen der damaligen Auskunft gegenüber seiner minderjährigen Tochter unterhaltsverpflichtet. Mit Beschluss vom 27.10.2017 lehnte das SG den Antrag ab. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sei eröffnet. Der Antrag sei auch zulässig. Nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG könne das Gericht der Hauptsache, sofern ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliege, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand erlassen, wenn die Gefahr bestehe, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG sei eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheine. Der Zulässigkeit stehe nicht entgegen, dass der Betriebsprüfungsbescheid der DRV vom 11.06.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 05.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2013 nach § 77 SGG bindend geworden sei. Insofern müsse berücksichtigt werden, dass der Antragsteller gegen diese Bescheide einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt habe. Der daraufhin ergangene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sei nicht bestandskräftig, weil hiergegen durch den Antragsteller Klage erhoben worden sei (S 13 R 1795/17). In Fällen wie diesem gebiete es Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), vorläufigen Rechtsschutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen eines bestandskräftigen Bescheides zuzulassen. Dabei dürfe die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes aber nicht so weit gehen, dass dadurch die Bestandskraft des Beitragsbescheides beseitigt würde (vgl. dazu LSG Thüringen, Beschluss vom 10.06.2015 - L 6 KR 430/15 B ER - juris, Rn. 18; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.11.2013 - L 9 KR 254/13 B ER - juris, Rn. 3). Die ausstehenden laufenden Beiträge seien vom Antragsgegner mit Bescheid vom 18.03.2013 festgestellt worden. Hiergegen habe der Antragsteller keinen Widerspruch eingelegt. Im Hinblick auf diesen Bescheid könne dahinstehen, ob es sich - woran das Gericht seine Zweifel hege - bei dem Schreiben vom 01.10.2017 seitens des Antragstellers um einen Überprüfungsantrag und bei dem Schreiben vom 06.10.2017 von Seiten der Antragsgegnerin um eine Ablehnung des Überprüfungsantrags handele, da selbst in diesem Fall eine Einstellung der Zwangsvollstreckung mangels Anordnungsanspruch nicht in Betracht komme. Der Antrag sei jedoch nicht begründet. Soweit der Antragsteller einwende, er habe bereits Beiträge an die Antragsgegnerin bezahlt, die die von der DRV festgestellte Beitragsschuld übersteigen würden, greife dieser Einwand nicht durch. Zwar könnte eine Erfüllung der Beitragsforderung die weitere Zwangsvollstreckung unzulässig machen, vgl. § 767 ZPO (hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.07.2015 - L 11 KR 3149/15 ER - juris, Rn. 30), eine Erfüllung der Beitragsschuld sei aber entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht eingetreten. Der Antragsteller gebe konkret an, er habe zusammengerechnet auf die Beitragsschuld bereits 14.944,14 EUR bezahlt, die von der DRV festgestellte Beitragsschuld betrage hingegen nur 8.179,78 EUR zuzüglich Säumniszuschlägen i.H.v. 2.626,50 EUR. Dementsprechend ergebe sich eine Überzahlung. Der Antragsteller verkenne jedoch, dass die von ihm angeführte Zahlung auf die laufenden, von ihm gemeldeten Beiträge erfolgt sei. Die im Betriebsprüfungsbescheid enthaltene Beitragsforderung stelle eine Nachforderung dar, d.h. die darin festgestellte Beitragsforderung bestehe neben den bereits gemeldeten Beiträgen. Die vom Antragsteller vorgenommenen Zahlungen deckten - wie sich aus der Aufstellung in der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin ergebe (Bl. 66-71 der Verwaltungsakte) - nicht einmal vollständig die aufgelaufenen, bereits gemeldeten Beiträge. Eine Erfüllung der Beitragsschuld liege damit nicht vor. Im Übrigen könne ein Anordnungsanspruch in den vorliegenden Fällen nach den oben angestellten Erwägungen nur dann vorliegen, wenn sich der Beitragsbescheid als offensichtlich rechtswidrig erweise. Hinsichtlich der Säumniszuschläge trage der Antragsteller allerdings lediglich unsubstantiiert vor, dass die Erhebung von Säumniszuschlägen unberechtigt sei. Im Hinblick auf die ausstehenden Beiträge habe der Antragsteller im vorliegenden Verfahren vorgetragen, dass nicht ersichtlich sei, um welche fünf Arbeitnehmer es sich handle, er habe nur drei gemeldet. Aus der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin ergebe sich jedoch für die Zeit von Juli 2009 bis Dezember 2010 die Meldung von fünf Arbeitnehmern, weswegen sich hieraus keine offensichtliche Rechtswidrigkeit herleiten lasse. Des Weiteren trage der Antragsteller vor, die DRV habe auch Beiträge bis 2006 ermitteln müssen und habe keine Nachweise vorgelegt, die ihre Angaben bestätigen würden. Zum einen ergebe sich aus § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) jedoch nicht, dass der Prüfzeitraum zwingend vier Jahre betragen müsse, zum anderen werde der Prüfzeitraum im Bescheid der DRV vom 01.01.2007 bis 30.11.2011 angegeben. Auch die im Klageverfahren S 13 R 1795/17 angeführten Gründe führten nicht dazu, dass die Rechtswidrigkeit offensichtlich sei. Vielmehr handele es sich zunächst um bloße Behauptungen des Antragstellers. Auch der zuletzt vorgetragene Einwand des Antragstellers, dass die Antragsgegnerin die Forderung mit einer übertriebenen Härte durchsetze, da er gegenüber seiner minderjährigen Tochter zum Unterhalt verpflichtet sei, greife nicht durch. Die Pfändungsverfügung vom 21.06.2016 ordne zwar - wie vom Antragsteller vorgetragen - an, dass die unterhaltspflichtigen Kinder unberücksichtigt blieben. Vorliegend sei aber nicht, etwa durch Vorlage eines Unterhaltstitels, glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller zum Unterhalt verpflichtet sei, auch sei nicht glaubhaft gemacht, dass er diesen tatsächlich erfülle (vgl. zu dieser Voraussetzung Stöber in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 850c Rn. 5).

Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 28.10.2017 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt.

Hiergegen richtet sich die am 28.11.2017 erhobene Beschwerde des Antragstellers.

Er trägt vor, der Bescheid der DRV vom 11.06.2012 sei bereits deshalb rechtswidrig, weil die formelle Anhörung nach § 24 SGB X fehle. Zudem sei das Prüfungsergebnis rechtswidrig, weil die qualitativen Anforderungen, die an ein Prüfungsergebnis zu stellen seien, bis heute nicht erfüllt worden seien. Eine Besonderheit stellten Schätz- bzw. Summenbeitragsbescheide dar. Grundsätzlich habe der Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht für jeden einzelnen Beschäftigten gesondert festzustellen und die Beitragspflicht auf diese Personen bezogen auszurechnen. Dies werde im Allgemeinen auch keine Schwierigkeiten bereiten, da nach § 28f Abs. 1 SGB IV der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten getrennt nach Kalenderjahren Entgeltunterlagen im Geltungsbereich des SGB zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres gesondert aufzubewahren habe. Diesen Anforderungen genüge der Bescheid vom 11.06.2012 und alle nachfolgenden nicht. Die DRV habe es unterlassen, eine eindeutige Aufstellung anzufertigen, mit deren Hilfe nachvollzogen werden könne, wie sich die einzelnen festgestellten Summen zusammensetzten. Insgesamt sei das Prüfungsergebnis auch deshalb zweifelhaft, weil sich seit dem ersten Bescheid vom 11.06.2012 die gesamte Summe laufend reduziert habe, ohne dass dargelegt werde, was zu diesen Umständen geführt habe. In dem Fall der Antragsgegnerin habe sich die gesamte Summe von 32.833,41 EUR auf 8.179,78 EUR reduziert, dies entspreche ca. 75 %, was das Prüfungsergebnis zweifelhaft aussehen lasse. Soweit die Antragsgegnerin im Übrigen vortrage, dass sie einen Beitragsfeststellungsbescheid vom 18.03.2013 erlassen habe, sei dieser Bescheid ihm niemals zugegangen. Nur deshalb sei nie eine Widerspruchseinlegung erfolgt. Soweit dies erforderlich sei, werde dies nachgeholt. Damit liege ein Anordnungsanspruch vor, da der Beitragsbescheid offensichtlich rechtswidrig sei.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 27.10.2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die Zwangsvollstreckung vorläufig einzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei es Aufgabe des Arbeitgebers gem. § 28f Abs. 1 SGB IV für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen geordnet aufzubewahren. Demgegenüber prüften dann die Träger der Rentenversicherung gem. § 28p SGB IV bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflicht ordnungsgemäß erfüllten. Im Anschluss daran werde dann ein Betriebsprüfungsbescheid erlassen, der sämtliche Beitragsforderungen und Nachforderungen enthalte. Diesem Tatbestand sei aus Sicht der Antragsgegnerin die DRV vollumfänglich nachgekommen. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit sei daher nicht ersichtlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 172, 173 SGG statthafte Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.

Gem. § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG (Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage) nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1, Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2, Regelungsanordnung). Mit der Sicherungsanordnung soll die Rechtsstellung des Antragstellers vorläufig gesichert, mit der Regelungsanordnung soll sie vorläufig erweitert werden. Voraussetzung ist jeweils die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Unter dem Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch zu verstehen, den der Antragsteller als Kläger im Hauptsacheverfahren geltend macht. Der Anordnungsgrund besteht in der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss gerechtfertigt sein. Daher müssen Gründe vorliegen, aus denen sich ihre besondere Dringlichkeit ergibt.

Ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG ist vorliegend nicht gegeben. Der Antragsteller begehrt explizit die Einstellung der Zwangsvollstreckung und nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Betriebsprüfungsbescheids der DRV vom 11.06.2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 05.09.2012 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2013. Diese Bescheide wurden bestandskräftig. Bestandskräftig wurde auch der Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.03.2013. Soweit der Antragsteller behauptet, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.03.2013 nicht erhalten zu haben, steht dem die Postzustellungsurkunde vom 20.03.2013 entgegen. Die Beitragsbescheide enthielten auch jeweils eine richtige und verständliche Belehrung über den zulässigen Rechtsbehelf des Widerspruchs bzw. der Klage. Weitere Rechtsmittel gegen die gem. § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Bescheide hat der Antragsteller indessen nicht eingelegt. Die Bescheide sind damit zwischen den Beteiligten bindend geworden (§ 77 SGG). Eine Erfüllung der Beitragsforderung, die eine weitere Vollstreckung unzulässig machen würde (vgl § 767 ZPO), wird nicht geltend gemacht. Im Gegenteil ist der Antragsteller der Auffassung, die Forderung nicht erfüllen zu müssen. Der Antrag des Antragstellers ist daher entsprechend seinem Wortlaut zu verstehen, die Antragsgegnerin vorläufig bis zur Entscheidung über seinen Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X zur Unterlassung von Vollstreckungsmaßnahmen wegen rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge aus dem auf den Betriebsprüfungsbescheid vom 11.06.2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 05.09.2012, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2013 gestützten Bescheid vom 18.03.2013 zu verpflichten. Der so verstandene Antrag ist allerdings unzulässig (hierzu a)) und auch unbegründet (hierzu b)).

a) Soweit die Rechtsprechung in Ausnahmefällen einen Anspruch nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung für Sachverhalte offensichtlich rechtswidriger Beitragsbescheide anerkannt hat (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 10.06.2015, L 6 KR 430/15 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.11.2013, L 9 KR 254/13 B ER), sind diese Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet es, vorläufigen Rechtsschutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen eines bestandskräftigen Bescheides zuzulassen, wenn dessen Überprüfung gem. § 44 SGB X beantragt wurde, um verhindern zu können, dass Beitragsbescheide von den Krankenkassen mit möglicherweise erheblichen, irreversiblen Folgen für den Versicherten vollzogen werden, obwohl eindeutig zu erkennen ist, dass die belastenden Bescheide offensichtlich rechtswidrig sind und deshalb dem betroffenen Versicherten im Hauptsacheverfahren ein Aufhebungsanspruch zusteht. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes darf dabei allerdings nicht so weit gehen, dass dadurch die Bestandskraft der Beitragsbescheide beseitigt wird; er ist daher auf die vorläufige Einstellung der Vollstreckung zu richten, um die Hauptsache nicht vorwegzunehmen (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 10.06.2015, L 6 KR 430/15 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.11.2013, L 9 KR 254/13 B ER, beide in juris). Dementsprechend hat der Antragsteller hinsichtlich des Betriebsprüfungsbescheides vom 11.06.2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 05.09.2012, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2013 einen Antrag gem. § 44 SGB X gestellt. Dies allein genügt jedoch zur Überzeugung des Senats vorliegend nicht, da die Antragsgegnerin ihre Vollstreckung nicht aus dem zur Überprüfung gestellten Betriebsprüfungsbescheid, sondern aus ihrem bestandskräftigen Bescheid vom 18.03.2013 betreibt. Die Vollstreckung aus diesem Bescheid möchte der Antragsteller unterbinden. Erforderlich wäre daher auch die Einleitung eines Verfahrens gem. § 44 SGB X hinsichtlich dieses Bescheids der Antragsgegnerin. Dies ist bislang nicht erfolgt. Insbesondere ist das Schreiben des Antragstellers vom 01.10.2017 nicht als Antrag gem. § 44 SGB X zu werten, denn es nimmt nicht auf den Bescheid vom 18.03.2013, sondern die Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21.06.2016 Bezug. Auch den Schriftsätzen im gerichtlichen Verfahren ist ein entsprechendes Begehren des Antragstellers auf nochmalige Überprüfung des Bescheids durch die Behörde, d.h. die Antragsgegnerin, nicht zu entnehmen. Der Antragsteller hat lediglich mitgeteilt, dass ein "Widerspruch" eingelegt werde, wenn dies sinnvoll sei. Der Antrag des Antragstellers ist deshalb bereits unzulässig.

b) Der Antrag des Antragstellers ist darüber hinaus auch unbegründet. Ein Anspruch auf vorläufige Einstellung der Vollstreckung kann nämlich im Verfahren der Überprüfung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes nach § 44 SGB X nur dann vorliegen, wenn sich die Beitragsbescheide als ganz offensichtlich rechtswidrig erweisen, um der Bestandskraft des schon nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Beitragsbescheides nicht jede Bedeutung zu nehmen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Senat nimmt diesbezüglich auf die Ausführungen des SG Bezug und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Ergänzend ist hinsichtlich des Vorbringens des Antragsteller im Beschwerdeverfahren anzumerken, dass dieser vor Erlass der Bescheide vom 11.06.2012 und 13.02.2017 mit Schreiben vom 16.05.2012 und 12.01.2017 angehört wurde. Verstöße gegen die Anhörungspflicht sind im Rahmen des Antrags gem. § 44 SGB X im Übrigen unbeachtlich (Steinwedel, in Kasseler Kommentar 96. EL § 44 Rn 41 m.w.N.). Soweit der Antragsteller darüber hinaus pauschal die mangelnde Nachvollziehbarkeit des Betriebsprüfungsbescheids rügt, nimmt der Senat auf seinen ablehnenden PKH-Beschluss vom 11.03.2016 und seinen Beschluss vom 14.06.2016 im Verfahren L 5 R 5328/15 ER-B Bezug. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit ist nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1 GKG. Maßgeblich ist ein Viertel des Hauptsachestreitwerts.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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