L 13 R 4246/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 24 R 5286/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 4246/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1959 geborene Kläger war im Zeitraum vom 1. August 1974 bis 2. April 2014 mit Unterbrechungen versicherungspflichtig beschäftigt, zunächst im Rahmen einer Ausbildung zum Bauschlosser, nach der er ungelernte bzw. angelernte Tätigkeiten (u.a. ziviler Wachmann bei der US Armee, Paketzusteller, Lagerarbeiter) ausübte, zuletzt - ab Juli 1999 - als Automatenbefüller. Nach Verlust der Fahrerlaubnis im Zusammenhang mit einer Alkoholfahrt arbeitete er einige Monate im Innendienst und wurde dann, nachdem er seine Fahrerlaubnis nicht zurückerlangt hatte, entlassen. In der Folge war er arbeitsunfähig und ab 21. August 2014 arbeitslos, ab 6. September 2014 unter Bezug von Arbeitslosengeld. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Kontospiegel vom 16. Dezember 2014 verwiesen.

Vom 19. Mai bis 12. Juli 2014 befand sich der Kläger zu einer ganztägigen ambulanten Entwöhnungsbehandlung in der A.-Klinik S. mit den Diagnosen psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol, Abhängigkeitssyndrom, essenzielle (primäre) Hypertonie, sonstige Meniskusschädigungen und Gelenkschmerz linkes Knie in Behandlung, aus der er als sechs Stunden leistungsfähig im bisherigen Beruf und für mittelschwere Tätigkeiten mit überwiegendem Stehen, Gehen und Sitzen in Tages- bzw. Früh-/Spätschicht ohne vorwiegend kniende Tätigkeiten entlassen worden ist.

Den Rentenantrag des Klägers vom 7. November 2014, den dieser mit psychischen Problemen, Depressionen, Zukunftsangst, Alkoholrückfall, Selbstmordgedanken sowie starken Rücken- und Knieproblemen begründete, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 2015 und Widerspruchsbescheid vom 21. September 2016 ab, da der Kläger ihm zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich sechs Stunden und mehr verrichten könne.

Grundlage der Entscheidung war - neben Berichten behandelnder Ärzte - ein Gutachten der Internistin und Sozialmedizinerin Dr. Ha. vom 3. Februar 2015 (Diagnosen: Abstinenz bei Alkoholabhängigkeit, Anpassungsstörung, Belastungsminderung, Kniegelenksverschleiß bds., operierter Binnenschaden bds., Belastungsminderung, medikamentös ordentlich eingestellter Bluthochdruck mit Hinweisen auf Linksherzhypertrophie, Wirbelsäulen (WS)-Fehlhaltung ohne relevante Funktionsminderung; der Kläger könne Tätigkeiten als Automatenbefüller, wie zuletzt, sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit überwiegendem Gehen, Stehen oder Sitzen sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten). Weiter hatten ein Bericht von Dr. Ste., Arzt für Allgemeinmedizin, Suchtmedizin, Psychosoziale Beratungsstelle Nürtingen, vom 21. Oktober 2015 (Behandlung ab 11. August 2015; Diagnosen: psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol, Depression, Hypertonie, Kniegelenkschädigung; kein Hinweis auf Alkoholkonsum; Leistungsvermögen "zunächst unter drei Stunden") sowie die weitere Stellungnahme der Dr. Ha. vom 16. April 2016 auf den Widerspruch des Klägers vorgelegen.

Wegen der die Gewährung von Rente versagenden Entscheidung hat der Kläger am 29. September 2016 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und geltend gemacht, er könne als Automatenauffüller keine sechs Stunden täglich arbeiten. Er sei bei verschiedenen Ärzten in Dauerbehandlung.

Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde und ihre Einschätzung des Leistungsvermögens haben - zum Teil unter Beifügung von weiteren ärztlichen Äußerungen - die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. Fi. am 21. November 2016 (Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen mehr als sechs Stunden täglich möglich), der Chirurg Dr. Ch. am 23. November 2016 (leichte Tätigkeiten bei entsprechendem Wechsel zwischen sitzender, gehender und stehender Tätigkeit seien zwischen drei und sechs Stunden möglich), der Allgemeinmediziner Dr. Schu. am 19. November 2016 (eine regelmäßige Tätigkeit von mehr als drei Stunden täglich sei für ihn "nur schwer vorstellbar", er behandele den Kläger ausschließlich psychotherapeutisch) und Dr. Ste. am 9. Dezember 2016 (zumindest eine Teilzeitarbeit von drei bis sechs Stunden erscheine vorläufig zumutbar, im Übrigen stimme er mit dem Verwaltungsgutachten voll überein) berichtet.

Das SG hat sodann ein orthopädisches Sachverständigengutachten des Dr. He. vom 5. März 2017 eingeholt. Der Sachverständige hat die Angaben des Klägers zu seinen Beschwerden und zum Tagesablauf sowie die in den Akten enthaltenen und bei der Untersuchung erhobenen Befunde referiert. Er ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, der Kläger leide aus orthopädischer Sicht zum einen unter seit ungefähr 15 Jahren zunehmenden Knieschmerzen und zum anderen seit ungefähr 20 bis 25 Jahren unter tendenziell zunehmenden Schmerzen in der unteren LWS. Auf Grund der Rücken- und Kniebeschwerden sehe sich dieser seit mehreren Jahren nicht mehr in der Lage, am Erwerbsleben teilzunehmen. Im Rahmen der Untersuchung habe der Kläger ein mäßig flottes, nicht auffällig unsicheres Gangbild gezeigt. Er benutze eine Unterarmgehstütze rechts und trage elastische Kniebandagen beidseits sowie Konfektionsschuhwerk. Es bestünden sonach eine schmerzhafte Funktionsstörung beider Kniegelenke, rechts mehr als links, bei fortgeschrittenen arthrotischen Gelenkschäden innenseitig und hinter den Kniescheiben, rechts mehr als links, sowie eine leichte Streckhemmung rechts und ferner eine schmerzhafte Funktionsstörung der LWS bei mäßiggradigen, diffusen Bandscheiben (BS)-Degenerationen ohne bedeutsame neurologische Begleiterscheinungen. Der Kläger könne noch leichte bis gelegentlich kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten in unterschiedlichen Körperhaltungen mit kurzfristigem Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung und fünf kg in Rumpfvor- oder -seitneigung mit der Möglichkeit der Veränderung der Position, mehrfachem arbeitstäglichem Sitzen bis eine Stunde sowie mehrfachem Stehen und Gehen von wenigstens 15 bis 30 Minuten - ohne lange Zwangshaltungen der LWS, Arbeiten auf vibrierenden Fahrzeugen, Tätigkeiten mit besonderen Kniebelastungen (im Knien oder in Hockstellung, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, mit häufigem umfangreichen Treppensteigen, Arbeiten auf sehr unebenem und rutschigem Gelände, Sprungbelastungen, Treppensteigen von mehr als zwei Stockwerken), Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen, Akkord- und Fließbandbedingungen - vollschichtig verrichten. Möglich sei auch noch das viermalige arbeitstägliche Zurücklegen von Wegstrecken von mehr als 500 m mit einem Zeitaufwand von maximal 15 bis 18 Minuten zu Fuß und die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Das in der Vergangenheit aufgetretene Alkoholproblem scheine dauerhaft gelöst. Eine zusätzliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestehe durch Überlagerungen mit anderen Gesundheitsstörungen nicht.

Nach Übersendung des Gutachtens hat der Kläger am 15. März 2017 dann geltend gemacht, wenn seine körperliche und psychische Erkrankung nicht ausreiche für eine Erwerbsminderungsrente, müsse man "diese Möglichkeit aus dem Gesetz entfernen oder umbenennen". Am 19. Februar 2017 habe er einen Alkoholrückfall gehabt.

Das SG hat sodann ein weiteres Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Dr. Hei., Chefarzt der Klinik für Suchttherapie, vom 9. Juni 2017 eingeholt. Der Sachverständige hat die in den Akten enthaltenen Befunde, die Angaben des Klägers zu seinen Beschwerden und zum Tagesablauf sowie die bei der Untersuchung erhobenen Befunde referiert. Bei der Untersuchung im Juni 2017 hat der Kläger angegeben, er habe wegen seiner Alkoholerkrankung einmal in Nürtingen entgiftet und einmal in der Tagesklinik der AHG die Therapie durchlaufen und anschließend ein Jahr ambulante Therapie gemacht. Es habe zwei Rückfälle gegeben, einmal vor sechs bis sieben Monaten und einmal vor vier Monaten. Dabei habe er zweimal exzessiv getrunken, dann aber wieder ohne eine Therapie aufgehört. Seit vier Monaten sei er trocken. Eine Selbsthilfegruppe besuche er nicht. Der Sachverständige ist zum Ergebnis gelangt, eine neurologische Erkrankung bestehe nicht. Der Kläger leide auf psychiatrischem Fachgebiet unter einer depressiven Erkrankung mit im Zeitpunkt der Untersuchung einer leichten depressiven Episode. Die Stimmungslage sei leicht gedrückt bei themenabhängiger Auflockerung und leicht reduzierter affektiver Schwingungsfähigkeit und leicht reduziertem Antrieb. Die Kriterien einer mittelgradigen oder gar schweren depressiven Episode seien nicht erfüllt. Es ergäben sich auch keine Anhaltspunkte für einen phasenhaften Krankheitsverlauf im Sinne einer rezidivierenden depressiven Störung. Im Übrigen bestehe eine Alkoholabhängigkeit mit aktueller Abstinenz. Die Kernkriterien einer Alkoholabhängigkeit seien erfüllt. Die beklagten somatischen Beschwerden würden durch die depressive Symptomatik ein Stück weit mitunterhalten bzw. verstärkt. Die Kriterien einer eigenständigen somatoformen Störung sei nach den vorliegenden Untersuchungsbefunden nicht erfüllt. Es hätten sich auch keine Anhaltspunkte für eine Angsterkrankung, eine posttraumatische Belastung oder eine wahnhafte Störung oder eine psychotische Erkrankung ergeben. Auch kognitive Leistungseinschränkungen bestünden nicht. Auf Grund der Leiden ergebe sich eine gewisse qualitative Leistungseinschränkung. Der Kläger könne noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit oder besonderen Zeitdruck, besonders hohe Ansprüche an Auffassung und Konzentration, besonders hohe Verantwortung und besonders hohe geistige Beanspruchung und Tätigkeiten mit einer Alkoholexposition - mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Er könne auf dem Weg zur Arbeit auch Strecken von mehr als 500 m zu Fuß mit einem maximalen Zeitaufwand von 15 bis 18 Minuten zurücklegen und öffentliche oder private Verkehrsmittel benutzen. Abgesehen von gewissen Fluktuationen hätten sich der Gesundheitszustand und die Leistungsfähigkeit im Zuge des laufenden Rentenverfahrens nicht wesentlich verändert.

Der Kläger hat an seiner Klage festgehalten. Das Dilemma Alkohol, Sucht, Rückfall, sei "noch längst nicht vom Tisch". Er sehe sich körperlich und psychisch nicht in der Lage, an einem geordneten Tagesablauf oder am Arbeitsmarkt teilzunehmen. Daran änderten "auch hundert Gutachten nichts".

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat hierzu Stellungnahmen der Fachärztin für Orthopädie Jo. vom 16. Januar und 3. April 2017 vorgelegt. Diese hat ausgeführt, es sei nicht nachvollziehbar, weswegen Dr. Ch. von einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf drei bis sechs Stunden ausgehe. Körperliche Untersuchungsbefunde habe er erhoben, eine Beweglichkeitseinschränkung habe er nicht dargestellt. Warum er dennoch von einem verminderten quantitativen Leistungsvermögen ausgehe, sei nicht nachvollziehbar, zumal auch zuletzt 2014 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt worden seien. Auch aus den weiteren Zeugenaussagen, in denen das Leistungsvermögen kontrovers eingeschätzt werde, ergebe sich keine andere Beurteilung. Es sei weiterhin von einem über sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auszugehen. Qualitative Einschränkungen seien zu beachten. Das Gutachten des Dr. He. sei nachvollziehbar und überzeugend. Es decke sich auch mit der Einschätzung von Dr. Ha. und der Beurteilung der A.-Klinik S. vom 12. Juli 2014.

Mit Gerichtsbescheid vom 24. Oktober 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da der Kläger ihm zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne. Dies ergebe sich aus den Gutachten der Dres. He. und Hei., nach welchen nur qualitative Einschränkungen bestünden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.

Gegen den am 27. Oktober 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 8. November 2017 Berufung eingelegt. Er macht geltend, er fechte die vorliegenden Gutachten an. Seine psychischen wie körperlichen Probleme hätten sich in der langen Zwischenzeit auch erheblich verschlechtert. Von einer gefestigten Alkoholabstinenz könne keine Rede sein. Das SG habe sein Vorbringen nicht wirklich wahrgenommen. Nach Terminierung der Berufung hat der Kläger mitgeteilt, er sei "wegen diesem ganzen Hickhack" und dem für ihn damit verbundenen extrem hohen Stress nun alkoholrückfällig geworden. Er werde in Kürze eine Entgiftung im Krankenhaus machen und anschließend eine Reha in der Fachklinik W ... Hierzu hat er ein Schreiben der Psychosozialen Beratungs- und ambulanten Behandlungsstelle für Suchtgefährdete und Suchtkranke des Landratsamts E. vom 16. Januar 2018 vorgelegt (Schreiben an die M. Klinik W., wonach aktuell eine stationäre Entgiftung geplant sei und der Kläger ab 1. März 2018 mit einer Behandlung beginnen könne, für die eine Kostenzusage der Beklagten vorliege). Zuletzt hat der Kläger erklärt, er habe der Reha-Klinik telefonisch abgesagt, und wolle aus eigenem Antrieb keine Reha mehr.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Oktober 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. September 2016 zu verurteilen, ihm ab 1. November 2014 Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat dem Kläger eine stationäre Langzeit-Alkohol-Entwöhnungsbehandlung in der M. Klinik W. bewilligt und hierzu einen ärztlichen Befundbericht (wie aus der Unterschrift zu schließen des Allgemeinmediziners Dr. Schu.) vom 12. Dezember 2017 (letzte Untersuchung 12. Dezember 2017; Diagnosen: Alkoholabhängigkeit, depressive Episode;pathologische Befunde/Funktionsstörungen: Gonarthrose, Depressivität; Ziel einer Reha-Maßnahme: Alkoholabstinenz; Ausmaß der zu erwartenden nachhaltigen Besserung auf Skala 1 (minimal) bis 5 (sehr ausgeprägt): Stufe 4) sowie einen Sozialbericht der Dipl. Soz. päd. (FH) Pö. vom 19. Dezember 2017 (Rückfall vor sechs Monaten angegeben, Abstinenz nach Reha-Maßnahme 2014 von 18 Monaten, Aufsuchen der Beratung aus Eigenmotivation mit Ziel stabiler Abstinenz) vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit § 43 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind sowie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert.

Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Facharbeiter sind dementsprechend nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar (BSG, Urteil vom 30. September 1987, 5b RJ 20/86 in SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14. September 1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).

Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird.

Der Eintritt einer rentenberechtigenden Leistungsminderung muss im Wege des Vollbeweises festgestellt sein, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass bezüglich dem Kläger zumutbarer Tätigkeiten eine rentenrechtlich relevante qualitative oder eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich vorliegt.

Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn (§ 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) und kann verlängert werden (§ 102 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann, wobei hiervon nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen ist (§ 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI). Nach § 101 Abs. 1 SGB VI werden befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. das heißt, dass eine Rente - falls nicht festzustellen ist, dass eine Besserung unwahrscheinlich ist - nur zu gewähren ist, wenn nach dem Monat des Eintritts einer rentenberechtigenden Leistungsminderung sechs Monate verstrichen sind, die Einschränkung also mehr als sechs Monate andauert.

Gemessen daran hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Auf Grund seines bisherigen Berufs als Automatenbefüller, für den der Kläger keine Ausbildung benötigte und den er seit 1999 ausübte, ist der Kläger der Berufsgruppe der ungelernten, günstigstenfalls für ihn den angelernten Arbeitnehmern des unteren Bereichs zuzuordnen, so dass ihm alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sozial zumutbar sind. Entsprechende Tätigkeiten aus dem weiten Bereich des allgemeinen Arbeitsmarktes kann er auch noch - von möglichen vorübergehenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abgesehen - sechs Stunden arbeitstäglich verrichten.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids unter Zugrundelegung der vorgenannten rechtlichen Grundlagen zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder auch teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat, weil er noch in der Lage ist, ihm auf Grund seines bisherigen Berufs, in dem er zum maßgeblichen Zeitraum ungelernte Tätigkeiten verrichtet hat, zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegen. Dem schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers, auch im Berufungsverfahren, sowie der vorgelegten Unterlagen, uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Ergänzend ist anzumerken, dass sich das SG zu Recht auf die von ihm eingeholten Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. He. und des Neurologen und Psychiaters Dr. Hei. gestützt hat. Diese Gutachten sind schlüssig und überzeugend. Nach diesen kann der Kläger zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich verrichten.

Hierzu stellt der Senat fest, dass der Kläger im Wesentlichen unter einer schmerzhaften Funktionsstörung beider Kniegelenke, rechts mehr als links, bei fortgeschrittenen arthrotischen Gelenkschäden innenseitig und hinter den Kniescheiben, rechts mehr als links, sowie einer leichten Streckhemmung rechts und ferner einer schmerzhaften Funktionsstörung der LWS bei mäßiggradigen, diffusen BS-Degenerationen ohne bedeutsame neurologische Begleiterscheinungen leidet. Dies ergibt sich nachvollziehbar aus dem Sachverständigengutachten von Dr. He., der die in den Akten enthaltenen Befunde verwertet und den Kläger selbst eingehend untersucht hat. Ferner bestehen auf psychiatrischem Fachgebiet eine depressive Erkrankung mit einer im Zeitpunkt der Untersuchung bei Dr. Hei. leichten depressiven Episode. Die Stimmungslage war bei der Untersuchung leicht gedrückt bei themenabhängiger Auflockerung und leicht reduzierter affektiver Schwingungsfähigkeit und leicht reduziertem Antrieb. Die Kriterien einer mittelgradigen oder gar schweren depressiven Episode waren nicht erfüllt. Es ergaben sich auch keine Anhaltspunkte für einen phasenhaften Krankheitsverlauf im Sinne einer rezidivierenden depressiven Störung. Im Übrigen besteht eine Alkoholabhängigkeit. Im Zeitpunkt der Untersuchung bei Dr. Hei. war der Kläger gemäß seinen Angaben abstinent. Die Kernkriterien einer Alkoholabhängigkeit sind unabhängig davon erfüllt. Gemäß dem Bericht des Dr. Schu., der den Kläger am 12. Dezember 2017 untersucht hat, hat dieser wegen der Alkoholabhängigkeit eine Reha-Behandlung erstrebt und angegeben, es sei zu einer Häufung von Rückfällen gekommen. Gemäß dem Bericht der Dipl. Soz. päd. (FH) Pö. vom 19. Dezember 2017 hat der Kläger ebenfalls von einem Rückfall berichtet. Wann ein Rückfall eingetreten ist, ist aber mit der erforderlichen Gewissheit nicht festzustellen, zumal die Angaben des Klägers selbst uneinheitlich und zum Teil widersprüchlich sind. Die beklagten somatischen Beschwerden werden durch die depressive Symptomatik ein Stück weit mitunterhalten bzw. verstärkt. Eine eigenständige somatoforme Störung liegt nach den vorliegenden Untersuchungsbefunden nicht vor. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine Angsterkrankung, eine posttraumatische Belastung, eine wahnhafte Störung oder eine psychotische Erkrankung. Kognitive Leistungseinschränkungen bestehen ebenfalls nicht. Außerdem besteht eine medikamentös eingestellte Hypertonie, was sich aus dem Gutachten von Dr. Ha. ergibt.

Auf Grund dieser Gesundheitsstörungen ist das Leistungsvermögen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit eingeschränkt, allerdings nur in qualitativer Hinsicht und nicht quantitativ auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich. Dies ergibt sich für den Senat schlüssig und überzeugend aus den Sachverständigengutachten der Dres. He. und Hei. sowie dem im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. Ha ... Danach kann der Kläger noch leichte bis gelegentlich kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten in unterschiedlichen Körperhaltungen mit kurzfristigem Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung und fünf kg in Rumpfvor- oder -seitneigung mit der Möglichkeit der Veränderung der Position, mehrfachem arbeitstäglichem Sitzen bis eine Stunde sowie mehrfachem Stehen und Gehen von wenigstens 15 bis 30 Minuten - ohne lange Zwangshaltungen der LWS, Arbeiten auf vibrierenden Fahrzeugen, Tätigkeiten mit besonderen Kniebelastungen (im Knien oder in Hockstellung, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, mit häufigem umfangreichen Treppensteigen, Arbeiten auf sehr unebenem und rutschigem Gelände, Sprungbelastungen, Treppensteigen von mehr als zwei Stockwerken), Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen, Akkord- und Fließbandbedingungen – verrichten (so Dr. He.). Zu meiden sind eine Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit oder besonderen Zeitdruck, besonders hohe Ansprüche an Auffassung und Konzentration, besonders hohe Verantwortung und besonders hohe geistige Beanspruchung und Tätigkeiten mit einer Alkoholexposition (so Dr. Hei.). Entsprechende Tätigkeiten sind nach den Sachverständigengutachten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich. Der Kläger kann auf dem Weg zur Arbeit auch Strecken von mehr als 500 m zu Fuß mit einem maximalen Zeitaufwand von 15 bis 18 Minuten zurücklegen und öffentliche oder private Verkehrsmittel benutzen.

Die Einschätzung des Dr He. aus orthopädischer Sicht ist anhand der erhobenen Befunde plausibel und nachvollziehbar, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger im Rahmen der Untersuchung ein mäßig flottes, nicht auffällig unsicheres Gangbild gezeigt hat, wobei er eine Unterarmgehstütze rechts benutzt hat und elastische Kniebandagen beidseits sowie Konfektionsschuhwerk getragen hat.

Die Einschätzung von Dr. Hei. aus psychiatrischer Sicht ist unter Berücksichtigung des angegebenen Tagesablaufes und der psychiatrischen Befunde ebenfalls schlüssig. Bei Dr. He. hat der Kläger zum Tagesablauf angegeben, er stehe gegen 9.00 Uhr auf und trinke nach der Morgentoilette Kaffee. Wenn er keinen bestimmten Termin habe, verbringe er oft den ganzen Tag in seiner Wohnung mit Musik hören, Hausarbeiten und Fernsehen. Zumindest einmal am Nachmittag lege er sich auch hin und schlafe etwa eine Stunde. Gelegentlich habe er Besuch von Freunden oder Bekannten, bei denen er mitunter auch selbst eingeladen werde. In der Regel gehe er spätestens gegen 22.00 Uhr zu Bett. In Bezug auf die Alkoholabhängigkeit sei er seit einem stationären Entzug Anfang 2014 "trocken" (Untersuchung 13. Februar 2017 bei Dr. He.). Den Einpersonenhaushalt seiner etwa 43 qm große Einliegerwohnung im Souterrain versorge er ohne fremde Hilfe. Er komme mit den üblichen Hausarbeiten zurecht, beim Einkaufen werde er gelegentlich von einem Bekannten oder seinem Vermieter unterstützt, die ihn dann für größere Einkäufe mit dem PKW zu den Geschäften fahren würden. Kleinere Einkäufe des täglichen Bedarfs tätige er üblicherweise mit seinem Fahrrad in einem Umkreis von etwa 1,5 km um seine Wohnung herum. Bei Dr. Hei. hat der Kläger angegeben, er stehe gegen 7.00 Uhr auf, frühstücke dann aber erst später. Vormittags sei er zu Hause und mache die Hausarbeit. Er esse nicht zu Mittag, sondern nehme ein spätes Frühstück zu sich. Nachmittags sei er zu Hause. Er gehe nur wenig spazieren, da er Knieprobleme habe. Er könne vielleicht eine Viertelstunde ganz langsam spazieren gehen. Abends esse er kalt. Er schaue dann Fernsehen und gehe etwa gegen 22.00 Uhr zu Bett. Der Tagesablauf am Wochenende sei ähnlich. Zum Einkaufen werde er gefahren, zum Teil vom Vermieter, der Freundin des Sohnes oder einem Kollegen bzw. Freund. Er interessiere sich für Musik, höre CD, Platten oder Radio. Dies zeigt, dass der Kläger über eine Tagesstruktur verfügt und lässt eine relevante Einschränkung nicht erkennen. Zum psychischen Befund hat Dr. Hei. ausgeführt, der Kläger sei gepflegt gekleidet und überpünktlich zur Untersuchung erschienen. Er war bewusstseinsklar und allseits orientiert. Störungen der Auffassung, Konzentration oder des Durchhaltevermögens haben sich nicht gezeigt. Auch mnestische Störungen haben sich nicht nachweisen lassen, weder im Hinblick auf die Merkfähigkeit oder das Kurzzeitgedächtnis noch auf das Langzeitgedächtnis. Die Lebensgeschichte hat der Kläger flüssig und geordnet berichtet. Die Intelligenz liegt im Normbereich. Der formale Gedankengang war geordnet und nicht verlangsamt. Inhaltliche Denkstörungen haben sich nicht gezeigt. Die Stimmungslage war insgesamt leicht gedrückt, streckenweise aber auch auflockerbar. Die affektive Schwingungsfähigkeit war insgesamt leicht reduziert und die Psychomotorik eher etwas ausdrucksarm. Der Antrieb war leicht reduziert. Auch unter Berücksichtigung dessen ist die Leistungseinschätzung von Dr. Hei. für den Senat schlüssig und überzeugend.

Bei der Untersuchung im Juni 2017 hat der Kläger angegeben, er habe wegen seiner Alkoholerkrankung einmal in Nürtingen entgiftet und einmal in der Tagesklinik der AHG die Therapie durchlaufen und anschließend ein Jahr ambulante Therapie gemacht. Es habe zwei Rückfälle gegeben, einmal vor sechs bis sieben Monaten und einmal vor vier Monaten. Dabei habe er zweimal exzessiv getrunken, dann aber wieder ohne eine Therapie aufgehört. Seit vier Monaten sei er trocken. Eine Selbsthilfegruppe besuche er nicht. Dies hat der Sachverständige Hei. ebenfalls gewürdigt.

Soweit der Kläger dann im Berufungsverfahren nach Terminierung der Berufungsverhandlung mitgeteilt hat, er sei alkoholrückfällig geworden und nehme an einer Entgiftung sowie einer anschließenden Langzeit-Alkohol-Entwöhnungsbehandlung teil, führt dies derzeit zu keinem Anspruch auf Gewährung von Rente. Auch aus dem Umstand, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, er habe die Langzeit-Alkohol-Entwöhnungsbehandlung telefonisch "abgesagt" begründet und beweist keine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens im Sinne einer Erwerbsminderung. Ein Rückfall als solcher begründet hier noch keine dauerhafte Einschränkung des Leistungsvermögens, sondern allenfalls nur eine in der Regel vorübergehende Arbeitsunfähigkeit. Wesentliche und das Leistungsvermögen einschränkende dauerhafte Folgeerkrankungen auf psychiatrischem oder sonstigem ärztlichem Fachgebiet sind nach den vorliegenden Sachverständigengutachten nicht feststellbar. Insbesondere hat Dr. Hei. keine wesentlichen hirnorganischen Erkrankungen erheben können. Dass der Kläger in der Lage war, bei der ärztlichen Untersuchung und bei der Vorsprache bei der psychosozialen Beratungsstelle im Dezember 2017 in der Lage war, glaubhaft einen Wunsch zur Durchführung einer Langzeit-Alkohol-Entwöhnungstherapie zu vermitteln, zeigt, dass er - wenn er denn will - steuerungsfähig ist. Er kommt im Alltag auch zurecht und war in der Lage, zu Gerichtsterminen zu gehen und seine Interessen wahrzunehmen. Ferner gehen in diesem Fall auch Reha-Leistungen der Gewährung einer Rente vor. Im Übrigen ist der geltend gemachte Rückfall, soweit er überhaupt für die Frage des Vorliegens von Erwerbsminderung von Relevanz sein könnte, auch nach dem widersprüchlichen Vorbringen des Klägers selbst nach dem 6. November 2017 eingetreten. In der Berufungsschrift hat er nicht behauptet, wieder rückfällig geworden zu sein. Vielmehr hat er ein Schreiben vorgelegt, das er am 28. September 2017 dem SG bereits vorgelegt hat und in welchem er erklärt, zur Zeit, also zu diesem Zeitpunkt, "trocken" zu sein. Wann es dann zum Rückfall gekommen sein soll, hat der Kläger im Weiteren selbst nicht dargelegt. Der Zeitpunkt ergibt sich auch nicht aus dem ärztlichen Befundbericht vom 12. Dezember 2017. Selbst wenn es aber nach dem 6. November 2017 und damit frühestens am 7. November 2017 zu einem Rückfall gekommen sein sollte und dieser überhaupt von Relevanz wäre, käme hier - da eine Alkoholkrankheit behandelbar ist und gerade im Fall des Klägers eine Verbesserung durch eine Entwöhnungsbehandlung zu erwarten wäre (s.a. Arztbericht vom 12. Dezember 2017) - nur die Gewährung einer Rente auf Zeit in Betracht, die frühestens sechs Monate nach diesem Zeitpunkt, mithin im Juni 2018 beginnen könnte, sodass derzeit ein Rentenanspruch nicht besteht. Selbst wenn es unmittelbar nach dem 28. September 2017 zu einem Rückfall gekommen sein sollte, der per se noch keine Erwerbsminderung ergeben würde und im Übrigen nicht bewiesen ist, könnte eine Zeitrente auch nicht vor Mai 2018 beginnen.

Da derzeit die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht vorliegen, weist der Senat die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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