Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 2624/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 919/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21.02.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt einen höheren Zahlungsbetrag der ihm bewilligten Witwerrente.
Zuletzt vor dem hier angefochtenen Bescheid vom 29.09.2015 (Bl. 1 ff. Widerspruchsakte) stellte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 18.06.2015 nach Anrechnung von Arbeitsentgelt mit einem festgestellten Anrechnungsbetrag von monatlich 64,59 EUR auf der Grundlage eines bewilligten monatlichen Rechts auf Rente in Höhe von 470,56 EUR (Bruttobetrag) nach Abzug von Beiträgen den laufenden monatlichen Zahlbetrag der Rente ab 01.07.2015 mit 363,15 EUR fest. Berücksichtigt wurde das im Jahr 2014 vom Kläger erzielte und von der Beklagten ermittelte Arbeitsentgelt abzgl. 40 % und damit ein Betrag von monatlich 1.096,20 EUR. Hinsichtlich der Berechnung im Einzelnen wird auf den Bescheid Bl. 8 ff. SG-Akte Bezug genommen.
Wegen des Bezuges von Krankengeld (im August 2015 kalendertäglich 47,21 EUR, kalendertäglicher Beitragsanteil zur Bundesagentur für Arbeit 0,71 EUR, Bl. 108 Verwaltungsakte) beantragte der Kläger im September 2015 wegen geänderter Einkommensverhältnisse eine Neuberechnung der Witwerrente. Mit Bescheid vom 29.09.2015 (a.a.O.) hob die Beklagte sinngemäß den Bescheid vom 18.06.2015 hinsichtlich der Rentenhöhe auf und berechnete die Rente ab dem 24.08.2015 neu, wobei für die Monate August und September 2015 der Zahlbetrag in derselben Höhe wie bisher festgestellt wurde (Bl. 7 Widerspruchsakte), während für die Zeit ab 01.10.2015 der monatliche Anrechnungsbetrag wegen des Wegfalls des beim Freibetrag berücksichtigten Kindes auf 130,02 EUR stieg und der Zahlbetrag auf 304,62 EUR sank. An der Höhe des berücksichtigten Einkommens (1.096,20 EUR) änderte sich nichts (vgl. die Berechnungen Bl. 16 SG-Akte einerseits und Bl. 9 Widerspruchsakte andererseits), weil - so die Begründung - das aktuelle Einkommen (Krankengeld in Höhe von monatlich 1.416,30 abzgl. Beitrag zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 21,30 EUR monatlich, abzgl. 10 % = 1.253,37 EUR anzurechnendes Einkommen) nicht um wenigstens 10% geringer (sondern höher) als das bisher berücksichtigte Einkommen (1.096,20 EUR) geworden sei. Hinsichtlich der Berechnungen im Einzelnen wird auf Bl. 7 ff. Widerspruchsakte Bezug genommen. Mit weiterem Bescheid vom 13.10.2015 wurde für die Zeit ab dem 01.10.2015 der monatliche Anrechnungsbetrag wieder mit 64,59 EUR festgestellt und der Zahlbetrag wieder auf monatlich 363,15 EUR erhöht, weil beim Freibetrag das Kind wieder berücksichtigt wurde; die Höhe des anzurechnenden Einkommens blieb im Übrigen unverändert. Hinsichtlich der Berechnung wird auf den Bescheid Bl. 13 ff. Widerspruchsakte Bezug genommen.
Der ausdrücklich und nur gegen den Bescheid vom 29.09.2015 gerichtete und am 05.11.2015 bei der Beklagten eingegangene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2016 zurückgewiesen.
Das hiergegen am 30.06.2016 angerufene Sozialgericht Freiburg hat die - wiederum ausdrücklich und nur - gegen den Bescheid vom 29.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2016 gerichtete Klage mit Urteil vom 21.02.2017 abgewiesen. Es hat zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid zur Rentenberechnung Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die am 09.03.2017 eingelegte, vom Kläger aber nicht begründete Berufung.
Der Kläger beantragt (Schriftsatz vom 09.03.2017, sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21.02.2017 aufzuheben, und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2017 zu verurteilen, unter Berücksichtigung eines niedrigeren Anrechnungsbetrages höhere Rente zu zahlen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn sie ist - worauf der Kläger vom Senat hingewiesen worden ist - bereits unzulässig.
Gegenstand des Rechtsstreits ist - so in dem vom Kläger erstinstanzlich und im Berufungsverfahren gestellten Antrag auch ausdrücklich aufgeführt - der Bescheid vom 29.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2016, dessen Abänderung der Kläger begehrt, um eine Verurteilung der Beklagten - so sein sinngemäßes Begehren - zur Zahlung höherer Rente zu erreichen. Hierfür steht grundsätzlich die Anfechtungsklage (in Kombination mit der Leistungsklage) zur Verfügung. Denn nach § 54 Abs. 1 SGG kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt werden. Diese Anfechtungsklage ist jedoch unzulässig.
Zulässig ist eine Anfechtungsklage nur, wenn überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt und der Kläger behauptet, durch diesen Verwaltungsakt beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Beschwert ist ein Kläger nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anfechtungsklage ist somit, dass der Kläger behauptet, durch einen Verwaltungsakt beschwert zu sein, weil dieser Verwaltungsakt objektiv rechtswidrig sei und subjektiv in rechtlich geschützte Interessen des Klägers eingreife (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 54 Rdnrn. 7, 10 - so genannte Klagebefugnis -).
Der vom Kläger (ausdrücklich) angefochtene Bescheid vom 29.09.2015 entfaltet indessen keine Wirkung mehr. Mit dem Bescheid vom 29.09.2015 reduzierte die Beklagte den Zahlbetrag der Rente unter Feststellung eines höheren Anrechnungsbetrages (130,02 EUR) tatsächlich ab dem 01.10.2015 auf 304,62 EUR. Zwar verfügte sie in diesem Bescheid eine Neuberechnung bereits ab dem 24.08.2015, indessen wurde der Anrechnungs- und Zahlbetrag für die Monate August und September 2015 in derselben Höhe festgestellt (64,59 EUR bzw. 363,15 EUR, Bl. 7 ff. Widerspruchsakte), wie im Bescheid vom 18.06.2015 zuvor (64,59 EUR bzw. 363,15 EUR, Bl. 8 SG-Akte). Eine Änderung erfolgte somit in Bezug auf die Monate August und September 2015 gerade nicht, sondern erst für die Zeit ab 01.10.2015 und zwar deshalb, weil das bisher berücksichtigte Kind beim Freibetrag nicht mehr berücksichtigt wurde.
Durch den nachfolgenden Bescheid vom 13.10.2015 wurde der Anrechnungsbetrag und der Zahlbetrag der Rente ab dem 01.10.2015 erneut, aber zugunsten des Klägers unter erneuter Berücksichtigung des Kindes geändert (monatlicher Anrechnungsbetrag nun wieder 64,59 EUR, monatlicher Zahlbetrag wieder 363,15 EUR, Bl. 13 ff. Widerspruchsakte), mit der entsprechenden Nachzahlung für den Monat Oktober 2015. Das Sozialgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass dieser Bescheid vom 13.10.2015 den Bescheid vom 29.09.2015 insoweit, also ab dem 01.10.2015 in Bezug auf den hier allein streitigen Anrechnungsbetrag und Zahlbetrag ersetzte, so dass dieser keine Wirkung mehr entfaltete (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -) und deshalb auch kein zulässiger Gegenstand einer Anfechtungsklage mehr sein kann.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der Bescheid vom 13.10.2015 nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden.
Nach § 96 Abs. 1 SGG wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert. Zwar ersetzte der Bescheid vom 13.10.2015 den angefochtenen Bescheid vom 29.09.2015, allerdings nicht nach Klageerhebung, sondern davor.
Nach § 86 SGG wird - vergleichbar § 96 Abs. 1 SGG für das Klageverfahren - ein während des Vorverfahrens den ursprünglichen Bescheid abändernder Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens, was auch für ersetzende Verwaltungsakte gilt (BSG, Urteil vom 05.07.2017, B 14 AS 36/16 R). Gemäß § 83 SGG beginnt das Vorverfahren mit der Erhebung des Widerspruchs. Hier ging der Widerspruch am 05.11.2015 bei der Beklagten ein und war damit erhoben, womit das Vorverfahren begann.
Zu diesem Zeitpunkt des Beginns des Vorverfahrens war der Bescheid vom 13.10.2015 aber bereits wirksam. Wirksam wird ein Verwaltungsakt nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit seiner Bekanntgabe. Es sind keine Umstände ersichtlich, insbesondere nicht vorgetragen, dass der Bescheid vom 13.10.2015 nicht zeitnah zur Post aufgegeben wurde und dem Kläger damit jedenfalls noch im Laufe des Oktober 2015 zuging.
Damit erging der Bescheid vom 13.10.2015 nicht während des Vorverfahrens, so dass er auch nicht nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens wurde. Mangels Anfechtung (durch Widerspruch) ist dieser Bescheid vielmehr bestandskräftig geworden.
Damit erweist sich auch die Leistungsklage als unzulässig. Denn die unzulässige Anfechtungsklage zieht gleichsam die Unzulässigkeit der Leistungsklage nach sich (BSG, Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R.).
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Fehler in der Berechnung des Anrechnungs- und Zahlbetrages der Rente nicht ersichtlich sind. Der Senat schließt sich - wie das Sozialgericht - den überzeugenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid an und weist daher - was die materiell-rechtliche Prüfung anbelangt - die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Zu Recht lehnte die Beklagte eine Änderung bei der Einkommensanrechnung ab. Denn die Berücksichtigung des vom Kläger bezogenen Krankengeldes hätte einen höheren Anrechnungsbetrag und damit einen niedrigeren Zahlbetrag zur Folge gehabt. Dem steht § 18 d Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entgegen.
Der vom Kläger beim Sozialgericht vorgetragene Gedankengang - Krankengeld sei geringer als das zuvor bezogene Arbeitsentgelt - greift zu kurz, wie die Beklagte in ihrer Erwiderung (Bl. 37/38 SG-Akte) zutreffend dargelegt hat und wie sich dies bereits aus der Begründung des Widerspruchsbescheides ergibt. Maßgebend war für die nach § 97 SGB VI vorgeschriebene Einkommensanrechnung im Jahr 2015 das im Jahr 2014 erzielte Arbeitsentgelt (§ 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV), wie dies von der Beklagten im bestandskräftigen Bescheid vom 18.06.2015 umgesetzt wurde. Von vornherein nicht maßgebend ist deshalb der vom Kläger angestellte Vergleich zwischen seinem unmittelbar vor dem Krankengeld im Jahr 2015 erzielten Arbeitsentgelt und dem Krankengeld.
Die Höhe dieses Einkommens war - ohne dass es hierauf angesichts der Bestandskraft des Bescheides vom 18.06.2015 entscheidungsrelevant ankäme (s. den übernächsten Absatz) - nach § 18b SGB IV zu ermitteln, wobei nach Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB IV das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, wie hier, um 40 v.H. zu kürzen ist. Auch dies verkennt der Kläger, wie sich seinen Ausführungen im Schreiben vom 24.01.2017 entnehmen lässt und was die Beklagte zutreffend dargelegt hat (Bl. 45 SG-Akte).
Beim Bezug von gemäß § 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB IV zu berücksichtigendem Erwerbsersatzeinkommen, wie hier dem Krankengeld, erfolgt eine andere Berechnung der anzurechnenden Höhe: Nach § 18b Abs. 5 Satz 2 SGB IV ist das Krankengeld um den Anteil der vom Kläger zu tragenden Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und, soweit Beiträge zur sonstigen Sozialversicherung gezahlt werden, wie hier (Bl. 33 f. SG-Akte), zusätzlich um 10 v.H. zu kürzen. Anders als beim Arbeitsentgelt (pauschale Kürzung um 40% zur Ermittlung des anzurechnenden Einkommens) wird also beim Krankengeld eine pauschale Kürzung zur Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens nur um 10% vorgenommen.
Im Falle von Einkommensänderungen, wie sie der Kläger hier geltend macht, sieht § 18d Abs. 1 SGB IV eine Berücksichtigung erst vom nächstfolgenden 01.07. vor. Hiervon macht Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz der Vorschrift dahingehend eine Ausnahme, als Minderungen des berücksichtigten Einkommens vom Zeitpunkt ihres Eintritts an berücksichtigt werden, wenn das laufende Einkommen im Durchschnitt voraussichtlich um wenigstens 10 v.H. geringer ist als das berücksichtigte Einkommen. Bis zum Bezug von Krankengeld wurde bei der Anrechnung ausweislich des zuvor ergangenen bestandskräftigen Bescheides vom 18.06.2015 ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von 1.096,20 EUR i.S. des § 18d SGB IV berücksichtigt. Dies ist Ausgangspunkt der Prüfung, ob ein geändertes Einkommen berücksichtigt werden kann, was der Kläger wiederum nicht realisiert.
Hier erfolgte eine Einkommensänderung zwar, weil der Kläger nunmehr Krankengeld bezog. Maßgebend ist aber nach § 18d Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB IV allein, ob eine Minderung des berücksichtigten Einkommens, also des nach § 18b SGB IV ermittelten Einkommens (Bescheid vom 18.06.2015: 1.096,20 EUR) eintrat. Dies ist nicht der Fall, weil die Berechnung des aus dem Krankengeldbezug zu berücksichtigenden Einkommens nach den oben dargestellten gesetzlichen Regelungen einen monatlichen Betrag von 1.253,37 EUR ergab (Bl. 9 Widerspruchsakte), der höher ist als das bisher berücksichtigte Einkommen (1.096,20 EUR).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt einen höheren Zahlungsbetrag der ihm bewilligten Witwerrente.
Zuletzt vor dem hier angefochtenen Bescheid vom 29.09.2015 (Bl. 1 ff. Widerspruchsakte) stellte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 18.06.2015 nach Anrechnung von Arbeitsentgelt mit einem festgestellten Anrechnungsbetrag von monatlich 64,59 EUR auf der Grundlage eines bewilligten monatlichen Rechts auf Rente in Höhe von 470,56 EUR (Bruttobetrag) nach Abzug von Beiträgen den laufenden monatlichen Zahlbetrag der Rente ab 01.07.2015 mit 363,15 EUR fest. Berücksichtigt wurde das im Jahr 2014 vom Kläger erzielte und von der Beklagten ermittelte Arbeitsentgelt abzgl. 40 % und damit ein Betrag von monatlich 1.096,20 EUR. Hinsichtlich der Berechnung im Einzelnen wird auf den Bescheid Bl. 8 ff. SG-Akte Bezug genommen.
Wegen des Bezuges von Krankengeld (im August 2015 kalendertäglich 47,21 EUR, kalendertäglicher Beitragsanteil zur Bundesagentur für Arbeit 0,71 EUR, Bl. 108 Verwaltungsakte) beantragte der Kläger im September 2015 wegen geänderter Einkommensverhältnisse eine Neuberechnung der Witwerrente. Mit Bescheid vom 29.09.2015 (a.a.O.) hob die Beklagte sinngemäß den Bescheid vom 18.06.2015 hinsichtlich der Rentenhöhe auf und berechnete die Rente ab dem 24.08.2015 neu, wobei für die Monate August und September 2015 der Zahlbetrag in derselben Höhe wie bisher festgestellt wurde (Bl. 7 Widerspruchsakte), während für die Zeit ab 01.10.2015 der monatliche Anrechnungsbetrag wegen des Wegfalls des beim Freibetrag berücksichtigten Kindes auf 130,02 EUR stieg und der Zahlbetrag auf 304,62 EUR sank. An der Höhe des berücksichtigten Einkommens (1.096,20 EUR) änderte sich nichts (vgl. die Berechnungen Bl. 16 SG-Akte einerseits und Bl. 9 Widerspruchsakte andererseits), weil - so die Begründung - das aktuelle Einkommen (Krankengeld in Höhe von monatlich 1.416,30 abzgl. Beitrag zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 21,30 EUR monatlich, abzgl. 10 % = 1.253,37 EUR anzurechnendes Einkommen) nicht um wenigstens 10% geringer (sondern höher) als das bisher berücksichtigte Einkommen (1.096,20 EUR) geworden sei. Hinsichtlich der Berechnungen im Einzelnen wird auf Bl. 7 ff. Widerspruchsakte Bezug genommen. Mit weiterem Bescheid vom 13.10.2015 wurde für die Zeit ab dem 01.10.2015 der monatliche Anrechnungsbetrag wieder mit 64,59 EUR festgestellt und der Zahlbetrag wieder auf monatlich 363,15 EUR erhöht, weil beim Freibetrag das Kind wieder berücksichtigt wurde; die Höhe des anzurechnenden Einkommens blieb im Übrigen unverändert. Hinsichtlich der Berechnung wird auf den Bescheid Bl. 13 ff. Widerspruchsakte Bezug genommen.
Der ausdrücklich und nur gegen den Bescheid vom 29.09.2015 gerichtete und am 05.11.2015 bei der Beklagten eingegangene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2016 zurückgewiesen.
Das hiergegen am 30.06.2016 angerufene Sozialgericht Freiburg hat die - wiederum ausdrücklich und nur - gegen den Bescheid vom 29.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2016 gerichtete Klage mit Urteil vom 21.02.2017 abgewiesen. Es hat zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid zur Rentenberechnung Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die am 09.03.2017 eingelegte, vom Kläger aber nicht begründete Berufung.
Der Kläger beantragt (Schriftsatz vom 09.03.2017, sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21.02.2017 aufzuheben, und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2017 zu verurteilen, unter Berücksichtigung eines niedrigeren Anrechnungsbetrages höhere Rente zu zahlen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn sie ist - worauf der Kläger vom Senat hingewiesen worden ist - bereits unzulässig.
Gegenstand des Rechtsstreits ist - so in dem vom Kläger erstinstanzlich und im Berufungsverfahren gestellten Antrag auch ausdrücklich aufgeführt - der Bescheid vom 29.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2016, dessen Abänderung der Kläger begehrt, um eine Verurteilung der Beklagten - so sein sinngemäßes Begehren - zur Zahlung höherer Rente zu erreichen. Hierfür steht grundsätzlich die Anfechtungsklage (in Kombination mit der Leistungsklage) zur Verfügung. Denn nach § 54 Abs. 1 SGG kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt werden. Diese Anfechtungsklage ist jedoch unzulässig.
Zulässig ist eine Anfechtungsklage nur, wenn überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt und der Kläger behauptet, durch diesen Verwaltungsakt beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Beschwert ist ein Kläger nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anfechtungsklage ist somit, dass der Kläger behauptet, durch einen Verwaltungsakt beschwert zu sein, weil dieser Verwaltungsakt objektiv rechtswidrig sei und subjektiv in rechtlich geschützte Interessen des Klägers eingreife (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 54 Rdnrn. 7, 10 - so genannte Klagebefugnis -).
Der vom Kläger (ausdrücklich) angefochtene Bescheid vom 29.09.2015 entfaltet indessen keine Wirkung mehr. Mit dem Bescheid vom 29.09.2015 reduzierte die Beklagte den Zahlbetrag der Rente unter Feststellung eines höheren Anrechnungsbetrages (130,02 EUR) tatsächlich ab dem 01.10.2015 auf 304,62 EUR. Zwar verfügte sie in diesem Bescheid eine Neuberechnung bereits ab dem 24.08.2015, indessen wurde der Anrechnungs- und Zahlbetrag für die Monate August und September 2015 in derselben Höhe festgestellt (64,59 EUR bzw. 363,15 EUR, Bl. 7 ff. Widerspruchsakte), wie im Bescheid vom 18.06.2015 zuvor (64,59 EUR bzw. 363,15 EUR, Bl. 8 SG-Akte). Eine Änderung erfolgte somit in Bezug auf die Monate August und September 2015 gerade nicht, sondern erst für die Zeit ab 01.10.2015 und zwar deshalb, weil das bisher berücksichtigte Kind beim Freibetrag nicht mehr berücksichtigt wurde.
Durch den nachfolgenden Bescheid vom 13.10.2015 wurde der Anrechnungsbetrag und der Zahlbetrag der Rente ab dem 01.10.2015 erneut, aber zugunsten des Klägers unter erneuter Berücksichtigung des Kindes geändert (monatlicher Anrechnungsbetrag nun wieder 64,59 EUR, monatlicher Zahlbetrag wieder 363,15 EUR, Bl. 13 ff. Widerspruchsakte), mit der entsprechenden Nachzahlung für den Monat Oktober 2015. Das Sozialgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass dieser Bescheid vom 13.10.2015 den Bescheid vom 29.09.2015 insoweit, also ab dem 01.10.2015 in Bezug auf den hier allein streitigen Anrechnungsbetrag und Zahlbetrag ersetzte, so dass dieser keine Wirkung mehr entfaltete (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -) und deshalb auch kein zulässiger Gegenstand einer Anfechtungsklage mehr sein kann.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der Bescheid vom 13.10.2015 nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden.
Nach § 96 Abs. 1 SGG wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert. Zwar ersetzte der Bescheid vom 13.10.2015 den angefochtenen Bescheid vom 29.09.2015, allerdings nicht nach Klageerhebung, sondern davor.
Nach § 86 SGG wird - vergleichbar § 96 Abs. 1 SGG für das Klageverfahren - ein während des Vorverfahrens den ursprünglichen Bescheid abändernder Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens, was auch für ersetzende Verwaltungsakte gilt (BSG, Urteil vom 05.07.2017, B 14 AS 36/16 R). Gemäß § 83 SGG beginnt das Vorverfahren mit der Erhebung des Widerspruchs. Hier ging der Widerspruch am 05.11.2015 bei der Beklagten ein und war damit erhoben, womit das Vorverfahren begann.
Zu diesem Zeitpunkt des Beginns des Vorverfahrens war der Bescheid vom 13.10.2015 aber bereits wirksam. Wirksam wird ein Verwaltungsakt nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit seiner Bekanntgabe. Es sind keine Umstände ersichtlich, insbesondere nicht vorgetragen, dass der Bescheid vom 13.10.2015 nicht zeitnah zur Post aufgegeben wurde und dem Kläger damit jedenfalls noch im Laufe des Oktober 2015 zuging.
Damit erging der Bescheid vom 13.10.2015 nicht während des Vorverfahrens, so dass er auch nicht nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens wurde. Mangels Anfechtung (durch Widerspruch) ist dieser Bescheid vielmehr bestandskräftig geworden.
Damit erweist sich auch die Leistungsklage als unzulässig. Denn die unzulässige Anfechtungsklage zieht gleichsam die Unzulässigkeit der Leistungsklage nach sich (BSG, Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R.).
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Fehler in der Berechnung des Anrechnungs- und Zahlbetrages der Rente nicht ersichtlich sind. Der Senat schließt sich - wie das Sozialgericht - den überzeugenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid an und weist daher - was die materiell-rechtliche Prüfung anbelangt - die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Zu Recht lehnte die Beklagte eine Änderung bei der Einkommensanrechnung ab. Denn die Berücksichtigung des vom Kläger bezogenen Krankengeldes hätte einen höheren Anrechnungsbetrag und damit einen niedrigeren Zahlbetrag zur Folge gehabt. Dem steht § 18 d Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entgegen.
Der vom Kläger beim Sozialgericht vorgetragene Gedankengang - Krankengeld sei geringer als das zuvor bezogene Arbeitsentgelt - greift zu kurz, wie die Beklagte in ihrer Erwiderung (Bl. 37/38 SG-Akte) zutreffend dargelegt hat und wie sich dies bereits aus der Begründung des Widerspruchsbescheides ergibt. Maßgebend war für die nach § 97 SGB VI vorgeschriebene Einkommensanrechnung im Jahr 2015 das im Jahr 2014 erzielte Arbeitsentgelt (§ 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV), wie dies von der Beklagten im bestandskräftigen Bescheid vom 18.06.2015 umgesetzt wurde. Von vornherein nicht maßgebend ist deshalb der vom Kläger angestellte Vergleich zwischen seinem unmittelbar vor dem Krankengeld im Jahr 2015 erzielten Arbeitsentgelt und dem Krankengeld.
Die Höhe dieses Einkommens war - ohne dass es hierauf angesichts der Bestandskraft des Bescheides vom 18.06.2015 entscheidungsrelevant ankäme (s. den übernächsten Absatz) - nach § 18b SGB IV zu ermitteln, wobei nach Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB IV das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, wie hier, um 40 v.H. zu kürzen ist. Auch dies verkennt der Kläger, wie sich seinen Ausführungen im Schreiben vom 24.01.2017 entnehmen lässt und was die Beklagte zutreffend dargelegt hat (Bl. 45 SG-Akte).
Beim Bezug von gemäß § 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB IV zu berücksichtigendem Erwerbsersatzeinkommen, wie hier dem Krankengeld, erfolgt eine andere Berechnung der anzurechnenden Höhe: Nach § 18b Abs. 5 Satz 2 SGB IV ist das Krankengeld um den Anteil der vom Kläger zu tragenden Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und, soweit Beiträge zur sonstigen Sozialversicherung gezahlt werden, wie hier (Bl. 33 f. SG-Akte), zusätzlich um 10 v.H. zu kürzen. Anders als beim Arbeitsentgelt (pauschale Kürzung um 40% zur Ermittlung des anzurechnenden Einkommens) wird also beim Krankengeld eine pauschale Kürzung zur Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens nur um 10% vorgenommen.
Im Falle von Einkommensänderungen, wie sie der Kläger hier geltend macht, sieht § 18d Abs. 1 SGB IV eine Berücksichtigung erst vom nächstfolgenden 01.07. vor. Hiervon macht Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz der Vorschrift dahingehend eine Ausnahme, als Minderungen des berücksichtigten Einkommens vom Zeitpunkt ihres Eintritts an berücksichtigt werden, wenn das laufende Einkommen im Durchschnitt voraussichtlich um wenigstens 10 v.H. geringer ist als das berücksichtigte Einkommen. Bis zum Bezug von Krankengeld wurde bei der Anrechnung ausweislich des zuvor ergangenen bestandskräftigen Bescheides vom 18.06.2015 ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von 1.096,20 EUR i.S. des § 18d SGB IV berücksichtigt. Dies ist Ausgangspunkt der Prüfung, ob ein geändertes Einkommen berücksichtigt werden kann, was der Kläger wiederum nicht realisiert.
Hier erfolgte eine Einkommensänderung zwar, weil der Kläger nunmehr Krankengeld bezog. Maßgebend ist aber nach § 18d Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB IV allein, ob eine Minderung des berücksichtigten Einkommens, also des nach § 18b SGB IV ermittelten Einkommens (Bescheid vom 18.06.2015: 1.096,20 EUR) eintrat. Dies ist nicht der Fall, weil die Berechnung des aus dem Krankengeldbezug zu berücksichtigenden Einkommens nach den oben dargestellten gesetzlichen Regelungen einen monatlichen Betrag von 1.253,37 EUR ergab (Bl. 9 Widerspruchsakte), der höher ist als das bisher berücksichtigte Einkommen (1.096,20 EUR).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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