Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 2222/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2693/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. Juni 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1966 geborene Klägerin war bis August 2014 als Montagearbeiterin beschäftigt. Sie befand sich vom 25. September bis 23. Oktober 2014 in einem medizinischen Heilverfahren in der Rehaklinik Ü ... Die dort behandelnden Ärzte gelangten –in Übereistimmung mit der Patientin- zu der Auffassung, die Klägerin könne die zuletzt verrichtete Tätigkeit nicht mehr ausüben; leichte körperliche Tätigkeiten seien aber unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig leistbar. Am 10. Dezember 2014 beantragte die Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog Unterlagen über die ärztliche Behandlung der Klägerin bei und lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 22. Dezember 2014 ab. Hiergegen erhob die Klägerin am 8. Januar 2015 Widerspruch. Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. Scha ... Im Gutachten vom 10. März 2015 gelangte der Gutachter zu der Auffassung, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Des Weiteren beauftragte die Beklagte den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Hu. mit der Erstellung eines Gutachtens über die Klägerin. Unter dem 13. April 2015 gelangte Dr. Hu. zu der Auffassung, dass die Klägerin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 9. Juli 2015 hat die Klägerin hiergegen Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Orthopäde Dr. Ti. hat ausgeführt, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Der Arzt für Anästhesiologie, Schwerpunkt Schmerztherapie, Dr. Ba. hat ausgesagt, dass die körperliche Belastbarkeit möglicherweise nunmehr (wieder) bei vier Stunden liege. Der Neurologe und Psychiater Dr. Bu. hat ausgeführt, dass er von einem unter vollschichtigen –derzeit zwei bis vier Stunden- Leistungsvermögen ausgehe. PD Dr. Le., Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten, hat aufgrund seines Fachgebietes keine Einschränkung des Leistungsvermögens gesehen. Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. Ne. vom 16. September 2015 vorgelegt.
Das SG hat von Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse Ma. das nervenärztliche Gutachten vom 30. November 2015 eingeholt. Hiernach könne die Klägerin körperlich leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichten. Hierauf hat die Klägerin einen Bericht des Zentrums für Psychische Gesundheit in Schw. vom 5. Januar 2016 vorgelegt, wonach die Klägerin vom 7. Dezember 2015 bis 5. Januar 2016 stationär behandelt worden ist. Das SG hat hierauf den gerichtlichen Sachverständigen Ma. zu einer ergänzenden, gutachtlichen Stellungnahme aufgefordert. Unter dem 12. Februar 2016 hat der gerichtliche Sachverständige an seiner Auffassung festgehalten und seine Ausführungen vertieft. Mit Gerichtsbescheid vom 15. Juni 2016 hat das SG die Klage abgewiesen und sich hierbei insbesondere auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Ma. gestützt.
Gegen die am 22. Juni 2016 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 21. Juli 2016 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass sie erwerbsgemindert sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. Juni 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. Dezember 2014 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung behandelnder Ärzte. Der Chefarzt des Wirbelsäulenzentrums des Diakonie-Klinikums Stuttgart, Dr. Va., hat sich bei der Beurteilung des Restleistungsvermögens dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Ma. sowie dem Gutachten des Dr. Scha. angeschlossen. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bo. vom Zentrum für Psychische Gesundheit Schw. hat sich der Beurteilung hinsichtlich des Leistungsvermögens dem Gutachten und der ergänzenden Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen Ma. angeschlossen. Der Chefarzt der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Dr. Ha., vom Diakonie-Klinikum Schw. hat sich der diagnostischen Einordnung des gerichtlichen Sachverständigen Ma. angeschlossen; lediglich der Grad der depressiven Symptomatik sei im Sinne einer mittelgradig depressiven Störung verändert gewesen. Im Laufe der stationären Behandlung sei eine Verbesserung der depressiven Symptomatik und der Schlafstörung erreicht worden.
Der Senat hat hierauf eine ergänzende gutachtliche Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen Ma. vom 21. April 2017 eingeholt. Hiernach ergäben sich keine neuen Aspekte gegenüber dem Gutachten vom 30. November 2015. Schließlich ist vom Senat noch der Entlassungsbericht des Diakonie-Klinikums Schw. vom 11. März 2017 beigezogen worden. Der behandelnde Orthopäde Dr. Ti. hat unter dem 31. Mai 2017 daran festgehalten, dass die Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG ist mit gerichtlicher Verfügung vom 5. September 2017 der Chefarzt der Anästhesie des Hohenloher Krankenhauses Künzelsau Dr. Kü. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt worden. Unter dem 13. September 2017 hat der gerichtliche Sachverständige über eine Behandlung der Klägerin ab 29. März 2017 berichtet und in einem zweiseitigen Schreiben die Auffassung vertreten, dass die Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten sicherlich vier bis sechs Stunden verrichten könne, wobei regelmäßige Pausen unerlässlich, am besten Tätigkeiten mit wechselnden Arbeitspositionen seien. Der gerichtliche Sachverständige wurde hierauf aufgefordert, ein Gutachten zu erstellen, das unter dem 27. November 2017 vorgelegt worden ist. Hiernach könne die Klägerin nicht mehr als vier bis sechs Stunden leichte Arbeiten mit häufigen Unterbrechungen verrichten. Der gerichtliche Sachverständige hat ausgeführt, dass er über Grundkenntnisse hinaus keine sozialmedizinische Fachkompetenz besitze. Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. Lu. vom 28. Dezember 2017 vorgelegt, wonach die Befundangaben im Gutachten sehr knapp seien und die üblichen Qualitätsstandards sozialmedizinischer Gutachten nicht erfüllten. Das Gutachten enthalte überwiegend allgemeine Ausführungen zu den Krankheitsbildern, ohne den Ausprägungsgrad der Erkrankung mit den Auswirkungen auf das Restleistungsvermögen darzulegen. Im Anschluss hieran haben die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2015 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente - § 43 SGB VI - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts bei Beachtung qualitativer Einschränkung wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass sich auch aus dem Berufungsverfahren nicht der Nachweis ergeben hat, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auf ein rentenrelevantes Leistungsniveau herabgesunken ist.
Bei der Klägerin bestehen auf nervenärztlichem Fachgebiet eine Agoraphobie mit Panik, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine leichte depressive Herabgestimmtheit, möglicherweise im Sinne einer Dysthymia, sowie eine mehrsegmentale Bandscheibendegeneration ohne wesentliche Bewegungseinschränkungen und ohne Hinweis auf eine Nervenwurzelkompression oder Nervenwurzelirritation, wie der gerichtliche Sachverständige, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Ma. in seinem Gutachten vom 30. November 2015 schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt hat. Die Stimmung war ausgeglichen, sehr gut modelliert, das Antriebsverhalten regelrecht ohne Anhalt für kognitive Defizite. In der Selbstbeurteilungsskala nach Zung hat die Klägerin nur 41 von 80 maximalen Punkten erreicht, was nur auf eine minimale Depression hinweist. Im strukturierten Fragebogen simulierter Symptome hingegen sind die Ergebnisse extrem auffällig gewesen. Die Klägerin hat hierbei 40 Punkte erreicht, wobei ab einem Wert von 16 Punkten von einer ungewöhnlichen Häufung ungewöhnlicher Symptome ausgegangen wird. Dies hat der gerichtliche Sachverständige als Hinweis auf eine Simulation gewürdigt. Der gerichtliche Sachverständige Ma. hat auch bei der Prüfung der Motorik eine eingeschränkte Mitarbeit sowohl am linken Arm wie auch an beiden Beinen festgestellt. Jedenfalls hat er keinen Hinweis auf eine Muskelschwäche oder Muskelatrophie gesehen bei seitengleich normal angegebener Sensibilität. Damit hat der gerichtliche Sachverständige Ma. auch keine Hinweise auf eine Nervenwurzelkompression oder auf eine Nervenwurzelirritation im Rahmen der geklagten Schmerzsymptomatik gefunden. Psychopathologisch hat die Klägerin ausgeglichen gewirkt bei etwas oberflächlich erscheinender Affektivität, wobei eine Persönlichkeitsstörung nicht diagnostiziert werden konnte. Einen Hinweis auf eine mittelgradige oder gar schwere depressive Symptomatik hat der gerichtliche Sachverständige Ma. schlüssig und nachvollziehbar verneint. Der geklagte Schwindel seit Februar 2014 ist ohne organische Ursache und am ehesten im Rahmen von Panikattacken möglich. Die Einschränkungen durch die Agoraphobie mit Panik hat der gerichtliche Sachverständige aber überzeugend als überwindbar angesehen, da die Klägerin auch eine Menschenansammlung (möglicher Besuch eines Musicals in Hamburg) aufsuchen und sogar nach Ägypten fliegen konnte. In seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 12. Februar 2016 hat der gerichtliche Sachverständige Ma. auch ausführlich und überzeugend dargelegt, dass die Schmerzstörung nicht als Fibromyalgiesyndrom zu sehen ist, sondern als chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, da es nach der Anamnese beginnend in der Kindheit und auch weiter aufrechterhaltend Belastungen und Konflikte gab, die plausibel eine Somatisierung erklären. Der gerichtliche Sachverständige Ma. hat auch schlüssig und nachvollziehbar anhand einer kritischen Zusammenschau von Exploration, Untersuchungsbefunden, Verhaltensbeobachtung und Aktenlage Zweifel am geklagten Ausmaß der Beschwerden geäußert. In Anbetracht des erhobenen Tagesablaufes und der umfangreichen Betreuung der Enkel (viermal die Woche und jedes zweite Wochenende) ist der gerichtliche Sachverständige überzeugend zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin trotz der Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet leichte körperliche Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten kann. Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck, wie beispielsweise Akkordarbeit, Tätigkeiten mit sehr hoher Verantwortung, beispielsweise als Vorgesetzte für mehr als zwei bis drei Mitarbeiter, Tätigkeiten mit hohen emotionalen Belastungen, wie beispielsweise in der Pflege von Schwerstkranken oder einem Arbeitsplatz mit sehr hohem Konfliktpotential, Heben und Tragen über zehn kg, ständiges Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, ständiges Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung, Tätigkeiten mit ständig hochfrequentem Kundenkontakt, beispielsweise als Kassiererin bei einem Discounter sind hiernach zu vermeiden. Nicht folgen kann der Senat der Beurteilung des Dr. Bu ... Der gerichtliche Sachverständige hat überzeugend darauf hingewiesen, dass eine mittelgradige depressive Symptomatik sich nicht feststellen lässt und die therapeutischen Möglichkeiten bei weitem nicht ausgeschöpft worden sind. Dr. Bu. hat auch nicht ausreichend zwischen Beschwerdeangaben und objektiven Befunden unterschieden. Gestützt wird die Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen vom Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Hu. vom 13. April 2015, das im Wege des Urkundenbeweises zu verwerten ist. Auch Dr. Hu. hat leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (ohne Nachtschicht, ohne erhöhten Zeitdruck, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne Überkopfarbeiten) vollschichtig für zumutbar erachtet. Schließlich hat sich auch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bo. vom Zentrum für Psychische Gesundheit Schw. der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen Ma. voll umfänglich angeschlossen. Soweit der behandelnde Arzt Dr. Ha. vom Diakonie-Klinikum Schw. am Beginn seiner Behandlung eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig, diagnostiziert hat, hat er im Laufe der Behandlung bereits eine Verbesserung feststellen können. Eine andauernde Reduzierung des Restleistungsvermögens ist damit nicht festzustellen.
Auf orthopädischem Fachgebiet leidet die Klägerin an einer Gonarthrose links bei Zustand nach vorderer Kreuzbandruptur und -Ersatzplastik, Innenmeniskushinterhornläsion 2009 arthroskopisch entfernt, an degenerativen LWS-Veränderungen mit rezidivierender Wurzelreizung, an einer chronischen Schmerzstörung, an degenerativen HWS- und BWS-Veränderungen mit am 14. Juli 2016 erfolgter Spondylodese, an einer Hüftdysplasie beidseits mit Trochantertendinopathie links mit Beschwerden nur in den Jahren 2009 bis 2010, an einer Hallux valgus et rigidius beidseits mit Beschwerden nur 2010, Fersensporn links sowie an einer Impingement Schulter links, wie der behandelnde Arzt Dr. Ti. zuletzt in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 31. Mai 2017 ausgeführt hat. Die orthopädischen Erkrankungen schließen eine schwere und mittelschwere körperliche Tätigkeit, ständiges Gehen, ständiges Stehen, ständiges Sitzen, häufiges Heben oder Tragen von Gegenständen über zehn kg, Tätigkeiten über Kopf, Tätigkeiten in Rumpfbeuge, Tätigkeiten mit axialer Stauchung oder Vibration im Bereich der Wirbelsäule aus. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen kann die Klägerin aber trotz der orthopädischen Erkrankungen noch leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig verrichten, wie der behandelnde Orthopäde plausibel ausgeführt hat. Bestätigt wird die vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen auch durch das Gutachten des Dr. Scha., das im Wege des Urkundenbeweises verwertbar ist. Auch der Chefarzt des Wirbelsäulenzentrums Dr. Va. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 29. November 2016 überzeugend dargelegt, dass die Erkrankung auf orthopädischem Fachgebiet einer leichten körperlichen Tätigkeit vollschichtig nicht entgegenstehen. Er hat sich den Beurteilungen des gerichtlichen Sachverständigen Ma. als auch dem Gutachten des Dr. Scha. vollinhaltlich angeschlossen. Soweit der Bericht des Diakonie-Klinikums Schw. vom 11. März 2017 eine Lumboischialgie aufführt, haben sich die Beschwerden unter Therapie gebessert, weshalb eine rentenrelevante andauernde Leistungsminderung daraus nicht abzuleiten ist.
Die schmerztherapeutischen Aussagen und Bewertungen der behandelnden Ärzte Dres. Ba. und Kü. überzeugen nicht. Der sachverständige Zeuge Dr. Ba. hat in seiner Zeugenaussage vom 23. Februar 2015 keine Befunde angegeben, die es dem Gericht erlauben könnten, die Leistungsbeurteilung nachzuvollziehen, sodass dessen Einschätzung nicht gefolgt werden kann. Aber auch der Beurteilung des Dr. Kü. kann nicht gefolgt werden. Dr. Kü. hat weder in seinem kurzen Antwortschreiben vom 13. September 2017 noch in seinem Gutachten vom 27. November 2017 Befunde dargestellt, die seine Leistungsbeurteilung plausibel machen. Dr. Kü. hat selbst darauf hingewiesen, dass sein Fachgebiet die Anästhesie wenig zur Klärung der Beweisfragen beitragen kann und die Schmerzmedizin ein Querschnittsgebiet darstellt, das sich auf die symptomatische Behandlung und Verbesserung von Schmerzzuständen spezialisiert hat. Dr. Kü. hat aber auch nicht für den Senat überzeugend dargelegt, in welchem Ausmaß das vorhandene Schmerzsyndrom vorliegen soll und weshalb das angenommene Ausmaß nachgewiesen sein soll. Allein der Verweis auf eine –fachfremd und ohne eigene Befunde angenommene- reaktive Depression sowie psychische und soziale Auswirkungen bei gleichzeitig häufigem Arztwechsel und mehreren Operationen/Interventionen und stationäre Aufenthalte, was einen Schweregrad III rechtfertige, erbringt noch keinen Nachweis dafür, dass selbst leichte körperliche Tätigkeiten nicht mehr vollschichtig verrichtet werden können. Soweit Dr. Kü. mit seiner Äußerung meinte, dass die Klägerin sechs Stunden arbeitstäglich leichte Tätigkeiten verrichten könne, so wäre auch eine rentenrelevante Leistungsminderung nicht dargelegt. Dr. Lu. hat in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28. Dezember 2017 demzufolge zutreffend darauf hingewiesen, dass das Gutachten nicht den üblichen Qualitätsstandards entspricht, überwiegend allgemeine Ausführungen zu den Krankheitsbildern enthält und die Ausprägung der Erkrankung nicht ausreichend nachweist. Selbst ein umfassend erhobener Tagesablauf, der gerade bei Schmerzerkrankungen die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit belegen kann, fehlt.
Der behandelnde HNO-Arzt Dr. Le. hat schließlich in seiner Zeugenaussage plausibel dargelegt, dass die diagnostizierte chronische Pansinusitis, Tieftonschwerhörigkeit, links und Vertigo einer leichten körperlichen Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegensteht. Die von Dr. Le. differenzialdiagnostisch angeführte Morbus Meniere konnte der gerichtliche Sachverständige Ma. ausschließen; die von Dr. Le. diagnostizierte Fibromyalgie hat der gerichtliche Sachverständige Meyer schlüssig und nachvollziehbar als chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren gewertet und bei seiner Leistungsbeurteilung berücksichtigt (siehe oben). Weitergehende rentenrelevante Erkrankungen sind nicht ersichtlich.
Der Nachweis einer Erwerbsminderung ist damit nicht erbracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, Kommentar zum SGG, 5. Auflage, § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1966 geborene Klägerin war bis August 2014 als Montagearbeiterin beschäftigt. Sie befand sich vom 25. September bis 23. Oktober 2014 in einem medizinischen Heilverfahren in der Rehaklinik Ü ... Die dort behandelnden Ärzte gelangten –in Übereistimmung mit der Patientin- zu der Auffassung, die Klägerin könne die zuletzt verrichtete Tätigkeit nicht mehr ausüben; leichte körperliche Tätigkeiten seien aber unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig leistbar. Am 10. Dezember 2014 beantragte die Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog Unterlagen über die ärztliche Behandlung der Klägerin bei und lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 22. Dezember 2014 ab. Hiergegen erhob die Klägerin am 8. Januar 2015 Widerspruch. Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. Scha ... Im Gutachten vom 10. März 2015 gelangte der Gutachter zu der Auffassung, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Des Weiteren beauftragte die Beklagte den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Hu. mit der Erstellung eines Gutachtens über die Klägerin. Unter dem 13. April 2015 gelangte Dr. Hu. zu der Auffassung, dass die Klägerin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 9. Juli 2015 hat die Klägerin hiergegen Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Orthopäde Dr. Ti. hat ausgeführt, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Der Arzt für Anästhesiologie, Schwerpunkt Schmerztherapie, Dr. Ba. hat ausgesagt, dass die körperliche Belastbarkeit möglicherweise nunmehr (wieder) bei vier Stunden liege. Der Neurologe und Psychiater Dr. Bu. hat ausgeführt, dass er von einem unter vollschichtigen –derzeit zwei bis vier Stunden- Leistungsvermögen ausgehe. PD Dr. Le., Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten, hat aufgrund seines Fachgebietes keine Einschränkung des Leistungsvermögens gesehen. Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. Ne. vom 16. September 2015 vorgelegt.
Das SG hat von Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse Ma. das nervenärztliche Gutachten vom 30. November 2015 eingeholt. Hiernach könne die Klägerin körperlich leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichten. Hierauf hat die Klägerin einen Bericht des Zentrums für Psychische Gesundheit in Schw. vom 5. Januar 2016 vorgelegt, wonach die Klägerin vom 7. Dezember 2015 bis 5. Januar 2016 stationär behandelt worden ist. Das SG hat hierauf den gerichtlichen Sachverständigen Ma. zu einer ergänzenden, gutachtlichen Stellungnahme aufgefordert. Unter dem 12. Februar 2016 hat der gerichtliche Sachverständige an seiner Auffassung festgehalten und seine Ausführungen vertieft. Mit Gerichtsbescheid vom 15. Juni 2016 hat das SG die Klage abgewiesen und sich hierbei insbesondere auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Ma. gestützt.
Gegen die am 22. Juni 2016 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 21. Juli 2016 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass sie erwerbsgemindert sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. Juni 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. Dezember 2014 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung behandelnder Ärzte. Der Chefarzt des Wirbelsäulenzentrums des Diakonie-Klinikums Stuttgart, Dr. Va., hat sich bei der Beurteilung des Restleistungsvermögens dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Ma. sowie dem Gutachten des Dr. Scha. angeschlossen. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bo. vom Zentrum für Psychische Gesundheit Schw. hat sich der Beurteilung hinsichtlich des Leistungsvermögens dem Gutachten und der ergänzenden Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen Ma. angeschlossen. Der Chefarzt der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Dr. Ha., vom Diakonie-Klinikum Schw. hat sich der diagnostischen Einordnung des gerichtlichen Sachverständigen Ma. angeschlossen; lediglich der Grad der depressiven Symptomatik sei im Sinne einer mittelgradig depressiven Störung verändert gewesen. Im Laufe der stationären Behandlung sei eine Verbesserung der depressiven Symptomatik und der Schlafstörung erreicht worden.
Der Senat hat hierauf eine ergänzende gutachtliche Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen Ma. vom 21. April 2017 eingeholt. Hiernach ergäben sich keine neuen Aspekte gegenüber dem Gutachten vom 30. November 2015. Schließlich ist vom Senat noch der Entlassungsbericht des Diakonie-Klinikums Schw. vom 11. März 2017 beigezogen worden. Der behandelnde Orthopäde Dr. Ti. hat unter dem 31. Mai 2017 daran festgehalten, dass die Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG ist mit gerichtlicher Verfügung vom 5. September 2017 der Chefarzt der Anästhesie des Hohenloher Krankenhauses Künzelsau Dr. Kü. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt worden. Unter dem 13. September 2017 hat der gerichtliche Sachverständige über eine Behandlung der Klägerin ab 29. März 2017 berichtet und in einem zweiseitigen Schreiben die Auffassung vertreten, dass die Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten sicherlich vier bis sechs Stunden verrichten könne, wobei regelmäßige Pausen unerlässlich, am besten Tätigkeiten mit wechselnden Arbeitspositionen seien. Der gerichtliche Sachverständige wurde hierauf aufgefordert, ein Gutachten zu erstellen, das unter dem 27. November 2017 vorgelegt worden ist. Hiernach könne die Klägerin nicht mehr als vier bis sechs Stunden leichte Arbeiten mit häufigen Unterbrechungen verrichten. Der gerichtliche Sachverständige hat ausgeführt, dass er über Grundkenntnisse hinaus keine sozialmedizinische Fachkompetenz besitze. Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. Lu. vom 28. Dezember 2017 vorgelegt, wonach die Befundangaben im Gutachten sehr knapp seien und die üblichen Qualitätsstandards sozialmedizinischer Gutachten nicht erfüllten. Das Gutachten enthalte überwiegend allgemeine Ausführungen zu den Krankheitsbildern, ohne den Ausprägungsgrad der Erkrankung mit den Auswirkungen auf das Restleistungsvermögen darzulegen. Im Anschluss hieran haben die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2015 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente - § 43 SGB VI - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts bei Beachtung qualitativer Einschränkung wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass sich auch aus dem Berufungsverfahren nicht der Nachweis ergeben hat, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auf ein rentenrelevantes Leistungsniveau herabgesunken ist.
Bei der Klägerin bestehen auf nervenärztlichem Fachgebiet eine Agoraphobie mit Panik, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine leichte depressive Herabgestimmtheit, möglicherweise im Sinne einer Dysthymia, sowie eine mehrsegmentale Bandscheibendegeneration ohne wesentliche Bewegungseinschränkungen und ohne Hinweis auf eine Nervenwurzelkompression oder Nervenwurzelirritation, wie der gerichtliche Sachverständige, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Ma. in seinem Gutachten vom 30. November 2015 schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt hat. Die Stimmung war ausgeglichen, sehr gut modelliert, das Antriebsverhalten regelrecht ohne Anhalt für kognitive Defizite. In der Selbstbeurteilungsskala nach Zung hat die Klägerin nur 41 von 80 maximalen Punkten erreicht, was nur auf eine minimale Depression hinweist. Im strukturierten Fragebogen simulierter Symptome hingegen sind die Ergebnisse extrem auffällig gewesen. Die Klägerin hat hierbei 40 Punkte erreicht, wobei ab einem Wert von 16 Punkten von einer ungewöhnlichen Häufung ungewöhnlicher Symptome ausgegangen wird. Dies hat der gerichtliche Sachverständige als Hinweis auf eine Simulation gewürdigt. Der gerichtliche Sachverständige Ma. hat auch bei der Prüfung der Motorik eine eingeschränkte Mitarbeit sowohl am linken Arm wie auch an beiden Beinen festgestellt. Jedenfalls hat er keinen Hinweis auf eine Muskelschwäche oder Muskelatrophie gesehen bei seitengleich normal angegebener Sensibilität. Damit hat der gerichtliche Sachverständige Ma. auch keine Hinweise auf eine Nervenwurzelkompression oder auf eine Nervenwurzelirritation im Rahmen der geklagten Schmerzsymptomatik gefunden. Psychopathologisch hat die Klägerin ausgeglichen gewirkt bei etwas oberflächlich erscheinender Affektivität, wobei eine Persönlichkeitsstörung nicht diagnostiziert werden konnte. Einen Hinweis auf eine mittelgradige oder gar schwere depressive Symptomatik hat der gerichtliche Sachverständige Ma. schlüssig und nachvollziehbar verneint. Der geklagte Schwindel seit Februar 2014 ist ohne organische Ursache und am ehesten im Rahmen von Panikattacken möglich. Die Einschränkungen durch die Agoraphobie mit Panik hat der gerichtliche Sachverständige aber überzeugend als überwindbar angesehen, da die Klägerin auch eine Menschenansammlung (möglicher Besuch eines Musicals in Hamburg) aufsuchen und sogar nach Ägypten fliegen konnte. In seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 12. Februar 2016 hat der gerichtliche Sachverständige Ma. auch ausführlich und überzeugend dargelegt, dass die Schmerzstörung nicht als Fibromyalgiesyndrom zu sehen ist, sondern als chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, da es nach der Anamnese beginnend in der Kindheit und auch weiter aufrechterhaltend Belastungen und Konflikte gab, die plausibel eine Somatisierung erklären. Der gerichtliche Sachverständige Ma. hat auch schlüssig und nachvollziehbar anhand einer kritischen Zusammenschau von Exploration, Untersuchungsbefunden, Verhaltensbeobachtung und Aktenlage Zweifel am geklagten Ausmaß der Beschwerden geäußert. In Anbetracht des erhobenen Tagesablaufes und der umfangreichen Betreuung der Enkel (viermal die Woche und jedes zweite Wochenende) ist der gerichtliche Sachverständige überzeugend zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin trotz der Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet leichte körperliche Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten kann. Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck, wie beispielsweise Akkordarbeit, Tätigkeiten mit sehr hoher Verantwortung, beispielsweise als Vorgesetzte für mehr als zwei bis drei Mitarbeiter, Tätigkeiten mit hohen emotionalen Belastungen, wie beispielsweise in der Pflege von Schwerstkranken oder einem Arbeitsplatz mit sehr hohem Konfliktpotential, Heben und Tragen über zehn kg, ständiges Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, ständiges Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung, Tätigkeiten mit ständig hochfrequentem Kundenkontakt, beispielsweise als Kassiererin bei einem Discounter sind hiernach zu vermeiden. Nicht folgen kann der Senat der Beurteilung des Dr. Bu ... Der gerichtliche Sachverständige hat überzeugend darauf hingewiesen, dass eine mittelgradige depressive Symptomatik sich nicht feststellen lässt und die therapeutischen Möglichkeiten bei weitem nicht ausgeschöpft worden sind. Dr. Bu. hat auch nicht ausreichend zwischen Beschwerdeangaben und objektiven Befunden unterschieden. Gestützt wird die Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen vom Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Hu. vom 13. April 2015, das im Wege des Urkundenbeweises zu verwerten ist. Auch Dr. Hu. hat leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (ohne Nachtschicht, ohne erhöhten Zeitdruck, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne Überkopfarbeiten) vollschichtig für zumutbar erachtet. Schließlich hat sich auch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Bo. vom Zentrum für Psychische Gesundheit Schw. der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen Ma. voll umfänglich angeschlossen. Soweit der behandelnde Arzt Dr. Ha. vom Diakonie-Klinikum Schw. am Beginn seiner Behandlung eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig, diagnostiziert hat, hat er im Laufe der Behandlung bereits eine Verbesserung feststellen können. Eine andauernde Reduzierung des Restleistungsvermögens ist damit nicht festzustellen.
Auf orthopädischem Fachgebiet leidet die Klägerin an einer Gonarthrose links bei Zustand nach vorderer Kreuzbandruptur und -Ersatzplastik, Innenmeniskushinterhornläsion 2009 arthroskopisch entfernt, an degenerativen LWS-Veränderungen mit rezidivierender Wurzelreizung, an einer chronischen Schmerzstörung, an degenerativen HWS- und BWS-Veränderungen mit am 14. Juli 2016 erfolgter Spondylodese, an einer Hüftdysplasie beidseits mit Trochantertendinopathie links mit Beschwerden nur in den Jahren 2009 bis 2010, an einer Hallux valgus et rigidius beidseits mit Beschwerden nur 2010, Fersensporn links sowie an einer Impingement Schulter links, wie der behandelnde Arzt Dr. Ti. zuletzt in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 31. Mai 2017 ausgeführt hat. Die orthopädischen Erkrankungen schließen eine schwere und mittelschwere körperliche Tätigkeit, ständiges Gehen, ständiges Stehen, ständiges Sitzen, häufiges Heben oder Tragen von Gegenständen über zehn kg, Tätigkeiten über Kopf, Tätigkeiten in Rumpfbeuge, Tätigkeiten mit axialer Stauchung oder Vibration im Bereich der Wirbelsäule aus. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen kann die Klägerin aber trotz der orthopädischen Erkrankungen noch leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig verrichten, wie der behandelnde Orthopäde plausibel ausgeführt hat. Bestätigt wird die vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen auch durch das Gutachten des Dr. Scha., das im Wege des Urkundenbeweises verwertbar ist. Auch der Chefarzt des Wirbelsäulenzentrums Dr. Va. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 29. November 2016 überzeugend dargelegt, dass die Erkrankung auf orthopädischem Fachgebiet einer leichten körperlichen Tätigkeit vollschichtig nicht entgegenstehen. Er hat sich den Beurteilungen des gerichtlichen Sachverständigen Ma. als auch dem Gutachten des Dr. Scha. vollinhaltlich angeschlossen. Soweit der Bericht des Diakonie-Klinikums Schw. vom 11. März 2017 eine Lumboischialgie aufführt, haben sich die Beschwerden unter Therapie gebessert, weshalb eine rentenrelevante andauernde Leistungsminderung daraus nicht abzuleiten ist.
Die schmerztherapeutischen Aussagen und Bewertungen der behandelnden Ärzte Dres. Ba. und Kü. überzeugen nicht. Der sachverständige Zeuge Dr. Ba. hat in seiner Zeugenaussage vom 23. Februar 2015 keine Befunde angegeben, die es dem Gericht erlauben könnten, die Leistungsbeurteilung nachzuvollziehen, sodass dessen Einschätzung nicht gefolgt werden kann. Aber auch der Beurteilung des Dr. Kü. kann nicht gefolgt werden. Dr. Kü. hat weder in seinem kurzen Antwortschreiben vom 13. September 2017 noch in seinem Gutachten vom 27. November 2017 Befunde dargestellt, die seine Leistungsbeurteilung plausibel machen. Dr. Kü. hat selbst darauf hingewiesen, dass sein Fachgebiet die Anästhesie wenig zur Klärung der Beweisfragen beitragen kann und die Schmerzmedizin ein Querschnittsgebiet darstellt, das sich auf die symptomatische Behandlung und Verbesserung von Schmerzzuständen spezialisiert hat. Dr. Kü. hat aber auch nicht für den Senat überzeugend dargelegt, in welchem Ausmaß das vorhandene Schmerzsyndrom vorliegen soll und weshalb das angenommene Ausmaß nachgewiesen sein soll. Allein der Verweis auf eine –fachfremd und ohne eigene Befunde angenommene- reaktive Depression sowie psychische und soziale Auswirkungen bei gleichzeitig häufigem Arztwechsel und mehreren Operationen/Interventionen und stationäre Aufenthalte, was einen Schweregrad III rechtfertige, erbringt noch keinen Nachweis dafür, dass selbst leichte körperliche Tätigkeiten nicht mehr vollschichtig verrichtet werden können. Soweit Dr. Kü. mit seiner Äußerung meinte, dass die Klägerin sechs Stunden arbeitstäglich leichte Tätigkeiten verrichten könne, so wäre auch eine rentenrelevante Leistungsminderung nicht dargelegt. Dr. Lu. hat in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28. Dezember 2017 demzufolge zutreffend darauf hingewiesen, dass das Gutachten nicht den üblichen Qualitätsstandards entspricht, überwiegend allgemeine Ausführungen zu den Krankheitsbildern enthält und die Ausprägung der Erkrankung nicht ausreichend nachweist. Selbst ein umfassend erhobener Tagesablauf, der gerade bei Schmerzerkrankungen die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit belegen kann, fehlt.
Der behandelnde HNO-Arzt Dr. Le. hat schließlich in seiner Zeugenaussage plausibel dargelegt, dass die diagnostizierte chronische Pansinusitis, Tieftonschwerhörigkeit, links und Vertigo einer leichten körperlichen Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegensteht. Die von Dr. Le. differenzialdiagnostisch angeführte Morbus Meniere konnte der gerichtliche Sachverständige Ma. ausschließen; die von Dr. Le. diagnostizierte Fibromyalgie hat der gerichtliche Sachverständige Meyer schlüssig und nachvollziehbar als chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren gewertet und bei seiner Leistungsbeurteilung berücksichtigt (siehe oben). Weitergehende rentenrelevante Erkrankungen sind nicht ersichtlich.
Der Nachweis einer Erwerbsminderung ist damit nicht erbracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, Kommentar zum SGG, 5. Auflage, § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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