Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AL 3987/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1573/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11.03.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen i.S.d. § 2 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Die 1956 geborene Klägerin hat eine Ausbildung zur Industriekauffrau absolviert und war seit 2008 als Verwaltungsangestellte im O.Klinikum O. angestellt, wo sie zuletzt mit Archivierungstätigkeiten im Zentralarchiv betraut war. Die Tätigkeit erfolgte nach den Angaben der Klägerin in geschlossenen Räumen mit häufigem Bücken, Zwangshaltungen und häufigem Heben. Seit dem 27.10.2011 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt und wurde zum 07.12.2012 von der Krankenkasse ausgesteuert. Ein Wiedereingliederungsversuch ab dem 15.10.2012 wurde am 06.12.2012 aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen.
Mit Bescheid des Landratsamtes O. - Amt für Soziales und Versorgung - vom 13.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 16.01.2013 wurde bei der Klägerin wegen einer Abhängigkeitserkrankung (in Heilungsbewährung), einer Depression, einem Fibromyalgiesyndrom, einer Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks, einer Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks sowie eines Bluthochdrucks der Grad der Behinderung mit 40 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz jeweils seit dem 21.11.2011 festgestellt (Bl. 6 der Verwaltungsakte). Die hiergegen erhobene Klage (Az. S 5 SB 666/13) war nicht erfolgreich. Die gegen das Urteil vom 28.10.2015 erhobene Berufung wurde mit Beschluss vom 27.10.2017 (L 8 SB 5265/15) zurückgewiesen.
Am 03.12.2012 (Antrag vom 26.11.2012) beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gleichstellung mit einem behinderten Menschen. Zur Begründung führte sie aus, sie könne ihre derzeitige Tätigkeit nicht weiter ausüben, weil sie mit ständigem Knien, Bücken, Heben und Hocken verbunden sei, was ihr Schmerzen bereite. Ihre Depressionen hätten sich verstärkt, da sie im Keller ohne Tageslicht tätig sein müsse. Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme der Arbeitgeberin der Klägerin ein (Bl. 11 f. der Verwaltungsakte), welche unter dem 04.12.2012 mitteilte, gesundheitliche Einschränkungen der Klägerin seien bekannt und wirkten sich durch häufige Fehlzeiten auf ihre Tätigkeit aus, der Arbeitseinsatz sei eingeschränkt. Eine innerbetriebliche Umsetzung wegen der Auswirkungen der Behinderung sei nicht möglich. Der Arbeitsplatz sei nicht gefährdet. Es handele sich um kein unkündbares Arbeitsverhältnis. Eine Kündigung sei nicht ausgesprochen, ein Aufhebungsvertrag nicht geschlossen worden. Die Schwerbehindertenvertretung des Arbeitgebers teilte unter dem 05.12.2012 mit (Bl. 13 f. der Verwaltungsakte), der derzeitige Arbeitsplatz sei behinderungsgerecht gestaltet, eine innerbetriebliche Umsetzung sei wegen der Auswirkungen der Behinderung nicht möglich. Gleiches gab auch der Betriebsrat in seiner Stellungnahme vom 07.12.2012 an (Bl. 20 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 07.01.2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gleichstellung ab (Bl. 25 der Verwaltungsakte).
Hiergegen erhob die Klägerin am 22.01.2013 Widerspruch (s. hierzu Antwort der Beklagten, Bl.26 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 08.02.2013 kündigte die Arbeitgeberin der Klägerin mit Wirkung zum 31.03.2013 (Bl. 34 ff. der SG-Akte).
Am 30.04.2013 kündigte die Arbeitgeberin der Klägerin nach Zustimmung des Integrationsamtes erneut, diesmal mit Wirkung zum 30.09.2013. Zur Begründung der Zustimmung führte das Integrationsamt im Bescheid vom 11.04.2013 aus, aufgrund der ärztlichen Aussagen vom Januar 2013 mit einer negativen Fehlzeitenprognose und dem Hinweis einer Rentenempfehlung, der erst fünfjährigen Betriebszugehörigkeit und den von Beginn des Arbeitsverhältnisses an bestehenden erhöhten Fehlzeiten, den bereits vier durchlaufenen Abteilungen und der fehlenden Einsicht der Klägerin sei es dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar, das Arbeitsverhältnis noch länger aufrechtzuerhalten. Die Klage und die Berufung gegen die Kündigungen blieben ohne Erfolg (Bl. 75 der SG-Akte). Mit Urteil vom 17.06.2014 wies das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (22 Sa 5/14) die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 17.12.2013 zurück. Das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung vom 08.02.2013 zum 31.03.2013 aufgelöst worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der derzeitige Arbeitsplatz der Klägerin sei auf Dauer nicht mehr geeignet. Eine Gleichstellung könne nicht zur Erhaltung dieses ungeeigneten Arbeitsplatzes dienen. Die Möglichkeit der Umsetzung sei vom Arbeitgeber geprüft und entsprechend dem Antrag der Klägerin auf alle innegehabten Stellen erstreckt worden. Es habe sich dabei ergeben, dass alle in Frage kommenden Stellen dem Arbeitsplatzabbau unterlägen und eine freie Stelle nach übereinstimmender Auskunft von Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretung und Personalrat derzeit nicht vorhanden sei.
Am 05.08.2013 erhob die Klägerin hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Karlsruhe, welches den Rechtsstreit wegen örtlicher Unzuständigkeit mit Beschluss vom 26.08.2013 an das Sozialgericht Freiburg (SG) verwies. Zur Begründung ihrer Klage führte die Klägerin aus, die Beklagte habe den ihrem Antrag zu Grunde liegenden Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Ihr Arbeitsplatz sei massiv gefährdet gewesen, nachdem ihr Arbeitgeber bereits zum 30.06.2011 eine Kündigung ausgesprochen habe. Gegen diese Kündigung habe sie erfolgreich eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Freiburg (6 Ca 83/11) erhoben. Die krankheitsbedingten Fehlzeiten seien auf Erkrankungen zurückzuführen, die folgenlos ausgeheilt seien. Sie hätte daher in der Folge an den bisher von ihr innegehabten Arbeitsplätzen eingesetzt werden können. Stattdessen habe man sie nicht leidensgerecht im Archiv beschäftigt. Mit Schreiben vom 08.02.2013 sei sie erneut gekündigt worden. Es habe sich der Beklagten bei zutreffender Sachverhaltsaufklärung aufdrängen müssen, dass ihr Arbeitsplatz erheblich gefährdet gewesen sei. Insbesondere habe sich die Beklagte nicht mit der Auskunft der Arbeitgeberin zufriedengeben dürfen. Diese habe wahrheitswidrig angegeben, dass der Arbeitsplatz nicht gefährdet sei. Diese wahrheitswidrige Stellungnahme sei ihr – der Klägerin – nicht zugeleitet worden, worin ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör liege, welchen sie ausdrücklich rüge. Auch soweit die Arbeitgeberin und der Schwerbehindertenvertreter angeben hätten, der Arbeitsplatz im Archiv sei leidensgerecht, entspreche dies nicht der Wahrheit, wie auch das Integrationsamt festgestellt habe. Auffällig sei weiter, dass nach der Stellungnahme des Personalratsvorsitzenden zwar eine Umsetzung wiederholt erfolgt sei. Dieser habe jedoch nicht angegeben, dass eine solche nicht möglich wäre, was den Auskünften der Arbeitgeberin und des Schwerbehindertenvertreters widerspreche. Die Klägerin legte zudem einen Beschluss des Amtsgerichts Offenburg vom 07.03.2012 vor, wonach wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren gegen sie eröffnet worden sei (Bl. 31 ff. der Senatsakte). Sie reichte zudem das Attest des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. vom 26.08.2014 (Bl. 71 der SG-Akte) zu den Akten, wonach eine schwere depressive Episode bestehe, die durch psychosoziale Belastungsfaktoren getriggert würde. Ein Punkt sei dabei, dass die Tätigkeit im Archiv derzeit nicht zumutbar sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.03.2015 wies das SG die Klage ab.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 26.03.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 20.04.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Ergänzend führt sie aus, dass eine Gleichstellung der Erhaltung des Arbeitsplatzes gedient hätte. Bei einer Eingliederung außerhalb des Archivs, insbesondere an den in der Vergangenheit innegehabten Arbeitsplätzen, wäre diese mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich gewesen. Es stehe fest, dass es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen ungeeigneten Arbeitsplatz gehandelt habe. Die vorher ausgeübten Tätigkeiten seien hingegen als geeignet anzusehen. Das SG habe den Begriff des "Arbeitsplatzes" falsch ausgelegt und nur auf die Tätigkeit im Archiv bezogen. Er sei jedoch zu definieren als Summe der Tätigkeiten, die sie als Angestellte aufgrund einer bestimmten Vergütungsgruppe zu erbringen habe. Es entspreche darüber hinaus nicht den Tatsachen, dass eine innerbetriebliche Umsetzung von dem Arbeitgeber umfassend geprüft worden sei. Nicht alle in Frage kommenden Stellen seien besetzt oder unterlägen dem Arbeitsplatzabbau, wie die Arbeitgeberin behaupte. Die Rechtsansicht des SG, wonach ihr Arbeitsplätze des allgemeinen Arbeitsmarktes zur Verfügung stünden und ihre Konkurrenzfähigkeit nicht eingeschränkt sei, werde nicht geteilt. Allein die Tatsache, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht im Archiv des Klinikums beschäftigt werden könne, zeige dies schon.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11.03.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Beschluss vom 17.01.2018 hat der Senat den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt (Bl. 45, 46 der Senatsakte).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 07.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin kann die begehrte Gleichstellung nicht beanspruchen.
Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar leidet dieser an einem wesentlichen Verfahrensmangel insofern, als das SG die Beteiligten entgegen § 105 Absatz 1 Satz 2 SGG zu der beabsichtigten Entscheidung nicht angehört hat. Der Verfahrensakte lässt sich an keiner Stelle eine entsprechende Verfügung entnehmen, die auf eine Anhörung zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid hinweisen würde. Damit liegt ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör und die Pflicht des Sozialgerichts vor, vor dem Erlass seiner Entscheidung zu prüfen, ob den Verfahrensbeteiligten das rechtliche Gehör tatsächlich gewährt wurde, woraus ein wesentlicher Mangel in Sinne von § 159 Absatz 1 Nr. 2 SGG folgt (Landessozialgericht Baden- Württemberg, Urteil vom 29.04.2010 – L 10 U 2809/09, juris RdNr. 21 f.). Allerdings stellt der Senat fest, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist und daher aufgrund des Mangels keine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, mithin die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht gemäß § 159 Absatz 1 SGG nicht vorliegen.
Gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX sollen behinderte Menschen mit einem GdB von weniger als 50, aber mindestens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX (Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt oder Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland) vorliegen, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können. Diese Gleichstellung erfolgt gemäß § 151 Absatz 2 Satz 1 SGB IX auf Antrag des behinderten Menschen durch feststellenden Verwaltungsakt nach § 152 SGB IX (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R -, SozR 4 3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 13, zu § 69 SGB IX in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung).
Die Klägerin erfüllt zwar die persönlichen Voraussetzungen der Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX, da sie ihren Wohnsitz i.S.d. § 73 SGB IX im Inland hat und bei ihr vom Landratsamt O. mit Bescheid vom 13.02.2012 ein GdB von weniger als 50 und mindestens 30 – nämlich 40 – seit dem 29.11.2011 festgestellt ist.
Jedoch erfüllt die Klägerin nicht die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 SGB IX. Dazu müsste sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX nicht erlangen (Alternative 1) oder nicht behalten (Alternative 2) können. Die beiden Tatbestandsalternativen können kumulativ oder auch nur alternativ vorliegen (BSG 01.03.2011 - B 7 AL 6/10 R -, BSGE 108, 4 = SozR 4-3250 § 2 Nr. 4). Zweck der Gleichstellung ist es, die ungünstige Konkurrenz-/Wettbewerbssituation des Behinderten am Arbeitsplatz und auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern und somit den Arbeitsplatz sicherer zu machen oder seine Vermittlungschancen zu erhöhen (BSG 01.03.2011 - B 7 AL 6/10 R -, BSGE 108, 4; BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R -, SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 13).
Der Begriff des Arbeitsplatzes ist in § 156 Abs. 1 SGB IX definiert. Danach sind Arbeitsplätze alle Stellen, auf denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer usw. beschäftigt werden. Der weite Arbeitsplatzbegriff des Abs. 1 wird in Abs. 3 der Vorschrift dahingehend eingeschränkt, dass es sich um einen solchen mit einem Arbeitszeitumfang von 18 Stunden pro Woche handeln muss. Der behinderte Mensch muss daher über eine Resterwerbsfähigkeit verfügen, die ihm die Ausübung einer Beschäftigung von mindestens 18 Stunden pro Woche ermöglicht (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R -, SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 17).
Bei der Prüfung der Eignung des Arbeitsplatzes ist von einer konkreten Betrachtungsweise auszugehen, wie sich aus der Auslegung des § 2 Abs. 2 SGB IX nach seinem Sinn und Zweck ergibt. Eine Gleichstellung soll erfolgen, damit die Teilhabe des behinderten Menschen am Arbeitsleben gesichert wird. Nach der Alt. 2 soll dieses Ziel dadurch erreicht werden, dass er seinen Arbeitsplatz behalten kann (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R - SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 20). Der behinderte Mensch kann aber immer nur den Arbeitsplatz "behalten", den er konkret innehat (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R - SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 20). Die Frage nach der Eignung "eines" Arbeitsplatzes für den behinderten Menschen kann daher nicht abstrakt für alle Arbeitsplätze geprüft werden (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R - SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 20).
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das SG daher zu Recht davon ausgegangen, dass für die Frage einer Gleichstellung zur Erhaltung des Arbeitsplatzes auf den tatsächlich innegehaltenen Arbeitsplatz, im Falle der Klägerin auf denjenigen im Archiv, abzustellen ist und es nicht auf sämtliche von der Klägerin zuvor verrichteten Tätigkeiten (wenn auch beim gleichen Arbeitgeber) ankommt. Weiter ist nicht relevant, welche weiteren Tätigkeiten von der Vergütungsgruppe umfasst wären, da gesundheitliche Auswirkungen auf hypothetische Arbeitsplätze keiner Prüfung zugänglich sind.
Auch wenn maßgeblich für die Beurteilung eines Gleichstellungsbegehrens wegen der Rückwirkung des Antrags auf den Zeitpunkt der Antragstellung (§ 151 Absatz 2 Satz 2 SGB IX) die Antragstellung ist, sind wesentliche Änderungen der Sach- und Rechtslage bis zur mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen (BSG 02.03.2000 - B 7 AL 46/99 R, juris). Ein Anspruch auf Gleichstellung besteht nicht, wenn das Tatbestandsmerkmal des geeigneten, derzeit innegehaltenen, Arbeitsplatzes fehlt (vgl. Senatsurteile vom 28.02.2014 - L 8 AL 501/13 und vom 23.10.2015 - L 8 AL 4146/14, beide veröffentlicht in juris und sozialgerichtsbarkeit.de). Nachdem die Klägerin den Arbeitsplatz nicht mehr innehat, sondern das Arbeitsverhältnis rechtskräftig zum 31.03.2013 gekündigt worden ist, liegen die Voraussetzungen einer Gleichstellung zur Erhaltung des Arbeitsplatzes nicht vor, darüber hinaus ist der Senat davon überzeugt, dass der Arbeitsplatz für die Klägerin nicht geeignet gewesen ist. Der zu schützende Arbeitsplatz muss für den behinderten Menschen geeignet sein (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R -, SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 18). Der behinderte Mensch darf grundsätzlich durch die geschuldete Arbeitsleistung nicht gesundheitlich überfordert werden. Die Geeignetheit des Arbeitsplatzes bestimmt sich individuell konkret nach dem Eignungs- und Leistungspotential des behinderten Menschen (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R -, SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 19; BSG 02.03.2000 - B 7 AL 46/99 R -, BSGE 86, 10 = SozR 3-3870 § 2 Nr. 1 = juris RdNr. 16). Die Beklagte und die Gerichte haben die konkreten Behinderungen und ihre Auswirkungen auf die Eignung des behinderten Menschen für den konkreten Arbeitsplatz zu ermitteln. Danach haben sie zu entscheiden, ob der Arbeitsplatz entweder schon für sich betrachtet geeignet ist oder der Arbeitsplatz jedenfalls durch Umsetzung von Leistungen der Rehabilitationsträger oder des Arbeitgebers so gestaltet werden kann, dass der behinderte Mensch die Anforderungen des Arbeitsplatzes erfüllen kann, ohne seinen Gesundheitszustand zu verschlechtern (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R -, SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 19). Ungeeignet für einen konkreten Arbeitsplatz ist somit derjenige, der behinderungsbedingt nicht in der Lage ist, unverzichtbare Tätigkeiten an seinem Arbeitsplatz auszuüben oder diese nur unter Inkaufnahme sofort oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in der Zukunft deswegen auftretender gesundheitsschädlicher Folgen noch verrichten kann (vgl. auch Senatsurteile vom 28.02.2014 - L 8 AL 501/13 - und vom 23.10.2015 - L 8 AL 4146/14 -, jeweils juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Die Klägerin ist im O. Klinikum im Archiv beschäftigt gewesen, wobei die Tätigkeit mit knien, bücken, heben und hocken verbunden war und im Wesentlichen ohne Tageslicht auszuüben gewesen ist, wie sich aus den Angaben der Klägerin ergibt. Bei der Klägerin besteht eine Abhängigkeitserkrankung, eine Depression, eine Funktionsbeeinträchtigung im linken Kniegelenk sowie eine Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenkes, wie der Senat dem Bescheid des Landratsamtes O. vom 13.02.2012 entnimmt und was sich im parallelen SB-Verfahren bestätigt hat (vgl. Beschluss des Senats vom 27.10.2017, L 8 SB 5265/15). Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Facharzt für Psychiatrie Dr. K. (Attest Blatt 71 der SG-Akte) davon aus, dass die psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin einer Tätigkeit in Räumen ohne Tageslicht, wie dem Archiv, entgegenstehen, da es sich um einen Belastungsfaktor handelt, der eine Symptomverschlechterung zu bedingen geeignet ist und die Behandlung der depressiven Erkrankung erschwert. Darüber hinaus ist eine mit knien und hocken verbundene Tätigkeit aufgrund der Funktionsbeeinträchtigungen an den Knien und der Hüfte nicht leidensgerecht. Im Übrigen ist die Klägerin, wie ihrem Berufungsvorbringen zu entnehmen ist, selbst der Auffassung, dass die Tätigkeit nicht leidensgerecht war und daher der Arbeitsplatz nicht geeignet gewesen ist.
Die Klägerin dürfte die Gleichstellung auch nicht zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes beanspruchen können (Alternative 1 des § 2 Absatz 3 SGB IX). Weder im Klageverfahren noch mit der Berufung wird auf diese Tatbestandsalternative der Gleichstellung abgehoben. Der Senat hat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin überhaupt einen konkreten Arbeitsplatz anstrebt, hinsichtlich dessen eine Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit aus behinderungsbedingten Gründen zu prüfen sein könnte. Eines solchen konkret angestrebten Arbeitsplatzes bedürfte es aber, da hinsichtlich der ersten Alternative ebenfalls die konkrete Betrachtungsweise (vgl. oben) gilt. Der Senat geht davon aus, dass die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin einer leichten, überwiegend sitzenden, Tätigkeit, die keine gesteigerten Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit stellt, nicht entgegenstehen. Hiervon geht die Klägerin selbst aus, wie aus ihrem Berufungsvorbringen folgt, da sie sich für die vor der Tätigkeit im Archiv ausgeübten Tätigkeiten für vollschichtig leistungsfähig hält und dabei Tätigkeiten an der Pforte, in der Telefonzentrale oder im Sekretariat benennt. Dass aber Aussicht auf einen solchen Arbeitsplatz besteht, ist nicht erkennbar.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen i.S.d. § 2 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Die 1956 geborene Klägerin hat eine Ausbildung zur Industriekauffrau absolviert und war seit 2008 als Verwaltungsangestellte im O.Klinikum O. angestellt, wo sie zuletzt mit Archivierungstätigkeiten im Zentralarchiv betraut war. Die Tätigkeit erfolgte nach den Angaben der Klägerin in geschlossenen Räumen mit häufigem Bücken, Zwangshaltungen und häufigem Heben. Seit dem 27.10.2011 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt und wurde zum 07.12.2012 von der Krankenkasse ausgesteuert. Ein Wiedereingliederungsversuch ab dem 15.10.2012 wurde am 06.12.2012 aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen.
Mit Bescheid des Landratsamtes O. - Amt für Soziales und Versorgung - vom 13.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 16.01.2013 wurde bei der Klägerin wegen einer Abhängigkeitserkrankung (in Heilungsbewährung), einer Depression, einem Fibromyalgiesyndrom, einer Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks, einer Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks sowie eines Bluthochdrucks der Grad der Behinderung mit 40 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz jeweils seit dem 21.11.2011 festgestellt (Bl. 6 der Verwaltungsakte). Die hiergegen erhobene Klage (Az. S 5 SB 666/13) war nicht erfolgreich. Die gegen das Urteil vom 28.10.2015 erhobene Berufung wurde mit Beschluss vom 27.10.2017 (L 8 SB 5265/15) zurückgewiesen.
Am 03.12.2012 (Antrag vom 26.11.2012) beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gleichstellung mit einem behinderten Menschen. Zur Begründung führte sie aus, sie könne ihre derzeitige Tätigkeit nicht weiter ausüben, weil sie mit ständigem Knien, Bücken, Heben und Hocken verbunden sei, was ihr Schmerzen bereite. Ihre Depressionen hätten sich verstärkt, da sie im Keller ohne Tageslicht tätig sein müsse. Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme der Arbeitgeberin der Klägerin ein (Bl. 11 f. der Verwaltungsakte), welche unter dem 04.12.2012 mitteilte, gesundheitliche Einschränkungen der Klägerin seien bekannt und wirkten sich durch häufige Fehlzeiten auf ihre Tätigkeit aus, der Arbeitseinsatz sei eingeschränkt. Eine innerbetriebliche Umsetzung wegen der Auswirkungen der Behinderung sei nicht möglich. Der Arbeitsplatz sei nicht gefährdet. Es handele sich um kein unkündbares Arbeitsverhältnis. Eine Kündigung sei nicht ausgesprochen, ein Aufhebungsvertrag nicht geschlossen worden. Die Schwerbehindertenvertretung des Arbeitgebers teilte unter dem 05.12.2012 mit (Bl. 13 f. der Verwaltungsakte), der derzeitige Arbeitsplatz sei behinderungsgerecht gestaltet, eine innerbetriebliche Umsetzung sei wegen der Auswirkungen der Behinderung nicht möglich. Gleiches gab auch der Betriebsrat in seiner Stellungnahme vom 07.12.2012 an (Bl. 20 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 07.01.2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gleichstellung ab (Bl. 25 der Verwaltungsakte).
Hiergegen erhob die Klägerin am 22.01.2013 Widerspruch (s. hierzu Antwort der Beklagten, Bl.26 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 08.02.2013 kündigte die Arbeitgeberin der Klägerin mit Wirkung zum 31.03.2013 (Bl. 34 ff. der SG-Akte).
Am 30.04.2013 kündigte die Arbeitgeberin der Klägerin nach Zustimmung des Integrationsamtes erneut, diesmal mit Wirkung zum 30.09.2013. Zur Begründung der Zustimmung führte das Integrationsamt im Bescheid vom 11.04.2013 aus, aufgrund der ärztlichen Aussagen vom Januar 2013 mit einer negativen Fehlzeitenprognose und dem Hinweis einer Rentenempfehlung, der erst fünfjährigen Betriebszugehörigkeit und den von Beginn des Arbeitsverhältnisses an bestehenden erhöhten Fehlzeiten, den bereits vier durchlaufenen Abteilungen und der fehlenden Einsicht der Klägerin sei es dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar, das Arbeitsverhältnis noch länger aufrechtzuerhalten. Die Klage und die Berufung gegen die Kündigungen blieben ohne Erfolg (Bl. 75 der SG-Akte). Mit Urteil vom 17.06.2014 wies das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (22 Sa 5/14) die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 17.12.2013 zurück. Das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung vom 08.02.2013 zum 31.03.2013 aufgelöst worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der derzeitige Arbeitsplatz der Klägerin sei auf Dauer nicht mehr geeignet. Eine Gleichstellung könne nicht zur Erhaltung dieses ungeeigneten Arbeitsplatzes dienen. Die Möglichkeit der Umsetzung sei vom Arbeitgeber geprüft und entsprechend dem Antrag der Klägerin auf alle innegehabten Stellen erstreckt worden. Es habe sich dabei ergeben, dass alle in Frage kommenden Stellen dem Arbeitsplatzabbau unterlägen und eine freie Stelle nach übereinstimmender Auskunft von Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretung und Personalrat derzeit nicht vorhanden sei.
Am 05.08.2013 erhob die Klägerin hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Karlsruhe, welches den Rechtsstreit wegen örtlicher Unzuständigkeit mit Beschluss vom 26.08.2013 an das Sozialgericht Freiburg (SG) verwies. Zur Begründung ihrer Klage führte die Klägerin aus, die Beklagte habe den ihrem Antrag zu Grunde liegenden Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Ihr Arbeitsplatz sei massiv gefährdet gewesen, nachdem ihr Arbeitgeber bereits zum 30.06.2011 eine Kündigung ausgesprochen habe. Gegen diese Kündigung habe sie erfolgreich eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Freiburg (6 Ca 83/11) erhoben. Die krankheitsbedingten Fehlzeiten seien auf Erkrankungen zurückzuführen, die folgenlos ausgeheilt seien. Sie hätte daher in der Folge an den bisher von ihr innegehabten Arbeitsplätzen eingesetzt werden können. Stattdessen habe man sie nicht leidensgerecht im Archiv beschäftigt. Mit Schreiben vom 08.02.2013 sei sie erneut gekündigt worden. Es habe sich der Beklagten bei zutreffender Sachverhaltsaufklärung aufdrängen müssen, dass ihr Arbeitsplatz erheblich gefährdet gewesen sei. Insbesondere habe sich die Beklagte nicht mit der Auskunft der Arbeitgeberin zufriedengeben dürfen. Diese habe wahrheitswidrig angegeben, dass der Arbeitsplatz nicht gefährdet sei. Diese wahrheitswidrige Stellungnahme sei ihr – der Klägerin – nicht zugeleitet worden, worin ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör liege, welchen sie ausdrücklich rüge. Auch soweit die Arbeitgeberin und der Schwerbehindertenvertreter angeben hätten, der Arbeitsplatz im Archiv sei leidensgerecht, entspreche dies nicht der Wahrheit, wie auch das Integrationsamt festgestellt habe. Auffällig sei weiter, dass nach der Stellungnahme des Personalratsvorsitzenden zwar eine Umsetzung wiederholt erfolgt sei. Dieser habe jedoch nicht angegeben, dass eine solche nicht möglich wäre, was den Auskünften der Arbeitgeberin und des Schwerbehindertenvertreters widerspreche. Die Klägerin legte zudem einen Beschluss des Amtsgerichts Offenburg vom 07.03.2012 vor, wonach wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren gegen sie eröffnet worden sei (Bl. 31 ff. der Senatsakte). Sie reichte zudem das Attest des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. vom 26.08.2014 (Bl. 71 der SG-Akte) zu den Akten, wonach eine schwere depressive Episode bestehe, die durch psychosoziale Belastungsfaktoren getriggert würde. Ein Punkt sei dabei, dass die Tätigkeit im Archiv derzeit nicht zumutbar sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.03.2015 wies das SG die Klage ab.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 26.03.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 20.04.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Ergänzend führt sie aus, dass eine Gleichstellung der Erhaltung des Arbeitsplatzes gedient hätte. Bei einer Eingliederung außerhalb des Archivs, insbesondere an den in der Vergangenheit innegehabten Arbeitsplätzen, wäre diese mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich gewesen. Es stehe fest, dass es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen ungeeigneten Arbeitsplatz gehandelt habe. Die vorher ausgeübten Tätigkeiten seien hingegen als geeignet anzusehen. Das SG habe den Begriff des "Arbeitsplatzes" falsch ausgelegt und nur auf die Tätigkeit im Archiv bezogen. Er sei jedoch zu definieren als Summe der Tätigkeiten, die sie als Angestellte aufgrund einer bestimmten Vergütungsgruppe zu erbringen habe. Es entspreche darüber hinaus nicht den Tatsachen, dass eine innerbetriebliche Umsetzung von dem Arbeitgeber umfassend geprüft worden sei. Nicht alle in Frage kommenden Stellen seien besetzt oder unterlägen dem Arbeitsplatzabbau, wie die Arbeitgeberin behaupte. Die Rechtsansicht des SG, wonach ihr Arbeitsplätze des allgemeinen Arbeitsmarktes zur Verfügung stünden und ihre Konkurrenzfähigkeit nicht eingeschränkt sei, werde nicht geteilt. Allein die Tatsache, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht im Archiv des Klinikums beschäftigt werden könne, zeige dies schon.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11.03.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Beschluss vom 17.01.2018 hat der Senat den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt (Bl. 45, 46 der Senatsakte).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 07.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin kann die begehrte Gleichstellung nicht beanspruchen.
Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar leidet dieser an einem wesentlichen Verfahrensmangel insofern, als das SG die Beteiligten entgegen § 105 Absatz 1 Satz 2 SGG zu der beabsichtigten Entscheidung nicht angehört hat. Der Verfahrensakte lässt sich an keiner Stelle eine entsprechende Verfügung entnehmen, die auf eine Anhörung zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid hinweisen würde. Damit liegt ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör und die Pflicht des Sozialgerichts vor, vor dem Erlass seiner Entscheidung zu prüfen, ob den Verfahrensbeteiligten das rechtliche Gehör tatsächlich gewährt wurde, woraus ein wesentlicher Mangel in Sinne von § 159 Absatz 1 Nr. 2 SGG folgt (Landessozialgericht Baden- Württemberg, Urteil vom 29.04.2010 – L 10 U 2809/09, juris RdNr. 21 f.). Allerdings stellt der Senat fest, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist und daher aufgrund des Mangels keine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, mithin die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht gemäß § 159 Absatz 1 SGG nicht vorliegen.
Gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX sollen behinderte Menschen mit einem GdB von weniger als 50, aber mindestens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX (Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt oder Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland) vorliegen, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können. Diese Gleichstellung erfolgt gemäß § 151 Absatz 2 Satz 1 SGB IX auf Antrag des behinderten Menschen durch feststellenden Verwaltungsakt nach § 152 SGB IX (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R -, SozR 4 3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 13, zu § 69 SGB IX in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung).
Die Klägerin erfüllt zwar die persönlichen Voraussetzungen der Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX, da sie ihren Wohnsitz i.S.d. § 73 SGB IX im Inland hat und bei ihr vom Landratsamt O. mit Bescheid vom 13.02.2012 ein GdB von weniger als 50 und mindestens 30 – nämlich 40 – seit dem 29.11.2011 festgestellt ist.
Jedoch erfüllt die Klägerin nicht die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 SGB IX. Dazu müsste sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX nicht erlangen (Alternative 1) oder nicht behalten (Alternative 2) können. Die beiden Tatbestandsalternativen können kumulativ oder auch nur alternativ vorliegen (BSG 01.03.2011 - B 7 AL 6/10 R -, BSGE 108, 4 = SozR 4-3250 § 2 Nr. 4). Zweck der Gleichstellung ist es, die ungünstige Konkurrenz-/Wettbewerbssituation des Behinderten am Arbeitsplatz und auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern und somit den Arbeitsplatz sicherer zu machen oder seine Vermittlungschancen zu erhöhen (BSG 01.03.2011 - B 7 AL 6/10 R -, BSGE 108, 4; BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R -, SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 13).
Der Begriff des Arbeitsplatzes ist in § 156 Abs. 1 SGB IX definiert. Danach sind Arbeitsplätze alle Stellen, auf denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer usw. beschäftigt werden. Der weite Arbeitsplatzbegriff des Abs. 1 wird in Abs. 3 der Vorschrift dahingehend eingeschränkt, dass es sich um einen solchen mit einem Arbeitszeitumfang von 18 Stunden pro Woche handeln muss. Der behinderte Mensch muss daher über eine Resterwerbsfähigkeit verfügen, die ihm die Ausübung einer Beschäftigung von mindestens 18 Stunden pro Woche ermöglicht (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R -, SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 17).
Bei der Prüfung der Eignung des Arbeitsplatzes ist von einer konkreten Betrachtungsweise auszugehen, wie sich aus der Auslegung des § 2 Abs. 2 SGB IX nach seinem Sinn und Zweck ergibt. Eine Gleichstellung soll erfolgen, damit die Teilhabe des behinderten Menschen am Arbeitsleben gesichert wird. Nach der Alt. 2 soll dieses Ziel dadurch erreicht werden, dass er seinen Arbeitsplatz behalten kann (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R - SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 20). Der behinderte Mensch kann aber immer nur den Arbeitsplatz "behalten", den er konkret innehat (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R - SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 20). Die Frage nach der Eignung "eines" Arbeitsplatzes für den behinderten Menschen kann daher nicht abstrakt für alle Arbeitsplätze geprüft werden (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R - SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 20).
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das SG daher zu Recht davon ausgegangen, dass für die Frage einer Gleichstellung zur Erhaltung des Arbeitsplatzes auf den tatsächlich innegehaltenen Arbeitsplatz, im Falle der Klägerin auf denjenigen im Archiv, abzustellen ist und es nicht auf sämtliche von der Klägerin zuvor verrichteten Tätigkeiten (wenn auch beim gleichen Arbeitgeber) ankommt. Weiter ist nicht relevant, welche weiteren Tätigkeiten von der Vergütungsgruppe umfasst wären, da gesundheitliche Auswirkungen auf hypothetische Arbeitsplätze keiner Prüfung zugänglich sind.
Auch wenn maßgeblich für die Beurteilung eines Gleichstellungsbegehrens wegen der Rückwirkung des Antrags auf den Zeitpunkt der Antragstellung (§ 151 Absatz 2 Satz 2 SGB IX) die Antragstellung ist, sind wesentliche Änderungen der Sach- und Rechtslage bis zur mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen (BSG 02.03.2000 - B 7 AL 46/99 R, juris). Ein Anspruch auf Gleichstellung besteht nicht, wenn das Tatbestandsmerkmal des geeigneten, derzeit innegehaltenen, Arbeitsplatzes fehlt (vgl. Senatsurteile vom 28.02.2014 - L 8 AL 501/13 und vom 23.10.2015 - L 8 AL 4146/14, beide veröffentlicht in juris und sozialgerichtsbarkeit.de). Nachdem die Klägerin den Arbeitsplatz nicht mehr innehat, sondern das Arbeitsverhältnis rechtskräftig zum 31.03.2013 gekündigt worden ist, liegen die Voraussetzungen einer Gleichstellung zur Erhaltung des Arbeitsplatzes nicht vor, darüber hinaus ist der Senat davon überzeugt, dass der Arbeitsplatz für die Klägerin nicht geeignet gewesen ist. Der zu schützende Arbeitsplatz muss für den behinderten Menschen geeignet sein (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R -, SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 18). Der behinderte Mensch darf grundsätzlich durch die geschuldete Arbeitsleistung nicht gesundheitlich überfordert werden. Die Geeignetheit des Arbeitsplatzes bestimmt sich individuell konkret nach dem Eignungs- und Leistungspotential des behinderten Menschen (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R -, SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 19; BSG 02.03.2000 - B 7 AL 46/99 R -, BSGE 86, 10 = SozR 3-3870 § 2 Nr. 1 = juris RdNr. 16). Die Beklagte und die Gerichte haben die konkreten Behinderungen und ihre Auswirkungen auf die Eignung des behinderten Menschen für den konkreten Arbeitsplatz zu ermitteln. Danach haben sie zu entscheiden, ob der Arbeitsplatz entweder schon für sich betrachtet geeignet ist oder der Arbeitsplatz jedenfalls durch Umsetzung von Leistungen der Rehabilitationsträger oder des Arbeitgebers so gestaltet werden kann, dass der behinderte Mensch die Anforderungen des Arbeitsplatzes erfüllen kann, ohne seinen Gesundheitszustand zu verschlechtern (BSG 06.08.2014 - B 11 AL 16/13 R -, SozR 4-3250 § 2 Nr. 6 = juris RdNr. 19). Ungeeignet für einen konkreten Arbeitsplatz ist somit derjenige, der behinderungsbedingt nicht in der Lage ist, unverzichtbare Tätigkeiten an seinem Arbeitsplatz auszuüben oder diese nur unter Inkaufnahme sofort oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in der Zukunft deswegen auftretender gesundheitsschädlicher Folgen noch verrichten kann (vgl. auch Senatsurteile vom 28.02.2014 - L 8 AL 501/13 - und vom 23.10.2015 - L 8 AL 4146/14 -, jeweils juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Die Klägerin ist im O. Klinikum im Archiv beschäftigt gewesen, wobei die Tätigkeit mit knien, bücken, heben und hocken verbunden war und im Wesentlichen ohne Tageslicht auszuüben gewesen ist, wie sich aus den Angaben der Klägerin ergibt. Bei der Klägerin besteht eine Abhängigkeitserkrankung, eine Depression, eine Funktionsbeeinträchtigung im linken Kniegelenk sowie eine Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenkes, wie der Senat dem Bescheid des Landratsamtes O. vom 13.02.2012 entnimmt und was sich im parallelen SB-Verfahren bestätigt hat (vgl. Beschluss des Senats vom 27.10.2017, L 8 SB 5265/15). Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Facharzt für Psychiatrie Dr. K. (Attest Blatt 71 der SG-Akte) davon aus, dass die psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin einer Tätigkeit in Räumen ohne Tageslicht, wie dem Archiv, entgegenstehen, da es sich um einen Belastungsfaktor handelt, der eine Symptomverschlechterung zu bedingen geeignet ist und die Behandlung der depressiven Erkrankung erschwert. Darüber hinaus ist eine mit knien und hocken verbundene Tätigkeit aufgrund der Funktionsbeeinträchtigungen an den Knien und der Hüfte nicht leidensgerecht. Im Übrigen ist die Klägerin, wie ihrem Berufungsvorbringen zu entnehmen ist, selbst der Auffassung, dass die Tätigkeit nicht leidensgerecht war und daher der Arbeitsplatz nicht geeignet gewesen ist.
Die Klägerin dürfte die Gleichstellung auch nicht zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes beanspruchen können (Alternative 1 des § 2 Absatz 3 SGB IX). Weder im Klageverfahren noch mit der Berufung wird auf diese Tatbestandsalternative der Gleichstellung abgehoben. Der Senat hat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin überhaupt einen konkreten Arbeitsplatz anstrebt, hinsichtlich dessen eine Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit aus behinderungsbedingten Gründen zu prüfen sein könnte. Eines solchen konkret angestrebten Arbeitsplatzes bedürfte es aber, da hinsichtlich der ersten Alternative ebenfalls die konkrete Betrachtungsweise (vgl. oben) gilt. Der Senat geht davon aus, dass die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin einer leichten, überwiegend sitzenden, Tätigkeit, die keine gesteigerten Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit stellt, nicht entgegenstehen. Hiervon geht die Klägerin selbst aus, wie aus ihrem Berufungsvorbringen folgt, da sie sich für die vor der Tätigkeit im Archiv ausgeübten Tätigkeiten für vollschichtig leistungsfähig hält und dabei Tätigkeiten an der Pforte, in der Telefonzentrale oder im Sekretariat benennt. Dass aber Aussicht auf einen solchen Arbeitsplatz besteht, ist nicht erkennbar.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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