Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 2336/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3127/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10.08.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf höhere Feststellung des Grades der Behinderung (GdB, mindestens 80 statt 60) seit 19.10.2010 in Verfahren nach § 44 SGB X bzw. § 48 SGB X zusteht.
Der 1970 geborene Kläger, deutscher Staatsangehöriger, beantragte am 15.12.2006 (Blatt 1/2 der Beklagtenakte) beim Landratsamt K. (LRA) die Feststellung eines GdB. Zu seinem Antrag verwies er auf ein Astma bronchiale, ein Atopiesyndrom, eine degenerative Diskuserkrankung, eine mediale Bandscheibenprotrusion LWK 4/5 und Schmerzen im Ellenbogen. Über die vorgelegten ärztlichen Berichte hinaus (Blatt 58 der Beklagtenakte) zog das LRA Auskünfte vom Facharzt für Orthopädie Dr. R. (dazu vgl. Blatt 11/24 der Beklagtenakte) bei. Nachdem der Versorgungsarzt Dr. B. in seiner Stellungnahme vom 27.02.2007 (Blatt 25/26 der Beklagtenakte) den GdB auf 20 geschätzt hatte (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Hyperreagibles Bronchialsystem, Bronchialasthma, Allergie (GdB 20); Bandscheibenschaden GdB 10)) stellte das LRA mit Bescheid vom 19.03.2007 (Blatt 27/28 der Beklagtenakte) den GdB mit 20 seit 15.12.2007 fest.
Am 14.10.2010 (Schreiben vom 13.10.2010, Blatt 30 der Beklagtenakte) machte der Kläger geltend, die Gesundheitsstörungen, insbesondere im rechten Ellenbogen, hätten sich verschlimmert. Er gab (Blatt 32/33 der Beklagtenakte) ein Atopiesyndrom, Asthma bronchiale und ein Facettensyndrom LWK 4/5 beidseits an. Das LRA zog Auskünfte bzw. Befundberichte vom Facharzt für Orthopädie Dr. R. (dazu Blatt 37 der Beklagtenakte), den Lungenärzten Dres. K. /D. (dazu Blatt 40/43 der Beklagtenakte) und der Z.klinik, St. B. , wo der Kläger vom 05.01.2011 bis zum 02.02.2011 auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten hatte (dazu vgl. Blatt 56/69 der Beklagtenakte) bei. Der Kläger legte weitere Berichte vor (dazu vgl. Blatt 48/54 der Beklagtenakte). Der Versorgungsarzt J. schätzte den GdB in seiner Stellungnahme vom 21.03.2011 (Blatt 70/71 der Beklagtenakte) auf 30 (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Bandscheibenschaden, Schulter-Arm-Syndrom rechts, seelische Störung (GdB 30); hyperreagibles Bronchialsystem, Bronchialasthma, Allergie (GdB 20)). Das LRA stellte mit Bescheid vom 29.03.2011 (Blatt 72/73 der Beklagtenakte; zum Widerspruchsbescheid vom 30.06.2011 vgl. Blatt 82/83 der Beklagtenakte) den GdB seit 14.10.2010 mit 30 fest.
Mit Schreiben vom 27.06.2011, beim LRA am 29.06.2011 eingegangen (Blatt 82/83 der Beklagtenakte), legte der Kläger den Bericht des Radiologen Dr. S. vom 29.03.2011 vor. Der Kläger legte weitere Unterlagen (Blatt 86/87 der Beklagtenakte, neurologischer Bericht Dr. R. ) vor und erklärte mit Schreiben vom 15.08.2011, Eingang beim LRA am 19.08.2011 (Blatt 88 der Beklagtenakte), den Verschlimmerungsantrag zurückzunehmen und stattdessen die Überprüfung des Bescheids vom 29.03.2011 nach § 44 SGB X mit dem Ziel der Zuerkennung eines GdB von 80 zu begehren.
Das LRA zog nunmehr den Rehabericht der B. Klinik, Ü. , vom 04.08.2011 (Blatt 90/93 der Beklagtenakte), in der der Kläger vom 14.07.2011 bis 04.08.2011 stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch die Deutsche Rentenversicherung erhalten hatte, bei. Der Versorgungsarzt Dr. J. schätzte in seiner Stellungnahme vom 09.09.2011 (Blatt 94/95 der Beklagtenakte) den GdB seit 29.06.2011 auf 40 (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Bandscheibenschaden, operierte Instabilität der LWS, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks, Funktionsbehinderung des rechten Ellenbogengelenks (GdB 30); hyperreagibles Bronchialsystem, Bronchialasthma, Allergie (GdB 20); seelische Störung, somatoforme Schmerzstörung (GdB 20)). Das LRA zog Unterlagen von der BG Handel und Warendistribution bei (Blatt 100 der Beklagtenakte; rentenablehnender Bescheid vom 06.03.2007 Blatt 101/102 der Beklagtenakte) und Auskünfte vom Facharzt für psychotherapeutische Medizin H. (Blatt 105 der Beklagtenakte) und den Lungenärzten Dres. K. /D. (Blatt 108/109 der Beklagtenakte) bei. Der Kläger legte den Bericht des Orthopäden und Chirurgen Dr. R. vom 22.10.2011 (Blatt 111 der Beklagtenakte) vor. Der Versorgungsarzt Dr. M. schlug nunmehr in seiner Stellungnahme vom 21.12.2011 (Blatt 116 der Beklagtenakte) vor, den GdB mit 50 seit 29.06.2011 festzustellen (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Bandscheibenschaden, operierte Instabilität der LWS, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks, Funktionsbehinderung des rechten Ellenbogengelenks (GdB 30); hyperreagibles Bronchialsystem, Bronchialasthma, Allergie (GdB 20); Schlafapnoe-Syndrom (GdB 20); seelische Störung, somatoforme Schmerzstörung (GdB 20)).
Mit Bescheid vom 18.01.2012 (Blatt 117/118 der Beklagtenakte) lehnte das LRA die Rücknahme des Bescheids vom 29.03.2011 ab, stellte aber mit Bescheid vom 19.01.2012 (Blatt 119/120 der Beklagtenakte) den GdB seit 29.06.2011 mit 50 fest.
Gegen beide Bescheide erhob der Kläger am 30.01.2012 (Blatt 123 der Beklagtenakte) bzw. 21.02.2012 (Blatt 129 der Beklagtenakte) Widerspruch, den er nicht näher begründete.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 09.08.2012 (Blatt 127/138 der Beklagtenakte) und vom 10.08.2012 (Blatt 139/140 der Beklagtenakte) wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – die Widersprüche zurück.
Der Kläger hat wegen des Bescheides vom 18.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.08.2012 beim Sozialgericht (SG) Konstanz am 14.09.2012 vorliegende Klage (Az.: S 6 SB 2336/12) erhoben. Wegen des Bescheides vom 19.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2012 hat er am 14.09.2012 ebenfalls Klage (Az.: S 6 SB 2337/12) erhoben. Er begehrt die Feststellung eines GdB von 80 seit 19.10.2010 und hat ärztliche Unterlagen vorgelegt (Blatt 19/22 der SG-Akte S 6 SB 2337/12). Mit Beschluss vom 28.06.2016 wurden die beiden Verfahren verbunden.
Das SG hat die behandelnden Ärzte Dr. M. , Dr. R. , Dr. H. , Dr. H. , Dres. S. /M. und Dres. D. /K. (zu deren Antworten vgl. Blatt 23, 24/27, 28/34, 35/45, 47/52, 53/63 und 64/66 der SG-Akte S 6 SB 2336/12 sowie Blatt 30/38, 39/43, 46, 47/102, 103/109, 110/112 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) sowie Dr. A. (dazu vgl. Blatt 44/45 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) schriftlich als sachverständige Zeugen befragt.
Auf ein Vergleichsangebot des Beklagten über einen GdB von 70 seit 19.10.2010 (Blatt 67/69 der SG-Akte S 6 SB 2336/12) hat der Kläger nicht reagiert und vielmehr mitgeteilt, den vom SG beauftragten Gutachter Dr. B. nicht aufzusuchen (Blatt 73, 74 der SG-Akte S 6 SB 2336/12, Blatt 60/61 der SG-Akte S 6 SB 2337/12). Der Kläger hat nun ein psychiatrisch/schmerzpsychologisches Gutachten von Prof. Dr. B. vom 03.12.2013 (Blatt 64/90 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) und ein nervenärztliches Gutachten von Dr. St. vom 23.05.2014 (Blatt 91/116 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) aus dem beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg geführten Rentenverfahren L 13 R 4259/12 vorgelegt. Der Beklagte zog daraufhin das Vergleichsangebot zurück (Schreiben vom 07.11.2014, Blatt 76/79 der SG-Akte S 6 SB 2336/12, Blatt 117/120 der SG-Akte S 6 SB 2337/12).
Der nervenärztliche Gutachter Dr. T. hat in seinem Gutachten vom 26.02.2015 (Blatt 124/152 der SG-Akte S 6 SB 2337/12; Untersuchung des Klägers am 11.02.2015) eine sehr schwere psychiatrische Erkrankung mit Komorbidität (chronisches Schmerzsyndrom bei somatischen und psychischen Faktoren, generalisierte Angststörung, rezidivierende depressive Störung, Tinnitus beidseits, wahrscheinlich auch eine Persönlichkeitsveränderung bei schwerer psychischer Erkrankung und chronischen Schmerzen) beschrieben und mit einem GdB von 40 bewertet. Den Gesamt GdB hat er seit 19.10.2010 mit 60 bewertet.
Das SG hat den Neurologen Dr. H. erneut befragt (zu dessen Antwort vgl. Blatt 157/171 der SG-Akte S 6 SB 2337/12).
Der Beklagte hat jetzt angeboten, den GdB mit 60 seit 14.10.2010 festzustellen (Schreiben vom 20.10.2015, Blatt 80/82 der SG-Akte S 6 SB 2336/12, Blatt 172/174 der SG-Akte S 6 SB 2337/12). Der Kläger hat diesen Vorschlag nicht angenommen (Schreiben vom 30.12.2015, Blatt 175 der SG-Akte S 6 SB 2337/12).
Das SG hat aus dem Verfahren L 13 R 4259/12 die Gutachten von Prof. Dr. B. vom 03.12.2013 (Blatt 178/204 der SG-Akte S 6 SB 2337/12), von Dr. St. vom 23.05.2014 (Blatt 205/230 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) und von Dr. B. vom 19.05.2012 (Blatt 231/282 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) beigezogen und die beiden Verfahren S 6 SB 2336/12 und S 6 SB 2337/12 mit Beschluss vom 28.06.2016 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (Blatt 289 der SG-Akte S 6 SB 2337/12).
Mit Gerichtsbescheid vom 10.08.2016 hat das SG die Bescheide des Beklagten vom 18.01.2012 und vom 19.01.2012 sowie die Widerspruchsbescheide vom 09.08.2012 und 10.08.2012 abgeändert und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 29.03.2011 verpflichtet, beim Kläger ab dem 19.10.2010 einen GdB von 60 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 16.08.2016 (Blatt 160b der SG-Akte S 6 SB 2336/12) zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.08.2016 beim LSG Berufung eingelegt. Er verfolge das Ziel der Zuerkennung eines GdB von wenigstens 80 weiter. Der vom SG völlig kritiklos und unreflektiert übernommene Einzel-GdB von 40 aus dem neurologisch/psychiatrischen Befund erscheine deutlich zu niedrig angesetzt. Alleine das schwere restless-legs-Syndrom sei regelmäßig bereits für sich alleine betrachtet mit einem GdB von 30 in Ansatz zu bringen. Er befinde sich weiterhin beim Neurologen und Psychiater Dr. H. in fortlaufender Schmerztherapie und werde dort auch seit Jahrzehnten wegen der Depression behandelt. Anscheinend gebe es dort mittlerweile auch eine Behandlung wegen Epilepsie. Nachdem im Gerichtsbescheid erneut der Vorwurf enthalten sei, aufgrund der fehlenden Behandlungsfrequenz bei einem Orthopäden müsse auf einen geringen Leidensdruck wegen der orthopädischen Beschwerden geschlossen werden, müsse dieser völlig aus der Luft gegriffenen Behauptung energisch widersprochen werden. Er sei orthopädisch austherapiert. Der Kläger hat seinen Medikamentenplan (Blatt 16 der Senatsakte) vorgelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10.08.2016 abzuändern und den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 19.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.08.2012 sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 18.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2012 zu verurteilen, den Bescheid vom 29.03.2011 aufzuheben und bei ihm seit 19.10.2010 einen GdB von wenigstens 80 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch-sozialmedizinischen Gutachtens bei Dr. S. sowie von Zusatzgutachten beim Arzt für Orthopädie Dr. K. und der Fachärztin für Psychiatrie, Suchtmedizin, Sozialmedizin F ... Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Begutachtungen wird auf Blatt 27/138 der Senatsakte) Bezug genommen.
Der Arzt für Orthopädie Dr. K. hat bei seiner Untersuchung des Klägers am 15.03.2017 (Gutachten vom 15.03.2017) beim Kläger ein wiederholt auftretendes Wurzelreizsyndrom, derzeit den Nerv S1 rechts betreffend, mit wechselnder Ausstrahlung bei mäßiggradiger degenerativer Minderung des Zwischenwirbelraumes L5/L6, mit korrekter Entfaltung der Lendenwirbelsäule in der Funktionsaufnahme, einliegendem Spreizer in der Dornfortsatzreihe L5/ L6, Belastungsschmerzen, derzeit kein neurologischer Ausfall, eine akute Erkrankung im Sinne einer Reizung als Knochenhautreizung am linken Ellenbogen, sogenannter Tennis- oder Mausellenbogen, als Folge einer Überlastung der Unterarmstreckerkette, eine endgradige Bewegungseinschränkung, Belastungsschmerzen im Bereich der rechten Schulter nach Arthroskopie des rechten Schultergelenkes 10/2011 mit Erweiterung des Sehnen-Gelenk-Gleitraumes ohne sonografischen Nachweis einer Ruptur der Rotatorenmanschette und ein Übergewicht diagnostiziert und seit August 2011 mit einem GdB von 20 bewertet.
Die Fachärztin für Psychiatrie, Suchtmedizin, Sozialmedizin F. hat in ihrem Gutachten vom 26.08.2017 (Untersuchung des Klägers am 18.05.2017) auf nervenärztlichem Fachgebiet eine anhaltende Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine anhaltende depressive Störung im Sinne einer Dysthymia, fremdbefundlich eine Traumafolgestörung, den Verdacht auf kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-unsicheren, anankastischen und paranoiden Anteilen und den Verdacht auf dissoziative Bewusstseinsstörungen diagnostiziert; cerebrale Krampfanfälle wurden ausgeschlossen. Es sei von einer bereits eingetretenen Chronifizierung der Erkrankungen auszugehen. Die Störungen auf psychiatrischem Fachgebiet seien als stärker behindernde Störungen mit wesentlichen Einschränkungen der Erlebens- und Gestaltungsfähigkeit einzuordnen und mit einem GdB von 40 angemessen bewertet.
Der Internist, Betriebs- und Sozialmediziner Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 28.08.2017 (Untersuchung des Klägers am 18.05.2017) unter Berücksichtigung der Zusatzgutachten einen Bandscheibenschaden, operierte Instabilität der LWS, eine Funktionsminderung des linken Schultergelenks, eine anhaltende Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine anhaltende depressive Störung im Sinne einer Dysthymia, eine fremdbefundlich angegebene Traumafolgestörung, den Verdacht auf kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-unsicheren, anankastischen und paranoiden Anteilen, den Verdacht auf dissoziative Bewusstseinsstörungen, ein hyperreagibles Bronchialsystem ohne dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion, ein leichtes Schlafapnoesyndrom, nicht therapiert, und einen medikamentös eingestellten Hypertonus angegeben, den Bandscheibenschaden, operierte Instabilität der LWS mit einem GdB von 20, die Funktionsminderung des linken Schultergelenks mit einem GdB von 10, die seelische Störung mit einem GdB von 40, das hyperreagible Bronchialsystem ohne dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion mit einem GdB von 20, das leichte Schlafapnoesyndrom mit einem GdB von 10 und den Gesamt-GdB seit August 2011 mit 60 bewertet.
Die Beteiligten hatten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schreiben vom 01.12.2017 und 05.12.2017, Blatt 144, 145 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des Verfahrens L 13 R 4259/12, des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG form- und fristgerecht erhoben und statthaft, in der Sache aber ohne Erfolg.
1.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind die Klagen gegen die Bescheide vom 18.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2012 sowie vom 19.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.08.2012. Ob der Kläger mit dem in seiner Klagebegründungschrift vom 07.05.2013 (Blatt 14/22 der SG-Akte) ausdrücklich formulierten Antrag der Feststellung eines GdB von "insgesamt 80" sein Begehren wirksam beschränkt und mit seiner Berufung, in der er die Feststellung eines GdB von "insgesamt wenigstens 80" begehrt hatte (vgl. Schreiben vom 15.11.2016, Blatt 14/16 der Senatsakte), wirksam wieder erweitert hatte, musste der Senat nicht entscheiden. Denn der Senat konnte nicht feststellen, dass dem Kläger überhaupt ein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 60 zusteht.
2.
Soweit der Kläger begehrt, rückwirkend unter Aufhebung des Bescheids vom 29.03.2011 seit 19.10.2010 einen höheren GdB festzustellen, ist Rechtsgrundlage § 44 Abs. 2 SGB X, da es sich bei der Feststellung des GdB nicht um eine Sozialleistung i.S.d. § 44 Abs. 1 SGB X handelt. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Ob es sich bei dem Verwaltungsakt vom 29.03.2011 um einen rechtswidrigen, nicht begünstigenden Verwaltungsakt handelt, bestimmt sich nach den damals maßgeblichen Regelungen – in verfahrensrechtlicher Hinsicht hatte es sich um eine Entscheidung des Beklagten über einen Verschlimmerungsantrag nach § 48 SGB X gehandelt. In materieller Hinsicht bestimmt sich dies nach den damals geltenden Vorschriften des SGB IX. Danach waren Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) –auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen. Insoweit hat das SG aber zutreffend festgestellt, dass ein höherer Gesamt-GdB als 60 (dazu s. 4.) nicht anzunehmen ist. Damit war zwar der Bescheid vom 29.03.2011 rechtswidrig und hat den Kläger in seinen Rechten verletzt. Diese Rechtswidrigkeit und Rechtsverletzung hat das SG aber in vollem Umfang durch den angefochtenen Gerichtsbescheid beseitigt, sodass die Berufung insoweit nicht begründet ist.
3.
Soweit der Kläger den Bescheid vom 19.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.08.2012 anficht und mit Wirkung für die Zukunft eine Erhöhung des GdB begehrt ist die Berufung ebenfalls nicht begründet. Zwar war diese Verwaltungsentscheidung über die Feststellung eines GdB von lediglich 50 rechtswidrig und hat den Kläger in seinen Rechten verletzt, doch hat die angefochtene Entscheidung des SG diese Rechtswidrigkeit und Rechtsverletzung vollständig beseitigt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren Gesamt-GdB als 60, sodass die Berufung auch insoweit unbegründet ist.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger insoweit begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 ff.). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Einzel- oder Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss damit durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung insoweit sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleich-berechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamt-beeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbe-hinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen noch deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 60 nicht rechtfertigen; dies gilt sowohl unter der seit 01.01.2018 anzuwendenden Rechtslage, als auch unter Anwendung der bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage des SGB IX.
4.
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit seit 19.10.2010 durchgehend einen höheren Gesamt-GdB als 60 nicht rechtfertigen und zwar unter Anwendung des damals geltenden Rechts, wie auch des bis 31.12.2017 bzw. Seit 01.01.2018 geltenden Rechts des SGB IX.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von 20 anzunehmen. Nach B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulen-abschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbel-säulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB von 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 - juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist ein GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Der Senat konnte in diesem Funktionssystem anhand des Gutachtens von Dr. K. ein wiederholt auftretendes Wurzelreizsyndrom feststellen. Dr. K. hat mitgeteilt, dieses betreffe bei seiner Untersuchung den Nerv S1 rechts, mit wechselnder Ausstrahlung bei mäßiggradiger degenerativer Minderung des Zwischenwirbelraumes L5/L6, mit korrekter Entfaltung der Lendenwirbelsäule in der Funktionsaufnahme, einliegendem Spreizer in der Dornfortsatzreihe L5/L6, Belastungsschmerzen: Es bestehe derzeit kein neurologischer Ausfall. Der Kläger selbst hat die Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule mit wechselndem Charakter bei teilweise nur lokalen Schmerzen im Bereich des Rückens aber auch mit Ausstrahlungen bis in die Kleinzehe auf der rechten Seite beschrieben. Es hatte sich bei der Untersuchung durch Dr. K. eine mäßiggradige Vergrößerung des Finger-Boden-Abstandes gezeigt, im Langsitz war die Entfaltung der Wirbelsäule geringfügig besser. Der radiologische Befund zeigte eine Minderung des Zwischenwirbelraumes L5/L6 und einem einliegenden Spreizer L5/L6 in der Dornfortsatzreihe. Lähmungserscheinungen, auffällige muskuläre Minderungen im Bereich der unteren Extremitäten, lokale Taubheiten einem Dermatom zuordenbar, bestehen nicht, was der Senat mit den Befunden von Dr. K. feststellen konnte. Im Bereich der Halswirbelsäule konnte Dr. K. auch auf Nachfragen hin keine Beschwerden erheben und bei seiner Untersuchung auch keine wesentlichen Funktionsbeeinträchtigungen feststellen.
Dr. K. hat bei seiner Untersuchung hinsichtlich der Halswirbelsäule einen gerade gehaltenen Kopf und einen Kinn-Jugulum-Abstand bei der Vorneigung 4 cm, in physiologischer Position 10 cm und maximaler Reklination 16 cm beschrieben. Die Rotation des Kopfes rechts/links war bis 40/0/50 Grad, die Seitneigung links/rechts bis 30/0/30 Grad möglich. Der Abstand Ohrläppchen-Schultersilhouette betrug je drei Querfinger und war damit korrekt. Der Kläger berichtete über einen immer wieder auftretenden Schmerz im Bereich des linken Ohres, der zum Untersuchungszeitpunkt nicht bestand, ansonsten war das Gesicht und der behaarte Schädel unauffällig. Es bestand kein lokaler Schmerz. Die Hautfarbe war leicht von der Sonne gebräunt, nach einem zehn Tage zurückliegenden Aufenthalt auf Fuerteventura.
Hinsichtlich der Brust- und Lendenwirbelsäule hat Dr. K. mitgeteilt, dass in seitlicher Ansicht sich eine leicht verstärkte BWS-Kyphose und eine normale LWS-Lordose zeige. Es bestehe eine reizfreie Narbe von 3,5 cm im unteren Anteil der Lendenwirbelsäule, auf der Unterlage verschieblich, nicht gerötet. Die Lotfällung von C7 reiche in die Rima ani, die Taillendreiecke seien verstrichen. Der Finger-Boden-Abstand betrug bei seiner Untersuchung 40 cm, der Lenden-Schober 10/14,5 cm, das Ott-Zeichen 30/31 cm. Es bestand kein Lendenwulst oder Rippenbuckel. Die Seitneigung links/rechts war bis 15/0/15 Grad möglich, die Glutealmuskulatur gut anspannbar. Die Zeichen nach Mennell und Valleix waren negativ, es bestand keine Sl-Gelose. Die Rotation des Oberkörpers bei fixiertem Becken war bis 20/0/15 Grad möglich.
Damit hat Dr. K. allenfalls Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, nämlich der Lendenwirbelsäule, beschrieben. Diese sind nach B Nr. 18.9 VG mit einem GdB von 20 zu bewerten. Dr. B. hatte in dem für das Verfahren S 8 R 2233/11 gefertigten Gutachten (vgl. Blatt 231/285 der SG-Akte (S 6 SB 2337/12) leicht bessere Messwerte mitgeteilt. Dr. T. hatte bei seiner neurologischen Untersuchung des Klägers im Rahmen der Begutachtung für das SG ebenfalls keine bedeutsameren funktionellen Beeinträchtigungen, als von Dr. K. dargestellt, beschrieben. Damit konnte der Senat keine über ein Wirbelsäulensegment hinausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen feststellen. Die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen der LWS sind aber als mittelschwer zu bewerten und mit einem GdB von 20 angemessen bewertet.
Zwar können Schmerzen den GdB auch an der Wirbelsäule erhöhen (B Nr. 18.9 VG); der Senat hat bei seiner Feststellung der mittelschweren Funktionsbeeinträchtigungen bereits Schmerzen mitberücksichtigt. Eine weitere Berücksichtigung mit Erhöhung des Einzel-GdB in diesem Funktionssystem kommt vorliegend aber deshalb nicht in Betracht, weil beim Kläger nach Feststellung der Gutachterin F. ein chronisches Schmerzsyndrom besteht, das über die Wirbelsäule, damit über ein Funktionssystem hinaus geht. Zwar erfasst das Schmerzsyndrom auch die Wirbelsäule, umfasst aber nach den Feststellungen der Gutachterin F. auch Gesundheitsstörungen am sonstigen Körper. Damit geht das Schmerzsyndrom über das Funktionssystem des Rumpfes hinaus und ist nach der Rechtsprechung des Senats im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche zu bewerten. Damit verbleibt im Funktionssystem des Rumpfes ein Einzel-GdB von insgesamt 20.
Der abweichenden Bewertung von Dr. T. und den behandelnden Ärzten kann der Senat angesichts der objektiv erhobenen Befunde, auch wie sie von diesen Ärzten mitgeteilt wurden, nicht beitreten.
Im Funktionssystem der Arme konnte der Senat anhand des Gutachtens von Dr. K. eine akute Erkrankung im Sinne einer Reizung als Knochenhautreizung am linken Ellenbogen als Folge einer Überlastung der Unterarmstreckerkette sowie eine endgradige Bewegungseinschränkung bei Belastungsschmerzen im Bereich der rechten Schulter nach Arthroskopie des rechten Schultergelenkes 10/2011 mit Erweiterung des Sehnen-Gelenk-Gleitraumes feststellen. Eine Ruptur der Rotatorenmanschette ist nicht nachgewiesen.
Der Ellenbogen ist nicht bewegungseingeschränkt, Nervenschäden liegen nicht vor, was der Senat den Gutachten von Dr. K. und Dr. T. entnimmt. Es besteht auch keine Versteifung eines oder beider Schultergelenke, keine Instabilität eines oder beider Schultergelenke, und auch keine Schlüsselbeinpseudarthrose. Eine GdB-relevante Bewegungseinschränkung konnte der Senat mit den von Dr. K. gemessenen Bewegungsmaßen von beidseits 20/0/160 Grad nicht feststellen; es hatte sich bei seiner Untersuchung lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung im Seitenvergleich, insbesondere beim Abspreizen, geringer beim Vorhalten gezeigt. Eine Schmerzhaftigkeit der Schulterbeweglichkeit und des Ellenbogens, soweit letztere über eine lediglich akute Erkrankung hinaus gehen sollte, alleine begründet ebenfalls noch keinen GdB. Damit war im Funktionssystem der Arme im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 18.13 VG an sich ein GdB nicht anzunehmen; soweit Dr. S. insoweit einen GdB von 10 annimmt, ist dieser nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig zu niedrig. Auch dem Gutachten von Dr. B. sind insoweit keine weitergehenden Funktionsbeeinträchtigungen zu entnehmen.
Im Funktionssystem der Beine hat Dr. K. geringgradige funktionelle Veränderungen, wie zum Beispiel Spreizfußbeschwerden im Bereich links Zehe DII Grundgelenk beschrieben. Der Senkfuß ist nach dem Gutachten von Dr. K. ohne wesentliche statische Auswirkung und daher nach B Nr. 18.14 VG nicht mit einem GdB zu bewerten. Soweit Dr. B. eine initiale, also beginnende Cox- und Gonarthrose beidseits, jeweils ohne Funktionsbehinderung angenommen hatte, begründet dies ebenfalls keinen GdB, denn diese bedingen keine Funktionsbeeinträchtigungen, Bewegungseinschränkung und erreichen auch nicht das Stadium ausgeprägter Knorpelschäden i.S.d. B Nr. 18.14 VG.
Im Funktionssystem der Atmung konnte Dr. S. ein hyperreagibles Bronchialsystem ohne dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion und ein nicht therapiertes leichtes Schlafapnoesyndrom feststellen. Das seit Jahren bestehende Asthma bronchiale ist in seiner Schwere als leicht einzuschätzen, häufige schwere Anfälle treten nicht auf. Dr. S. konnte bei der Lungenfunktionsuntersuchung keine Obstruktion und auch keine dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion feststellen. Etwas anderes ist auch den Angaben der behandelnden Ärzte nicht zu entnehmen. Im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 8.5 VG kann der vom Beklagten (vgl. versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. R. vom 27.10.2014, Blatt 118/120 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) und Dr. S. vorgenommenen Bewertung mit einem GdB von 20, also am oberen Rand des für leichte Störungen vorgesehenen Bewertungsrahmen gefolgt werden.
Das weiterhin bestehende obstruktive Schlafapnoesyndrom wurde im Schlaflabor nachgewiesen; zunächst wurde die Indikation für eine cPAP-Beatmung gesehen, die Behandlung wurde begonnen aber nachdem der Kläger das Gerät nicht mehr tolerierte, wurden keine Versuche einer optimalen Anpassung vorgenommen, sondern angesichts des nur leichten Schweregrades festgestellt, dass eine Beatmung nicht "erzwungen" werden müsse. Damit handelt es sich um ein nach den Bemessungsvorgaben von B Nr. 8.7 VG leichtes Schlafapnoesyndrom, das mit Dr. S. und Dr. R. allenfalls mit einem GdB von 10 bewertet werden kann.
Im Funktionssystem der Atmung ist damit aus Teil-GdB von 20 und 10, wobei der Senat beide Bewertungen eher als großzügig ansieht, unter Berücksichtigung von gegenseitigen Auswirkungen und Beeinflussungen ein Einzel-GdB von 20 zu bilden.
Im Funktionssystem des Herzens/des Kreislaufs besteht beim Kläger eine medikamentös behandelte Hypertonie, die in einer leichten Form und ohne Leistungsbeeinträchtigung oder Folgeerscheinungen besteht. Für diese Gesundheitsstörung konnte der Senat mit der Bewertung des Gutachters Dr. S. und im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 9.7 VG keinen GdB ansetzen.
Die Adipositas an sich bedingt nach B Nr. 15.3 VG alleine keinen GdB. Die Folge- und Begleitschäden hat der Senat – soweit solche überhaupt feststellbar sind bei den jeweiligen Funktionssystemen berücksichtigt.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche sind beim Kläger eine anhaltende Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren und eine anhaltende affektive Störung im Sinne einer Dysthymia bei eingetretener Chronifizierung der Erkrankungen zu berücksichtigen. Diese Funktionsstörungen sind mit einem GdB von 40 zu bewerten. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass die Gutachter F. und Dr. S. auch den Verdacht auf eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-selbstunsicheren, zwanghaften und paranoiden Anteilen wie auch dissoziative Bewusstseinsstörungen mitgeteilt hatten. Dr. T. konnte in seinem Gutachten für das SG aber die Diagnose einer Absence-Epilesie als nicht gesichert ausschließen. Den aus dem SG- und Rentenverfahren vorliegenden Gutachten von Prof. Dr. B. und Dr. St. konnte der Senat keine weitergehenden Erkrankungen entnehmen, auch aus den Berichten der behandelnden Ärzte ergeben sich keine weitergehenden Erkrankungen.
Nach den B Nr. 3.7 VG ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.
Die Gutachterin F. hat den Kläger untersucht und ausgeführt, er nehme freundlich Kontakt auf, sei jedoch im Gespräch sehr früh moros verstimmt und gebe zu erkennen, dass ihm dass alles zu viel sei und nicht mehr interessiere. Weite Strecken der Untersuchung sitze er mit geschlossenen Augen. Seine Schilderungen seien teils sehr detailliert bis bereits zwanghaft wirkend, manche Äußerungen blieben jedoch auch vage, zu seiner Vorgeschichte in Jugoslawien antworte er ausweichend bis verweigernd. Der Kläger sei wach, bewusstseinsklar und in allen Qualitäten orientiert. Es bestehe kein Anhalt für grobe Störungen der Aufmerksamkeit, des Auffassungs- und Konzentrationsvermögens sowie der Merkfähigkeit und der Gedächtnisleistungen. Das Denken sei formal geordnet und ohne Anhalt für inhaltliche Denkstörungen, Wahrnehmungs- und Ichstörungen. Die Stimmung sei gedrückt, moros, die affektive Schwingungsfähigkeit sei reduziert. Affektiv sei der Kläger kaum auslenkbar, außer bei den Themen PC-Spiel und Fernsehreportagen. Insoweit gebe der Kläger auch noch Interessen an, sonst habe er keine mehr und könne auch keine Freude mehr empfinden. Antrieb und Psychomotorik erschienen in der Untersuchungssituation ungestört, anamnestisch sind aus mangelndem Interesse tagsüber häufige Ruhezeiten auf der Couch, welche mit PC-Spielen oder Fernsehen verbracht würden, berichtet. Zugleich berichtet der Kläger aber auch von zuverlässiger und teils zwanghaft anmutender Erfüllung häuslicher Pflichten durch Versorgung des Haushalts, Kochen, Einkaufen, sodass die Gutachterin nicht von einer wesentlichen Antriebsstörung ausgegangen ist. Der Kläger vermittelte ihr einen leidenden Eindruck, sei jammrig, berichte von Ungerechtigkeiten und Widrigkeiten. Eine psychische Erkrankung werde massiv abgewehrt und rational mit Angst vor Stigmatisierung begründet, es klinge jedoch ein Verhaftetsein in einem somatischen Krankheitsmodell an. Es bestünden deutliche Hinweise auf zwanghafte Persönlichkeitsanteile, teils auch paranoide Anteile. Ein psychosomatisches Krankheitsverständnis bestehe nicht, hier werde auch keine Behandlungsnotwendigkeit gesehen. Ein Selbstwirksamkeitserleben bestehe nicht, ebensowenig Anhalt für akute Eigen- und Fremdgefährdung bei wiederholter Äußerung lebensüberdrüssiger Gedanken.
Zwar hat der Kläger angegeben, nur bis vor 2 bis 3 Jahren vor der Begutachtung bei Frau F. Freunde – zuletzt noch einen gehabt zu haben, jetzt ohne Freunde zu leben, er hat aber auch von einem guten Verhältnis zu seiner Tochter berichtet und bei Dr. K. von einem Urlaub auf Fuerteventura. Zugleich übt er in seiner Kirchengemeinde das Amt des Mesners aus, das ihm Spaß mache, ihn aber auch überfordere, so seine Angaben gegenüber der Gutachterin F ...
Aus den Gutachten von Prof. Dr. B. und Dr. St. sowie Dr. T. sind vergleichbare Befunde, jedoch mit teilweise stärkerer Betonung der Depressivität, zu entnehmen.
Der Kläger geht regelmäßig zum Hausarzt Dr. M. und zum Neurologen und Psychiater Dr. H. , wo er alle 4 bis 5 Wochen Termine wahrnimmt. Eine Psychotherapie hat der Kläger lediglich im Umfang von wenigen Stunden wahrgenommen, psychiatrisch wirkende Medikation wird eingenommen. Die Gutachter F. und Dr. S. konnten jedoch mitteilen, dass anhand der Laborwerte festzustellen war, dass lediglich Duloxetin und Quetiapin in einer ausreichenden Serumkonzentration eingenommen wird. Amitriptylin (Saroten), das Antiepileptikum Levetiracetam und das Schmerzmittel Metamizol (Novalgin) waren in der Blutuntersuchung nur unterhalb des Referenzbereiches nachweisbar. Dies spricht entweder für unregelmäßige Einnahme, zu niedrige Dosierung oder eine Störung in der Verstoffwechselung der Medikamente, wobei letzteres nicht objektiviert ist.
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat trotz gewissem leichtem Zwangsverhalten (z.B. beim Putzen) eine mit einem GdB ab 50 zu bewertende schwere Störung (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen oder schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten nicht feststellen. Eine solche haben weder die Gutachter beschreiben können, noch lässt sich eine solche aus den Berichten der behandelnden Ärzte ableiten. Vielmehr konnte der Senat auf der Grundlage der Angaben des Klägers, der behandelnden Ärzte sowie der vorliegenden Gutachten feststellen, dass der Kläger zwar in seiner Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit wesentlich eingeschränkt ist, es sich aber insgesamt lediglich um eine stärker behindernde Störung i.S.d. B Nr. 3.7 VG handelt, die am oberen Rand des Bewertungsrahmens, mithin mit einem GdB von 40, zutreffend bewertet ist. Einen höheren GB konnte der Senat nicht annehmen und folgt insoweit den Einschätzungen der behandelnden Ärzte nicht.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen. Der vereinzelt vorgebrachte Tinnitus konnte nicht objektiviert werden.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen, nicht für erforderlich. Soweit der Kläger bereits mit seiner Berufungsbegründung einen Antrag auf Einholung eines Gutachtens bei Dr. V. gemäß § 109 SGG gestellt hatte, ist dieser Antrag durch die Begutachtung von Amts wegen inhaltlich erledigt. Auch durch seine uneingeschränkte Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG hat der anwaltlich sachkundig vertretene Kläger deutlich gemacht, an seinem Antrag nicht weiter festhalten zu wollen.
Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 60 bzw. mehr fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes (Wirbelsäule), - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Arme, - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Atmung und - 40 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche. Nachdem beim Kläger vorliegend von zu berücksichtigenden höchsten Einzel-GdB von 40 sowie zwei GdB-Werten von 20 auszugehen ist und kein Fall vorliegt, in denen ausnahmsweise GdB-Werte von 10 erhöhend wirken, konnte der Senat einen Gesamt-GdB i.S.d. § 152 Abs. 1 SGB IX (bzw. zuvor: § 69 Abs. 1 SGB IX) von allenfalls 60 feststellen.
Die Gutachterin F. konnte ein durch die psychogene Überlagerung aufgetretenes außergewöhnliches Schmerzsyndrom darstellen, das der Senat bei seiner GdB-Bewertung im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche berücksichtigt hat, und zu dessen Behandlung eher psychiatrisch-psychotherapeutische Therapiemaßnahmen indiziert wären als somatische. Die anhaltende Schmerzstörung überschneidet sich aber mit den degenerativen Veränderungen und den dadurch bedingten Schmerzen. Die Gutachterin F. geht von einem hohen Maß an psychogenem Anteil an den Gesamtschmerzen aus, sodass sich die anhaltende Schmerzstörung überschneidet in annähernd vollem Umfang mit den somatischen Schmerzen überlagert. Die jeweils objektivierten Behinderungen und Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule und der Arme sowie der Beine beinhalten jeweils im Einzel-GdB für diese Funktionssysteme mitberücksichtigte erhebliche Schmerzen, die aber auch im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche mit bewertet wurden. Damit können aber die Schmerzen nicht doppelt berücksichtigt werden und führen selbst unter Berücksichtigung wechselseitiger Auswirkungen auf die somatischen Erkrankungen nicht zu einer weiteren Erhöhung des Gesamt-GdB als 60.
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der beim Kläger insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 60, 70 und 80 vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger nicht entsprechend schwer funktionell in seiner Teilhabe im Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. So sind die Erkrankungen des Klägers weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau mit einem GdB von 70 oder 80 zu bewerten. Sie sind nicht vergleichbar mit schweren Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten im oberen Bereich oder mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten i.S.d. B Nr. 3.7 VG oder mit am oberen Rand bewerteten Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen oder bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit i.S.d. B Nr. 18.9 VG.
Damit war der GdB mit 60 festzustellen. Nachdem die Gutachter des Senats diesen GdB aber erst ab August 2011 annehmen konnten und der Senat für die Zeit zuvor keine Hinwiese auf einen höheren GdB als 60 finden konnte, lässt sich die Annahme eines GdB von 60 schon seit 19.10.2010 allenfalls dem Gutachten Dr. T. entnehmen: Jedenfalls ist die Annahme eines GdB von 60 schon ab 19.10.2010, wie es das SG getan hatte, nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig zu niedrig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten.
Damit hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 60 seit 19.10.2010, sodass die Berufung zurückzuweisen war.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf höhere Feststellung des Grades der Behinderung (GdB, mindestens 80 statt 60) seit 19.10.2010 in Verfahren nach § 44 SGB X bzw. § 48 SGB X zusteht.
Der 1970 geborene Kläger, deutscher Staatsangehöriger, beantragte am 15.12.2006 (Blatt 1/2 der Beklagtenakte) beim Landratsamt K. (LRA) die Feststellung eines GdB. Zu seinem Antrag verwies er auf ein Astma bronchiale, ein Atopiesyndrom, eine degenerative Diskuserkrankung, eine mediale Bandscheibenprotrusion LWK 4/5 und Schmerzen im Ellenbogen. Über die vorgelegten ärztlichen Berichte hinaus (Blatt 58 der Beklagtenakte) zog das LRA Auskünfte vom Facharzt für Orthopädie Dr. R. (dazu vgl. Blatt 11/24 der Beklagtenakte) bei. Nachdem der Versorgungsarzt Dr. B. in seiner Stellungnahme vom 27.02.2007 (Blatt 25/26 der Beklagtenakte) den GdB auf 20 geschätzt hatte (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Hyperreagibles Bronchialsystem, Bronchialasthma, Allergie (GdB 20); Bandscheibenschaden GdB 10)) stellte das LRA mit Bescheid vom 19.03.2007 (Blatt 27/28 der Beklagtenakte) den GdB mit 20 seit 15.12.2007 fest.
Am 14.10.2010 (Schreiben vom 13.10.2010, Blatt 30 der Beklagtenakte) machte der Kläger geltend, die Gesundheitsstörungen, insbesondere im rechten Ellenbogen, hätten sich verschlimmert. Er gab (Blatt 32/33 der Beklagtenakte) ein Atopiesyndrom, Asthma bronchiale und ein Facettensyndrom LWK 4/5 beidseits an. Das LRA zog Auskünfte bzw. Befundberichte vom Facharzt für Orthopädie Dr. R. (dazu Blatt 37 der Beklagtenakte), den Lungenärzten Dres. K. /D. (dazu Blatt 40/43 der Beklagtenakte) und der Z.klinik, St. B. , wo der Kläger vom 05.01.2011 bis zum 02.02.2011 auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten hatte (dazu vgl. Blatt 56/69 der Beklagtenakte) bei. Der Kläger legte weitere Berichte vor (dazu vgl. Blatt 48/54 der Beklagtenakte). Der Versorgungsarzt J. schätzte den GdB in seiner Stellungnahme vom 21.03.2011 (Blatt 70/71 der Beklagtenakte) auf 30 (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Bandscheibenschaden, Schulter-Arm-Syndrom rechts, seelische Störung (GdB 30); hyperreagibles Bronchialsystem, Bronchialasthma, Allergie (GdB 20)). Das LRA stellte mit Bescheid vom 29.03.2011 (Blatt 72/73 der Beklagtenakte; zum Widerspruchsbescheid vom 30.06.2011 vgl. Blatt 82/83 der Beklagtenakte) den GdB seit 14.10.2010 mit 30 fest.
Mit Schreiben vom 27.06.2011, beim LRA am 29.06.2011 eingegangen (Blatt 82/83 der Beklagtenakte), legte der Kläger den Bericht des Radiologen Dr. S. vom 29.03.2011 vor. Der Kläger legte weitere Unterlagen (Blatt 86/87 der Beklagtenakte, neurologischer Bericht Dr. R. ) vor und erklärte mit Schreiben vom 15.08.2011, Eingang beim LRA am 19.08.2011 (Blatt 88 der Beklagtenakte), den Verschlimmerungsantrag zurückzunehmen und stattdessen die Überprüfung des Bescheids vom 29.03.2011 nach § 44 SGB X mit dem Ziel der Zuerkennung eines GdB von 80 zu begehren.
Das LRA zog nunmehr den Rehabericht der B. Klinik, Ü. , vom 04.08.2011 (Blatt 90/93 der Beklagtenakte), in der der Kläger vom 14.07.2011 bis 04.08.2011 stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch die Deutsche Rentenversicherung erhalten hatte, bei. Der Versorgungsarzt Dr. J. schätzte in seiner Stellungnahme vom 09.09.2011 (Blatt 94/95 der Beklagtenakte) den GdB seit 29.06.2011 auf 40 (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Bandscheibenschaden, operierte Instabilität der LWS, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks, Funktionsbehinderung des rechten Ellenbogengelenks (GdB 30); hyperreagibles Bronchialsystem, Bronchialasthma, Allergie (GdB 20); seelische Störung, somatoforme Schmerzstörung (GdB 20)). Das LRA zog Unterlagen von der BG Handel und Warendistribution bei (Blatt 100 der Beklagtenakte; rentenablehnender Bescheid vom 06.03.2007 Blatt 101/102 der Beklagtenakte) und Auskünfte vom Facharzt für psychotherapeutische Medizin H. (Blatt 105 der Beklagtenakte) und den Lungenärzten Dres. K. /D. (Blatt 108/109 der Beklagtenakte) bei. Der Kläger legte den Bericht des Orthopäden und Chirurgen Dr. R. vom 22.10.2011 (Blatt 111 der Beklagtenakte) vor. Der Versorgungsarzt Dr. M. schlug nunmehr in seiner Stellungnahme vom 21.12.2011 (Blatt 116 der Beklagtenakte) vor, den GdB mit 50 seit 29.06.2011 festzustellen (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Bandscheibenschaden, operierte Instabilität der LWS, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks, Funktionsbehinderung des rechten Ellenbogengelenks (GdB 30); hyperreagibles Bronchialsystem, Bronchialasthma, Allergie (GdB 20); Schlafapnoe-Syndrom (GdB 20); seelische Störung, somatoforme Schmerzstörung (GdB 20)).
Mit Bescheid vom 18.01.2012 (Blatt 117/118 der Beklagtenakte) lehnte das LRA die Rücknahme des Bescheids vom 29.03.2011 ab, stellte aber mit Bescheid vom 19.01.2012 (Blatt 119/120 der Beklagtenakte) den GdB seit 29.06.2011 mit 50 fest.
Gegen beide Bescheide erhob der Kläger am 30.01.2012 (Blatt 123 der Beklagtenakte) bzw. 21.02.2012 (Blatt 129 der Beklagtenakte) Widerspruch, den er nicht näher begründete.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 09.08.2012 (Blatt 127/138 der Beklagtenakte) und vom 10.08.2012 (Blatt 139/140 der Beklagtenakte) wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – die Widersprüche zurück.
Der Kläger hat wegen des Bescheides vom 18.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.08.2012 beim Sozialgericht (SG) Konstanz am 14.09.2012 vorliegende Klage (Az.: S 6 SB 2336/12) erhoben. Wegen des Bescheides vom 19.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2012 hat er am 14.09.2012 ebenfalls Klage (Az.: S 6 SB 2337/12) erhoben. Er begehrt die Feststellung eines GdB von 80 seit 19.10.2010 und hat ärztliche Unterlagen vorgelegt (Blatt 19/22 der SG-Akte S 6 SB 2337/12). Mit Beschluss vom 28.06.2016 wurden die beiden Verfahren verbunden.
Das SG hat die behandelnden Ärzte Dr. M. , Dr. R. , Dr. H. , Dr. H. , Dres. S. /M. und Dres. D. /K. (zu deren Antworten vgl. Blatt 23, 24/27, 28/34, 35/45, 47/52, 53/63 und 64/66 der SG-Akte S 6 SB 2336/12 sowie Blatt 30/38, 39/43, 46, 47/102, 103/109, 110/112 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) sowie Dr. A. (dazu vgl. Blatt 44/45 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) schriftlich als sachverständige Zeugen befragt.
Auf ein Vergleichsangebot des Beklagten über einen GdB von 70 seit 19.10.2010 (Blatt 67/69 der SG-Akte S 6 SB 2336/12) hat der Kläger nicht reagiert und vielmehr mitgeteilt, den vom SG beauftragten Gutachter Dr. B. nicht aufzusuchen (Blatt 73, 74 der SG-Akte S 6 SB 2336/12, Blatt 60/61 der SG-Akte S 6 SB 2337/12). Der Kläger hat nun ein psychiatrisch/schmerzpsychologisches Gutachten von Prof. Dr. B. vom 03.12.2013 (Blatt 64/90 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) und ein nervenärztliches Gutachten von Dr. St. vom 23.05.2014 (Blatt 91/116 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) aus dem beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg geführten Rentenverfahren L 13 R 4259/12 vorgelegt. Der Beklagte zog daraufhin das Vergleichsangebot zurück (Schreiben vom 07.11.2014, Blatt 76/79 der SG-Akte S 6 SB 2336/12, Blatt 117/120 der SG-Akte S 6 SB 2337/12).
Der nervenärztliche Gutachter Dr. T. hat in seinem Gutachten vom 26.02.2015 (Blatt 124/152 der SG-Akte S 6 SB 2337/12; Untersuchung des Klägers am 11.02.2015) eine sehr schwere psychiatrische Erkrankung mit Komorbidität (chronisches Schmerzsyndrom bei somatischen und psychischen Faktoren, generalisierte Angststörung, rezidivierende depressive Störung, Tinnitus beidseits, wahrscheinlich auch eine Persönlichkeitsveränderung bei schwerer psychischer Erkrankung und chronischen Schmerzen) beschrieben und mit einem GdB von 40 bewertet. Den Gesamt GdB hat er seit 19.10.2010 mit 60 bewertet.
Das SG hat den Neurologen Dr. H. erneut befragt (zu dessen Antwort vgl. Blatt 157/171 der SG-Akte S 6 SB 2337/12).
Der Beklagte hat jetzt angeboten, den GdB mit 60 seit 14.10.2010 festzustellen (Schreiben vom 20.10.2015, Blatt 80/82 der SG-Akte S 6 SB 2336/12, Blatt 172/174 der SG-Akte S 6 SB 2337/12). Der Kläger hat diesen Vorschlag nicht angenommen (Schreiben vom 30.12.2015, Blatt 175 der SG-Akte S 6 SB 2337/12).
Das SG hat aus dem Verfahren L 13 R 4259/12 die Gutachten von Prof. Dr. B. vom 03.12.2013 (Blatt 178/204 der SG-Akte S 6 SB 2337/12), von Dr. St. vom 23.05.2014 (Blatt 205/230 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) und von Dr. B. vom 19.05.2012 (Blatt 231/282 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) beigezogen und die beiden Verfahren S 6 SB 2336/12 und S 6 SB 2337/12 mit Beschluss vom 28.06.2016 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (Blatt 289 der SG-Akte S 6 SB 2337/12).
Mit Gerichtsbescheid vom 10.08.2016 hat das SG die Bescheide des Beklagten vom 18.01.2012 und vom 19.01.2012 sowie die Widerspruchsbescheide vom 09.08.2012 und 10.08.2012 abgeändert und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 29.03.2011 verpflichtet, beim Kläger ab dem 19.10.2010 einen GdB von 60 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 16.08.2016 (Blatt 160b der SG-Akte S 6 SB 2336/12) zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.08.2016 beim LSG Berufung eingelegt. Er verfolge das Ziel der Zuerkennung eines GdB von wenigstens 80 weiter. Der vom SG völlig kritiklos und unreflektiert übernommene Einzel-GdB von 40 aus dem neurologisch/psychiatrischen Befund erscheine deutlich zu niedrig angesetzt. Alleine das schwere restless-legs-Syndrom sei regelmäßig bereits für sich alleine betrachtet mit einem GdB von 30 in Ansatz zu bringen. Er befinde sich weiterhin beim Neurologen und Psychiater Dr. H. in fortlaufender Schmerztherapie und werde dort auch seit Jahrzehnten wegen der Depression behandelt. Anscheinend gebe es dort mittlerweile auch eine Behandlung wegen Epilepsie. Nachdem im Gerichtsbescheid erneut der Vorwurf enthalten sei, aufgrund der fehlenden Behandlungsfrequenz bei einem Orthopäden müsse auf einen geringen Leidensdruck wegen der orthopädischen Beschwerden geschlossen werden, müsse dieser völlig aus der Luft gegriffenen Behauptung energisch widersprochen werden. Er sei orthopädisch austherapiert. Der Kläger hat seinen Medikamentenplan (Blatt 16 der Senatsakte) vorgelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10.08.2016 abzuändern und den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 19.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.08.2012 sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 18.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2012 zu verurteilen, den Bescheid vom 29.03.2011 aufzuheben und bei ihm seit 19.10.2010 einen GdB von wenigstens 80 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch-sozialmedizinischen Gutachtens bei Dr. S. sowie von Zusatzgutachten beim Arzt für Orthopädie Dr. K. und der Fachärztin für Psychiatrie, Suchtmedizin, Sozialmedizin F ... Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Begutachtungen wird auf Blatt 27/138 der Senatsakte) Bezug genommen.
Der Arzt für Orthopädie Dr. K. hat bei seiner Untersuchung des Klägers am 15.03.2017 (Gutachten vom 15.03.2017) beim Kläger ein wiederholt auftretendes Wurzelreizsyndrom, derzeit den Nerv S1 rechts betreffend, mit wechselnder Ausstrahlung bei mäßiggradiger degenerativer Minderung des Zwischenwirbelraumes L5/L6, mit korrekter Entfaltung der Lendenwirbelsäule in der Funktionsaufnahme, einliegendem Spreizer in der Dornfortsatzreihe L5/ L6, Belastungsschmerzen, derzeit kein neurologischer Ausfall, eine akute Erkrankung im Sinne einer Reizung als Knochenhautreizung am linken Ellenbogen, sogenannter Tennis- oder Mausellenbogen, als Folge einer Überlastung der Unterarmstreckerkette, eine endgradige Bewegungseinschränkung, Belastungsschmerzen im Bereich der rechten Schulter nach Arthroskopie des rechten Schultergelenkes 10/2011 mit Erweiterung des Sehnen-Gelenk-Gleitraumes ohne sonografischen Nachweis einer Ruptur der Rotatorenmanschette und ein Übergewicht diagnostiziert und seit August 2011 mit einem GdB von 20 bewertet.
Die Fachärztin für Psychiatrie, Suchtmedizin, Sozialmedizin F. hat in ihrem Gutachten vom 26.08.2017 (Untersuchung des Klägers am 18.05.2017) auf nervenärztlichem Fachgebiet eine anhaltende Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine anhaltende depressive Störung im Sinne einer Dysthymia, fremdbefundlich eine Traumafolgestörung, den Verdacht auf kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-unsicheren, anankastischen und paranoiden Anteilen und den Verdacht auf dissoziative Bewusstseinsstörungen diagnostiziert; cerebrale Krampfanfälle wurden ausgeschlossen. Es sei von einer bereits eingetretenen Chronifizierung der Erkrankungen auszugehen. Die Störungen auf psychiatrischem Fachgebiet seien als stärker behindernde Störungen mit wesentlichen Einschränkungen der Erlebens- und Gestaltungsfähigkeit einzuordnen und mit einem GdB von 40 angemessen bewertet.
Der Internist, Betriebs- und Sozialmediziner Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 28.08.2017 (Untersuchung des Klägers am 18.05.2017) unter Berücksichtigung der Zusatzgutachten einen Bandscheibenschaden, operierte Instabilität der LWS, eine Funktionsminderung des linken Schultergelenks, eine anhaltende Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine anhaltende depressive Störung im Sinne einer Dysthymia, eine fremdbefundlich angegebene Traumafolgestörung, den Verdacht auf kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-unsicheren, anankastischen und paranoiden Anteilen, den Verdacht auf dissoziative Bewusstseinsstörungen, ein hyperreagibles Bronchialsystem ohne dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion, ein leichtes Schlafapnoesyndrom, nicht therapiert, und einen medikamentös eingestellten Hypertonus angegeben, den Bandscheibenschaden, operierte Instabilität der LWS mit einem GdB von 20, die Funktionsminderung des linken Schultergelenks mit einem GdB von 10, die seelische Störung mit einem GdB von 40, das hyperreagible Bronchialsystem ohne dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion mit einem GdB von 20, das leichte Schlafapnoesyndrom mit einem GdB von 10 und den Gesamt-GdB seit August 2011 mit 60 bewertet.
Die Beteiligten hatten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schreiben vom 01.12.2017 und 05.12.2017, Blatt 144, 145 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des Verfahrens L 13 R 4259/12, des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG form- und fristgerecht erhoben und statthaft, in der Sache aber ohne Erfolg.
1.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind die Klagen gegen die Bescheide vom 18.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2012 sowie vom 19.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.08.2012. Ob der Kläger mit dem in seiner Klagebegründungschrift vom 07.05.2013 (Blatt 14/22 der SG-Akte) ausdrücklich formulierten Antrag der Feststellung eines GdB von "insgesamt 80" sein Begehren wirksam beschränkt und mit seiner Berufung, in der er die Feststellung eines GdB von "insgesamt wenigstens 80" begehrt hatte (vgl. Schreiben vom 15.11.2016, Blatt 14/16 der Senatsakte), wirksam wieder erweitert hatte, musste der Senat nicht entscheiden. Denn der Senat konnte nicht feststellen, dass dem Kläger überhaupt ein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 60 zusteht.
2.
Soweit der Kläger begehrt, rückwirkend unter Aufhebung des Bescheids vom 29.03.2011 seit 19.10.2010 einen höheren GdB festzustellen, ist Rechtsgrundlage § 44 Abs. 2 SGB X, da es sich bei der Feststellung des GdB nicht um eine Sozialleistung i.S.d. § 44 Abs. 1 SGB X handelt. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Ob es sich bei dem Verwaltungsakt vom 29.03.2011 um einen rechtswidrigen, nicht begünstigenden Verwaltungsakt handelt, bestimmt sich nach den damals maßgeblichen Regelungen – in verfahrensrechtlicher Hinsicht hatte es sich um eine Entscheidung des Beklagten über einen Verschlimmerungsantrag nach § 48 SGB X gehandelt. In materieller Hinsicht bestimmt sich dies nach den damals geltenden Vorschriften des SGB IX. Danach waren Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) –auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen. Insoweit hat das SG aber zutreffend festgestellt, dass ein höherer Gesamt-GdB als 60 (dazu s. 4.) nicht anzunehmen ist. Damit war zwar der Bescheid vom 29.03.2011 rechtswidrig und hat den Kläger in seinen Rechten verletzt. Diese Rechtswidrigkeit und Rechtsverletzung hat das SG aber in vollem Umfang durch den angefochtenen Gerichtsbescheid beseitigt, sodass die Berufung insoweit nicht begründet ist.
3.
Soweit der Kläger den Bescheid vom 19.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.08.2012 anficht und mit Wirkung für die Zukunft eine Erhöhung des GdB begehrt ist die Berufung ebenfalls nicht begründet. Zwar war diese Verwaltungsentscheidung über die Feststellung eines GdB von lediglich 50 rechtswidrig und hat den Kläger in seinen Rechten verletzt, doch hat die angefochtene Entscheidung des SG diese Rechtswidrigkeit und Rechtsverletzung vollständig beseitigt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren Gesamt-GdB als 60, sodass die Berufung auch insoweit unbegründet ist.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger insoweit begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 ff.). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Einzel- oder Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss damit durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung insoweit sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleich-berechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamt-beeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbe-hinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen noch deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 60 nicht rechtfertigen; dies gilt sowohl unter der seit 01.01.2018 anzuwendenden Rechtslage, als auch unter Anwendung der bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage des SGB IX.
4.
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit seit 19.10.2010 durchgehend einen höheren Gesamt-GdB als 60 nicht rechtfertigen und zwar unter Anwendung des damals geltenden Rechts, wie auch des bis 31.12.2017 bzw. Seit 01.01.2018 geltenden Rechts des SGB IX.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von 20 anzunehmen. Nach B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulen-abschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbel-säulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB von 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 - juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist ein GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Der Senat konnte in diesem Funktionssystem anhand des Gutachtens von Dr. K. ein wiederholt auftretendes Wurzelreizsyndrom feststellen. Dr. K. hat mitgeteilt, dieses betreffe bei seiner Untersuchung den Nerv S1 rechts, mit wechselnder Ausstrahlung bei mäßiggradiger degenerativer Minderung des Zwischenwirbelraumes L5/L6, mit korrekter Entfaltung der Lendenwirbelsäule in der Funktionsaufnahme, einliegendem Spreizer in der Dornfortsatzreihe L5/L6, Belastungsschmerzen: Es bestehe derzeit kein neurologischer Ausfall. Der Kläger selbst hat die Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule mit wechselndem Charakter bei teilweise nur lokalen Schmerzen im Bereich des Rückens aber auch mit Ausstrahlungen bis in die Kleinzehe auf der rechten Seite beschrieben. Es hatte sich bei der Untersuchung durch Dr. K. eine mäßiggradige Vergrößerung des Finger-Boden-Abstandes gezeigt, im Langsitz war die Entfaltung der Wirbelsäule geringfügig besser. Der radiologische Befund zeigte eine Minderung des Zwischenwirbelraumes L5/L6 und einem einliegenden Spreizer L5/L6 in der Dornfortsatzreihe. Lähmungserscheinungen, auffällige muskuläre Minderungen im Bereich der unteren Extremitäten, lokale Taubheiten einem Dermatom zuordenbar, bestehen nicht, was der Senat mit den Befunden von Dr. K. feststellen konnte. Im Bereich der Halswirbelsäule konnte Dr. K. auch auf Nachfragen hin keine Beschwerden erheben und bei seiner Untersuchung auch keine wesentlichen Funktionsbeeinträchtigungen feststellen.
Dr. K. hat bei seiner Untersuchung hinsichtlich der Halswirbelsäule einen gerade gehaltenen Kopf und einen Kinn-Jugulum-Abstand bei der Vorneigung 4 cm, in physiologischer Position 10 cm und maximaler Reklination 16 cm beschrieben. Die Rotation des Kopfes rechts/links war bis 40/0/50 Grad, die Seitneigung links/rechts bis 30/0/30 Grad möglich. Der Abstand Ohrläppchen-Schultersilhouette betrug je drei Querfinger und war damit korrekt. Der Kläger berichtete über einen immer wieder auftretenden Schmerz im Bereich des linken Ohres, der zum Untersuchungszeitpunkt nicht bestand, ansonsten war das Gesicht und der behaarte Schädel unauffällig. Es bestand kein lokaler Schmerz. Die Hautfarbe war leicht von der Sonne gebräunt, nach einem zehn Tage zurückliegenden Aufenthalt auf Fuerteventura.
Hinsichtlich der Brust- und Lendenwirbelsäule hat Dr. K. mitgeteilt, dass in seitlicher Ansicht sich eine leicht verstärkte BWS-Kyphose und eine normale LWS-Lordose zeige. Es bestehe eine reizfreie Narbe von 3,5 cm im unteren Anteil der Lendenwirbelsäule, auf der Unterlage verschieblich, nicht gerötet. Die Lotfällung von C7 reiche in die Rima ani, die Taillendreiecke seien verstrichen. Der Finger-Boden-Abstand betrug bei seiner Untersuchung 40 cm, der Lenden-Schober 10/14,5 cm, das Ott-Zeichen 30/31 cm. Es bestand kein Lendenwulst oder Rippenbuckel. Die Seitneigung links/rechts war bis 15/0/15 Grad möglich, die Glutealmuskulatur gut anspannbar. Die Zeichen nach Mennell und Valleix waren negativ, es bestand keine Sl-Gelose. Die Rotation des Oberkörpers bei fixiertem Becken war bis 20/0/15 Grad möglich.
Damit hat Dr. K. allenfalls Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, nämlich der Lendenwirbelsäule, beschrieben. Diese sind nach B Nr. 18.9 VG mit einem GdB von 20 zu bewerten. Dr. B. hatte in dem für das Verfahren S 8 R 2233/11 gefertigten Gutachten (vgl. Blatt 231/285 der SG-Akte (S 6 SB 2337/12) leicht bessere Messwerte mitgeteilt. Dr. T. hatte bei seiner neurologischen Untersuchung des Klägers im Rahmen der Begutachtung für das SG ebenfalls keine bedeutsameren funktionellen Beeinträchtigungen, als von Dr. K. dargestellt, beschrieben. Damit konnte der Senat keine über ein Wirbelsäulensegment hinausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen feststellen. Die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen der LWS sind aber als mittelschwer zu bewerten und mit einem GdB von 20 angemessen bewertet.
Zwar können Schmerzen den GdB auch an der Wirbelsäule erhöhen (B Nr. 18.9 VG); der Senat hat bei seiner Feststellung der mittelschweren Funktionsbeeinträchtigungen bereits Schmerzen mitberücksichtigt. Eine weitere Berücksichtigung mit Erhöhung des Einzel-GdB in diesem Funktionssystem kommt vorliegend aber deshalb nicht in Betracht, weil beim Kläger nach Feststellung der Gutachterin F. ein chronisches Schmerzsyndrom besteht, das über die Wirbelsäule, damit über ein Funktionssystem hinaus geht. Zwar erfasst das Schmerzsyndrom auch die Wirbelsäule, umfasst aber nach den Feststellungen der Gutachterin F. auch Gesundheitsstörungen am sonstigen Körper. Damit geht das Schmerzsyndrom über das Funktionssystem des Rumpfes hinaus und ist nach der Rechtsprechung des Senats im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche zu bewerten. Damit verbleibt im Funktionssystem des Rumpfes ein Einzel-GdB von insgesamt 20.
Der abweichenden Bewertung von Dr. T. und den behandelnden Ärzten kann der Senat angesichts der objektiv erhobenen Befunde, auch wie sie von diesen Ärzten mitgeteilt wurden, nicht beitreten.
Im Funktionssystem der Arme konnte der Senat anhand des Gutachtens von Dr. K. eine akute Erkrankung im Sinne einer Reizung als Knochenhautreizung am linken Ellenbogen als Folge einer Überlastung der Unterarmstreckerkette sowie eine endgradige Bewegungseinschränkung bei Belastungsschmerzen im Bereich der rechten Schulter nach Arthroskopie des rechten Schultergelenkes 10/2011 mit Erweiterung des Sehnen-Gelenk-Gleitraumes feststellen. Eine Ruptur der Rotatorenmanschette ist nicht nachgewiesen.
Der Ellenbogen ist nicht bewegungseingeschränkt, Nervenschäden liegen nicht vor, was der Senat den Gutachten von Dr. K. und Dr. T. entnimmt. Es besteht auch keine Versteifung eines oder beider Schultergelenke, keine Instabilität eines oder beider Schultergelenke, und auch keine Schlüsselbeinpseudarthrose. Eine GdB-relevante Bewegungseinschränkung konnte der Senat mit den von Dr. K. gemessenen Bewegungsmaßen von beidseits 20/0/160 Grad nicht feststellen; es hatte sich bei seiner Untersuchung lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung im Seitenvergleich, insbesondere beim Abspreizen, geringer beim Vorhalten gezeigt. Eine Schmerzhaftigkeit der Schulterbeweglichkeit und des Ellenbogens, soweit letztere über eine lediglich akute Erkrankung hinaus gehen sollte, alleine begründet ebenfalls noch keinen GdB. Damit war im Funktionssystem der Arme im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 18.13 VG an sich ein GdB nicht anzunehmen; soweit Dr. S. insoweit einen GdB von 10 annimmt, ist dieser nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig zu niedrig. Auch dem Gutachten von Dr. B. sind insoweit keine weitergehenden Funktionsbeeinträchtigungen zu entnehmen.
Im Funktionssystem der Beine hat Dr. K. geringgradige funktionelle Veränderungen, wie zum Beispiel Spreizfußbeschwerden im Bereich links Zehe DII Grundgelenk beschrieben. Der Senkfuß ist nach dem Gutachten von Dr. K. ohne wesentliche statische Auswirkung und daher nach B Nr. 18.14 VG nicht mit einem GdB zu bewerten. Soweit Dr. B. eine initiale, also beginnende Cox- und Gonarthrose beidseits, jeweils ohne Funktionsbehinderung angenommen hatte, begründet dies ebenfalls keinen GdB, denn diese bedingen keine Funktionsbeeinträchtigungen, Bewegungseinschränkung und erreichen auch nicht das Stadium ausgeprägter Knorpelschäden i.S.d. B Nr. 18.14 VG.
Im Funktionssystem der Atmung konnte Dr. S. ein hyperreagibles Bronchialsystem ohne dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion und ein nicht therapiertes leichtes Schlafapnoesyndrom feststellen. Das seit Jahren bestehende Asthma bronchiale ist in seiner Schwere als leicht einzuschätzen, häufige schwere Anfälle treten nicht auf. Dr. S. konnte bei der Lungenfunktionsuntersuchung keine Obstruktion und auch keine dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion feststellen. Etwas anderes ist auch den Angaben der behandelnden Ärzte nicht zu entnehmen. Im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 8.5 VG kann der vom Beklagten (vgl. versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. R. vom 27.10.2014, Blatt 118/120 der SG-Akte S 6 SB 2337/12) und Dr. S. vorgenommenen Bewertung mit einem GdB von 20, also am oberen Rand des für leichte Störungen vorgesehenen Bewertungsrahmen gefolgt werden.
Das weiterhin bestehende obstruktive Schlafapnoesyndrom wurde im Schlaflabor nachgewiesen; zunächst wurde die Indikation für eine cPAP-Beatmung gesehen, die Behandlung wurde begonnen aber nachdem der Kläger das Gerät nicht mehr tolerierte, wurden keine Versuche einer optimalen Anpassung vorgenommen, sondern angesichts des nur leichten Schweregrades festgestellt, dass eine Beatmung nicht "erzwungen" werden müsse. Damit handelt es sich um ein nach den Bemessungsvorgaben von B Nr. 8.7 VG leichtes Schlafapnoesyndrom, das mit Dr. S. und Dr. R. allenfalls mit einem GdB von 10 bewertet werden kann.
Im Funktionssystem der Atmung ist damit aus Teil-GdB von 20 und 10, wobei der Senat beide Bewertungen eher als großzügig ansieht, unter Berücksichtigung von gegenseitigen Auswirkungen und Beeinflussungen ein Einzel-GdB von 20 zu bilden.
Im Funktionssystem des Herzens/des Kreislaufs besteht beim Kläger eine medikamentös behandelte Hypertonie, die in einer leichten Form und ohne Leistungsbeeinträchtigung oder Folgeerscheinungen besteht. Für diese Gesundheitsstörung konnte der Senat mit der Bewertung des Gutachters Dr. S. und im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 9.7 VG keinen GdB ansetzen.
Die Adipositas an sich bedingt nach B Nr. 15.3 VG alleine keinen GdB. Die Folge- und Begleitschäden hat der Senat – soweit solche überhaupt feststellbar sind bei den jeweiligen Funktionssystemen berücksichtigt.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche sind beim Kläger eine anhaltende Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren und eine anhaltende affektive Störung im Sinne einer Dysthymia bei eingetretener Chronifizierung der Erkrankungen zu berücksichtigen. Diese Funktionsstörungen sind mit einem GdB von 40 zu bewerten. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass die Gutachter F. und Dr. S. auch den Verdacht auf eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-selbstunsicheren, zwanghaften und paranoiden Anteilen wie auch dissoziative Bewusstseinsstörungen mitgeteilt hatten. Dr. T. konnte in seinem Gutachten für das SG aber die Diagnose einer Absence-Epilesie als nicht gesichert ausschließen. Den aus dem SG- und Rentenverfahren vorliegenden Gutachten von Prof. Dr. B. und Dr. St. konnte der Senat keine weitergehenden Erkrankungen entnehmen, auch aus den Berichten der behandelnden Ärzte ergeben sich keine weitergehenden Erkrankungen.
Nach den B Nr. 3.7 VG ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.
Die Gutachterin F. hat den Kläger untersucht und ausgeführt, er nehme freundlich Kontakt auf, sei jedoch im Gespräch sehr früh moros verstimmt und gebe zu erkennen, dass ihm dass alles zu viel sei und nicht mehr interessiere. Weite Strecken der Untersuchung sitze er mit geschlossenen Augen. Seine Schilderungen seien teils sehr detailliert bis bereits zwanghaft wirkend, manche Äußerungen blieben jedoch auch vage, zu seiner Vorgeschichte in Jugoslawien antworte er ausweichend bis verweigernd. Der Kläger sei wach, bewusstseinsklar und in allen Qualitäten orientiert. Es bestehe kein Anhalt für grobe Störungen der Aufmerksamkeit, des Auffassungs- und Konzentrationsvermögens sowie der Merkfähigkeit und der Gedächtnisleistungen. Das Denken sei formal geordnet und ohne Anhalt für inhaltliche Denkstörungen, Wahrnehmungs- und Ichstörungen. Die Stimmung sei gedrückt, moros, die affektive Schwingungsfähigkeit sei reduziert. Affektiv sei der Kläger kaum auslenkbar, außer bei den Themen PC-Spiel und Fernsehreportagen. Insoweit gebe der Kläger auch noch Interessen an, sonst habe er keine mehr und könne auch keine Freude mehr empfinden. Antrieb und Psychomotorik erschienen in der Untersuchungssituation ungestört, anamnestisch sind aus mangelndem Interesse tagsüber häufige Ruhezeiten auf der Couch, welche mit PC-Spielen oder Fernsehen verbracht würden, berichtet. Zugleich berichtet der Kläger aber auch von zuverlässiger und teils zwanghaft anmutender Erfüllung häuslicher Pflichten durch Versorgung des Haushalts, Kochen, Einkaufen, sodass die Gutachterin nicht von einer wesentlichen Antriebsstörung ausgegangen ist. Der Kläger vermittelte ihr einen leidenden Eindruck, sei jammrig, berichte von Ungerechtigkeiten und Widrigkeiten. Eine psychische Erkrankung werde massiv abgewehrt und rational mit Angst vor Stigmatisierung begründet, es klinge jedoch ein Verhaftetsein in einem somatischen Krankheitsmodell an. Es bestünden deutliche Hinweise auf zwanghafte Persönlichkeitsanteile, teils auch paranoide Anteile. Ein psychosomatisches Krankheitsverständnis bestehe nicht, hier werde auch keine Behandlungsnotwendigkeit gesehen. Ein Selbstwirksamkeitserleben bestehe nicht, ebensowenig Anhalt für akute Eigen- und Fremdgefährdung bei wiederholter Äußerung lebensüberdrüssiger Gedanken.
Zwar hat der Kläger angegeben, nur bis vor 2 bis 3 Jahren vor der Begutachtung bei Frau F. Freunde – zuletzt noch einen gehabt zu haben, jetzt ohne Freunde zu leben, er hat aber auch von einem guten Verhältnis zu seiner Tochter berichtet und bei Dr. K. von einem Urlaub auf Fuerteventura. Zugleich übt er in seiner Kirchengemeinde das Amt des Mesners aus, das ihm Spaß mache, ihn aber auch überfordere, so seine Angaben gegenüber der Gutachterin F ...
Aus den Gutachten von Prof. Dr. B. und Dr. St. sowie Dr. T. sind vergleichbare Befunde, jedoch mit teilweise stärkerer Betonung der Depressivität, zu entnehmen.
Der Kläger geht regelmäßig zum Hausarzt Dr. M. und zum Neurologen und Psychiater Dr. H. , wo er alle 4 bis 5 Wochen Termine wahrnimmt. Eine Psychotherapie hat der Kläger lediglich im Umfang von wenigen Stunden wahrgenommen, psychiatrisch wirkende Medikation wird eingenommen. Die Gutachter F. und Dr. S. konnten jedoch mitteilen, dass anhand der Laborwerte festzustellen war, dass lediglich Duloxetin und Quetiapin in einer ausreichenden Serumkonzentration eingenommen wird. Amitriptylin (Saroten), das Antiepileptikum Levetiracetam und das Schmerzmittel Metamizol (Novalgin) waren in der Blutuntersuchung nur unterhalb des Referenzbereiches nachweisbar. Dies spricht entweder für unregelmäßige Einnahme, zu niedrige Dosierung oder eine Störung in der Verstoffwechselung der Medikamente, wobei letzteres nicht objektiviert ist.
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat trotz gewissem leichtem Zwangsverhalten (z.B. beim Putzen) eine mit einem GdB ab 50 zu bewertende schwere Störung (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen oder schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten nicht feststellen. Eine solche haben weder die Gutachter beschreiben können, noch lässt sich eine solche aus den Berichten der behandelnden Ärzte ableiten. Vielmehr konnte der Senat auf der Grundlage der Angaben des Klägers, der behandelnden Ärzte sowie der vorliegenden Gutachten feststellen, dass der Kläger zwar in seiner Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit wesentlich eingeschränkt ist, es sich aber insgesamt lediglich um eine stärker behindernde Störung i.S.d. B Nr. 3.7 VG handelt, die am oberen Rand des Bewertungsrahmens, mithin mit einem GdB von 40, zutreffend bewertet ist. Einen höheren GB konnte der Senat nicht annehmen und folgt insoweit den Einschätzungen der behandelnden Ärzte nicht.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen. Der vereinzelt vorgebrachte Tinnitus konnte nicht objektiviert werden.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen, nicht für erforderlich. Soweit der Kläger bereits mit seiner Berufungsbegründung einen Antrag auf Einholung eines Gutachtens bei Dr. V. gemäß § 109 SGG gestellt hatte, ist dieser Antrag durch die Begutachtung von Amts wegen inhaltlich erledigt. Auch durch seine uneingeschränkte Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG hat der anwaltlich sachkundig vertretene Kläger deutlich gemacht, an seinem Antrag nicht weiter festhalten zu wollen.
Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 60 bzw. mehr fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes (Wirbelsäule), - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Arme, - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Atmung und - 40 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche. Nachdem beim Kläger vorliegend von zu berücksichtigenden höchsten Einzel-GdB von 40 sowie zwei GdB-Werten von 20 auszugehen ist und kein Fall vorliegt, in denen ausnahmsweise GdB-Werte von 10 erhöhend wirken, konnte der Senat einen Gesamt-GdB i.S.d. § 152 Abs. 1 SGB IX (bzw. zuvor: § 69 Abs. 1 SGB IX) von allenfalls 60 feststellen.
Die Gutachterin F. konnte ein durch die psychogene Überlagerung aufgetretenes außergewöhnliches Schmerzsyndrom darstellen, das der Senat bei seiner GdB-Bewertung im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche berücksichtigt hat, und zu dessen Behandlung eher psychiatrisch-psychotherapeutische Therapiemaßnahmen indiziert wären als somatische. Die anhaltende Schmerzstörung überschneidet sich aber mit den degenerativen Veränderungen und den dadurch bedingten Schmerzen. Die Gutachterin F. geht von einem hohen Maß an psychogenem Anteil an den Gesamtschmerzen aus, sodass sich die anhaltende Schmerzstörung überschneidet in annähernd vollem Umfang mit den somatischen Schmerzen überlagert. Die jeweils objektivierten Behinderungen und Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule und der Arme sowie der Beine beinhalten jeweils im Einzel-GdB für diese Funktionssysteme mitberücksichtigte erhebliche Schmerzen, die aber auch im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche mit bewertet wurden. Damit können aber die Schmerzen nicht doppelt berücksichtigt werden und führen selbst unter Berücksichtigung wechselseitiger Auswirkungen auf die somatischen Erkrankungen nicht zu einer weiteren Erhöhung des Gesamt-GdB als 60.
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der beim Kläger insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 60, 70 und 80 vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger nicht entsprechend schwer funktionell in seiner Teilhabe im Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. So sind die Erkrankungen des Klägers weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau mit einem GdB von 70 oder 80 zu bewerten. Sie sind nicht vergleichbar mit schweren Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten im oberen Bereich oder mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten i.S.d. B Nr. 3.7 VG oder mit am oberen Rand bewerteten Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen oder bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit i.S.d. B Nr. 18.9 VG.
Damit war der GdB mit 60 festzustellen. Nachdem die Gutachter des Senats diesen GdB aber erst ab August 2011 annehmen konnten und der Senat für die Zeit zuvor keine Hinwiese auf einen höheren GdB als 60 finden konnte, lässt sich die Annahme eines GdB von 60 schon seit 19.10.2010 allenfalls dem Gutachten Dr. T. entnehmen: Jedenfalls ist die Annahme eines GdB von 60 schon ab 19.10.2010, wie es das SG getan hatte, nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig zu niedrig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten.
Damit hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 60 seit 19.10.2010, sodass die Berufung zurückzuweisen war.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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