L 4 P 4060/17 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 P 1262/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 4060/17 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 5. September 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Ulm (SG) vom 5. September 2017. Streitig ist die Verpflichtung des Klägers zur Entrichtung von Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 24,57.

Der Kläger ist pflichtversichertes Mitglied der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) und bei der Beklagten gesetzlich pflegeversichert. Mit Bescheid vom 1. März 2015 forderte die KKH - auch im Namen der Beklagten - Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für Januar 2015. Den hiergegen ohne weitere Begründung mit Schreiben vom 10. März 2015 eingelegten Widerspruch wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2016 zurück.

Bereits am 22. April 2015 hatte der Kläger Klage beim SG erhoben. Der Verwaltungsakt sei nichtig, da Verwaltungsakte in Angelegenheiten der Pflegeversicherung im Namen der Pflegeversicherung "bei der KKH" ergehen müssten.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 5. September 2017 ab.

Mit bei der KKH eingegangenem Schreiben vom 26. September 2017, beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingegangen am 23. Oktober 2017, hat der Kläger gegen das Urteil des SG Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Die Pflegeversicherung verstoße gegen europäisches Recht, hier die Angleichung der Lebensverhältnisse. So bestehe in Österreich keine Pflegeversicherungspflicht. Auf die "Gesamtäußerungen in allen anhängig gewesenen Verfahren" werde verwiesen. Dem Gericht sei zuzumuten die Akten durchzusehen. Ihm werde schließlich auch seit vier Jahren zugemutet, wöchentlich Klagesachen zu bearbeiten.

Der Kläger beantragt sachgerecht gefasst,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 5. September 2017 zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen

II.

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG vom 5. September 2017 ist statthaft (§ 145 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, EUR 750,00 nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert beträgt EUR 24,57.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des LSG, des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Diese Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

a) Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 20. Dezember 1955 – 10 RV 225/54 – juris, Rn. 18, zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 144 Rn. 28; vgl. dort auch § 160 Rn. 6 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung).

Der Rechtsstreit wirft keine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung auf. Die für das Urteil des SG - aus Sicht des Klägers - entscheidungserhebliche Frage, ob die Pflegeversicherungspflicht gegen europäisches Recht verstoße, ist insoweit nicht von Belang. Der Kläger macht damit sinngemäß geltend, dass das SG eine materiell falsche Entscheidung getroffen habe, nicht aber, dass seine Entscheidung auf einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung beruht. Das SG hat dieser Frage auch deswegen keine Bedeutung beigemessen, da der Verstoß gegen höherrangiges Recht vom Kläger erstmals im Beschwerdeverfahren thematisiert wurde. Das SG hat seine Entscheidung einzig darauf gestützt, dass die Beklagte berechtigt war, den Bescheid im eigenen Namen zu erlassen. Denn auch nur dies hat der Kläger im Klageverfahren gegen den Bescheid der Beklagten eingewendet.

b) Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor.

Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des Sozialgerichts zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das Sozialgericht muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 160 Rn. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil vom 5. September 2017 nicht aufgestellt. Etwas Anderes hat auch der Kläger nicht behauptet.

c) Auch ein Verfahrensmangel im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG ist nicht ersichtlich. Die unterschwellige Behauptung des Klägers, das SG habe seiner Entscheidung nicht den Akteninhalt zugrunde gelegt, entbehrt jeder Grundlage.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts wird hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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