Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3585/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3023/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 06.07.2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung lediglich befristet oder auf Dauer zusteht.
Der am 1974 geborene, aus der T. stammende Kläger erlernte in seinem Heimatland den Beruf des Autoelektrikers und siedelte im August 1994 in die Bundesrepublik Deutschland über. Seinen Angaben zufolge war er im Inland ab Juni 1999 versicherungspflichtig beschäftigt, zunächst in einer Putzkolonne und ab Juli 2000 als Montage- und Lagerarbeiter. Im August 2011 trat beim Kläger Arbeitsunfähigkeit ein.
Im Sommer 2011 entwickelten sich beim Kläger akute psychotische Symptome mit Halluzinationen und Wahnwahrnehmungen, weshalb der Kläger vom 04. bis 22.09.2011 erstmals im Zentrum für Psychiatrie (ZfP) C. stationär behandelt wurde (Bl. 269/273 VerwA). Nach ambulanten Behandlungen in der Institutsambulanz des ZfP in N. und einem gescheiterten Arbeitsversuch erfolgte eine erneute Einweisung in das ZfP C. , wo der Kläger vom 23.03. bis 20.04.2012 unter der Diagnose schizoaffektive Störung, gegenwärtig depressiv, stationär behandelt wurde (vgl. Bl. 283/293 VerwA). Nach erneuter Dekompensation erfolgte eine weitere stationäre Behandlung vom 11.09. bis 09.10.2012. Ausweislich des Entlassungsberichts hatte der Kläger die erforderlichen Medikamente nur unregelmäßig eingenommen. Nach Aufdosierung von Seroquel prolong und Umstellung auf Dipiperon kam es zu einer Rückbildung der depressiven und stuporösen Symptomatik (vgl. Bl. 311 VerwA). Die anschließende ambulante Behandlung erfolgte durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. , wobei sich die Medikamentenanpassung schwierig gestaltete, da der Kläger die Medikamente nicht regelmäßig einnahm (vgl. 427/435 VerwA). Vom 03. bis 31.07.2013 wurde der Kläger dann erneut stationär im ZfP C. behandelt (Bl. 481 VerwA). Im weiteren Verlauf wurde der Kläger dann am 10.03.2014 in das Eingangsverfahren der Werkstätte für behinderte Menschen der Gemeinnützigen Werkstätten und Wohnstätten GmbH (GWW) in N. aufgenommen und am 10.06.2014 in das erste Berufsbildungsjahr übernommen, wobei vom 28.11. bis 29.12.2014 eine erneute stationäre Behandlung erforderlich war (Bl. 469/473 VerwA). Nachdem sich der Kläger in der Maßnahme nachfolgend wieder stabilisierte, war beabsichtigt, den Kläger im zweiten Berufsbildungsjahr auf einen geeigneten Arbeitsplatz im beschützten Rahmen vorzubereiten (vgl. Schreiben der GWW vom 19.05.2015, Reha-Akte, unblattiert).
Auf seinen Antrag gewährte die Beklagten dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.03.2012 bis 31.08.2013. Diese Rente gewährte die Beklagte nachfolgend weiter bis zum 30.06.2015.
Ausgangspunkt des vorliegenden Verfahrens ist der Weiterzahlungsantrag des Klägers vom 29.01.2015. Diesem waren u.a. Arztberichte des Dr. W. , das Gutachten der Pflegefachkraft R. zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI vom 14.11.2014 (empfohlen: Pflegestufe II) und der vorläufige Entlassungsbericht über die stationäre Behandlung vom 28.11. bis 29.12.2014 beigefügt. Nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dipl.-Med. G. bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 16.03.2015 Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterhin auf Zeit bis 30.06.2018. Zur Begründung führte sie aus, der Rentenanspruch sei zeitlich begrenzt, weil es nach den medizinischen Untersuchungsbefunden nicht unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, die bewilligte Rente sei ohne zeitliche Beschränkung zu gewähren. Eine Besserung sei nicht möglich, die Schizophrenie habe sich vielmehr verstärkt. Er legte das Attest des Dr. W. vom 10.04.2015 vor, der eine Berentung auf Dauer vorschlug, da angesichts des Krankheitsverlaufs der letzten Jahre nicht anzunehmen sei, dass sich an dem aktuellen Zustand etwas Wesentliches ändern werde. Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Dipl.-Med. G. ein, der ausführte, dass es bei schizophrenen Erkrankungen im Verlauf immer wieder zu Besserungen komme, so dass die Auffassung des Dr. W. wissenschaftlich nicht begründet sei. Den vorliegenden Berichten über die stationären Behandlungen sei zu entnehmen, dass keine Chronifizierung eingetreten sei. Das von Dr. W. beschriebene Zustandsbild (mutistisch, völlig antriebslos, nicht belastbar) entspreche den bekannten depressiven Auslenkungen im Rahmen der schizoaffektiven Störung und sei behandelbar. Zu dieser Störung gehöre, dass nach entsprechender Behandlung einer Episode in der Regel immer wieder eine vollständige Remission eintrete. Die in dem vorgelegten Pflegegutachten empfohlene Pflegestufe II sei nicht nachvollziehbar, auch spreche der Umstand, dass der Kläger täglich die Werkstätte für behinderte Menschen besuche, gegen einen relevanten Pflegebedarf. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 04.11.2015 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und sein Begehren, gestützt auf das Attest des Dr. W. vom 10.04.2015, weiterverfolgt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin S. hat über Arbeitsunfähigkeitszeiten (fünf Tage im Juli 2015 wegen Schmerzen im ISG-Bereich und Wadenkrämpfe, elf Tage im August/September 2015 wegen Schmerzen im HWS-Schulter-Bereich, zehn Tage im Oktober 2015 wegen viraler Infektion, drei Tage im Januar 2016 wegen Schlafstörung) berichtet. Zu einer Äußerung bezüglich der psychiatrischen Behandlungsmöglichkeiten hat sie sich nicht in der Lage gesehen. Dr. W. hat von Vorstellungen des Klägers ca. einmal monatlich berichtet, wobei eine Anfang 2015 begonnene, im stationären und ambulanten Setting eingesetzte Elektrokrampftherapie (EKT) eine deutliche Besserung des psychopathologischen Bildes erbracht habe. Auf die seitens der Klinik empfohlenen weiteren Behandlungen habe sich der Kläger allerdings nicht mehr einlassen wollen. Auf Grund des bisherigen Behandlungsverlaufs, in dem zu keiner Zeit eine ausreichende Stabilisierung habe erreicht werden können, ging Dr. W. nicht davon aus, dass es wieder gelingen werde, in absehbarer Zeit die Erwerbsfähigkeit des Klägers herzustellen. Die Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie und Oberärztin am ZfP C. B.-S. hat im Februar 2016 über den Krankheitsverlauf nach Entlassung aus der stationären Behandlung am 29.12.2014 und dabei insbesondere über die weitere stationäre Behandlung vom 14.01. bis 17.02.2015 und die durchgeführte EKT-Behandlungen berichtet, wobei sich der Kläger nach dem 30.03.2015 nicht mehr vorgestellt habe. Sie hat angesichts des schweren und chronifizierten behandlungsresistenten Krankheitsbildes eine so deutliche Besserung des Gesundheitszustandes, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könnte, für unwahrscheinlich erachtet.
Die Beklagte hat den Abschlussbericht der GWW über die am 09.06.2016 beendete Berufsbildungsmaßnahme vorgelegt und ist gestützt auf die sozialmedizinischen Stellungnahmen der Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. D. , die darauf hingewiesen hat, dass eine Übernahme in den Arbeitsbereich empfohlen und eine Ausgliederung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt lediglich "momentan" nicht für möglich erachtet worden sei, von einer Besserungswahrscheinlichkeit ausgegangen.
Mit Urteil vom 06.07.2016 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 16.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.10.2015 verurteilt, dem Kläger unbefristete Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren. Die bewilligte Rente sei auf Dauer zu gewähren, wenn unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne. Dies sei beim Kläger der Fall, da der bisherige Krankheitsverlauf keine wesentlichen, in Bezug auf das Leistungsvermögen relevanten Anzeichen der Besserung gezeigt habe und auch keine Behandlungsmöglichkeiten mehr bestünden, die eine relevante Verbesserung versprächen.
Gegen das ihr am 28.07.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.08.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass beim Kläger nicht von einem Dauerzustand ausgegangen werden könne, da durchaus Behandlungsmöglichkeiten bestünden. So zeige die letzte stationäre Behandlung im ZfP C. , dass es bei kontrollierter Medikamenteneinnahme und Therapie schnell zu einer Besserung des Gesundheitszustandes gekommen sei. Von Bedeutung sei, dass der Kläger Behandlungsoptionen tatsächlich nicht völlig ausschöpfe, indem er Therapien vorzeitig beende oder Medikamente nicht regelmäßig oder gar nicht einnehme. Angesichts dessen könne nicht von einem nicht behandelbaren bzw. unbeeinflussbaren Gesundheitszustand ausgegangen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 06.07.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Das SG sei zu Recht davon ausgegangen, dass aufgrund des Krankheitsverlaufs nicht mit einer Besserung seines Krankheitszustandes zu rechnen sei.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Beklagten ist auch begründet.
Das SG hätte die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide nicht verurteilen dürfen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ohne zeitliche Befristung zu gewähren. Denn der Bescheid der Beklagten vom 16.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.10.2015 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht auf unbestimmte Dauer weiterbewilligte, sondern lediglich auf Zeit.
Rechtsgrundlage für die erfolgte Befristung der über den 30.06.2015 hinaus bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung ist § 102 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI). Danach werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn bzw. - bei Verlängerung - nach Ablauf der vorherigen Frist (Satz 2 bis 4). Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden nach Satz 5 der Regelung unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann; hiervon ist nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen.
Zugunsten des Klägers geht der Senat in Übereinstimmung mit der Beklagten davon aus, dass bei ihm ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden vorliegt und sein Rentenanspruch daher - anders als bei einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden (vgl. Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) - nicht wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, was eine ausnahmslose Befristung zur Folge hätte, sondern unabhängig von der Arbeitsmarktlage.
Ausgehend hiervon hat die Beklagte die dem Kläger bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung zu Recht auf Zeit geleistet. § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bestimmt dies als Regelfall. Eine zeitliche Befristung ist ausnahmsweise nur dann nicht vorzunehmen, wenn der Rentenanspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht und unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann. Dies ist nicht der Fall.
Der Begriff der Unwahrscheinlichkeit ist bei prognostischer Beurteilung im Zeitpunkt der Bescheiderteilung dahingehend zu verstehen, dass schwerwiegende medizinische Gründe gegen eine - rentenrechtlich relevante - Besserungsaussicht sprechen müssen, so dass ein Dauerzustand vorliegt. Von solchen Gründen kann erst dann ausgegangen werden, wenn alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und auch hiernach ein aufgehobenes Leistungsvermögen besteht. Unwahrscheinlichkeit im Sinne des § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI liegt daher dann vor, wenn aus ärztlicher Sicht bei Betrachtung des bisherigen Verlaufs nach medizinischen Erkenntnissen - auch unter Berücksichtigung noch vorhandener therapeutischer Möglichkeiten - eine Besserung nicht anzunehmen ist, durch welche sich eine rentenrechtlich relevante Steigerung der Leistungsfähigkeit des Versicherten ergeben würde. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Besserung "auszuschließen" ist. Vielmehr ist allein erheblich, dass alle therapeutischen Möglichkeiten in Betracht gezogen werden müssen, um ein qualitatives oder quantitatives Leistungshindernis zu beheben. Da die genannte Regelung ausdrücklich darauf abstellt, ob unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung behoben "werden kann", ist auch nicht maßgeblich, ob sie behoben "werden wird". Solange die Möglichkeit besteht, das Leistungsvermögen eines Versicherten auf der Grundlage anerkannter Behandlungsmethoden wiederherzustellen, und solange - im Einzelfall - keine gesundheitsspezifischen Kontraindikationen entgegenstehen, ist von der Unwahrscheinlichkeit der Behebung der Leistungsminderung daher nicht auszugehen. Die Frage, inwieweit die Therapiemaßnahmen vom Versicherten zu dulden, also durchzuführen sind, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung (vgl. zu Vorstehendem BSG, Urteil vom 29.03.2006, B 13 RJ 31/05 R in SozR 4-2600 § 102 Nr. 2).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist nicht unwahrscheinlich, dass die volle Erwerbsminderung des Klägers behoben werden kann, mithin beim Kläger zumindest eine Leistungsfähigkeit von mindestens drei Stunden täglich zu erreichen ist.
Der Senat verkennt nicht, dass mit der diagnostizierten schizoaffektiven Störung beim Kläger ein Krankheitsbild vorliegt, das trotz sechsmaliger stationärer Aufenthalte im ZfP C. und zweijähriger Förderung im Berufsbildungsbereich der GWW keine so nachhaltige Besserung erfahren hat, dass der Kläger nach Abschluss der Maßnahme im Juni 2016 auf den allgemeinen Arbeitsmarkt hat ausgegliedert werden können. Auch erscheint es angesichts dessen nachvollziehbar, wenn Dr. W. auf Grund des bisherigen Behandlungsverlaufs, in dem zu keiner Zeit eine ausreichende Stabilisierung erreicht werden konnte, die eine Berufstätigkeit wieder möglich gemacht hätte, nicht davon ausgeht, dass es wieder gelingen wird, die Erwerbsfähigkeit des Klägers in absehbarer Zeit herzustellen. Hingegen begründet all dies nicht die Annahme, dass die Behebung der vollen Erwerbsminderung beim Kläger unwahrscheinlich ist. Insoweit ist weder von Bedeutung, ob es überwiegend wahrscheinlich ist, dass die (volle) Erwerbsfähigkeit beim Kläger wieder hergestellt werden kann, noch ob dies in absehbarer Zeit zu erwarten ist.
Maßgeblich ist vielmehr, ob die objektive Möglichkeit besteht, das Leistungsvermögen des Klägers mit anerkannten Behandlungsmethoden so zu bessern, dass der Kläger wieder in der Lage ist, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens drei Stunden täglich zu verrichten. Soweit die Beklagte eine solche Möglichkeit im Rahmen der von ihr zu treffenden Prognoseentscheidung bejahte, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. So stehen nach den Ausführungen der Psychiaterin B.-S. in ihrer dem SG erteilten Auskunft als sachverständige Zeugin für die beim Kläger diagnostizierte schizoaffektive Störung an Behandlungsmöglichkeiten die stationäre Behandlung mit medikamentöser antipsychotischer und stimmungsstabilisierender Medikation - im Falle des Klägers als Antidepressivabehandlung - und bei Therapie-non-response als letzte Option eine EKT zur Verfügung, des Weiteren Psychoedukation, verhaltenstherapeutisch orientierte Einzel- und Familiengespräche sowie aktivierende und ressourcenfördernde Zusatztherapien, wie Ergo-, Sport-, Kunst-, und Musiktherapie. Im ambulanten Rahmen sind die Möglichkeiten der Weiterbehandlung - so die Psychiaterin B.-S. weiter - beschränkt auf die Überwachung und Anpassung der verordneten antipsychotischen stimmungsstabilisierenden Medikation und Einzelgespräche. Darüber hinaus hat die Psychiaterin B.-S. als theoretische Möglichkeit eine psychiatrische stationäre Rehabilitation im Sinne einer medizinischen Belastungserprobung und ggf. einer Arbeitstrainingsmaßnahme angeführt.
Bis zum Erlass der im Streit stehenden Rentenbewilligung mit Bescheid vom 16.03.2015 wurde der Kläger seit Auftreten seiner psychischen Erkrankung im Sommer 2011 insgesamt sechsmal stationär im ZfP C. behandelt, zuletzt vom 14.01. bis 17.02.2015. Im Übrigen stand er in ambulanter Behandlung des Dr. W ...
Das Vorliegen eines Dauerzustandes, der einer positiven Beeinflussung nicht mehr zugänglich ist, lässt sich hieraus nicht ableiten. Zu Recht hat die Beklagte im Berufungsverfahren darauf hingewiesen, dass der Kläger trotz Inanspruchnahme dieser ambulanten und stationären Behandlungen die vorhandenen Therapieoptionen nicht ausschöpfte. Denn den medizinischen Unterlagen ist zu entnehmen, dass der Kläger im Laufe der Behandlung erforderliche Medikamente nicht regelmäßig einnahm und auch stationäre Behandlungen vorzeitig abbrach. So gab die Ehefrau des Klägers anlässlich der stationären Aufnahme des Klägers im September 2012 an, dass der Kläger seine Medikamente nur unregelmäßig eingenommen habe (vgl. Bl. 311 VerwA) und für die nachfolgende Zeit dokumentierte Dr. W. Entsprechendes. So führte er auf Grund der Angaben der Ehefrau in seinem Arztbrief vom 30.01.2013 (vgl. Bl. 433 VerwA) aus, dass der Kläger die Medikamente nicht regelmäßig eingenommen habe, und in seinem weiteren Arztbrief vom 25.04.2013 (vgl. 429 VerwA), dass er "in den letzten Wochen wieder keine Medikamente" eingenommen habe. Der vorläufige Entlassungsbericht vom 29.12.2014 über die Behandlung seit 28.11.2014 (vgl. Bl. 469 VerwA) weist im Übrigen aus, dass die stationäre Behandlung auf den Wunsch der Ehefrau des Klägers vorzeitig beendet wurde, was aus Sicht der den Kläger dort behandelnden Ärzte - so die Psychiaterin B.-S. in ihrer dem SG erteilten Auskunft als sachverständige Zeugin - verfrüht war. Nach den fremdanamnestischen Angaben seiner Ehefrau sei der Kläger am Entlassungstag zwar aktiv gewesen, habe sich gefreut und habe sich am selben Tag einen Audi A6 gekauft und sei mit diesem dann von B. nach Hause gefahren. Nachdem am Folgetag jedoch der Thermostat an dem neu erworbenen Fahrzeug defekt gewesen sei, habe der Kläger nichts mehr geredet, kaum noch reagiert und habe in der Nacht Selbstgespräche geführt. Der dann in Anspruch genommene Hausarzt habe dann das bei der vorherigen Entlassung noch verordnete Haloperidol abgesetzt und das Antidepressivum Mirtazapin verordnet habe, wobei es in der Folge dann zu einem kataton-stuporösen Zustandsbild gekommen sei, weshalb am 14.01.2015 eine Wiedereinweisung ins ZfP C. erfolgte. Auch die nun begonnene stationäre Behandlung wurde - nunmehr auf den Wunsch des Klägers - wiederum verfrüht beendet. Dabei wurde bei nur geringer Besserung des Zustandsbildes durch die eingeleitete Medikation vom 30.01.2015 bis zum Entlassungsdatum am 17.02.2015 wöchentlich zweimal eine EKT durchgeführt, worauf eine Besserung eintrat. Der Kläger zeigte sich aufgelockerter im Kontakt, schwingungsfähiger und mit verbesserter verbaler Kommunikation. Die geplanten weiteren EKT-Sitzungen wurden dann im Rahmen kurzer stationärer Aufenthalte durchgeführt, letztmals am 30.03.2015. Obwohl der Kläger hiervon gut profitierte und auch die Angehörigen eine Besserung der Stimmung und des Antriebs bei nachlassender psychotischer Symptomatik angaben, lehnte der Kläger die Fortführung der entsprechenden EKT-Behandlungen ab (vgl. Bericht des ZfP C. vom 24.04.2017, Bl. 24/26 Senatsakte).
All dies macht deutlich, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung kein der Behandlung nicht mehr zugänglicher Dauerzustand im Sinne der obigen Darlegungen vorlag, für die Behandlung der schizoaffektiven Störung vielmehr Behandlungsoptionen bestanden, mit denen gerade durch deren konsequente Nutzung eine Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers möglich wäre. Schließlich konnte bei kontrollierter stationärer Medikamenteneinnahme jeweils eine Rückbildung der Symptomatik erreicht werden und gerade auch von der anlässlich der stationären Behandlung im Januar/Februar 2015 begonnenen EKT hat der Kläger gut profitiert, wie dem Entlassungsbericht des ZfP C. vom 24.04.2014 (vgl. Bl. 24/26 Senatsakte) zu entnehmen ist. Die Möglichkeit einer weiteren Verbesserung ließ der Kläger ungenutzt, weil er sich auf die von der Klinik empfohlenen weiteren Behandlungen nicht mehr einlassen wollte (vgl. Bl. 26/27 SG-Akte). Dass der Einsatz der EKT erfolgreich war, ist schließlich auch dem Abschlussbericht der GWW über die vom Kläger am 09.06.2016 beendete Berufsbildungsmaßnahme (Bl. 42/45 SG-Akte) zu entnehmen. Darin ist ausgeführt, dass diese Behandlung nach kurzer Zeit zu einer erheblichen Verbesserung der Verfassung des Klägers geführt habe, so dass er wieder in der Lage gewesen sei, zuverlässig zu arbeiten. Dabei wird das Durchhaltevermögen des Klägers über den Tag bei einfachen Tätigkeiten als relativ konstant und zuverlässig beschrieben. Der Kläger habe zusätzliche Pausen benötigt und seine Konzentrationsfähigkeit habe nur für fünf Stunden gereicht, weshalb seine Arbeitszeit um 14.00 Uhr geendet habe. Zu den methodischen Kompetenzen des Klägers ist im Übrigen ausgeführt, dass er über handwerklich-technische Fähigkeiten verfügt und beim Bearbeiten von Materialien Geschick und Umsetzungsfähigkeit zeige. Der Kläger arbeite dabei sorgfältig und genau, führe die Tätigkeiten in angemessenem Arbeitstempo durch und benötige dabei wenig zusätzliche Pausen. Wenn ausgehend hiervon von fachlicher Seite die Übernahme in den Arbeitsbereich empfohlen und nach den weiteren Ausführungen eine Ausgliederung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt "momentan" nicht für möglich erachtet wurde, weist auch dies nicht darauf hin, dass sich eine Behebung der Leistungsminderung des Klägers als unwahrscheinlich erweist. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass die Verfassung des Klägers gerade auch von der regelmäßigen Medikamenteneinnahme abhängig ist.
Nach alledem ist nicht festzustellen, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente ein nicht mehr positiv zu beeinflussender Gesundheitszustand vorlag und es daher unwahrscheinlich war, dass die Erwerbsminderung behoben werden konnte. Die Beklagte bewilligte die Rente wegen voller Erwerbsminderung daher zu Recht lediglich befristet für weitere drei Jahre. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung lediglich befristet oder auf Dauer zusteht.
Der am 1974 geborene, aus der T. stammende Kläger erlernte in seinem Heimatland den Beruf des Autoelektrikers und siedelte im August 1994 in die Bundesrepublik Deutschland über. Seinen Angaben zufolge war er im Inland ab Juni 1999 versicherungspflichtig beschäftigt, zunächst in einer Putzkolonne und ab Juli 2000 als Montage- und Lagerarbeiter. Im August 2011 trat beim Kläger Arbeitsunfähigkeit ein.
Im Sommer 2011 entwickelten sich beim Kläger akute psychotische Symptome mit Halluzinationen und Wahnwahrnehmungen, weshalb der Kläger vom 04. bis 22.09.2011 erstmals im Zentrum für Psychiatrie (ZfP) C. stationär behandelt wurde (Bl. 269/273 VerwA). Nach ambulanten Behandlungen in der Institutsambulanz des ZfP in N. und einem gescheiterten Arbeitsversuch erfolgte eine erneute Einweisung in das ZfP C. , wo der Kläger vom 23.03. bis 20.04.2012 unter der Diagnose schizoaffektive Störung, gegenwärtig depressiv, stationär behandelt wurde (vgl. Bl. 283/293 VerwA). Nach erneuter Dekompensation erfolgte eine weitere stationäre Behandlung vom 11.09. bis 09.10.2012. Ausweislich des Entlassungsberichts hatte der Kläger die erforderlichen Medikamente nur unregelmäßig eingenommen. Nach Aufdosierung von Seroquel prolong und Umstellung auf Dipiperon kam es zu einer Rückbildung der depressiven und stuporösen Symptomatik (vgl. Bl. 311 VerwA). Die anschließende ambulante Behandlung erfolgte durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. , wobei sich die Medikamentenanpassung schwierig gestaltete, da der Kläger die Medikamente nicht regelmäßig einnahm (vgl. 427/435 VerwA). Vom 03. bis 31.07.2013 wurde der Kläger dann erneut stationär im ZfP C. behandelt (Bl. 481 VerwA). Im weiteren Verlauf wurde der Kläger dann am 10.03.2014 in das Eingangsverfahren der Werkstätte für behinderte Menschen der Gemeinnützigen Werkstätten und Wohnstätten GmbH (GWW) in N. aufgenommen und am 10.06.2014 in das erste Berufsbildungsjahr übernommen, wobei vom 28.11. bis 29.12.2014 eine erneute stationäre Behandlung erforderlich war (Bl. 469/473 VerwA). Nachdem sich der Kläger in der Maßnahme nachfolgend wieder stabilisierte, war beabsichtigt, den Kläger im zweiten Berufsbildungsjahr auf einen geeigneten Arbeitsplatz im beschützten Rahmen vorzubereiten (vgl. Schreiben der GWW vom 19.05.2015, Reha-Akte, unblattiert).
Auf seinen Antrag gewährte die Beklagten dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.03.2012 bis 31.08.2013. Diese Rente gewährte die Beklagte nachfolgend weiter bis zum 30.06.2015.
Ausgangspunkt des vorliegenden Verfahrens ist der Weiterzahlungsantrag des Klägers vom 29.01.2015. Diesem waren u.a. Arztberichte des Dr. W. , das Gutachten der Pflegefachkraft R. zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI vom 14.11.2014 (empfohlen: Pflegestufe II) und der vorläufige Entlassungsbericht über die stationäre Behandlung vom 28.11. bis 29.12.2014 beigefügt. Nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dipl.-Med. G. bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 16.03.2015 Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterhin auf Zeit bis 30.06.2018. Zur Begründung führte sie aus, der Rentenanspruch sei zeitlich begrenzt, weil es nach den medizinischen Untersuchungsbefunden nicht unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, die bewilligte Rente sei ohne zeitliche Beschränkung zu gewähren. Eine Besserung sei nicht möglich, die Schizophrenie habe sich vielmehr verstärkt. Er legte das Attest des Dr. W. vom 10.04.2015 vor, der eine Berentung auf Dauer vorschlug, da angesichts des Krankheitsverlaufs der letzten Jahre nicht anzunehmen sei, dass sich an dem aktuellen Zustand etwas Wesentliches ändern werde. Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Dipl.-Med. G. ein, der ausführte, dass es bei schizophrenen Erkrankungen im Verlauf immer wieder zu Besserungen komme, so dass die Auffassung des Dr. W. wissenschaftlich nicht begründet sei. Den vorliegenden Berichten über die stationären Behandlungen sei zu entnehmen, dass keine Chronifizierung eingetreten sei. Das von Dr. W. beschriebene Zustandsbild (mutistisch, völlig antriebslos, nicht belastbar) entspreche den bekannten depressiven Auslenkungen im Rahmen der schizoaffektiven Störung und sei behandelbar. Zu dieser Störung gehöre, dass nach entsprechender Behandlung einer Episode in der Regel immer wieder eine vollständige Remission eintrete. Die in dem vorgelegten Pflegegutachten empfohlene Pflegestufe II sei nicht nachvollziehbar, auch spreche der Umstand, dass der Kläger täglich die Werkstätte für behinderte Menschen besuche, gegen einen relevanten Pflegebedarf. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 04.11.2015 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und sein Begehren, gestützt auf das Attest des Dr. W. vom 10.04.2015, weiterverfolgt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin S. hat über Arbeitsunfähigkeitszeiten (fünf Tage im Juli 2015 wegen Schmerzen im ISG-Bereich und Wadenkrämpfe, elf Tage im August/September 2015 wegen Schmerzen im HWS-Schulter-Bereich, zehn Tage im Oktober 2015 wegen viraler Infektion, drei Tage im Januar 2016 wegen Schlafstörung) berichtet. Zu einer Äußerung bezüglich der psychiatrischen Behandlungsmöglichkeiten hat sie sich nicht in der Lage gesehen. Dr. W. hat von Vorstellungen des Klägers ca. einmal monatlich berichtet, wobei eine Anfang 2015 begonnene, im stationären und ambulanten Setting eingesetzte Elektrokrampftherapie (EKT) eine deutliche Besserung des psychopathologischen Bildes erbracht habe. Auf die seitens der Klinik empfohlenen weiteren Behandlungen habe sich der Kläger allerdings nicht mehr einlassen wollen. Auf Grund des bisherigen Behandlungsverlaufs, in dem zu keiner Zeit eine ausreichende Stabilisierung habe erreicht werden können, ging Dr. W. nicht davon aus, dass es wieder gelingen werde, in absehbarer Zeit die Erwerbsfähigkeit des Klägers herzustellen. Die Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie und Oberärztin am ZfP C. B.-S. hat im Februar 2016 über den Krankheitsverlauf nach Entlassung aus der stationären Behandlung am 29.12.2014 und dabei insbesondere über die weitere stationäre Behandlung vom 14.01. bis 17.02.2015 und die durchgeführte EKT-Behandlungen berichtet, wobei sich der Kläger nach dem 30.03.2015 nicht mehr vorgestellt habe. Sie hat angesichts des schweren und chronifizierten behandlungsresistenten Krankheitsbildes eine so deutliche Besserung des Gesundheitszustandes, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könnte, für unwahrscheinlich erachtet.
Die Beklagte hat den Abschlussbericht der GWW über die am 09.06.2016 beendete Berufsbildungsmaßnahme vorgelegt und ist gestützt auf die sozialmedizinischen Stellungnahmen der Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. D. , die darauf hingewiesen hat, dass eine Übernahme in den Arbeitsbereich empfohlen und eine Ausgliederung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt lediglich "momentan" nicht für möglich erachtet worden sei, von einer Besserungswahrscheinlichkeit ausgegangen.
Mit Urteil vom 06.07.2016 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 16.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.10.2015 verurteilt, dem Kläger unbefristete Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren. Die bewilligte Rente sei auf Dauer zu gewähren, wenn unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne. Dies sei beim Kläger der Fall, da der bisherige Krankheitsverlauf keine wesentlichen, in Bezug auf das Leistungsvermögen relevanten Anzeichen der Besserung gezeigt habe und auch keine Behandlungsmöglichkeiten mehr bestünden, die eine relevante Verbesserung versprächen.
Gegen das ihr am 28.07.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.08.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass beim Kläger nicht von einem Dauerzustand ausgegangen werden könne, da durchaus Behandlungsmöglichkeiten bestünden. So zeige die letzte stationäre Behandlung im ZfP C. , dass es bei kontrollierter Medikamenteneinnahme und Therapie schnell zu einer Besserung des Gesundheitszustandes gekommen sei. Von Bedeutung sei, dass der Kläger Behandlungsoptionen tatsächlich nicht völlig ausschöpfe, indem er Therapien vorzeitig beende oder Medikamente nicht regelmäßig oder gar nicht einnehme. Angesichts dessen könne nicht von einem nicht behandelbaren bzw. unbeeinflussbaren Gesundheitszustand ausgegangen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 06.07.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Das SG sei zu Recht davon ausgegangen, dass aufgrund des Krankheitsverlaufs nicht mit einer Besserung seines Krankheitszustandes zu rechnen sei.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Beklagten ist auch begründet.
Das SG hätte die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide nicht verurteilen dürfen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ohne zeitliche Befristung zu gewähren. Denn der Bescheid der Beklagten vom 16.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.10.2015 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht auf unbestimmte Dauer weiterbewilligte, sondern lediglich auf Zeit.
Rechtsgrundlage für die erfolgte Befristung der über den 30.06.2015 hinaus bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung ist § 102 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI). Danach werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn bzw. - bei Verlängerung - nach Ablauf der vorherigen Frist (Satz 2 bis 4). Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden nach Satz 5 der Regelung unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann; hiervon ist nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen.
Zugunsten des Klägers geht der Senat in Übereinstimmung mit der Beklagten davon aus, dass bei ihm ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden vorliegt und sein Rentenanspruch daher - anders als bei einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden (vgl. Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) - nicht wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, was eine ausnahmslose Befristung zur Folge hätte, sondern unabhängig von der Arbeitsmarktlage.
Ausgehend hiervon hat die Beklagte die dem Kläger bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung zu Recht auf Zeit geleistet. § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bestimmt dies als Regelfall. Eine zeitliche Befristung ist ausnahmsweise nur dann nicht vorzunehmen, wenn der Rentenanspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht und unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann. Dies ist nicht der Fall.
Der Begriff der Unwahrscheinlichkeit ist bei prognostischer Beurteilung im Zeitpunkt der Bescheiderteilung dahingehend zu verstehen, dass schwerwiegende medizinische Gründe gegen eine - rentenrechtlich relevante - Besserungsaussicht sprechen müssen, so dass ein Dauerzustand vorliegt. Von solchen Gründen kann erst dann ausgegangen werden, wenn alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und auch hiernach ein aufgehobenes Leistungsvermögen besteht. Unwahrscheinlichkeit im Sinne des § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI liegt daher dann vor, wenn aus ärztlicher Sicht bei Betrachtung des bisherigen Verlaufs nach medizinischen Erkenntnissen - auch unter Berücksichtigung noch vorhandener therapeutischer Möglichkeiten - eine Besserung nicht anzunehmen ist, durch welche sich eine rentenrechtlich relevante Steigerung der Leistungsfähigkeit des Versicherten ergeben würde. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Besserung "auszuschließen" ist. Vielmehr ist allein erheblich, dass alle therapeutischen Möglichkeiten in Betracht gezogen werden müssen, um ein qualitatives oder quantitatives Leistungshindernis zu beheben. Da die genannte Regelung ausdrücklich darauf abstellt, ob unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung behoben "werden kann", ist auch nicht maßgeblich, ob sie behoben "werden wird". Solange die Möglichkeit besteht, das Leistungsvermögen eines Versicherten auf der Grundlage anerkannter Behandlungsmethoden wiederherzustellen, und solange - im Einzelfall - keine gesundheitsspezifischen Kontraindikationen entgegenstehen, ist von der Unwahrscheinlichkeit der Behebung der Leistungsminderung daher nicht auszugehen. Die Frage, inwieweit die Therapiemaßnahmen vom Versicherten zu dulden, also durchzuführen sind, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung (vgl. zu Vorstehendem BSG, Urteil vom 29.03.2006, B 13 RJ 31/05 R in SozR 4-2600 § 102 Nr. 2).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist nicht unwahrscheinlich, dass die volle Erwerbsminderung des Klägers behoben werden kann, mithin beim Kläger zumindest eine Leistungsfähigkeit von mindestens drei Stunden täglich zu erreichen ist.
Der Senat verkennt nicht, dass mit der diagnostizierten schizoaffektiven Störung beim Kläger ein Krankheitsbild vorliegt, das trotz sechsmaliger stationärer Aufenthalte im ZfP C. und zweijähriger Förderung im Berufsbildungsbereich der GWW keine so nachhaltige Besserung erfahren hat, dass der Kläger nach Abschluss der Maßnahme im Juni 2016 auf den allgemeinen Arbeitsmarkt hat ausgegliedert werden können. Auch erscheint es angesichts dessen nachvollziehbar, wenn Dr. W. auf Grund des bisherigen Behandlungsverlaufs, in dem zu keiner Zeit eine ausreichende Stabilisierung erreicht werden konnte, die eine Berufstätigkeit wieder möglich gemacht hätte, nicht davon ausgeht, dass es wieder gelingen wird, die Erwerbsfähigkeit des Klägers in absehbarer Zeit herzustellen. Hingegen begründet all dies nicht die Annahme, dass die Behebung der vollen Erwerbsminderung beim Kläger unwahrscheinlich ist. Insoweit ist weder von Bedeutung, ob es überwiegend wahrscheinlich ist, dass die (volle) Erwerbsfähigkeit beim Kläger wieder hergestellt werden kann, noch ob dies in absehbarer Zeit zu erwarten ist.
Maßgeblich ist vielmehr, ob die objektive Möglichkeit besteht, das Leistungsvermögen des Klägers mit anerkannten Behandlungsmethoden so zu bessern, dass der Kläger wieder in der Lage ist, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens drei Stunden täglich zu verrichten. Soweit die Beklagte eine solche Möglichkeit im Rahmen der von ihr zu treffenden Prognoseentscheidung bejahte, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. So stehen nach den Ausführungen der Psychiaterin B.-S. in ihrer dem SG erteilten Auskunft als sachverständige Zeugin für die beim Kläger diagnostizierte schizoaffektive Störung an Behandlungsmöglichkeiten die stationäre Behandlung mit medikamentöser antipsychotischer und stimmungsstabilisierender Medikation - im Falle des Klägers als Antidepressivabehandlung - und bei Therapie-non-response als letzte Option eine EKT zur Verfügung, des Weiteren Psychoedukation, verhaltenstherapeutisch orientierte Einzel- und Familiengespräche sowie aktivierende und ressourcenfördernde Zusatztherapien, wie Ergo-, Sport-, Kunst-, und Musiktherapie. Im ambulanten Rahmen sind die Möglichkeiten der Weiterbehandlung - so die Psychiaterin B.-S. weiter - beschränkt auf die Überwachung und Anpassung der verordneten antipsychotischen stimmungsstabilisierenden Medikation und Einzelgespräche. Darüber hinaus hat die Psychiaterin B.-S. als theoretische Möglichkeit eine psychiatrische stationäre Rehabilitation im Sinne einer medizinischen Belastungserprobung und ggf. einer Arbeitstrainingsmaßnahme angeführt.
Bis zum Erlass der im Streit stehenden Rentenbewilligung mit Bescheid vom 16.03.2015 wurde der Kläger seit Auftreten seiner psychischen Erkrankung im Sommer 2011 insgesamt sechsmal stationär im ZfP C. behandelt, zuletzt vom 14.01. bis 17.02.2015. Im Übrigen stand er in ambulanter Behandlung des Dr. W ...
Das Vorliegen eines Dauerzustandes, der einer positiven Beeinflussung nicht mehr zugänglich ist, lässt sich hieraus nicht ableiten. Zu Recht hat die Beklagte im Berufungsverfahren darauf hingewiesen, dass der Kläger trotz Inanspruchnahme dieser ambulanten und stationären Behandlungen die vorhandenen Therapieoptionen nicht ausschöpfte. Denn den medizinischen Unterlagen ist zu entnehmen, dass der Kläger im Laufe der Behandlung erforderliche Medikamente nicht regelmäßig einnahm und auch stationäre Behandlungen vorzeitig abbrach. So gab die Ehefrau des Klägers anlässlich der stationären Aufnahme des Klägers im September 2012 an, dass der Kläger seine Medikamente nur unregelmäßig eingenommen habe (vgl. Bl. 311 VerwA) und für die nachfolgende Zeit dokumentierte Dr. W. Entsprechendes. So führte er auf Grund der Angaben der Ehefrau in seinem Arztbrief vom 30.01.2013 (vgl. Bl. 433 VerwA) aus, dass der Kläger die Medikamente nicht regelmäßig eingenommen habe, und in seinem weiteren Arztbrief vom 25.04.2013 (vgl. 429 VerwA), dass er "in den letzten Wochen wieder keine Medikamente" eingenommen habe. Der vorläufige Entlassungsbericht vom 29.12.2014 über die Behandlung seit 28.11.2014 (vgl. Bl. 469 VerwA) weist im Übrigen aus, dass die stationäre Behandlung auf den Wunsch der Ehefrau des Klägers vorzeitig beendet wurde, was aus Sicht der den Kläger dort behandelnden Ärzte - so die Psychiaterin B.-S. in ihrer dem SG erteilten Auskunft als sachverständige Zeugin - verfrüht war. Nach den fremdanamnestischen Angaben seiner Ehefrau sei der Kläger am Entlassungstag zwar aktiv gewesen, habe sich gefreut und habe sich am selben Tag einen Audi A6 gekauft und sei mit diesem dann von B. nach Hause gefahren. Nachdem am Folgetag jedoch der Thermostat an dem neu erworbenen Fahrzeug defekt gewesen sei, habe der Kläger nichts mehr geredet, kaum noch reagiert und habe in der Nacht Selbstgespräche geführt. Der dann in Anspruch genommene Hausarzt habe dann das bei der vorherigen Entlassung noch verordnete Haloperidol abgesetzt und das Antidepressivum Mirtazapin verordnet habe, wobei es in der Folge dann zu einem kataton-stuporösen Zustandsbild gekommen sei, weshalb am 14.01.2015 eine Wiedereinweisung ins ZfP C. erfolgte. Auch die nun begonnene stationäre Behandlung wurde - nunmehr auf den Wunsch des Klägers - wiederum verfrüht beendet. Dabei wurde bei nur geringer Besserung des Zustandsbildes durch die eingeleitete Medikation vom 30.01.2015 bis zum Entlassungsdatum am 17.02.2015 wöchentlich zweimal eine EKT durchgeführt, worauf eine Besserung eintrat. Der Kläger zeigte sich aufgelockerter im Kontakt, schwingungsfähiger und mit verbesserter verbaler Kommunikation. Die geplanten weiteren EKT-Sitzungen wurden dann im Rahmen kurzer stationärer Aufenthalte durchgeführt, letztmals am 30.03.2015. Obwohl der Kläger hiervon gut profitierte und auch die Angehörigen eine Besserung der Stimmung und des Antriebs bei nachlassender psychotischer Symptomatik angaben, lehnte der Kläger die Fortführung der entsprechenden EKT-Behandlungen ab (vgl. Bericht des ZfP C. vom 24.04.2017, Bl. 24/26 Senatsakte).
All dies macht deutlich, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung kein der Behandlung nicht mehr zugänglicher Dauerzustand im Sinne der obigen Darlegungen vorlag, für die Behandlung der schizoaffektiven Störung vielmehr Behandlungsoptionen bestanden, mit denen gerade durch deren konsequente Nutzung eine Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers möglich wäre. Schließlich konnte bei kontrollierter stationärer Medikamenteneinnahme jeweils eine Rückbildung der Symptomatik erreicht werden und gerade auch von der anlässlich der stationären Behandlung im Januar/Februar 2015 begonnenen EKT hat der Kläger gut profitiert, wie dem Entlassungsbericht des ZfP C. vom 24.04.2014 (vgl. Bl. 24/26 Senatsakte) zu entnehmen ist. Die Möglichkeit einer weiteren Verbesserung ließ der Kläger ungenutzt, weil er sich auf die von der Klinik empfohlenen weiteren Behandlungen nicht mehr einlassen wollte (vgl. Bl. 26/27 SG-Akte). Dass der Einsatz der EKT erfolgreich war, ist schließlich auch dem Abschlussbericht der GWW über die vom Kläger am 09.06.2016 beendete Berufsbildungsmaßnahme (Bl. 42/45 SG-Akte) zu entnehmen. Darin ist ausgeführt, dass diese Behandlung nach kurzer Zeit zu einer erheblichen Verbesserung der Verfassung des Klägers geführt habe, so dass er wieder in der Lage gewesen sei, zuverlässig zu arbeiten. Dabei wird das Durchhaltevermögen des Klägers über den Tag bei einfachen Tätigkeiten als relativ konstant und zuverlässig beschrieben. Der Kläger habe zusätzliche Pausen benötigt und seine Konzentrationsfähigkeit habe nur für fünf Stunden gereicht, weshalb seine Arbeitszeit um 14.00 Uhr geendet habe. Zu den methodischen Kompetenzen des Klägers ist im Übrigen ausgeführt, dass er über handwerklich-technische Fähigkeiten verfügt und beim Bearbeiten von Materialien Geschick und Umsetzungsfähigkeit zeige. Der Kläger arbeite dabei sorgfältig und genau, führe die Tätigkeiten in angemessenem Arbeitstempo durch und benötige dabei wenig zusätzliche Pausen. Wenn ausgehend hiervon von fachlicher Seite die Übernahme in den Arbeitsbereich empfohlen und nach den weiteren Ausführungen eine Ausgliederung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt "momentan" nicht für möglich erachtet wurde, weist auch dies nicht darauf hin, dass sich eine Behebung der Leistungsminderung des Klägers als unwahrscheinlich erweist. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass die Verfassung des Klägers gerade auch von der regelmäßigen Medikamenteneinnahme abhängig ist.
Nach alledem ist nicht festzustellen, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente ein nicht mehr positiv zu beeinflussender Gesundheitszustand vorlag und es daher unwahrscheinlich war, dass die Erwerbsminderung behoben werden konnte. Die Beklagte bewilligte die Rente wegen voller Erwerbsminderung daher zu Recht lediglich befristet für weitere drei Jahre. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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