Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 RA 15/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RA 203/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 26/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15. September 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten sind die Höherbewertung rumänischer Beitragszeiten nach Anlage 13 zum Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI) und die Gewährung höherer Rentenleistungen.
Die 1939 geborene Klägerin hat von 1953 bis 1956 in Rumänien im Abendunterricht an der Mittelschule in H. das Reifezeugnis erlangt. Vom 20.11.1956 bis 20.06.1957 absolvierte sie einen Lehrgang für technische Zeichner beim Wissenschaftlichen Verband der Ingenieure und Techniker und legte die Abschlussprüfung erfolgreich ab. Danach arbeitete sie zunächst bis 11.06.1960 als Maschinenarbeiterin in einer Strumpffabrik. Ab 14.06.1960 war sie dann als technische Zeichnerin im Elektrizitätswerk H. bis 25.01.1990 beschäftigt, ab 01.06.1986 als leitende technische Zeichnerin.
Nach der Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im März 1990 war sie vom 05.06.1990 bis 30.09.1993 als technische Zeichnerin in verschiedenen Ingenieur- und Architekturbüros und vom 01.10.1993 bis zur Gewährung des Altersruhegeldes für Frauen mit Bescheid vom 19.02.1999 beim Staatlichen Hochbauamt W. tätig, zuletzt vergütet in VII 1 BAT.
Mit Rentenauskunft (Bescheid vom 18.09.1997) anerkannte die Beklagte die rumänischen Beitragszeiten vom 25.04.1957 bis 25.01. 1990 durchgehend in Qualifikationsgruppe 5 verschiedener Tätigkeitsbereiche nach Anlagen 13 und 14 zum SGB VI.
Den Widerspruch, mit dem die Klägerin die Zuerkennung der Qualifikationsgruppe 4 nach zehnjähriger Berufserfahrung als technische Zeichnerin begehrte, wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.1997 zurück. Die Klägerin habe weder ein Facharbeiterzeugnis als technische Zeichnerin besessen noch sei ihr aufgrund langjähriger Tätigkeit in diesem Beruf die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden. Der siebenmonatige Lehrgang für technische Zeichner stehe einer Fachausbildung nicht gleich. Sie habe offenbar Tätigkeiten verrichtet, die von angelernten technischen Zeichnern verrichtet werden konnten.
Mit der Klage wiederholte die Klägerin, dass ihr aufgrund zehnjähriger Berufserfahrung nach der Prüfung bereits ab 01.06.1970 die Qualifikationsgruppe 4 zustehe, zumal sie zuletzt als leitende technische Zeichnerin beschäftigt gewesen sei. Auch verwies sie auf die vorgelegte Gleichstellungsbescheinigung der Industrie- und Handelskammer (IHK) W. vom 02.08.1990, mit der ihr eine Befähigung im Ausbildungsberuf als Bauzeichnerin im Hochbau zuerkannt worden sei.
Während des Klageverfahrens gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 19.02.1999 Altersrente für Frauen unter Zugrundelegung der von ihr im Bescheid vom 18.09.1997 vorgesehenen Bewertung der rumänischen Beitragszeiten.
Das Sozialgericht erholte eine Arbeitgeberauskunft vom Staatlichen Hochbauamt W. und vertagte die mündliche Verhandlung vom 22.06.1999, da die Klägerin angegeben hatte, im Jahre 1986 eine Prüfung abgelegt zu haben, bei der sie ihre Fähigkeit als technische Zeichnerin unter Beweis gestellt habe. Aus dem dann vorgelegten Dokument geht hervor, dass sich die Klägerin im Mai 1986 um die Arbeitsstelle als "Haupt-Technischer Zeichner" beworben, die Prüfung der beruflichen Fachkenntnisse und praktischen Arbeit bestanden hatte und sie ab 01.06.1986 zur Haupt- Technischen Zeichnerin befördert worden war.
Mit Urteil vom 15.09.1999 wies das Sozialgericht die gegen den Bescheid vom 18.09.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.1997 und gegen den Bescheid vom 19.02.1999 gerichetete Klage ab.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Anliegen mit gleichbleibender Begründung weiter. Schon der Umstand, dass ihr 1986 die Tätigkeit einer leitenden technischen Zeichnerin übertragen worden sei, belege, dass vorher auf jeden Fall eine entsprechende Qualifikation aufgrund von Berufserfahrung erworben worden sei. Im Übrigen sei zur Glaubhaftmachung der seit Juni 1960 ausgeübten Tätigkeit auf Facharbeiterniveau die Akte der IHK W. anlässlich der Gleichstellungsbescheinigung beizuziehen sowie ein berufskundliches Sachverständigengutachten einzuholen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.09.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.09.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.12.1997 sowie des Rentenbescheides vom 19.02.1999 zu verpflichten, die Beitragszeiten ab 01.06.1970 in die Qualifikationsgruppe 4 einzustufen und höhere Leistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Rentenakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird wegen der Einzelheiten hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet. Zu Recht haben die Beklagte und das Sozialgericht dem Anliegen der Klägerin nicht entsprochen.
Die Berücksichtigung ausländischer Versicherungszeiten ist bei der als Aussiedlerin anerkannten Klägerin im Fremdrentengesetz (FRG) geregelt. Seit In-Kraft-Treten des SGB VI am 01.01.1992 werden jedoch Entgeltpunkte für glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach dem 31.12.1949 gemäß § 256 b Abs.1 Satz 1 SGB VI nach Durchschnittsverdiensten ermittelt, die sich nach Einstufung der Beschäftigung in eine der in Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen und nach Zuordnung der Beschäftigung zu einem der in Anlage 14 genannten Bereiche ergeben (vgl. § 22 FRG in der ab 01.01.1992 gültigen Fassung durch das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) vom 25.07.1991 - BGBl.I S.1606 und das Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz vom 24.06.1993 - BGBl.I S.1038 -). Mit dem Einigungsvertrag konnten sozialversicherungsrechtliche Sachverhalte der DDR nicht im Fremdrentengesetz verbleiben, dessen Tabellenwerk sich zudem an der Einkommensstruktur der alten Bundesländer orientierte, sondern musste in das gerade konzipierte Rentenrecht des SGB VI eingearbeitet werden. Um der Einkommensstruktur der DDR gerecht zu werden, gliederte der Gesetzgeber entsprechend den dortigen Statistiken das neue Tabellenwerk nach Wirtschaftsbereichen und übernahm die Ausbildungs- und Fortbildungsstrukturen in Qualifikationsgruppen. Aus Gründen der Gleichbehandlung hielt es der Gesetzgeber für geboten, die FRG-Zeiten ebenfalls nach dem neuen Tabellenwerk zu behandeln (vgl. Gesetzesbegründung zum RÜG - BR-Drs. 197/91 S.114/ 115). Die Gleichbehandlung rechtfertigt sich zudem aus der Überlegung, dass die Systeme der Berufsbildung in der DDR und in den FRG-Herkunftsländern vergleichbare Grundzüge mit wenigen Nuancen aufweisen, wie sie durch Müller in seiner Abhandlung "Die Qual mit den Qualifikationsgruppen - Bewertung fremder Zeiten mit der Anlage 13 SGB VI" (DAngVers 95, 354 ff.) schlüssig herausgearbeitet sind.
Von den fünf Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI sind neben Hochschul-, Fachschulabsolventen und Meistern lediglich die Qualifikationsgruppe 4 des Facharbeiters und die der An- und Ungelernten in Qualifikationsgruppe 5 streitentscheidend. Danach sind in die "Qualifikationsgruppe 4 Facharbeiter" Personen eingeordnet, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist. Hierzu zählen nicht Personen, die im Rahmen der Berufsausbildung oder der Erwachsenenqualifizierung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes entsprechend der Systematik der Ausbildungsberufe im Beitrittsgebiet ausgebildet worden sind.
Zur "Qualifikationsgruppe 5. Angelernte und ungelernte Tätigkeiten" gehören 1. Personen, die in der Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes abgeschlossen haben und im Besitz eines entsprechenden Zeugnisses sind, 2. Personen, die in einer produktionstechnischen oder anderen speziellen Schulung für eine bestimmte Tätigkeit angelernt worden sind. 3. Personen ohne Ausbildung oder spezielle Schulung für ausgeübte Tätigkeit.
Wie die Legaldefinitionen dieser Qualifikationsgruppen ausweisen, ist die Zuordnung an eine erworbene Qualifikation geknüpft bzw. der Erwerb der Qualifikation zuerkannt. Dies wird in der Regel durch den schulischen oder betrieblichen Abschluss dokumentiert. Durch das Außer-Kraft-Setzen der gestuften Leistungsgruppen nach dem FRG alten Rechts und die Hinwendung des Gesetzgebers zu Qualifikationsgruppen wurde die Möglichkeit der Höherstufung durch Berufserfahrung abgeschafft. Durch das einzig bestimmende Merkmal der Qualifikation, gleich wann und wie sie erworben wurde, entstehen gleichzeitig inhomogene Gruppen. Denn der gleichen Qualifikationsgruppe gehören Berufsneulinge ebenso an wie jahrzehntelange berufserfahrene Routiniers. Allerdings beugt die breite Fülle der Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten der früheren Ostblockstaaten und dabei federführend der Verhältnisse in der DDR wiederum einer Ungleichbehandlung vor. Ausgangspunkt dabei ist immer die Qualifikationsmöglichkeit in der DDR; sodann ist nach deckungs- gleichen Qualifikationsmöglichkeiten im FRG-Herkunftsland zu fragen und im Zweifelsfall sind Unterschiedlichkeiten herauszuarbeiten.
Um die Qualifikationsstufe des Facharbeiters in der DDR im Sinne der Legaldefinition zu erreichen, konnte dies gleichermaßen über die Berufsausbildung wie durch Erwachsenenqualifizierung erfolgen. Die Regelausbildung in den Berufsschulen lag bei zwei bis zweieinhalb Jahren. Die Erwachsenenausbildung erfolgte in Betriebsakademien; entscheidend für die Dauer waren Vorbildung und berufliche Erfahrung. Gleich in welcher Form die Facharbeiterausbildung durchgeführt wurde, bestätigt wurde der erfolgreiche Abschluss durch das Facharbeiterzeugnis (Facharbeiterbrief). Gleichberechtigt konnte die Facharbeiterqualifikation aufgrund langjähriger Berufserfahrungen auch gesetzlich zuerkannt werden, wenn seit mindestens zehn Jahren eine Facharbeitertätigkeit ausgeübt wurde. Für alle Facharbeiterqualifikationen war entscheidend, dass die Berufsausbildung umfassend war mit der Befähigung zu komplizierten Tätigkeiten; nicht ausreichend war eine Teilausbildung mit nur einzelnen Elementen der Berufsausbildung. Die so Qualifizierten gehören zur Qualifikationsgruppe 5 neben Angelernten und Ungelernten (vgl. im Einzelnen: Qualifikation statt Leistung - Anlage 13 SGB VI, Müller, DAngVers 95, S.309, 310 mit detaillierten Einzelnachweisen).
Im Herkunftsland Rumänien ist der "qualifizierte Arbeiter" mit der beruflichen Grundbildung dem DDR-Facharbeiter gleichzustellen. Die traditionellen Ausbildungsformen waren die Vollzeitberufsschulen und die Lehre am Arbeitsplatz mit einer regelmäßigen Ausbildung von zwei bis drei Jahren. Daneben konnte der Facharbeiterabschluss - von weiteren Spezialschulen und Lyzeen mit bis zwölfmonatigen Praktika abgesehen - seit 1968 gesetzlich geregelt durch betriebliche Qualifikationskurse in zwei Graden erworben werden mit einer jeweiligen Dauer von drei bis zwölf Monaten, wobei nur der zweite Grad zum Facharbeiterniveau führte. Zur einfachen Berufsausbildung und damit zur Qualifikationsgruppe 5 gehörten in Rumänien schulische und betriebliche Ausbildung von relativ kurzer Dauer, so in der ersten Hälfte der 50-er Jahre die sogenannten Qualifikationsschulen mit Kurzausbildung für eng begrenzte einfache Tätigkeiten mit Kursen von sechs bis zehn Monaten (vgl. im Einzelnen Müller, a.a.O., S.359, 360 mit detaillierten Einzelnachweisen).
Misst man an diesen vorgegebenen Maßstäben das Erwerbsleben der Klägerin in Rumänien, ist die durchgehende Einstufung der Klägerin in die Qualifikationsgruppe 5 bis zur Aussiedlung nicht zu beanstanden. Als einzige Qualifikation durchlief die Klägerin einen siebenmonatigen Kurs als technische Zeichnerin beim Wissenschaftlichen Verband der Ingenieure und Techniker in Hermannstadt und schloss diesen Lehrgang erfolgreich ab. Eine andere oder höhere Qualifikation hat sie nicht zuerkannt bekommen. Dabei ist die Zeit der Ausbildung mit dem Berufsbildungssystem in Rumänien zur damaligen Zeit nachvollziehbar. Danach war es im Herkunftsland Rumänien in der ersten Hälfte der 50-er Jahre üblich, entsprechend dem sowjetischen Modell des "Systems der Arbeitskraftreserven" den hohen Bedarf an Arbeitskräften kurzfristig mit einer Kurzausbildung in sechs- bis zehnmonatigen Kursen zu decken (vgl. "Anerkennung von Aussiedler-Zeugnissen/Berufliche Bildung und berufliche Qualifikation in Rumänien, Göhring/Kunzmann, 1993, S.34, 89). Der von der Klägerin durchlaufene Lehrgang entspricht diesem Ausbildungsmodell. Er entspricht jedoch nicht der Qualifikation eines Facharbeiterabschlusses im Herkunftsland, wie er bereits dargestellt ist. Dabei stand es der Klägerin frei, durch Qualifikationskurse diesen Status zu erreichen, wie sie insbesondere in Rumänien seit 1968 eingerichtet waren. Dazu hätte es der Weiterbildung durch Qualifikationskurse ersten und zweiten Grades von jeweils zwischen drei- und zwölfmonatiger Dauer bedurft, wobei nur der zweite Grad zum Facharbeiterniveau führte (Göhring/Kunzmann, a.a.O., S.52, 73, 74, 89, 214 ff.). Eine derartige Weiterbildung hat die Klägerin jedoch weder behauptet noch durch irgendwelche Zuerkennungen dokumentiert.
Erst recht entspricht das Bewerbungsverfahren im Mai 1986 nicht einer solchen Weiterbildungsqualifikation. Es handelte sich um ein Auswahlverfahren im Rahmen betrieblicher Mitkonkurrenten. Hierfür wurde die Klägerin für geeignet befunden und befördert, wie schon die neue betriebliche Stellung als "Haupt-Technische Zeichnerin" zum Ausdruck bringt. Für eine Zuerkennung der bisherigen Tätigkeit als qualifizierte Facharbeiterin besteht keinerlei Ansatz und Anhalt.
Dem Anliegen der Klägerin kann auch nicht über Satz 2 der Präambel der Anlage 13 zum SGB VI entsprochen werden. Danach sind Versicherte in diese Qualifikationsgruppe einzustufen, wenn sie aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben haben, die üblicherweise denen von Versicherten mit einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen. Diese auf den ersten Blick passende Eingruppierungshilfe, die zudem das Leistungsgruppenschema der Anlage 1 zu § 22 FRG a.F. aufzugreifen scheint, wird nur im Kontext des neuen Tabellenwerkes verständlich. Wie bereits dargestellt, hat sich der Gesetzgeber von den Eingruppierungskriterien des FRG alten Rechts vollständig gelöst und ist um einen qualifikationsgerechten Einsatz der Beschäftigten bemüht, weil die erworbene oder später durch Weiterbildung zuerkannte Qualifikation das entscheidende Kriterium für eine Einstufung in eine höhere Qualifikationsgruppe darstellt. Satz 2 der Präambel stellt gerade in Bezug auf die Frage der Facharbeiterqualifikation die absolute Ausnahme dar. Denn bereits zur Qualifikationsgruppe 4. Facharbeiter gehört schon ohnehin, wem "aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt ist". Es war deshalb im DDR-System ohne Weiteres möglich, für die aufgrund langjähriger Berufserfahrung einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechenden Fähigkeiten die entsprechende Prüfung abzulegen oder sogar ohne Prüfung diese Qualifikation zuerkannt zu bekommen. Da auch in den Herkunftsländern des FRG die Möglichkeit bestand, Berufsqualifikationen aufgrund langjähriger Berufserfahrung zuzuerkennen (vgl. Müller, a.a.O., S.366 mit Nachweisen), spricht die fehlende Zuordnung grundsätzlich gegen das Vorhandensein gleichwertiger Kenntnisse. Umgekehrt spricht grundsätzlich angesichts der breit gefächerten Qualifikationsmöglichkeiten die Regelvermutung dafür, dass die Tätigkeit der Qualifikation entsprach. Allerdings beweist die nachgewiesene Beförderung der Klägerin zum 01.06.1986, dass sie nunmehr über Fähigkeiten einer höheren Qualifikationsgruppe verfügte. Die Anwendung des Satz 2 der Präambel setzt jedoch für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "langjährige Berufserfahrung" voraus, dass wenigstens zehn Jahre die Tätigkeit höherer Qualifikation verrichtet wurde. Da die Klägerin jedoch im März 1990 aussiedelte, bleibt rechtlich kein Raum für eine Höherstufung. Die höherqualifizierte Tätigkeit hätte sich nach der Systematik des Gesetzes erst frühestens 1996 ausgewirkt.
Schließlich kommt nach der Rechtsauffassung des Senats dem Gleichwertigkeitsbescheid der IHK W. vom 02.08.1990 kein Beweiswert zu. Dies liegt nicht daran, dass die Bescheinigung selbst den augenfälligen Hinweis enthält, dass durch die abweichenden Ausbildungssysteme Unterschiede in den Qualifikationen bestehen würden und deshalb mit diesem Bescheid nicht alle Kenntnisse und Fertigkeiten nach der Ausbildungsordnung für den genannten Ausbildungsberuf bestätigt werden könnten. Der Bescheid ergeht aufgrund des § 92 Abs.2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes in der Fassung vom 03.09.1991 und dient vordergründig dem Anliegen, mit diesem Befähigungsnachweis die Eingliederung des Vertriebenen in das Erwerbsleben in der Bundesrepublik zu ermöglichen und zu erleichtern. Vor allem aber erging der Bescheid zur Zeit der Gültigkeit des Leistungsgruppen-Stufenschemas der Anlage 1 zu § 22 FRG, das in der Entlohnung zudem am Einkommensgefüge der alten Bundesländer ausgerichtet war. Dabei ist für die Entscheidung ohne Belang, dass in Anwendung alten Rechts die nahezu 30-jährige Berufserfahrung der Klägerin sicher nicht eine Einstufung und ein Belassen in den untersten Leistungsgruppen (5 und 4) zur Folge gehabt hätte. Mit der Abkehr von diesem Stufenschema und der Hinwendung des Gesetzgebers zu den Qualifikationsgruppen nach DDR-Verhältnissen und deren deckungsgleiche Übertragung auf die Herkunftsländer ist eine völlig neue und allein zu beachtende Rechtslage entstanden, der gegenüber Gleichwertigkeitsbescheinigungen nach dem Bundesvertriebenengesetz nicht einmal Indizwirkung zukommt. Deshalb konnte den Anregungen des Bevollmächtigten der Klägerin, in dieser Richtung Beweis zu erheben, nicht gefolgt werden.
Nach all dem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten sind die Höherbewertung rumänischer Beitragszeiten nach Anlage 13 zum Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI) und die Gewährung höherer Rentenleistungen.
Die 1939 geborene Klägerin hat von 1953 bis 1956 in Rumänien im Abendunterricht an der Mittelschule in H. das Reifezeugnis erlangt. Vom 20.11.1956 bis 20.06.1957 absolvierte sie einen Lehrgang für technische Zeichner beim Wissenschaftlichen Verband der Ingenieure und Techniker und legte die Abschlussprüfung erfolgreich ab. Danach arbeitete sie zunächst bis 11.06.1960 als Maschinenarbeiterin in einer Strumpffabrik. Ab 14.06.1960 war sie dann als technische Zeichnerin im Elektrizitätswerk H. bis 25.01.1990 beschäftigt, ab 01.06.1986 als leitende technische Zeichnerin.
Nach der Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im März 1990 war sie vom 05.06.1990 bis 30.09.1993 als technische Zeichnerin in verschiedenen Ingenieur- und Architekturbüros und vom 01.10.1993 bis zur Gewährung des Altersruhegeldes für Frauen mit Bescheid vom 19.02.1999 beim Staatlichen Hochbauamt W. tätig, zuletzt vergütet in VII 1 BAT.
Mit Rentenauskunft (Bescheid vom 18.09.1997) anerkannte die Beklagte die rumänischen Beitragszeiten vom 25.04.1957 bis 25.01. 1990 durchgehend in Qualifikationsgruppe 5 verschiedener Tätigkeitsbereiche nach Anlagen 13 und 14 zum SGB VI.
Den Widerspruch, mit dem die Klägerin die Zuerkennung der Qualifikationsgruppe 4 nach zehnjähriger Berufserfahrung als technische Zeichnerin begehrte, wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.1997 zurück. Die Klägerin habe weder ein Facharbeiterzeugnis als technische Zeichnerin besessen noch sei ihr aufgrund langjähriger Tätigkeit in diesem Beruf die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden. Der siebenmonatige Lehrgang für technische Zeichner stehe einer Fachausbildung nicht gleich. Sie habe offenbar Tätigkeiten verrichtet, die von angelernten technischen Zeichnern verrichtet werden konnten.
Mit der Klage wiederholte die Klägerin, dass ihr aufgrund zehnjähriger Berufserfahrung nach der Prüfung bereits ab 01.06.1970 die Qualifikationsgruppe 4 zustehe, zumal sie zuletzt als leitende technische Zeichnerin beschäftigt gewesen sei. Auch verwies sie auf die vorgelegte Gleichstellungsbescheinigung der Industrie- und Handelskammer (IHK) W. vom 02.08.1990, mit der ihr eine Befähigung im Ausbildungsberuf als Bauzeichnerin im Hochbau zuerkannt worden sei.
Während des Klageverfahrens gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 19.02.1999 Altersrente für Frauen unter Zugrundelegung der von ihr im Bescheid vom 18.09.1997 vorgesehenen Bewertung der rumänischen Beitragszeiten.
Das Sozialgericht erholte eine Arbeitgeberauskunft vom Staatlichen Hochbauamt W. und vertagte die mündliche Verhandlung vom 22.06.1999, da die Klägerin angegeben hatte, im Jahre 1986 eine Prüfung abgelegt zu haben, bei der sie ihre Fähigkeit als technische Zeichnerin unter Beweis gestellt habe. Aus dem dann vorgelegten Dokument geht hervor, dass sich die Klägerin im Mai 1986 um die Arbeitsstelle als "Haupt-Technischer Zeichner" beworben, die Prüfung der beruflichen Fachkenntnisse und praktischen Arbeit bestanden hatte und sie ab 01.06.1986 zur Haupt- Technischen Zeichnerin befördert worden war.
Mit Urteil vom 15.09.1999 wies das Sozialgericht die gegen den Bescheid vom 18.09.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.1997 und gegen den Bescheid vom 19.02.1999 gerichetete Klage ab.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Anliegen mit gleichbleibender Begründung weiter. Schon der Umstand, dass ihr 1986 die Tätigkeit einer leitenden technischen Zeichnerin übertragen worden sei, belege, dass vorher auf jeden Fall eine entsprechende Qualifikation aufgrund von Berufserfahrung erworben worden sei. Im Übrigen sei zur Glaubhaftmachung der seit Juni 1960 ausgeübten Tätigkeit auf Facharbeiterniveau die Akte der IHK W. anlässlich der Gleichstellungsbescheinigung beizuziehen sowie ein berufskundliches Sachverständigengutachten einzuholen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.09.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.09.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.12.1997 sowie des Rentenbescheides vom 19.02.1999 zu verpflichten, die Beitragszeiten ab 01.06.1970 in die Qualifikationsgruppe 4 einzustufen und höhere Leistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Rentenakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird wegen der Einzelheiten hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet. Zu Recht haben die Beklagte und das Sozialgericht dem Anliegen der Klägerin nicht entsprochen.
Die Berücksichtigung ausländischer Versicherungszeiten ist bei der als Aussiedlerin anerkannten Klägerin im Fremdrentengesetz (FRG) geregelt. Seit In-Kraft-Treten des SGB VI am 01.01.1992 werden jedoch Entgeltpunkte für glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach dem 31.12.1949 gemäß § 256 b Abs.1 Satz 1 SGB VI nach Durchschnittsverdiensten ermittelt, die sich nach Einstufung der Beschäftigung in eine der in Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen und nach Zuordnung der Beschäftigung zu einem der in Anlage 14 genannten Bereiche ergeben (vgl. § 22 FRG in der ab 01.01.1992 gültigen Fassung durch das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) vom 25.07.1991 - BGBl.I S.1606 und das Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz vom 24.06.1993 - BGBl.I S.1038 -). Mit dem Einigungsvertrag konnten sozialversicherungsrechtliche Sachverhalte der DDR nicht im Fremdrentengesetz verbleiben, dessen Tabellenwerk sich zudem an der Einkommensstruktur der alten Bundesländer orientierte, sondern musste in das gerade konzipierte Rentenrecht des SGB VI eingearbeitet werden. Um der Einkommensstruktur der DDR gerecht zu werden, gliederte der Gesetzgeber entsprechend den dortigen Statistiken das neue Tabellenwerk nach Wirtschaftsbereichen und übernahm die Ausbildungs- und Fortbildungsstrukturen in Qualifikationsgruppen. Aus Gründen der Gleichbehandlung hielt es der Gesetzgeber für geboten, die FRG-Zeiten ebenfalls nach dem neuen Tabellenwerk zu behandeln (vgl. Gesetzesbegründung zum RÜG - BR-Drs. 197/91 S.114/ 115). Die Gleichbehandlung rechtfertigt sich zudem aus der Überlegung, dass die Systeme der Berufsbildung in der DDR und in den FRG-Herkunftsländern vergleichbare Grundzüge mit wenigen Nuancen aufweisen, wie sie durch Müller in seiner Abhandlung "Die Qual mit den Qualifikationsgruppen - Bewertung fremder Zeiten mit der Anlage 13 SGB VI" (DAngVers 95, 354 ff.) schlüssig herausgearbeitet sind.
Von den fünf Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI sind neben Hochschul-, Fachschulabsolventen und Meistern lediglich die Qualifikationsgruppe 4 des Facharbeiters und die der An- und Ungelernten in Qualifikationsgruppe 5 streitentscheidend. Danach sind in die "Qualifikationsgruppe 4 Facharbeiter" Personen eingeordnet, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist. Hierzu zählen nicht Personen, die im Rahmen der Berufsausbildung oder der Erwachsenenqualifizierung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes entsprechend der Systematik der Ausbildungsberufe im Beitrittsgebiet ausgebildet worden sind.
Zur "Qualifikationsgruppe 5. Angelernte und ungelernte Tätigkeiten" gehören 1. Personen, die in der Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes abgeschlossen haben und im Besitz eines entsprechenden Zeugnisses sind, 2. Personen, die in einer produktionstechnischen oder anderen speziellen Schulung für eine bestimmte Tätigkeit angelernt worden sind. 3. Personen ohne Ausbildung oder spezielle Schulung für ausgeübte Tätigkeit.
Wie die Legaldefinitionen dieser Qualifikationsgruppen ausweisen, ist die Zuordnung an eine erworbene Qualifikation geknüpft bzw. der Erwerb der Qualifikation zuerkannt. Dies wird in der Regel durch den schulischen oder betrieblichen Abschluss dokumentiert. Durch das Außer-Kraft-Setzen der gestuften Leistungsgruppen nach dem FRG alten Rechts und die Hinwendung des Gesetzgebers zu Qualifikationsgruppen wurde die Möglichkeit der Höherstufung durch Berufserfahrung abgeschafft. Durch das einzig bestimmende Merkmal der Qualifikation, gleich wann und wie sie erworben wurde, entstehen gleichzeitig inhomogene Gruppen. Denn der gleichen Qualifikationsgruppe gehören Berufsneulinge ebenso an wie jahrzehntelange berufserfahrene Routiniers. Allerdings beugt die breite Fülle der Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten der früheren Ostblockstaaten und dabei federführend der Verhältnisse in der DDR wiederum einer Ungleichbehandlung vor. Ausgangspunkt dabei ist immer die Qualifikationsmöglichkeit in der DDR; sodann ist nach deckungs- gleichen Qualifikationsmöglichkeiten im FRG-Herkunftsland zu fragen und im Zweifelsfall sind Unterschiedlichkeiten herauszuarbeiten.
Um die Qualifikationsstufe des Facharbeiters in der DDR im Sinne der Legaldefinition zu erreichen, konnte dies gleichermaßen über die Berufsausbildung wie durch Erwachsenenqualifizierung erfolgen. Die Regelausbildung in den Berufsschulen lag bei zwei bis zweieinhalb Jahren. Die Erwachsenenausbildung erfolgte in Betriebsakademien; entscheidend für die Dauer waren Vorbildung und berufliche Erfahrung. Gleich in welcher Form die Facharbeiterausbildung durchgeführt wurde, bestätigt wurde der erfolgreiche Abschluss durch das Facharbeiterzeugnis (Facharbeiterbrief). Gleichberechtigt konnte die Facharbeiterqualifikation aufgrund langjähriger Berufserfahrungen auch gesetzlich zuerkannt werden, wenn seit mindestens zehn Jahren eine Facharbeitertätigkeit ausgeübt wurde. Für alle Facharbeiterqualifikationen war entscheidend, dass die Berufsausbildung umfassend war mit der Befähigung zu komplizierten Tätigkeiten; nicht ausreichend war eine Teilausbildung mit nur einzelnen Elementen der Berufsausbildung. Die so Qualifizierten gehören zur Qualifikationsgruppe 5 neben Angelernten und Ungelernten (vgl. im Einzelnen: Qualifikation statt Leistung - Anlage 13 SGB VI, Müller, DAngVers 95, S.309, 310 mit detaillierten Einzelnachweisen).
Im Herkunftsland Rumänien ist der "qualifizierte Arbeiter" mit der beruflichen Grundbildung dem DDR-Facharbeiter gleichzustellen. Die traditionellen Ausbildungsformen waren die Vollzeitberufsschulen und die Lehre am Arbeitsplatz mit einer regelmäßigen Ausbildung von zwei bis drei Jahren. Daneben konnte der Facharbeiterabschluss - von weiteren Spezialschulen und Lyzeen mit bis zwölfmonatigen Praktika abgesehen - seit 1968 gesetzlich geregelt durch betriebliche Qualifikationskurse in zwei Graden erworben werden mit einer jeweiligen Dauer von drei bis zwölf Monaten, wobei nur der zweite Grad zum Facharbeiterniveau führte. Zur einfachen Berufsausbildung und damit zur Qualifikationsgruppe 5 gehörten in Rumänien schulische und betriebliche Ausbildung von relativ kurzer Dauer, so in der ersten Hälfte der 50-er Jahre die sogenannten Qualifikationsschulen mit Kurzausbildung für eng begrenzte einfache Tätigkeiten mit Kursen von sechs bis zehn Monaten (vgl. im Einzelnen Müller, a.a.O., S.359, 360 mit detaillierten Einzelnachweisen).
Misst man an diesen vorgegebenen Maßstäben das Erwerbsleben der Klägerin in Rumänien, ist die durchgehende Einstufung der Klägerin in die Qualifikationsgruppe 5 bis zur Aussiedlung nicht zu beanstanden. Als einzige Qualifikation durchlief die Klägerin einen siebenmonatigen Kurs als technische Zeichnerin beim Wissenschaftlichen Verband der Ingenieure und Techniker in Hermannstadt und schloss diesen Lehrgang erfolgreich ab. Eine andere oder höhere Qualifikation hat sie nicht zuerkannt bekommen. Dabei ist die Zeit der Ausbildung mit dem Berufsbildungssystem in Rumänien zur damaligen Zeit nachvollziehbar. Danach war es im Herkunftsland Rumänien in der ersten Hälfte der 50-er Jahre üblich, entsprechend dem sowjetischen Modell des "Systems der Arbeitskraftreserven" den hohen Bedarf an Arbeitskräften kurzfristig mit einer Kurzausbildung in sechs- bis zehnmonatigen Kursen zu decken (vgl. "Anerkennung von Aussiedler-Zeugnissen/Berufliche Bildung und berufliche Qualifikation in Rumänien, Göhring/Kunzmann, 1993, S.34, 89). Der von der Klägerin durchlaufene Lehrgang entspricht diesem Ausbildungsmodell. Er entspricht jedoch nicht der Qualifikation eines Facharbeiterabschlusses im Herkunftsland, wie er bereits dargestellt ist. Dabei stand es der Klägerin frei, durch Qualifikationskurse diesen Status zu erreichen, wie sie insbesondere in Rumänien seit 1968 eingerichtet waren. Dazu hätte es der Weiterbildung durch Qualifikationskurse ersten und zweiten Grades von jeweils zwischen drei- und zwölfmonatiger Dauer bedurft, wobei nur der zweite Grad zum Facharbeiterniveau führte (Göhring/Kunzmann, a.a.O., S.52, 73, 74, 89, 214 ff.). Eine derartige Weiterbildung hat die Klägerin jedoch weder behauptet noch durch irgendwelche Zuerkennungen dokumentiert.
Erst recht entspricht das Bewerbungsverfahren im Mai 1986 nicht einer solchen Weiterbildungsqualifikation. Es handelte sich um ein Auswahlverfahren im Rahmen betrieblicher Mitkonkurrenten. Hierfür wurde die Klägerin für geeignet befunden und befördert, wie schon die neue betriebliche Stellung als "Haupt-Technische Zeichnerin" zum Ausdruck bringt. Für eine Zuerkennung der bisherigen Tätigkeit als qualifizierte Facharbeiterin besteht keinerlei Ansatz und Anhalt.
Dem Anliegen der Klägerin kann auch nicht über Satz 2 der Präambel der Anlage 13 zum SGB VI entsprochen werden. Danach sind Versicherte in diese Qualifikationsgruppe einzustufen, wenn sie aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben haben, die üblicherweise denen von Versicherten mit einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen. Diese auf den ersten Blick passende Eingruppierungshilfe, die zudem das Leistungsgruppenschema der Anlage 1 zu § 22 FRG a.F. aufzugreifen scheint, wird nur im Kontext des neuen Tabellenwerkes verständlich. Wie bereits dargestellt, hat sich der Gesetzgeber von den Eingruppierungskriterien des FRG alten Rechts vollständig gelöst und ist um einen qualifikationsgerechten Einsatz der Beschäftigten bemüht, weil die erworbene oder später durch Weiterbildung zuerkannte Qualifikation das entscheidende Kriterium für eine Einstufung in eine höhere Qualifikationsgruppe darstellt. Satz 2 der Präambel stellt gerade in Bezug auf die Frage der Facharbeiterqualifikation die absolute Ausnahme dar. Denn bereits zur Qualifikationsgruppe 4. Facharbeiter gehört schon ohnehin, wem "aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt ist". Es war deshalb im DDR-System ohne Weiteres möglich, für die aufgrund langjähriger Berufserfahrung einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechenden Fähigkeiten die entsprechende Prüfung abzulegen oder sogar ohne Prüfung diese Qualifikation zuerkannt zu bekommen. Da auch in den Herkunftsländern des FRG die Möglichkeit bestand, Berufsqualifikationen aufgrund langjähriger Berufserfahrung zuzuerkennen (vgl. Müller, a.a.O., S.366 mit Nachweisen), spricht die fehlende Zuordnung grundsätzlich gegen das Vorhandensein gleichwertiger Kenntnisse. Umgekehrt spricht grundsätzlich angesichts der breit gefächerten Qualifikationsmöglichkeiten die Regelvermutung dafür, dass die Tätigkeit der Qualifikation entsprach. Allerdings beweist die nachgewiesene Beförderung der Klägerin zum 01.06.1986, dass sie nunmehr über Fähigkeiten einer höheren Qualifikationsgruppe verfügte. Die Anwendung des Satz 2 der Präambel setzt jedoch für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "langjährige Berufserfahrung" voraus, dass wenigstens zehn Jahre die Tätigkeit höherer Qualifikation verrichtet wurde. Da die Klägerin jedoch im März 1990 aussiedelte, bleibt rechtlich kein Raum für eine Höherstufung. Die höherqualifizierte Tätigkeit hätte sich nach der Systematik des Gesetzes erst frühestens 1996 ausgewirkt.
Schließlich kommt nach der Rechtsauffassung des Senats dem Gleichwertigkeitsbescheid der IHK W. vom 02.08.1990 kein Beweiswert zu. Dies liegt nicht daran, dass die Bescheinigung selbst den augenfälligen Hinweis enthält, dass durch die abweichenden Ausbildungssysteme Unterschiede in den Qualifikationen bestehen würden und deshalb mit diesem Bescheid nicht alle Kenntnisse und Fertigkeiten nach der Ausbildungsordnung für den genannten Ausbildungsberuf bestätigt werden könnten. Der Bescheid ergeht aufgrund des § 92 Abs.2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes in der Fassung vom 03.09.1991 und dient vordergründig dem Anliegen, mit diesem Befähigungsnachweis die Eingliederung des Vertriebenen in das Erwerbsleben in der Bundesrepublik zu ermöglichen und zu erleichtern. Vor allem aber erging der Bescheid zur Zeit der Gültigkeit des Leistungsgruppen-Stufenschemas der Anlage 1 zu § 22 FRG, das in der Entlohnung zudem am Einkommensgefüge der alten Bundesländer ausgerichtet war. Dabei ist für die Entscheidung ohne Belang, dass in Anwendung alten Rechts die nahezu 30-jährige Berufserfahrung der Klägerin sicher nicht eine Einstufung und ein Belassen in den untersten Leistungsgruppen (5 und 4) zur Folge gehabt hätte. Mit der Abkehr von diesem Stufenschema und der Hinwendung des Gesetzgebers zu den Qualifikationsgruppen nach DDR-Verhältnissen und deren deckungsgleiche Übertragung auf die Herkunftsländer ist eine völlig neue und allein zu beachtende Rechtslage entstanden, der gegenüber Gleichwertigkeitsbescheinigungen nach dem Bundesvertriebenengesetz nicht einmal Indizwirkung zukommt. Deshalb konnte den Anregungen des Bevollmächtigten der Klägerin, in dieser Richtung Beweis zu erheben, nicht gefolgt werden.
Nach all dem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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