Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 34 AL 1848/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 208/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7a/7 AL 38/04 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Klage hin wird der Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2001 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit ab dem 3. Juni 2000 bis 30. Juni 2001 Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtzüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist (nur noch) die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 03.06.2000 bis 30.06.2001 streitig.
Der 1943 geborene Kläger bezog bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 29.08.1998 Arbeitslosengeld (Alg). Am 13.07.1998 beantragte er die Bewilligung von Anschluss-Arbeitslosenhilfe (Alhi). Der Kläger ist verheiratet und bezog für ein Kind Kindergeld. Seine 1948 geborene Ehefrau arbeitet bei der Leukämie-Hilfe M. e.V. mit einem Nettogehalt von monatlich DM 1.002,15 (Juni 1998).
In der Einkommens- und Vermögenserklärung gab der Kläger an, mit seiner Ehefrau in einem selbstgenutzten Eigenheim mit 140 qm zu wohnen. Der Verkehrswert des Hauses wurde mit DM 550.000,00 angegeben, die Schulden hierauf mit DM 69.000,00. Ferner wurde eine Eigentumswohnung mit einem Wert von DM 300.000,00 angegeben, aus deren Vermietung ein Verlust von jährlich DM 4.500,00 resultiere. Das Bankguthaben wurde mit DM 210.000,00 beziffert, resultierend aus der Abfindung seines ehemaligen Arbeitgebers. Dieses Bankguthaben diene der Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung. Nachdem er seit seinem 53. Lebensjahr ohne Anstellung/Einkommen sei und auch auf dem Arbeitsmarkt wohl keine Chance mehr habe, werde seine zu erwartende Regelaltersrente relativ niedrig ausfallen. Für eine freiwillige Beitragszahlung habe er keine Mittel. Weiter gab der Kläger ein Bausparguthaben von DM 43.000,00 an, welches er zur Tilgung der auf seinem Haus lastenden Schulden von DM 69.000,00 verwenden wolle.
Weiter legte er eine Aufstellung über acht Kapitallebensversicherungen vor, die ab 01.12.2002 bis 01.01.2008 fällig werden. Die Versicherungssummen belaufen sich auf insgesamt DM 336.003,00. Nach Angaben des Klägers wurden auf die teilweise beitragsfrei gestellten Versicherungen bereits DM 216.500,00 einbezahlt.
Mit Bescheid vom 12.08.1998 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alhi wegen mangelnder Bedürftigkeit nach § 190 i.V.m. § 193 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ab. Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch rügte der Kläger, der Bescheid lasse offen, auf welche Vermögensbestandteile die Ablehnung gestützt werde. Sein noch zur Verfügung stehender Barbestand in Höhe von rund DM 200.000,00 (Restbetrag aus Arbeitgeberabfindung) bzw. die daraus resultierenden Zinseinkünfte seien für eine Aufrechterhaltung einer angemessenen Altersversicherung unverzichtbar. Nach einer beigefügten Probeberechnung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hat der Kläger nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine monatliche Rentenanwartschaft von DM 1.959,26 abzüglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen von DM 16,65 und DM 133,23, also einen Rentenanspruch von insgesamt DM 1.809,38. Nach der Berechung des Rentenwertes seines Barvermögens von DM 200.000,00 entspreche dieser Wert einer monatlichen Rente von DM 1.274,86 nach Vollendung des 60. Lebensjahres, die noch um die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu kürzen sei.
Mit Bescheiden vom 28.10.1998 hob die Beklagte den Bescheid vom 12.08.1998 teilweise auf und verwies insoweit auf den gesonderten Bescheid vom 28.10.1998, mit dem sie die Bewilligung von Alhi erneut ablehnte. Der Kläger und seine Ehefrau würden über ein Vermögen von DM 210.000,00 verfügen, was verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung der Freigrenze von DM 26.000,00 verblieben DM 184.000,00. Bei Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das wöchentliche Arbeitsentgelt, nach dem sich die Höhe der Alhi richtet (DM 1.990,00) ergäbe sich, dass der Kläger für einen Zeitraum von 92 Wochen nicht bedürftig sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe angegeben, über ein Vermögen von DM 210.000,00 zu verfügen. Unter Berücksichtigung des § 6 Abs.1 Alhi-Verordnung (VO) sei vom Vermögen ein Freibetrag von 16.000,00 DM sowie gemäß § 7 Abs.1 Alhi-VO ein weiterer von DM 10.000,00 zu berücksichtigen, so dass ein Vermögenswert von 184.000,00 DM verbleibe. Es wurde in der Begründung auf § 9 Alhi-VO verwiesen woraus ein Ruhenzeitraum von 92 Wochen resultiere.
Zur Begründung seiner dagegen zum Sozialgericht (SG) München erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt, seiner Meinung nach sei er im Sinne des Gesetzes bedürftig. Unstreitig verfüge er zwar über ein Barvermögen von DM 210.000,00 dessen Verwertung ihm aber nicht zumutbar sei. Dieser Vermögenswert sei angesichts seines Lebensalters, seiner anhaltenden Arbeitslosigkeit und des zwangsläufig niedrigen Status seiner Rentenanwartschaft zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt und unbedingt erforderlich. Das auf DM 184.000,00 reduzierte Vermögen, wie durch die Beklagte errechnet, ergebe eine monatliche Rente von DM 1.020,04. Eine auch nur teilweise Verwertung des Vermögens zu anderen Zwecken als zur Alterssicherung sei nicht zumutbar, da sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung als ehemaliger leitender Angestellter billiger Weise nicht erwartet werden könnte. Weiter hat er vorgetragen, infolge Ausbleibens jeglicher Leistung durch die Beklagte sei unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung und zur Jahreswende üblichen Sonderzahlungen sein Vermögen auf DM 184.000,00 geschrumpft. Die Beklagte hat vorgetragen, die Angemessenheit der Alterssicherung hänge von der Lebensstellung des Arbeitslosen und seines Ehegatten ab, dem bei Rentenbeginn zur Verfügung stehenden Vermögen und dem Umfang der sonstigen Alterssicherung. Diese sei bei Antragstellung am 13.07.1998 mit DM 210.000,00 angegeben worden. Durch die beiden Eigentumswohnungen und die Lebensversicherungen sei die Altersversicherung angemessen abgesichert, so dass die Verwertung des Bargeldes durchaus zumutbar sei.
Mit Urteil vom 20.04.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Letztlich gehe es bei der Entscheidung um die Frage, ob dem Kläger die Verwertung seines Barvermögens, das bei der Antragstellung DM 210.000,00 betragen habe, nach Abzug der Freibeträge gemäß der nach § 206 SGB III erlassenen Alhi-VO in Höhe von DM 16.000,00 (§ 6 Abs.1 Alhi-VO) und DM 10.000,00 (§ 7 Abs.1 Alhi-VO) von der Beklagten im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung habe berücksichtigt werden können. Dies sei nach Auffassung der Kammer der Fall. Mit Urteil vom 22.10.1998 - B 7 AL 118/97 R - habe das BSG hierzu entschieden, dass bei der Bemessung der Alhi das zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung dienende Vermögen als Schonvermögen unberücksichtigt bleibe, wenn sich daraus eine monatliche zusätzlich Alterssicherung errechne, die 3/7 der Standardrente der gesetzlichen Rentenversicherung nicht übersteige. Abzustellen sei dabei auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung. Nach dieser Entscheidung sei die Alhi-VO durch die 6.Verordnung zur Änderung der Alhi-VO vom 18.06.1999 geändert worden. In § 6 der Alhi-VO vom 07.08.1994 sei Abs.4 angefügt worden. Bei der Änderung der Alhi-VO handle es sich um eine Norm. Das Gericht vertrete hierzu die Auffassung, dass der Norm für die Frage der Auslegung des Begriffs der angemessenen Alterssicherung der Vorzug zu geben sei, auch wenn diese Norm erst später in Kraft getreten sei. Im Zeitpunkt der Beantragung der Alhi sei der Kläger 55 Jahre und seine Ehefrau 50 Jahre alt gewesen. Danach sei von einer angemessenen Alterssicherung auszugehen, wenn hierfür Vermögen in Höhe von DM 95.000,00 (richtig muss es heißen DM 105.000,00) bestimmt sei. Nachdem der Kläger allein für seine Lebensversicherungen bereits DM 216.000,00 eingezahlt habe, sei es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte das nach Abzug der Freibeträge verminderte Barvermögen in Höhe von DM 184.000,00 voll bei der Bedürftigkeitsprüfung berücksichtigt habe. Dem Kläger sei die Verwendung dieses Vermögensanteils jedenfalls zumutbar, da er anderweitig für eine angemessene Alterssicherung Vorsorge getroffen habe.
Die gegen das Urteil des SG München vom 22.04.2000 eingelegte Berufung nahm der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25.03.2004 zurück.
Am 26.05.2000 beantragte der Kläger erneut die Bewilligung von Alhi. Mit Bescheid vom 15.12.2000 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, aufgrund eines zu berücksichtigenden Vermögens von DM 358.508,72 sei der Kläger für 125 Wochen nicht bedürftig. Mit seinen Widerspruch machte der Kläger insbesondere geltend, mit Bescheid vom 12.08.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.1998 habe die Beklagte verbindlich festgestellt, dass er für einen Zeitraum von 92 Wochen - also bis Anfang Juni 2000 - nicht bedüftig im Sinne von § 193 SGB III sei. Nachdem sich seither seine Vermögenslage nicht im geringsten verbessert, sondern durch Verwertung vorhandener Vermögenswert verschlechert habe, seien die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi zumindest ab 04.06.2000 gegeben. Zum Zeitpunkt des erstmaligen Antrags auf die Bewilligung von Alhi vom 04.08.1998 seien für die Definition des Begriffs "Bedürftigkeit" im Sinne des SGB III ausschließlich die Vorgaben des BSG maßgebend gewesen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung gelte demnach ab Beginn seines Leistungsfalls am 04.08.1998, der als eine einzige Einheit bis zum Ende seines Anspruchs auf Alhi zu werten sei, unabhängig von den gesetzlich vorgeschriebenen jährlich wiederkehrenden Prüfungen der Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 190 Abs.1 Nr.5 i.V.m. Abs.3 SGB III. Diese "Zwischenprüfungen" würden sich nach herrschender Meinung ausschließlich auf die Vermögensverhältnisse des Anspruchsberechtigten beziehen, die sich seit der letzten Prüfung inzwischen verändert haben könnten. Sie könnten keinesfalls bedeuten, dass bei der Erst-Antragstellung gegebene und der Bescheiderteilung zugrunde liegende Rechtsgrundlagen neu definiert würden. Gleiches müsse für die Beurteilung und Bescheiderteilung nach Ablauf einer "Sperrfrist" wie in seinem Fall gelten. Dieser Grundsatz müsse umsomehr gewahrt werden, wenn in einem früheren diesbezüglichen Verwaltungsakt bereits verbindlich festgestellt worden sei, in welchem Zeitpunkt eine solche "Sperrfrist" ende. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.03. 2001 stellte die Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 15.12.2000 eine Bedürftigkeit für 112 Wochen fest. Im Übrigen wies sie den Widerspruch als unbegründet zurück. Den dem Antrag vom 26.05.2000 beiliegenden Nachweise über die Vermögensverhältnisse des Klägers sei zu entnehmen, dass dieser u.a. über eine nicht selbstgenutzte Eigentumswohnung verfüge. Die Verwertung dieser Eigentumswohnung sei zumutbar im Sinne des § 6 Abs.3 Alhi-VO. Nach den vorliegenden Unterlagen habe die nicht selbstgenutzte Eigentumswohnung einen Verkehrswert in Höhe von DM 313.000,00. Von dem Verkehrswert der Eigentumswohnung in Hö- he von DM 313.000,00 seien die Schulden in Höhe von DM 288.768,00 in Abzug zu bringen, so dass sich ein Vermögen in Höhe von DM 24.232,00 ergebe. Neben der nicht selbstgenutzten Eigentumswoh- nung besitze er noch kapitalbildende Lebensversicherungen, die unter Berücksichtigung des Rückkaufwertes bzw. der Überschussanteile ein Gesamtvermögen in Höhe von DM 334.276,72 ergeben würden. Das aufgebaute Kapital der kapitalbildenden Lebensversicherungen könne in Höhe des Auszahlungsbetrages bei Rückkauf verbraucht oder beliehen werden. Somit habe der Kläger ein vorhandenes Vermögen in Höhe von DM 358.508,72. Da er zum Zeitpunkt der Antragstellung das 57. Lebensjahr und seine Ehefrau das 52. Lebensjahr überschritten hätten, habe vom Gesamtvermögen in Höhe von DM 358.508,72 nach § 6 Abs.4 Nr.2 Alhi-VO insgesamt ein Betrag in Höhe von DM 109.000,00 als Altersicherung berücksichtigt werden können. Vom Vermögen seien weitere Freibeträge in Höhe von DM 16.000,00 gemäß § 6 Abs.1 Alhi-VO und DM 10.000,00 gemäß § 7 Abs.1 Alhi-VO absetzbar gewesen. Somit errechne sich bei einem Gesamtvermögen in Höhe von DM 358.508,72 nach Abzug der Freibeträge in Höhe von DM 109.000,00, DM 16.000,00 und DM 10.000,00 ein anrechenbares Vermögen in Höhe von insgesamt DM 223.508,72. Nach § 9 Alhi-VO sei das Gesamtvermögen in Höhe von DM 223.508,72 durch das gerundete wöchtenliche Arbeitsentgelt in Höhe von DM 1.990,00 zu teilen. Es ergebe sich somit ein Ruhenzeitraum insgesamt von 112 Wochen (DM 223.508,72: DM 1.990,00).
Dagegen richtet sich die Klage, die der Kläger auf den Zeitraum vom 03.06.2000 bis zum 30.06.2001 beschränkt, da er ab dem 01.07.2001 der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, dass nicht nachvollziehbar sei, aufgrund welcher Tatsache er habe davon ausgehen sollen, dass die Beklagte nach Ablauf der 92-Wochenfrist ohne jede Vorankündigung plötzlich neue Anspruchskriterien ihm gegenüber geltend machen würde. Welchen Zweck habe dann überhaupt die Fixierung eines zeitlichen Limits durch die Beklagte?
Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 15.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab dem 03.06.2000 bis zum 30.06.2001 Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass durch die Anfügung des Abs.4 zu § 6 Abs.3 Alhi-VO eine neue Berechnung aufgrund der Antragstellung vom 26.05.2000 hin habe vorgenommen werden müssen. Dies hätte zur Folge, dass auch Vermögensteile, die bislang nicht berücksichtigt worden seien, weil sie insgesamt zur Alterssicherung freigestellt worden seien, nunmehr hätten berücksichtigt werden müssen. Dies sei neben dem Kapitalbetrag in den Lebensversicherungen (DM 210.600,00) auch der Zuwachs aus der vermieteten Eigentumswohnung - diese habe ein Kaufpreis DM 313.000,00 gehabt -, und sei mit einer Restschuld von DM 288.768,00 belastet, so dass sich hier ein verwertbarer Betrag von DM 24.232,00 errechne. Beide Vermögensteile seien bislang nicht berücksichtigt worden, die Ansparsumme der Lebensversicherung nicht, weil diese insgesamt zur Alterssicherung freigestellt worden sei, der Zuwachs des Immobilienwertes nicht, weil dieser erst im Laufe der Jahre durch Verminderung der darauf ruhenden Belastungen entstanden sei. Das verbliebene Sparguthaben sei auf DM 25.027,00 abgeschmolzen, jedoch nicht, weil der Kläger dies insgesamt für seine Lebensführung verbraucht habe - wie er im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.08.2003 habe glauben machen wollen -, sondern weil er teilweise in weitere Lebensversicherungen investiert habe. Da die damit verbundene Erhöhung der Lebensversicherungen "wohl" auf die Verminderung des bereits berücksichtigten Sparguthabens zurückzuführen sei, sei die "Erhöhungssumme" wegen des (damaligen) Verbots von Doppelberücksichtigung nicht mehr in das anzurechnende Vermögen eingeflossen. Zu Recht sei damit eine weitere Zeit der Nichtbedürftigkeit ab 03.06.2000 für 49 Wochen festgestellt worden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Denn der Bescheid der Beklagten vom 15.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2001 entspricht nicht der Sach- und Rechtslage und war daher aufzuheben. Denn dem Kläger steht Alhi für die Zeit vom 03.06.2000 bis 30.06.2000 zu, da die Beklagte zu Unrecht das gleiche Vermögen, welches bereits 1998 zur Ablehnung von Alhi geführt hat, erneut bei der Bedürftigkeitsprüfung berücksichtigt hat. Dies ist aber nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-4300 § 193 Nr.2) nicht möglich.
In den Vermögensverhältnissen des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten insbesondere keine Änderung in dem Sinne eingetreten, als neue Vermögenswerte hinzugekommen sind. Vielmehr ist das Sparguthaben des Klägers von ursprünglich DM 210.000,00 (1998) zwischenzeitlich auf DM 25.000,27 abgeschmolzen. Entgegen der Auffassung der Beklagten wurde auch kein wesentlicher Teilbetrag des ursprünglichen Guthabens in weitere Lebensversicherungen investiert. Fest steht vielmehr, dass der Kläger den überwiegenden Teil des Sparguthabens zur Bestreitung des Lebensunterhalts seiner fünf-köpfigen Familie verbraucht hat. Damit steht aber auch fest, dass er für die infrage stehenden 46 Wochen bedürftig war. Bei der Bedürftigkeit bezüglich der Alhi kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Lebensunterhalt während des Zeitraums gesichert ist, für den Alhi beansprucht wird.
Nach § 190 Abs.1 Nr.5 SGB III haben Anspruch auf Alhi Arbeitnehmer, die u.a. bedürftig sind. Nach § 193 Abs.1 SGB III ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. Nicht bedürftig ist nach § 193 Abs.2 SGB III ein Arbeitsloser, so lange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Ehepartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist.
Wie lange und mit Rücksicht auf welches Vermögen die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist, hat das SGB III nicht bestimmt, sondern der Regelung durch Rechtsverordnung überlassen, inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist.
Gemäß § 6 Abs.1 der nach § 206 SGB III erlassenen Alhi-VO ist Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar ist, die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, DM 8.000,00 übersteigt. Nach Abs.2 ist Vermögen insbesonders verwertbar, soweit seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Nach Abs.3 ist die Verwertung zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billiger Weise erwartet werden kann. Nicht zumutbar ist insbesondere die Verwertung von Vermögen, dass zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist. Nach Abs.4 (Anfügung durch die 6.Verordnung zur Änderung der Alhi-Verordnung vom 18.06.1999) ist für eine Alterssicherung im Sinne des Abs.3 Satz 2 Nr.3 Vermögen
1. bestimmt, wenn der Arbeitslose und sein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte dies nach dem Eintritt in den Ruhestand zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verwenden wollen und eine der Bestimmung entsprechenden Vermögensdisposition getroffen haben,
2. angemessen, soweit es DM 1.000,00 je vollendeten Lebensjahr des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten nicht übersteigt.
Nach § 7 Abs.1 Alhi-VO gilt Vermögen aus einmaligen Sozialleistungen für die Dauer von fünf Jahren als nicht verwertbar, soweit es DM 10.000,00 nicht übersteigt.
Gemäß § 9 Alhi-VO besteht die Bedürftigkeit nicht für die Zahl von vollen Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtet.
Entgegen der Ansicht der Beklagten sind 1998 bei der Bedürftigkeitsprüfung sämtliche Vermögenswerte des Klägers und seiner Ehefrau, die im Jahr 2000 (noch) vorhanden waren, berücksichtigt worden. Daran ändert die Tatsache nichts, dass ein Teil des Vermögens (die Lebensversicherungen und die Eigentumswohnung) "nur" als sogenanntes Schonvermögen zur Alterssicherung nicht angerechnet wurde. Es ist auch nicht zutreffend, dass es von 1998 bis 2000 zu einem "Wertzuwachs" gekommen ist; denn der Zuwachs aus der vermieteten Eigentumswohnung wurde aus dem 1998 bereits vorhandenen Kapital finanziert.
Etwas anderes kann sich auch nicht aus der Verpflichtung der Beklagten ergeben, vor einer erneuten Bewilligung die Voraussetzungen des Anspruchs zu prüfen. Zwar hat die Beklagte nach § 190 Abs.3 Satz 2 SGB III bei der Entscheidung über die Bewilligung für eine neuen Bewilligungsabschnitt unabhängig von der bisherigen Bewilligung alle Voraussetzungen zu prüfen, somit also auch, ob vorhandenes Vermögen der künftigen Alhi-Gewährung entgegen steht, doch Maßstab für diese Prüfung ist das materielle Recht. Dieses sieht aber vor, dass Vermögen bei anhaltender Arbeitslosigkeit nur einmal zu berücksichtigen ist.
Somit war der Klage stattzugeben und die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache wurde die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 SGG zugelassen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtzüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist (nur noch) die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 03.06.2000 bis 30.06.2001 streitig.
Der 1943 geborene Kläger bezog bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 29.08.1998 Arbeitslosengeld (Alg). Am 13.07.1998 beantragte er die Bewilligung von Anschluss-Arbeitslosenhilfe (Alhi). Der Kläger ist verheiratet und bezog für ein Kind Kindergeld. Seine 1948 geborene Ehefrau arbeitet bei der Leukämie-Hilfe M. e.V. mit einem Nettogehalt von monatlich DM 1.002,15 (Juni 1998).
In der Einkommens- und Vermögenserklärung gab der Kläger an, mit seiner Ehefrau in einem selbstgenutzten Eigenheim mit 140 qm zu wohnen. Der Verkehrswert des Hauses wurde mit DM 550.000,00 angegeben, die Schulden hierauf mit DM 69.000,00. Ferner wurde eine Eigentumswohnung mit einem Wert von DM 300.000,00 angegeben, aus deren Vermietung ein Verlust von jährlich DM 4.500,00 resultiere. Das Bankguthaben wurde mit DM 210.000,00 beziffert, resultierend aus der Abfindung seines ehemaligen Arbeitgebers. Dieses Bankguthaben diene der Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung. Nachdem er seit seinem 53. Lebensjahr ohne Anstellung/Einkommen sei und auch auf dem Arbeitsmarkt wohl keine Chance mehr habe, werde seine zu erwartende Regelaltersrente relativ niedrig ausfallen. Für eine freiwillige Beitragszahlung habe er keine Mittel. Weiter gab der Kläger ein Bausparguthaben von DM 43.000,00 an, welches er zur Tilgung der auf seinem Haus lastenden Schulden von DM 69.000,00 verwenden wolle.
Weiter legte er eine Aufstellung über acht Kapitallebensversicherungen vor, die ab 01.12.2002 bis 01.01.2008 fällig werden. Die Versicherungssummen belaufen sich auf insgesamt DM 336.003,00. Nach Angaben des Klägers wurden auf die teilweise beitragsfrei gestellten Versicherungen bereits DM 216.500,00 einbezahlt.
Mit Bescheid vom 12.08.1998 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alhi wegen mangelnder Bedürftigkeit nach § 190 i.V.m. § 193 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ab. Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch rügte der Kläger, der Bescheid lasse offen, auf welche Vermögensbestandteile die Ablehnung gestützt werde. Sein noch zur Verfügung stehender Barbestand in Höhe von rund DM 200.000,00 (Restbetrag aus Arbeitgeberabfindung) bzw. die daraus resultierenden Zinseinkünfte seien für eine Aufrechterhaltung einer angemessenen Altersversicherung unverzichtbar. Nach einer beigefügten Probeberechnung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hat der Kläger nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine monatliche Rentenanwartschaft von DM 1.959,26 abzüglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen von DM 16,65 und DM 133,23, also einen Rentenanspruch von insgesamt DM 1.809,38. Nach der Berechung des Rentenwertes seines Barvermögens von DM 200.000,00 entspreche dieser Wert einer monatlichen Rente von DM 1.274,86 nach Vollendung des 60. Lebensjahres, die noch um die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu kürzen sei.
Mit Bescheiden vom 28.10.1998 hob die Beklagte den Bescheid vom 12.08.1998 teilweise auf und verwies insoweit auf den gesonderten Bescheid vom 28.10.1998, mit dem sie die Bewilligung von Alhi erneut ablehnte. Der Kläger und seine Ehefrau würden über ein Vermögen von DM 210.000,00 verfügen, was verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung der Freigrenze von DM 26.000,00 verblieben DM 184.000,00. Bei Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das wöchentliche Arbeitsentgelt, nach dem sich die Höhe der Alhi richtet (DM 1.990,00) ergäbe sich, dass der Kläger für einen Zeitraum von 92 Wochen nicht bedürftig sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe angegeben, über ein Vermögen von DM 210.000,00 zu verfügen. Unter Berücksichtigung des § 6 Abs.1 Alhi-Verordnung (VO) sei vom Vermögen ein Freibetrag von 16.000,00 DM sowie gemäß § 7 Abs.1 Alhi-VO ein weiterer von DM 10.000,00 zu berücksichtigen, so dass ein Vermögenswert von 184.000,00 DM verbleibe. Es wurde in der Begründung auf § 9 Alhi-VO verwiesen woraus ein Ruhenzeitraum von 92 Wochen resultiere.
Zur Begründung seiner dagegen zum Sozialgericht (SG) München erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt, seiner Meinung nach sei er im Sinne des Gesetzes bedürftig. Unstreitig verfüge er zwar über ein Barvermögen von DM 210.000,00 dessen Verwertung ihm aber nicht zumutbar sei. Dieser Vermögenswert sei angesichts seines Lebensalters, seiner anhaltenden Arbeitslosigkeit und des zwangsläufig niedrigen Status seiner Rentenanwartschaft zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt und unbedingt erforderlich. Das auf DM 184.000,00 reduzierte Vermögen, wie durch die Beklagte errechnet, ergebe eine monatliche Rente von DM 1.020,04. Eine auch nur teilweise Verwertung des Vermögens zu anderen Zwecken als zur Alterssicherung sei nicht zumutbar, da sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung als ehemaliger leitender Angestellter billiger Weise nicht erwartet werden könnte. Weiter hat er vorgetragen, infolge Ausbleibens jeglicher Leistung durch die Beklagte sei unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung und zur Jahreswende üblichen Sonderzahlungen sein Vermögen auf DM 184.000,00 geschrumpft. Die Beklagte hat vorgetragen, die Angemessenheit der Alterssicherung hänge von der Lebensstellung des Arbeitslosen und seines Ehegatten ab, dem bei Rentenbeginn zur Verfügung stehenden Vermögen und dem Umfang der sonstigen Alterssicherung. Diese sei bei Antragstellung am 13.07.1998 mit DM 210.000,00 angegeben worden. Durch die beiden Eigentumswohnungen und die Lebensversicherungen sei die Altersversicherung angemessen abgesichert, so dass die Verwertung des Bargeldes durchaus zumutbar sei.
Mit Urteil vom 20.04.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Letztlich gehe es bei der Entscheidung um die Frage, ob dem Kläger die Verwertung seines Barvermögens, das bei der Antragstellung DM 210.000,00 betragen habe, nach Abzug der Freibeträge gemäß der nach § 206 SGB III erlassenen Alhi-VO in Höhe von DM 16.000,00 (§ 6 Abs.1 Alhi-VO) und DM 10.000,00 (§ 7 Abs.1 Alhi-VO) von der Beklagten im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung habe berücksichtigt werden können. Dies sei nach Auffassung der Kammer der Fall. Mit Urteil vom 22.10.1998 - B 7 AL 118/97 R - habe das BSG hierzu entschieden, dass bei der Bemessung der Alhi das zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung dienende Vermögen als Schonvermögen unberücksichtigt bleibe, wenn sich daraus eine monatliche zusätzlich Alterssicherung errechne, die 3/7 der Standardrente der gesetzlichen Rentenversicherung nicht übersteige. Abzustellen sei dabei auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung. Nach dieser Entscheidung sei die Alhi-VO durch die 6.Verordnung zur Änderung der Alhi-VO vom 18.06.1999 geändert worden. In § 6 der Alhi-VO vom 07.08.1994 sei Abs.4 angefügt worden. Bei der Änderung der Alhi-VO handle es sich um eine Norm. Das Gericht vertrete hierzu die Auffassung, dass der Norm für die Frage der Auslegung des Begriffs der angemessenen Alterssicherung der Vorzug zu geben sei, auch wenn diese Norm erst später in Kraft getreten sei. Im Zeitpunkt der Beantragung der Alhi sei der Kläger 55 Jahre und seine Ehefrau 50 Jahre alt gewesen. Danach sei von einer angemessenen Alterssicherung auszugehen, wenn hierfür Vermögen in Höhe von DM 95.000,00 (richtig muss es heißen DM 105.000,00) bestimmt sei. Nachdem der Kläger allein für seine Lebensversicherungen bereits DM 216.000,00 eingezahlt habe, sei es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte das nach Abzug der Freibeträge verminderte Barvermögen in Höhe von DM 184.000,00 voll bei der Bedürftigkeitsprüfung berücksichtigt habe. Dem Kläger sei die Verwendung dieses Vermögensanteils jedenfalls zumutbar, da er anderweitig für eine angemessene Alterssicherung Vorsorge getroffen habe.
Die gegen das Urteil des SG München vom 22.04.2000 eingelegte Berufung nahm der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25.03.2004 zurück.
Am 26.05.2000 beantragte der Kläger erneut die Bewilligung von Alhi. Mit Bescheid vom 15.12.2000 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, aufgrund eines zu berücksichtigenden Vermögens von DM 358.508,72 sei der Kläger für 125 Wochen nicht bedürftig. Mit seinen Widerspruch machte der Kläger insbesondere geltend, mit Bescheid vom 12.08.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.1998 habe die Beklagte verbindlich festgestellt, dass er für einen Zeitraum von 92 Wochen - also bis Anfang Juni 2000 - nicht bedüftig im Sinne von § 193 SGB III sei. Nachdem sich seither seine Vermögenslage nicht im geringsten verbessert, sondern durch Verwertung vorhandener Vermögenswert verschlechert habe, seien die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi zumindest ab 04.06.2000 gegeben. Zum Zeitpunkt des erstmaligen Antrags auf die Bewilligung von Alhi vom 04.08.1998 seien für die Definition des Begriffs "Bedürftigkeit" im Sinne des SGB III ausschließlich die Vorgaben des BSG maßgebend gewesen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung gelte demnach ab Beginn seines Leistungsfalls am 04.08.1998, der als eine einzige Einheit bis zum Ende seines Anspruchs auf Alhi zu werten sei, unabhängig von den gesetzlich vorgeschriebenen jährlich wiederkehrenden Prüfungen der Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 190 Abs.1 Nr.5 i.V.m. Abs.3 SGB III. Diese "Zwischenprüfungen" würden sich nach herrschender Meinung ausschließlich auf die Vermögensverhältnisse des Anspruchsberechtigten beziehen, die sich seit der letzten Prüfung inzwischen verändert haben könnten. Sie könnten keinesfalls bedeuten, dass bei der Erst-Antragstellung gegebene und der Bescheiderteilung zugrunde liegende Rechtsgrundlagen neu definiert würden. Gleiches müsse für die Beurteilung und Bescheiderteilung nach Ablauf einer "Sperrfrist" wie in seinem Fall gelten. Dieser Grundsatz müsse umsomehr gewahrt werden, wenn in einem früheren diesbezüglichen Verwaltungsakt bereits verbindlich festgestellt worden sei, in welchem Zeitpunkt eine solche "Sperrfrist" ende. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.03. 2001 stellte die Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 15.12.2000 eine Bedürftigkeit für 112 Wochen fest. Im Übrigen wies sie den Widerspruch als unbegründet zurück. Den dem Antrag vom 26.05.2000 beiliegenden Nachweise über die Vermögensverhältnisse des Klägers sei zu entnehmen, dass dieser u.a. über eine nicht selbstgenutzte Eigentumswohnung verfüge. Die Verwertung dieser Eigentumswohnung sei zumutbar im Sinne des § 6 Abs.3 Alhi-VO. Nach den vorliegenden Unterlagen habe die nicht selbstgenutzte Eigentumswohnung einen Verkehrswert in Höhe von DM 313.000,00. Von dem Verkehrswert der Eigentumswohnung in Hö- he von DM 313.000,00 seien die Schulden in Höhe von DM 288.768,00 in Abzug zu bringen, so dass sich ein Vermögen in Höhe von DM 24.232,00 ergebe. Neben der nicht selbstgenutzten Eigentumswoh- nung besitze er noch kapitalbildende Lebensversicherungen, die unter Berücksichtigung des Rückkaufwertes bzw. der Überschussanteile ein Gesamtvermögen in Höhe von DM 334.276,72 ergeben würden. Das aufgebaute Kapital der kapitalbildenden Lebensversicherungen könne in Höhe des Auszahlungsbetrages bei Rückkauf verbraucht oder beliehen werden. Somit habe der Kläger ein vorhandenes Vermögen in Höhe von DM 358.508,72. Da er zum Zeitpunkt der Antragstellung das 57. Lebensjahr und seine Ehefrau das 52. Lebensjahr überschritten hätten, habe vom Gesamtvermögen in Höhe von DM 358.508,72 nach § 6 Abs.4 Nr.2 Alhi-VO insgesamt ein Betrag in Höhe von DM 109.000,00 als Altersicherung berücksichtigt werden können. Vom Vermögen seien weitere Freibeträge in Höhe von DM 16.000,00 gemäß § 6 Abs.1 Alhi-VO und DM 10.000,00 gemäß § 7 Abs.1 Alhi-VO absetzbar gewesen. Somit errechne sich bei einem Gesamtvermögen in Höhe von DM 358.508,72 nach Abzug der Freibeträge in Höhe von DM 109.000,00, DM 16.000,00 und DM 10.000,00 ein anrechenbares Vermögen in Höhe von insgesamt DM 223.508,72. Nach § 9 Alhi-VO sei das Gesamtvermögen in Höhe von DM 223.508,72 durch das gerundete wöchtenliche Arbeitsentgelt in Höhe von DM 1.990,00 zu teilen. Es ergebe sich somit ein Ruhenzeitraum insgesamt von 112 Wochen (DM 223.508,72: DM 1.990,00).
Dagegen richtet sich die Klage, die der Kläger auf den Zeitraum vom 03.06.2000 bis zum 30.06.2001 beschränkt, da er ab dem 01.07.2001 der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, dass nicht nachvollziehbar sei, aufgrund welcher Tatsache er habe davon ausgehen sollen, dass die Beklagte nach Ablauf der 92-Wochenfrist ohne jede Vorankündigung plötzlich neue Anspruchskriterien ihm gegenüber geltend machen würde. Welchen Zweck habe dann überhaupt die Fixierung eines zeitlichen Limits durch die Beklagte?
Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 15.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab dem 03.06.2000 bis zum 30.06.2001 Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass durch die Anfügung des Abs.4 zu § 6 Abs.3 Alhi-VO eine neue Berechnung aufgrund der Antragstellung vom 26.05.2000 hin habe vorgenommen werden müssen. Dies hätte zur Folge, dass auch Vermögensteile, die bislang nicht berücksichtigt worden seien, weil sie insgesamt zur Alterssicherung freigestellt worden seien, nunmehr hätten berücksichtigt werden müssen. Dies sei neben dem Kapitalbetrag in den Lebensversicherungen (DM 210.600,00) auch der Zuwachs aus der vermieteten Eigentumswohnung - diese habe ein Kaufpreis DM 313.000,00 gehabt -, und sei mit einer Restschuld von DM 288.768,00 belastet, so dass sich hier ein verwertbarer Betrag von DM 24.232,00 errechne. Beide Vermögensteile seien bislang nicht berücksichtigt worden, die Ansparsumme der Lebensversicherung nicht, weil diese insgesamt zur Alterssicherung freigestellt worden sei, der Zuwachs des Immobilienwertes nicht, weil dieser erst im Laufe der Jahre durch Verminderung der darauf ruhenden Belastungen entstanden sei. Das verbliebene Sparguthaben sei auf DM 25.027,00 abgeschmolzen, jedoch nicht, weil der Kläger dies insgesamt für seine Lebensführung verbraucht habe - wie er im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.08.2003 habe glauben machen wollen -, sondern weil er teilweise in weitere Lebensversicherungen investiert habe. Da die damit verbundene Erhöhung der Lebensversicherungen "wohl" auf die Verminderung des bereits berücksichtigten Sparguthabens zurückzuführen sei, sei die "Erhöhungssumme" wegen des (damaligen) Verbots von Doppelberücksichtigung nicht mehr in das anzurechnende Vermögen eingeflossen. Zu Recht sei damit eine weitere Zeit der Nichtbedürftigkeit ab 03.06.2000 für 49 Wochen festgestellt worden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Denn der Bescheid der Beklagten vom 15.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2001 entspricht nicht der Sach- und Rechtslage und war daher aufzuheben. Denn dem Kläger steht Alhi für die Zeit vom 03.06.2000 bis 30.06.2000 zu, da die Beklagte zu Unrecht das gleiche Vermögen, welches bereits 1998 zur Ablehnung von Alhi geführt hat, erneut bei der Bedürftigkeitsprüfung berücksichtigt hat. Dies ist aber nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-4300 § 193 Nr.2) nicht möglich.
In den Vermögensverhältnissen des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten insbesondere keine Änderung in dem Sinne eingetreten, als neue Vermögenswerte hinzugekommen sind. Vielmehr ist das Sparguthaben des Klägers von ursprünglich DM 210.000,00 (1998) zwischenzeitlich auf DM 25.000,27 abgeschmolzen. Entgegen der Auffassung der Beklagten wurde auch kein wesentlicher Teilbetrag des ursprünglichen Guthabens in weitere Lebensversicherungen investiert. Fest steht vielmehr, dass der Kläger den überwiegenden Teil des Sparguthabens zur Bestreitung des Lebensunterhalts seiner fünf-köpfigen Familie verbraucht hat. Damit steht aber auch fest, dass er für die infrage stehenden 46 Wochen bedürftig war. Bei der Bedürftigkeit bezüglich der Alhi kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Lebensunterhalt während des Zeitraums gesichert ist, für den Alhi beansprucht wird.
Nach § 190 Abs.1 Nr.5 SGB III haben Anspruch auf Alhi Arbeitnehmer, die u.a. bedürftig sind. Nach § 193 Abs.1 SGB III ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. Nicht bedürftig ist nach § 193 Abs.2 SGB III ein Arbeitsloser, so lange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Ehepartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist.
Wie lange und mit Rücksicht auf welches Vermögen die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist, hat das SGB III nicht bestimmt, sondern der Regelung durch Rechtsverordnung überlassen, inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist.
Gemäß § 6 Abs.1 der nach § 206 SGB III erlassenen Alhi-VO ist Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar ist, die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, DM 8.000,00 übersteigt. Nach Abs.2 ist Vermögen insbesonders verwertbar, soweit seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Nach Abs.3 ist die Verwertung zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billiger Weise erwartet werden kann. Nicht zumutbar ist insbesondere die Verwertung von Vermögen, dass zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist. Nach Abs.4 (Anfügung durch die 6.Verordnung zur Änderung der Alhi-Verordnung vom 18.06.1999) ist für eine Alterssicherung im Sinne des Abs.3 Satz 2 Nr.3 Vermögen
1. bestimmt, wenn der Arbeitslose und sein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte dies nach dem Eintritt in den Ruhestand zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verwenden wollen und eine der Bestimmung entsprechenden Vermögensdisposition getroffen haben,
2. angemessen, soweit es DM 1.000,00 je vollendeten Lebensjahr des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten nicht übersteigt.
Nach § 7 Abs.1 Alhi-VO gilt Vermögen aus einmaligen Sozialleistungen für die Dauer von fünf Jahren als nicht verwertbar, soweit es DM 10.000,00 nicht übersteigt.
Gemäß § 9 Alhi-VO besteht die Bedürftigkeit nicht für die Zahl von vollen Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtet.
Entgegen der Ansicht der Beklagten sind 1998 bei der Bedürftigkeitsprüfung sämtliche Vermögenswerte des Klägers und seiner Ehefrau, die im Jahr 2000 (noch) vorhanden waren, berücksichtigt worden. Daran ändert die Tatsache nichts, dass ein Teil des Vermögens (die Lebensversicherungen und die Eigentumswohnung) "nur" als sogenanntes Schonvermögen zur Alterssicherung nicht angerechnet wurde. Es ist auch nicht zutreffend, dass es von 1998 bis 2000 zu einem "Wertzuwachs" gekommen ist; denn der Zuwachs aus der vermieteten Eigentumswohnung wurde aus dem 1998 bereits vorhandenen Kapital finanziert.
Etwas anderes kann sich auch nicht aus der Verpflichtung der Beklagten ergeben, vor einer erneuten Bewilligung die Voraussetzungen des Anspruchs zu prüfen. Zwar hat die Beklagte nach § 190 Abs.3 Satz 2 SGB III bei der Entscheidung über die Bewilligung für eine neuen Bewilligungsabschnitt unabhängig von der bisherigen Bewilligung alle Voraussetzungen zu prüfen, somit also auch, ob vorhandenes Vermögen der künftigen Alhi-Gewährung entgegen steht, doch Maßstab für diese Prüfung ist das materielle Recht. Dieses sieht aber vor, dass Vermögen bei anhaltender Arbeitslosigkeit nur einmal zu berücksichtigen ist.
Somit war der Klage stattzugeben und die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache wurde die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
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